Bundesversammlung Assemblée fédérale Assemblea federale

Bundesversammlung
Assemblée fédérale
Assemblea federale
Assamblea federala
Die volle Wahrheit zum
halbleeren Saal
Fünf Fragen rund um
National- und Ständerat – und
die Antworten darauf.
Inhalt
Die Sache mit den leeren Bänken
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Die Sache mit dem Geld
6
Die Sache mit den fixen Abläufen und den
verschiedenen Sprachen
8
Die Sache mit den gefallenen Würfeln
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Die Sache mit der steigenden Belastung
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Die Sache mit den
leeren Bänken
Eine Rednerin spricht, und niemand hört zu. Der Saal
ist halbleer. Wer noch da ist, ist in die Zeitung vertieft.
Oder diskutiert mit der Nachbarin. So sehen viele Be­
sucherinnen und Besucher den Ratsbetrieb. Nehmen
Parlamentarierinnen und Parlamentarier ihre Arbeit
nicht ernst?
Diese Fragen sind berechtigt und die Antworten darauf
begründet. Ein Ratsmitglied, das pausenlos im Rat
sässe, würde seine Aufgabe nur zum Teil wahrnehmen.
Denn es hat während der Session zahlreiche weitere
Verpflichtungen: Es nimmt an Fraktions- und Kommissionssitzungen teil; es stellt sich den Fragen der Medien,
schreibt das nächste Votum oder einen Antrag; es
kümmert sich um Besuchergruppen, erledigt die Post,
macht auch einmal eine Kaffeepause und hat Besprechungen mit Bundesräten oder Angestellten des Bundes.
Die Allermeisten sind also im Parlamentsgebäude und
durchaus aktiv. In der Plenumsdebatte geht es denn
auch nicht nur darum, Kolleginnen und Kollegen zu überzeugen, welche die Ge­­schäfte und Positionen meistens
bereits kennen, sondern auch darum, Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit zu schaffen.
Wichtig ist die Teilnahme an den Abstimmungen, und
die ist in der Regel gut. In den Vorzimmern und im Parlamentscafé macht eine Klingel auf die Abstimmungen
aufmerksam. Die Debatte zuvor kann ein Ratsmitglied
ruhig den fachkundigen Fraktionskolleginnen und -kollegen überlassen.
Dies umso mehr, als es mit ihnen das Thema in der
Fraktionssitzung bereits diskutiert hat. Und schliesslich
kann nicht jedes Ratsmitglied in jeder Frage eine Fachperson sein.
Oder wie es Winston S. Churchill sagte: «Am faulsten
sind die Parlamente, die am stärksten besetzt sind».
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Die Sache mit dem Geld
Die Ratsmitglieder werden für ihre Arbeit entlöhnt. Ein
Ratsmitglied erhält im Durchschnitt rund 80 000 Franken
steuerpflichtige Entschädigung im Jahr. Die Unkostenund Spesenentschädigungen betragen im Durchschnitt
etwa 58 000 Franken. Selbstverständlich erhalten Ratsmitglieder die Tagespauschale nur dann, wenn sie an­
wesend sind. Für jede Sitzung wird eine Präsenzliste geführt. In der erwähnten Entschädigung inbegriffen ist
die Kommissionsarbeit. Je nach Kommissionen sind das
zu den rund 55 Sessionstagen für die Ständerätinnen
und Ständeräte jährlich zwischen 40 und 70 und für
die Nationalrätinnen und Nationalräte zwischen 30 und
50 Sitzungstage.
Der ganze Parlamentsbetrieb kostet jede Einwohnerin
und jeden Einwohner der Schweiz ungefähr 13 Franken
im Jahr. Er kommt uns auf rund 100 Millionen Franken
zu stehen.
Übrigens: Jedes Ratsmitglied ist verpflichtet, die berufliche Tätigkeit, Aktivitäten in Führungs- und Aufsichtsgremien, dauernde Leitungs- und Beraterfunktionen für
wichtige schweizerische und ausländische Interessengruppen sowie das Mitwirken in Kommissionen und andern Organen des Bundes offenzulegen.
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Die Sache mit den fixen
Abläufen und den
verschiedenen Sprachen
Damit nicht einfach ins Blaue diskutiert wird, brauchen der
Ständerat mit seinen 46 und der Nationalrat mit seinen
200 Mitgliedern für ihre Debatten Spielregeln. Nationalratsmitglieder müssen ihr Votum schriftlich beim Präsidenten
anmelden. Der Präsident erteilt das Wort in der Reihenfolge der Anmeldungen, wobei die Vertreter der Fraktionen und die Antragsteller vor den übrigen Mitgliedern zu
Wort kommen. Die Berichterstatter der Kommissionen
(sie sitzen direkt neben dem Rednerpult) und die Bundesrätin oder der Bundesrat erhalten das Wort jederzeit.
Zur gleichen Sache darf nicht mehr als zweimal gesprochen werden.
Die Debatten gliedern sich in die Eintretensdebatte, in
der über die Grundsätze diskutiert wird, und die Detailbe­
ratung, in der die Ausgestaltung einer Vorlage Punkt
für Punkt behandelt und verabschiedet wird. Es gibt fünf
Beratungskategorien:
I.
Freie Debatte
Alle Ratsmitglieder.
II.
Organisierte Debatte
Berichterstatter der Kommissionen, Frakti­o ns­­­
sprecher und weitere, von den Fraktionen
bezeichnete Sprecher, sowie Antragsteller.
III. Reduzierte Debatte
Berichterstatter der Kommissionen,
Fraktionssprecher und Antrag­s teller.
IV.Kurzdebatte
Berichterstatter, Urheber von Minderheitsanträgen
und parlamentarischen Initiativen.
V.
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Schriftliches Verfahren
Grundsätzlich keine Wortmeldungen.
Klar geregelt sind auch die Redezeiten: Sie gehen von
höchstens 20 (Berichterstatter und Bundesrat in der
Eintretensdebatte) über 10 (Fraktionssprecher) bis zu
5 Minuten (Einzelredner).
Wer im Ständerat das Wort ergreifen will, meldet dies
dem Präsidenten. Zuerst spricht der Berichterstatter der
Kommission, anschliessend die weiteren Kommissionsmitglieder, und dann folgt die allgemeine Beratung.
Die Redezeit ist nicht beschränkt und es gibt keine Beratungskategorien.
Im National- und Ständerat werden die Debatten in den
drei Amtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch
geführt; nur im Nationalrat jedoch werden sie simultan
ins Deutsche, Französische und Italienische übersetzt.
Die Sache mit
den gefallenen Würfeln
Sind die Würfel wirklich gefallen, wenn ein Geschäft vor
den National- oder Ständerat kommt? Bis es überhaupt
soweit ist, geschieht tatsächlich einiges: Die Regierung
übermittelt dem Parlament zu jedem Gesetzesentwurf
eine Botschaft. Die Ratspräsidenten teilen diese Geschäfte
dem einen oder andern Rat zur Erstbehandlung zu.
Die Beschlüsse des Parlamentes werden von ständigen
Kommissionen vorbereitet. Diese sind nach Parteistärke,
Sprachzugehörigkeit und unterschiedlichen Interessen
zusammengesetzt. Die Kommissionen prüfen den Entwurf
auf Herz und Nieren. Sie hören Expertinnen und Angestellte des Bundes an und diskutieren den Entwurf mit
dem zuständigen Mitglied des Bundesrates. Nach Beendigung ihrer Arbeit erstatten sie ihrem Rat Be­­richt und
stellen Anträge.
Dabei kann es durchaus vorkommen, dass in der Kommission keine Einigkeit herrscht. Die Folge davon sind
Minderheitsanträge, die dem Antrag der Kommissi­o ns­
mehrheit gegenübergestellt werden. Hier spricht das
Plenum das letzte und entscheidende Wort.
Anschliessend diskutiert und beschliesst der Zweitrat
in gleicher Weise. Bestehen zwischen den beiden Räten
Differenzen, geht das Geschäft an den Erstrat zurück.
Kommt es nach drei Differenzbereinigungen zu keiner
Lösung, wird eine Einigungskonferenz eingesetzt, welche
beiden Räten einen Einigungsantrag unterbreitet. Dies
geschieht allerdings eher selten.
Nicht nur die Kommissionen, sondern auch die Fraktionen
– Gruppen von Ratsmitgliedern der gleichen Partei oder
einer ähnlichen politischen Couleur – besprechen die Geschäfte vor und diskutieren, wie sie abstimmen wollen.
Deshalb ist es praktisch nicht möglich, dass ein Ratsmitglied erstmals im Plenum von einem Geschäft hört.
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Während den Debatten äussern sich vor allem die Kommissions- und Fraktionssprecher. So brauchen denn
auch nicht immer alle an einer Debatte teilzunehmen.
Das heisst jedoch noch lange nicht, dass sie keine eigene Meinung haben.
Die Sache mit der
steigenden Belastung
Der parlamentarische Arbeitstag ist lang. Oft finden während der Sessionen – viermal drei Wochen im Jahr, jeweils
im März, Juni, September und Dezember – schon vor
dem Beginn der Ratsdebatten Kommissions- oder Fraktionssitzungen statt. Manchmal endet der Tag nicht vor
20 Uhr. Ausserhalb der Sessionen finden jährlich rund
600 teilweise mehrtägige Kommissionssitzungen statt.
National- und Ständerat behandeln immer mehr Gesetze
und immer mehr Vorstösse. Dies geht nicht so sehr auf
den Aktivismus der Parlamentarier zurück, sondern
vielmehr auf die zunehmenden Wünsche und Ansprüche
aus allen Bevölkerungskreisen an den Staat.
Dringliche Vorlagen und Vorstösse sind in der heutigen,
schnelllebigen Zeit ein Mittel geworden, auf das viel
häufiger zurückgegriffen wird als noch vor 10 Jahren,
was wiederum die Planung der Session erschwert.
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Was Sie über
das Parlament denken,
ist uns nicht egal
Wenn Sie neugierig geworden sind und noch mehr
erfahren möchten, dann besuchen Sie uns im
Internet: www.parlament.ch
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