Paulinus von Nola 22.06. Paulinus von Nola wurde um 355 in Aquitanien, einer Landschaft im heutigen Südwest-Frankreich, als Sohn eines hohen römischen Beamten aus der Senatsaristokratie geboren. Von seinen christlichen Eltern erhielt er eine gediegene Ausbildung durch einen der besten Lehrer seiner Zeit. Paulinus von Nola stand eine glänzende politische Karriere bevor. Er heiratete eine spanische Christin und ließ sich selbst mit 32 Jahren taufen. Als hoher römischer Beamter lernte er in der Stadt Nola bei Neapel die Verehrung des Märtyrerbischofs Felix kennen, was ihn und seine Frau veranlasste, ihr Leben vollkommen zu verändern. Zusammen mit seiner Frau gründete er am Grab des Hl. Felix eine kleine mönchische Gemeinschaft und veräußerte seinen riesigen Besitz zugunsten der Armen. 394 wurde er zum Priester geweiht und dann Bischof in Nola. Paulinus erlebte den Anfang vom Ende des römischen Reiches und den kometenhaften Aufstieg der christlichen Kirche zur einflussreichsten Kraft in einer untergehenden Welt. Seine 2 Wendung vom Aristokraten zum Bischof ist typisch für viele Angehörige der Oberschicht im 4. und 5. Jahrhundert, die nach einer grundsätzlichen Neuorientierung ihres Lebens suchten und diese in einem radikalen, asketischen und weltabgewandten Christentum fanden. Die überkommenden Werte erschienen ihnen als hohl und bankrott. Mit seinem lange hoch verehrten Lehrer brach Paulinus später vollständig, da ihm dessen Weltanschauung, die zwischen Christus und den heidnischen Göttern hin und her gerissen war, zu wenig entschieden war. Paulinus starb 431 – 10 Monate nach dem Tod des Hl. Augustinus – an einer Lungenkrankheit und hinterließ zahlreiche Briefe an bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit wie z.B. Augustinus, Hieronymus und Kaiser Honorius. Seine Briefe – eigentlich mehr umfangreiche Predigten – zeugen von dem Charme seiner Persönlichkeit und geben Auskunft über den entschiedenen Ernst seines Christentums. Außerdem widmete er sich in Gedichten in der strengen Schönheit lateinischer Verse den Themen des Glaubens. 3 Paulinus war gewiss ein tiefgläubiger, überzeugter und überzeugender Christ. Man wird sich aber auch fragen dürfen, ob er mit seiner kompromisslosen Weltentsagung, die an den politischen und gesellschaftlichen Belangen seiner unruhigen Zeit, in die der Zusammenbruch des römischen Reiches fällt, keinen Anteil nimmt, wirklich eine Forderung des Evangeliums erfüllte; ob er nicht vielleicht eher aus einer untergehenden Welt, die ihm nicht mehr lebenswert erschien, entfloh. Es liegt ein herber, weltflüchtiger Zug über seinen Gedanken, der modernen Menschen fremdartig und anstößig erscheinen kann. Dennoch hatte Paulinus recht. Der Gefahr, Besitz und Ehre zu hoch zu setzen, entgehen auch Christen zu keiner Zeit. Die Entsagung, die eindringlich aus seinen Briefen spricht, weist uns auf das Eine Notwendige hin, nämlich nichts über Christus zu stellen und fordert uns auf zum stets erneuten Aufbruch und Abschied aus den lähmenden Verstrickungen des Irdischen. Georg Späh
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