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LÄNDERBERICHT
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
ISRAEL
DR. MICHAEL BORCHARD
ANNA JANDREY
23. Februar 2016
www.kas.de/israel
Deutsch-Israelische Regierungskonsultationen: Die Gemeinsamkeiten überwiegen
Zum sechsten Mal fanden am 16. Februar
andere Sprache. Es weist zu Recht implizit
2016 die deutsch-israelischen Regie-
darauf hin, dass diese Beziehungen dennoch
rungskonsultationen statt. Die ursprüng-
intensiv und qualitativ hochwertig, vor allem
lich für den Oktober 2015 geplanten Ge-
aber alles andere als normal sind und des-
spräche waren damals aufgrund der an-
halb die Intensität und Tiefe der Verbun-
gespannten Sicherheitslage in Israel kurz-
denheit der beiden Völker auch aus einer
fristig verschoben worden. Für den erneu-
völlig anderen Perspektive gesehen werden
ten „Versuch“ – obwohl die Sicherheitsla-
muss.
ge nach wie vor angespannt war – reiste
eine vom israelischen Ministerpräsidenten
Sowohl Merkel als auch Netanjahu verwie-
angeführte elfköpfige Delegation nach
sen in der Erklärung auf das stabile und in
Berlin. Dort traf Benjamin Netanjahu sich
vieler Hinsicht auch freundschaftliche Ver-
zunächst in kleinem Kreis mit Bundes-
hältnis beider Länder. Dies sei vor allem im
kanzlerin Dr. Angela Merkel. Anschließend
vergangen Jahr durch die Feierlichkeiten
wurde in Anwesenheit der Ressortminis-
zum 50-jährigen Bestehen der deutsch-
ter und Regierungsvertreter über die ge-
israelischen diplomatischen Beziehungen
genwärtige bilaterale Zusammenarbeit
erneut sichtbar geworden. Vor dem Hinter-
gesprochen sowie über Bereiche in denen
grund der Shoah und der entsetzlichen Ver-
künftig noch intensiver kooperiert werden
brechen im Zuge des Zweiten Weltkriegs
kann. Es spricht für die Qualität der Be-
hätte niemand von einer so tiefgehenden
ziehungen, dass dabei auch Kritik sehr
Verbundenheit der beiden Länder – sowohl
deutlich geäußert wurde.
auf politischer als auch gesellschaftlicher
Ebene - zu träumen gewagt. 2 Heute seien
Pressestimmen, akademische, politische
Deutschland und Israel durch sehr große
und gesellschaftliche Beobachter verweisen
und dichte Beziehungen auf allen Ebenen
in Deutschland nicht selten darauf, dass
miteinander verbunden. 3 Die weitreichen-
sich die Zusammenarbeit der Regierungen
den Beziehungen seien ein Beispiel dafür,
nach dem Amtsantritt des rechten Regie-
wie zwei Völker, die eine unvergleichbar
rungsbündnisses in Israel eher schwierig
schreckliche Vergangenheit miteinander
gestaltet und die Beziehungen auf dieser
verbinde, sich wieder annähern und gar ei-
Ebene spürbar abgekühlt sind.
ne „konstruktive Freundschaft“ schließen
Das Kommuniqué der Regierungen zum Abschluss der Beratungen: „Herausforderungen einer offenen Gesellschaft im 21. Jahrhundert“ 1 spricht wenigstens partiell eine
1
Vgl. Pressemitteilung Nr. 49 der Bundesregierung: Gemeinsame Erklärung der Bundeskanzlerin
der Bundesrepublik Deutschland und des Minister-
präsidenten des Staates Israel (Abruf:
17.02.2016).
2
Vgl. Bundesregierung: Pressekonferenz im Wortlaut (Abruf: 17.02.2016).
3
Vgl. Israeli Ministry of Foreign Affairs: Israel and
Germany hold inter-governmental consultations
(Abruf: 16.02.2016).
2
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könnten. Dies sei „eine Botschaft der Hoff-
erfüllen wird, dass die Flüchtlingskrise das
nung für die ganze Welt“, so Netanjahu. 4
Verhältnis der beiden Staaten weiter verbessert. Das gilt sowohl für die direkte Ver-
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Freilich kann der technische Begriff der
gleichbarkeit der israelischen „Integrations-
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„konstruktiven Freundschaft“, der im Ge-
erfahrungen“, weil es in Israel immer noch
gensatz zur großen Popularität Deutsch-
die kulturell verbindende „Klammer“ des
lands in Israel steht, auch als Zeichen einer
gemeinsamen Glaubens gibt, die bei der In-
zunehmend distanzierten Haltung gedeutet
tegration der Flüchtlinge weitgehend fehlt.
werden.
Es gilt aber auch für die Einschätzung
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Netanjahus, dass sein Land als Hort der
In einem Beitrag der israelischen (Gratis-
Stabilität Flüchtlingsbewegungen verhinde-
)Zeitung Israel Hayom wird dann auch deut-
re: "Ohne uns wären schon viele Millionen
lich, wie sehr auch die Regierungsbeziehun-
mehr gekommen", sagte Netanjahu und
gen immer noch von der Vergangenheit be-
forderte, man müsse "Israel als Festung der
lastet sind: 5 Der israelische Verkehrs- und
Zivilisation anerkennen". Angesichts der
Geheimdienstminister Israel Katz (Likud)
Tatsache, dass syrische Kriegsflüchtlinge –
habe seine Teilnahme an den Verhandlun-
abgesehen von der außerordentlich bemer-
gen verweigert, mit dem Hinweis darauf,
kenswerten Behandlung von syrischen Ver-
dass er als Sohn von Holocaustüberleben-
letzten in israelischen Krankenhäusern – nur
den Reisen nach Deutschland prinzipiell ab-
in verschwindend geringen Ausmaßen Auf-
lehne. Er pflege die Beziehungen, wie es
nahme finden, erscheint das in dieser Ver-
sein Amt erfordere, auch treffe er sich mit
kürzung auf die Flüchtlingsproblematik we-
deutschen Kollegen in Israel, doch an Rei-
nig glaubwürdig.
sen nach Deutschland und an Zeremonien
zu Ehren Deutschlands nehme er nicht teil.
Das ändert freilich nichts an der Tatsache,
Dementsprechend wurde sein Geschäftsbe-
dass Israel gerade in einer Zeit, die von
reich bei den Konsultationen durch Minister
Staatszerfall, eingeschränkter Staatlichkeit
Steinitz vertreten.
und von einer Ausbreitung terroristischer
Gruppierungen gekennzeichnet ist, der
Gemeinsamkeiten verbinden
wichtigste Verbündete Deutschlands im von
Krisen geschüttelten Nahen- und Mittleren
Die Beteiligten der Konsultationen beriefen
Osten ist und bleibt. Gerade im Bereich der
sich aber vor allem auf die Gemeinsamkei-
Sicherheitspolitik kann Deutschland von ei-
ten der beiden Länder. So sei Israel eines
ner erweiterten Zusammenarbeit mit Israel
der wenigen Länder der Region des Nahen
profitieren. Das hoch technisierte Land hat
Ostens, das die westlichen Werte – Demo-
gerade bei der Entwicklung von „Cyber-
kratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit - mit
Abwehrsystemen“ Vorbildcharakter.
Deutschland und ganz Europa teile. Menschenrechte und die Bekämpfung von Anti-
Neben der auf dem Holocaust und seinen
semitismus seien Grundwerte, für die beide
Folgen gründenden besonderen historischen
Länder unermüdlich einstünden, hieß es in
Verantwortung Deutschlands gegenüber der
einer Pressemitteilung der Bundesregie-
jüdischen Bevölkerung und dem Existenz-
rung. 6
recht des israelischen Staates, umfasst das
deutsch-israelische Verhältnis heute auch
Skeptisch darf betrachtet werden, ob sich
eine wirtschaftliche Dimension: Beide Dele-
der in Berlin geäußerte Wunsch Netanjahus
gationen lobten vor allem die weitreichenden Wissenschaftskooperationen und produktiven Wirtschaftsbeziehungen. Als soge-
4
Benjamin Netanjahu: Pressekonferenz im Wortlaut (Abruf: 17.02.2016).
5
Vgl. Medienspiegel vom 17.02.2016 der Deutschen Botschaft in Tel Aviv.
6
Vgl. Pressemitteilung Nr. 49 der Bundesregierung: Gemeinsame Erklärung der Bundeskanzlerin
der Bundesrepublik Deutschland und des Ministerpräsidenten des Staates Israel (Abruf:
17.02.2016).
nannte „Start-Up Nation“, die es geschafft
hat, eine junge florierende Gründerszene zu
etablieren, kommt Israel für Deutschland
eine besonders wichtige Rolle bei Investitionen in Technologie und Innovation zu. Mit
über vier Prozent des BIP hat Israel das
3
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weltweit höchste Investitionsniveau in der
der erscheinen weiterhin die deutsch-
zivilen Forschung und Entwicklung. 7
israelischen kulturellen Beziehungen. Die
beiden Kabinette sagten ihre Unterstützung
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Mit dieser Stärke wird Israels bedeutende
für die Stärkung bildungspolitischer Maß-
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Stellung als Partner für Deutschland und
nahmen zu. Die im Jahr 2015 gemeinsam
Europa - aktuell gerade auch im Rahmen
beschlossene Initiative, Deutsch als regulä-
des EU-Förderprogramms „Horizon 2020“ -
res Unterrichtsfach an israelischen Sekun-
evident. Das Innovationsprogram soll die
darschulen einzuführen, zeigt dass solche
Zusammenarbeit zwischen europäischen
Konsultationen mehr sind als ein Geplänkel
und israelischen Forschern und Innovatoren
und aus ihnen konkrete und beachtliche po-
weiter intensivieren, so dass komplexe
litische Realitäten werden können. Die För-
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grenzübergreifende Herausforderungen in
derung des zivilen Austausches wird vor al-
allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
lem vor dem Hintergrund der aktuellen Dis-
Bereichen gemeinsam bewältigt werden. 8
kussion um ein Auseinanderdriften der
Durch eine gesteigerte Kooperation auf der
deutschen und israelischen Gesellschaft zu-
Forschungs- und Wirtschaftsebene kann
nehmend erforderlich. 10 Diesem Trend kann
auch das gegenseitige Verständnis der Ge-
im Besonderen durch persönliche Begeg-
sellschaften erhört werden.
nungen, wie etwa durch Freiwilligendienste
und Jugendaustausche, entgegenwirkt wer-
Eine weitere Intensivierung der Zusammen-
den.
arbeit soll es neben den Cybertechnologien
bei der Elektromobilität sowie im Bereich
Freundschaft bedeutet auch Mut zur Kritik
der erneuerbaren Energie bis hin zu Krebsforschung und Wasser- sowie Meeresfor-
Noch bevor die israelische Delegation in
schung geben. Es wurde außerdem erklärt,
Berlin empfangen wurde, war klar, dass die
dass sich beide Staaten der Umsetzung des
Gespräche nicht nur einfach würden. Auch
Pariser Klimaabkommens sowie der 2030-
unangenehme Themen standen auf der
Agenda für nachhaltige Entwicklung ver-
Agenda, die nicht ignoriert werden konnten.
pflichtet sehen und weitere Anstrengungen
In ihrem wöchentlichen Video-Podcast kurz
zu deren Erreichung vornehmen werden.
vor dem Beginn der Konsultationen, sagte
Zur Weiterführung der Gespräche im bilate-
Merkel, dass es auch Fragezeichen gebe, die
ralen Dialog zu Justiz und Rechtsstaatlich-
Klärungsbedarf erforderten: „Warum geht
keit wurde verkündet, dass Bundesminister
es nicht voran mit dem Friedensprozess?
Heiko Maas noch in diesem Jahr nach Israel
Der Bau von Siedlungen. Die Frage: Steht
reisen wird. Auch wurde ein neues trilatera-
man noch zur Zwei-Staaten Lösung im Zu-
les Format in der Entwicklungszusammen-
sammenhang mit einem möglichen Frie-
arbeit vorgestellt. Neben bereits bestehen-
densprozess? Und diese Fragen müssen
den trilateralen Projekten von Israel und
auch offen diskutiert werden.“ 11
Deutschland in Äthiopien wird es diese nun
auch in Kamerun geben. 9
Deutschland hält an der Zwei-StaatenLösung fest
Der Austausch der Zivilgesellschaften
In den israelischen Medien wurde im Vorfeld
Von herausragender Bedeutung für die Zu-
und vor allem während der Regierungskon-
kunft der Zusammenarbeit der beiden Län-
sultationen verstärkt über Netanjahus Zurückweisung der neuen französischen Friedensprozessinitiative berichtet. Laurent
7
Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Union:
EU und Israel unterzeichnen das Horizont-2020Assoziierungsabkommen (Abruf: 18.02.2016).
8
Vgl. Pressemitteilung Nr. 49 der Bundesregierung: Gemeinsame Erklärung der Bundeskanzlerin
der Bundesrepublik Deutschland und des Ministerpräsidenten des Staates Israel (Abruf:
17.02.2016).
9
Vgl. Angela Merkel: Pressekonferenz im Wortlaut
(Abruf: 17.02.2016).
Fabius, der zu diesem Zeitpunkt noch französischer Außenminister war, hatte Israel
10
Vgl. KAS Israel Studie: Das heilige Land und die
Deutschen (Abruf: 17.02.2016).
11
Angela Merkel: Video-Podcast der Bundeskanzlerin (Abruf: 14.02.2016).
4
unmittelbar vor dem Deutschlandbesuch
der Zwei-Staaten-Lösung genommen, son-
„gedroht“ die Palästinensischen Autonomie-
dern in der Pressekonferenz sehr deutlich
ISRAEL
gebiete offiziell als Staat „Palästina“ anzuer-
gemacht, dass Frieden nach ihrer Auffas-
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kennen, sollte Israel keine Bereitschaft zei-
sung auch weiterhin nur durch eine Zwei-
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gen, an einer von der französischen Regie-
Staaten-Lösung erreicht werden könne. Un-
rung geplanten internationalen Konferenz
terstützung fand Merkel bei Bundesaußen-
und Friedensinitiative mitzuwirken. Israels
minister Frank-Walter Steinmeier, der klar-
Regierung reagierte auf das französische
stellte: „Dass auch meiner Überzeugung
Ultimatum mit großer Ablehnung. Die fran-
nach Frieden in dieser Region nur dauerhaft
zösische Initiative sei “eigenartig und zum
entstehen kann, wenn wir die Zwei-Staaten-
Scheitern verurteilt“, so Netanjahu, und
Lösung verwirklichen. Wenn Israel und Pa-
spreche den Palästinensern durch eine mög-
lästina in Frieden nebeneinander und mitei-
liche Anerkennung des palästinensischen
nander leben können.“ 13
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Staates durch Frankreich eine bevorzugte
Verhandlungsposition zu.
Netanjahu begrüßte die "führende Rolle" der
Bundeskanzlerin. Für ihn könne der Frieden
Mit großem Wohlwollen nahm Netanjahu
nur gefördert werden, wenn die Verhand-
hingegen die Äußerungen Merkels auf, dass
lungen ohne Vorbedingungen ausgetragen
Israel sich in dieser Angelegenheit der Un-
würden. Andernfalls seien jede Bemühun-
terstützung Deutschlands gewiss sein kön-
gen um Friedensgespräche obsolet. 14
ne. Ferner gab sich Merkel in der im Anschluss an die Konsultationsgespräche statt-
Die Betonung der führenden Rolle der Kanz-
findenden Pressekonferenz im Hinblick auf
lerin entspricht allerdings auch der Mehr-
die Fortschritte im Friedensprozess eher
heitsmeinung der israelischen Bevölkerung.
pessimistisch. Merkel stellte fest, es sei
Eine bislang noch unveröffentlichte reprä-
nicht der Moment für große Fortschritte,
sentative Umfrage der Konrad-Adenauer-
sondern vielmehr die Zeit der kleinen
Stiftung in Israel stellt das eindrucksvoll un-
Schritte. In der eher links orientierten Ta-
ter Beweis: Auf die Frage, wer nach ihrer
geszeitung Haaretz trug ihr das in einem
Meinung den Friedensprozess im Nahen Os-
Kommentar der Journalistin Carolina
ten voranbringen kann, nennen 42 Prozent
Landsmann den Vorwurf ein, mit ihrer Er-
der Befragten die Kanzlerin. Den zweiten
klärung, dass dies nicht der richtige Zeit-
Platz mit nur 10 Prozent nimmt der britische
punkt für die Durchsetzung der Zwei-
Premierminister David Cameron ein. 15
Staaten-Lösung sei, habe sie Israels „perfekten Bluff“ geschluckt, der von Netanjahu
Das Atomabkommen mit dem Iran
und dem Oppositionsführer Herzog vorangetrieben werde. 12 Caroline Landsmann ist
Kritische Töne von israelischer Seite wurden
dabei auch auf den mehr oder minder zyni-
während der Konsultationen im Hinblick auf
schen Seitenhieb Netanjahus auf Isaac
die deutsche Beteiligung an den Verhand-
„Buji“ Herzog in Berlin eingegangen, der die
lungen mit dem Iran im vergangenen Jahr
Äußerung von Angela Merkels eine „realisti-
über das iranische Atomabkommen laut.
sche Annäherung an die Situation in unserer
Wobei nach wie vor bemerkenswert ist,
Region“ nannte und feststellte, dass man
dass die deutsche Beteiligung an den Ver-
ähnliches vom Oppositionsführer Herzog
handlungen mit dem Iran in den vergange-
gehört habe.
nen Monaten nur in ganz minimalem Ausmaß kritische Würdigung im öffentlichen
Gleichwohl gehen die Vorwürfe von Landsmann ebenso fehl wie die Einschätzung von
Netanjahu. Angela Merkel hat im Rahmen
der Konsultationen keinesfalls Abstand von
12
Carolina Landsmann: Israeli 'Conflict Management' Is a Hit in Germany (Abruf: 19.02.2016).
13
Frank-Walter Steinmeier: Unter Freunden (Abruf: 18.02.2016).
14
Vgl. Benjamin Netanjahu: Pressekonferenz im
Wortlaut (Abruf: 17.02.2016).
15
Unveröffentlichte Umfrage der KonradAdenauer-Stiftung: Measuring the attitudes of Israelis towards Europe and the European Union. A
Comprehensive Benchmark Survey. Januar 2016.
5
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Diskurs und in der israelischen Presseland-
retz 17 befürchte Merkel, dass eine Verab-
schaft gefunden hat.
schiedung des Gesetzes negative Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft Israels habe
ISRAEL
und auch die sechs deutschen politischen
DR. MICHAEL BORCHARD
Das Abkommen zwischen den UN-
ANNA JANDREY
Vetomächten Mächten (USA, Russland, Chi-
Stiftungen sowie humanitäre Organisatio-
na, Frankreich, Großbritannien) sowie
nen, wie etwa „Brot für die Welt“, in Israel
Deutschland und dem Iran sorgt bei der is-
bei ihrer Arbeit behindern könnte. Auf der
raelischen Regierung weiterhin für großen
Pressekonferenz in Berlin verteidigte Netan-
Unmut. Der Iran hatte durch die Erfüllung
jahu das Gesetz. Das Ziel dieses Entwurfs
von Auflagen in seinem Atomprogramm die
sei Transparenz und nicht Zensur. Netanja-
Aufhebung weitreichender Wirtschafts- und
hu beteuerte, in Israel sei die Presse „sehr
Finanzsanktionen erwirkt. Beide Seiten wol-
robust, sehr lebhaft“ und dürfe alles sagen,
len nun von den neuen wirtschaftlichen Be-
was sie denkt. Außerdem gebe es ver-
ziehungen profitieren. Die israelische Regie-
gleichbare Gesetze auch in anderen Län-
rung hatte dagegen vor dem Iran als ato-
dern, beispielsweise den USA.
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mare Gefahr und Verbreiter des Terrors gewarnt, der sich weigere, Israel als Staat an-
Die USA hatten diesen Vergleich mehrfach
zuerkennen. In der Pressekonferenz be-
entschieden – und zu Recht – zurückgewie-
zeichnete Benjamin Netanjahu den Iran als
sen und ihrerseits den Gesetzentwurf kriti-
„Hauptsponsor des Terrors“ und äußerte
siert. Tatsächlich besteht der entscheidende
sich sehr kritisch gegenüber der deutschen
Unterschied zwischen den beiden Gesetzen
Annäherung. Sehr deutlich betonte Merkel,
darin, dass sich der israelische Entwurf ge-
dass es eine „normale, freundschaftliche
gen solche NGOs wendet, die von Regierun-
Beziehungen zum Iran nicht geben kann,
gen finanziert werden und damit „doppelte
solange das Existenzrecht Israels vom Iran
Standards“ einführt, während der amerika-
nicht anerkannt werde.“ 16 Jedoch verteidig-
nische Foreign-Agents-Registration-Act, der
te sie auch die deutsche Entscheidung mit
in den 30er Jahren als Instrument gegen
dem Iran in den Dialog zu treten, denn dies
nationalsozialistische Propaganda verab-
öffne die Tür zu „mehr Überblick, mehr Ein-
schiedet wurde, eine Kennzeichnungspflicht
fluss, mehr Transparenz“. Die Bundeskanz-
jeglicher ausländischen Finanzierung – ganz
lerin stimmte überein, dass sich mit dem
gleich ob privat oder staatlich vorsieht.
Abkommen viele der Probleme mit dem Iran
nicht in Luft auflösten.
Zu 100 Prozent stellt sich der Premierminis-
Das umstrittene „NGO–Gesetz“
dings nicht hinter seine Justizministerin, die
Zu den kontrovers diskutierten Themen der
In einer interessanten „Fußnote“ der Zei-
Konsultationen gehörte auch die umstrittene
tung Maariv gibt es Zwischentöne, die deut-
NGO-Gesetzesinitiative der israelischen Jus-
lich machen, dass das Verhältnis zwischen
ter trotz solcher „Verteidigungsreden“ allerdiesen Gesetzentwurf vorangetrieben hatte.
tizministerin Ayelet Shaked. Die sogenannte
dem Premierminister und seiner Justizminis-
„Transparency Bill“ sieht eine besondere
terin sehr distanziert ist. 18 Angeblich, so
Nachweis- und Kennzeichnungspflicht für
Maariv, habe die Ministerin nur nach Inter-
Publikationen, Veranstaltungen und Vertre-
vention des Deutschen Justizministers Heiko
ter aller in Israel tätigen Nichtregierungsor-
Maas überhaupt Aufnahme in die Delegation
ganisationen (NGOs) vor, die mehr als 50
gefunden, ursprünglich sei ihre Teilnahme
Prozent ihrer Finanzierung von ausländi-
gar nicht geplant gewesen.
schen Regierungen beziehen. Laut einem
Artikel der israelischen Tageszeitung Haa-
16
Raphael Ahren: Merkel: Germany won’t normalize ties with Iran unless it recognizes Israel
(Abruf: 17.02.2016).
17
Vgl. Barak Ravid: Merkel to Netanyahu: Worried
about effect of “NGO bill” on Israeli civil society
(Abruf: 18.02.2015).
18
Vgl. Medienspiegel vom 17.02.2016 der Deutschen Botschaft in Tel Aviv.
6
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
Fazit: Ein positiver Blick in die Zukunft
ISRAEL
Einen besonderen Akzent hat die Kanzlerin
same Projekte aus ihrem Fachbereich zu
finden. So soll Außenpolitik zu konkreten
Veränderungen führen.“ 21 Im Falle der is-
DR. MICHAEL BORCHARD
zum Abschluss der Konsultationen gesetzt.
raelisch-deutschen Beziehungen funktioniert
ANNA JANDREY
Sie begleitete Netanjahu bei seinem Besuch
genau das beispielhaft. Vielleicht ist das ein
der momentanen Ausstellung „Kunst aus
Grund dafür warum die Beziehungen trotz
dem Holocaust – 100 Werke aus der Ge-
denkbar großer Herausforderungen und
denkstätte Yad Vashem“ im Historischen
trotz der nicht ganz einfachen Konstellation
Museum in Berlin. Die Ausstellung zeigt 100
einer rechten Regierungsmehrheit in Israel
Malereien, Grafiken und Zeichnungen jüdi-
in der Amtszeit von Angela Merkel so gut
scher Künstler, die der Sammlung des Holo-
sind, wie selten zuvor.
23. Februar 2016
www.kas.de/israel
caust-Gedenkmuseums in Jerusalem („Yad
Vashem“) entstammen und in den Jahren
von 1939 bis 1945 vornehmlich in den Konzentrationslagern selbst entstanden sind. In
den israelischen Medien wurde von einer
großen symbolischen Geste Merkels gesprochen und Netanjahu wisse Merkels Begleitung sehr zu schätzen. 19
Dieses Ereignis steht pars pro toto für die
ganzen Konsultationen, weil sie, wie Angela
Merkel anlässlich des Ausstellungsbesuches
gesagt hat, das „Wunder unserer Geschichte“ 20 deutlich machen: Trotz der auch
schwierigen Themen, überwog am Ende der
positive Eindruck der konstruktiven bilateralen Zusammenarbeit. Viele neue Initiativen
wurden insbesondere in zukunftsträchtigen
Bereichen wie Bildung, Wissenschaft, Innovation und Technologie, vereinbart. Gemeinsame Herausforderungen, ob im Bereich der Sicherheitspolitik, Wissenschaft
oder Wirtschaft sollen künftig noch stärker
gemeinsam in Angriff genommen werden.
Robin Alexander bringt in der WELT auf den
Punkt, warum solche Konsultationen nur
vordergründig Routine, letztlich aber ein
unverzichtbarer Beitrag zu einer erfolgreichen Außenpolitik sind: „Regierungskonsultationen sind ein klassisches Stilmittel der
Außenpolitik unter Angela Merkel: Im jährlichen Wechsel besuchen Kabinette einander.
Der Sinn der Übung: Wenn sich Arbeitsminister mit Arbeitsminister, Forschungsminister mit Forschungsministerin und Verkehrsminister mit Verkehrsminister treffen, sind
die Politiker beinahe gezwungen, gemein-
19
Vgl. Herb Keinon: Merkel nods to Netanjahu:
Major diplomatic progress unlikely now. In: Jerusalem Post 17.02.2016 (Print).
20
Christoph Sator: Das „Wunder unserer Geschichte“ (Abruf: 22.02.2016).
21
Robin Alexander, Daniel-Dyland Böhmer: Merkels Geste der Solidarität für Netanjahu (Abruf
19.02.2016).