Der Umbau der deutschen Stromversorgung

VhU-Energieforum, Frankfurt 14. April 2015
Der Umbau der deutschen Stromversorgung Herausforderungen Netzausbau
Dr. Udo Niehage
Senior Vice President
Leiter Government Affairs Berlin
Unternehmensbeauftragter für die Energiewende, Siemens AG
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Vorwort
Mit freundlicher Unterstützung von
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Armin Schnettler
Direktor des Instituts für Hochspannungstechnik (IFHT), RWTH Aachen
und
Untersuchungen basieren auf NEP 2013 (@2023)
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Agenda
 Prozess des Netzentwicklungsplans
 Annahmen und Randbedingungen
 Prozess und Resultate
 Technik
 Sensitivitäten und „Risiken“
 Preiszonenproblematik
 Zusammenfassung
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Stromnetz in Deutschland
Kennzahlen 2013
 Höchstspannungsnetz (Sicherheit!
Handel)
 380 / 220 kV
 Verteilungsnetz (Zuverlässigkeit!
Qualität)
 110 kV
 unterlagerte Spannungsebenen
 Leitungslängen
 Total: ca. 1,7 Mill. km
 100.000 km Höchstspannung
 Erzeugungsleistung





Installiert: ca. 170.000 MW
Wind/PV:
> 69.000 MW
Biom./Wasser > 10.000 MW
Spitzenlast: ca. 85.000 MW
Steuerung erfolgt in Echtzeit!
Quelle: Verband kommunaler Unternehmen (VKU), April 2012
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Vorgehensweise beim Netzentwicklungsplan
Anforderungen an Netze ergeben sich aus
Erzeugungs-/Last-Portfolio
Quelle: Netzentwicklungsplan 2013
Mehrphasige Vorgehensweise beim Netzentwicklungsplan
•
•
Szenariorahmen  Entwicklung NEP  Konsultation Bewertung/Genehmigung durch BNetzA und
Gutachter
Durch Szenarien werden mögliche Entwicklungen abgedeckt; Netznutzungsfälle simulieren reale
Netzzustände
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Szenariorahmen
NEP 2013 (@2023)
 Jahreshöchstlast: 84 GW
 Nettostrombedarf: 535 TWh
 Pinst, EE: …170 GW
 Änderungen NEP 2013
- Aktualisierung EE-Bestand
und Prognose (Anstieg)
- Aktualisierter KW-Park
- Reduktion Höchstlast v.
87,5GW
 Änderungen NEP 2014
- Aktualisierung EE-Bestand
und Prognose (Anstieg)
- Sensitivitäten, z.B. KWBestand
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Entwicklung des Netzentwicklungsplans
Vorgehensweise
Regionalisierung & Markt
Erzeugung
Netzentwicklung
Technisch-wirtschaftliche Bewertung
Netzmodell
Bewertung des
deutschen Energiesystems
Vertikale Netzlast
Ableitung des Ausbaubedarfs und der Maßnahmen inkl. Sensitivitäten
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Regionalisierung von Erzeugung und Last
Erzeugung und Last
Definition von
Flächenrastern
Zuteilung von Last und
Erzeugung
Zuordnung von
Flächen zu georef.
Netzknoten
Generieren von EEEinspeisezeitreihen
Sensitivitätsanalyse
Regionalisierung der Erzeugungskapazitäten und der Last


Allokation von Erneuerbaren Energien und thermischen Kraftwerken auf ein Flächenraster
Methodik zur Zuordnung von Flächenraster zu georeferenzierten Netzknoten
Generierung von EE-Einspeisezeitreihen


Auf Basis europaweit verfügbarer konsistenter Wetterdaten sowie Szenariovorgaben
Berücksichtigung der raum-/zeitlichen Korrelation der EE-Erzeugung
Sensitivitätsanalysen

Alternative Verteilungen von Erneuerbaren Energien, Variation des Wetterjahres, etc.
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PV – Einspeisung im Jahr 2023 (Pinst = 61 GW)
Sonniger Frühsommer
PV-Erzeugung „einfacher“
prognostizierbar
Lokale Gegebenheiten können
hohen Einfluss haben
• Nebel, Schnee etc.
Trend zur Steigerung des
Eigenverbrauchs und -speicherung
• „PV-Speicher“


Einfluss schwierig prognostizierbar
(keine Erfahrungswerte)
Batteriespeicher, Wärmepumpe etc.
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©
IFHT
Wind – Einspeisung im Jahr 2023 (Pinst = 64 GW)
Windfronten
Regionen mit hohem, z.T.
dauerhaftem Überschuss
• > 4000h/a in Regionen Nord-DE
Windfronten erfordern zeit-ortsabhängige Betrachtungen
Noch höherer Anstieg der
installierten Leistung möglich
• Repowering
©
IFHT
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Residuallast im Jahr 2023
“aktuelle Last“ – „EE-Einspeisung“
100MW
Sehr heterogene Verteilung der EEEinspeisung
50MW
• Regional
• Leistungsklassen u. Anschluss in
0MW
 Niederspannung bis
 Höchstspannung
-50MW
Große Lastzentren dauerhaft als
Residuallast
• Singulär Großstädte für Lastabwurf
berücksichtigen?
 Geringere Unsicherheit bei
prognostizierter Last; geringere
Eigenerzeugung
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-100MW
©
IFHT
Strom – Marktsimulation  Deckung des
restlichen Energiebedarfs
Dreistufiges Optimierungsverfahren nach EEVorrangregelung (im Europäischen Markt)
Strommarktsimulation (z.B. 8760 Nutzungsfälle)
 Blockscharfe Abbildung des europäischen Erzeugungssystems (Kraftwerke + Speicher)
 Berücksichtigung des internationalen Stromhandels (Kuppelleitungen, NTC)
Stufe I
Stufe II
Stufe III
Ermittlung des internationalen
Stromhandels (Import und Export)
Detailsimulation für die einzelnen
Länder unter Berücksichtigung von
Import und Export
Finaler europäischer
Kraftwerkseinsatz im Stundenraster
Detaillierte Kraftwerksfahrpläne für die
Einzelstaaten, incl. Mindestbetriebsund Stillstandszeiten,
Kaltstart/Warmstart, Speicher, etc.
Detaillierter europäischer Kraftwerkseinsatz, Finale Import/Export
Zeitreihen, Strompreisentwicklung
(stündliche Auflösung)
Austauschfahrpläne für Import/Export
Vereinfachter europäischer
Kraftwerks- und Speichereinsatz
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(Hydrothermal Economic Dispatch)
NEP: Verstärkungs- und
Ausbaumaßnahmen (B2023)
Mehrere HGÜ – Korridore
• 2 bis 4 GW je Korridor (12 GW Nord-Süd)
• AC/DC – Hybridkorridor A
Netzverstärkungsmaßnahmen
• AC Netzausbau in beachtlichem Umfang
(auch Blindleistungskompensation)
NEP liefert ein mögliches Zielnetz
• Robuste Lösung angestrebt
• Systemstabilität erfordert Detailanalysen
Keine Einzelbetrachtung von
Leitungen/Maßnahmen sinnvoll!
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Netzoptimierung: AC/DC – Hybridfreileitung
Wechselspannung und Gleichspannung auf einem
Mast (Fa. Amprion)
Weltweit einmalige Übertragungsstrecke
• Nutzung vorhandener Trassen
• Integration HGÜ in starkes AC-Netz
Multifunktionale Nutzung einer modernen HGÜ
• Wirkleistungsübertragung (Energietransport!)
• Blindleistungsbereitstellung (Systemsicherheit)
Source: www.entsoe.eu
DC - Erfahrung im Netzbetrieb
• bei AC Trassierung vorhanden, bei DC Trassierung im Aufbau
• bei hybrider Trassierung kaum vorhanden
Normung
• Umfangreich verfügbar für AC, in der Entwicklung für DC
• Nicht verfügbar für Mischfeldbeanspruchung
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+
Stabilität im Übertragungsnetz –
Komplexität durch Impedanz
X
X
X
Übertragungseigenschaften maßgeblich
durch induktive Reaktanz bestimmt
Quelle:
Amprion
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All rights
reserved.GmbH
Systembetrachtung AC Netz
X
Übertragungseigenschaften maßgeblich
durch induktive Reaktanz bestimmt
Quelle:
Amprion
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All rights
reserved.GmbH
Systembetrachtung AC Netz
Querkompensation erhöht übertragbare Leistung
nur in begrenztem Umfang
X
P2 , Q2,kap
1.4
Einfluss von
Querkompensation
1.2
U1
U2
R
1
0.8
U 2 / p.u.
0.6
U12
U14
U2 
 Q2,kap X 
 X 2 P22  XU12Q2,kap
2
4
0.4
0.2
0
0
0.5
1
1.5
2
2.5
P2 / p.u.
Kompensation geeignet, aber reduziert Betriebsreserven !!
Netzanalyse muss zwingend die komplexe Leitungsimpedanz betrachten !!
Reduktion der Netzimpedanz X bzw. Spannungsabfall Ux ist primäres Ziel
Quelle: Amprion GmbH
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Agenda
 Prozess des Netzentwicklungsplans
 Annahmen und Randbedingungen
 Prozess und Resultate
 Technik
 Sensitivitäten und „Risiken“
 Preiszonenproblematik
 Zusammenfassung
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„Länderbilanzen 2023+“
Energiebilanzen
für Bundesländer
Süddeutschland mit Energie-Defizit
Maximaler Übertragungsbedarf
Nord-Süd: 30 GW
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Quelle: Netzentwicklungsplan 2013
Dauerhafte Netzengpässe und
Auswirkung auf Markteinheit

Schon heute erhebliche Aufwendungen für Redispatch-Maßnahmen,
d.h. Eingriff in den Markt und Korrektur des Kraftwerkseinsatzes
 In 2014 Eingriffe in 8116 Stunden; 5,1 TWh Redispatch; und >115 Mio. €
Mehrkosten

Wenn es nicht gelingt, die Netzengpässe zu beseitigen, droht der Strommarkt in
Deutschland in zwei Preiszonen zu zerfallen
 Nachteil für südliche Preiszone und Wirtschaftsraum
 Abschätzungen sagen Preisunterschiede in Höhe bis zu 6 €/MWh voraus
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Residuallast im Jahr 2040+ (Pinst = 220 GW)
aktuelle Netzentwicklung muss langfristig tragbar sein!
Installierte EE-Leistung 220 GW mit
446 TWh EE-Stromerzeugung (80%)
Sehr heterogene Verteilung der EE-Einspeisung
• Übertragungsbedarf aus Bundesländern SH/NS/MV/BB
erreicht Leistungen von über 80 GW
500MW
• Bei ungünstigen Wetterbedingungen liegt DE EEErzeugung um Faktoren 2 bis 4 über Last
250MW
Aktuelle NEP-Leitungen können Übertragungsbedarf bei weitem nicht aufnehmen!
Ohne Netzausbau und Großspeicher ist ein Ziel
80%+ EE nicht realisierbar!
• Kein Ausbau für jede Spitzenleistungs-kWh!
• Synergien zwischen NOVA (Netzoptimierung vor
–verstärkung und –ausbau) und Speicher
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0MW
-250MW
-500MW
Agenda
 Prozess des Netzentwicklungsplans
 Annahmen und Randbedingungen
 Prozess und Resultate
 Technik
 Sensitivitäten und „Risiken“
 Preiszonenproblematik
 Zusammenfassung
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Zusammenfassung
Netzentwicklungsplan in Deutschland mit weltweit einmaliger Transparenz
•
Szenarien, Sensitivitäten, Konsultationen, technisch hochwertige Begutachtungen
Netzausbaumaßnahmen zeigen eine robuste Systemlösung!
•
•
•
Eine singuläre Betrachtung („Cherry-picking“) einzelner Maßnahmen oder
Rahmenbedingungen hat i.a. einen Einfluss auf das Gesamtsystem
Energiestrategie ist langfristig angelegte, (inter-)nationale Aufgabe
Deutschland mit wesentlicher Rolle im internationalen Stromhandel
Kraftwerksreserven in Süddeutschland technisch sinnvoll und berücksichtigt
Ohne Netzausbau und Beseitigung der Netzengpässe droht die Aufteilung des
Strommarktes in zwei Preiszonen, mit Nachteilen für die südliche
Preiszone/Wirtschaftsraum
Fazit: Ohne Netzausbau ist die Energiewende mit den mittelfristigen und
langfristigen Zielsetzungen nicht realisierbar
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