Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe.NRW Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Stand 20.03.2015 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination 3 Vorwort Mikroschadstoffe und deren Verminderung stellen aus Sicht vieler Institutionen, wie dem Umweltbundesamt (UBA), der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR), der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), vieler Forschungseinrichtungen und auch der Landesregierung Nordrhein-Westfalen eine der großen wasserwirtschaftlichen Herausforderungen der nächsten Jahre dar. Große Mengen an Chemikalien und Abbauprodukten belasten Oberflächen- und Grundwasser nahezu weltweit und beschädigen empfindliche Organismen wie Fische dauerhaft. Das Gewässer übernimmt eine größere Rolle in diesem Geschehen, da es als ein wichtiges Transportmittel wirkt. Sofern Mikroschadstoffe, wie beispielsweise Perfluorierte Tenside (PFT), sich anreichern und in die Nahrungskette gelangen, stellen sie auch für den Menschen ein gesundheitliches Risiko dar. Das Thema Mikroschadstoffe hat in NRW insbesondere seit den PFT-Funden in der Ruhr eine herausragende Bedeutung. Die Landesregierung hat deshalb bereits im Jahr 2008 das Projekt „Programm Reine Ruhr – zur Strategie einer nachhaltigen Verbesserung der Gewässer- und Trinkwasserqualität in Nordrhein-Westfalen“ (MKULNV, 2014) durchgeführt. Die umfangreichen Gewässeruntersuchungen ergaben eine erhebliche Belastung der Gewässer mit Mikroschadstoffen. NRW ist neben Berlin und Baden-Württemberg eines von drei Bundesländern, in denen Trinkwasser vorwiegend aus Oberflächengewässern gewonnen wird (in NRW rund 60 % des Trinkwassers), was die Befunde an dieser Stelle besonders relevant macht. Dem muss bei Bewirtschaftungsentscheidungen Rechnung getragen werden. Aktuell kann in 90 % der Gewässer in NRW ein guter ökologischer Zustand nicht erreicht werden. Die kommunalen Kläranlagen gehören heute zu den bedeutenden Eintragspfaden von Mikroschadstoffen in Oberflächengewässer, da die konven- tionellen Reinigungsverfahren nur eine begrenzte Elimination ermöglichen. Da alle Stoffe, die als Mikroschadstoffe die Gewässer belasten, nicht ersetzt oder verboten werden können, muss ein Multi-Barrieren-Konzept implementiert werden. Die Umrüstung der kommunalen Kläranlagen zur gezielten Mikroschadstoffelimination kann bei der Erreichung von Bewirtschaftungszielen nicht zwangsläufig alleine die Lösung sein, gilt jedoch unter aktuellen Umständen als ein unverzichtbarer Teil eines Multibarrierenkonzepts. Es besteht derzeit keine technische Richtlinie für die Auslegung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination. Einige Fragen zur effizienten Planung solcher Anlagen sind noch nicht abschließend geklärt. In NRW sind jedoch bereits großtechnische Anlagen zur Mikroschadstoffentfernung aus dem kommunalen Abwasser in Betrieb bzw. im Bau. Das Umweltministerium NRW veranlasste daher, dass auf Basis vorliegender Ergebnisse und bestehender Erfahrungen allgemeine Auslegungsempfehlungen für den Bau derartiger Anlagen erarbeitet werden, die zukünftig bei zu bewilligenden und geförderten Baumaßnahmen zur Mikroschadstoffelimination in NRW herangezogen werden können. Die nachstehenden Empfehlungen basieren im Wesentlichen auf Erfahrungen nordrhein-westfälischer Ingenieurbüros und deren Ergänzung um die nationalen und internationalen Erkenntnisse aus der Literatur. Die Elimination von Mikroschadstoffen bleibt weiterhin ein aktueller Forschungsbereich. Die Ergebnisse gegenwärtiger und künftiger Untersuchungen sollen kontinuierlich in die Anleitung eingearbeitet werden. 4 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Bearbeitung Das Umweltministerium NRW lud an der Planung und am Bau beteiligte Ingenieurbüros zu einem Erfahrungsaustausch ein, der vom Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe.NRW (KOM-M.NRW) organisiert und durchgeführt wurde. Folgende Repräsentanten unterschiedlicher Ingenieurbüros haben beim Erfahrungsaustausch mitgewirkt: • Klaus Alt, HYDRO-INGENIEURE-Planungsgesellschaft für Siedlungswasserwirtschaft mbH, Düsseldorf • Dr. Silvio Beier, PFI Planungsgemeinschaft GbR, Hannover •Dr. Norbert Biebersdorf, Tuttahs & Meyer Ingenieurgesellschaft, Bochum • Kristina Haber, DAHLEM Beratende Ingenieure GmbH & Co. Wasserwirtschaft KG, Essen • Dr. Jan Mauriz Kaub, Tuttahs & Meyer Ingenieurgesellschaft, Bochum • Dr. Jens Knollmann, Ingenieurgesellschaft Dr. Knollmann mbH, Hannover • Dr. Matthias Krüger, Pöyry GmbH, Essen • Dr. Christian Mauer, HYDRO-INGENIEURE-Plangesellschaft für Siedlungswasserwirtschaft mbH, Düsseldorf • Christian Maus, Grontmij GmbH, Köln • Dr. Tobias Rocktäschel, GFM Beratende Ingenieure GmbH, München • Doris Schäpers, ATEMIS GmbH • Frank Schlösser, ATEMIS GmbH • Fernando Urueta, Tuttahs & Meyer Ingenieurgesellschaft, Bochum • Alexander Voigt, DAHLEM Beratende Ingenieure GmbH & Co. Wasserwirtschaft KG, Essen • Frank Waermer, Dipl.-Ing. Martin Danjes GmbH Folgende Teilnehmer haben als Gäste beim Erfahrungsaustausch mitgewirkt: • Dr. Demet Antakyalı KOM-M.NRW • Marcus Bloser, Moderator der Workshopveranstaltungen KOM-M.NRW • Dr. Kurt Harff, LANUV NRW • Dr. Heinrich Herbst KOM-M.NRW • Dr. Gerd Kolisch, WiW Wupperverbandsgesellschaft mbH • Dr. Gerta Mentfewitz, LANUV NRW • Yannick Taudien, WiW Wupperverbandsgesellschaft mbH • Dr. Romi Sasse KOM-M.NRW • Dr. Jochen Türk KOM-M.NRW • Dr. Stefanie Wolter, LANUV NRW Die Ergebnisse des Erfahrungsaustauschs sowie die Anmerkungen im Nachgang zu den Veranstaltungen hat das Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe.NRW redaktionell zusammengefasst und überarbeitet. Neben den Teilnehmern aus dem Bereich Consulting haben auch die Bezirksregierungen NRW, das LANUV NRW und die zum Thema spezialisierten Fachleute aus Deutschland und aus der Schweiz Stellungnahmen und Anmerkungen geschickt. Bei der Einarbeitung der Rückmeldungen in die Handlungsempfehlungen wurden auch die aktuellen Fachbeiträge aus den deutschsprachigen Fachzeitschriften Korrespondenz Abwasser (KA) und Korrespondenz Wasserwirtschaft (KW) bzw. den 2014 stattgefundenen Tagungen berücksichtigt. Diese wurden als Referenzen eingefügt. Diese überarbeitete Version stellte die Diskussionsgrundlage nach dem zweiten Workshop dar. Die Ergebnisse wurden in die vorliegenden Auslegungsempfehlungen eingearbeitet. Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination 5 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 6 2 Grundlagen zur Verfahrensauswahl und Auslegung 8 2.1 Abwassereigenschaften 8 2.1.1 Standard-Abwasserparameter 8 2.1.2 Screening der Mikroschadstoffe 8 2.2 Auslegungswassermenge 12 2.3 Eliminationsraten 12 2.4 Kriterien zur Verfahrenswahl 13 3 Auslegung von Ozonanlagen 14 3.1 14 3.2 Ozonerzeugung 14 3.3 Ozonreaktor 15 3.4 Ozoneintrag 16 3.5 MSR-Technik 17 3.6 Nachbehandlung 17 4 Auslegung von Pulveraktivkohleanlagen (PAK) 18 4.1 Einbindung der PAK-Stufe 18 4.2 Kohlebedarf 19 4.3 Kontaktbecken 19 4.4 MSR-Technik 20 4.5 PAK-Rückhalt 20 4.6 PAK-Entsorgung 20 5 Auslegung eines Filters mit granulierter Aktivkohle (GAK) 22 5.1 22 5.2 Auslegung des Filters 22 5.3 Filterbeladung 23 5.4 Austausch der GAK 23 6 Energiebedarf 24 7 Betrieb 26 8 Kosten 27 9 Fazit 29 9.1 Motivation 29 9.2 Vorbehandlung 29 9.3 Ozonanlagen 29 9.4 PAK-Anlagen 30 9.5 GAK-Filter 30 Einbindung der Ozonungsstufe Einbindung der GAK-Stufe 10 Literatur 31 6 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Einleitung 1 Zum Schutz der Gewässerökosysteme und Trinkwasserressourcen ist eine gute Wasserqualität der Oberflächengewässer erforderlich. Durch die industriellen Entwicklungen sowie die im letzten Jahrzehnt verbesserten analytischen Methoden sind die Akteure des Umweltmanagements immer mehr auf Mikroschadstoffe aufmerksam geworden. Mikroschadstoffe stammen u. a. aus Arzneimittelrückständen und Industriechemikalien. Eine Substitution ist nicht immer möglich. Die Auswirkungen der Mikroschadstoffe in der Umwelt sind noch zum großen Teil unbekannt, jedoch rechtfertigen die bereits bekannten Effekte sowie die absehbare Weiterentwicklung der chemischen Industrie Maßnahmen gegen den Eintrag der Mikroschadstoffe ins Gewässer. Die Lösung kann nur durch ein Multi-Barrieren-Konzept, bestehend aus Vermeidungsstrategien und Eliminationsmaßnahmen, erreicht werden, wobei Kläranlagen eine wichtige Rolle als Barriere übernehmen. Die konventionelle mechanisch-biologische Abwasserreinigung nach dem heutigen Stand der Technik ist nicht darauf ausgelegt, Mikroschadstoffe gezielt aus dem Abwasser zu entfernen. Auch wenn einige Substanzen durch ein konventionelles Verfahren abgebaut werden können, werden einige andere Stoffe nicht oder nur unzureichend eliminiert. Als Folge stellen die kommunalen Kläranlagen die bedeutendsten Eintragspfade von Mikroschadstoffen in Oberflächengewässer dar. Die Umrüstung der Kläranlagen zur Barriere für Mikroschadstoffe ist nur durch zusätzliche Verfahrensschritte möglich. Aufgrund der Vielzahl der Stoffe und Anwendungen sind diese Maßnahmen auf Kläranlagen ein wesentlicher Schritt, um den Eintrag von Mikroschadstoffen in die Gewässer wirkungsvoll zu reduzieren. Als Ergebnis bisheriger wissenschaftlicher und technischer Studien haben sich zwei Technologien, die Oxidation durch Ozon und die Aktivkohleadsorption, als wirtschaftlich und effizient umsetzbar herausgestellt. Diese Verfahren sind aus dem Bereich der Trinkwasseraufbereitung lange bekannt. Die Herausforderung liegt jedoch darin, die Verfahren an die Anforderungen der Abwasserreinigung anzupassen bzw. sowohl technisch als auch wirtschaftlich effizient auzulegen, zu bauen und zu betreiben. Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Einleitung Die vorliegende Arbeit bringt die bestehenden Kenntnisse und praktische Erfahrungen zusammen, um die grundlegenden Fragen zur Mikroschadstoffelimination möglichst umfassend zu beantworten. Ziel ist es, dass die Anlagen nach dem Stand der Kenntnisse derart geplant und betrieben werden, dass eine effektive Elimination der meisten Mikroschadstoffe mit vertretbaren Kosten erzielt wird. In Kapitel 2 werden die allgemeinen Auslegungskriterien wie Abwassereigenschaften, Auslegungswassermenge, zu untersuchende Stoffe, Festlegung und Bestimmung der Eliminationsraten und die Verfahrensauswahl diskutiert. In den darauf folgenden drei Kapiteln werden die verfahrensspezifischen Kriterien aufgeführt. Die letzten Kapitel beziehen sich auf den Energiebedarf, den Betrieb und die Kosten. 7 Das Papier soll für die Akteure aus der Planung, dem Bau und dem Betrieb als Wegweiser dienen. Wie bereits im Vorwort aufgeführt, ist das Thema Mikroschadstoffe ein aktueller Forschungsbereich und dieses Papier kann künftig durch neue Erkenntnisse ergänzt werden. 1 8 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Grundlagen zur Verfahrensauswahl und Auslegung 2.1 Abwassereigenschaften 2 2.1.1 Standard-Abwasserparameter Die standortspezifischen Abwassereigenschaften sind zur fundierten Verfahrensauswahl und späteren Auslegung der Anlage zur Mikroschadstoffelimination unbedingt zu berücksichtigen. Erforderlich hierfür ist die Untersuchung des zu behandelnden Kläranlagenablaufs. Die Untersuchung des Zulaufs zur biologischen Reinigungsstufe ist bei der Implementierung von Teilstromprozessen bzw. der Zugabe von Aktivkohle in die biologische Reinigungsstufe erforderlich. Grundsätzlich ist eine gut funktionierende Kläranlage mit niedrigen Ablaufwerten (DOC, CSB, AFS) die beste Voraussetzung für eine effiziente Mikroschadstoffelimination bei freier Verfahrensauswahl. Hohe Feststoffgehalte können besonders für Aktivkohleverfahren problematisch sein. Zur Prüfung der Umsetzbarkeit einer Ozonung ist die Bromidkonzentration des Abwassers im Vorfeld zu ermitteln, da aus Bromid durch Ozon kanzerogenes Bromat gebildet werden kann. Die Nitritkonzentration soll ebenfalls überprüft werden, da durch die Oxidation von Nitrit zu Nitrat die Ozonzehrung erhöht und somit die Wirtschaftlichkeit der Ozonung negativ beeinflusst werden kann. 2.1.2 Screening der Mikroschadstoffe Neben den Standardparametern ist ein Mikroschadstoff-Screening im Zulauf zur biologischen Reinigungsstufe und im Ablauf der Kläranlage durchzuführen, das auf die standortspezifischen Bedingungen, z. B. infolge von Indirekteinleitern und die Vorbelastung des Gewässers, abgestimmt ist. Den Mikroschadstoffen ist eine extrem hohe Anzahl an Stoffen mit unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften und somit variierender Umweltrelevanz bzw. Eliminierbarkeit zugeordnet. Die Analytik für jeden einzelnen Stoff ist aus Kostengründen nicht durchführbar. Daher werden für analytische Untersuchungen meist wenige Stoffe, die für die Belastungssituation repräsentativ sind, ausgewählt. Aktuell sind verschiedene Empfehlungen zur Auswahl von Einzelsubstanzen vorhanden. Einen Überblick dazu bietet Tabelle 1. Das Kompetenzzentrum Spurenstoffe BW hat eine gestaffelte Empfehlung erarbeitet (siehe Spalte KomS). In Stoffliste A ist eine Substanzauswahl für eine Vergleichskontrolle der Belastung der Kläranlage mit Mikroschadstoffen gegeben. Die Stoffliste B1 beinhaltet die Substanzauswahl zur Überprüfung der Mikroschadstoffelimination (KomS-BW, 2014). Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Grundlagen zur Verfahrensauswahl und Auslegung 9 Tabelle 1 Überblick zur Substanzauswahl Stoff Stoffgruppe KomS TP6 CH RiSKWa Bemerkung n Biologische Reinigung A B1 Ibuprofen n n Metoprolol n n n Arznei Carbamazepin n n n n n mittel- Diclofenac n n n n n Sulfamethoxazol n n n n Metabolit DHH n wirkstoffe Ciprofloxacin n n Iohexol n n kontrastmittel Iomeprol n n (RKM) Iopromid n n Iopamidol n n 17-alpha-Ethinylestradiol n 17-beta-Estradiol n Estron n Carbendazim n Mecoprop n DEET n Terbutryn n Korrosions- 1H-Benzotriazol n schutzmittel Σ 4- und 5-Methylbenzotriazol n EDTA n NTA n DTPA n Melamin n PFBA n PFOA n PFBS n PFOS n AHTN (Tonalide) n HHCB (Galoxolide) n TCEP n TCPP n Acesulfam n Röntgen- Östrogene Biozide /PSMWirkstoffe Komplexbildner Industriechemikalien PFC synth. Duftstoffe Flammschutzmittel synth. Süßstoffe relevanter PNEC-Wert n Amidotrizoesäure nach heutigem Stand keine toxische Wirkung auf aquatische Lebewesen; regionale Anwendungsunterschiede sind zu beachten instrumentelle NG über vorgeschlagene UQN, ggf. wirkungsbezogene Analytik zu östrogenen Effekten (A-YES, YES oder ER CALUX) n n n n n n niederschlagswasserbürtige Mikroverunreinigungen, Siedlungsflächen 2 n geringe Relevanz, hoher PNEC-Wert bei entsprechenden Indirekteinleitern wie z. B. aus der metallbeund verarbeitenden Industrie n n n geringe Relevanz, hoher PNEC-Wert n n Indikator für häusliches Abwasser 10 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Grundlagen zur Verfahrensauswahl und Auslegung Im Forschungsprojekt „Elimination von Arzneimittelrückständen in kommunalen Kläranlagen“ (Arge TP 6, 2013) wurden auf Grundlage der Forschungsergebnisse, der aktuell diskutierten zukünftigen Umweltqualitätsnormen (UQN), der PNEC-Werte (Predicted No Effect Concentrations) und der erreichbaren Nachweisgrenzen sinnvolle Leitparameter aus einem umfassenden Stoffspektrum für Untersuchungen in Forschungsprojekten oder zur Verfahrensbewertung empfohlen (Spalte TP 6). Diese sind bei der Auswahl zu beachten. Weitere Ergänzungen der Parameterliste können in Abhängigkeit der jeweiligen ortspezifischen Randbedingungen erfolgen. In der im Auftrag des Schweizer Bundesamtes für Umwelt (BAFU) durchgeführten „Studie zur Beurteilung von Mikroschadstoffen aus kommunalem Abwasser“ wurde eine Gruppe von weit verbreiteten Stoffen (Spalte CH) als Indikatorsubstanzen vorgeschlagen, welche in der mechanisch-biologischen Reinigung der Abwasserreinigungsanlagen (ARA) nicht oder nur ungenügend abgebaut werden (Götz et al., 2010). Diese Stoffe sind heute weitgehend als die „Schweizer Liste“ bekannt und werden in der Schweiz aktuell zur Überwachung der Mikroschadstoffelimination diskutiert. 2 Im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme RiSKWa wurde im Querschnittsthema „Indikatorsubstanzen“ der Leitfaden „Polare organische Spurenstoffe als Indikatoren im anthropogen beeinflussten Wasserkreislauf“ entwickelt (Jekel und Dott, 2013). Einige Indikatorsubstanzen beziehen sich jedoch auf diffuse Einträge in Oberflächengewässer und sind somit nicht in Tabelle 1 aufgelistet. Neben den Indikatorsubstanzen zur Charakterisierung der Spurenstoffeinträge in Oberflächengewässer werden auch Indikatoren zur Charakterisierung der Adsorbierbarkeit der Stoffe an Aktivkohle, zur Ozonung oder zur Beurteilung der biologischen Reinigung angegeben. Diese Substanzen (Spalte RiSKWa) sind ebenfalls in Tabelle 1 aufgeführt. Auf Grundlage der Zusammenstellung zur Substanzauswahl in Tabelle 1, der Relevanz der Substanzen im Hinblick auf das Vorkommen in kommunalen Kläranlagen sowie der vorgeschlagenen UQN und PNEC-Werte, der Bestimmungsgrenzen der instrumentellen Analytik und der Überschaubarkeit der Analysenkosten wird empfohlen, im ersten Screening mindestens die in Tabelle 2 aufgelisteten Stoffe aus verschiedenen Substanzgruppen zu berücksichtigen. Arzneimittelwirkstoffe können in allen Kläranlagenabläufen in Konzentrationen, die um ein Vielfaches über den Wirkschwellenkonzentrationen liegen, nachgewiesen werden. Derzeit existieren keine Grenzwerte für diese Stoffe. Lediglich die Östrogene 17α-Ethinylestradiol (EE2) und 17β Estradiol (E2) sowie das Schmerzmittel Diclofenac wurden von der europäischen Kommission auf eine sogenannte Beobachtungsliste („watch list“) aufgenommen und sollen in den nächsten Jahren regelmäßig in Oberflächengewässern überwacht werden. Da Kläranlagenabläufe die Haupteintragsquelle dieser Stoffe in die Gewässer darstellen, empfiehlt sich eine Messung der Stoffe bereits im Ablauf der Kläranlage. Bei den Arzneimittelwirkstoffen sind viele Substanzen gut bis sehr gut eliminierbar, aber auch einige Wirkstoffe, welche sich mittels Ozon oder Aktivkohle nur schlecht aus dem Abwasser entfernen lassen. Als Bestimmungsgrenze für Pharmaka sollten 0,001 - 0,01 µg/L erzielt werden. Neben der Analytik der Arzneimittelwirkstoffe ist auch die Untersuchung auf das Korrosionsschutzmittel 1H-Benzotriazol als sinnvoll anzusehen. Dieses Korrosionsschutzmittel findet häufig in Spülmaschinentabs Anwendung und kommt dementsprechend in Konzentrationen von mehreren µg/L in Kläranlagenabläufen vor. In Oberflächengewässern liegen die Konzentrationen um mehr als das 10-fache über dem GOW (Gesundheitlicher Orientierungswert) von 0,1 µg/L. Auch ist das Korrosionsschutzmittel mittels Ozon erst ab einer Zugabe von mittleren bis hohen Ozondosen in ausreichender Effektivität aus dem Abwasser zu entfernen. Als Bestimmungsgrenze sollen 0,01 µg/L erreicht werden. Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Grundlagen zur Verfahrensauswahl und Auslegung 11 Tabelle 2 Vorschlag zu Substanzen beim ersten Screening Substanzgruppe Substanz(en) Arzneimittelwirkstoffe Carbamazepin, Ciprofloxacin, Diclofenac, Metoprolol und Sulfamethoxazol Östrogene Anstelle der derzeit noch nicht ausreichend empfindlichen instrumentellen Analytik auf einzelne Wirkstoffe wird die summarische Erfassung der östrogenen Effekte mittels wirkungsbezogener Analytik (A-YES, YES oder ER CALUX) empfohlen. Pestizide Mecoprop, altern. Isoproturon (Herbizid), Terbutryn (Biozid) Korrosionsschutzmittel 1H-Benzotriazol Moschusduftstoffe Galaxolide (HHCB) Perfluorierte Tenside PFOA, PFOS bei entsprechenden Indirekteinleitern wie z. B. metallbe- und verarbeitende Industrie Die Überwachung der Östrogene sollte derzeit mittels summarischer Erfassung der östrogenen Aktivität erfolgen, da die Nachweisgrenzen der instrumentellen Analytik der Einzelstoffe nicht in den erforderlichen Konzentrationsbereich im unteren pg/L-Bereich kommen. Östrogene Effekte durch den Wirkstoff der Antibabypille 17-α Ethinylestradiol sind jedoch bereits in der Umwelt nachgewiesen. Die Verweiblichung der Fische ist direkt auf diesen Wirkstoff zurückzuführen. Eine Überwachung des Kläranlagenablaufs ist also zwingend zu empfehlen. Die Analyse der perfluorierten Tenside PFOS und PFOA soll bei entsprechenden Indirekteinleitern wie z. B. der metallbe- und verarbeitenden Industrie durchgeführt werden. Bei rein kommunalem Abwasser kann auf eine Analytik dieser Stoffgruppe meist verzichtet werden. Das Herbizid Mecoprop wird häufig gegen breitblättrige Unkräuter wie Disteln oder Löwenzahn eingesetzt. Eine weitere Verwendung findet es in Schutzmitteln für Dachpappe. Durch den regenwetterbedingten kommunalen Austrag gelangt es in Kläranlagen und von dort in Oberflächengewässer. Substanzen aus Fassadenanstrichen (Biozide) werden in sehr unterschiedlichen Konzentrationen im Abwasser vorgefunden. Bei einem erweiterten Messprogramm sollten sie berücksichtigt werden. Auf eine Untersuchung des Komplexbildners EDTA kann verzichtet werden, da in vorhergegangenen Studien gezeigt werden konnte, dass unabhängig von den bei Ozonung und Aktivkohleadsorption mittelmäßigen Eliminationsraten eine Ablaufkonzentration von unter 10 µg/L erzielt wird. Diese Konzentration liegt weit unterhalb der Wirkschwellenkonzentration von 2.200 µg/L. Auch für das Flammschutzmittel Tris(dichlorisopropyl)phosphat (TCPP) konnte in bereits abgeschlossenen Studien gezeigt werden, dass sich dieses relativ gut mittels PAK aus dem Abwasser entfernen lässt. Die Konzentrationen von TCPP im Ablauf kommunaler Kläranlagen liegen jedoch weit unter der Wirkschwellenkonzentration von 420 µg/L. Um einen weitergehenden Überblick über die Mikroschadstoffbelastung des Ablaufs im Screening zu erhalten, kann die Stoffliste unter Berücksichtigung der standortspezifischen Randbedingungen, wie z. B. besondere Indirekteinleiter, Krankenhäuser und Altenheime, ergänzt werden. Eine Aufnahme von Röntgenkontrastmitteln in das Screeningprogramm ist zur Bewertung des Kläranlagenablaufs sinnvoll, nicht jedoch zur Bewertung von auf Aktivkohle- oder auf Ozon basierenden Verfahren. Röntgenkontrastmittel sind mittels PAK oder Ozon nicht oder nur in geringem Maße entfernbar. Eine Bewertung neuer Verfahrensan- 2 12 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Grundlagen zur Verfahrensauswahl und Auslegung sätze zur Entfernung von Mikroschadstoffen sollte jedoch die Gruppe der Röntgenkontrastmittel mit einbeziehen, da sie extrem persistent sind und aus Vorsorgegründen kein Eintrag in Oberflächengewässer erfolgen sollte. Nach dem heutigen Wissensstand besitzen Röntgenkontrastmittel keine toxische Wirkung auf aquatische Lebewesen. Zur Bewertung der Belastung wird als Mindestumfang ein Screening von zwei 24-Stunden-Mischproben empfohlen. Die Probenahme ist in der Regel bei Trockenwetterbedingungen durchzuführen, um die Einflüsse durch Regenwasser auszuschließen. Es wird jedoch empfohlen, das Screening bei Regenwetter zu wiederholen, um auch die regenwetterrelevanten Stoffe wie Biozide und Pestizide zu erfassen. Eine Datenverdichtung erfolgt durch ein anschließendes Monitoring mit reduziertem Parameterumfang mit mindestens fünf 24-Stunden-Mischproben bei Trockenwetter. Empfohlen wird im Monitoring, neben standortrelevanten Stoffen, die im Screening auffällig waren, folgende aussagekräftige und analytisch ausreichend genau quantifizierbare Leitparameter zu berücksichtigen: 2 • Metoprolol • Carbamazepin • Diclofenac • Sulfamethoxazol • 1H-Benzotriazol • Terbutryn 2.2 Auslegungswassermenge Für die Ermittlung der Auslegungswassermenge ist zunächst das Gewässer, in das der Kläranlagenablauf eingeleitet wird, zu betrachten. Sollte durch analytische Befunde nachgewiesen werden, dass der Vorfluter besonders sensible Eigenschaften und eine geringe Wasserführung aufweist oder dass der Kläranlagenablauf überdurchschnittliche Mikroschadstoffbelastungen beinhaltet, sind die Auslegungsbedingungen nach einer Einzelprüfung individuell festzulegen und ggf. eine Vollstrombehandlung vorzusehen. Wenn immissionsbasierte Vorgaben vorliegen, kann die Ermittlung der Behandlungswassermenge auf Basis eines immissionsbasierten Ansatzes erfolgen. Sofern keine Vollstrombehandlung notwendig ist, kann prinzipiell eine Teilstrombehandlung vorgesehen werden. Dennoch wird empfohlen, z. B. bei Machbarkeitsstudien auch den Fall der Vollstrombehandlung zu beschreiben. Insbesondere bei einer geplanten Nutzung vorhandener Bausubstanz sollte die verfahrenstechnische Umsetzung einer möglichen Vollstrombehandlung betrachtet werden. Die Auslegungswassermenge (QBem) für die Stufe zur Mikroschadstoffelimination ist nach DWA-Arbeitsblatt ATV-DVWK-A 198 „Vereinheitlichung und Herleitung von Bemessungswerten für Abwasseranlagen“ zu ermitteln. Die Anlagen sollen mindestens nach dem Spitzenabfluss bei Trockenwetter (QT,max) ausgelegt werden. Wenn die Datengrundlage solch eine Ermittlung nicht ermöglicht, ist die Anlage nach dem maximalen stündlichen Trockenwetterabfluss (QT,h,max) auszulegen. Wenn dies auch nicht möglich ist, ist der maximale Trockenwetterabfluss mit den Aufsichtsbehörden abzustimmen. Die Auslegungswassermengen sind mit der Genehmigungsbehörde abzustimmen. 2.3 Eliminationsraten Die Bestimmung der Eliminationsrate zwischen dem Zulauf in die biologischen Stufe und dem Ablauf der Stufe der Mikroschadstoffelimination hat sich als am sinnvollsten erwiesen. Die Messung der Indikatorsubstanzen im Rohabwasser ist mit analytischen Unsicherheiten verbunden. Bei einer Verfahrensauswahl, bei der Pulveraktivkohle (PAK) in die biologischen Stufe zugegeben wird, kann die Effizienz der Stufe zur Mikroschadstoffelimination teilweise auf mögliche Wechselwirkungen zwischen PAK und biologischer Stufe zurückgeführt werden. Das Erreichen des Reinigungsziels wird durch Sicherstellung einer Elimination von 80 % der Indikatorsubstanzen zwischen dem Zulauf in die biologischen Stufe und dem Ablauf der sogenannten 4. Stufe überwacht. Indikatorsubstanzen setzen sich aus den standortrelevanten Substanzen, die im Screening auffällig waren, und den im Abschnitt 2.1.2 aufgeführten sensitiven Leitparametern (Metoprolol, Carbamazepin, Diclofenac, Sulfamethoxazol, 1H-Benzotriazol und Terbutryn) zusammen. Die Eliminationsrate bezieht sich auf die Summe über alle Indikatorsubstanzen. Wenn ein bestimmter Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Grundlagen zur Verfahrensauswahl und Auslegung Leitparameter für eine Kläranlage nicht relevant ist, soll geprüft werden, ob dieser sinnvoll durch einen anderen Stoff ersetzt werden kann. Die Überwachung der Elimination soll durch zwei Monitoringszyklen erfolgen. Dazu werden Proben des Zulaufs zur Biologie und des Gesamtablaufs der Kläranlage (inklusive der 4. Reinigungsstufe) gezogen. Die Beprobung soll im Frühjahr und im Herbst eines Jahres durchgeführt werden. Vorgesehen dafür ist prinzipiell eine mengenproportionale Probenahme für 24-Stunden-Mischproben an sieben aufeinander folgenden Tagen. Das erweiterte Messprogramm soll jährlich wiederholt werden. Betriebsparameter wie die behandelte Abwassermenge in der 4. Stufe bzw. Dosiermenge sollen auch regelmäßig erfasst werden. Zur Überwachung der Ablaufkonzentrationen wird monatlich mittels einer 24-Stunden-Mischprobe der Gesamtablauf der Gesamtkläranlage untersucht. Das zu untersuchende Parameterspektrum entspricht dem zum Monitoring zur Überwachung der Eliminationsraten. Zusätzlich zu dem Messprogramm mit Indikatorsubstanzen soll einmal im Jahr eine einwöchige wirkungsbezogene analytische Messkampagne für Östrogene durchgeführt und jährlich wiederholt werden. Für diese Messkampagne ist die Beprobung des Kläranlagenablaufs ausreichend. •Bromatbildungspotenzial des Abwassers bei Berücksichtigung eines Ozonungsverfahrens (wenn eine Trinkwassergewinnungsstelle in der Nähe liegt und zusätzlich die Vorbelastung des Vorfluters mit Bromat gegeben ist) •Klärschlammentsorgungswege (Verbrennung oder landwirtschaftliche Verwertung) •Verbesserung der Reinigungsleistung der Kläranlage z. B. für CSB, AFS und Pges •Ganzheitliche energetische Betrachtung, d. h., dass bei der Aktivkohle auch die Aufwendungen für die Herstellung sowie Aufwendungen bei der Reinsauerstofferzeugung und die unterschiedlichen Transportwege in die Betrachtungen mit einfließen • Mitarbeiterqualifikation Die Verfahrensauswahl ist u. a. auch nach Untersuchungen des Kläranlagenablaufs auf Mikroschadstoffe zu treffen. Für die Verfahrenstechnik mit Ozon ist das Ozonzehrungsverhalten des Abwassers in Laborbatch-Tests zu bestimmen, um die erforderliche Kontaktzeit festzulegen. Für die Verfahrenstechnik mit Aktivkohle ist das Adsorptionsverhalten verschiedener Aktivkohlesorten bzw. ausgewählter Mikroschadstoffe und des Summenparameters CSB (ggf. auch DOC) zu betrachten. Das Adsorptionsverhalten kann für die Pulveraktivkohle durch Batch-Tests (SchüttelVersuch) und für die granulierte Aktivkohle durch Säulenversuche oder Kleinfilterschnelltests (RSSCT) bestimmt werden. 2.4 Kriterien zur Verfahrenswahl Bei der Verfahrenswahl sollten mindestens die großtechnisch erprobten Verfahren Ozonung, PAK und granulierte Aktivkohle (GAK) in Betracht gezogen werden. Die örtlichen Randbedingungen in Hinblick auf die Integration einer Anlage zur Mikroschadstoffelimination sind bei der Verfahrenswahl und der Ausarbeitung von Untervarianten zu berücksichtigen. Wichtige Kriterien bei der Verfahrenswahl sind: •Eliminationsrate der Verfahren hinsichtlich relevanter Mikroschadstoffe im Ablauf der Kläranlage • Platzbedarf und Flächenverfügbarkeit •vorhandene nutzbare Verfahrens- und Bautechnik, wie z. B. eine Filtrationsanlage oder freie Beckenkapazität 13 Aufwendige halb- und großtechnische Versuche für die Ozonung und das PAK-Verfahren, bestehend aus Kontaktbecken, Sedimentation und Raumfiltration, sind in der Regel nicht erforderlich. Großtechnische Untersuchungen sind nur für die Erprobung und Entwicklung neuer Verfahrenstechniken bzw. Verfahrenskombinationen erforderlich. Die Auswahl der Verfahrenstechnik kann anhand einer Variantenbewertung erfolgen. Auf der monetären Seite sind Jahreskosten zu berücksichtigen. Aus technischer und betrieblicher Sicht sind u. a. die Eliminationsrate hinsichtlich relevanter Mikroschadstoffe sowie ggf. eine zusätzliche Reinigungsleistung hinsichtlich klassicher Parameter wie CSB, AFS und Pges, die Einbindung der Anlage in die bestehende Kläranlage und der Betriebsaufwand zu bewerten. 2 14 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Auslegung von Ozonanlagen 3.1 Einbindung der Ozonungsstufe Die Ozonung wird verfahrenstechnisch der biologischen Stufe nachgeschaltet (Abbildung 1). Der effektive Einsatz von Ozon setzt eine niedrige organische Hintergrundbelastung voraus. Eine gut funktionierende Nachklärung ist wie bei den Adsorptionsverfahren auch hier eine Voraussetzung. Optional kann das Abwasser vor der Ozonung filtriert werden. Der Ozonung folgt eine biologisch aktive Nachbehandlung zur Elimination von Transformationsprodukten. 3 Abbildung 1 Schematische Einbindung einer Ozonung Ozon Mech. Stufe Biologische Stufe Filtration Ozonung Nachbehandlung 3.2 Ozonerzeugung Für die Auslegung von Ozonanlagen ist die maximale Ozonmenge festzulegen. Es wird empfohlen, die Ozondosis in Abhängigkeit von der DOC-Konzentration im Zulauf der Verfahrensstufe auszulegen. Vom Schweizerischen Bundesamt für Umwelt (Abegglen und Siegrist, 2012) wird angegeben, Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Auslegung von Ozonanlagen dass eine Ozondosis von 0,7 – 0,9 mg O3/mg DOC für die Elimination der meisten Spurenstoffe ausreichend ist. Barjenbruch und Firk (2014) geben als Auslegungsgröße eine spezifische Dosierung zspez. von 0,6 bis 0,8 g O3/g DOC an. Auf Grundlage der zugeführten Ozonkonzentration cO3 über c0 = zspez x cDOC 3 kann die benötigte Produktionskapazität BO3,max der Ozonerzeuger unter Berücksichtigung der Auslegungswassermenge QBem (siehe Kapitel 2.2) mit B0 ,max = QBem x c03 3 ermittelt werden. Zur Auslegung des Eintragssystems ist ferner die minimale Ozonerzeugung BO3,min zu ermitteln: B0 ,min = Q T,2h,min x c03 3 Der effiziente Betrieb einer Ozonanlage erfordert eine stabile Nitrifikation in der vorausgehenden biologischen Stufe, da durch Ozon Nitrit zu Nitrat chemisch oxidiert wird. Der spezifische Ozonbedarf beträgt hierfür 3,43 g O3/g NO2-N. Um das Ozon effektiv und zielgerichtet für die Mikroschadstoffelimination zu nutzen, ist eine gut funktionierende Nachklärung erforderlich. Bei schlechten Ablaufwerten (z. B. mittlere AFS > 15-20 mg/L) sollte eine Optimierung der Nachklärung erfolgen. Der für die Ozonerzeugung erforderliche Sauerstoff kann entweder aus flüssigem Sauerstoff (LOX), komprimierter, getrockneter Luft oder Sauerstoff aus einer PSA-Anlage (Pressure Swing Adsorption) zur Verfügung gestellt werden. Ein einfaches und wirtschaftliches Verfahren ist in der Regel die Verwendung von LOX. Es werden dabei ca. 10 M.-% des Sauerstoffs in Ozon umgewandelt. Im Einzelfall können auch andere Verfahren wirtschaftlich sein. Die Ozongeneratoren müssen im Betrieb gekühlt werden. 15 3.3 Ozonreaktor Das Reaktorvolumen ist unter Berücksichtigung der Aufenthaltszeit des Wassers im Reaktor und der Dauer bis zur vollständigen Ozonzehrung festzulegen. Die Ozonzehrung ist mit Batch-Tests für das zu behandelnde Abwasser zu ermitteln. Die Aufenthaltszeit im festgelegten Reaktorvolumen muss eine weitestgehende Zehrung des Ozons ermöglichen, um einen unzulässigen Ozonaustrag mit dem gereinigten Ablauf in die Umwelt zu verhindern. Die mittlere Aufenthaltszeit bei Bemessungszufluss kann mit 15 bis 30 min angegeben werden. Nach Abegglen (2014) kann bei einer schnellen Ozonzehrung die Aufenthaltszeit auf bis zu 10 min verkürzt werden. Die Reaktorgeometrie hat Einfluss auf die Aufenthaltszeit des Wassers im Reaktor und ist daher bei der Auslegung auf Grundlage von Erfahrungswerten oder einer numerischen Strömungssimulation der Wasser- und Gasphase (CFD) zu berücksichtigen. Zur Berücksichtigung der Ozonzehrung bei der Festlegung des Reaktionsvolumens schlagen Maus et al. (2014) basierend auf praktischen Erfahrungen folgenden Ansatz vor: V = QBem × tZehrung 0,35 Das erforderliche Reaktionsvolumen V lässt sich demnach aus der Bemessungswassermenge QBem, der Zeit bis zur vollständigen Ozonzehrung tZehrung und einem vorgeschlagenen Faktor zur Berücksichtigung der ungleichmäßigen Durchströmung des Reaktorvolumens ermitteln. Der Reaktor sollte eine enge Verweilzeitverteilung zur effektiven Nutzung des Volumens aufweisen. Folgende Designs sind grundsätzlich möglich: •kaskadiertes Beckenvolumen (CSTR-Kaskade; Continuous Stirred-Tank Reaktor) • Schlaufenreaktor mit Leitwänden • Rohrreaktor (Pfropfenströmung) 3 16 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Auslegung von Ozonanlagen Das Volumen kann in verschiedene Begasungsund Ausgasungszonen unterteilt werden. Außer der Reaktorgeometrie beeinflusst der Eintrag des gasförmigen Ozon-/Sauerstoffgemischs die Strömung. Durch eine gezielte Anordnung des Ozoneintragssystems können z. B. die sich zwangsläufig bildenden Strömungswalzen zur Kaskadierung des Beckenvolumens genutzt werden. Insbesondere bei gewählten kurzen Aufenthaltszeiten werden daher begleitende Ozonzehrungstests und eine CFDSimulation zur Prüfung der Auslegung empfohlen. In geringem Umfang findet bei der Ozonung eine Hygienisierung des Abwassers statt. Wenn auch die Hygienisierung Ziel der Behandlung ist, ist ggf. an mehreren Stellen Ozon zu dosieren, um die Wirkzeit des Ozons zu verlängern. Eine allgemeingültige Empfehlung ist mit dem derzeitigen Kenntnisstand noch nicht möglich. Das Reaktionsbecken der Ozonanlage ist gasdicht abzudecken. Der Gasraum ist kontinuierlich abzusaugen und das Off-Gas durch einen Restozon-Vernichter zu leiten, damit kein Ozon in die Umgebung gelangt. 3 Alle Werkstoffe, die mit Ozon in Kontakt kommen, müssen ozonbeständig sein. Geeignete Materialien sind u. a. Beton und Edelstahl. Insbesondere bei der Wahl der eingesetzten Dichtungen und Kunststoffe ist die Ozonbeständigkeit zu prüfen. 3.4 Ozoneintrag Der Ozoneintrag kann mit Diffusoren oder mit einem Pumpe-Injektorsystem erfolgen. Grundsätzlich kann mit beiden Systemen eine hohe Eintragseffizienz des Ozons erzielt werden. Beim Eintrag des Ozons mit Diffusoren sollte die Beckentiefe mindestens 5 m betragen, um einen weitestgehenden Übergang des gasförmigen Ozons in die Wasserphase zu erreichen. Die Gasmindestbeaufschlagung der Diffusoren ist zu beachten. Beim Injektorsystem erfolgt der Ozoneintrag zuerst in einem Abwasserteilstrom, der anschließend mit dem Hauptstrom vermischt wird. Besondere Anforderungen an das Reaktionsbecken bestehen nicht, es ist jedoch zusätzlich Energie zum Betrieb der Treibwasserpumpe erforderlich. Das Eintragssystem ist auf den einzutragenden Gasfluss auszulegen. Die Berechnung des einzutragenden Ozon-/Sauerstoffgasvolumenstroms erfolgt über die Ozonkonzentration im Produktgas des Ozongenerators. Bei 10 M.-% Ozon im Produktgas liegt die maximale Ozonkonzentration im Produktgas bei 148 g O3/Nm³. Die maximalen und minimalen einzutragenden Gasvolumenströme QO2/O3 können nach Festlegung der Ozonkonzentration im Produktgas berechnet werden: QO2/O3,max = BO3,max / cO3,Produktgas QO2/O3,min = BO3,min / cO3,Produktgas Bei der Bemessung eines Diffusorsystems ist insbesondere die Spannweite des minimalen und maximalen Ozoneintrags zu berücksichtigen, da diese über der minimalen und maximalen Gasbeaufschlagung der Diffusoren liegen kann. Ein Ansatz zur Auslegung des Diffusorsystems wurde im Forschungsprojekt „Elimination von Arzneimittelrückständen in kommunalen Kläranlagen“ (Arge TP 6, 2013) erläutert. Eine Möglichkeit, die Mindestbeaufschlagung einzuhalten, besteht darin, die Ozonkonzentration im Produktgas zu senken. Dies erhöht jedoch den Bedarf an technischem Sauerstoff. Alternativ ist zu prüfen, ob einzelne Diffusoren temporär ausgeschaltet werden können. Zu beachten ist hierbei, dass in diesem Fall Wasser- und ggf. Feststoffe in das Diffusorsystem eindringen. Das Injektorsystem unterliegt grundsätzlich keiner Restriktion zur Mindestbeaufschlagung und ist für die maximale Gasmenge auszulegen. Die Wahl des Eintragssystems ist unter Berücksichtigung von wirtschaftlichen und betrieblichen Aspekten zu treffen. Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Auslegung von Ozonanlagen 3.5 MSR-Technik Die Steuerung des Ozoneintrags kann proportional zur Zulaufabwassermenge erfolgen. Weitere Steuerund Regelkonzepte sind möglich, um den Ozoneintrag zu optimieren. Diese basieren in der Regel auf Messverfahren zur indirekten Berücksichtigung der Konzentrationsschwankungen der organischen Kohlenstoffverbindungen im Zulauf der Ozonanlage wie SAK-/UV-Vis-Sonden oder DOCMessungen. Weitergehende Regelstrategien über die Absorbanzabnahme vor und nach der Ozonung wurden untersucht (Wittmer et al. 2013). Ferner kann die Ozonkonzentration im Offgas und in der gelösten Phase in einem Regelungskonzept eingebunden werden, um eine Ozon-Überdosierung zu vermeiden. Insgesamt kann die zulaufmengenproportionale Ozondosierung als Standardverfahren für kleine Anlagen unter 100.000 EW und ohne starke Schwankungen des DOC angesehen werden. Eine allgemeingültige Empfehlung für die Berücksichtigung weiterer Regel-/Steuergrößen kann nicht gegeben werden und ist im Einzelfall zu prüfen. Messtechnisch ist in geschlossenen Betriebsräumen der Ozonanlage eine Ozonmessung zur Sicherstellung der Arbeitssicherheit notwendig, die mit der Ozonanlage und einem Alarmsystem gekoppelt ist. Eine Sauerstoffmessung im Betriebsraum wird aus Brandschutzgründen empfohlen. 3.6 Nachbehandlung Durch die Ozonung können problematische Stoffe, die sogenannten Transformationsprodukte, gebildet werden. Der im August 2014 veröffentlichte DWA-Themenband (DWA, 2014) stellt die Transformationsprodukte in den Mittelpunkt und betrachtet insbesondere die Stoffe, die aus gut wasserlöslichen und mäßig sorbierenden Mikroschadstoffen durch abiotische oder biotische Veränderungen in der Umwelt oder während technischer Prozesse gebildet werden können. 17 Verschiedene Studien zeigen, dass nach einer Ozonung die abbaubaren Reaktionsprodukte durch eine biologische Nachbehandlung entfernt werden können (Stalter et al., 2010a+b; Zimmermann, 2011; Abegglen und Siegrist, 2012). Somit wird eine Nachbehandlung des ozonierten Abwassers derzeit als erforderlich erachtet. Die biologische Nachbehandlung ist ein aktuell erforschtes Thema. Hier kommen biologische (z. B. Sandfilter) oder biologisch-adsorptive Verfahren wie GAK-Filter in Frage. Neben der Nutzung von vorhandenen biologisch wirkenden Filteranlagen oder Schönungsteichen ist auch der Einsatz von Wirbel- und Festbettreaktoren möglich. Erste Erfahrungen einer Nachbehandlung mit GAKFiltern für den Abwasserbereich liegen für drei Anlagen in Australien (Reungoat et al., 2012) sowie aus Pilotversuchen auf der Kläranlage Eriskirch in Baden-Württemberg vor. Angestrebt wird, dass durch die Adsorption und eine biologische Aktivität Mikroschadstoffe und Transformationsprodukte weiter reduziert werden. Aussagen zur optimalen Abstimmung zwischen der Auslegung der Ozonung und der Standzeit der GAK bedürfen noch weiterer Untersuchungen. 3 18 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Auslegung von Pulveraktivkohleanlagen (PAK) 4.1 Einbindung der PAK-Stufe Anlagen mit Pulveraktivkohledosierung bestehen in der Regel aus einem Kontaktbecken und einer Stufe zum Rückhalt der PAK. Bei der Dosierung der PAK in den Flockungsraum einer Filtration sind beide Verfahrensschritte in einer Anlage kombiniert. Diese üblichen Varianten sind in Abbildung 2 dargestellt. Es sind verschiedene Verfahrenstechniken zum Einsatz von Pulveraktivkohle auf Kläranlagen möglich. Eine effiziente Nutzung der Adsorptionskapazität setzt eine geringe organische Hintergrundbelastung des zu behandelnden Abwassers voraus. Die Pulveraktivkohle (PAK) wird daher als frische Kohle nach der biologischen Stufe dosiert. 4 Abbildung 2 Schematische Einbindung einer PAK-Anlage Verfahren mit Kontaktbecken PAK Mech. Stufe Biologische Stufe Filtration Flockungsfiltration ÜS-Kohle Dosierung vor Flockungsfilter PAK Mech. Stufe Biologische Stufe Rückspülwasser mit PAK Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Auslegung von Pulveraktivkohleanlagen (PAK) Eine Möglichkeit, die Kohle weitestgehend mit Mikroschadstoffen zu beladen, ist der Einsatz eines Kontaktbeckens mit nachgeschaltetem PAKRückhalt. Die PAK wird bei diesem Verfahren zur Mehrfachbeladung von der PAK-Rückhaltestufe wieder ins Kontaktbecken zurückgeführt. Überschüssige Kohle wird meistens der biologischen Stufe zugegeben und gelangt somit zusammen mit dem Überschussschlamm in die Schlammbehandlung. Der Ablauf der PAK-Rückhaltestufe beinhaltet in der Regel noch PAK-Partikel, die nicht ins Gewässer gelangen dürfen, und muss durch eine anschließende Filtrationsstufe nachbehandelt werden. schadstoffe wie Carbamazepin und Metoprolol bereits zu über 80 % eliminiert werden können. Für Benzotriazol und Diclofenac werden ähnliche Raten erzielt; Sulfamethoxazol hingegen wird nur bis zu 65 % vermindert (Metzger et al., 2014). Die genaue Dosierung soll nach den örtlichen Bedingungen und dem Reinigungsziel mittels Labortests festgelegt werden. Alternativ kann als Kontaktraum für die PAK der Überstand einer Flockungsfiltration genutzt werden. Der Rückhalt der PAK-Partikel muss dann (nahezu) vollständig durch den Filter erfolgen. Mit dem Rückspülwasser kann die PAK beispielweise der biologischen Stufe zugeführt werden. Die PAK wird als Pulver mit Silotransportfahrzeugen zur Kläranlage geliefert. Die Silogröße für die PAK sollte mindestens eine LKW-Ladung aufnehmen können. Bei der Festlegung der Silogröße ist die Ausdehnung der Kohle beim Befüllen zu beachten. Grundsätzlich ist auch eine Dosierung ins Belebungsbecken möglich. Es liegen jedoch zu diesem Verfahren derzeit sehr begrenzte Erfahrungen vor. Daher wird dieses hier nicht näher dargestellt. Die Erfahrungen zeigen, dass die Adsorptionskapazität der Kohle bei jeder Lieferung in einem großen Umfang schwanken und somit Fehler bei Dosierungen verursachen kann. Zur Qualitätssicherung sollen Angaben wie z. B. Wassergehalt, Isotherme, Adsorptionskapazität und Korngröße im Produktdatenblatt vorhanden sein (Hein, 2014). Bei einer hohen Suspensafracht im Zulauf zur Aktivkohleanlage ist eine Ertüchtigung der Nachklärung erforderlich. Der Einsatz einer zusätzlich vorgeschalteten Filteranlage ist unter wirtschaftlichen wie auch hydraulischen Gesichtspunkten nicht zielführend. Durch die Reduzierung der Suspensa vor der Aktivkohlestufe ist eine deutliche Verringerung der erforderlichen PAK-Menge und damit eine kosteneffiziente PAK-Dosierung möglich. 4.2 Kohlebedarf Die übliche Spannweite der PAK-Dosierung liegt zwischen 10 und 20 mg PAK/L bei separater Adsorptionsstufe. Die Dosierung hängt u. a. von der Kohleart, dem Dosierort und einer ggf. vorgesehenen Rezirkulation der Kohle ab. Bei einer PAK Dosierung direkt auf den Filter ist mit einem höheren PAK Bedarf zu rechnen. Die Erfahrungen aus Baden-Württemberg zeigen, dass bei der Adsorptionsstufe bei einer Dosierung von 10 mg PAK/L die gut adsorbierbaren Mikro- 19 Bei der Dosierung spielen auch die Präzision und die Zuverlässigkeit der Dosiereinrichtung eine wichtige Rolle. Sichere und effiziente Einrichtungen sollen ausgewählt werden, um auch Staubprobleme im Dosierraum zu vermeiden. 4.3 Kontaktbecken Die Untersuchungen zur Bestimmung der Kontaktbeckengröße weisen darauf hin, dass eine signifikante Adsorption auf Aktivkohle innerhalb von wenigen Minuten erfolgen kann (Metzger, 2010). Bei den Anlagen mit separatem Kontaktbecken können jedoch kurze Aufenthaltszeiten bei Spitzenzuflüssen bei gleichbleibendem Rücklaufkohlestrom ein signifikantes Absenken des TS-Gehalts im Becken verursachen (Dehm, 2005; Fromm, 2007). Aus diesem Grund wird bei solchen Anlagen empfohlen, das Kontaktbecken mit einer Aufenthaltszeit für den Bemessungszufluss von mindestens 30 Minuten auszulegen (Metzger, 2010). Bei Dosierung in den Flockungsraum einer Filteranlage ist eine kürzere Kontaktzeit bzw. höherer PAK-Einsatz ggf. möglich. Die Adsorptionskinetik der zu sorbierenden Stoffe und die Gefahr des Ausschwemmens der Kohle bei hydraulischen 4 20 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Auslegung von Pulveraktivkohleanlagen (PAK) Spitzen muss bei der Auslegung des Kontaktbeckens beachtet werden. Das Kohlealter hat keinen direkten Einfluss auf das Volumen der Kontaktbecken, da hierdurch die Absorptionskinetik nicht geändert wird. Eine Rückführung der Kohle kann verfahrenstechnisch vorgesehen werden. Das Rückführverhältnis liegt im Bereich von 0,5 bis 1,0. Der Trockensubstanzgehalt im Kontaktbecken an PAK kann dadurch auf ca. 4 g/L angehoben werden und die Sorptionskapazität der Kohle kann weitestgehend ausgenutzt werden. Das Kontaktbecken ist mit einer Umwälzung auszurüsten, die ein Sedimentieren der PAK (ISV < 80 mL/g) vermeidet. 4.4 MSR-Technik Die Dosierung der PAK kann proportional zur Zulaufwassermenge der Aktivkohleanlage erfolgen. Die Genauigkeit der PAK-Dosiervorrichtung muss eine deutliche Unterschreitung der festgelegten Dosiermenge ausschließen und ebenso eine Überdosierung zur Vermeidung zu hoher Betriebskosten verhindern. Eine gravimetrische Dosierung der PAK kann diese Anforderungen erfüllen. Das Dosiersystem sollte jedoch grundsätzlich in regelmäßigen Abständen kalibriert werden. Es wird von einer rein volumetrischen Dosierung abgeraten. 4 Das Dosiersystem muss mit einem Ex-Schutz ausgerüstet sein. Im Bereich des PAK-Silos ist aus Arbeitsschutzgründen eine O2- und CO-Messung erforderlich. Für das Befeuchten und Einspülen der Kohle ist eine geeignete Mischeinrichtung, ein sogenanntes Vortex-Gefäß, mit störungsarmer Sensorik zu verwenden. Auch das Vortex-Gefäß ist regelmäßig zu warten, um Kohleanbackungen mit einem verschlechterten Einmischverhalten zu verhindern. 4.5 PAK-Rückhalt Die Untersuchungen zur Fischgesundheit und Gewässerökologie an der Kläranlage AlbstadtEbingen mit über 20-jährigem Betrieb einer PAKAnlage wiesen auf keine negativen Auswirkungen hin (Triebskorn et al., 2014). Aktivkohle gehört jedoch nicht ins Gewässer und muss nach der Behandlung zur Mikroschadstoffentnahme vom Wasser getrennt werden. Ein Verlust von PAK über den Kläranlagenablauf vermindert die Reinigungsleistung der Anlage, daher ist der vollständige Rückhalt der feinen Aktivkohlepartikel am Ablauf der PAK-Stufe sicherzustellen. Zum Rückhalt der PAK können zunächst Absetzbecken eingesetzt werden. Die Sedimentationsanlagen werden auf eine Oberflächenbeschickung von qA = 2 m/h ausgelegt. Zur Bildung gut absetzbarer PAK-Flocken können sowohl Eisen- als auch Aluminiumprodukte als Fällmittel sowie Flockungshilfsmittel eingesetzt werden. Die bereits auf der Kläranlage eingesetzten Mittel können bei der Auswahl berücksichtigt werden. Die optimale Dosierung ist vor Ort zu ermitteln. Metzger et al. (2014) setzt hier z. B. beim Betriebskostenvergleich der PAK-Anlagen 0,5 mg Fe/L an. Eine entsprechende Reduzierung der Fällmittelmenge für eine vorherige Simultanfällung zur Phosphorelimination ist möglich (Metzger et al., 2014). Eine Trübungsmessung im Ablauf der Sedimentationsanlage wird empfohlen. Bei PAK-Dosierung (20 mg PAK/L) in den Überstand einer Flockungsfiltration hat sich die Zugabe von Fällmittel in einem Verhältnis von 0,2 g Fe/g PAK bewährt, um einen nahezu vollständigen Rückhalt der PAK im Filter zu gewährleisten (Bornemann et. al, 2012). Auch der Ablauf der Sedimentationsstufe kann feindisperse PAK aufweisen. Zum vollständigen Rückhalt ist eine nachgeschaltete Filtration erforderlich. Neben einer konventionellen Raumfiltration kommen auch alternative Verfahren (z. B. Tuch- oder Fuzzyfilter®) in Frage. Die Eignung dieser Verfahren sollte, soweit noch nicht erfolgt, in technischen Versuchen nachgewiesen werden. Neben einem konventionellen Absetzbecken kommen grundsätzlich noch alternative Verfahren in Frage, die entweder, wie z. B. das Actiflo®Verfahren, auf einer optimierten Sedimentation der PAK oder auf einer direkten (Membran-)Filtration basieren. 4.6 PAK-Entsorgung Die beladene PAK kann der biologischen Stufe zugegeben werden. Anschließend wird die PAK mit dem Überschussschlamm der Schlammbehand- Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Auslegung von Pulveraktivkohleanlagen (PAK) 21 lung zugeführt. Die Rücklösung von Mikroschadstoffen in der Schlammbehandlung konnte bisher nicht beobachtet werden. Alternativ ist eine separate PAK-Schlammbehandlung möglich. Durch die PAK sowie bei Einsatz eines Sedimentationsbeckens zusätzlich erforderlichen Fäll- und Flockungshilfsmittel erhöht sich die zu entsorgende Schlammmasse der Kläranlage. Der Schlamm ist in einer Verbrennung zu entsorgen. Der hohe Heizwert der PAK kann hierdurch energetisch genutzt werden. Eine landwirtschaftliche Verwertung des Schlammes sollte nicht erfolgen, da die Stoffe durch die Ausbringung auf Felder ubiquitär verteilt werden. 4 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination 22 Auslegung eines Filters mit granulierter Aktivkohle (GAK) 5.1 Einbindung der GAK-Stufe Die Filtration mit granulierter Aktivkohle kann direkt der biologischen Stufe nachgeschaltet werden. Bei dieser Verfahrensführung wird im GAK-Filter auch Suspensa zurückgehalten. Um eine schnelle Filterbettbelegung und eine häufige Rückspülung des GAK-Filters zu vermeinden, kann optional eine zusätzliche Filtrationsstufe zum Suspensarückhalt dem GAK-Filter vorgeschaltet werden (Abbildung 3). 5 Abbildung 3 Schematische Einbindung einer GAK-Anlage Mech. Stufe Biologische Stufe Filtration GAK-Filter 5.2 Auslegung des Filters Granulierte Aktivkohle wird entweder in eine bestehende Filteranlage eingebaut, wobei das vorhandene Filtermaterial gegen GAK ausgetauscht wird, oder für die GAK ist eine neue Filteranlage z. B. in der Bauform als Druckkessel oder als konventioneller Rückspülfilter zu planen. Erste positive Erfahrungen liegen zudem zum Austausch von Sand gegen GAK in kontinuierlich gespülten Filtern vor. Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Auslegung eines Filters mit granulierter Aktivkohle (GAK) GAK-Filter werden in der Regel mit einer Leerbettkontaktzeit (EBCT, empty bed contact time) von 5 bis 30 Minuten und einer Filterbettgeschwindigkeit von 5 -15 m/h ausgelegt (Metcalf und Eddy, 2003). Vergleichbare Werte werden auch im DVGWArbeitsblatt W 239 für den Trinkwasserbereich angegeben. Die Einsatzmöglichkeiten der GAK zur Mikroschadstoffelimination hängen stark von den durchsetzbaren Bettvolumina ab, bis die GAK ausgetauscht bzw. regeneriert werden muss. Die Größe „durchsetzbares Bettvolumen“ beschreibt, wie viel Abwasser pro Bettvolumen an GAK behandelt wird. Zur Ermittlung der durchsetzbaren Bettvolumina werden Versuche mit verschiedenen granulierten Aktivkohlen in Labortests und/oder halbtechnischem Maßstab dringend empfohlen. Die Anzahl der erzielbaren durchgesetzten Bettvolumina bis zum Austausch bzw. zur Regenerierung der GAK ist stoffspezifisch festzulegen. Die zurzeit vorliegenden Erfahrungen beim Einzelfilterbetrieb deuten auf erzielbare Bettvolumina von 3.000 bis ca. 16.000 hin. Für einzelne Stoffe wurde auch bei längeren Standzeiten eine Elimination verzeichnet (Hertel et al., 2014). Nach Nahrstedt et al. (2013), Alt et al. (2014) und Nahrstedt et al. (2015) konnten ausgehend von einer mittleren Elimination von z. B. > 80 % für die Leitparameter Diclofenac und Carbamazepin Bettvolumenwerte von 14.000 bis 16.000 erreicht werden. Bei der Auswahl der Kohle sind die spezifischen Eliminationsraten und die Betriebskosten für den regelmäßigen Austausch der Kohle wichtige Kriterien. Es werden GAK-Produkte mit verschiedenen z. T. rohstoffspezifischen Kornhärten angeboten. Insbesondere während der Luftspülung des Filters kann es zu Abrasionsverlusten an der GAK kommen. Das Spülprogramm bzw. die Spülfrequenz ist daher auf die mechanische Stabilität der GAK unter Beachtung der Filterlaufzeit und dem zulässigem Filterwiderstand abzustimmen. Ein unnötig häufiges Rückspülen der GAK-Filter ist zu vermeiden. 23 5.3 Filterbeladung Die GAK-Filtration sollte mit einer möglichst geringen organischen Hintergrundbelastung des Abwassers und Feststoffkonzentration von im Mittel deutlich unter 15 mg AFS/L beschickt werden. Erforderlich ist eine gut funktionierende Nachklärung oder eine vorgeschaltete Filtration, so dass eine feststoffarme Beschickung der GAK-Filter erfolgt. Zur Verlängerung der Leerbettkontaktzeit (EBCT) sollten möglichst alle zur Verfügung stehenden GAK-Filter parallel beschickt werden. Falls die GAK-Filter auch zum Suspensarückhalt eingesetzt werden, ist die Mindestgeschwindigkeit für den Feststoffrückhalt im Betrieb zu beachten. 5.4 Austausch der GAK Die stoffspezifischen Konzentrationen im Sammelfiltrat der GAK-Filter ergeben sich aus der Mischung der Einzelfiltrate. Der Austausch der GAK sollte daher für die jeweils am höchsten beladene Filterzelle in Abhängigkeit von einer festzulegenden maximalen Mischkonzentration ausgewählter Mikroschadstoffe im Sammelfiltrat erfolgen. Durch die Parallelschaltung unterschiedlich stark beladener Filter kann die Anzahl der bis zum Austausch erzielbaren Bettvolumina erhöht und somit die Laufzeit der GAK verlängert werden. Hierzu kann ein Rechenmodel in Form einer Mischungsrechnung für die Filtrate einzelner GAKFilter zu Grunde gelegt werden. Die stoffspezifischen Konzentrationen der Einzelfiltrate werden dabei mit Ausgleichsfunktionen in Abhängigkeit der durchgesetzten Bettvolumina beschrieben. Die beladene GAK ist entweder zu entsorgen und zu ersetzen oder nach einer Reaktivierung der Adsorptionskapazität wiederzuverwenden. Bei der Reaktivierung ist ein Verlust von ca. 10 - 20 % zu berücksichtigen, der durch frische GAK aufgefüllt werden muss (Kolisch et al., 2014; Alt et al., 2014). 5 24 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Energiebedarf Wie bereits im Kapitel 2 aufgeführt, sollte bei der Bewertung der Verfahren eine ganzheitliche Betrachtung durchgeführt werden. Hierbei sind auch die Aufwendungen zur Materialherstellung und die Transportwege zu berücksichtigen. Eine CO2Bilanzierung ist daher sinnvoll. 6 Der Energiebedarf der technischen Anlagen zur Spurenstoffelimination variiert mit der angewandten Ozon- bzw. Aktivkohledosis, die von der organischen Hintergrundbelastung des zu behandelnden Abwassers abhängt. Untersuchungen zum Energiebedarf realisierter Anlagen zur Mikroschadstoffelimination weisen auf vergleichbare Werte hin. Die Auswertung der Messwerte von drei Ozonungsanlagen in NRW ergab einen spezifischen Stromverbrauch auf Kläranlagen von 0,04 - 0,17 kWh/m³ (Pinnekamp et al., 2014). Die hiermit korrespondierenden Dosiermengen bewegen sich im Bereich von 2 bis 7 g O3/m³ behandeltem Abwasser. Nach Maus et al. (2014) resultiert bei einer mittleren Ozondosierung von 5 mg O3/L ein spezifischer Energiebedarf von ca. 0,05 kWh/m³. Metzger et al. (2014) werteten für sechs realisierte bzw. in Planung befindliche Anlagen mit Pulveraktivkohle in Baden-Württemberg den Energiebedarf der Anlagentechnik (ohne Filtrationsstufe) aus. Der Energiedarf für diese PAK-Anlagen liegt demnach zwischen 0,016 und 0,044 kWh/m³ behandeltem Abwasser. Pinnekamp et al. (2014) berück- sichtigte bei der Auswertung die nachgeschaltete Filtration und den Rezirkulationsbetrieb separat. Bei PAK-Dosiermengen von 5-20 g PAK/m³ bewegt sich der spezifische Energiebedarf für die nachgeschaltete Zugabe im Bereich von 0,025 0,035 kWh/m³. Die abschließende Trennung der PAK durch eine Filtrationsstufe erhöht diesen Wert um 0,01 - 0,05 kWh/m³. Für den Rezirkulationsbetrieb beträgt der spezifische Energiebedarf 0,08 - 0,18 kWh/m³. Bei GAK-Filtern ist der Energiebedarf stark von den örtlichen Randbedingungen im Hinblick auf die notwendige Förderhöhe und das Rückspülintervall abhängig. Bei einem Austausch des Filtermaterials gegen GAK bei bestehenden Filteranlagen ist ggf. keine zusätzliche Energie für Maschinentechnik erforderlich. Bei der Studie nach Pinnekamp et al. (2014) liegen die sich für Anlagen mit GAKFiltration ergebenden Werte zwischen ca. 0,02 0,06 kWh/m³. Eine pauschale Angabe des Energiebedarfs ist jedoch aus oben dargestellten Gründen nicht zu empfehlen und der Verbrauch ist ortspezifisch zu ermitteln. Bei der Wahl der Anlagenaggregate sollten energieeffiziente Geräte berücksichtigt werden. Nach Maus et al. (2014) benötigen moderne Konverter zur Ozonerzeugung aus LOX ca. 9 bis 10 kWh/kg O3. Hinzu kommen Nebenaggregate zur Kühlung, Steuerung, Ozoneintragung und biologischen Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Energiebedarf 25 Nachbehandlung sowie ggf. für ein erforderliches Beschickungspumpwerk. In Duisburg-Vierlinden benötigt die Ozonanlage mit Nebenaggregaten und Nachbehandlung mittels Wirbelbett bei einer mittleren Ozondosis von 5 mg O3/L bei einem Ozoneintrag mit Diffusoren insgesamt 0,063 kWh/ m³ behandeltes Abwasser und 0,079 kWh/m³ bei einem Ozoneintrag mit Pumpe-Injektor-System (Maus et al., 2014). Daneben ist im Betrieb der Bedarf an Reinsauerstoff für die Ozonerzeugung zu beachten. Alternativ kann das Ausgangsgas für die Ozonerzeugung vor Ort aufbereitet werden (PSA-Anlage oder getrocknete komprimierte Luft). Für den Betrieb der Gasaufbreitung ist zusätzlich Energie erforderlich. Der Energiebedarf der Anlagen zur Spurenstoffelimination kann durch vorteilhafte Beckenformen, die ggf. unterstützt durch eine numerische Strömungssimulation (CFD) gestaltet wurden, verringert werden. Es ist auf eine hydraulisch günstige Einbindung der Anlage zur Mikroschadstoffelimination in den Wasserweg der Kläranlage zu achten. Zusätzliche Messtechnik kann durch eine optimierte Steuerung der Dosierung der Betriebsmittel Ozon, PAK, Fällmittel oder dem Austausch der GAK zu einer Reduzierung des Energiebedarfs bzw. der Betriebskosten führen. 6 26 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Betrieb 7 Während der Inbetriebnahme und im späteren Betrieb ist die Steuerung der Betriebsmitteldosierung bzw. der Austausch der GAK durch eine begleitende Prozessanalytik im Hinblick auf eine zielgerichtete Mikroschadstoffelimination zu optimieren. Hierbei sollte eine Fokussierung auf wenige Leitparameter erfolgen oder es sollten wirkungsbezogene Testsysteme eingesetzt werden. Die Probenahmestellen sind in Abhängigkeit vom eingesetzten Verfahren zu wählen. Hinweise zur Eigenkontrolle bei Anwendung von Pulveraktivkohle werden in der Handlungsempfehlung des Kompetenzzentrums Spurenstoffe BW (KomS-BW, 2014) gegeben. Im Rahmen der Inbetriebnahme ist die Genauigkeit der installierten Messtechnik und der Dosiereinrichtungen zu prüfen. Es sollte ein Monitoring ausgewählter Mikroschadstoffe im Zu- und Ablauf der Anlage zur Mikroschadstoffelimination erfolgen. Die Parameter sind mit der zuständigen Behörde abzustimmen. Die Eliminationsrate ist stark stoffspezifisch. Orientierungswerte zur erzielbaren Elimination von Mikroschadstoffen bei verschiedenen Ozondosen oder Mengen der eingesetzten Aktivkohle können aus bisherigen Forschungsergebnissen entnommen werden. Die Untersuchung weiterer Aktivkohlen durch Schnelltests bzw. im Betrieb kann ggf. eine Reduzierung der Betriebskosten ermöglichen. Im Rahmen einer Qualitätskontrolle für gelieferte Aktivkohlechargen können Schnelltests zur Bestimmung der Adsorptionsleistung verschiedener Aktivkohlechargen genutzt werden (Sperlich et al., 2014). Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination 27 Kosten Auf Basis realisierter Anlagen in der Schweiz, Süddeutschland und Nordrhein-Westfalen sowie erstellter Machbarkeitsstudien sind die mit der Mikroschadstoffelimination verbundenen Kosten Abbildung 4 Spezifische Jahreskosten je m³ behandeltem Abwasser für die Vorzugsvarianten aus Ozonung, Pulveraktivkohle- und GAK- Behandlung (NRW, Stand März 2015); Kostenfunktionen resultieren aus den Kosten realisierter Anlagen und aus Machbarkeitsstudien aus BW und CH. Bildquelle: Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe.NRW, www.kompetenzzentrum-mikroschadstoffe.de. spezifische Jahreskosten netto [¤/m3 Abwasser behandelt] 0,25 8 0,2 y = 1,5783x-0,265 R2 = 0,7877 Duisburg-Vierlinden Südlohn Rietberg 0,15 Schwerte Harsewinkel y = 3,6349x-0,384 R2 = 0,7689 Greven Rheda-Wiedenbrück Ochtrup 0,1 Neuss-Ost Warburg Bad Sassendorf KA Emmerich Paderborn-Sande Wesel Duisburg-Hochfeld Stadtlohn 0,05 Paderborn-Sande Lübbecke Bad Oeyenhausen Detmold Gütersloh-Putzhagen 0 5.000 resultierende Kostenfuntion Ozonanlagen CH resultierende Kostenfuntion PAK Anlagen BW und CH Obere Lutter 50.000 angeschlossene Einwohnerwerte [EW] PAK Ozon GAK Ozonanlage CH 500.000 PAK Anlagen BW und CH 28 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Kosten vom Kompetenzzentrum Mikroschadstoffe.NRW ausgewertet worden. Die Kosten für Analytik sind davon ausgenommen, da diese in großem Umfang variieren können. Die Ergebnisse sind in Abbildung 4 dargestellt. Grundsätzlich sinken die 8 spezifischen Kosten, je größer eine Kläranlage ist. Unterschiede zwischen den Anlagen ergeben sich zum Teil aus dem gewählten Verfahren, der Integration in die vorhandene Kläranlage und der Nutzung vorhandener Bausubstanz. Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination 29 Fazit 9.1 Motivation 9.3 Ozonanlagen Eine effiziente Verringerung der Mikroschadstoffemission in ein Gewässer beginnt mit einem verantwortungsbewussten Umgang mit diesen Stoffen. Es ist zurzeit bekannt, dass kommunale Kläranlagen ohne gezielte Mikroschadstoffelimination eine wichtige Eintragsquelle für Mikroschadstoffe ins Gewässer sind. Es ist nicht möglich, alle Substanzen in dieser Gruppe zu ersetzen oder zu verbieten. Daher ist der Eintrag der Mikroschadstoffe ins Gewässer auch zukünftig unvermeidbar, wenn diese nicht spätestens auf den kommunalen Kläranlagen eliminiert werden. Entsprechende erprobte Verfahrenstechniken sind verfügbar. Die Angaben der Planer zur Auslegung einer Ozonanlage sind insgesamt in weiten Teilen vergleichbar. In den wesentlichen Festlegungen zur Auslegung der Ozonerzeugung und des Reaktorbeckens gibt es keine großen Differenzen. 9.2 Vorbehandlung Eine Stufe zur Mikroschadstoffelimination auf Kläranlagen stellt die letzte Stufe vor der Einleitung in ein Gewässer dar. Eine effiziente Elimination der Mikroschadstoffe in Ozon- und Aktivkohleanlagen setzt die weitestgehende Behandlung in der biologischen Stufe voraus. Insbesondere eine hohe AFS-Fracht aufgrund einer unzureichenden Nachklärung führt zu einem vermeidbaren erhöhten Einsatz an Ozon und Aktivkohle. Eine gut funktionierende Nachklärung bzw. ihre klärtechnische Ertüchtigung ist daher Grundvoraussetzung für den sparsamen Einsatz von Ozon oder Aktivkohle. Die Auslegung der Ozonerzeugung und des Ozoneintrags erfolgt auf Grundlage der festzulegenden spezifischen Ozonzehrung, die nach Angabe der Planer zwischen 0,6 bis max. 1,0 g O3/g DOC liegen sollte. Für die Auslegung einer Ozonanlage ist die zu behandelnde Zulaufwassermenge festzulegen. Zur Ableitung der erforderlichen Kontaktzeit werden Ozonzehrungsversuche empfohlen. Bei der Festlegung des Reaktorvolumens und -designs ist die tatsächliche Aufenthaltszeit des Wassers im Reaktor, die Wahl der Kaskadierung und der Einbau von Leitwänden zu berücksichtigen. Die Wahl des Ozoneintragsystems hat ebenfalls Einfluss auf das Design. Die zulaufmengenproportionale Ozondosierung ist eine einfach umsetzbare und robuste Steuerungsmethode für kleinere Anlagen < 100.000 EW. Für die Messtechnik zur Optimierung der Steuerung bzw. Regelung des Ozoneintrags unter Berücksichtigung des schwankenden Zehrungspotenzials der Abwassermatrix werden verschiedene Messtechniken genannt. 9 30 Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination Fazit Insgesamt kann keine allgemeingültige Empfehlung für ein optimiertes Steuer-/Regelkonzept gegeben werden. Innovative Konzepte sollten zur Entwicklung der Technik weiterhin erprobt werden. Der Kenntnisstand zur biologischen Nachbehandlung bzw. zu entstehenden toxikologisch wirksamen Konzentrationen an Transformationsprodukten ist gering. Von Seiten der Planer wird eine biologische Nachbehandlung zurzeit grundsätzlich als erforderlich erachtet. Neben der Nutzung von vorhandenen Raumfilteranlagen oder Schönungsteichen wird der Einsatz von Wirbelund Festbettreaktoren genannt. 9.4 PAK-Anlagen Die übliche Spannweite der PAK-Dosierung wird von den Planern zwischen 10 und 20 mg PAK/L angegeben. Neben der Kohleart spielen eine ggf. vorgesehene Rückführung der Kohle und der Dosierort eine Rolle im Hinblick auf die erforderliche PAK-Dosierung. Die Aufenthaltszeit im Kontaktbecken sollte in der Regel mindestens 30 min betragen. Eine kürzere Kontaktzeit ist ggf. unter Beachtung der Adsorptionskinetik der zu sorbierenden Stoffe möglich. 9 Das PAK-Absetzbecken ist auf eine Oberflächenbeschickung von qA = 2 m/h auszulegen. Neben einem konventionell en Absetzbecken kommen grundsätzlich noch alternative Verfahren in Frage, die entweder, wie z. B. das Actiflo®-Verfahren, auf einer optimierten Sedimentation der PAK oder auf einer direkten Filtration basieren. Zum Rückhalt feindisperser PAK ist nach einer Sedimentation grundsätzlich eine Filtration nachzuschalten. Neben der Volumenfiltration sind auch alternative Verfahren wie z. B. die Tuchfiltration möglich. Die Eignung dieser Verfahren zum Rückhalt von PAK ist nachzuweisen. 9.5 GAK-Filter Die erzielbaren Bettvolumina bis zum Austausch bzw. Regenerierung der GAK sind stoffspezifisch festzulegen. Bis jetzt existiert kein allgemeingültiges Kriterium zum Austausch des Filtermaterials. Neben den Summenparametern CSB oder DOC können standortspezifisch relevante Mikroschadstoffe herangezogen werden. In der Regel wird der Stoffdurchbruch als konzentrationsbezogener Wirkungsgrad für den Zu- und Ablauf des Filters ermittelt. Die zurzeit vorliegenden Erfahrungen deuten auf eine Anzahl von 3.000 bis ca. 16.000 durchsetzbare Bettvolumina hin, bis die GAK ausgetauscht oder regeneriert werden muss. Die vorherige Durchführung von labor- und/oder halbtechnischen Versuchen zur Abschätzung der erzielbaren Bettvolumina wird dringend empfohlen. Anleitung zur Planung und Dimensionierung von Anlagen zur Mikroschadstoffelimination 31 Literatur Abegglen, C., Siegrist, H. 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Gesellschaft zur Förderung des Lehrstuhls für Siedlungswasserwirtschaft und Umwelttechnik an der Ruhr-Universität Bochum KomS-BW (2014): Handlungsempfehlungen zur Vergleichskontrolle und zur Betriebsüberwachung der 4. Reinigungsstufe, Hrsg. Kompetenzzentrum Spurenstoffe Baden-Württemberg, www.koms-bw.de 10 Maus, C., Herbst, H., Ante, S., Becker, H.-P., Glathe, W., Börgers, A.; Türk, J. (2014): Hinweise zu Auslegung und Design von Ozonanlagen zur Mikroschadstoffelimination. In: Korrespondenz Abwasser, Abfall. 61. Jahrgang, Nr. 11, S. 998 – 1006 Tchobanoglous, G., Burton, F. L., Stensel, H. D. (2003): Wastewater Engineering: Treatment and Reuse. 4th ed. Metcalf & Eddy Inc., New York, NY: McGrawHill, 2003, p. 823 Metzger, S., Tjoeng, I., Rößler, A., Schwentner, G., Rölle, R. (2014): Kosten der Pulveraktivkohleanwendung zur Spurenstoffelimination am Beispiel ausgeführter und in Bau befindlicher Anlagen. In: Korrespondenz Abwasser, Abfall. 61. 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(IUTA) Bliersheimer Str. 58 - 60 47229 Duisburg IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasser Beratungs- und Entwicklunsgesellschaft mbH Moritzstraße 26 45476 Mülheim an der Ruhr IKU-Die Dialoggestalter GmbH Olpe 39 44135 Dortmund Redaktion: Dr. Demet Antakyali, Sandra Ante, Dr. Heinrich Herbst, Dr. Tim aus der Beek, Dr. Axel Bergmann, Andrea Börgers, Dr. Jochen Türk Gestaltung: ID – Kommunikation Agentur für umweltorientierte Kommunikation S1,1 68161 Mannheim www.idkommunikation.de Fotos: Fotolia Bildagentur: Seite 1, 6, 8, 24, 27, 29, 31 Grontmij GmbH: Seite 14 ID-Kommunikation: Seite 18 Abwasserverband “Obere Lutter”: Seite 22 Shutterstock Bildagentur: Seite 26 Druck: ColorDruck Solutions GmbH Gutenbergstraße 4 69181 Leimen/Germany Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen herausgegeben. 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