1.3 Fügen a) Einfache Verschrau– bung mit 2 Kernlöchern 1.3.2 Lösbare Verbindungen b) Einfache Verschraubung mit 1 Durchgangsloch, 1 Kernloch c) Verschraubung mit aufgedornten Kernlöchern d) Verschraubung mit 2 Durchgangslöchern und Klemm-Mutter e) Verschraubung mit Durchgangsloch und durch Fließbohren geformte Buchse 1 Anwendungsverfahren von Blechschrauben mit Blechschraubengewinde Die einfache Verschraubung mit zwei Kernlöchern (Bild 1a) wird nur dann verwendet, wenn an die Schraubverbindung keine hohen Ansprüche auf Zusammenhalt durch Reibkraft zwischen den Fügeteilen gestellt wird. Es kommt nicht zur Verspannung zwischen den Blechen. Der Zusammenhalt ist lediglich durch Formschluss hergestellt. Dieses Verfahren kann auch bei Blechendicken t < Steigung P eingesetzt werden. Die einfache Verschraubung mit Durchgangsloch (Bild 1b) wird immer dann angewendet, wenn die Blechdicke t > Steigung P. Nur dann kann das Gegengewinde durch die Schraube geformt werden. Der Zusammenhalt der Schraubverbindung wird durch die Reibkraft zwischen den Blechen gewährleistet. Die Verschraubung mit aufgedorntem Kernloch (Bild 1c) wird bei dünneren Karosserieblechen (t < P) eingesetzt. Durch das Aufdornen verspannen sich beide Bleche im Kernlochbereich so gegeneinander, dass sie das Gewindeformen ermöglichen, ohne dass sie auseinander gedrückt werden. Beide Blechdicken gemeinsam müssen allerdings größer sein als die Gewindesteigung der Blechschraube. Es kommt auch hier zu einer kraftschlüssigen Verbindung. Eine Verschraubung mit Klemm-Mutter (Bild 1d) ist immer dann erforderlich, wenn dünnere Karosseriebleche (t < P) aus optischen oder konstruktiven Gründen nicht durch Aufdornen verformt werden dürfen. Beide Bleche werden mit Durchgangslöchern versehen und zwischen Klemm-Mutter und Schraubenkopf aneinander gepresst. Die Verschraubung mit durch Fließbohren geformte Buchse (Bild 1e) eignet sich besonders für dünne Bleche mit t < P. Durch das Fließbohren wird in ein Blech spanlos eine Buchse mit mehrfacher Materialdicke eingebracht. Der Fließbohrer (Bild 2) lässt sich im Aufbau wie folgt beschreiben: Der reibend wirkende Arbeitsteil besteht aus einem konischen und einem zylindrischen Bereich, beide haben eine polygone1 Querschnittsform. Diese Form trägt zusätzlich zur entstehenden Reibungswärme durch Walkarbeit zur schnelleren Werkstückerwärmung und damit zur reduzierten Fertigungszeit bei. Der Kragen hat die Aufgabe, den oberen Buchsenrand zu formen. Am Zylinderschaft wird der Fließbohrer in eine Spannvorrichtung eingespannt. Als Werkstoff für den Fließbohrer wurde ein hochverschleißfestes und wärmewechselfestes Hartmetall entwickelt, um akzeptable Standzeiten zu erhalten. 1 46 polygon (griech.): vieleckig Zylinderschaft polygon 2 zylindrischer Teil Kragen konischer Teil Flowdrill-Punkt Fließbohrer a) Startphase b) Werkstoffflussphase c) Umformphase 3 Fließbohrprozess Der Fließbohrprozess lässt sich in drei Phasen beschreiben (Bild 3): 1. Startphase Durch eine relativ hohe Drehzahl und hohe Axialkraft wird die notwendige Reibungswärme erzeugt. Die Vorschubkraft steigt so lange an, bis die Spitze des Fließbohrers das Blech durchstößt (Bild 3a). 2.1 Kunststoffe bearbeiten 2.1.4 Kunststoffe im Karosserie- und Fahrzeugbau Heckleuchtengehäuse Luftfiltergehäuse Tachogehäuse Scheinwerfergehäuse 1 Naturfasern im Pkw 2 Kunststoffrezyklate im Pkw In der Entwicklung befindet sich derzeit als Konzept, eine ganze Fahrgastzelle aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) herzustellen. In der sog. Altfahrzeug-Verordnung ist festgelegt, dass ab 2006 Autos so gebaut werden müssen, dass sie zu 85 % wiederverwertbar sind, ab 2015 müssen 95 % des Altautos wiederverwertbar sein. Um diese Ziele zu erreichen, werden in Fahrzeugen eingesetzt: • nachwachsende Rohstoffe (Naturfasern) • wiederverwendete Kunststoffe Naturfasern, Bild 1, haben Vorteile: • Sie sind umweltfreundlich, leicht und schlagzäh, das ist gut bei Unfällen. • Die so verstärkten Bauteile weisen eine geringe Neigung zum Splittern auf. 3 Ansaugkrümmer aus PA Verglasung: PC Wiederverwendete Kunststoffe (Rezyklate) werden als Sekundärrohstoff für die Fertigung von Kunststoffteilen eingesetzt (Bild 2). Himmel: PP Heckklappe: PC Frontpartie: PC, PUR, GFK Heckpartie: ABS, PUR, GFK Ein weiteres Einsatzbeispiel von Kunststoffen im Fahrzeugbau ist der Ansaugkrümmer aus PA (Bild 3). Auch hierbei wird eine Masseverringerung erzielt, und zwar um etwa 60 % gegenüber einem Ansaugkrümmer aus Aluminium-Druckguss. Der besondere Vorteil des PA-Ansaugkrümmers liegt aber in seiner glatten Oberfläche, wodurch ein minimaler Strömungswiderstand zu einer höheren Leistung des Motors führt. Zu seiner Herstellung wird ein Metallkern aus einer Zinn-Wismut-Legierung hergestellt, der in einer Form anschließend mit PA umspritzt wird. Abschließend wird das Kernmaterial ausgeschmolzen. Weitere Kunststoffbauteile an einem Pkw zeigt Bild 4. Zur Herstellung von Lkw-Aufbauten werden aus Massegründen und wegen besserer Wärmeisolierung häufig Sandwich-Platten verbaut. Bei diesen wird ein Kern aus Schaum, Holz oder Bienen® wabenstruktur (Honycomb) aus z. B. KEVLAR oder Aluminium innen und außen mit einer Deckschicht versehen (Bild 2, Seite 163). 162 Hinterachse: SMC Tank: PE Verkleidungsteile: GFK Radhausschalen: ABS Radabdeckung: PA Sitzschalen: PA; Sitzpolster: PUR-Schaum 4 Mögliche Kunststoffbauteile an einem Pkw Auch können komplette Kofferaufbauten aus GFK-Halbzeugen und GFK-PUR-GFK-Sandwichplatten hergestellt werden (Bild 1, Seite 163). 2.4 Umweltschutz und rationelle Energieverwendung 2.4.1 Werkstoffverwendung 2.4 Umweltschutz und rationelle Energieverwendung Zielsetzung 2.4.1 Werkstoffverwendung entsprechend der Ressourcen und des Recyclings Bereits bei der Produktplanung muss berücksichtigt werden, dass die Ressourcen1 der Rohstoffe begrenzt sind. Daher ist es erforderlich, nach der Werkstofferzeugung, der Produktherstellung und dessen Nutzung die Werkstoffe in einem möglichst geschlossenen Kreislauf erneut der Werkstofferzeugung rückzuführen (Bild 1). Neben der Schonung der Ressourcen wird beim Recycling der Energieeinsatz gemindert, da die Werkstoffe nicht mehr gewonnen, sondern nur noch aufbereitet werden müssen. Die europäische AltfahrzeugVerordnung sieht vor, dass ab 2006 85 % und ab 2015 95 % eines Altautos wiederverwertbar sein müssen. So entfällt bei der Stahlherstellung beispielsweise die Aufbereitung des Primärrohstoffes Eisenerz, da Stahlschrott als Sekundärrohstoff der Stahlherstellung erneut zugeführt werden kann. Eine Übersicht derartiger Sekundärrohstoffe an einem Altautomobil zeigt Bild 2. 2.4.1.1 Recycling von Stahl In der Bundesrepublik Deutschland fallen pro Jahr etwa 2,6 Mio. Altautos an, von denen 1,5 Mio.t Stahlschrott recycelt werden. Hierzu werden zunächst beim Autoverwerter Betriebsflüssigkeiten, Batterien und Reifen entfernt, um danach die Karosserie in einer Schredderanlage zu zerkleinern. Anschließend können Stahlpartikel mit einem Reinheitsgrad von ⱕ 98 % magnetisch ausgeschieden und dem Stahlwerk zur stofflichen Wiederverwendung zugeführt werden. Zu diesen 1,5 Mio. t Stahlschrott von Automobilen kommt Altschrott aus anderen Wirtschaftsbereichen sowie Neuschrott, der bei der Stahlerzeugung und -verarbeitung anfällt, so dass in Deutschland jährlich ca.18 Mio.t Stahlschrott recycelt werden.Weltweit werden 365 Mio. t Stahlschrott der stofflichen Wiederverwendung zugeführt, wodurch • 610 Mio. t Eisenerz und • 200 Mio. t Kohle eingespart werden. Neben der Schonung der natürlichen Ressourcen um die angegebenen Abbaumengen wird durch das Recycling zusätzlich Energie eingespart, da nicht nur die Mengen einzusetzenden Eisenerzes und Kohle für die Stahlerzeugung eingespart werden, sondern auch deren Aufbereitung, Transport und Verhüttung. Insgesamt erfolgt eine Einsparung von Primärenergie beim Stahlrecycling von 60 % gegenüber der Verhüttung von Eisenerz. 1 Ressource (lat.-franz.): Reserve Produktbetreuung Nutzung Aufbereitung Produkt Produktrealisierung Produktfindung Rückführung Werkstofferzeugung Produktentwicklung 1 Wechselwirkungen im Produktplanungsprozess 710 kg Eisen und Stahl 90 kg Gummi 60 kg Kunststoffe 30 kg Glas 22 kg Aluminium 10 kg Blei 6 kg Kupfer und Messing 5 kg Zink 11 kg andere NE-Metalle 56 kg weitere Materialien (Textilien, Polsterung, Lacke) 2 Werkstoffe eines Altautomobiles (m = 1000 kg), die als Sekundärrohstoffe wieder dem Produktionsprozess zugeführt werden können Die Aufbereitung des Sekundärrohstoffes Stahlschrott erfolgt zu etwa 32ᎏ im Blasverfahren und zu 31ᎏ im Elektrolichtbogenofen. Beim Blasverfahren (LD-, LDAC-Verfahren) müssen 25 % Stahlschrott als Kühlmittel der Schmelze zugeführt werden. Mehr Stahlschrott kann im Elektrolichtbogenofen erschmolzen werden, der mit 100 % Stahlschrott befüllt werden kann.Insgesamt werden in Deutschland pro Jahr ca. 800 000 t Neu- und Altschrott im Elektrolichtbogenofen stofflich recycelt. Als weiterer Beitrag zur Schonung der Umwelt werden die bei der Stahlherstellung entstehenden Rauchgase gereinigt, so dass der Ausstoß von Schadstoffen gemindert werden kann um: • 87 % Schwefeldioxid (SO2) • 72 % Stickoxide (NOx) • 100 % Stäube Auch die entstehende Prozess- und Restwärme wird für Heizzwecke genutzt. Ebenso kann die anfallende Schlacke genutzt werden. Zu 90 % wird sie weiterverarbeitet zu einem Sekundärrohstoff für Straßen-, Eisenbahn- und Wasserbau sowie für die Zementherstellung. 183 3.2 Beleuchtungseinrichtungen 3.2.9 Fahrtrichtungsanzeiger, Warnblinkanlage } 80 45} ≤ 1500 1) ≥ 350 < 300 b) Hintere Fahrtrichtungsanzeiger d Maße in mm dæ 1/3 l 10} 45} } ≤ 1800 1) 80 ≤ 1500 1) d= 0 ist möglich 60} 5} c) Seitliche Fahrtrichtungsanzeiger 45} 2 3 2100 mm, wenn die Art des Fahrzeugaufbaus die Einhaltung der maximlen Höhe nicht zulässt oder 2500 mm oder 2300 mm jeweils, wenn die Art des Fahrzeugaufbaus die Einhaltung der maximalen Maße nicht zulässt l ≥ 500 1 } a) Vordere Fahrtrichtungsanzeiger < 50 45} 600 ≤ 400 80 60} 5} Schlussleuchte 1 Anordnung von Fahrtrichtungsanzeigern d l 80 } a) Für alle Kraftfahrzeuge } 45} 45} c) Für Kraftfahrzeuge mit einer maximalen Länge von 4 m und einer Breite von nicht mehr als 1,60 m } 80 45} Übungen 1. Woran ist erkennbar, dass Scheinwerfer und Scheinwerferlampen für die Verwendung an deutschen Fahrzeugen zugelassen sind? 2. Welche Vorbereitungsmaßnahmen sind an einem Pkw vor der Einstellung der Scheinwerfer zu treffen? 3. Welche Leuchten muss und darf der Auflieger eines 16,50 m langen Sattelkraftfahrzeugs führen? 4. Wie sind Hubladebühnen kenntlich zu machen? 10} 10} 45} b) Für alle Kraftfahrzeuge mit einem maximalen Blinkleuchtenabstand in Fahrzeuglängsrichtung von 6 m 60} Für den Fahrtrichtungsanzeiger und die Warnblinkanlage werden die gleichen Leuchten genutzt. Sie müssen nach § 54 StVZO mit einer Frequenz f 1,5 Hz 0,5 Hz ( 90 30 Impulse je Minute) aufleuchten. Zur Betätigung der Warnblinkanlage (§ 53a StVZO) ist ein besonderer Schalter vorzusehen, der Betrieb ist durch eine rote Kontrollleuchte anzuzeigen. Das Warnblinklicht lässt alle Blinkleuchten gleichzeitig mit o.g. Frequenz aufleuchten. Fahrzeuge mit einer maximalen Länge von 4m und einer maximalen Breite von 1,60 m können mit nur einer Blinkleuchte je Fahrzeugseite ausgerüstet werden, dürfen aber auch je Fahrzeugseite 2 bis 3 Blinkleuchten haben (Bild 2a). Übersteigt der Blinkleuchtenabstand in Fahrzeuglängsrichtung das Maß von 6 m, so sind weitere Blinkleuchten vorzusehen, deren Anbaumaße in Bild 1 dargestellt sind. Kraftomnibusse zur Schülerbeförderung müssen hinten oben außen je Fahrzeugseite eine zusätzliche Blinkleuchte mitführen. Ein zusätzliches Blinkleuchtenpaar im vorderen Fahrzeugdrittel ist bei Fahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse 3,5 t vorgeschrieben. d æ 1/3 l d= 0 ist möglich 80 3.2.9 Fahrtrichtungsanzeiger, Warnblinkanlage d) Für Anhänger 2 Mindest-Sichtwinkelbereiche für Fahrtrichtungsanzeiger (§ 54 StVZO) 207 4.1 Triebwerk 4.1.3 Kraftübertragung Zur Unterscheidung der jeweiligen Antriebsart wird das folgende Bezeichnungsschema (sog. Radformel) für Fahrgestellbezeichnungen verwenden: N Anzahl der Räder Z Anzahl der angetriebenen Räder N ⫻ Z /L L Anzahl der gelenkten Räder Anhand der obigen Fahrgestellbezeichnung ist zu erkennen, ob es sich um ein zweiachsiges, drei- oder vierachsiges Fahrzeug handelt (Bild1), wie viele Räder angetrieben und wie viele gelenkt sind. Beispiele: Bei einem 6x2-Fahrgestell handelt es sich um einen Lkw mit 6 Rädern (3 Achsen), von denen 2 Räder (1 Achse) angetrieben und die Vorderachse gelenkt ist. Die Bezeichnung 6x6/2 steht für einen Allrad-Lkw mit 6 angetriebenen Rädern (3 Achsen) und gelenkter Vorderachse. Ist bei einem Lkw nur die Vorderachse gelenkt, wird der Bezeichnungsteil /2 häufig weggelassen. 4.1.3.1 Kupplung In Kraftfahrzeugen wird zwischen Antriebesmotor und Antriebsstrang eine trennbare Kupplung verwendet. Sie hat die folgenden Aufgaben: • das Motordrehmoment beim Anfahren langsam und dosiert auf die Antriebsaggregate zu übertragen • Trennung von Motor und nachgeschalteten Antriebsbauteilen beim Gangwechsel • nach dem vollständigen Einkuppeln die schlupffreie Übertragung des Motordrehmoments auf das Getriebe und die nachfolgenden Antriebsbaugruppen Bei Kraftübertragungen von Pkw und Nkw mit von Hand geschalteten Getrieben werden überwiegend Einscheiben- oder Zweischeiben Trockenkupplungen verwendet. Mehrscheiben-Nasskupplungen (Ölbad-Lamellenkupplungen) und Fliehkraftkupplungen werden hauptsächlich in Kraftradantrieben eingesetzt. Bei der Einscheiben-Trockenkupplung (Bild 2) werden die beidseitigen Reibbeläge der Mitnehmerscheibe von der durch Membranoder Schraubenfedern belasteten Druckplatte gegen die Schwungscheibeninnenwand gepresst. Der so entstehende Kraftschluss (Reibschluss) stellt die Drehmomentübertragung zum Getriebe her. Bei ordnungsgemäßer Beschaffenheit der Kupplung tritt kein Schlupf (Durchrutschen) auf. Zum Auskuppeln wird durch die Ausrückgabel das Ausrücklager gegen die schwenkbar gelagerte Membran oder die Ausrückhebel gedrückt. Dabei wird die Druckplatte entlastet und die Mitnehmerscheibe kann durchrutschen. Zur axialen Verschiebung ist die Mitnehmerscheibe mit einer zentrischen keilverzahnten Muffe versehen, die auf die Getriebeeingangswelle aufgeschoben ist. Bei schweren Lkw wird die Einscheiben-Trockenkupplung mit einem hydrodynamischen Drehmomentwandler (Bild 1, Seite 250) kombiniert. Diese Wandler-Schaltkupplung (Bild 2, Seite 250) erleichtert das Anfahren und Rangieren, da Kuppeln entfällt. Durch den vorgeschalteten stufenlos arbeitenden Drehmomentwandler, der das Motordrehmoment zusätzlich verstärkt, ist ein sehr weiches und ruckfreies Anfahren möglich. 1 Fahrgestellbezeichnung bei Lkw 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Getriebe 1 2 3 4 Kurbelwelle, Motor Schwungscheibe Mitnehmerscheibe Torsionsdämpfer 5 6 7 8 Druckplatte 9 GetriebeMembranfeder eingangswelle Kupplungsgehäuse 10 Ausrückgabel Ausrücklager 2 Einscheiben-Trockenkupplung 249 4.2 Fahrwerk 4.2.2 Fahrwerksbaugruppen a) Starrachsen b) Halbstarrachsen c) Einzelradaufhängung 1 Grundtypen der Radaufhängungen Die Grundtypen von Radaufhängungen zeigt Bild 1. Durch die jeweilige Konstruktion der Radaufhängung wird die räumliche Radbewegung vorgegeben. Beim Ein-/Ausfedern und durch die Einwirkung äußerer Längs- und Querkräfte können sich die Radstellgrößen (Sturz, Spur, Spreizung usw.) ändern. Obwohl die Bewegung der Räder durch die Achskonstruktion vorgegeben ist (Achskinematik), treten aber auch sog. elastokinematische Radstellungsänderungen auf. Derartige Radstellungsänderungen sind unvermeidlich. Sie entstehen durch elastische Verformungen von Lenkern, Lagerungen und Lagerstellen. Zur weitgehenden Kompensation der Radstellungsänderungen werden Achskonstruktionen z. B. mit besonderer Geometrie (angestellte Lenker) und/oder elastisch aufgehängten Lenkerlagern verwendet (Bild 2). Bei modernen Hinterradaufhängungen ist der gesamte Achsträger zusätzlich elastisch gelagert. Hierdurch können Lastwechselreaktionen vermindert und das Eigenlenkverhalten der Räder positiv beeinflusst werden. Einige Beispiele von ausgeführten Radaufhängungen zeigen die Bilder 1 bis 3, Seite 267. 266 a) Freirollend b) Abbremsend 2 Radaufhängung mit besonderer Geometrie und weicher Aufhängung (Weissach-Achse) 5.3 Sicherheit im Straßenverkehr Frontalcrash 5.3.2 Fahrzeugsicherheit Seitencrash Erprobungsgrund (Geschwindigkeit) Stoßfänger km km (4 h ... 8 h) linke/rechte Seite Lenkungsverschiebung1 Fahrzeugstruktur Innenraum Dichtheit des Kraftstoffsystems km 1 km (48,3 h ... 52 h) (54 h) Überschlag Sturkturfestigkeit Insassenbelastung Innenraum Rettungsverhalten Dichtheit des Kraftstoffsystems km (50 h) Heckcrash Erprobungsgrund (Geschwindigkeit) km km km linke/rechte Seite (48,3 h ... 56,3 h) Verhalten extrem kleiner/großer Insassen Dichtheit des Kraftstoffsystems Insassenbelastung Fahrzeugstruktur Rettungsverhalten km km (32 h ... 35 h) Insassenbelastung Innenraum Fahrzeugstruktur Rettungsverhalten Insassenbelastung 1 Dichtheit des Kraftstoffsystems Fahrzeugstruktur, Innenraum Rettungsverhalten km 1 Erprobungsgrund (Geschwindigkeit) Stoßfänger km (48,3 h ... 56,3 h) Insassenbelastung 1 Fahrzeugstruktur Innenraum Dichtheit des Kraftstoffsystems Rettungsverhalten 30° links/30° rechts km (4 km (48,3 h ... 53 h) km 1 (38 h ) Innenraum Insassenbelastung Rettungsverhalten km (40 h) km (55 h) Reparaturkosten km 40 % Überdeckung (15 h) Pfahlaufprall Insassenbelastung Fahrzeugstruktur Innenraum Dichtheit des Kraftstoffsystems Rettungsverhalten 30° rechts/30° links km (50 h) 1 Gesetzliche Anforderung (USA oder ECE); • = Fahrzeuginsasse; km 8 h) Dichtheit des Kraftstoffsystems Insassenbelastung Fahrzeugstruktur Innenraum Dichtheit des Kraftstoffsystems Rettungsverhalten 50 % Überdeckung, 15° km ... h 40 % Überdeckung Dichtheit des Kraftstoffsystems Fahrzeugstruktur, Innenraum Insassenbelastung Rettungsverhalten km 1 km (48,3h ... 52 h) Dichtheit des Kraftstoffsystems Fahrzeugstruktur, Innenraum Insassenbelastung Rettungsverhalten km (50 h) Reparaturkosten km (15 h) = Zuladung im Gepäckraum 1 Auszug aus dem Pkw-Testprogramm eines Automobilherstellers 327 5.5 Baugruppen der Kraftfahrzeuge 5.5.1 Systematik der Kraftfahrzeug-Baugruppen 5.5 Baugruppen der Kraftfahrzeuge 5.5.1 Systematik der KraftfahrzeugBaugruppen Jedes Fahrzeug besteht aus mehreren Hauptbaugruppen, die sich in Unterbaugruppen und schließlich in Einzelteile untergliedern lassen. Im Folgenden soll am Beispiel der Kraftwagen eine mögliche Systematik der Hauptbaugruppen gezeigt werden. Bei einem kompletten Fahrzeug sind alle Baugruppen nach einem Fahrzeuggesamtkonzept miteinander verbunden. Zur Erkennung der funktionellen Besonderheiten ist es nötig, die einzelnen Baugruppen getrennt voneinander zu betrachten. Eine mögliche Einteilung in die vier Hauptbaugruppen: • Fahrzeugaufbau • Triebwerk • Fahrwerk • Elektrik/Elektronik zeigt Bild 1. Die Durchsichtdarstellung (Bild 2) soll am Beispiel Pkw die reale Lage der Hauptbaugruppen zueinander verdeutlichen. Baugruppen der Kraftwagen Fahrzeugaufbau (siehe Kap. 5.5.2) Triebwerk (siehe Kap. 5.5.4) Karosserie Nutzaufbau Kraftmaschine Kraftübertragung • Motorraum • Insassenraum • Gepäckraum, Laderaum • Türen und Klappen • Verglasung • spezielle Ausrüstung • offen geschlossen teiloffen • fest • wechselbar (Absetz-/Abrollbehälter) • spezielle Ausrüstung • Ottomotor • Dieselmotor • Wankelmotor • Gasturbine • Elektromotor • Hybridantrieb • Kupplung • Getriebe • Gelenkwellen • Ausgleichsgetriebe • Radantrieb Fahrwerk (siehe Kap. 4.2) Elektrik/Elektronik (siehe Kap. 3) • Räder • Radaufhängungen • Federung • Schwingungsdämpfung • Lenkung • Bremsen • Motorelektrik • Motorelektronik • Beleuchtungs-, Signal- und Kontrolleinrichtung • Sicherheitselektronik • Komfortelektronik • elektronische Steuerungsund Regelungssysteme 1 Die Baugruppen der Kraftwagen 1 2 4 3 1 2 3 4 Fahrzeugaufbau Triebwerk Fahrwerk Elektrik/Elektronik 2 Reale Lage der Hauptgruppen zueinander, Beispiel Pkw 349 5.6 Fahrzeugbauweisen und Konstruktionsarten von Fahrzeugen 5.6.1 Fahrzeugbauweisen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Stirnwand mit A-Säulen Frontscheibenbrücke Boden-Längsschweller Dachspreiz Spriegel Dachpfette Fenstersäule Seitenwand-Längsträger Knotenblech 1 Gemischte Gerippebauweise, KOM Selbsttragende Bauweise Bei dieser Bauweise übernimmt die gesamte Fahrzeugstruktur alle Tragfunktionen (Bild 3, Seite 379) für sich selbst und die Nutzmasse. Beispielsweise kann der Tankaufbau eines Sattelanhängers als geschlossenes Profil, und damit vom Grundtyp einem Stab oder Balken vergleichbar, selbsttragend ausgelegt sein. Im Gegensatz dazu ist bei Pkw und KOM die gesamte Fahrzeugstruktur als Fachwerk- oder Schubfeldsystem ausgebildet. Man spricht dann allgemein von selbsttragender Gerippebauweise. Gerippebauweise Die Gerippebauweise stellt eine spezielle Form des Fahrzeugleichtbaus dar. Sie kann mittragend oder selbsttragend ausgelegt sein. Man unterscheidet • Halbzeug-Gerippebauweise • Schalenbauweise • gemischte Gerippebauweise Bei der Halbzeug-Gerippebauweise bildet ein Gerippe aus teils umgeformten Halbzeugprofilen den Unterbau für die AußenhautBeplankung. Das Gerippe kann aus Holz (oft bei Wohnwagen), Stahl, Aluminium oder Kunststoff bestehen. Auf einen Tragrahmen aufgesetzt kann das Gerippe nur für die Formstabilität des Aufbaus vorgesehen sein, es kann aber auch Teiltragfunktion übernehmen (mittragende Bauweise). Bei der selbsttragenden Halbzeug-Gerippebauweise (meist bei KOM) übernimmt die gesamte Gerippestruktur alle Tragfunktionen für sich selbst und für die Nutzmasse. Zur Halbzeug-Gerippebauweise gehören auch Gitterrohrrahmenund space-frame1-Bauweisen (Bild 1, Seite 23). Die Schalenbauweise ist eine Weiterentwicklung der HalbzeugGerippebauweise. Bei dieser Bauweise werden Feinbleche zu sog. Außen- und Innenschalen geformt und anschließend gefügt. Die so entstehenden Blechbauhohlkörper bilden einen sehr leichten und formstabilen Tragverband (Bild 1, Seite 381). Durch diese Bauweise besteht die Möglichkeit, Tragstrukturen gezielt in den Fahrzeugaufbau zu integrieren, wodurch Aufbau und Tragsystem eine Einheit bilden (selbsttragende Schalenbauweise). Da die Tragstrukturen in Form und Abmessung für jeden Fahrzeugbereich den hier jeweils auftretenden mechanischen Belastungen angepasst werden können, wird deutlich weniger Werkstoff als bei Halbzeug-Profilkonstruktionen benötigt. Die hieraus resultierende Massereduzierung kommt insgesamt dem Einsatzzweck des Fahrzeugs und/oder seinen Fahreigenschaften zugute (vgl. Kap. 5.7). Aber auch bei nichttragenden Aufbauteilen (z. B. Lkw-Fahrerhaus) lassen sich durch diese Bauweise hohe Steifigkeiten erzielen, die z. B. für den Insassenschutz genutzt werden. Bei der gemischten Gerippebauweise (Bild 1) werden HalbzeugGerippe- und Schalenstrukturen miteinander gepaart. Man findet diese Gemischtbauweise häufig bei modernen KOM. 1 380 space-frame (engl.): Raumrahmen 5.6 Fahrzeugbauweisen und Konstruktionsarten von Fahrzeugen a) Laschenbefestigung (Schub- b) Konsolenbefestigung blechbefestigung) 1 Starre Aufbaubefestigungen Geschlossene Fahrzeugaufbauten wie z. B. Koffer oder Tank sind verdrehsteif. Die Verbindung eines derartigen Aufbaus mit einem starren Tragsystem kann ebenfalls starr erfolgen (Bild 1), da keine Verdrehbewegungen des Tragsystems zum Aufbau übertragen werden. Bei der Verbindung von einem verwindungsweichen Tragsystem mit einem geschlossenen, starren Aufbau sind jedoch „weiche“ Befestigungen (Bild 2) zu wählen. Würde man Tragsystem und Aufbau starr miteinander verbinden, würde einerseits der verwindungssteife Aufbau die Verwindungen des Tragsystems behindern, andererseits würde das Tragsystem Verwindungskräfte in den Aufbau einleiten. Die hierbei auftretenden konkurrierenden Spannungen können sowohl den Aufbau als auch das Tragsystem zerstören. Die bei dieser Kombination erforderlichen Befestigungen müssen eine elastische Verbindung zwischen Aufbau und Tragsystem herstellen. Dabei sollen die Verbindungen so beschaffen sein, dass sie die Verwindungsbewegung des Tragsystems ermöglichen, ohne dabei Kräfte in den starren Aufbau einzuleiten. Auf diese Weise können Aufbau und Tragsystem voneinander entkoppelt werden. Eine weitere Möglichkeit der Verbindung von verwindungsweichem Tragsystem und geschlossenem, starrem Aufbau stellt die Dreipunkt-Aufbaubefestigung dar. Wie aus Bild 3 zu ersehen ist, bleiben bei der Verwindung eines Fahrgestellrahmens vier Rahmenpunkte neutral, d. h. sie nehmen nicht an der vertikalen Auf- bzw. Abwärtsbewegung teil, weil sie in den Verwindungsachsen liegen. Von diesen vier Neutralpunkten sind für die Befestigung des Fahrzeugaufbaus i. d. R. mindestens drei nutzbar (Bild 4). Da das Mittellager einer Dreipunkt-Befestigung als Gelenk ausgebildet ist, kann diese Befestigung kein Torsionsmoment in den Aufbau übertragen. Bei der Kombination von teiloffenen Fahrzeugaufbauten, wie Kofferaufbauten mit Heckwandplane oder mit Ladebordwand, und verwindungsweichen Fahrgestellrahmen können „bedingt-weiche“ Aufbaubefestigungen (Bild 1, Seite 387) verwendet werden. Dies ist möglich, weil sich ein teiloffener Fahrzeugaufbau nicht mechanisch starr verhält, sondern sich um einen bestimmten Winkel beschädigungsfrei verdrehen lässt. 386 5.6.2 Konstruktionsarten von Fahrzeugen a) Konsolenbefestigung mit Schraubenfeder b) Konsolenbefestigung mit Tellerfedern 2 Weiche Aufbaubefestigungen neutrale Punkte 3 Verwindung eines Rahmens a) Mittellager als Gelenk (Waagebalken) b) Starre Lagerung mit Konsole 4 Dreipunktlagerung bei einem Tankaufbau 6.1 Analyse von Fahrzeug- und Karosserieschäden 3 2 l1 = l2 6.1.3 Prüftechnik l1 > l2 5 6 1 = Messpunkte l2 l1 4 1, 2, 3, 6 1 Trapez Wird bei einem Unfall ein „rechteckiges“ Rahmenteil zu einem Parallelogramm verschoben, so verändern sich die Diagonalmaße (Bild 1). Alle wichtigen Maße an der Bodengruppe lassen sich durch die Symmetrieeigenschaft gut nutzen. Mit einem Rechts-LinksVergleich, unter Ausnutzung der Diagonalvermessungen, kommt man jeder Veränderung der Bodengruppe auf die Spur. Datenblätter enthalten Messpunkte, mit denen man die Bodengruppe von einem Bezugsmittelpunkt aus vermessen kann. Jede Karosserie hat zur Längsmittelachse eine Links-Rechts-Symmetrie. Mit dem Stangenzirkel werden Längs-, Quer- und Diagonalmessungen vorgenommen und es kann schnell und einfach geklärt werden, ob ein Rahmenschaden vorliegt und ob eine Reparatur noch sinnvoll erscheint. Für eine Höhenmaßermittlung ist der einfache Stangenzirkel nicht geeignet. 2 Dreidimensionale Vermessung Räumliches Vermessen ist die Voraussetzung, um alle Maße und Lagen eindeutig zu bestimmen (Bild 2). Mit Teleskopmesslehren können Längen, Breiten und Höhen vermessen werden. Auf dem Messlineal befindet sich ein beweglicher Schlitten. Auf dem Schlitten ist ein höhenverstellbares Höhenmaß befestigt. Nur einzelne Punkte können mit dieser Lehre kontrolliert werden. Messbrücken (Bild 3) eignen sich zum räumlichen Messen an der Fahrzeugquerachse. Auf einem stabilen Messlineal, das zur Bodengruppe ausgerichtet wurde, stützen sich zwei vertikale Streben ab. Ein weiteres Messlineal verbindet die oberen Enden der Stützstreben. Die komplette Messbrücke bildet somit ein Rechteck. Mit Hilfe dieser Einrichtung werden Maße an der Karosserie überprüft, die von der Bodengruppe aus nicht kontrolliert werden können. Befestigungspunkte am Radhaus für die Vorderachse oder andere Messpunkte am Dach können so leicht überprüft werden. 3 Messbrücke Zur exakten dreidimensionalen Vermessung der Bodengruppe eines Kfz sind Messsysteme erforderlich. Beim räumlichen Vermessen muss an der Bodengruppe eine ebene Fläche gebildet werden. Die meisten Karosserien haben sechs Bezugspunkte an der Unterseite der Karosserie. Eine planparallele Ebene erreicht man, wenn noch drei Bezugspunkte (Bild 4) an der Bodengruppe unbeschädigt sind. Zu dieser Ebene müssen alle Messpunkte planparallel ausgerichtet werden (Bild 1, Seite 398). Deshalb dient die Bodengruppe immer als Basis für die Fahrzeugvermessung. 1…10 Messpunkte 5,8,9 Dreiecksebene 4 Bodengruppe 397 6.2 Richten Wird ein Blechstreifen aus Stahl in der Mitte mit einer Schweißflamme punktuell kurz auf ca. 800 °C angewärmt und dann wieder abgekühlt, ist er verformt (Bild 1). Folgender Vorgang hat die Verformung hervorgerufen: Der Werkstoff hat sich zunächst ausgedehnt (vgl. Bild 3, Seite 203) und eine innere Druckspannung erzeugt. Gleichzeitig ist durch das Wärmen die Festigkeit geringer geworden. Zu dem Zeitpunkt, wo die innere Druckspannung größer wird als die Werkstofffestigkeit, setzt das Schrumpfen (Verkürzen) ein. Nach der Abkühlung ist das Werkstück in Abhängigkeit des Temperaturverlaufes punktuell verkürzt und dadurch verformt. Dieses durch Wärmen hervorgerufene Schrumpfen ist die Voraussetzung des thermischen Richtens. Weil die Wärme überwiegend mit einer Gasflamme eingebracht wird, bezeichnet man diese Technik auch als Flammrichten. Im Gegensatz zum mechanischen Richten eines windschiefen Bleches wird nicht die kurze Diagonale gestreckt, sondern die lange durch Schrumpfen verkürzt (Bild 1). Der Schrumpfvorgang beim thermischen Richten wird noch von den Druckspannungen der gestreckten Fasern im verformten Werkstückbereich unterstützt. Bei verformten Profilen, die durch Wärmen gerichtet werden sollen, wird ebenfalls jeweils die lange Seite verkürzt. Abhängig von der Profilform wendet man zum Wärmen Wärmekeil, Wärmeellipse oder Wärmestraße an (Bild 2). Weiche Beulen und flache Dellen an Karosserien bzw. Karosserieteilen lassen sich durch großflächiges Wärmen oder durch Wärmepunkte thermisch richten (siehe Kap. 6.3). Das punktuelle Wärmen muss immer so erfolgen, dass sich die einzelnen Punkte nicht gegenseitig beeinflussen. Das erreicht man dadurch, dass die Wärmepunkte weit genug auseinander liegen und/oder dass sie nach dem Wärmen jeweils gekühlt werden. 6.2.4 Mechanisch-thermisches Richten Schweißbrenner Blechstreifen Wärmepunkt a) Vor dem Wärmen b) Nach dem Wärmen 1 Umformung durch Wärmens Werkstück Richtplatte Wärmestraße 2 Thermisches Richten von windschiefen Blechen 6.2.4 Mechanisch-thermisches Richten Reicht zum Beseitigen von unerwünschten Verformungen mechanisches oder thermisches Richten allein nicht aus, setzt man das mechanisch-thermische Richten ein. Es ist eine Kombination aus beiden Verfahren. Als Werkzeuge werden Gasbrenner, Hammer und Gegenhalter benötigt. Wie beim thermischen Richten wird der überdehnte Werkstoff verkürzt, jedoch nicht nur durch Schrumpfung, sondern zusätzlich durch Stauchung. Grundsätzlich werden zwei Stauchtechniken beim mechanischthermischen Richten unterschieden: • indirektes Stauchen • direktes Stauchen Das mechanisch-thermische Richten mit indirektem Stauchen wird zum Richten großflächiger weicher Beulen angewendet. Der überdehnte Werkstoff der gesamten Beule soll durch Stauchung und Schrumpfung verkürzt werden. Zunächst wird in der Mitte der Beule ein Wärmepunkt gesetzt. Bei Tiefziehblechen sollte die Temperatur etwa 800 °C = kirschrot betragen. Danach wird vom Rand der Beule spiralförmig zur Mitte hin mit dem Spann- oder Aluminiumhammer und Gegenhalter der Werkstoff zum erwärmten Bereich getrieben und gestaucht (Bild 1a, Seite 405). Durch Abkühlung des Wärmepunktes mit Wasser wird die Schrumpfung definiert eingeleitet, da der Wärmeentzug örtlich begrenzt bleibt. 404 Weg der Flamme a) Wärmekeil bei verformten offenen Profilen b) Wärmeellipsen bei verformten Hohlprofilen c) Wärmestraße bei verformtem Flachstahl 3 Thermisches Richten von Profilen 6.2 Richten 6.2.6 Richtgeräte Richtbalken 1 Richtbank mit mehreren schwenkbaren Richtbalken (Dozer) Die Säule ist an der unteren Stirnseite beweglich auf dem Längsbalken gelagert und hat auf der fahrzeugabgewandten Seite eine Art Zahnstange mit besonderem Profil zum Einhängen der Kette. Ein diagonal eingebauter Hydraulikzylinder verbindet die beiden Stahlrahmen miteinander. Unterstellböcke, eine Querstange, um die Unterstellböcke miteinander zu verbinden, Klemmeinrichtungen und Zugketten sind im Wesentlichen die mechanischen Zubehörteile. Am Längsträger ist eine Abstützeinrichtung angebracht, um die Reaktionskräfte an die Querstange zu übertragen. Mit einer Kette werden die Querstange und die Unterstellböcke verankert und abgesichert. Die Zugkette wird an der beschädigten Karosserie und am Zugbalken befestigt. Aus Sicherheitsgründen ist darauf zu achten, dass die Kettenlänge so gering wie möglich ist. Die Kraftübertragung, ausgelöst durch die Hand- oder Motorpumpe, erfolgt über den Druckzylinder. Durch die Bewegung der Kolbenstange bewegt sich der Ziehbalken aus der Ruhestellung. Jede Zieharbeit muss langsam erfolgen, weil dadurch das Rückverformen besser beobachtet werden kann. Zugketten und Klemmen können die Karosserie beschädigen. Aus diesem Grunde kann man Zuggurte (Bild 2) einsetzen. Gurte sind sehr stabil und halten Zugkräfte von 100 kN und mehr aus. Metallwerkstoffe reißen oder brechen nicht so schnell, wenn sie langsam umgeformt werden. Alle Rückverformungsarbeiten müssen regelmäßig durch Lehren und durch Messen kontrolliert werden. Wie weit beim Rückverformen überzogen werden darf, um die Karosserieteile wieder in die richtige Lage zu bringen, hängt von der Schadensart und dem Blechwerkstoff ab. Die Zugkette bildet im gespannten Zustand eine Strecke. Diese Strecke muss, bei gedanklicher Verlängerung zu einer Linie, genau mit der Anstoßrichtung übereinstimmen (vgl. Bild 2, Seite 406). Bei einem Fahrzeug, das einseitig (z. B. Vorderachse) aufgebockt ist, ist dies sehr schwierig. 408 2 Zuggurte Schwenkt sich der Zugbalken nur um einen geringen Bereich (z. B. 15°), so weicht die gedachte Streckenlinie nur unwesentlich von der Anstoßrichtung ab. Bei größeren Rückverfomungswegen kann es zu einer gravierenden Abweichung der Anstoßrichtung kommen und dazu führen, dass das Fahrzeug sich an der Bodenseite durchbiegt und evtl. einknickt, weil zusätzlich Drehmomente auftreten. Schwenkbare Richtbalken werden wegen ihrer einfachen Handhabung mit anderen Richt- und Zugeinrichtungen kombiniert (Bild 1). 6.2.6.3 Rahmenrichtsysteme Aufgrund eines seitlichen Aufpralls kann es notwendig sein, dass an der Karosserie gleichzeitig gezogen und gedrückt werden muss. Das beschädigte Fahrzeug wird zuerst auf die Mitte der Plattform gebracht. Um alle Karosseriearbeiten übersichtlich durchführen zu können, stellt man das Kfz auf Böcke oder ähnliche stabile Stützeinrichtungen. Dadurch erreicht man zusätzlich, dass die Karosserie sich in einer angenehmen Arbeitshöhe befindet. 6.2 Richten Klemmeinrichtungen können an der Karosserieunterseite besser angebracht und Vermessungen durchgeführt werden. Anschließend werden die Stützeinrichtungen mit Ketten gesichert. Ein Kettenende wird dazu an der Stützeinrichtung der Karosserie und das andere Ende mit einem Passstück in der Nut des Rahmens verankert und verkeilt. Der Richtrahmen muss nicht in den Boden eingelassen, er kann einfach auf dem Boden ausgelegt sein und bildet dieselbe Plattform (Bild 2). Der Vorteil ist, man kann die Rahmenteile beliebig zusammenstellen und sie so der Fahrzeuggröße anpassen. Der Nachteil ist, dass zusätzliche Montagearbeiten den Arbeitsumfang erweitern. Um das Fahrzeug auf die Plattform zu bringen, muss eine kleine Rampe vorhanden sein. In den Schienen können auch Winkelstützen montiert sein, auf denen das Kfz sicher befestigt ist. Für Zug- und Druckarbeiten sind ein Druckgerät, eine Kette und eine Spanneinrichtungen erforderlich. Mit zusätzlichen Umlenkrollen kann die Zugrichtung beliebig z. B. von oben oder unten erfolgen (Bild 1). Die Kette wird am Boden in der Nut verankert und mit einem Keil gesichert. Es ist möglich, gleichzeitig an mehreren Stellen zu ziehen, was bei mehrfachen Beschädigungen an der Karosserie und bei Rahmenschäden notwendig ist. Rahmenrichtsysteme werden deshalb bevorzugt zum Richten von verzogenen oder verdrehten Leiterrahmen, verschobenen Kofferund Kastenaufbauten und von Lkw-Fahrerhäusern eingesetzt. Fahrzeuge mit stabilen Fahrgestellrahmen, wie sie bei Geländewagen, Kabrios, Kleintransportern und -bussen vorhanden sind, können schnell mit diesem Richtsystem repariert werden, weil an verschiedenen Stellen gleichzeitig und nach unterschiedlichen Richtungen gezogen oder gedrückt werden kann (Bild 1). Die Investition für ein Rahmenrichtsystem ist gering. Die Zugtechnik erfolgt nach dem Vektorprinzip (Bild 2). Für das Arbeitsgerät ist kein großer Platzbedarf notwendig, auch deshalb wird es gerne eingesetzt. Das Vektorprinzip besagt, dass immer drei Kräfte mit unterschiedlichen Wirkungslinien vorhanden sind, die sich in einem Punkt treffen. Der Druckkolben übt auf die gespannte Kette Zugkräfte aus. Sobald sich die Kolbenstange bewegt und Zugkräfte erzeugt werden, verändert sich die Rückverformungsrichtung und weicht von der Anstoßrichtung ab. Berufliche Erfahrung gepaart mit mathematischen Kenntnissen sind erforderlich, um sehr gute Arbeitsergebnisse erzielen zu können. 6.2.6.4 Richtbank Bei den meisten Unfällen (ca. 90 %) wird die Karosserie nur an der Front- oder Heckseite beschädigt. Die stabile Fahrgastzelle, insbesondere der Boden unter der Zelle, bleibt unbeschädigt. Auf einer Richtbank (Bild 1, Seite 408) können Karosserieschäden behoben werden. Die geometrische Form der Richtbank gleicht einem geschlossenen Leiterrahmen. Die Profile haben die Form eines Doppel-T-Trägers und bestehen aus hochfestem Stahl (S355). Auf diesem Stahlrahmen können zusätzlich Traversen (Querbalken oder Querträger) aufliegen. Mit diesen Querträgern passt man sich dem zu richtenden Kfz an. Richtbänke kamen mit den ersten Ganzstahlkarosserien auf den Markt. Die ersten Ganzstahlkarosserien waren stabile starre Ge- 6.2.6 Richtgeräte 1 Richtbank auf Richtrahmen für mehrere Zug- und Druckwirkungen F F F1 F2 F1 F2 2 Vektorprinzip bilde. Bei Beschädigungen an der Karosserie waren deshalb immer mehrere Bereiche betroffen, weil der Stoß einfach weitergeleitet wurde. Zum Richten benötigte man deshalb eine stabile ebene Plattform. Die ersten Richtbänke hatten angeschweißte „Füße“, die später durch Räder ersetzt wurden. Die fahrbare Richtbank konnte nach den Richtarbeiten an ihren Stellplatz oder zu einem anderen Arbeitsplatz bewegt werden. Einen Nachteil haben alle Richtbänke: das Fahrzeug muss auf den Rahmen gebracht werden. Fahrbare Hebeeinrichtungen, die das Fahrzeug mit einer Gabel hochhalten, haben sich bestens bewährt. Verfügt die Werkstatt über eine Zwei- oder Viersäulenhebebühne, so wird dort das Kfz angehoben und die fahrbare Richtbank unter das Kfz geschoben. Nach dem Senken des Kfz wird es sofort befestigt. Richtbänke haben viele Vorteile: • angenehme Arbeitshöhe • leichter Zugang zu allen Karosseriebereichen • alle Richtarbeiten können auch von nur einem Fachmann ausgeführt werden • es kann in jede beliebige Richtung und an mehreren Stellen gleichzeitig rückverformt werden Richtbänke sind wegen ihrer einfachen Kombination mit mechanischen Lehren und Messeinrichtungen beliebt. Zum Ziehen und Drücken kann die gleiche Technik (Vektorprinzip) angewendet werden wie beim Rahmenrichtsystem (Bild 2). 409 6.7 Fahrzeuglackierung 6.7.2 Werkslackierung Gänzlich ohne Lösemittel kommen Pulverlacke aus. Das Emaillieren ist das älteste Pulverbeschichtungsverfahren, bei dem Glaspulver bei Temperaturen von 800 °C bis 900 °C auf Metall aufgeschmolzen wird. Vom 16. Jh. bis zum 18. Jh. dienten Emaillierungen ausschließlich der Verzierung von Gegenständen aus Silber, Gold und Bronze. Email als Korrosionsschutz wurde erstmals 1761 bei eisernen Kochgeschirren verwendet. Heute ist das Emaillieren von Gebrauchsgegenständen im Haushalt ein gebräuchliches Verfahren, welches einen optimalen Korrosionsschutz liefert. Aufgrund des hartspröden Materialverhaltens von Email und der hohen Einbrenntemperaturen ist dieses Verfahren aber nicht für den Karosserie- und Fahrzeugbau geeignet. Statt dessen werden heute thermoplastische oder duroplastische Pulverlacke eingesetzt, die bei 150 °C bis 200 °C eingebrannt werden (Bild 1). Eine Gesamtübersicht zur Lösemittelverringerung beim Lackieren zeigt Bild 2. Übungen 1 Pulverbeschichtung von Felgen 1. Beschreiben Sie die Aufgaben von Lacken. 2. Aus welchen drei Grundkomponenten setzen sich alle Lacke zusammen? 3. Wie erfolgt die Durchhärtung von Öl-, Nitrocellulose- und Zweikomponentenlacken? 4. Was ist der VOC-Wert? 5. Durch welche Maßnahmen kann der Ausstoß flüchtiger organischer Lösemittel verringert werden? 6. Warum ist es erstrebenswert, den Anteil organischer Lösemittel zu verringern? Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft Primärmaßnahme Sekundärmaßnahme • festkörperreiche Lacksysteme • Wasserlacke • Pulverlacke Abluftreinigung – Nachverbrennung – Lösemittelrückgewinnung 2 Maßnahmen zur Reduzierung des Lösemittelausstoßes beim Lackieren 6.7.2 Werkslackierung Am Beispiel einer ökologieorientierten Lackieranlage soll bei Einhaltung der • Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) • TA-Abfall • TA-Abwasser die werksseitige Neulackierung von Stahlblechkarosserien beschrieben werden. Die Karosserie muss hierbei die 6 Prozessstationen • Phosphatieren • kathodisches Tauchgrundieren • Unterbodenschutz und Nahtversiegelung • Hydrofüller • Wasser-Basislack • Wasser-Klarlack durchlaufen (Bild 3). Reinigen Entfetten, Phosphatieren, Passivieren Tauchspülen Trocknen Spülen Tauchspülen Schleifen Trocknen Inspektion Nahtversiegelung Klarlack Zwischentrocknen Montage KTL-Tauchlackieren Reinigen Basislack Endreinigen 3 Prozessschema einer Pkw-Lackiererei 438 Grundlack Trocknen Reinigen Schleifen Konservieren PVC – Unterbodenschutz Trocknen Ausliefern
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