F R A U N H O F E R - I N S T I T U T F Ü R S C H I C H T- U N D O B E R F L Ä C H E N T E C H N I K I S T DÜNNSCHICHTSENSORIK − UNIVERSELL UND INDIVIDUELL INDUSTRIE 4.0 INDIVIDUELL UND FLEXIBEL MIT SENSORIK Ein hoher Individualisierungsgrad der Produkte und flexibili- Die Kenndaten der DiaForce®-Schicht sierte, ressourceneffiziente (Großserien-)Produktion sind die Härte 24 ± 4 GPa Kennzeichen der zukünftigen Form der Industrieproduktion E-Modul 264 ± 39 GPa – Industrie 4.0. Die Grundlage für die vierte industrielle Reibwert ≤0,17 gegen Stahl Revolution bilden autonome, selbststeuernde und vor allem Schichtdicke 1-6 µm sensorgestützte Produktionssysteme. Dünnschichtbasierte Spezifischer Widerstand Im Bereich von 5 · 105 Ωm Sensorik bietet ideale Voraussetzungen für anwendungsori- K* = ∆R/(∆F · Ro) Im Bereich von 10-4 N-1 entierte Lösungen und Innovationen rund um industrielle Produktionsprozesse. Das Fraunhofer IST ist seit vielen Jahren Die Vorteile integrierter Dünnschichtsensorik Dünnschichtsensoren ist die amorphe Kohlenwasser- stoffschicht DiaForce®. Darauf wird eine dünne mittels Unser Angebot führend im Bereich Dünnschichtsensorik und verfügt über eine breite branchenübergreifende Expertise in den Feldern Sensorik, Schichtentwicklung und Mikrostrukturierung. Universell einsetzbare Sensormodule liefern während des Produktionsprozesses zuverlässig und präzise Daten zur Temperatur- oder Kraftverteilung aus den Hauptbelastungszonen zur dynamischen Online-Prozessregulierung. Das DiaForce®-Schichtsystem Basis der am Fraunhofer IST entwickelten piezoresistiven Photolithographie und nasschemischer Ätzung strukturierte Chromschicht aufgebracht. Das Schichtsystem kombiniert hohe Veschleißfestigkeit mit piezoresistivem Verhalten und ermöglicht Messungen direkt in den Hauptbelastungszonen. Die Hightech-Schicht variiert zwischen 3 – 9 µm, ist universell einsetzbar und wird entweder direkt auf die Oberfläche von Bauteilen aufgebracht oder auf Einsätze appliziert. Erfassung von Kenngrößen wie Kraft, Druck, Temperatur und Verschleiß Messungen erfolgen direkt in den Hauptbelastungszonen Online-Prozessüberwachung Optimierung von Bearbeitungsprozessen Ausschussreduktion Zeitliche Verkürzung des Prototypings um bis zu 30 Prozent Verbesserung der Produktqualität Verifikation von Simulationsergebnissen Hohe Materialeffizienz Universeller und kostengünstiger Einbau Individuelle, an die Maschinengeometrie angepasste Gestaltung der Sensormodule Entwicklung von standardisierten Sensormodulen Individuelle Entwicklung und Optimierung der Dünnschichtsensorik an die Produktionsbedingungen bei Kunden Beratung und Schulung INDUSTRIE 4.0 1 SENSORMODULE FÜR TIEFZIEHWERKZEUGE Tiefziehen gehört zu den Umformverfahren mit dem größten Anwendungsbereich. Klassische Verfahren arbeiten mit einem starren Werkzeug, das im einfachsten Fall aus Ziehstempel, Blechhalter und Matrize besteht. Die Anwendung reicht von der Herstellung einfacher Blechnäpfe bis zu komplex geformten Karosserieteilen in der Automobilindustrie. Die Wirtschaftlichkeit von Umformprozessen wird durch fehlerhaft Die Vorteile auf einen Blick Messung der Blecheinzugsbewegung mit einer Genauigkeit von bis zu 100 µm Verschleißbeständiges Sensorschichtsystem Langzeitstabile Messung Einfache Integration des Sensormoduls in das Werkzeug ausgeformte Teile, Reißer und Faltenbildung gesenkt. Ursache dafür sind vor allem Schwankungen der Prozessparameter, Kennlinienverlauf von vier Sensorstrukturen während wie beispielsweise der Werkstoffkennwerte. Um Produkte der Dickblechumformung. mit hoher Qualität bei guter Wirtschaftlichkeit umformtechnisch herzustellen, muss die Prozessführung fehlerfrei und 1,00 reproduzierbar gestaltet sein. Der Schlüssel: prozessrelevante eignete Regelungsverfahren eine dynamische Prozessführung erlauben. Durch integrierte Dünnschichtsensorik geregelte Prozessführungen werden Schwankungen ausgeglichen und Ausschussanteile minimiert. Das Fraunhofer IST entwickelt hierfür neuartige sensorische Dünnschichtsysteme, die in direkten Kontakt mit dem auszuformenden Werkstück treten und die Blecheinzugsbewegung sehr präzise messen. 0,99 Rx /R0 Informationen, die online zur Verfügung stehen und über ge- 0,98 0,97 0,96 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 Zeit [s] Sensor 6 Sensor 9 Sensor 3 Sensor 5 Diese Entwicklungen sind Ergebnisse aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Rahmenkonzepts »Forschung für die Produktion von morgen« geförderten Projekts ORUM (Optimierte Regelung von Umformprozessen durch Werkzeuge mit integrierter Dünnschichtsensorik) mit dem Förderkennzeichen 02PU2040. Es wurde vom Projektträger Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA), Bereich Produktion und Fertigungstechnologien (PFT), betreut. 1 Sensormodul für den Tiefziehprozess. INDUSTRIE 4.0 1 2 SENSORISCHE KRAFTAUFNEHMER Am Fraunhofer IST werden piezoresistive Dünnschichtsysteme auf die Belastungsflächen von Kraftaufnehmern appliziert. Als Kraftaufnehmer werden stiftförmige Grundkörper bezeichnet. Sie lassen sich leicht in unterschiedlichste Anlagengeometrien integrieren und messen dort unter extrem hoher Belastung ortsaufgelöst die Kraft, Betriebs- und Verschleißzustände. Die Sensorstifte Auf die komplex geformte Spitze der Kraftaufnehmer, die eine Länge von 20 mm und einen Durchmesser von 8 mm aufwei- Die Vorteile auf einen Blick Langzeitstabile Kenndatenerfassung In Hauptbelastungszonen einsetzbar Einfache Integration Flexibel anpassbare Geometrie der Kraftaufnehmer Leiterbahnbreiten von 50 µm sind realisierbar Komplexe Strukturierung über Kantenbereiche Wenig Bauraum Kostengünstige Integration in bestehende Anlagen möglich sen, wird das sensorische DiaForce®-Schichtsystem via PACVDProzess abgeschieden. Die Strukturierung der Chromelektro- Aufzeichnung des Vorspannmomentes in statischen den erfolgt unter Einsatz von Elektrophoreselack. Wie in Bild 1 Versuchen im Prüfstand. Stiftes zwei kraftmessende Strukturen, deren Kontaktierungsbereiche auf der Schräge plaziert werden. Als Deckschicht wird auch in diesem Schichtsystem eine mit Silizium und Sauerstoff modifizierte Kohlenwasserstoffschicht verwendet. Sie dient als elektrische Isolations- und Verschleißschutzschicht. Anwendung im Kugelgewindetrieb Mit dem piezoresistiven DiaForce®-Dünnschichtsystem auf Kraftaufnehmerstiften lässt sich u. a. ein intelligenter Kugelgewindetrieb realisieren. Drei stiftförmige Grundkörper werden Sensorwiderstand [kOhm] dargestellt ist, befinden sich auf der erhabenen Fläche jedes 1040 Aufbringen des Vorspannmoments 1030 1020 Lösen des Vorspannmoments 1010 1000 990 5 6 7 Verschleißzustände, während sich der Gewindetrieb bewegt. Auf diese Weise wird eine ortsaufgelöste Messung der Druckzustände ermöglicht. 9 10 11 12 13 14 15 Zeit [s] in einer 120°-Anordnung in die Spindelmutter integriert und messen dort die Montagekräfte wie auch Betriebs- und 8 1 Nm 2 Nm 3 Nm 4 Nm 5 Nm Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmenkonzept »Mikrosysteme 2004-2009« gefördert und vom Projektträger VDI/VDE-IT betreut. INDUSTRIE 4.0 3 SENSORIK FÜR SCHERSCHNEIDPROZESSE Fehlerhaft gestanzte Blechteile oder Werkzeugbrüche mindern Diagramm: Kennlinien der Dünnschichtsensorik aus Versu- die Wirtschaftlichkeit von Schneidprozessen. Der Bedarf an chen bei Hub 1, 2000, 4000 und 6000 im Vergleich. Systemen zur Online-Prozessüberwachung wird immer stärker. Schneidspaltverengung und Werkzeugverschleiß wirken sich unmittelbar auf die Schneidkraft aus. Aufgrund ihrer geringen Baugröße können die Dünnschichtsensoren auf Basis des DiaForce®-Schichtsystems die Schneidkraft direkt im Kraftfluss des Werkzeugs und ohne Störeinflüsse messen. Die Vorteile auf einen Blick Online-Überwachung von Schneidprozessen Ausschuss- und Materialkostenreduktion Individuell integrierbar Universell im direkten Kraftfluss von Schneidwerkzeugen einsetzbar Hohe Härte von 15 – 30 GPa Langzeitstabile Messung der Schneidkräfte Integration von Dünnschichtsensorik Auf standardisierte Stahlscheiben wird ein sensorisches Dreischichtsystem appliziert. Durch nasschemisch geätzte 200 nm dünne Chromelektroden auf der Sensorschicht können an verschiedenen Stellen ortsaufgelöste Druckzustände Das IGF-Vorhaben 16113 BG der Forschungsvereinigung Europäische Forschungsgesellschaft Dünne Schichten e. V. – EFDS, Gostritzer Straße 63, 01217 Dresden, wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. gemessen werden. Um die Sensorstrukturen zu schützen, bildet eine elektrisch isolierende Reibungs- und Verschleißschutzschicht den Abschluss des Systems. Ein Flex-Board kontaktiert die Kontaktpads der Sensoren und führt die Signale aus dem Werkzeug einer Elektronik zu, die diese aufbereitet. 1 + 2 Sensorische Kraft Mit einer für den Schneidprozess entwickelten Software kön- aufnehmer. Links: die Ferti nen Abweichungen im Schneidprozess, wie z. B. Bruch einer gungsschritte, rechts: inte Werkzeugkante oder Aufschweißungen am Schneidstempel, griert in eine Flanschmutter. frühzeitig erkannt und behoben werden. 3 Scherschneidsensormodul. INDUSTRIE 4.0 1 INTELLIGENTE UNTERLEGSCHEIBEN In der Industrie werden an vielen Stellen Schraubverbindungen eingesetzt. Voraussetzung ist eine genau definierte Vorspannung, die über die gesamte Lebensdauer gleich bleibt. Üblicherweise wird bei der Montage ein Drehmomentschlüssel verwendet, der jedoch das gewünschte Moment oft nur ungenau einstellt. Die Folge ist, dass die verwendeten Schrauben oft größer dimensioniert werden. Hier können u. a. bei dynamisch beanspruchten Schraubverbindungen mit dem sensorischen DiaForce®-Dünnschichtsystem Gewicht und Kosten eingespart werden. Die Vorteile auf einen Blick Langzeitstabile, statische und dynamische Messung von Kräften Universell einsetzbares Messsystem Überwachung von Schraubverbindungen Design nach Kundenwunsch mit individuell anpassbarer Geometrie Integrale und lokale Messung von Kräften Kleiner und flexibler anpassbar als derzeit kommerziell erhältliche Messsysteme Es werden zwei Unterlegscheibensysteme unterschieden: Bei dem offenen Sensorsystem liegt die Folienelektrode auf der piezoresistiven Oberfläche. Im geschlossenen System wird die Elektrode direkt auf die Sensorschicht abgeschieden und hat dadurch einen annähernd hundertprozentigen Kontakt zu ihr. Beide Varianten können universell eingesetzt werden. Mögliche Anwendungsbereiche Hochregal bis Hochbau Produktionsanlagen Windkraftanlagen Brückenbau 1 Bestandteile eines Radmontage offenen Unterlegschei Förderbandüberwachung bensensorsystems. Zwei einseitig mit DiaForce® be schichtete Scheiben und eine Stahlfolienelektrode. 2 Unterlegscheibensensorik mit gelöteten Messdrähten. 3 Unterlegscheibensensorik mit integriertem RFID-Chip. INDUSTRIE 4.0 2 3 Unterlegscheiben als geschlossenes System Unterlegscheiben als offenes System Die Unterlegscheibensensorik mit geschlossenem Dünn- Bei offenen Systemen erfolgt die Kraftmessung integral über schichtsystem weist eine lineare Widerstandsänderung in die gesamte Elektrodenfläche. Der Kennlinienverlauf kann Abhängigkeit von der Belastung auf. Die Elektrodenstrukturen in zwei Bereiche unterteilt werden (untenstehende Grafik): werden nach Kundenwünschen gefertigt und ermöglichen Ein Niederlastbereich (I) von 0 bis 300 N mit einer großen eine ortsaufgelöste Messung. Widerstandsänderung pro Newton und ein Hochlastbereich (II) ab 300 N, in dem der Kennlinienverlauf eine geringere Widerstandsänderung aufweist. Charakteristischer linearer Widerstandsverlauf des geschlos- Charakteristischer Widerstandsverlauf bei vollflächiger senen Sensorsystems. Krafteinwirkung. 5,50E+06 585 Widerstand [Ohm] R [kOhm] 584 583 582 y = -1010x + 584821 581 580 579 1 2 3 4 5 2,50E+06 1,50E+06 0 F [kN] 1. Lastzyklus 2.Lastzyklus 200 400 600 800 1000 1200 1400 Kraft [N] 3.Lastzyklus Neben der etablierten drahtgebundenen Datenerfassung bieten wir eine neuartige »intelligente« Unterlegscheibe mit RFID-Übertragung an*. Damit können Kräfte und Vorspannungen präzise, zuverlässig und kontinuierlich auch in bewegten Systemen gemessen werden. Anwendungsbeispiele sind die Fördertechnik oder sicherheitsrelevante Verschraubungen in Windkraftanlagen. II 3,50E+06 5,00E+06 0 I 4,50E+06 1. Lastzyklus 2. Lastzyklus 3. Lastzyklus * Diese Ergebnisse wurden innerhalb des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages geförderten Projektes InUse (Intelligente Unterlegscheibe zur Messung von Kräften in Schraubverbindungen) im Projektkonsortium mit der Firma Eilhauer GmbH, der Firma Mikrosensys GmbH, dem Institut für Transporttechnik und Automatisierung und dem Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST erzielt. INDUSTRIE 4.0 KONTAKT Fraunhofer-Institut für Schichtund Oberflächentechnik IST Bienroder Weg 54 E 38108 Braunschweig www.ist.fraunhofer.de Dr.-Ing. Saskia Biehl Telefon +49 531 2155 604 [email protected]
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