Über die Bedeutung der Selbsterfahrung an der WIAP

WIAP-Merkblatt
Ausbildungsselbsterfahrung
im Rahmen der Approbationsausbildung
An der Wiesbadener Akademie für Psychotherapie (WIAP) wird der spezielle
Ausbildungskontext auch bei der nach dem Psychotherapeutengesetz zu absolvierenden
Selbsterfahrung (SE) berücksichtigt, die wir daher Ausbildungsselbsterfahrung nennen. Unter
Ausbildungsselbsterfahrung verstehen wir die lehrtherapeutisch geleitete Begegnung mit den
anderen Teilnehmern der Selbsterfahrungsgruppe, mit dem Selbsterfahrungsleiter und mit
ausbildungsrelevanten Themen an den Ausbildungswochenenden sowie in der
Einzelbegegnung. Drei Themenbereiche spielen dabei eine zentrale Rolle, entsprechend den
Vorgaben des Psychotherapeutengesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung:
1. Reflexion und Modifikation persönlicher Voraussetzungen für das therapeutische Erleben
und Handeln unter Einbeziehung biografischer Aspekte.
2. Erkennen bedeutsamer Aspekte des Erlebens und Handelns im Zusammenhang mit einer
therapeutischen Beziehung.
3. Erfassen der bedeutsamen Aspekte des Erlebens und Handelns im Zusammenhang mit
der persönlichen Entwicklung im Ausbildungsverlauf.
Ziele der Ausbildungsselbsterfahrung
 Erleben von psychotherapeutischen Interventionen durch Arbeit an eigenen
konflikthaften Themen. Die in der Theorie erlernten Methoden sollen dabei in ihrer
Wirkung wie in der Patientenrolle spürbar erfahren werden.
 Auseinandersetzung mit dem eigenen Menschenbild, mit eigenen Konzepten und
Beziehungsmustern unter Einbezug biographischer Aspekte.
 Bewusste Wahrnehmung und Reflektion von eigenen Affekten bei relevanten Themen
(z.B. zu Aggression, Ärger, Macht, Sexualität), wie sie auch später in der Therapie
auftreten.
 Arbeit an der Introspektionsfähigkeit sowie den eigenen „blinden Flecken“ (z.B. eigene
Überzeugungen,
Übertragungsgeschehen,
Mitagieren,
Wirkung
körperlicher
Gegebenheiten).
 Das Aushalten von emotional besetzten Inhalten (Containment), die Entwicklung der
Fähigkeiten zum Abklären der therapeutischen Passung und der Wahrnehmung
assoziativer Muster in der therapeutischen Begegnung.
 Entfaltung emotionaler Kommunikationsfähigkeit wie sie der therapeutischen Aufgabe
angemessen ist – auch zur Konfrontation bei gefestigter therapeutischer Beziehung.
 Entwicklung der Fähigkeit, Menschen auch über einen längeren Zeitraum
Verbundenheit und stabilisierenden Halt, Klärung und Verstehen, schließlich
konstruktive Ablösung in der therapeutischen Beziehung vermitteln zu können
(Bindungserfahrung).
Stand: Februar 2016
© Wiesbadener Akademie für Psychotherapie
 Einüben von Strategien bei schwierigen Therapiesituationen (z.B. Umgang mit
Überraschungen, existentiellen Fragen, Krisen, Ungerechtigkeiten).
 Reflexion persönlicher Voraussetzungen für das therapeutische Arbeiten.
 Einbringen der Erfahrung in und aus der therapeutischen Begegnung, z. B. in der
Praktischen Tätigkeit („Psychiatrie-Praktikum“) und späterem ambulanten Setting.
 Perspektivwechsel von Behandler- und Patientenrolle
 Arbeit an unbewussten Motiven der Berufs- und Methodenwahl. Aufbau der Identität
als PsychotherapeutIn im heilberuflichen Kontext unter Berücksichtigung eigener
Ressourcen und Grenzen (Psychohygiene).
Wie ist die Selbsterfahrung organisiert?
Die Selbsterfahrung Ihrer Ausbildung ist, wie das Vertiefungsverfahren selbst,
tiefenpsychologisch fundiert, ressourcenorientiert und beziehungszentriert. Sie umfasst 140
Stunden.
Im Ausbildungskontext sind 50 Einzelselbsterfahrungssitzungen vorgesehen. Empfohlen
werden möglichst wöchentliche Sitzungen mit dem Einzelselbsterfahrungsleiter im ersten
Ausbildungsjahr, insbesondere begleitend zum Psychiatriejahr. Mindestens 30 Einzelselbsterfahrungsstunden müssen bis zur Zwischenprüfung abgeleistet worden sein. Sollten Sie die
Selbsterfahrung über die Ausbildungsselbsterfahrung hinaus ausdehnen wollen, kann dies
gegebenenfalls auf der Basis von Selbstzahlung oder als von der Krankenkasse genehmigte
Therapie (im Krankheitsfall) erfolgen.
Außerdem sind 90 Stunden Gruppenselbsterfahrung im 2. und 3. Ausbildungsjahr (6 im
Curriculum integrierte Wochenenden, jeweils quartalsweise von Freitag bis Samstag)
vorgesehen.
Umgang mit Informationen aus der Selbsterfahrung in Bezug auf Vertraulichkeit und
Verschwiegenheit
Die Selbsterfahrung (Gruppe und einzeln) wird aufgrund der Vertraulichkeit inhaltlich von den
übrigen Ausbildungsabschnitten abgegrenzt. Die Selbsterfahrungsleiter sind in der WIAP
auch in der theoretischen Ausbildung in einzelnen themenbezogenen Abschnitten präsent,
behandeln die besprochenen Themen aus der Selbsterfahrung jedoch streng vertraulich.
Persönliche Erfahrungen aus der Selbsterfahrung dürfen und werden nicht an die
Institutsleitung, Ausbildungsrat oder Prüfer (Zwischenprüfung) vermittelt.
Nach dem Psychotherapeutengesetz kann der jeweilige Selbsterfahrungstherapeut nicht
Mitglied der Prüfungskommission des mündlichen Staatsexamens werden. Ebenso führt der
Institutsleiter selbst keine Selbsterfahrung durch, damit in keinerlei Hinsicht eine Art
Abhängigkeitsverhältnis entstehen würde.
Von Teilnehmerseite dürfen Erkenntnisse und Wissen über andere Gruppenmitglieder aus
der Einzel- und Gruppen-Selbsterfahrung nicht an anderer Stelle der Ausbildung oder gar
extern weitergegeben oder verwendet werden. Eine aktive Teilnahme an der Selbsterfahrung
ist eine
wichtige
Voraussetzung für die
erfolgreiche
Absolvierung dieses
Ausbildungsbausteins.
Stand: Februar 2016
© Wiesbadener Akademie für Psychotherapie