6 Seite 183 – 230 Juni 2015 6. Jahrgang FINANZIERUNG Volker Zimmermann Innovationsfinanzierung – Herausforderung für mittelständische Unternehmen Arnold Weissman/Stephan Wegerer Business Innovation – wie Unternehmen sich regelmäßig neu erfinden 183 191 Dirk Honold Neue Formen der Eigenkapitalfinanzierung für Innovation & Wachstum – Strukturen, Risiko und Kapitalkosten 197 Ulrich Springer Neue Finanzierungsformen von Innovation und Wachstum – Wirtschaftliche Interessen und rechtliche Hebel aus Sicht der Praxis Andrea Bardens/Holger Meurer Wachstum aus Innovationen finanzieren – Mögliche Auswirkungen auf die Rechnungslegung 206 209 Daniel Blöchle/Christian Schmidt Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum – Steuerliche Implikationen und Steueroptimierungsstrategien Dirk Honold/Toni Oed Welches Eigenkapital passt? – Ansprüche der Kapitalgeber und Opportunitäten Andreas E. Mach Wie professionell ist die Unternehmensfinanzierung im Familienunternehmen heute? Florian Nöll/Heinz-Paul Bonn Mentoring als Innovationsstrategie Peter Pauli Von Wachstum durch die Krise zur Unternehmensnachfolge anhand eines konkreten Beispiels 216 223 225 228 229 GASTKOMMENTAR Dirk Honold Risikokongruente Finanzierung von Innovation und Wachstum: Neue Brücken zwischen Old und New Economy! M1 NWB Betriebswirtschaft Bestens bewährt bei allen Bewertungen. Aktualisierte und erweiterte Version 8.0. Aktualisierte & erweite Neuauflage! rte Praxishandbuch der Unternehmensbewertung BilanzWert Peemöller (Hrsg.) 6. Auflage. 2015. Gebunden. XXV, 1.498 Seiten. € 139,ISBN 978-3-482-51186-8 Online-Version inklusive Peemöller · Petersen · Zwirner CD-Version. € 198,(unverb. Preisempfehlung) ISBN 978-3-482-49968-5 Mit diesem umfassenden Standardwerk haben Sie die Grundlagen und Methoden der Unternehmensbewertung sicher im Griff. Praxisbezogen und lösungsorientiert stellt es den Bewertungsprozess, die wesentlichen Verfahren und wichtige Besonderheiten dar. 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Schleichend und ohne Vorwarnung verändern junge, innovative Unternehmen mit disruptiven Innovationen und neuen Geschäftsmodellen die Märkte. Familienunternehmen und der deutsche Mittelstand bekommen dadurch mehr und mehr stillen Handlungsdruck zur Sicherung der Stabilität und des künftigen Wachstums. Ein Schlüsselpunkt kann in diesem Zusammenhang die Finanzierung sein. Neue Wege zur Beteiligung an jungen, innovativen Unternehmen oder Carve-outs von Projekten in neue Projekt- bzw. Zweckgesellschaften (SPVs) sowie strategische Beteiligungen an Venture Capital-Fonds können hier einen Brückenschlag zwischen Old und New Economy schaffen, der den strategischen Handlungsspielraum von Familienunternehmen und dem Mittelstand erweitert. Da in Deutschland risikotragendes Eigenkapital mit zunehmender Höhe, Laufzeit und Ausfallwahrscheinlichkeit immer weniger zur Verfügung steht, ist vor diesem Hintergrund auch die aktuelle Initiative der Deutsche Börse AG für eine Plattform zur Finanzierung von jungen Wachstumsunternehmen begrüßenswert. Durch den Einbezug von Family Offices und vermögenden Privatpersonen soll damit in Zukunft ein Beitrag zur verbesserten Verfügbarkeit von Wachstumskapital geleistet werden. Bei der Finanzierung spielen Rendite- und Risikoaspekte eine bedeutende Rolle. Daher sollte neben der weitbekannten Fristenkongruenz auch eine Risikokongruenz zwischen Finanzierung und Investition bestehen. Es wird deutlich, dass aus Rendite-/Risikogesichtspunkten nur Eigenkapital eine fristen- und gleichzeitig risikokongruente Finanzierungsoption für Innovation und Wachstum ist. Dabei ist Eigenkapital nicht gleich Eigenkapital: Je nach der vertraglichen Ausgestaltung der Finanzierung, kann Risiko von einer Partei auf die andere transferiert und so dem jeweiligen Investment angepasst werden. Wesentliche Treiber sind hier z.B. Liquidationspräferenzen, Wandeldarlehen, stille Beteiligungen und Put-Call-Konstruktionen im Zusammenhang mit direkten Beteiligungen. Die Strukturierung von Wachstumsfinanzierungen ist aufgrund der zum Teil vertraulichen Regelungen öffentlich wenig bekannt und somit auch wissenschaftlich noch nicht ausführlich aufgearbeitet. Auf der Anfang März durchgeführten Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum – Handlungsspielräume strategisch nutzen und nachhaltig wirtschaften“ wurde sich dieser Problematik angenommen, indem Unternehmen und Unternehmern ausgewählte neue Wege der Finanzierung umfassend aufgezeigt wurden. Aufbauend auf den Vorträgen und Erkenntnissen aus der Veranstaltung, wurde – erstmalig in dieser Form in CORPORATE FINANCE – dieses Themenheft erstellt. Zunächst wird die Bedeutung und Notwendigkeit einer verbesserten und erweiterten Finanzierung von Innovation und Wachstum herausgearbeitet. In weiteren Beiträgen, verfasst von den Referenten der Veranstaltung, – denen für die Erstellung der Beiträge in der Kürze der Zeit ein ganz besonderer Dank gilt –wird der Themenkomplex strategisch, ökonomisch, rechtlich, CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Prof. Dr. Dirk Honold ist Professor für Unternehmensfinanzierung an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm und Schriftleiter und Mitherausgeber von CORPORATE FINANCE. Er begleitet zudem Wachstumsunternehmen als Mitgründer, Aufsichtsrat, Beirat und Coach, insbesondere bei Eigenkapitalfinanzierungen. Kontakt: [email protected] bilanziell und steuerlich betrachtet. Alle Beiträge der Referenten sind aufeinander abgestimmt und fokussieren sich aus verschiedenen Blickwinkeln zum einen auf die interne Finanzierung anhand von Minderheitsbeteiligungen. Zum anderen werden Möglichkeiten einer externen Finanzierung durch Zwischenschaltung einer Projekt- bzw. Zweckgesellschaft (SPV) sowie in Form einer strategischen Beteiligung an einem Venture CapitalFonds betrachtet, wobei die Strukturierung durch ein SPV auch in weiten Teilen auf die Beteiligung eines privaten Investors an einem jungen, innovativen Unternehmen übertragbar ist. Eine Zusammenfassung der auf der Veranstaltung durchgeführten Investoren- und Unternehmenspanels mit dessen Kernaussagen sowie ein Beitrag zum Mentoring des Mittelstands als Innovationsstrategie runden das Themenheft ab. Zwischen den Autoren besteht Einigkeit darin, dass durch eine geschickte Ausgestaltung der Finanzierung von Wachstumsoptionen oder Beteiligungen an jungen Wachstumsunternehmen viel gewonnen werden kann. Entgegen der häufigen Vorbehalte gegen Beteiligungskapital zur Finanzierung von Wachstum, welche meist auf die Möglichkeit des Verlusts der Unabhängigkeit und im schlimmsten Fall der Bedrohung der Existenz des Familienunternehmens abzielen, werden Wege vorgestellt, wie diesen „Schreckensszenarien“ durch entsprechende Strukturierung vorgebeugt werden kann. Es wird aufgezeigt, wie sich eine externe Finanzierung, d.h. die Auslagerung der Wachstumsoption, transparent und vorteilhaft für Unternehmen und Investor ausgestalten lässt. Bei besonders innovativen und dynamischen Umfeldern mit vielen parallelen Innovationen, ist das Venture Capital-Fondsmodell mit Kaufoption auf eine gewisse Anzahl an Portfoliounternehmen besonders interessant. In den USA wird es mittlerweile immer stärker umgesetzt. Große Unternehmen sichern sich dadurch Innovations- bzw. Übernahmeoptionen von Projektgesellschaften, die später ins Unternehmen integriert werden können. Negative Konsequenzen im Misserfolgsfall werden durch solch ein Vorgehen weitestgehend ausgeschlossen, da die vereinbarte Option nicht zwingend ausgeübt werden muss. Ich wünsche Ihnen viel Spaß und viele neue, wertvolle Einsichten bei der Lektüre dieser Ausgabe von CORPORATE FINANCE. Ihr Dirk Honold M1 Inhaltsverzeichnis www.cf-fachportal.de FINANZIERUNG nungslegung. Auf Basis konkreter Beispiele zeigt der Beitrag auf, welchen Einfluss unterschiedliche Finanzierungsmodelle auf die Rechnungslegung nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) sowie nach HGB haben. Wachstumsfinanzierung/Mittelstandsfinanzierung/Fremdkapital Innovationsfinanzierung – Herausforderung für mittelständische Unternehmen CF0695977 Dr. Volker Zimmermann, Frankfurt/M. In diesem Beitrag wird untersucht, wie mittelständische Unternehmen ihre Innovationen finanzieren. Die Analyse zeigt, dass sich vor allem kleine sowie hochinnovative Unternehmen stark auf ihre Innenfinanzierungskraft verlassen müssen. CF0694662 Wachstumsfinanzierung/Steuern Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum – Steuerliche Implikationen und Steueroptimierungsstrategien S. 183 Unternehmensführung/Mittelstand/Innovationsmanagement Business Innovation – wie Unternehmen sich regelmäßig neu erfinden Prof. Dr. Arnold Weissman / Stephan Wegerer, beide Nürnberg In den nächsten Jahren werden zahlreiche neue Herausforderungen auf Unternehmen zukommen. Technologie und Märkte verändern sich in rasendem Tempo. Jedes Unternehmen muss sich damit befassen und herausfinden, was diese Veränderungen und Trends für seine Produkte oder Dienstleistungen bedeuten. Welche Risiken gilt es zu beachten, welche Chancen entstehen und welche Kompetenzen muss das Unternehmen aufbauen, um sie wahrnehmen zu können. CF0696456 Familienunternehmen/Finanzierung/Eigenkapital S. 191 Wie professionell ist die Unternehmensfinanzierung im Familienunternehmen heute? Andreas E. Mach, München Im Rahmen der Unternehmerdiskussion zur Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum“ wurde die Frage "Wie professionell ist die Unternehmensfinanzierung im Familienunternehmen heute?" erörtert und mit drei Familienunternehmen diskutiert. CF0696452 S. 197 S. 225 Mittelstand/Start-ups/Mentoring Mentoring als Innovationsstrategie Neue Finanzierungsformen von Innovation und Wachstum – Wirtschaftliche Interessen und rechtliche Hebel aus Sicht der Praxis Florian Nöll, Berlin / Heinz-Paul Bonn, Köln Die Digitalisierung der Geschäftsprozesse ist für den Mittelstand eine Herausforderung, die für ihn zur Existenzfrage werden kann. Auch Start-ups sind aufgrund ihrer Altersstruktur anfällig für Misserfolge: Ihren Gründern fehlt die Erfahrung. Mentoringprogramme, die Start-ups und erfahrene Unternehmer zusammenbringen, sind die Lösung für die Herausforderungen beider Unternehmergenerationen. Dr. Ulrich Springer, München Vor allem für institutionelle Investoren ist es bei der Eigenkapitalfinanzierung des Innovations- oder Wachstumsprojekts eines Unternehmens – unabhängig vom Umfang ihrer Beteiligung – von grundlegender Bedeutung, ihre Kerninteressen vertraglich abzusichern. Hierzu zählen vor allem Regelungen zum Schutz des Investments und die Möglichkeit einer nachträglichen Korrektur der diesem zugrunde gelegten Bewertung des Unternehmens, Mitsprache- und Vetorechte, sowie die Möglichkeit einer späteren Veräußerung der Beteiligung (Exit) und die Realisierung der Renditeerwartung des Investors. CF0696365 S. 228 Wachstumsfinanzierung/Unternehmensnachfolge/ Restrukturierung S. 206 Wachstumsfinanzierung/Finanzierungsformen/Rechnungslegung M2 S. 223 Finanzierung/Wachstumsfinanzierung/Familienunternehmen Wachstumsfinanzierung/Recht/Corporate Governance Andrea Bardens / Dr. Holger Meurer, beide Frankfurt/M. Bei der Entscheidung für eine Finanzierungsalternative sind unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Ein wesentlicher Faktor sind die Auswirkungen der Finanzierung auf die Rech- Prof. Dr. Dirk Honold / Toni Oed, beide Nürnberg Dieser Beitrag fasst die Ergebnisse aus dem Investorenpanel im Rahmen der Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum“ zusammen. Dabei wurden die verschiedenen Positionierungen der Kapitalgeber dargestellt und auf wesentliche Kernpunkte und Unterschiede bei der Ausgestaltung von Eigenkapitalbeteiligungen eingegangen. CF0696451 Prof. Dr. Dirk Honold, Nürnberg Wachstumsprojekte sind häufig sehr kapitalintensiv und riskant. Zur Finanzierung ist daher i.d.R. Eigen- bzw. Mezzanine-Kapital nötig. Reichen die im Unternehmen gebildeten Rücklagen nicht aus, muss externes Eigenkapital in das Unternehmen fließen. Minderheitsbeteiligungen, Beteiligungen über eine Projektzweckgesellschaft und Strukturierungen mit Venture Capital-Fonds bilden bei entsprechender Ausgestaltung einen sinnvollen Weg, die Wachstumsoption unter Erhalt der Unabhängigkeit des Unternehmens zu finanzieren. Wachstum aus Innovationen finanzieren – Mögliche Auswirkungen auf die Rechnungslegung S. 216 Welches Eigenkapital passt? – Ansprüche der Kapitalgeber und Opportunitäten Wachstumsfinanzierung/Eigenkapitalfinanzierung/Kapitalkosten CF0696071 Daniel Blöchle / Prof. Dr. Christian Schmidt, beide Nürnberg Finanzierung und Wachstum sind heutzutage verbundene Themenfelder von hoher strategischer Bedeutung für jedes Unternehmen. Damit Steuern im Unternehmen nicht zur Wachstumsbremse werden, bedarf es einer ausgeklügelten Strategie. Im vorliegenden Beitrag werden Möglichkeiten zur steuerlichen Optimierung der Wachstumsfinanzierung aufgezeigt. CF0696239 Neue Formen der Eigenkapitalfinanzierung für Innovation & Wachstum – Strukturen, Risiko und Kapitalkosten CF0696455 S. 209 Von Wachstum durch die Krise zur Unternehmensnachfolge anhand eines konkreten Beispiels Peter Pauli, München Mittelständische Familienunternehmen durchlaufen auf der Zeitachse unterschiedliche Situationen und sind immer wieder exogenen Einflüssen bzw. Restriktionen unterworfen. Auch können sich die Interessen und Ziele der Gesellschafter ändern. Anhand eines Fallbeispiels wird gezeigt, wie eine Beteiligungsgesellschaft die Unternehmensentwicklung durch situationsgerechte Lösungen begleitet. CF0696373 S. 229 CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Wachstumsfinanzierung/Mittelstandsfinanzierung/Fremdkapital »CF0694662 Dr. Volker Zimmermann, Frankfurt/M. Innovationsfinanzierung – Herausforderung für mittelständische Unternehmen Dr. Volker Zimmermann ist Mitarbeiter in der volkswirtschaftlichen Abteilung der KfW Bankengruppe in Frankfurt/M. Seinen Arbeitsschwerpunkt bildet die Analyse des Innovationsverhaltens mittelständischer Unternehmen. Kontakt: [email protected] Der vorliegende Beitrag untersucht, wie mittelständische Unternehmen ihre Innovationen finanzieren. Vor dem Hintergrund finanzierungstheoretischer Überlegungen steht im Mittelpunkt der Analyse, welche Anteile am Volumen der Innovationsausgaben auf interne Mittel, Bankkredite sowie Fördermittel entfallen. Vor allem bei kleinen sowie hochinnovativen Unternehmen zeigt sich eine starke Abhängigkeit von internen Mitteln. Als Folge davon können Mittelständler ihre Innovationskraft nicht voll entfalten. I. Einleitung Innovationen und technischer Fortschritt zählen unbestritten zu den wesentlichen Determinanten des langfristigen Wirtschaftswachstums.1 Neue und verbesserte Produkte und Produktionsverfahren treiben den strukturellen Wandel voran und erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft auf den globalen Märkten. Gerade Deutschland als rohstoffarmes Land mit hohem Lebensstandard kann sich im internationalen Wettbewerb nur dann behaupten, wenn es sich von seinen Konkurrenten durch ein Angebot hochwertiger Güter mit überlegenen Problemlösungen für die Kunden absetzt. Auch um die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen aus demografischer Entwicklung, Klimawandel und Ressourcenverknappung zu bewältigen, braucht es permanente und verstärkte Investitionen in Forschung und Innovation. Gerade im deutschen Innovationssystem spielen mittelständische Unternehmen eine wichtige Rolle. So stehen deutsche kleine und mittlere Unternehmen (bis 249 Beschäftigte) beim Hervorbringen von Innovationen im europäischen Vergleich an der Spitze.2 Laut ZEW haben Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten im Jahr 2013 34,7 Mrd. € in Innovationen investiert. Damit stehen sie für rd. 24% der Innovationsausgaben des gesamten deutschen Unternehmenssektors. Allerdings konnten sie mit der Entwicklung der Innovationsausgaben in Großunternehmen in den zurückliegenden Jahren nicht mithalten. 3 Wie der Kf W-Innovationsbericht Mittelstand zeigt, entwickelt sich auch die Innovatorenquote im Mittelstand – d.h. der Anteil der mittelständischen Unternehmen, der neue oder verbesserte Produkte oder Prozesse auf den Markt bringt – im langfristigen Trend rückläufig.4 1 2 3 4 Der Beitrag liegt in der alleinigen Verantwortung des Autors und stellt nicht notwendigerweise die Meinung der KfW Bankengruppe wieder. Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.), Union Innovation Scoreboard 2014, 2014, S. 82. Vgl. Rammer/Crass/Doherr/Hud/Hünermund/Iferd/Köhler/Peters/Schubert/Schwiebacher, Indikatorenbericht zur Innovationserhebung 2014, 2014, S. 1 (11). Vgl. Zimmermann, KfW-Innovationsbericht Mittelstand 2014, 2015, S. 4. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Dabei sind Innovationen aus Unternehmenssicht wichtige Stellschrauben, um auf Veränderungen im Unternehmensumfeld zu reagieren und so die eigene Position gegenüber Konkurrenten zu sichern, Marktanteile zu erhöhen und die Gewinnsituation zu verbessern. Die positiven Wirkungen von erfolgreich implementierten Innovationen auf die Unternehmensperformance konnten in zahlreichen Studien belegt werden.5 Dennoch ist der wirtschaftliche Erfolg von Innovationen ungewiss. Oftmals hohen Vorleistungen der Unternehmen stehen lediglich mögliche, zukünftige Erträge gegenüber. Wenig überraschend werden daher in Unternehmensbefragungen hohe Innovationskosten und Finanzierungsschwierigkeiten als wichtigste Innovationshemmnisse genannt. 6 Ein Grund hierfür dürfte sein, dass Unternehmen häufig über verschiedene Innovationsideen verfügen und knappe Ressourcen in jene Projekte zu lenken sind, welche die höchsten Erträge erwarten lassen. Allerdings sprechen theoretische Überlegungen dafür, dass die genannten Finanzierungsschwierigkeiten auch Ausdruck eines Marktversagens bei der Finanzierung von Innovationen sein können. Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag die Finanzierung von Innovationen in mittelständischen Unternehmen. Im Mittelpunkt steht dabei, welche Finanzierungsquellen die innovierenden Unternehmen einsetzen und wie sich diese Quellen je nach den Charakteristika des Unternehmens und der Art der Innovationsvorhaben unterscheiden. Der Beitrag gliedert sich wie folgt: Nach einem Überblick zu den Erklärungsansätzen für die Finanzierung von Innovationen in Abschnitt II, gibt Abschnitt III die Ergebnisse der empirischen Untersuchung wieder. Abschnitt IV widmet sich den wirtschaftspolitischen Implikationen der Untersuchungsergebnisse. Abschließend fasst Abschnitt V die wesentlichen Aspekte der Untersuchung zusammen. II. Erklärungsansätze für das Vorliegen von Finanzierungsrestriktionen bei mittelständischen Unternehmen In einer Modellwelt mit perfekten Kapitalmärkten gilt, dass die Mittelverwendung unabhängig von der Finanzierungsform ist. 7 In der Realität führen jedoch unvollkommene Kapitalmärkte dazu, dass sich Unternehmen Finanzierungsrestriktionen und damit einer Unterversorgung mit externer Finanzierung gegenüber sehen. Aufgrund ihrer besonderen Charakteristika gilt dies insbesondere für die externe Finanzierung von Innovationen. So ist der Erfolg von Innovationen unsicher. Hohen potenziellen Gewinnen stehen häufig auch erhebliche Risiken gegen5 6 7 Vgl. bspw. Zimmermann, Journal of Business Economics Special Issue 4/2013 S. 131 (149) oder Falk, Small Business Economics 2012 S. 19 (37). Vgl. bspw. Zimmermann, Innovationshemmnisse im Mittelstand, 2012, S. 1 oder Rammer/Weißenfeld, Innovationsverhalten der Unternehmen in Deutschland 2006, 2008, S. 60. Vgl. Modigliani/Miller, American Economic Review 1958 S. 261 (297). 183 Finanzierung über, deren Bewertung insbesondere für potenzielle externe Geldgeber schwierig ist. Die Beurteilung eines geplanten Innovationsprojekts und insbesondere dessen Erfolgswahrscheinlichkeit ist aufgrund der Einzigartigkeit, der technischen Herausforderungen sowie einer gegebenenfalls hohen Komplexität dem innovierenden Unternehmen in der Regel besser möglich als einem Außenstehenden. 8 Hinzu kommt, dass Unternehmen aus Wettbewerbsgründen nur ungern Details ihrer Innovationsvorhaben Preis geben.9 Als Folge der Informationsasymmetrie, d.h. der ungleichen Informationsverteilung, sind externe Geldgeber weniger bereit, Innovationsprojekte zu finanzieren.10 In finanzierungstheoretischen Modellen, die sich unter dem Begriff Pecking-Order-Hypothese11 zusammenfassen lassen, verlangen externe Geldgeber aufgrund der Informationsasymmetrie eine zusätzliche Prämie – etwa ein Unsicherheitsaufschlag12 – für die Bereitstellung der Mittel. Hieraus leitet sich eine Finanzierungspräferenz der Unternehmen ab, wonach zunächst interne Mittel, wenn diese nicht ausreichen, Kredite und zuletzt externes Eigenkapital zur Finanzierung herangezogen werden.13 Im Kreditrationierungsmodell von Stiglitz und Weiss (1981) führt die asymmetrische Information über die Projektqualität dazu, dass Banken Kredite eher nicht gewähren, anstatt höhere, markträumende Zinssätze zu verlangen.14 Grund hierfür ist, dass Unternehmen mit risikoreichen Vorhaben eher bereit sind, hohe Finanzierungskosten in Kauf zu nehmen, während Unternehmen mit vergleichsweise sicheren Projekten bei steigenden Zinsen zunehmend als Kreditnachfrager ausscheiden. Erhöht ein Kreditgeber seinen geforderten Zinssatz, steigt das Risiko, dass ein finanziertes Vorhaben scheitert und der Kredit nicht zurückgezahlt wird. Für den Kreditgeber gibt es somit einen optimalen, Gewinn maximierenden Zinssatz. Im Ergebnis erhält ein Teil der Nachfrager zu diesem Zinssatz einen Kredit, während die Anträge anderer Unternehmen abgelehnt werden, auch wenn sie bereit sind, einen höheren Zinssatz zu akzeptieren. In beiden Erklärungsansätzen führt das Vorliegen von Informationsasymmetrien somit zu Restriktionen bei der externen Finanzierung. Für die betreffenden Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich entweder „überhöhten“ Renditeforderungen gegenüber sehen oder keine externe Finanzierung erhalten. Generell gilt, dass je ausgeprägter die Informationsasymmetrie zwischen externem Finanzier und Unternehmen ist, desto geringer fällt auch die Bereitschaft eines Geldgebers aus, in ein entsprechendes Projekt zu investieren.15 Als weiteres Charakteristikum sind Innovationsvorhaben häufig nicht beliebig teilbar: Ein gegebenes Innovationsprojekt weist oftmals eine Mindestgröße unabhängig von den Merkmalen des innovierenden Unternehmens auf, so dass seine Durchführung den Charakter von Fixkosten hat.16 Als 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Vgl. Hall/Lerner, in: Hall/Rosenberg (Hrsg.), Handbook of the Economics of Innovation 2010 S. 609 (639). Vgl. Anton/Yao, Review of Economic Studies 2002 S. 513 (531). Ausführlicher hierzu vgl. Zimmermann, Zeitschrift für KMU und Entrepreneurship 2013 S. 199 (201). Vgl. Frank/Goyal, in: Eckbo (Hrsg.), Handbook of Corporate Finance, S. 150 (155). Vgl. Myers/Majluf, Journal of Financial Economics 1984 S. 187 (221). Vgl. Myers, Journal of Finance 1984 S. 575 (592). Vgl. Stiglitz/Weiss, The American Economic Review 1981 S. 393 (410). Vgl. Calomiris/Hubbard, The Economic Journal 1990 S. 90 (104). Vgl. Cohen/Klepper, The Economic Journal 1996 S. 925 (951). 184 www.cf-fachportal.de Folge davon werden insbesondere Unternehmen mit niedrigen Umsätzen durch die Durchführung von Innovationsprojekten überproportional belastet, auch wenn sie sich auf Innovationsprojekte konzentrieren, die einen vergleichsweise niedrigen Mitteleinsatz erfordern. Dies schränkt die Möglichkeiten der Risikodiversifizierung durch die Verfolgung mehrerer Innovationsvorhaben ein und führt dazu, dass das Scheitern eines Vorhabens häufig den Bestand des ganzen Unternehmens gefährdet. Hinzu kommt, dass die von den Unternehmen nachgefragten Volumina aus Sicht externer Geldgeber häufig vergleichsweise niedrig sind. Die zu erwartenden Erträge stehen daher häufiger in einem ungünstigen Verhältnis zu den Transaktionskosten (z.B. Projekt-, Kreditwürdigkeitsprüfung, Monitoring), sodass sich für potenzielle Geldgeber ein Engagement oftmals nicht oder nur bei entsprechend erhöhten Renditeforderungen lohnt. Die dargelegten Eigenschaften legen nahe, dass insbesondere die in Deutschland am weitesten verbreitete Art der externen Unternehmensfinanzierung – die Finanzierung über Kredite – bei Innovationsprojekten schwierig ist:17 So trägt ein Kreditgeber zwar die hohe Unsicherheit über den Erfolg von Innovationsvorhaben mit, kann jedoch aufgrund des erfolgsunabhängigen Zinssatzes nicht an den Gewinnen im Erfolgsfall partizipieren. Dies erschwert den Ausgleich von einzelnen Verlusten durch erfolgreiche Engagements und begrenzt das durchschnittliche Risiko, das in einem Kreditportfolio eingegangen werden kann. Verstärkend kommt hinzu, dass Innovationsprojekte mit Investitionen in Know-how und weniger in Sachanlagen verbunden sind. Nach Angaben des ZEWs beträgt der Anteil der Investitionen an den gesamten Innovationsaufwendungen nur 33%,18 sodass bei einem Innovationsvorhaben nur verhältnismäßig wenige neue Sachanlagen entstehen, die bei einem Scheitern als dingliche Sicherheiten zur Befriedigung der Ansprüche der Geldgeber zur Verfügung stehen. Gerade die Fähigkeit im ausreichenden Maß Sicherheiten zu stellen, dürfte jedoch derzeit für den Zugang zu Krediten wesentlich sein. So haben die steigenden Eigenkapitalquoten in den zurückliegenden gut zehn Jahren dazu geführt, dass die Bonität eines Unternehmens immer seltener zur Ablehnung von Krediten führt. „Unzureichende“ Sicherheiten als Ablehnungsgrund haben dagegen an Bedeutung gewonnen und werden aktuell von Unternehmen als mit Abstand häufigster Kreditablehnungsgrund genannt.19 Gerade für kleine und junge Unternehmen können die Anforderungen an die Kreditsicherheiten ein besonderes Problem darstellen, da sie in der Regel weniger Möglichkeiten zur Besicherung von Krediten aufweisen, 20 gleichzeitig jedoch per se ein höheres Risiko für externe Geldgeber darstellen.21 Aufgrund der Schwierigkeiten, Innovationsvorhaben mit Hilfe von Bankkrediten zu finanzieren, wird Beteiligungskapital als wichtige Alternative für die Innovationsfinanzierung angesehen.22 Insbesondere Venture Capital (VC) sollte als informier17 18 19 20 21 22 Vgl. Himmelberg/Petersen, Review of Economic and Statistics 1994 S. 38 (51). Vgl. Rammer/Crass/Doherr/Hud/Hünermund/Iferd/Köhler/Peters/Schubert/Schwiebacher, a.a.O. (Fn. 3), S. 5. Vgl. Zimmermann, Unternehmensbefragung 2014, 2014, S. 34. Vgl. Berger/Udell, Journal of Business and Finance and Accounting 1998 S. 671 (692). Vgl. Müller/Stegmaier, Economic failure and the role of plant age and size, 2014. Vgl. bspw. Expertenkommission Forschung und Innovation, Gutachten 2015, 2015, S.33. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 1: Venture Capital Investitionen im Verhältnis zum BIP 2012 USA 0,17% Irland 0,05% Schweden 0,05% Finnland 0,04% Großbritanien 0,04% Niederlande 0,03% Frankreich 0,03% Belgien 0,02% Deutschland 0,02% Spanien 0,01% Östereich 0,01% Portugal 0,01% Italien 0,01% Griechenland 0,00% 0,00% 0,05% 0,10% tes Kapital („Smart Capital“) eher in der Lage sein, die bestehenden Informationsasymmetrien zu überwinden und somit die Erfolg versprechendsten Vorhaben auszuwählen. Auch ist zu erwarten, dass die Fähigkeit von VC-Gesellschaften, ihre Investments aktiv bei der Geschäftsführung zu unterstützen, die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Unternehmens und somit auch ihre Bereitschaft erhöht, in ein solches Unternehmen zu investieren.23 Nicht zuletzt ermöglicht die Teilhabe am Gewinn eines erfolgreichen Engagements ein höheres durchschnittliches Risiko im Portfolio einzugehen. Der hohe Aufwand bei Auswahl und Betreuung der Investments, die verbleibende Unsicherheit über den Erfolg und die damit verbundenen höheren Renditeerwartungen von VC-Gesellschaften, erfordern jedoch ein hohes Wachstumspotenzial der möglichen Zielunternehmen. Auf der Seite der Eigentümer des Unternehmens setzt eine Nutzung von VC die Bereitschaft voraus, Kontrollund Eigentumsrechte abzugeben. Der Beteiligungskapitalmarkt ist im traditionell bankenorientierten deutschen Finanzsystem im internationalen Vergleich jedoch nur schwach entwickelt. Wie Abb. 1 zeigt, rangiert Deutschland bei den VC-Investitionen bezogen auf das BIP nur im hinteren Mittelfeld in Europa. In den USA wurden im Jahr 2012 – relativ zum BIP – knapp Zehnmal so viel investiert als in Deutschland. Entsprechend sind Beteiligungskapitalfinanzierungen in Deutschland noch immer selten. So wurden laut den Angaben des Bundesverbands Deutscher Beteiligungskapitalgesellschaften (BVK) im Jahr 2014 1.335 deutsche Unternehmen mit Beteiligungskapital finanziert. Die Beteiligungskapitalinvestitionen beliefen sich auf insgesamt 7,06 Mrd. €, wobei den überwiegenden Anteil Buy-outs ausmachen. Auf Venture Capital-Investitionen entfielen lediglich 9% des Investitionsvolumens bzw. 712 der finanzierten Unternehmen. 24 23 24 Vgl. Ueda, The Journal of Finance 2004 S. 601 (621). Vgl. BVK, BVK Statistik 2014, S. 6 (13). CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 0,15% 0,20% 0,25% Wesentliche Hemmnisse für VC-Investitionen in Deutschland sind seit dem Platzen der New Economy Blase das schwierige Fundraisingklima sowie fehlende Exitmöglichkeiten.25 III. Empirische Untersuchung der Einflussfaktoren auf die Finanzierung von Innovationen 1. Datengrundlage Im Folgenden wird überprüft, inwieweit sich die bisher dargelegten Überlegungen in der Finanzierungspraxis von mittelständischen Unternehmen widerspiegeln. Die Analyse stützt sich auf das Kf W-Mittelstandspanel, einem repräsentativen Längsschnittdatensatz für mittelständische Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500 Mio. € Jahresumsatz. Eine Besonderheit dieser Datenbasis ist, dass sie auch Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten umfasst, die über vier Fünftel der mittelständischen Unternehmen in Deutschland ausmachen.26 Die Finanzierung der getätigten Innovationsausgaben wurde zuletzt in der Erhebung im Jahr 2013 erfragt, bei der sich die Angaben der Unternehmen auf das Jahr 2012 beziehen. Bezüglich der Finanzierungsquellen wurden zwischen internen Mitteln (z.B. laufender Cashflow, Rückstellungen, Barreserven), Fremdmittelfinanzierungen („Bankkrediten“), Fördermitteln (z.B. Förderkredite, gefördertes Beteiligungskapital, Zulagen/ Zuschüsse), Beteiligungen Dritter, Mezzanine-Kapital und der (nicht weiter spezifizierten) Kategorie „Sonstige“ unterschieden. Aufgrund der geringen Fallzahlen wurden für die Analyse die drei zuletzt genannten Kategorien zu „Sonstige Finanzie25 26 Vgl. Zimmermann/Karle, FB 2005 S. 445 (455), Ehrhart/Zimmermann, FB 2007 S. 713 (721) oder die regelmäßigen Veröffentlichungen von BVK und der KfW Bankengruppe zum German Private Equity Barometer. Von der Befragung ausgenommen sind der öffentliche Sektor, Banken und Non-Profit Organisationen. Die Erhebung erfolgt als geschichtete Zufallsstichprobe mit den Schichtungsmerkmalen Branche, Beschäftigtengröße, Region des Unternehmenssitzes (neue vs. alte Bundesländer) sowie Förderstatus (von der KfW gefördert vs. nicht gefördert). Vgl. Schwartz, KfW-Mittelstandspanel 2013, 2014, S. 9. 185 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 2: Durchschnittliche Innovationsausgaben im Mittelstand 2012 (in Tausend €) Unternehmensgröße unter 5 Beschäftige 22 5 bis unter 10 Beschäftigte 51 10 bis unter 50 Beschäftigte 162 50 Beschäftigte und mehr 1.096 FuE-intensives Verarbeitendes Gewerbe 551 Wirtschaftszweig Sonstiges Verarbeitendes Gewerbe 434 Bau 60 Wissensbasierte Dienstleistungen 223 Sonstige Dienstleistungen 183 Insgesamt 66 0 200 rungsquellen“ zusammengefasst. Erfragt wurde dabei nicht nur, ob ein Unternehmen eine Finanzierungsquelle genutzt hat, sondern auch, welchen Anteil die jeweilige Finanzierungsquelle an den Innovationsausgaben der Unternehmen ausmacht. Die Untersuchung stützt sich auf rd. 1.700 Unternehmen, die im Jahr 2012 Innovationsausgaben getätigt haben. Die Befragungsergebnisse werden auf die Gesamtheit der mittelständischen Unternehmen hochgerechnet. 2. Untersuchungsergebnisse Wie Abb. 2 zeigt, gab ein mittelständisches Unternehmen im Jahr 2012 durchschnittlich rd. 66.000 € für die Durchführung von Innovationsvorhaben aus, wobei sich die Beträge zwischen den Unternehmen deutlich unterscheiden: Während sich die Innovationsausgaben bei Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten27 auf 22.000 € belaufen, beträgt der entsprechende Wert für große Mittelständlerab50Beschäftigtenmitrd.1,1Mio.€rd.das50-fache. Vor allem Mittelständler aus dem Verarbeitenden Gewerbe zeichnen sich durch hohe Innovationsausgaben aus. Spitzenreiter sind Unternehmen des FuE-intensiven Verarbeitenden Gewerbes (z.B. Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie oder Pharma) mit durchschnittlich 550.000 € je innovierendem Unternehmen, gefolgt von Mittelständlern der nicht-FuE-intensiven Wirtschaftszweige des Verarbeitenden Gewerbes (z.B. Ernährungsgewerbe, Herstellung von Metallerzeugnissen, Gummi- und Kunststoffwaren) mit Innovationsausgaben in Höhe von 434.000 €. Mit deutlichem Abstand rangierenaufPositiondreiUnternehmenausdenwissensintensiven Dienstleistungen(z.B.IT-,Informationsdienstleister,Rechts-,Steuer-, Unternehmensberatungen) mit durchschnittlich 223.000 €. Abb. 3 stellt die Anteile der Finanzierungsquellen an den Innovationsausgaben jenen an den Investitionen gegenüber.28 Wie aufgrund der Ausführungen in Abschnitt II zu erwarten war, 27 28 Die Einteilung der Unternehmensgrößenklassen erfolgt nach Vollzeitäquivalenten. Die Angaben beziehen aktivtätige Inhaber, Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte ein, nicht jedoch Auszubildende. Zwei Teilzeitbeschäftigte zählen als ein Vollzeitbeschäftigter. Aufgrund der Überschneidungen zwischen Investitionen und Innovationen wurden für die Gegenüberstellung bei den Investitionen nur jene Unternehmen berücksichtigt, die nicht zugleich auch Innovationsausgaben getätigt haben. 186 400 600 800 1.000 1.200 unterscheidet sich die Finanzierung von Innovationen deutlich von jener der Investitionen: Mit 79% der Innovationsausgaben dominieren interne Mittel bei der Innovationsfinanzierung. Interne Mittel machen zwar auch an den Investitionsausgaben den größten Anteil aus. Mit 49% werden die internen Mittel bei der Investitionsfinanzierung jedoch deutlich weniger stark genutzt als bei den Innovationen. Deutliche Unterschiede zeigen sich auch bezüglich der Nutzung von Bankkrediten. Lediglich 7% der Innovationsaufwendungen werden über Bankkredite finanziert, während sich der entsprechende Anteil bei den Investitionen auf 31% beläuft. Wie eine aktuelle Studie des ZEWs zeigt, werden Bankkredite derzeit seltener als noch Mitte des zurückliegenden Jahrzehnts für die Innovationsfinanzierung herangezogen.29 Mögliche Gründe hierfür dürften in der insgesamt verbesserten Innenfinanzierungskraft der Unternehmen, aber auch in der seit der Wirtschafts- und Finanzkrise unverändert hohen Risikosensitivität der Kreditinstitute liegen.30 Fördermittel machen bei den Innovationen 10% und 15% bei den Investitionen aus. Öffentliche Förderungen stellen ebenfalls eine kostengünstige Finanzierungsquelle dar und können den Finanzierungsspielraum eines Unternehmens deutlich ausweiten. Allerdings entstehen den Unternehmen auch bei der Verwendung von Fördermitteln Transaktionskosten. So müssen etwa Informationen über die Fördermöglichkeiten beschafft, Anträge gestellt und gegebenenfalls Berichtspflichten erfüllt werden. Die Höhe dieser Transaktionskosten hängt dabei wesentlich von der Ausgestaltung des jeweiligen Förderprogramms ab und steht in der Regel in einem Zusammenhang mit der Förderintensität. Die restlichen 3% (Innovationen) bzw. 5% (Investitionen) verteilen sich auf die „sonstigen“ Finanzierungsquellen. Von welchen Einflussfaktoren die Nutzung der Finanzierungsquellen im Detail abhängt, wird im Folgenden näher untersucht.31 29 30 31 Vgl. Rammer/Peters, Dokumentation zur Innovationserhebung 2014, 2014, S. 31 (32). Vgl. Zimmermann, a.a.O. (Fn. 19), 2014, S. 16. In den Auswertungen nach einzelnen Merkmalen können Beobachtungen mit fehlenden Angaben zum jeweils betrachteten Merkmal nicht berücksichtigt werden. Daher können die Ergebnisse geringfügig von jenen für den Gesamtdatensatz abweichen. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 3: Innovations- und Investitionsfinanzierung im Vergleich – Anteile der Finanzierungsquellen an den jeweiligen Ausgaben in % Innovation 79 Investition 7 49 0% 10 % 20 % 31 30 % 40 % Interne Mittel 50 % Bankkredite 60 % 3 15 70 % Fördermittel 10 80 % 5 90 % 100 % Sonstige Quellen Abb. 4: Innovationsfinanzierung nach Unternehmensgröße – Anteile der Finanzierungsquellen an den jeweiligen Ausgaben in % 85 unter 5 Beschäftige 5 bis unter 10 Beschäftigte 6 82 10 bis unter 50 Beschäftigte 8 74 87 0% 10 % 20 % 30 % 6 11 50 Beschäftigte und mehr 50 % Bankkredite 60 % Fördermittel 70 % 80 % 90 % 1 4 11 4 40 % Interne Mittel 7 3 7 2 100 % Sonstige Quellen Vor allem besonders k leine sow ie große Mittelständler f inanzieren ihre Innovationen über interne Mittel (s. Abb. 4). Dass Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten trotz ihrer vergleichsweise geringen Innenfinanzierungskraft in einem hohen Maß ihre Innnovationsaktivitäten intern finanzieren, dürfte auf ihren schlechteren Zugang zu externer Finanzierung zurückzuführen sein: 32 Die Gründe hierfür dürften – wie bereits dargelegt – etwa die aus Geldgebersicht vergleichsweise kleinen Volumina oder fehlende Diversifikationsmöglichkeiten in Verbindung mit größeren Schwierigkeiten, ausreichend Sicherheiten zu stellen, sein. Mit zunehmender Unternehmensgröße verbessert sich der Kreditzugang, was sich zunächst in einem steigenden Anteil von Bankkrediten an den Innovationsausgaben bis zu den Unternehmen mit zehn bis unter 50 Beschäftigten bemerkbar macht. Auch die Inanspruchnahme einer öffentlichen Förderung ist bei den Unternehmen mit zehn bis 50 Beschäftigten am höchsten. Die stärkere Nutzung durch Unternehmen dieser Größenklasse im Vergleich zu den kleineren Unternehmen dürfte darauf zurückzuführen sein, dass größere Unternehmen in der Regel auch eher mit dem Förderangebot und der Beantragung von Fördermitteln vertraut sind als kleinere. Der mit 87% höchste Anteil interner Mittel an den Innovationsausgaben bei Mittelständlern mit mehr als 50 Beschäftigten weist auf die hohe Innenfinanzierungskraft dieser Unternehmen hin, die es ihnen erlaubt, häufiger auf externe Mittel zu verzichten. Dies gilt insbesondere auch, weil die relative finanzielle Belastung durch Innovationen mit zunehmender Unternehmensgröße abnimmt: So geben 69% der Innovatoren mit 100 und mehr Beschäftigten weniger als 5% ihres Jahresumsatzes für Innovationsaktivitäten aus. Der entsprechende Anteil für die Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten liegt hingegen bei lediglich 28%. 33 In welchem Umfang die verschiedenen Finanzierungsquellen genutzt werden, hängt auch stark vom zu finanzierenden Volumen ab. Da die internen Mittel eines Unternehmens typischerweise begrenzt sind, ist eine Finanzierung umfangreicher Innovationsvorhaben nur möglich, wenn es gelingt, externe Mittel zu akquirieren. Dies zeigt sich daran, dass der Anteil der Bankkredite auf das Vierfache wächst, wenn ein Unternehmen 9% und mehr seines Umsatzes in Innovationsvorhaben investiert, im Vergleich zu einem Unternehmen mit einer Innovationsintensität von unter 2% (s. Abb. 5). Auch die Nutzung öffentlicher Förderung nimmt zwischen diesen beiden Gruppen um das Dreifache zu. Insbesondere die FuE-Intensität eines Unternehmens (d.h. die FuE-Ausgaben bezogen auf den Jahresumsatz) spiegelt den Technologiegehalt sowie die Komplexität der Innovationsaktivitäten wider und kann als Gradmesser für die Unsicherheit eines externen Finanziers über den 32 33 Vgl. Zimmermann, a.a.O. (Fn. 19), 2014, S. 10. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Vgl. Zimmermann, KfW-Mittelstandspanel 2013: Innovationen, 2014, S. 3 (4). 187 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 5: Innovationsfinanzierung nach der Intensität der Innovationsausgaben – Anteile der Finanzierungsquellen an den jeweiligen Ausgaben in % bis 2 % 93 2 bis unter 4 % 86 4 bis unter 9 % 6 87 9 % und mehr 6 74 0% 10 % 20 % 30 % Interne Mittel 8 40 % 50 % Bankkredite 60 % 70 % Fördermittel 2 4 0 4 3 7 1 12 80 % 5 90 % 100 % Sonstige Quellen Abb. 6: Innovationsfinanzierung nach der FuE-Intensität – Anteile der Finanzierungsquellen an den jeweiligen Ausgaben in % keine FuE 80 bis unter 2,5 % 85 2,5 bis unter 7 % 0% 10 % 20 % 30 % Interne Mittel 6 6 3 40 % 50 % Bankkredite Projekterfolg betrachtet werden. 34 Außerdem steht eine hohe FuE-Intensität für einen niedrigen Anteil investiver Innovationsausgaben und damit für entsprechend weniger neu entstehende Sachwerte für eine Sicherheitenstellung. Wie Abb. 6 zeigt, nimmt der Anteil der Bankkredite an den Innovationsausgaben mit steigender FuE-Intensität ab. Finanzieren innovierende Mittelständler ohne eigene FuE ihre Innovationsausgaben zu 13% mit Hilfe von Bankkrediten, sinkt dieser Anteil bis zu den Unternehmen mit einer hohen FuE-Intensität (7% und mehr) auf lediglich 3%. Die Überlegungen zu einer begrenzten Risikotragfähigkeit von Bankkrediten können somit bestätigt werden. Die mit zunehmender FuE-Intensität rückläufigen Anteile von Bankkrediten bedeuten für die Unternehmen zunächst einen höheren Einsatz interner Mittel. Erst bei Unternehmen mit einer FuE-Intensität von 7% und mehr steigt der Anteil der Fördermittel um rd. ein Drittel. Diese Befunde werden auch bei einer Betrachtung des Neuigkeitsgrads der von den Unternehmen entwickelten InnoVgl. Arrow, in: Nelson (Hrgs.),The Rate and the Direction of Inventive Activity, 1962, S. 609 (625). 188 5 81 60 % 70 % Fördermittel 80 % 1 6 87 7 % und mehr 34 13 9 90 % 5 6 1 6 100 % Sonstige Quellen vationen bestätigt. So dürfte die Entwicklung von Produktmarktneuheiten – sowohl was die technische Machbarkeit als auch was den Markterfolg betrifft – von einer größeren Unsicherheit über den wirtschaftlichen Erfolg geprägt sein, als die Entwicklung von Produkten, die bereits von Wettbewerbern auf dem Markt angeboten werden. Entsprechend fällt bei den Unternehmen, die Marktneuheiten entwickeln, der Anteil der Bankkredite an den Innovationsausgaben mit 3% nur halb so hoch aus, wie bei den Unternehmen mit Produktimitationen. Mit 15% bei Unternehmen mit Marktneuheiten – ggü. 5% bei Unternehmen mit Produktimitationen – bestätigt sich auch hier, dass Fördermittel verstärkt in Unternehmen zum Einsatz kommen, die technologisch anspruchsvolle und durch einen hohen Neuigkeitsgrad gekennzeichnete Innovationsanstrengungen leisten. Die Möglichkeiten eines Unternehmens, Innovationen – sei es intern oder durch Bankkredite – zu finanzieren, hängen nicht zuletzt wesentlich von seiner finanziellen Situation ab. So stehen positive Finanzkennziffern für eine hohe Innenfinanzierungskraft. Gleichzeitig entscheidet die finanzielle Situation aufgrund ihrer Bedeutung für die BonitätsbeurCORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 7: Innovationsfinanzierung nach der Höhe der Eigenkapitalquote – Anteile der Finanzierungsquellen an den jeweiligen Ausgaben in % bis unter 15 % 6 85 15 bis unter 40 % 40 % und höher 3 88 0% 10 % 20 % 30 % Interne Mittel 40 % IV. Wirtschaftspolitische Implikationen Im Vergleich zu Investitionen finanzieren Mittelständler ihre Innovationen nur in einem geringen Umfang über CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 50 % Bankkredite teilung auch über den Kreditzugang. Welcher Aspekt bei der Finanzierungsentscheidung überwiegt, ist somit zunächst unklar. In der verwendeten Datenbasis kann der Einfluss der Finanzkennziffern auf die Innovationsfinanzierung anhand der Umsatzrendite und der Eigenkapitalquote untersucht werden. Bezüglich der Umsatzrendite zeigt sich ein klarer Zusammenhang: Mit zunehmender Umsatzrendite nimmt der Anteil der Innenfinanzierung an den Innovationsausgaben zu und der Anteil der Bankkredite ab. Dass Unternehmen trotz besserer Bonität verstärkt interne Mittel nutzen, steht im Einklang mit der Pecking-Order-Hypothese, wonach Unternehmen bei der Existenz von Informationsasymmetrien, bevorzugt auf interne Mittel zurückgreifen, etwa weil externe Geldgeber einen „Unsicherheitsaufschlag“ verlangen. Im Gegensatz dazu nehmen mit steigender Eigenkapitalquote der Anteil der internen Mittel an der Innovationsfinanzierung zunächst ab und jener der Bankkredite zu. Wie Abb. 7 zeigt, beträgt der Anteil der internen Mittel an den Innovationsausgaben bei den Unternehmen mit einer niedrigen Eigenkapitalquote (unter 15%) 85%, während sich dieser Anteil bei den Unternehmen mit einer mittleren Eigenkapitalquote (15 bis unter 40%) auf 77% beläuft. Parallel dazu nimmt der Anteil der Bankkredite um zwei Prozentpunkte auf 8% zu. Für Unternehmen mit einer Eigenkapitalquote von 40% und höher kann der umgekehrte Zusammenhang ermittelt werden: Bankkredite spielen bei den Unternehmen mit einer hohen Eigenkapitalquote mit 3% kaum noch eine Rolle, während der Anteil der internen Mittel mit 88% auf den höchsten Wert ansteigt. Zu erklären dürfte dieser Verlauf damit sein, dass mit steigender Eigenkapitalquote der Zugang zu Krediten leichter fällt und zunächst Kredite verstärkt für die Innovationsfinanzierung herangezogen werden. Ab einer gewissen Eigenkapitalquote überwiegt jedoch auch hier die höhere Innenfinanzierungskraft der betreffenden Unternehmen, sodass auf Kreditfinanzierungen häufiger verzichtet werden kann. 12 8 77 60 % Fördermittel 70 % 80 % 5 90 % 2 4 8 1 100 % Sonstige Quellen externe Quellen. Dies steht im Einklang mit theoretischen Überlegungen, wonach spezielle Merkmale von Innovationsprojekten – wie hohe Unsicherheit über den Erfolg, ein geringer Anteil an Sachanlagen und Anforderungen an die Projektgröße – vor allem einer externen Finanzierung mit Hilfe von Bankkrediten entgegenstehen. Betroffen hiervon sind insbesondere kleine sowie die hochinnovativen Unternehmen. Für dieses Segment steht im deutschen, traditionell bankenorientierten Finanzsystem Beteiligungskapital als alternative Finanzierungsquelle ebenfalls nur in einem geringen Umfang (zu für die Unternehmen akzeptablen Konditionen) zur Verfügung. Wichtiger Grund hierfür dürfte das Fehlen von institutionellen Investoren – wie zum Beispiel Pensionskassen – sein, die in anderen Ländern häufig als Ankerinvestoren fungieren. Um die Anreize zur Refinanzierung von VC-Gesellschaften zu erhöhen, wird eine Verbesserung der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen als wichtig erachtet. Kritisch werden vor allem die unklare Rechtslage bei der Einstufung von VC-Fonds als gewerblich oder vermögensverwaltend sowie die Behandlung von Verlustvorträgen gesehen. 35 Auch wird eine steuerliche Benachteiligung von Beteiligungskapital gegenüber der Finanzierung aus internen Mitteln bzw. mit Fremdkapital bemängelt. 36 Bezüglich der Exitmöglichkeiten wird aktuell ins Gespräch gebracht, in wie weit ein gesamteuropäisches Börsensegment für wachstumsorientierte Unternehmen zu einer nachhaltigen Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten von jungen technologieorientierten Unternehmen beitragen kann. 37 Als Folge der fehlenden externen Finanzierungsmöglichkeiten besteht eine starke Abhängigkeit der Innovationsaktivitäten eines Unternehmens von der Verfügbarkeit interner Quellen. Dies birgt viele Nachteile: – Da die internen Mittel beschränkt sind, investieren Unternehmen zu wenig in Innovationen als dies aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive wünschenswert ist. Insbesondere werden zu wenige Innovationsvorhaben angegangen. Auch werden realisierte Innovationsvorha35 36 37 Vgl. hierzu ausführlich Expertenkommission Forschung und Innovation, a.a.O. (Fn. 22), S. 33 (35). Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der Gesamtwirtschaftlichen Lage, Jahresgutachten 2012/2013, 2012, S. 220 (247). Vgl. Expertenkommission Forschung und Innovation, a.a.O. (Fn. 22), S. 35. 189 Finanzierung ben kleiner dimensioniert als dies ohne Finanzierungsrestriktionen der Fall wäre. – Des Weiteren muss das Innovationsverhalten stark der momentanen finanziellen Lage des Unternehmens angepasst werden. Als Folge werden weniger langfristige Innovationsvorhaben, dafür häufiger kurzfristig realisierbare Projekte durchgeführt. Grundlegende Neuheiten, die für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands besonders wichtig sind, werden somit seltener hervorgebracht. Aktuelle Untersuchungen des ZEW bestätigen, dass Unternehmen aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten vor allem auf den Einstieg in neue Marktsegmente und auf die Realisierung technologisch anspruchsvoller Vorhaben verzichten. 38 – Außerdem droht den Unternehmen durch Personalabwanderung wichtiges unternehmensspezifisches Know-how verloren zu gehen, wenn in konjunkturell schwierigen Phasen aufgrund von Gewinnrückgängen die Innovationstätigkeit zurückgefahren werden muss. Eine Wiederaufnahme von Innovationsaktivitäten nach Überwindung einer Krise fällt dann umso schwerer. Schon heute führen vor allem innovative mittelständische Unternehmen ihre Stellenbesetzungsprobleme auf die von ihnen benötigten spezifischen Zusatzqualifikationen zurück. 39 Aufgrund der demografischen Entwicklung dürfte die externe Stellenbesetzung in den kommenden Jahren – selbst unter Inkaufnahme des fehlenden unternehmensspezifischen Know-hows – noch schwieriger werden. Die Probleme, Innovationen extern zu finanzieren, deuten auf ein Brachliegen wichtiger Potenziale aufgrund von Marktunvollkommenheiten hin. Die Innovationsförderung stellt daher eine wirtschaftspolitische Daueraufgabe dar. Eine wichtige Aufgabe der Innovationspolitik dabei ist es, jene Unternehmen zu unterstützen, die im Innovationsprozess eine Vorreiterrolle einnehmen und daher von den Finanzierungsschwierigkeiten besonders stark betroffen sind. Der höhere Fördermitteleinsatz in Unternehmen mit hohen Innovationsanstrengungen trägt den besonders ausgeprägten Finanzierungshemmnissen dieser Unternehmen sowie deren hohen Bedeutung im Innovationssystem Rechnung. Die Mehrzahl der mittelständischen Unternehmen verfolgt jedoch Strategien, die auf inkrementelle Verbesserungen und auf kundenspezifische Lösungen abzielen. 40 Die Innovationsanstrengungen dieser Unternehmen bewirken die Diffusion von Neuerungen in der Wirtschaft. Sie sorgen insbesondere dafür, dass deutsche Mittelständler ihrer Rolle in der Wertschöpfungskette gerecht werden können und stellt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft als Ganzes sicher. Auch sie werden durch Finanzierungshemmnisse in ihrer Innovationstätigkeit behindert. Neben der Förderung der „Exzellenz“ ist daher auch die Unterstützung der Innovationsanstrengungen in der Breite des Mittelstands notwendig. www.cf-fachportal.de zierungsquellen am Volumen der Innovationsausgaben im Mittelpunkt der Betrachtung. Dabei konzentriert sich die Untersuchung auf die drei, gemessen an ihren Volumenanteilen, wichtigsten Finanzierungsquellen: interne Mittel, Bankkredite sowie Fördermittel. Ziel war es, vor dem Hintergrund finanzierungstheoretischer Überlegungen, Rückschlüsse auf die Existenz von Finanzierungsrestriktionen und damit einer Unterversorgung mit externer Finanzierung zu ziehen. Zentrales Ergebnis der Studie ist, dass in Abhängigkeit der Charakteristika der Unternehmen sowie ihrer Innovationsvorhaben, Hinweise auf Finanzierungsrestriktionen gefunden werden können: So finanzieren mittelständige Unternehmen ihre Innovationen in einem deutlich geringeren Umfang über externe Quellen wie etwa Investitionen. Eine hohe Abhängigkeit von internen Mitteln zeigt sich gerade für kleine Unternehmen. Des Weiteren sinkt der Anteil der Bankkredite an den Innovationsausgaben zu Gunsten interner Quellen mit zunehmender Umsatzrendite und wenn die Unternehmen eine hohe Eigenkapitalquote aufweisen. Da Finanzkennziffern maßgeblich in die Bonitätsbeurteilung eines Unternehmens eingehen, belegt dieses Untersuchungsergebnis eine Präferenz der Unternehmen, ihre Innovationen aus internen Mitteln zu bestreiten. Vor allem FuE-treibende Unternehmen sowie Unternehmen, deren Innovationsvorhaben einen hohen Neuigkeitsgrad aufweisen, finanzieren ihre Innovationen stark aus internen Mitteln und weniger mit Bankkrediten. Dies kann als Hinweis auf die begrenzte Risikotragfähigkeit von Bankkrediten gedeutet werden. Entsprechend kommen Fördermittel verstärkt bei hochinnovativen Unternehmen zum Einsatz. Insgesamt bestätigen die Untersuchungsergebnisse die theoretischen Überlegungen, wonach aufgrund verschiedener Charakteristika von Innovationen Informationsasymmetrien zwischen einem innovierenden Unternehmen und einem potenziellen externen Geldgeber auftreten, die zu einem Marktversagen und einer entsprechenden Unterversorgung mit externer Finanzierung führen. Im Hinblick auf wirtschaftspolitische Implikationen lässt sich festhalten, dass aufgrund der ermittelten Finanzierungsrestriktionen Innovationen nicht im gesellschaftlich gewünschten Umfang verwirklicht werden können. Sie begründen somit ein Eingreifen in den Marktprozess, um die Abhängigkeit der Innovationstätigkeit von internen Mitteln zu verringern und brachliegende Innovationspotenziale besser auszuschöpfen. V. Zusammenfassung Der vorliegende Beitrag untersucht die Finanzierung von Innovationen in mittelständischen Unternehmen. In Abgrenzung zu anderen Studien stehen die Anteile einzelner Finan38 39 40 Vgl. Rammer/Peters, a.a.O. (Fn. 29), 2014, S. 38 (39). Vgl. Reize, Fachkräftemangel im Mittelstand, 2011, S. 7 (8). Vgl. Zimmermann, To be the Leader of the Pack? Innovationsstrategien im Mittelstand, 2013, S. 1. 190 CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Unternehmensführung/Mittelstand/Innovationsmanagement »CF0696456 Prof. Dr. Arnold Weissman / Stephan Wegerer, beide Nürnberg Business Innovation – wie Unternehmen sich regelmäßig neu erfinden Prof. Dr. Arnold Weissman gründete 1987 die heutige Strategieberatung Weissman & Cie., die sich auf die Beratung und Begleitung von Unternehmerfamilien spezialisiert hat. Arnold Weissman ist Professor für Unternehmensführung für Familienunternehmen sowie Marketing an der OTH Regensburg, Kompetenzbereichs-Leiter für Strategie an der Zürich International Business School (ZIBS) und externer Dozent an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. Dipl. Kfm. Stephan Wegerer ist als Berater bei der WeissmanGruppe in den Kompetenzfeldern Business Innovation, Trend-, Innovations- und Ideenmanagement sowie in Strategic Foresight, Digitaler Strategie und Digitaler Transformation tätig. Kontakt: [email protected] In den nächsten Jahren werden zahlreiche neue Herausforderungen auf Unternehmen zukommen. Technologie und Märkte verändern sich in rasendem Tempo. Schon heute ist an den großen Megatrends wie Digitalisierung, Globalisierung, Ressourcen-Verknappung, Nachhaltigkeit und demografischer Wandel abzusehen, dass der Wandel das einzig Beständige sein wird. Eine neue Gesellschaft mit veränderten Ansprüchen und einem veränderten Wertesystem bildet sich heraus. Viele Trends treten vernetzt auf, so sind Digitalisierung und Globalisierung untrennbar miteinander verbunden. Jedes Unternehmen muss sich damit befassen und herausfinden, was diese Veränderungen und Trends für seine Produkte oder Dienstleistungen bedeuten. Welche Risiken gilt es zu beachten, welche Chancen entstehen und welche Kompetenzen muss das Unternehmen aufbauen, um sie wahrnehmen zu können – nicht nur heute, sondern in Zukunft? I. Einleitung Deutschen Unternehmen geht es gut. Gerade mittelständische Familienunternehmen verzeichnen eine gesunde Entwicklung ihrer Geschäftszahlen. Ihre Eigenkapitalquote ist hoch. Ihre Unternehmensstrategie haben sie bereits vor Jahren festgelegt und seither konsequent verfolgt. Moderates Wachstum gibt Anlass zu Zuversicht. Doch der schöne Schein trügt. In Zeiten, in denen sich Märkte und Rahmenbedingungen in rasantem Tempo verändern, indem sich die Produktionszyklen immer weiter verkürzen, Distributionen in Technologien und Märkten die Regel und globaler Konkurrenzdruck unausweichlich sind, reicht es nicht mehr, sich alle paar Jahre mit der strategischen Ausrichtung des Unternehmens zu befassen. Der technologische Wandel und die Globalisierung lassen Geschäftsmodelle von heute auf morgen veralten. Die Märkte sind zunehmend gesättigt, die Kundengewinnungskosten hoch und echtes Wachstum scheint nur noch durch Übernahmen möglich. In der Folge reagieren die meisten Unternehmen mit Kostensenkung, Effizienzprogrammen und sinkender Innovationsrate. Eine fatale Entwicklung, denn ohne Innovation ist langfristiger Erfolg nicht möglich. Wie aber erreicht man das Ziel innovaCORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 tiv zu wachsen? In jedem Falle anders als alle Anderen und mit System. Als Folge der Situation in den meisten Märkten benötigen wir eine grundlegende Veränderung. Stellt sich doch die Situation wie folgt dar: Zu viele ähnliche Firmen, beschäftigen ähnliche Mitarbeiter mit ähnlicher Ausbildung, die ähnliche Arbeiten durchführen. Sie haben ähnliche Ideen und produzieren ähnliche Dinge zu ähnlichen Preisen in ähnlicher Qualität. Unternehmen, die zu dieser Gruppe gehören, werden es künftig schwer haben. Schlimmer: Ohne Differenzierung wird keines dieser Unternehmen die nächsten fünf Jahre überleben. Denn austauschbare Leistungen führen in stagnierenden oder rückläufigen Märkten zwingend zu negativen Wachstumsraten und Renditeentwicklung aller Marktteilnehmer. Die zentrale Herausforderung für Unternehmen ist es heute, die eigene Überlebensfähigkeit und Unabhängigkeit in einem zunehmend volatilen Marktumfeld zu sichern und dabei profitabel mit vertretbarem Risiko zu wachsen. Um dieses Basisziel zu erreichen, müssen geeignete strategische Stoßrichtungen festgelegt werden, die zu einer Verbesserung der Werttreiber Rendite, Wachstum und Risiko führen. II. Survival of the fittest – Wer überlebt ist angepasst! .... und besser als alle anderen, könnte man ergänzen. Die Natur zeigt uns, dass der Weg, sich von anderen zu unterscheiden, der richtige ist. Nur diejenigen Arten überleben langfristig, die einzigartig sind. Der russische Biologe Georgi Gause hat das Prinzip „be different or die“ an Experimenten mit Einzellern eindrucksvoll beschrieben.1 Er legte dar, dass sich zwei Arten niemals gleich ernähren, denn wenn sie es tun, kommt es unweigerlich zum Kampf um die knappe Nahrung. In der Natur überlebt, wer seine ökologische Nische gefunden hat, dort intelligent kooperiert und sein Feld auch zu verteidigen weiß. Trotzdem verharrt die Mehrzahl unserer Unternehmen in der Austauschbarkeit und reibt sich über einen ständigen Verdrängungskampf über den Preis auf. Doch gerade für Familienunternehmen – und wir sprechen von 96% der deutschen Unternehmen – ist dieser Kampf nur selten zu gewinnen. Sobald aber ein Unternehmen die brennenden Probleme seiner Kunden sichtbar besser löst als andere, hat es seinen Wettbewerbern etwas voraus: Es unterscheidet sich. Die Märkte haben sich schon immer verändert, doch heute verändern sie sich, insbesondere durch die Digitalisierung aller Dinge, so schnell wie nie zuvor. Unternehmen, die sich nicht anpassen, scheiden aus dem Markt aus. Unternehmen, die sich nur anpassen, aber nicht aktiv den Markt mitgestalten, haben es schwer. Das heißt, Unternehmen müssen den Wandel des Marktumfelds nicht nur erkennen und verstehen, sondern sich 1 Vgl. Gause, The struggle for existence, 1934. 191 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 1: Grundlegende Wachstumsoptionen Wachstum im Kernmarkt (mit bestehenden Produkten) Neue Märkte (geographisches Wachstum) Neue Produkte (Markt-/Kunden-Wachstum) Diversifizierung (neue Produkte/Branchen) Kooperation Akquisition Innovation als langfristig größter Hebel für organisches Wachstum Abb. 2: Basis für den Erfolg sind Wettbewerbsvorteile und Kernkompetenzen Rendite Wachstum Risiko Nachhaltig Nicht frei käuflich Verteidigungsfähig Marktchance Fähigkeiten/ Ressourcen ERFOLG WETTBEWERBSVORTEILE GESCHÄFTSMODELL/ KERNKOMPETENZEN Produkt Dienstleistung Marke/Beziehung Entwicklung/ Prozess Innovationsfähigkeit aktiv am Wandel beteiligen. Angelehnt an die Natur, in der die Gesetze der Evolution wie sie uns heute bekannt sind, auf der Abfolge von Mutation, Selektion und Retention basieren, werden nur solche Unternehmen eine gesicherte Zukunft haben, die sich nicht nur an aktuelle Marktsituationen anpassen können, sondern die bedeutsamsten Entwicklungen der Zukunft zu antizipieren in der Lage sind. Es gilt also Probleme der Zukunft zu erkennen und bereits heute die Lösungen dafür zu entwickeln. Das kybernetische Management-System lässt sich entsprechend heranziehen.2 Ist das zentrale Problem der Zukunft erst einmal erkannt, gilt es, unter Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen, bessere Problemlösungen zu entwickeln als die Konkurrenz und damit einzigartige Kompetenz sichtbar zu machen. III. Kernkompetenzen und Wettbewerbsvorteile als Basis für Erfolg Grundlage für jedweden unternehmerischen Erfolg sind zweifelsohne ein tragfähiges, verteidigungsfähiges und nicht frei verfügbares Geschäftsmodell und das Vorhandensein einzigartiger Fähigkeiten sprich Kernkompetenzen. Wettbe2 Vgl. Beer, Brain of the Firm – The Managerial Cybernetics of Organisation, 2. Aufl. 1995. 192 werbsvorteile können sich aus dem Produkt bzw. der Dienstleistung selbst, aus der Marke bzw. Beziehung zum Kunden, aus der Entwicklungsfähigkeit und nicht zuletzt aus der Innovationsfähigkeit ergeben. Der tatsächliche Erfolg eines Unternehmens leitet sich aus dem Verhältnis von erreichter Rendite, Wachstum und Unternehmensrisiko ab. Erfolg ist, wenn der Unternehmenswert nachhaltig gesteigert wird. Legt man nun die Maxime „Wir wollen nachhaltig, profitabel, mit vertretbarem Risiko, gesund wachsen!“ zugrunde, stehen wie in Abb. 1 dargestellt fünf Wachstumsoptionen zur Verfügung: das Wachstum im Kernmarkt mit bestehenden Produkten, das Wachstum im Kernmarkt mit neuen Produkten bzw. Kunden, geographisches Wachstum und das Wachstum durch Diversifizierung 3 , d.h. mit neuen Produkten in neuen Branchen sowie als fünfte Option service- oder produktbezogene Kooperation und Akquisition. Vergleicht man die Auswirkungen dieser fünf Optionen auf die langfristige Wachstumsfähigkeit eines Unternehmens, so erweist sich Diversifizierung als langfristig größter Hebel für organisches Wachstum. IV. Innovation als Grundlage für Wachstum Wenn Anpassung nicht mehr reicht, müssen Veränderungen vorausgesehen werden. Besser noch man eilt ihnen aktiv voraus. Aber wie erkennt man frühzeitig Nischen, in denen das Unternehmen überleben kann, und wie verhält man sich im Wandel? Nach Erkenntnissen der Evolutionstheorie verändert das flexibelste Glied in der Kette das ganze System. Langfristige und vor allem verteidigungsfähige Wettbewerbsvorteile erzielt ein Unternehmen nur, wenn es, wie in Abb. 2 ersichtlich, selbst die Schlüsselfaktoren des Markts verändert und relevante Veränderungen, die für die Kunden echten Nutzen bieten, in die Wertschöpfungskette des Markts einbringt. Nicht Benchmarking ist der Schlüssel zum Erfolg sondern Benchbreaking. Regeln brechen und Neues 3 Vgl. Ansoff, Corporate Strategy – An Analystic Approach to Business Policy for Growth and Expansion, 1965, S. 98 (99). CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 www.cf-fachportal.de Finanzierung Abb. 3: Trendbarometer Innovations-Cockpit wagen – Benchbreaker betreten neues Terrain und setzen neue Standards, an denen sich künftig die anderen Marktteilnehmer orientieren müssen. Diese Art der Koevolution operiert mit dem Bedarf von morgen, nimmt Erwartungen und Herausforderungen im Sinne einer selektiven Wahrnehmung geistig vorweg, um dadurch verteidigungsfähige Wettbewerbsvorteile aufzubauen. Innovation ist also der Schlüsselfaktor für langfristigen Erfolg. Wie aber etabliert man den Faktor Innovation funktionsfähig im Unternehmen und schafft mit ihm echten Mehrwert? Gelingen kann dies nur durch ein systematisches Innovationsmanagement und entsprechende Investitionen. Entgegen der verbreiteten Meinung, dass sich Innovation zufällig ereignet – hier werden gerne Erfindungen wie post it, Coca Cola oder Viagra angeführt, die allesamt spontan erfolgten – müssen Unternehmensinnovationen immer systematisch erarbeitet werden. Instrumente wie Innovations-Scouting und/oder Marktforschung sind unerlässlich. Die Nichtvorhersehbarkeit der Zukunft unbestritten, lässt sich mittels Trendforschung zumindest erkennen, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln. Bestes Beispiel ist der demografische Wandel – er zeichnet sich seit gut 40 Jahren ab und trotzdem haben wir erst CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 in den letzten Jahren begonnen, uns intensiver damit auseinanderzusetzen. V. Mit strategischer Planung ambitionierte Ziele erreichen Bevor Unternehmen in die Ideenfindungsphase mit zahlreichen Kreativitätstechniken einsteigen, sollte zunächst der gesamte Innovationsprozess vom Umfeldscanning über das Innovationsportfolio bis hin zum sog. Roadmapping klar strukturiert und ein offener Innovationsprozess im Unternehmen etabliert sein. Die zugrundeliegende Vision – wo will das Unternehmen hin – beinhaltet neben der branchen- und produktorientierten Ausrichtung immer das Ziel der Ertragssteigerung. Die strategische Planung zur Erreichung dieses Ziels erfordert die grundsätzliche Entscheidung der Stoßrichtung d.h. neue Kunden, neue Produkte und/oder Wachstum im Kernmarkt, unter Ausnutzung des bestehenden Potenzials mit entsprechendem Einfluss auf die Unternehmensstruktur bzw. Unternehmensorganisation, auf die Mitarbeiter und Kompetenzen und nicht zuletzt auf die Qualität des Outputs und sollte immer auf Basis fundierter Informationen, die durch ein permanentes 193 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 4: Ableitung des quantitativen Innovationsbedarfs: Die Wachstumslücke Gesamtumsatz Angestrebtes Wachstum Noch offene Wachstumslücke Rückgang der Nachfrage Wie viel davon ist durch Innovation zu schliessen? Substitutionen Geplante Aktivitäten bis 2020 Überalterte Produkte Entwicklung des existierenden Geschäfts 1. Kunden(segment) durchdringen 2. Neue Marktleistungen anbieten 3. Neue Kunden(segmente) erschliessen 4. Strategische Diversifikation Preisverfall Neue Wettbewerber 2015 2020 Wie hoch ist der Umsatz, der über die nächsten 5 Jahre durch Innovationen erreicht werden müsste? Trend-/Umfeldscanning entstehen, erfolgen. Sämtliche Überlegungen finden dabei auf Basis der bestehenden Ressourcen als sog. „operative Befähiger“ statt. Am Anfang steht also die Vision, das gemeinsame Zielfoto. Um ein „attraktives Bild einer möglichen Zukunft“ zu finden, muss man wissen wonach man sucht, bevor man die Suche beginnt. Unternehmen sind gut beraten, wenn sie sich bei der Ideenfindung ihrer Kernkompetenzen bewusst sind und diesen treu bleiben. Sie sind der genetische Code, die DNA eines Unternehmens. Eine strategische Vorgehensweise ist auch hier unabdingbar. Die Basis der Suche bildet die Frage nach den Wettbewerbsvorteilen von morgen. Wie muss sich das Unternehmen aufstellen, um auch künftig die Probleme seiner Kunden besser zu lösen als andere. Aufbauend auf den eigenen Kernkompetenzen kann das Unternehmen neue verteidigungsfähige, attraktive Wettbewerbsvorteile, d.h. Ideen entwickeln. Und gewinnen wird derjenige, der dem Kunden ein überlegenes Nutzen-Preis-Verhältnis (NPV) bieten kann! VI. Mögliche Innovationen erkennen Eine Idee ist also nichts anderes als das Erkennen eines Problems als Chance und das Anbieten der optimalen Lösung. Der Weg von der Idee zur Erfindung führt dann über deren konsequente Umsetzung. Voraussetzung für die Umsetzung wiederum ist die Prüfung auf Wirtschaftlichkeit, auf Erfindungshöhe und Neuheit. Die Erfindung bzw. Invention selbst kann entweder das fertige Produkt oder die patentfähige Beschreibung sein. Stellt sich die Frage, wann ist eine Erfindung eine Innovation? Wenn sie im Markt erfolgreich umgesetzt wurde, d.h. Invention + erfolgreiche Umsetzung = Innovation. Dabei gibt es unterschiedliche Formen von Innovation. Diese können inkrementell, signifikant oder radikal sein. Ein kundenorientiertes Geschäftsverständnis öffnet den Innovationsspielraum. Als Beispiel sei hier das Unternehmen Falk angeführt. Falk hat sich vom Produzenten von Stadtplänen zum Anbieter von „Services für mobile Menschen“ entwickelt. Auf der Strecke standen Entwicklungen wie Falk 194 Notebook Navigation, Falk Routenplaner, Falk Handy Navigation und aktuell Falk Mobile Navigation Organizers. Der Suchraum für innovative Marktleistungen bietet folgende Möglichkeiten: Innovationen im Umfeld des Kernprodukts, z.B. zusätzliche Leistungen entlang des Kundenprozesses, die Geschäftsmodellinnovation, d.h. ein völlig neues Geschäftsmodell oder die Variation einzelner Elemente der Werkkette, Innovation bezüglich des Kernprodukts wie neue Produktvarianten, echte Produktverbesserungen, ganz neue Produkte oder neue bzw. zusätzliche Verwendungszwecke. Immer die Erkenntnis vor Augen, dass der Kunde keine Produkte kauft, sondern den Nutzen der aus ihrer jeweiligen Funktion oder Anwendung entsteht. Am Anfang des Weges steht daher die Feststellung des quantitativen Innovationsbedarfs, d.h. der bestehenden Wachstumslücke. Die Ableitung des quantitativen Innovationsbedarfs ist in Abb. 4 dargestellt. Vom Status quo aus betrachtet stellt sich die Frage: Wie hoch ist der Umsatz, der über die nächsten fünf Jahre durch Innovation erreicht werden müsste? Wie viel davon ist realistisch durch Innovation zu schließen? Welche Aktivitäten sind bis 2020 geplant? Will man das Kundensegment durchdringen, neue Marktleistungen anbieten, neue Kundensegmente erschließen oder die strategische Diversifikation? Nicht zu vergessen die Betrachtung der aktuellen Entwicklung des existierenden Geschäfts. Geht die Nachfrage zurück? Was bremst das Geschäft? Sind die Produkte überaltet? Gibt es neue Wettbewerber? Gibt es fortschreitenden Preisverfall? Sind Substitutionen auf dem Markt? Und nicht zuletzt die wichtige Frage nach den „operativen Befähigern“: Welche Ressourcen stehen zur Verfügung? Wie hoch ist das Budget, das für Innovationen bereitgestellt werden kann? VII. Nicht mehr Ressourcen, sondern exzellentes Innovationsmanagement Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Entwicklung von Innovationen in den meisten Fällen mit bestehenden Ressourcen erfolgen soll und kann. Eine Untersuchung zu den VerbesCORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 www.cf-fachportal.de serungsmöglichkeiten durch Innovation über alle Industrien macht es deutlich: Die erfolgreichen Produkteinführungen pro Jahr erfuhren eine Steigerung um 28%, die Verkürzung von „time to market“ betrug 26% und der Umsatz stieg um 16%. Dies bei einer gleichzeitigen Reduktion der Entwicklungskosten um 15,1% und der Produktionskosten um ebenfalls 15,1%. Die absolute EBIT Marge über alle Industrien durch Produktund Service-Innovation erfuhr eine Steigerung um 6,9%.4 Fazit: Innovationsmanagement wirkt sich positiv auf Wachstum und Finanzergebnis aus und erfordert keine Erhöhung der Ressourcen. VIII. Integriertes Innovationsmanagement Bevor Unternehmen jedoch in die tatsächliche Ideenfindungsphase einsteigen, sollte zunächst der gesamte Innovationsprozess klar strukturiert sein und entsprechend etabliert werden. Die Erfahrungen aus der Beraterpraxis zeigen, dass es eigentlich selten an Ideen mangelt – die Frage ist eher, welche dieser Ideen, bei häufig beschränkten Budgets, umgesetzt werden sollen. In einem ganzheitlichen Ansatz lassen sich vier Komponenten im Innovationsmanagement benennen: Trend-Scouting und -Management, 5 strategische Vorausschau, 6 Ideenfindung und -bewertung7 und Roadmapping. Widmen wir uns an dieser Stelle dem Trend-Scouting und -Management. 8 Unter einem Trend wird eine signifikante, über einen bestimmten Zeitraum konstante, gleichgerichtete Entwicklung einer oder mehrerer Variablen verstanden. Trends stehen demnach für mittel- bis langfristige Entwicklungen im sozioökonomischen Unternehmensumfeld. Im Vergleich zu sog. „Moden“ oder „Hypes“ wirken sie mindestens fünf Jahre und haben signifikante Auswirkungen auf die sozioökonomische Unternehmensumwelt. Um neue Produkte und Dienstleistungen oder sogar ganze Geschäftsmodelle, zielgerichtet und mit der notwendigen Substanz entwickeln zu können, spielt ein tiefgreifendes Verständnis der eigenen Unternehmensumwelt – und damit der Trends in dieser – eine entscheidende Rolle. Unternehmen, die Trends erkennen und fortlaufend bewerten und interpretieren, können wesentlich zielgerichteter innovieren und damit dauerhaft Wettbewerbsvorteile sichern. Um Trends und Technologien zielgerichtet erkennen und gewinnbringend verarbeiten zu können, bedarf es einer soliden Struktur. Auf Basis bewährter Modelle wie STEEP oder PESTLE werden zunächst Megatrends identifiziert.9 Beispiele hierzu sind z.B. Digitalisierung, Individualisierung (der Kunde bestimmt das Produkt), Mobilität, Wissensgesellschaft oder das sog. Downaging. Auch Miniaturisierung (je kleiner je besser), Entschleunigung (mehr Zeit für mich) und Flexibilisierung (arbeite mit wem, wann und wo Du willst) können als Megatrends die Zukunft gänzlich neu prägen. Innerhalb eines Modells wie STEEP und zugeordnet zu den Megatrends werden kontinuierlich die für das Unternehmen relevanten Makrotrends identifiziert. Innerhalb dieser Mak4 5 6 7 8 9 Vgl. Arthur D. Little, Innovation Excellence Study, 2005. Vgl. Solomon, Bowling with a Crystal Ball: How to predict technology trends, create disruptive implementations and navigate them through industry, 2007. Vgl. Rohrbeck, Corporate Foresight: Towards a Maturity Model for the Future Orientation of a Firm, 2010. Vgl. Schnetzler, Die Ideenmaschine: Methode statt Geistesblitz – Wie Ideen industriell produziert werden, 2006 Vgl. Laube/Abele, Technologie-Roadmap: Strategisches und taktisches Technologiemanagement, Ein Leitfaden, Fraunhofer-Institut Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), 2006. Vgl. Keller/Kotler, Marketing Management, 12. Aufl. 2006. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung rotrends können dann die eigentlichen Trends und Technologien erfasst werden. Diese Trends und Technologien werden angereichert mit Quellen und Beispielen. Wer forscht an diesen Themen? Gibt es schon Patente? Existieren Prototypen oder Anwendungsbeispiele aus anderen Branchen? Auf diese Art und Weise entsteht Schritt für Schritt ein umfassendes Bild des Unternehmensumfeldes. Um die im Trend- und Technologie-Scouting generierten Daten auch nutzen zu können, ist ein aktives Trend-Management erforderlich. In diesem werden Trends bewertet und priorisiert. Erst dann können sog. Suchfelder gebildet werden, in denen das Unternehmen wachsen kann und möchte. In diesen Suchfeldern können dann zielgerichtet Produkt- und Dienstleistungsideen generiert werden. Zur Bewertung von Trends und Technologien sollte eine multidimensionale auf das Unternehmen zugeschnittene Bewertungsmatrix zur Verfügung stehen. Bewertungskriterien können etwa Reifegrad, Einfluss auf Zielmärkte, Wachstumspotenziale oder auch Gefahren für das Kerngeschäft sein. Die Bewertung sollte von mehreren Experten im und außerhalb des Unternehmens unabhängig und wiederkehrend vorgenommen werden. Sobald alle Trends bewertet wurden, ergibt sich ein Trend-Portfolio. In diesem lassen sich nun mögliche Handlungsfelder bzw. Suchfelder leicht identifizieren. Sie bilden die Grundlage für eine zukunftsgerichtete Innovationsstrategie. 1. Mit der Suchrichtung einen Schritt voraus Bei der Bestimmung der Suchrichtung innerhalb des definierten Trendportfolios sollte stets die Frage im Zentrum stehen: Was sind die zentralen Probleme unserer Kunden von morgen? Welche Bedürfnisse werden unsere Kunden oder potenziellen Kunden morgen, artikuliert oder unartikuliert, haben? Das Kano-Modell zur Veranschaulichung zentraler Kundenbedürfnisse gibt hier Hilfestellung. Am Beispiel Automobil lassen sich die Kundenbedürfnisse je nach Erfüllungsgrad der Anforderungen wie folgt definieren: Als Basisanforderung, die unartikuliert aber erwartet wird, kann das bloße Funktionieren der Fahrtechnik gesehen werden, als artikulierte und erwartete Leistungsanforderung ist der eingebaute Airbag zu benennen. Interessant wird es mit unartikulierten und unerwarteten Extras. Ein umfassendes interaktives Cockpit mit Navigation und Telefon erntet echte Begeisterung. Mit der Erfüllung des Begeisterungsgrades sind die Erwartungen des Kunden „übererfüllt“ – der Kunde ist begeistert. Er hat einen erkennbaren Vorteil und damit ein gutes Nutzen-Preis-Verhältnis. Innovationen sollten daher stets echten Kundennutzen bieten mit erkennbarem Vorteil und Wert für den Kunden. Vom Kunden wahrgenommene und für wichtig befundene Merkmale eines Produkts oder einer Dienstleistung verschaffen dem Unternehmen den gewünschten Wettbewerbsvorteil – vorausgesetzt die Rendite-RisikoBewertung ist ebenfalls positiv. 2. Die Überprüfung des Geschäftsmodells Dreh und Angelpunkt des gesamten Innovationsvorhabens ist – wie eingangs schon angedeutet – das eigene Geschäftsmodell also die modellhafte Beschreibung des Geschäftes. Die Beschreibung von Geschäftsmodellen soll helfen, die Schlüsselfaktoren des Unternehmenserfolgs zu erklären. Dies ist der genetische Code des Erfolgs. Im „Canvas“ mit den neun 195 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 5: System-Check am Beispiel Geschäftsmodell Apple Partner Musikproduze nten Aktivitäten Nutzenversprechen Hardwaredesign Switching costs Marketing Ressourcen Hardwaren produzente le Verträge Marke App r iTunes software Mitarbeite Grenzenkloses Musi is n b e rl e Umsatzströme Produ ktio GrenzenSoftw n k si u M are loses erlebnis & Marketing Vertrieb Bausteinen Partner, Aktivitäten, Ressourcen, Nutzenversprechen, Kundenbeziehungen, Kanäle, Kundensegmente, Kostenstruktur und Umsatzströme, lässt sich das aktuelle Geschäftsmodell systematische erfassen. Am Beispiel des kalifornischen Unternehmens Apple ist in Abb. 5 der SystemCheck dargestellt. 3. Die Innovationskultur als entscheidender Faktor Ein maßgeblicher Erfolgsfaktor bei der Installation von Innovationen sind die Grundüberzeugungen und Werte, die in einem Unternehmen gelebt werden. Eine Studie aus dem Jahr 2007 befasste sich mit der Frage, welchen Grundüberzeugungen/Werten messen Unternehmensleiter die höchste Priorität bei?10 Die Befragung von 350 Unternehmern führte zu dem Ergebnis, dass in innovationsstarken Unternehmen vor allem Humor, Ansehen des Innovativen, Freude am geistigen Experiment, partizipative Entscheidungsprozesse, niedriges Konfliktniveau, beweglicher Umgang mit Regeln und gegenseitiges Vertrauen im Mittelpunkt stehen. Dagegen priorisieren die innovationsschwachen Unternehmen Überzeugungen bzw. Begriffe wie Ausgaben für F&E, Entschlussfreudigkeit, Teamorientierung, Risikobereitschaft, Marktorientierung, Langfristorientierung, Rolle der Planung und die flexible Nutzung unerwarteter Innovationschancen. Dies zeigt deutlich, dass sich gelebte Werte wie Flexibilität, Offenheit und Vertrauen positiv auf die Innovationsbereitschaft eines Unternehmens auswirken. Eine Frage die sich alle innovationswilligen Unternehmen gleichermaßen stellen müssen: Passt die Kapitalverfügbarkeit und Risikobereitschaft zum Innovationsprozess? Vgl. Strecker, Innovation Strategy and Firm Performance – An empirical study of publicly listed firms, 2007. 196 Kanäle iTunes store Einzelhandel Kostenstruktur 10 Kundenbeziehungen Kundensegmente Lovemark Massen markt apple stores apple.com Hard w (Hoh are Ums e ätze ) Musik (Geringe Umsätze) IX. Fazit Innovation ist heute die Voraussetzung für Wachstum. Tatsächlich wird es Wachstum in der Form, wie wir es bislang kannten, nicht mehr geben. Wir werden lernen müssen mit anderen Formen des Wachstums zu leben. Qualitatives statt quantitatives Wachstum lautet die Formel. Innovation bietet die Möglichkeit auch in stagnierenden oder rückläufigen Märkten nachhaltig und profitabel zu wachsen. Dies gelingt in erster Linie durch Differenzierung. Innovationen müssen Kundenbedürfnisse – artikuliert und unartikuliert – mit technologischen Kompetenzen verbinden, um bereits heute Problemstellungen der Zukunft zu erkennen und zu lösen. Vor allem Innovationen in Geschäftsmodellen besitzen großes Veränderungspotenzial – im Markt und für das Unternehmen selbst. Und eines ist sicher: Die Digitale Transformation erfasst jedes Unternehmen und jede Branche. Wenn diese komplexe Außenwelt auf eine komplexe Innenwelt trifft, drohen chaotische Zustände. Deshalb sollten die internen Strukturen von Unternehmen so einfach wie möglich sein: übersichtlich, transparent, klar und flexibel. Einfacher ist genialer. So lassen sich auch innovationsbedingte Veränderungen besser an die Kultur und Organisation im Unternehmen anpassen. Auch bringt „Richtiges“ Innovationsmanagement strategische Herausforderungen mit sich, denn der Innovationsprozess ist durchaus mit Risiken verbunden. Bei der Bewältigung der anstehenden Problemstellungen spielt die Innovationskultur im Unternehmen eine entscheidende Rolle. Innovation muss gewollt sein. Und, ein erfolgreiches Unternehmen muss seine Sache besser machen als der Wettbewerb, muss die Spitzenleistung seines Könnens erbringen. Das ist die Grundlage jeder Differenzierung und jedes Erfolgs. Anders sein als alle Anderen – be different or die. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Wachstumsfinanzierung/Eigenkapitalfinanzierung/Kapitalkosten »CF0696455 Prof. Dr. Dirk Honold, Nürnberg Neue Formen der Eigenkapitalfinanzierung für Innovation & Wachstum – Strukturen, Risiko und Kapitalkosten Prof. Dr. Dirk Honold, ist Professor für Unternehmensfinanzierung an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm und Schriftleiter und Mitherausgeber von CORPORATE FINANCE. Er begleitet zudem Wachstumsunternehmen als Mitgründer, Aufsichtsrat, Beirat und Coach, insbesondere bei Eigenkapitalfinanzierungen. Kontakt: [email protected] Wachstumsprojekte sind häufig sehr kapitalintensiv und riskant. Zur Finanzierung ist daher i.d.R. Eigen- bzw. MezzanineKapital nötig. Reichen die im Unternehmen gebildeten Rücklagen nicht aus, muss externes Eigenkapital in das Unternehmen fließen. Minderheitsbeteiligungen, Beteiligungen über eine Projektzweckgesellschaft und Strukturierungen mit Venture Capital-Fonds bilden bei entsprechender Ausgestaltung einen sinnvollen Weg, die Wachstumsoption unter Erhalt der Unabhängigkeit des Unternehmens zu finanzieren. I. Einleitung Fortschreitende Globalisierung, disruptive Innovationen und sich verändernde Geschäftsmodelle stellen Mittelständler und Familienunternehmen heutzutage immer wieder vor große strategische Herausforderungen.1 Junge, innovative Unternehmen übernehmen in Teilen die Innovationsführerschaft bzw. verstehen es geschickt, durch neue Geschäftsmodelle in bestehende Märkte vorzudringen und neue Märkte zu schaffen. Des Weiteren ist ein zunehmendes Zusammenwachsen von „Old Economy“ und „New Economy“ zu beobachten. 2 Nachhaltiges Wachstum, in Form von Innovation 3 und Expansion, 4 bildet vor diesem Hintergrund einen wesentlichen Baustein, um wettbewerbsfähig zu bleiben und langfristig das Überleben des Unternehmens zu sichern.5 Teilweise werden jedoch betriebsund volkswirtschaftlich sinnvolle Wachstumsprojekte im etablierten Mittelstand nicht durchgeführt. 6 Ein Mangel an Eigenkapital inkl. eines nicht hinreichenden Spielraums der 1 2 3 4 5 6 Vgl. aktuell z.B. Commerzbank AG, Management im Wandel, 2015, S. 22 (25), abrufbar unter: https://www.unternehmerperspektiven.de/media/up/studien/15__studie/UP_15_Studie. pdf, Abruf am 02.05.2015. Vgl. Welter, FAZ, Nr. 37 vom 13.02.2015, S. 16; Nöll/Bonn, CF 2015 S. 228. In diesem Zusammenhang verdienen breakthrough- bzw. radikale Innovationen besondere Aufmerksamkeit. Vgl. dazu Shelton/Percival, Breakthrough innovation and growth, 2013, insb. S. 36 (37), abrufbar unter: https://www.pwc.ch/de/dyn_output.html?content.void=52801&collectionpageid=3764&containervoid=21412&comefromcontainer=true; Abruf am 02.05.2015. Vgl. Drucker, Innovation and Entrepreneurship, 1985, S. 134 (136). Vgl. Kaserer, Wachstum und Unabhängigkeit durch Eigenkapitalfinanzierung, 2009, S. 21 (22), abrufbar unter: http://deutscheboerse.com/dbg/dispatch/de/binary/gdb_content_pool/ imported_files/public_files/10_downloads/33_going_being_public/30_studies/Studie_ Wachstum_Unab_EK-Finanz.pdf, Abruf am 01.04.2015; Rammer/Spielkamp, Hidden Champions, 2015, S.1, abrufbar unter http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/docus/dokumentation1503.pdf, Abruf am 02.05.2015, Bartels/Müller/Schwettmann/von Au, Die Zukunft von Familienunternehmen, 2014, S. 17, abrufbar unter http://www.pwc.de/de/mittelstand/pwc-studie-ueber-diezukunft-von-familienunternehmen_gut-geruestet-fuer-schwierige-aufgaben.jhtml, Abruf am 02.05.2015, Weissman/Wegerer, CF 2015 S. 191 (196). Vgl. Hud/ Rammer, Innovation Budgeting over the Business Cycle and Innovation Performance, 2015, S. 12 (14), abrufbar unter http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp15030.pdf, Abruf am 02.05.2015. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Innenfinanzierung und hohe Risiken der Projekte gehören zu den Hauptgründen dafür.7 Eine alternative Finanzierung durch externes Eigenkapital wird aber insbesondere bei Familienunternehmen unter anderem aufgrund der mit der Beteiligung einhergehenden Rechte für die neuen Kapitalgeber sowie des häufig beklagten Renditedrucks und der „Exitproblematik“ bei der Finanzierung durch Finanzinvestoren häufig sehr kritisch gesehen. 8 Durch die Wahl der richtigen Finanzierungsform und deren geschickten Strukturierung ist es für Unternehmen jedoch möglich, diese Hindernisse zu überwinden und den strategischen Handlungsspielraum durch externes Eigenkapital zu erweitern. Dieser Beitrag befasst sich mit innovativen Möglichkeiten der Eigenkapitalfinanzierung von Wachstumsprojekten, mit dem Fokus auf die Ausgestaltung aus Unternehmenssicht und den Auswirkungen auf Risiko und Kapitalkosten unter Berücksichtigung des Erhalts der Unabhängigkeit des Unternehmens. Kapitel II gibt einen Überblick über die verschiedenen Kapitalarten sowie deren unterschiedlichen Einsatz- und Ausgestaltungsmöglichkeiten. Kapitel III setzt sich mit bisher wenig bekannten Modellen zur Finanzierung von Wachstumsprojekten auseinander. Dabei wird insbesondere die Ausgestaltung der Finanzierungsmodelle beleuchtet und auf deren unterschiedlichen Auswirkungen auf Rendite und Risiko aus Sicht des Unternehmens eingegangen. Abschließend fasst Kapitel IV den Beitrag zusammen. II. Kapitalarten, Ausgestaltung und Umverteilungsmechanismen Grundsätzlich können wachstumsfördernde Investitionen mit Eigen-, Fremd- und Mezzanine-Kapital finanziert werden, wobei Mezzanine je nach Ausgestaltung mehr Eigen- oder Fremdka7 8 Vgl. Stiftung Familienunternehmen, Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen, 2014, S.53, abrufbar unter: http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/gutachten/2014_ Studie_VolkswirtschaftlicheBedeutungFamilienunternehmen.pdf, Abruf am 01.04.2015; Zimmermann, KfW-Innovationsbericht Mittelstand 2014, 2015, S.6, abrufbar unter: https://www. kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Innovationsbericht/ KfW-Innovationsbericht-Mittelstand-2014.pdf, Abruf am 01.04.2015; Arend/Zimmermann, Innovationshemmnisse bei kleinen und mittleren Unternehmen, 2009, S. 57 (68), abrufbar unter: https://www.kfw.de/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Schwerpunkt-Sonderthemen/Per-43-Innovationshemmnisse-bei-KMU.pdf, Abruf am 01.04.2015. Vgl. auchWelter et al., Das Zukunftspanel Mittelstand, 2014, S. 9, 15, 20, abrufbar unter http://www. ifmbonn.org/publikationen/ifmmaterialien/publikationendetail/?tx_ifmstudies_publicatio ndetail%5Bpublication%5D=492&cHash=ea704c42ab79445f6ce2a511c0a53aec, Abruf am 02.05.2015 sowie Hottenroth/Peters, Review of Economics and Statistics 2012 S. 1126 (1142). Vgl. Achleitner/Poech/Groth, Beteiligungskapital als Finanzierungsalternative für mittelständische Unternehmen, 2005, S. 16 (19), abrufbar unter: https://www.muenchen.ihk.de/de/ presse/Anhaenge/Studie-Beteiligungskapital.pdf, Abruf am 01.04.2015; Achleitner/Schraml/ Tappeiner, Private Equity in Familienunternehmen, 2008, S.24 (26), abrufbar unter: http:// www.familienunternehmen.de/media/public/pdf/publikationen-studien/studien/Studie_Stiftung_Familienunternehmen_Minderheitsbeteiligungen.pdf, Abruf am 01.04.2015; Ebner Stolz Management Consultants/Wolf Häcker Finanzconsulting, Finanzierung im Mittelstand Studie 2014, 2014, S. 26 (27), abrufbar unter: http://www.whf-ag.de/assets/uploads/media/Finanzierug%20im%20Mittelstand%20-%20Studie%202014_final_web.pdf, Abruf am 01.04.2015; vgl. auch Zimmermann, CF 2015 S.183 (190). 197 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 1: Finanzierungsanlässe und passende Kapitalarten Anteil Aufwand vs. Aktivierung Risiko Aufwand gegen EK Innovation Expansion Umlaufvermögen Anlagevermögen Aktivierung Fremdkapital (< 10%) Mezzanine (5-25%) pital-Charakter haben kann.9 Doch nicht jede Kapitalart eignet sich gleichermaßen für den jeweiligen Finanzierungsanlass. Des Weiteren beeinflusst die Wahl der Kapitalform und die Ausgestaltung der Finanzierung die Zahlungsströme sowie die Risikoverteilung zwischen Unternehmen und Kapitalgeber. 1. Differenzierung der Kapitalarten nach Finanzierungsanlass Aus Finanzierungssicht sollte nach der allgemein bekannten Fristenkongruenz10 agiert werden.11 Bei der Finanzierung von Wachstum ist aber insbesondere auch eine Risikokongruenz zu beachten. Dementsprechend sollte die Betrachtung der Investitionen dahingehend ergänzt und differenziert werden. Zu diesem Zweck wird hier zwischen Investitionen in das Anlageund Umlaufvermögen sowie in Expansions- und Innovationsprojekte unterschieden. Bei Investitionen in das Anlage- oder Umlaufvermögen ist eine Finanzierung durch Fremdkapital gut möglich, da der Investition ein Wert in der Bilanz gegenübersteht. Das verwendete Kapital wird überwiegend aktiviert und im Falle von Anlagevermögen i.d.R. über viele Jahre abgeschrieben. Die erworbenen Aktiva können daher auch teilweise als Sicherheit für den Fremdkapitalgeber eingesetzt werden. Bei Expansions- und Innovationsprojekten ist dies i.d.R. anders. Häufig sind hohe Investitionen z.B. für Forschungsprojekte oder zur Erschließung eines neuen Markts nötig, welche sich zu großen Teilen als Aufwand auf die Ergebnisrechnung auswirken und somit das Eigenkapital verringern. Das investierte Kapital wird somit kaum oder gar nicht auf der Aktivseite der Bilanz angesetzt.12 Zudem ist zweifelhaft, ob Fremdkapitalgeber aktivierte Herstellungskosten z.B. in Form von Entwicklungsaufwendungen als Sicherheit anerkennen. Neben dem Mangel an Sicherheiten bergen Wachstumsinvestitionen meist ein für klassische Darlehensgeber zu hohes Risiko hinsichtlich des Projekterfolgs. Daher scheidet Fremdkapital zur Finanzierung 9 10 11 12 Für eine genaue Betrachtung der unterschiedlichen Finanzierungsformen und deren Ausgestaltung vgl. z.B. Breuer, Finanzierung, 3.Aufl. 2013, S. 9 (39). Für eine ausführliche Definition von Mezzanine-Kapital vgl. z.B. auch Natusch, in Häger/Elkemann-Reusch (Hrsg.), Mezzanine Finanzierungsinstrumente, 2. Aufl. 2007, S. 23 (58). Vgl. z.B. Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 6. Aufl. S. 116 (117). Jedoch schenken Familienunternehmen dieser „goldenen Finanzierungsregel“ teilweise weniger Beachtung und finanzieren langfristige Projekte tendenziell häufiger mit kurzfristigem Kapital als Nicht-Familienunternehmen. Vgl. Peters/Westerheide, Short-term Borrowing for Longterm Projects, 2011, S. 11 (13), abrufbar unter: http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp11006. pdf, Abruf am 01.04.2015. Für den Fall, dass Entwicklungsaufwendungen aktiviert werden, sind diese i.d.R. aber oft nicht beleihbar bzw. durch Fremdkapital finanzierbar. 198 Eigenkapital (7-50%) Kapitalkosten p.a. solcher Projekte i.d.R. aus.13 Meist nehmen lediglich Eigen- und zum Teil Mezzanine-Kapitalgeber solch ein Wagnis in Kauf. Abb. 1 veranschaulicht schematisch, welche Kapitalarten für welche Finanzierungsanlässe bei risikokongruenter Finanzierung geeignet erscheinen und welcher tendenzielle Anteil der Investition als Aufwand gilt bzw. in der Bilanz aktiviert wird. Entsprechend des hohen Risikos der Investition liegen die risikoadäquaten Kapitalkosten für Eigen- und Mezzanine-Kapital grundsätzlich deutlich höher als bei Fremdkapital. Dabei sei erwähnt, dass in diesem Zusammenhang neben dem Projektrisiko (Investitionsrisiko) auch das Finanzierungsrisiko mit berücksichtigt werden muss, denn umso höher der Verschuldungsgrad ist (Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital), desto höher ist auch das Ausfallrisiko für die Eigenkapitalgeber. Daraus resultiert eine vom operativen Risiko (Investitionsrisiko) unabhängige Erhöhung der Eigenkapitalkosten.14 Nach Erfahrungen des Autors wird dies nicht von allen Marktteilnehmern in Gänze reflektiert und kann daher zu Fehlentscheidungen beitragen. Wird von Unternehmensseite festgestellt, dass nicht mehr alle wertschaffenden Innovations- und Expansionsprojekte intern durch Eigenfinanzierung inkl. Thesaurierung finanzierbar sind, sollte Eigenkapital von außen kommen. Kann ein Misserfolg des geplanten Projekts zur Gefährdung des ganzen Unternehmens führen bzw. wollen die bisherigen Eigentümer das hohe Risiko nicht alleine stemmen, muss ein Investor gefunden werden, der nicht nur als Kapitalgeber sondern auch als wesentlicher Risikoträger fungiert. Auch bei Eigenkapital gibt es hier fundamentale Unterschiede, inwieweit das Eigenkapital das volle Risiko trägt. Dies wird im Verlauf noch genauer beschrieben. Die Kapitalakquise gestaltet sich unter gewissen Voraussetzungen schwierig. Vor allem bei kapitalintensiven Projekten mit langer 13 14 Vgl. auch Kaserer, a.a.O. (Fn. 5), S. 22 (23), 59. Ergebnisse aus dem KfW-Mittelstandspanel 2013 untermauern diese Aussage zusätzlich. Hier lag der durchschnittliche Anteil der Innovationsaufwendungen bei KMU, der durch Bankdarlehen finanziert wurde, bei lediglich 7%. Vgl. Zimmermann, KfW-Mittelstandspanel 2013: Wie Mittelständler ihre Innovationen finanzieren, 2014, S. 2 (3), abrufbar unter https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/ PDF-Dokumente-Fokus-Volkswirtschaft/Fokus-Nr.-50-April-2014.pdf, Abruf am 01.04.2015. Erstmalig wurde dies 1958 von Modigliani/Miller in deren Art. „The Cost of Capital, Corporation Finance and the Theory of Investment“ dargestellt. Vgl. Modigliani/Miller, American Economic Review 1958 S.261 (297). Neben dem Umstand, dass die Eigenkapitalkosten eines Unternehmens mit steigendem Verschuldungsgrad ansteigen, wird außerdem beschrieben, dass die Kapitalstruktur keinen Einfluss auf den Unternehmenswert besitzt und die durchschnittlichen Kapitalkosten unabhängig vomVerschuldungsgrad gleich bleiben. Diese Aussagen beziehen sich auf eine Betrachtung ohne steuerliche Effekte unter der Prämisse eines vollkommenen Kapitalmarkts. Werden jedoch Steuern in das Modell miteinbezogen sinken die durchschnittlichen Kapitalkosten mit steigendem Verschuldungsgrad und der Unternehmenswert erhöht sich um die ewige Rente der Tax Shields. Vgl. Modigliani/Miller, American Economic Review 1963 S. 433 (443). CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Finanzierungsdauer und hohem Risiko ist Eigenkapital in Deutschland fast gar nicht verfügbar, selbst wenn eine risikoadäquate Verzinsung in Aussicht gestellt wird.15 Generell gilt, dass sich die Verfügbarkeit von Eigenkapital mit steigendem Finanzierungsvolumen, Risiko und der Finanzierungsdauer tendenziell verschlechtert.16 Der Würfel in Abb. 2 veranschaulicht dies für verschiedene Kombinationen. Vor allem für Innovationsprojekte, welche extern finanziert werden müssen, stellt dies oft ein Problem dar. Abb. 2: Charakteristika des Projekts nach Finanzierungsvolumen und -dauer sowie Ausfallwahrscheinlichkeit >8 52- 3J 8J Ja hr ah ah e re re n ru zie an Fin er au d gs > 50% AusfallRisiko des 10–50% Projekts < 10% Finanzierungsvolumen < 10 Mio. € 10 - 50 Mio. € > 50 Mio. € Verfügbar Schwerer verfügbar Sehr schwer verfügbar Fast gar nicht verfügbar So können hoch innovative Projekte großer deutscher Familienunternehmen und des Mittelstands mit Ausfallwahrscheinlichkeiten von über 50% und Finanzierungsvolumina von mehr als 50 Mio. € – wenn überhaupt – wahrscheinlich nur mit Hilfe internationaler Investoren finanziert werden, soweit keine interne Finanzierung möglich ist.17 Hintergrund sind die Positionierungen der verschiedenen Kapitalgeber im Private Equity- und Venture Capital Markt bzw. deren Stärke. Kapital ist grundsätzlich genügend vorhanden, aber bei einem Ausfallsrisiko von 20% oder sogar 50%, sind nur Anbieter von Venture Capital (VC) mögliche Kapitalgeber: Und dieses Kapital ist in Deutschland nur sehr begrenzt verfügbar.18 Außerdem ist erschwerend eine Verlagerung der Präferenzen von VC-Investoren, von hochriskanten Investments hin zu weniger risikobehafteten Beteiligungsmöglichkeiten, zu beobachten.19 15 16 17 18 19 Dies hat der Autor in einigen Projekten bei der weltweiten Suche erfahren müssen und war somit ein wesentlicher Motivationsgrund für die vorgelagerte Konferenz und diesen Beitrag. Dies wird z.B. auch bei Betrachtung der aktuellen Finanzierungslandschaft in der deutschen Biotechnologie-Branche deutlich, woWachstumsprojekte i.d.R. über einen langen Zeitraum einen sehr hohen Kapitalbedarf bei einhergehendem hohem Ausfallrisiko haben. Hier fehlt deutschen Biotech-Unternehmen massiv Kapital zur Finanzierung solcher Projekte. Vgl. Ernst & Young, Deutscher Biotechnologie-Report 2014, 2014, S. 20 (22), abrufbar unter: http://www.biodeutschland.org/ tl_files/content/dokumente/biothek/2014/EYBiotechReport_D_2014.pdf, Abruf am 01.04.2015. Diese Einschätzung basiert auf Erfahrungen des Autors. Laut einer Studie der EVCA wurden 2013 lediglich 0,02% des deutschen BIP in Venture Capital investiert. Damit liegt Deutschland im europäischen Mittelfeld. Vgl. EVCA, 2013 European Private Equity Activity, 2014, S. 45, abrufbar unter: http://www.evca.eu/media/142790/2013european-Private Equity-activity.pdf, Abruf am 01.04.2015. Vgl. Hummel/Karcher/Schultz, Journal of Business Economics 2013 S. 489. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 2. Ausgestaltung der Finanzierung und resultierende Risikoverteilung Erfolgt die Finanzierung in Form einer Beteiligung, haben neben der Bewertung auch verschiedene Sonderrechte Auswirkungen auf den Wert des jeweiligen Unternehmensanteils. Wird vom Investor ausschließlich „reines“ Eigenkapital 20 zur Verfügung gestellt, entwickelt sich der Wert der Beteiligung immer proportional zum Wert des Projekts. Werden jedoch mezzanine Finanzierungsinstrumente wie stille Beteiligungen, Genussrechte, partiarische Darlehen oder Wandeldarlehen mit eingesetzt, besteht dieser Zusammenhang oft nicht mehr bzw. nur teilweise, da sich die Auszahlungsstruktur je nach Ausgestaltung der Beteiligung (z.B. Verzinsung, Gewinnbeteiligung, Wandlungsrecht) verändert.21 Das Gleiche gilt für Cashflow-relevante Sonderrechte, welche häufig bei Eigenkapitalfinanzierungen mit hoher erwarteter Ausfallwahrscheinlichkeit zum Einsatz kommen.22 So gewähren z.B. Liquidationspräferenzen, ein oftmals bei Wachstumsfinanzierungen vereinbartes Sonderrecht, eine vorrangige Bedienung des Investors beim Exit, noch bevor die übrigen Anteilseigner am Erlös beteiligt werden. Erst nachdem der externe Kapitalgeber sein Investment oder sogar ein Mehrfaches davon zurückerhalten hat, wird der verbleibende Resterlös pro-rata unter allen Gesellschaftern verteilt. Dies kann insbesondere bei niedrigeren ExitErlösen zu einer, im Vergleich zur Anteilsquote, überproportionalen Partizipation des Investors führen.23 Als Gegenleistung für das reduzierte Risiko könnte bspw. eine höhere Bewertung und eine daraus resultierende niedrigere Anteilsquote für den Investor verhandelt werden, was bei hohen Werten zu einer geringeren Erlösbeteiligung im Vergleich zu einer direkten Beteiligung ohne Sonderrechte führt.24 Neben Liquidationspräferenzen können auch Kauf- und Verkaufsoptionen25 (im Folgenden auch Call- und Put-Optionen genannt) mit vorab vereinbarten Ausübungspreisen oder Vorzugsdividenden26, welche bei Nichtentrichtung während der Beteiligungsdauer kumuliert beim Exit vorrangig an den Investor ausgeschüttet werden, das Cashflow-Profil der jeweiligen Parteien wesentlich beeinflussen. Die bisher beispielhaft genannten Sonderrechte haben gemein, dass sie ihre Wirkung beim Exit entfalten und dabei unabhängig von der Anteilsquote des Investors sind. Insbesondere bei einer gestaffelten Finanzierung27, bei der das Kapital über einen gewissen Zeitraum in Tranchen bereitgestellt wird, werden häufig Sonderrechte vereinbart, die nicht erst beim Exit, sondern schon während der Beteiligungsphase greifen. Zeigt sich bspw. bei einer Bewertung des Projekts im Zuge einer Folgefinanzierungsrunde, dass die Zukunftspotenziale des Projekts in der 20 21 22 23 24 25 26 27 Zur Definition des Terminus „reines Eigenkapital“ vgl. Drukarczyk/Lobe, Finanzierung, 11. Aufl. 2015, S. 298 (301). Zur Pay-off-Struktur von Eigen- und Fremdkapital sowie Wandeldarlehen vgl. Müller-Känel, Mezzanine Finance, 3. Aufl. 2009, S. 34. (52). Zur Auszahlungsstruktur von stillen Beteiligungen vgl. Wendels/Keienburg/Sievers, European Financial Management 2011 S. 467 (471). Zu Cashflow-Rechten im Detail vgl. Simon, DerWert von Beteiligungsverträgen, 2010, S. 226 (454). Die Ausführungen beziehen sich auf eine Participating Liquidation Preference. Vgl. Honold, CF 2014 S. 223. Zur Wirkungsweise von Liquidationspräferenzen und den unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten vgl. auch Hoffmann/Hölzle, FB 2003 S. 113 (120); Simon, a a.O. (Fn. 22), S. 346 (373), Weitnauer, Handbuch Venture Capital, 4. Aufl. 2011, S.340 (341). Dies ist sicherlich teilweise verhandelbar, wenn die Beteiligung nicht nur am Projekt, sondern am Gesamtunternehmen erfolgt. Zum Trade-off zwischen Anteilsquote und Sonderrechte vgl. auch Honold, CF 2014 S. 220 (236) und Honold/Oed in Günther/Kirchhof (Hrsg.), Leitfaden für Business Angels, 2012, S. 174 (177). Zur Definition von Kauf- und Verkaufsoptionen vgl. Hull, Optionen, Futures und andere Derivate, 7. Aufl. 2009, S. 29 (31). Vgl. Simon, a.a.O. (Fn. 22), S. 374 (388). Vgl. Gompers/Lerner, The Venture Capital Cycle, 2. Aufl. 2004, S.171 (200). 199 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 3: Wert und Risiko in Abhängigkeit der Ausgestaltung 0% Unternehmen Wert des Projekts in € 0% Investor mit reduziertem Risiko Investor Unternehmen Wert des Projekts in € Vergangenheit zu optimistisch eingeschätzt wurden, wirkt sich dies negativ auf den Wert der Beteiligung aus. Anti-DilutionKlauseln schützen den Investor teilweise oder unter Umständen sogar vollständig vor einem dadurch entstehenden Wertverlust. 28 Auch in Verbindung mit Mitverkaufsverpflichtungen 29 (Drag-Along-Right), deren Ausübung häufig an Anteilsquoten gebunden ist, können Anti-Dilution-Klauseln unter Umständen zu einer Veränderung der Machtverhältnisse führen. Je nach Ausgestaltung der Finanzierung resultieren verschiedene Risikoverteilungen zwischen Investor und Unternehmen. Abb. 3 veranschaulicht dies anhand von drei „Extremvarianten“ und der jeweiligen Verteilungsmuster der Exiterlöse zwischen Investor und Unternehmen in Abhängigkeit des Projektwerts. Die linke Verteilung in Abb. 3 stellt eine volle Risikopartnerschaft zwischen Unternehmen und Investor dar, es erfolgt keine Umverteilung von Risiko bzw. Cashflows (entspricht einer direkten Beteiligung ohne Sonderrechte). Im mittleren Bild wird ein Teil des Risikos der Beteiligung auf das Unternehmen bzw. den Alteigentümer abgewälzt. Die Reduktion des Risikos und Erhöhung der Rendite bei geringen Werten des Projekts wird durch eine etwas geringere Rendite für den Investor bei hohen Werten des Projekts ausgeglichen. Dies zeigt sich in den, im Vergleich zwischen linkem und mittlerem Bild, unterschiedlich großen Flächen. Die Grafik rechts beschreibt den zur mittleren Grafik gegenteiligen Fall, in welchem der Investor mehr Risiko übernimmt, dafür im Erfolgsfall aber zusätzlich profitiert. Für die Praxis ist insbesondere der zweite Fall, die Risikoabwälzung vom Investor auf das Unternehmen, üblich. Dies kann bspw. durch den Einsatz von Liquidationspräferenzen oder der Auszahlung eines Teils des Eigenkapitals als Wandeldarlehen bzw. stille Beteiligung geschehen. Entsprechend dieser Darstellung von Risikoverteilungen werden im Folgenden typische Strukturen diskutiert, welche die Unterschiede veranschaulichen sollen. III. Finanzierungsmodelle zum Erhalt der strategischen Optionen für Unternehmen Das Innovations- bzw. Expansionsprojekt hat für das Unternehmen oft eine strategische Bedeutung. Der Zugriff auf das 28 29 Liegt der ermittelte Anteilspreis unter dem der vorigen Finanzierungsrunde (Down-Round), wird die Anti-Dilution-Klausel ausgeübt. Je nach Ausgestaltung erhält der Investor nun so viele neue Anteile zum Nennwert, bis der Wertverlust vollständig bzw. teilweise beglichen wurde. Zu den Ausgestaltungsmöglichkeiten von Anti Dilution Klauseln in Form von Full Ratchet- bzw. Weighted Average-Ausgestaltungen vgl. von Einem/Schmid/Meyer, BB 2004 S. 2702 (2706); von Einem/Schmid/Meyer, FB 2003 S. 879 (883). Zur Veranschaulichung der teils massiven Auswirkungen einer Full-Ratchet-Ausgestaltung hinsichtlich der Gesellschafterstruktur zuungunsten der Altgesellschafter anhand eines Beispiels vgl. Honold, CF 2014 S. 228 (235). Vgl. Weitnauer, a.a.O. (Fn. 23), S. 337 (338). 200 100% Erlöspartizipation in % Investor 100% Erlöspartizipation in % Erlöspartizipation in % 100% Volle Risikopartnerschaft 0% Investor mit erhöhtem Risiko Investor Unternehmen Wert des Projekts in € Projekt ist daher i.d.R. essentiell. Das Gleiche gilt, wenn sich das Unternehmen an einem jungen, innovativen Unternehmen beteiligt 30 und dessen Innovation oder Geschäftsmodell später in das Unternehmen integrieren möchte. 31 Daher werden im Folgenden ausschließlich Finanzierungsmodelle diskutiert, die den Erhalt der strategischen Option zur Erweiterung des Handlungsspielraums des Unternehmens sicherstellen und somit ein langfristiges, nachhaltiges Wachstum ermöglichen. Konkret bedeutet dies, dass das Unternehmen immer die Möglichkeit haben muss, das Wachstumsprojekt im Erfolgsfall zu 100% in die eigenen Strukturen zu integrieren. 1. Vorüberlegungen zur Auswahl des geeigneten Finanzierungsmodells Ausgangspunkt der Überlegungen sind die Charakteristika des Projekts. Es muss hinterfragt werden, wie diese zum Unternehmen passen. Neben einer Beurteilung der wertschöpfenden Prozesse (Entwicklung, Produktion, Vertrieb) und dem strategischem Fit 32, sind insbesondere monetäre Gesichtspunkte in Form des Rendite-/Risiko-, Auszahlungs- und Free-CashflowProfils entscheidend für die Auswahl des geeigneten Finanzierungsmodells und dessen Ausgestaltung. Dabei sind unter anderem Einschätzungen bezüglich Kapitalbedarf, Projektdauer, Cash-Break-Even sowie Erfolgswahrscheinlichkeit des Projekts und der zu erwartenden Rendite nötig. In Abb. 4 werden die Profile dargestellt: Das Free-Cashflow-Profil veranschaulicht den (Eigen-)Kapitalbedarf über die Projektdauer. In der Grafik entspricht dieser der Fläche unter der horizontalen Achse. Beim Auszahlungsprofil wird von einer Bereitstellung des Finanzierungsvolumens in meilenstein-abhängigen Tranchen ausgegangen, um so bei einer negativen Entwicklung das Wachstumsprojekt auch früher beenden zu können. Dadurch sinkt 30 31 32 Ein Beispiel stellt die Mehrheitsbeteiligung der WITTENSTEIN AG an der attocube systems AG, einem Spin-Off der Ludwig-Maximilians-Universität München, dar. Siehe für nähere Einzelheiten dazu die Pressemitteilung vom 02.09.2008, abrufbar unter: http://www.pressebox.de/pressemitteilung/wittenstein-ag/WITTENSTEIN-AG-in-Igersheim-erwirbt-Mehrheit-an-attocubesystems-AG-Muenchen/boxid/201461, Abruf am 01.04.2015. Hier können im Markt Minder- und Mehrheitsbeteiligungen beobachtet werden, wobei vonseiten der Start-ups oft auch der komplette Verkauf im Erfolgsfall gewünscht ist. Familienunternehmer steigen hier teilweise auch zunächst als Business Angel ein und erweitern ihre Beteiligung im Zeitverlauf. Erst bei hinreichendem Projektfortschritt wird das strategische Interesse in Folgefinanzierungsrunden bekundet und oft z.B. mit Kooperationsverträgen zusätzlich ausgefüllt. Eine Vielzahl weiterer, interessanter Fragestellungen zur Ausgestaltung sollen hier nicht weiterverfolgt werden, um den Fokus auf der Finanzierung zu belassen. Zur Ausgestaltung der unterschiedlichen vertraglichen Bestandteile vgl. Winzer, Forschungs- und Entwicklungsverträge, 2. Aufl. 2011; Missling, in Weitnauer, a.a.O. (Fn. 23), S. 382 (388). Auf eine weiterführende Analyse wird hier aus Platzgrünen verzichtet. Vgl. Weissman/Wegerer, CF 2015 S. 191 (196). CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de das Risiko, die mit dem Projekt erzielbare Rendite steigt und als Konsequenz erhöht sich die Finanzierbarkeit des Projekts. Das Rendite-Risiko-Profil gibt durch den Erwartungswert und die Standardabweichung Aufschluss über die zu erwartende Renditeverteilung und dem einhergehenden Risiko des Projekts. Abb. 4: Schematische Darstellung: Free-Cashflow-, Auszahlungs-, Risiko- und Rendite-/Risikoprofil des Projekts € Free-Cashflow-Profil Free Cashflow 0 Projektdauer (Eigen)-Kapitalbedarf Auszahlungsprofil Erfolg Meilensteine Kapital Fortführung (FF) Kapital Kapital FF 60%* 40%* Abbruch FF 60%* 40%* Abbruch 10%* Abbruch Projektdauer * Eintrittswahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit FF 90%* Rendite-/Risikoprofil Standardabweichung -100% Erwartungswert des Projekts IRR Durch entsprechende Analyse können daraufhin bspw. die Fragen beantwortet werden, welche Risikopartnerschaft mit dem neuen Kapitalgeber gesucht ist und ob das Projekt überhaupt die risikoadäquaten Kapitalkosten innerhalb der vorgesehenen Finanzierungsdauer decken kann. Speziell diesem Punkt ist besonders große Aufmerksamkeit zu widmen, da der erwartete Wert des Projekts wesentlich den Handlungsspielraum bei der Finanzierung und der späteren Ablösung bestimmt. Ist abzusehen, dass der Wert des Projekts bis zum Ende der Beteiligungsphase nicht die Kapitalkosten des Kapitalgebers decken kann, ist es nötig, zusätzliche Risikopuffer der Muttergesellschaft oder deren Eigentümer miteinzubeziehen, was einer Risikoumverteilung entspricht und damit implizit die erwartete Rendite des Investors verringert. Das Gleiche gilt zur Finanzierung der Ablösung der Beteiligung im Erfolgsfall, wo dann ein anderes Rendite-Risiko-Profil des Projekts vorliegt. Je nachdem wo das Projekt aus Unternehmensperspektive angesiedelt ist, können Finanzierungsmodelle grundsätzlich in interne und externe Modelle untergliedert werden. Beim internen Modell ist das Projekt von Anfang an im Unternehmen eingegliedert. Unter Berücksichtigung des Erhalts der Unabhängigkeit des Unternehmens kann die Finanzierung durch Eigenfinanzierung oder durch eine Minderheitsbeteiligung eines externen Kapitalgebers am Unternehmen erfolgen. Im CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Falle des externen Modells wird das Projekt in eine Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, im Folgenden mit SPV abgekürzt) ausgelagert bzw. ein Joint Venture mit einem strategischen Partner gegründet in dem das Projekt gemeinsam verfolgt wird. Einen Spezialfall des externen Modells bildet das Fondsmodell mit Kaufoption für das Mutterunternehmen, innerhalb dessen das Projekt über einen Venture Capital-Fonds (im Folgenden mit VC-Fonds abgekürzt). Dabei kann dies ein externer VC-Fonds oder ein durch das Unternehmen betriebener Corporate VC-Fonds sein. Im Folgenden wird der Fokus beim internen Modell auf Minderheitsbeteiligungen und beim externen Modell auf die Zwischenschaltung eines SPV sowie auf die Finanzierung des Projekts durch einen externen VC-Fonds mit Kaufoption für das Mutterunternehmen gelegt (im Folgenden mit VC-Fondsmodell abgekürzt). Corporate VC-Fonds, Joint Venture- und Lizenzmodelle werden im weiteren Verlauf nicht näher betrachtet, da die in der Praxis bekannten Ausgestaltungen sehr verschieden sein können und die Finanzierung der Wachstumsoption bei diesen Formen teilweise nicht im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Bei allen Finanzierungsmodellen müssen die Implikationen betrachtet werden. Dies gilt aus strategischer, ökonomischer, rechtlicher, bilanzieller und steuerlicher Sicht.33 So kann ein nicht nach Plan verlaufendes Projekt den Kontrollverlust oder sogar den Verlust des gesamten Unternehmens bedeuten. Ein Risiko, das Gesellschafter häufig davon abhält, externes Eigenkapital mit ins Boot zu nehmen. Dem kann jedoch durch eine geschickte Strukturierung der Finanzierung schon im Voraus begegnet werden. 2. Internes Modell: Minderheitsbeteiligung Minderheitsbeteiligungen 34 stellen ein probates Mittel dar, Expansions- und Innovationsprojekte zu finanzieren.35 Das Interesse, insbesondere durch mittelständische Unternehmen, ist in den letzten Jahren stark angestiegen,36 sodass es immer mehr Private Equity-Gesellschaften und Family Offices gibt, welche sich auf diese Beteiligungsform spezialisieren. Bei einer Minderheitsbeteiligung beteiligt sich der Investor direkt am Mutterunternehmen und erhält dafür im Gegenzug Geschäftsanteile. Das Investment des Kapitalgebers fließt direkt ins Unternehmen und steht diesem somit uneingeschränkt zur Projektentwicklung zur Verfügung. Abb. 5 zeigt vereinfacht die Funktionsweise. Abb. 5: Schematische Darstellung einer Minderheitsbeteiligung Kapital Unternehmen Projekt Investor Anteile / Rückzahlung + Verzinsung 33 34 35 36 Vgl. hierzu auch Bardens/Meurer, CF 2015 S. 209 (215), Blöchle/Schmidt, CF 2015 S. 216 (222), Springer, CF 2015 S. 206 (208) und Weissman/Wegerer, CF 2015 S. 191 (196). Als Minderheitsbeteiligung wird eine Unternehmensbeteiligung bezeichnet, bei welcher der Gesellschafter weniger als 50% der Unternehmensanteile hält. Für eine genaue Definition der Minderheitsbeteiligung vgl. Kauffmann, Führung von Minderheitsbeteiligungen, 2009, S. 24 (25); Söding, Private Equity Minority Investments, 2012, S.26 (28). Innerhalb einer Befragung von Familienunternehmen, welche sich durch eine Minderheitsbeteiligung finanziert haben, gaben 15 der 19 Unternehmen an, dass sie sehr zufrieden bzw. zufrieden mit der Finanzierungsform waren. Lediglich drei Unternehmen zeigten sich unzufrieden bzw. sehr unzufrieden. Vgl. Achleitner/Schraml/Tappeiner, a.a.O. (Fn. 8), S. 83 (84). Vgl. z.B. Roland Berger Strategy Consultants, Internationale Finanzierungsstudie 2011 – Auswertung Deutschland, 2011, S. 25 (26). 201 Finanzierung Dabei ist die Ausgestaltung der Minderheitsbeteiligung aufgrund verschiedener Interessenskonflikte zwischen Unternehmen und Investor besonders wichtig, vor allem hinsichtlich der Strukturierung des Exits und der Auszahlungsansprüche, ggf. in Abhängigkeit vom Projekt-und nicht vom Unternehmenserfolg.37 Ein Verkauf der Beteiligung an einen anderen Investor ist erfahrungsgemäß schwierig, da Minderheitsbeteiligungen mit i.d.R. geringen Entscheidungsrechten oft nicht attraktiv für potenzielle Folgeinvestoren sind. Eine Veräußerung des gesamten Unternehmens ist nicht im Sinne des Altgesellschafters. Um dieser Problematik vorab zu begegnen, werden i.d.R. für alle zukünftigen Eventualitäten hinsichtlich des Exits Vereinbarungen getroffen, wie dieser auszusehen hat.38 Häufig kommt eine Strukturierung mit Call- und Put-Optionen zum Einsatz (Buy Back 39), die alle möglichen Szenarien des Erfolgs- und Misserfolgsfalls vorsieht. So könnte der Altgesellschafter bis zum Jahr X eine Call-Option zu einem vordefinierten Ausübungspreis haben. Wird diese im vereinbarten Zeitraum nicht gezogen, hat der Investor eine Put-Option zur Andienung der Beteiligung an den Altgesellschafter. Falls der Altgesellschafter diese Put-Option abwenden will, z.B. weil er die Rücknahme der Anteile nicht finanzieren kann, wird zusätzlich eine Mitverkaufsverpflichtung (Drag-Along-Right) vereinbart. Der Investor wäre dadurch trotz seiner Minderheitsbeteiligung rechtlich in der Lage, das gesamte Unternehmen zu veräußern und so einen Exit zu erzwingen. Der Investor hat durch solch eine Strukturierung von rechtlicher Seite unabhängig vom Projektverlauf immer die Möglichkeit, seine Anteile nach einer gewissen Haltedauer zu veräußern. Im Gegenzug ist der Altgesellschafter aber auch berechtigt, die Call-Option auszuüben und so den Minderheitsinvestor herauszukaufen. Dabei sind die Bedingungen für den Erfolgs- und Misserfolgsfall des Projekts vorab zu definieren, um einen durch den Investor getriebenen Verkauf des Gesamtunternehmens schon von Beginn an auszuschließen. Diese Trennung zwischen Projekt- und Unternehmenserfolg ist aber teilweise schwierig. Zudem kann es gerade im Interesse des Investors sein, aus Risikogesichtspunkten eben nicht primär das Wachstumsprojekt, sondern nur das Unternehmen zu finanzieren: Denn die Finanzierung des Unternehmens ist eine andere, weniger risikoreiche Beteiligung, als die Beteiligung an einem Wachstumsprojekt. Falls es zur Ausübung der Call- oder Put-Option kommt ist der Ausübungspreis entscheidend für das Kalkül des Investors und eine Bewertung des Projekts oder Gesamtunternehmens wird irrelevant. Von der vollen Risikopartnerschaft bis zur Verlagerung des Risikos auf das Mutterunternehmen bzw. auf den Investor sind hier prinzipiell alle Gestaltungen hinsichtlich der RenditeRisikostruktur leicht umsetzbar. So könnte bspw. ein Investor im Misserfolgsfall einen geringen Ausübungspreis für einen Call akzeptieren und somit den größeren Teil des Risikos tragen, wenn dies im Gegenzug mit einem höheren Ausübungspreis im Erfolgsfall kompensiert wird. Trotz Risikoverlagerung auf den Investor können so die risikoadäquaten Kapitalkosten des Investors gedeckt werden. Bei konkreten Verhandlungen ist dabei nicht unbedeutend, welches Verständnis der Investor vom Projekt hat und inwieweit er die Erfolgschancen des Projekts teilt. Grundsätzlich gilt: Je besser das Verständnis, desto geringer die geforderte Rendite des Investors. Zugleich werden nach Erfahrungen des 37 38 39 Vgl. ausführlich zur Ausgestaltung von Minderheitsbeteiligungen Achleitner/Schraml/Tappeiner, a.a.O. (Fn. 8), S. 41 (65), Söding, a.a.O. (Fn. 34), S. 73 (387). Zu Exit-Ausgestaltungen bei Minderheitsbeteiligungen vgl. Söding, a.a.O. (Fn. 34), S. 375 (382). Vgl. Jesch, Private Equity-Beteiligungen, 2004, S. 106. 202 www.cf-fachportal.de Autors von den Unternehmen oft höhere Risiken akzeptiert und getragen, aber zum Teil nicht eingepreist, um die Finanzierung des Projekts überhaupt möglich zu machen. Dies senkt die geforderte Rendite des Investors. Die Konsequenzen der Risikoverlagerung auf das Unternehmen sollten aber genau abgewogen werden. Kommt es zu keiner Ausübung der Call- und Put-Optionen, wird der Investor unter Umständen versuchen, durch die Ausübung der Mitverkaufsverpflichtung das Unternehmen zu veräußern, um am Wert des Gesamtunternehmens zu partizipieren. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob hier eine pro-rata Verteilung erfolgt oder auch anders wirkende Mechanismen greifen, die einer Risikoumverteilung gleichen. Hier sind z.B. Liquidationspräferenzen ohne zusätzliche Partizipation am Resterlös (Simple Liquidation Preference), ausgestattet mit einem Wandlungsrecht, ein teilweise vereinbartes Sonderrecht.40 Neben dem Exit gilt es die Governance während der Beteiligungsphase dezidiert zu regeln: Dabei könnten die Informations-, Kontroll-, Veto- und Entscheidungsrechte für den externen Kapitalgeber eigentlich auf das Projekt beschränkt werden, dürften i.d.R. aber auf Unternehmensebene ausgestaltet sein, um entsprechende Wirksamkeit zu entfalten.41 Für das Unternehmen und den Investor sind der Preis und die Verteilung des Risikos maßgeblich. Der Investor kann das Risiko i.d.R. durch eine Vielzahl von Investitionen diversifizieren und sollte dadurch in der Lage sein, eine geringere risikoadäquate Verzinsung zu fordern. Letztlich hängt dies aber auch stark von der Kenntnis und dem Verständnis des Investors hinsichtlich der Business- und Investment Rationale ab: Das heißt eine starke Investorenlandschaft mit spezialisierten Investoren verbessert und vereinfacht die Bedingungen der Finanzierung von Wachstumsprojekten.42 Die direkte Beteiligung des Investors am Mutterunternehmen und der daraus resultierende erleichterte Zugriff durch den Investor auf das Unternehmen stellt insbesondere für Familienunternehmen ein großes Hindernis dar. Dies gilt vor allem bei suboptimalen Projektverläufen bzw. im Misserfolgsfall. Um transparente Regelungen zu vereinbaren, komplexe Vertragsstrukturen mit sehr differenzierten Call-Put-Optionen zu vermeiden und zugleich das Risiko des Verlusts von Unabhängigkeit und Kontrolle für die Altgesellschafter zu minimieren, werden in der Praxis neuartige Formen der externen Projektfinanzierung mit Eigenkapital eingesetzt. Dazu sollen im Folgenden als Alternativen zur Minderheitsbeteiligung die Finanzierung über Special Purpose Vehicles (SPVs) bzw. VCFondsinvestments mit Kaufoption vorgestellt werden. 3. Externes Modell: Special Purpose Vehicle (SPV) Der Einsatz von SPVs, zu Deutsch Zweckgesellschaften, zur Finanzierung von Wachstumsprojekten ist in Deutschland bisher noch nicht sehr verbreitet, obwohl sich dadurch das Risiko eines Kontrollverlusts der Altgesellschafter, im Gegensatz zur direkten Minderheitsbeteiligung, ggf. vollständig eliminieren sowie die Governance und der Exit einfacher regeln lässt. Zudem ist ein Ausschluss der Konsolidierung möglich, sodass die Wirkungen auf den Jahresabschluss der Muttergesellschaft 40 41 42 Bei einer Simple Liquidation Preference erhält der Investor den vereinbarten Präferenzbetrag vor den übrigen Gesellschaftern, partizipiert aber im Gegensatz zur Participating Liquidation Preference nicht mehr am verbleibenden Resterlös. Das Wandlungsrecht gewährt ihm jedoch eine Wandlung der Vorzugsanteile in Stammanteile. Dieses wird er dann nutzen, wenn der ihm zufließende Exit-Erlös mit Stammanteilen höher ist als der durch die Vorzugsanteile maximal erzielbare Cashflow beim Exit. Vgl. Hoffmann/Hölzle, FB 2003 S. 113 (114). Vgl. Springer, CF 2015 S. 206 (208). Auch vor diesem Hintergrund kann mit Spannung das Ergebnis der aktuellen Diskussion zum Venture Capital-Gesetz in Deutschland erwartet werden. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 6: Schematische Darstellung des externen Finanzierungsmodells über eine Zweckgesellschaft Anteile / Rückzahlung, Verzinsung Unternehmen z.B. Kapital, IP, Operations Anteile / Rückzahlung, Verzinsung Kapital / Anteile S P V Investor Investor Investor Investor Kapital Kapital Anteile / Rückzahlung, Verzinsung Investor IP nur über den Beteiligungsansatz erfolgen. 43 Dies kann bei einer Kapitalmarktnotierung oder bei engen Spielräumen von Covenants durch Fremdkapitalfinanzierungen ein wesentlicher Motivationsgrund sein. Durch den höheren Aufwand fallen hierfür jedoch tendenziell höhere Kosten für die Strukturierung an. Im Grunde wird bei diesem Modell das Wachstumsprojekt in eine Zweckgesellschaft ausgelagert.44 Der Investor beteiligt sich nicht direkt am Mutterunternehmen, sondern am SPV und erhält für das eingebrachte Kapital Anteile an der Zweckgesellschaft. Von Unternehmensseite ist offen, welche Werte in das SPV fließen. Neben Kapital könnten auch Arbeitskräfte, Arbeitsräume, immaterielle Vermögensgegenstände etc. eingebracht werden. Je nach Fall ist es außerdem möglich, dass sich weitere Investoren am SPV beteiligen oder geistiges Eigentum (Intellectual Property, kurz IP) von außen für Gesellschaftsanteile eingekauft werden, z.B. aus der Wissenschaft. In Abb. 6 wird das Beteiligungsmodell schematisch dargestellt, welches auch auf die Beteiligung des Unternehmens oder Unternehmers an einem jungen, innovativen Unternehmen übertragen werden kann. Durch Zwischenschaltung des SPVs ist das Ausfallrisiko für das Mutterunternehmen auf die Mitfinanzierung, die unter Umständen eingebrachten Werte und ggf. Übernahmeverpflichtungen durch Put-Optionen begrenzt. Da der Investor nun aber direkt in das Projekt investiert, ist die Anteilsquote für ihn an der Projektgesellschaft i.d.R. hoch und in jedem Fall höher als bei einer Minderheitsbeteiligung am Mutterunternehmen. Dementsprechend wird dieser hinsichtlich des Projekts auch mehr direkten Einfluss auf das operative Geschäft und auf strategische Entscheidungen ausüben können als bei einer Minderheitsbeteiligung. Daraus ergibt sich für das Mutterunternehmen die Fragestellung, inwieweit eine Einflussnahme auf das Projekt noch möglich ist. Ist der Exit an das Unternehmen attraktiv und klar geregelt, sind von der Ursprungsvereinbarung und vom Business Plan abweichende Vorgehensweisen durch den Investor jedoch wenig wahrscheinlich. Gibt es doch grundlegend unterschiedliche Ansichten zur Führung des SPVs, lässt sich eventuell eine Option zum Auskauf des Investors verhandeln. Hinsichtlich des Exits hat der Investor beim externen Modell im Vergleich zur Minderheitsbeteiligung einen größeren Spielraum. Da der Kapitalgeber i.d.R. renditeorientiert handelt, wird er die für ihn rentabelste Exitroute wählen. Eine Veräußerung der Anteile am Projekt an einen Dritten kann also nur ausgeschlossen werden, wenn der Verkauf der Anteile durch den Investor an das Unternehmen eine risikoadäquate Verzinsung bietet. 43 44 Zu den Voraussetzungen vgl. Bardens/Meurer, CF 2015 S. 209 (215). Zu Vgl. Böttcher/Blattner, Projektfinanzierung, 3. Aufl. 2013, S. 195 (221). CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Wie bei der Minderheitsbeteiligung werden für den Exit häufig Call-Put-Konstruktionen vereinbart, wobei durch die vereinfachten Rahmenbedingungen für einen Verkauf des SPVs PutOptionen nicht unbedingt notwendig sind und somit nicht von allen Investoren verlangt werden. Hier ist maßgeblich, wie erfahren der Investor ist und welche Möglichkeiten er für einen alternativen Exit sieht. Ggf. könnte im Misserfolgsfall eine Verkaufsoption für die Anteile des Investors in Höhe der steuerlichen Vorteile 45 für das Mutterunternehmen, welche aus den Verlustvorträgen des SPV generiert werden, durchaus vertretbar sein, da solch eine Verwertung für den Investor nicht möglich ist. 46 Dies würde den externen Kapitalgeber vor einem Totalverlust bewahren. Für das Szenario eines Verkaufs des SPVs an einen Dritten sind wiederum Liquidationspräferenzen ein teilweise eingesetztes Mittel, um die Rendite des Investors bei niedrigeren Veräußerungserlösen zu schützen. Bei der Ausgestaltung der Kaufoption sind die im VC-Markt geforderten risikoadäquaten Renditen zu erwarten, die in Abhängigkeit vom Projekt, dessen Laufzeit und Risikograd sicherlich bei Multiples von 3-5 auf das Investment beginnen. Interessanterweise ist es sogar unter Umständen möglich, das Upside der Investoren durch eine geschickte Call-Put-Konstruktion47 unabhängig vom Projekt zu begrenzen. Übertrifft das Projekt in solch einem Fall die erwartete risikoadäquate Rendite des Investors, partizipiert das Unternehmen voll an der generierten „Überrendite“. Im Umkehrschluss ist deswegen jedes Unternehmen gut beraten, alle Projekte oberhalb dieser erwarteten risikoadäquaten Rendite umzusetzen. Im Vergleich zur Minderheitsbeteiligung an der Muttergesellschaft ist deren Einbezug und Risiko beim externen Modell klarer abgrenzbar und muss einzeln verhandelt werden. Vor diesem Hintergrund hat diese Trennung erhebliche Vorteile. Insbesondere werden ggf. die Absicherungen des Investors für den Misserfolgsfall explizit deutlich. Nur für den Fall, dass das Projekt in keinem Fall in dritte Hände fallen darf, ist hier die Distanz zum Mutterunternehmen von Nachteil. 4. Externes Modell: VC-Fondsmodell mit Kaufoption für das Unternehmen Eine weitere Möglichkeit zur Strukturierung der Finanzierung bildet ein strategisches Investment des Unternehmens in einen VC-Fonds. Dieser beteiligt sich wiederum an der zur Durch45 46 47 Die steuerlichen Vorteile werden durch Verrechnung der Verlustvorträge mit Gewinnen des Mutterunternehmens aus anderen Bereichen generiert. Vgl. Blöchle/Schmidt, CF 2015 S. 216 (222). Weitere Details dieses interessanten Details dazu bleiben aus Platzgründen weiteren Beiträgen vorbehalten. 203 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 7: Schematische Darstellung des VC-Fondsmodells mit Kaufoption Kapital, (Anteile) z.B. IP, Operations Unternehmen Kapital Fonds Rückzahlung, Verzinsung, indirekte Option an SPV Investor Investor Investor führung des Projekts gegründeten Zweckgesellschaft bzw. mehreren Zweckgesellschaften.48 Dieses Modell eignet sich insbesondere für riskante Innovationsprojekte. Das Unternehmen diversifiziert sich mit der Beteiligung am Fonds, da das SPV lediglich einen geringen Anteil am Fonds-Portfolio ausmacht. Die Rendite ist somit nicht alleine vom Projekt abhängig, sondern von der Fondsperformance. Neben dem Unternehmen gibt es weitere Investoren, welche sich am Fonds beteiligen. Im Gegensatz zu den übrigen Fondsinvestoren erhält das Unternehmen jedoch eine Kaufoption auf die Unternehmensanteile des SPVs. 49 Abb. 7 veranschaulicht schematisch die Ausgestaltung eines solchen Fondsmodelles. Im Falle eines erfolgreichen Projektverlaufs ist es dem Unternehmen durch die Kaufoption möglich, das SPV relativ einfach wieder in die eigenen Strukturen zu integrieren. Der Preis für das SPV richtet sich i.d.R. nach dem Marktwert, welcher dann den Ausgangspunkt der Preisverhandlung bildet. Im Erfolgsfall führt dies, im Vergleich zu einer von Vornherein vereinbarten Call-Option, unter Umständen zu einem hohen Veräußerungspreis. Dieser wird bezogen auf den Kapitaleinsatz des VC-Fonds i.d.R. mindestens bei einem Multiple von 5 liegen. Im Misserfolgsfall kann das Unternehmen die Kaufoption jedoch einfach verfallen lassen. Der Finanzierungscharakter wird dadurch gestaltet, dass der Beteiligung am VC-Fonds ein größeres Finanzierungsvolumen an der Zweckgesellschaft gegenübersteht oder der VC-Fonds sich an mehreren Zweckgesellschaften der Muttergesellschaft beteiligt. Neben der Eliminierung des Risikos eines Kontrollverlustes bzw. Verkaufs des gesamten Unternehmens im Worst Case-Szenario, wie es auch bei einem reinen SPV-Modell der Fall ist, wird zusätzlich das unsystematische Risiko durch Diversifikation der Investition auf mehrere Projekte verringert.50 Das VC-Fondsmodell bildet somit für das Unternehmen eine risikoarme Finanzierungsform. Durch die Fondskosten in Form von Management Fees und erfolgsabhängigen Komponenten51 sowie des ggf. hohen Veräußerungspreises wird im Gegenzug jedoch die strategische Option für das Unternehmen verteuert. Des Weiteren gilt es bei diesem Modell zu beachten, dass das verfolgte Projekt aufgrund des regelmäßigen Reportings des Fonds an die Kapitalgeber zum Teil transparent für die übrigen Fondsinvestoren wird. Daher schließt sich die Finanzierung von Wachstumsprojekten, die kei- 49 50 51 Zum Geschäftsmodell von VC-Fonds vgl. z.B. Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl. 2004, S. 38 (60). Es sind auch Ausgestaltungen möglich, in welchen dem Unternehmen Vorkaufsrechte für mehrere Unternehmen aus dem Portfolio gewährt werden. Zur Diversifikation des unsystematischen Risikos durch Portfoliobildung vgl. z.B. Breuer/Gürtler/ Schuhmacher, Portfoliomanagement I, 3. Aufl. 2010, S. 319 (321). Zur Kostenstruktur von Private Equity- und VC-Fonds vgl. Metrick/Yasuda, Review of Financial Studies 2010 S. 2303 (2341). 204 Rückzahlung, Verzinsung Kapital Investor Investor 48 Anteile / Rückzahlung, Verzinsung, Drag Kapital Investor Investor Kapital, Anteile S P V IP nesfalls in die Hände Dritter fallen sollen, durch dieses Modell aus. Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass operative und strategische Entscheidungen innerhalb des Projekts unter Umständen nicht mehr durch das Unternehmen beeinflusst werden können, da keine direkte Beteiligung am SPV besteht. Es muss sich daher auch bei wegweisenden Entscheidungen jeglicher Art auf die Expertise des VC-Fonds und der weiteren Gesellschafter des SPV verlassen werden. Da der VC-Fonds mit dem Unternehmen zugleich aber einen einfachen Exit-Kanal hat, wird das Management des Fonds und des Portfoliounternehmens nicht unnötig versuchen, sich diesen durch konträre Entscheidungen zu verbauen. Das Fondsmodell findet im Bereich der Innovationsfinanzierung immer mehr Anwendung z.B. bei amerikanischen Unternehmen. Die Motive reichen, neben den bisher schon erwähnten Vorzügen, von reduzierten Berichtspflichten von Innovationsprojekten bei einer Kapitalmarktnotierung 52 bis hin zur Möglichkeit, sich eine Vermarktung der Innovation in bestimmten Ländern zu sichern.53 Im Gegenzug profitiert der VC-Fonds vom zusätzlich geschaffenen Exit-Kanal. Des Weiteren wirkt die Beteiligung des Unternehmens als strategischer Investor am Fonds i.d.R. förderlich für das Fundraising bei Finanzinvestoren. 5. Vergleich der betrachteten Modelle Im Vergleich der drei betrachteten Modelle ist der Nettofinanzierungseffekt bei der Minderheitsbeteiligung am größten, da das Kapital direkt dem Unternehmen zufließt und somit im vollen Umfang für das Projekt zur Verfügung steht. Beim SPV-Modell und VC-Fondsmodell entstehen tendenziell höhere „Transaktions- bzw. Nebenkosten“, was zu einem geringeren Nettofinanzierungseffekt führt. Am stärksten ausgeprägt ist dies beim VC-Fondsmodell, da in diesem Fall zusätzlich Management Fees und erfolgsabhängige Komponenten anfallen. Analog kann daher festgestellt werden, dass bei einer Minderheitsbeteiligung im Vergleich die geringsten und beim VC-Fondsmodell die höchsten Kosten anfallen. Das verbleibende Risiko für das Unternehmen ist bei der Minderheitsbeteiligung am größten, da die Beteiligung des Investors direkt am Mutterunternehmen erfolgt und dieser dadurch bei negativem Projektverlauf unter Umständen direkten Zugriff auf das gesamte Unternehmen bekommen könnte. Durch Zwischenschaltung eines SPVs oder durch ein Fondsinvestment wird dieses Risiko deutlich verringert. Außerdem beschränkt sich ein Totalausfall der Investition bei der externen Strukturierung auf das eingebrachte Kapital bzw. die eingebrachten Werte, wobei bei Investition in einen Fonds zusätzlich eine Diversifikation 52 53 Die Bewertung eines Calls zu Marktpreisen kann mit Null erfolgen, sodass diese Umsetzung still erfolgen kann. Vgl. hierzu auch Bardens/Meurer, CF 2015 S. 209 (215). Aktuell sind auch Beteiligungen von Finanzinvestoren an Corporate Venture Fonds in den USA beobachtbar. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de des Investments erfolgt. Aus Risikogesichtspunkten ist das VCFondsmodell somit die vorteilhafteste Form der Ausgestaltung. Seitens der Governance hat der Investor beim internen Modell tendenziell eher wenige Kontroll- und Mitspracherechte. Beim SPV-Modell werden diese ausgeprägter sein, da der Kapitalgeber i.d.R. zu einem größeren Teil am Projekt beteiligt ist. Beim VCFondsmodell liegen Kontroll- und Mitspracherechte voll beim VC-Fonds. Das Unternehmen hat, wenn überhaupt, nur geringe Einflussmöglichkeiten. Aber die Möglichkeit für den Fonds, dass der Exit über das Mutterunternehmen erfolgt, ist hier aus Sicht der Praxis kein unwesentlicher Treiber des Handelns. Die Übernahme der Geschäftsanteile des Kapitalgebers und die Eingliederung des Projekts in das Unternehmen gestaltet sich beim internen Modell am einfachsten, da das Projekt schon im Unternehmen integriert ist. Beim externen Modell ist die Eingliederung etwas anspruchsvoller und beim Fondsmodell dürfte der Aufwand bei entsprechender Gestaltung ähnlich hoch ausfallen wie beim SPV-Modell. Die Finanzierungskosten sind je nach Alternative abhängig von der Ausgestaltung und der daraus resultierenden Risikoverteilung, wobei der strukturelle Aufwand beim VC-Fondsmodell am höchsten ist. Die Bereitschaft in SPVs zu investieren ist bedauerlicherweise noch selten, aber wachsend. Das VC-Fondsmodell ist in den USA stark wachsend und schwappt auch nach Europa: In Deutschland hat unter anderem TVM Capital das Modell mit Eli Lilly Inc. umgesetzt.54 Aus Unternehmenssicht muss bei der Wahl des geeigneten Finanzierungsmodells immer der Charakter des Wachstumsprojekts berücksichtigt werden. Darf z.B. die Innovation keinesfalls in die Hände Dritter fallen, eignet sich das VC-Fondsmodell mit Kaufoption nicht. Will das Unternehmen hingegen z.B. mehrere Innovationsprojekte parallel verfolgen und sich zu einem späteren Zeitpunkt nur gezielt einige davon herauspicken, eignet es sich im Vergleich der betrachteten Modelle am besten. Tab. 1 gibt einen abschließenden Modellüberblick inklusive deren Charakteristika aus Unternehmenssicht. Tab. 1: Vergleich der betrachteten Modelle aus Unternehmenssicht Modell Internes Modell Externes Modell Minderheitsbeteiligung SPV VC-Fonds inkl. Kaufoption Nettofinanzierungseffekt ++ + +/- Verbleibendes Risiko - + ++ ++ +/- - Faktoren Governance Strategische Nachhaltigkeit ++ + je nach Ausgestaltung Finanzierungskosten +/- - -- immer mehr noch selten immer mehr Verfügbarkeit ++: sehr positiv +: positiv +/-: neutral -: eher negativ --: negativ IV. Zusammenfassung Die Finanzierung von Innovation und Expansion ist i.d.R. nur durch Eigenkapital und teilweise Mezzanine möglich. Ist für das Unternehmen eine Eigenfinanzierung des Projekts ausge54 schlossen, muss auf externe Eigenkapitalgeber ausgewichen werden. Dies ist in Deutschland schwierig, da Kapital mit steigendem Risikograd und Finanzierungsvolumen sowie längerer Finanzierungsdauer immer weniger verfügbar ist, auch wenn eine risikoadäquate Kompensation in Aussicht gestellt wird. Neben der eingeschränkten Verfügbarkeit stellt es für Familienunternehmen und den deutschen Mittestand häufig ein Problem dar, externes Eigenkapital in das Unternehmen zu holen, da diese teilweise um ihre Unabhängigkeit und unternehmerische Freiheit fürchten. In der Tat besteht dieses Risiko, einerseits durch den Status des Kapitalgebers als „Miteigentümer“ andererseits durch verschiedene vertragliche Ausgestaltungen, welche das Unternehmen vor allem im Misserfolgsfall stark sanktionieren. Zugleich gibt es aber Strukturierungen, die dieses Risiko ausschließen. Dieser Beitrag adressiert diese Problematik und zeigt Lösungswege in Form von neuen Finanzierungsmodellen auf, um die Innovationskraft der Unternehmen verbessern zu können. Dabei wird auf Minderheitsbeteiligungen, SPVs und das VCFondsmodell mit Kaufoption für das Unternehmen eingegangen. Es zeigt sich, dass das SPV-Modell und das VC-Fondsmodell gute Alternativen zur klassischen Minderheitsbeteiligung sein können, da eine Risikoreduktion auf das eingebrachte Kapital bzw. die eingebrachten Werte erfolgt, der Investor i.d.R. keinen Zugriff auf das Mutterunternehmen hat und die Mitspracherechte des Kapitalgebers auf das Projekt beschränkt sind. Durch Call-/Put-Strukturierungen ist es dem Unternehmen zusätzlich möglich, die Kapitalgeber herauszukaufen und das Projekt wieder vollständig in das Mutterunternehmen zu integrieren. SPVKonstruktionen und Investments in VC-Fonds können somit bei entsprechender Ausgestaltung geschickte Wege zur Erhöhung der Innovationskraft des Unternehmens sein. Dabei werden Art und Umfang der Risikopartnerschaft von Kapitalgebern oft dezidiert durch Details ausgestaltet: Es wird hier zwischen der vollen Risikopartnerschaft, der Risikoabwälzung vom Investor auf das Unternehmen (Investor mit reduziertem Risiko) und der Risikoabwälzung vom Unternehmen auf den Investor (Investor mit erhöhtem Risiko) unterschieden. Die Art der Risikopartnerschaft wirkt einerseits auf die risikoadäquaten Kapitalkosten, andererseits können daraus Risiken für das Mutterunternehmen entstehen. Aufgrund der notwendigen Exit-Regelung und gesteigerten Transparenz bei SPV-Konstruktionen sind diese Minderheitsbeteiligungen vorzuziehen. VC-Fondsmodelle mit Kaufoption sind insbesondere bei mehreren parallelen Innovationsvorhaben gut geeignet, soweit die teilweise entstehende Transparenz und die preislich nicht fixierte Call-Option für das Unternehmen akzeptabel sind. Grenzen werden der Ausgestaltung durch den Wert des Wachstumsprojekts gesetzt: Je höher die Werte, desto eher sind die gewünschten Bedingungen des initiierenden Unternehmens durchsetzbar. Zudem ist die Erfahrung der Investoren bedeutend. Je größer die Expertise der Investoren in Bezug auf das Verständnis der Unternehmen und Innovationsprojekte ist, desto geringere Renditen verlangen diese. Dies gilt umso mehr, wenn sie über viele Projekte diversifiziert sind. Dem entsprechend sind gut funktionierende Märkte für Risikokapital mit guten, starken Investoren ein wichtiger Faktor zur Senkung der Innovationshürden und somit ein wesentlicher Treiber, um Innovationen in einer Volkswirtschaft einfacher finanzierbar zu machen. Vgl. Kaltwasser, Transkript 11/2014 S. 19. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 205 Finanzierung Wachstumsfinanzierung/Recht/Corporate Governance www.cf-fachportal.de »CF0696071 Dr. Ulrich Springer, München Neue Finanzierungsformen von Innovation und Wachstum – Wirtschaftliche Interessen und rechtliche Hebel aus Sicht der Praxis RA Dr. Ulrich Springer, LL.M., ist Partner bei CMS Hasche Sigle in München. Kontakt: [email protected] Die vertragliche Absicherung bestimmter Kerninteressen ist vor allem für institutionelle Investoren von grundlegender Bedeutung bei der Eigenkapitalfinanzierung des Innovationsoder Wachstumsprojekts eines Unternehmens. Wenn der damit einhergehende „Kulturwandel“ durch die bestehenden Gesellschafter aber zumindest im Grundsatz akzeptiert wird, kann die Eigenkapitalbeteiligung externer Investoren in aller Regel so gestaltet werden, dass diese eine attraktive und für alle Beteiligten vorteilhafte Finanzierungsform darstellt. I. Einleitung Die Eigenkapitalfinanzierung des Innovations- oder Wachstumsprojekts eines Unternehmens durch externe Investoren bedarf einer umfassenden vertraglichen Regelung, die einen durchaus beachtlichen Umfang und Komplexitätsgrad erreichen kann, um den Besonderheiten des Einzelfalles und den Interessen der Beteiligten Rechnung zu tragen. Im Kern wird jedoch nahezu jeder Investor – gleich ob er sich mehrheitlich oder mit Minderheit an dem Unternehmen beteiligt – darauf bedacht sein, vor allem seine folgenden Interessen vertraglich abzusichern: – Schutz seines Investments und die Möglichkeit einer nachträglichen Korrektur der diesem zugrunde gelegten Bewertung des Unternehmens, – Mitsprache- und Vetorechte bei wesentlichen operativen oder strukturellen Maßnahmen (Corporate Governance) sowie – vor allem bei institutionellen Investoren eine spätere Veräußerung seiner Beteiligung (Exit) und Realisierung seiner Renditeerwartung. Zwar kann die vertragliche Umsetzung dieser grundlegenden Investoreninteressen im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls (Umfang der Beteiligung des Investors und der übrigen Gesellschafter, Reife des Innovationsprojekts, Verhandlungsposition des Unternehmers etc.) eine durchaus unterschiedliche Ausprägung haben, insbesondere dann, wenn der Investor mit seiner Beteiligung überwiegend strategische Interessen verfolgt. Vor allem aber institutionelle Investoren, die sich an dem Unternehmen über einen Fonds beteiligen, an dem wiederum weitere (mittelbare) Investoren beteiligt sind, können jedoch meist nicht gänzlich auf diese Kerninteressen und eine Vereinbarung der im Markt üblichen vertraglichen Hebel und Mechanismen zu deren Absicherung verzichten. Dessen sollte sich ein Unternehmer bewusst sein, wenn er die Beteiligung eines institutionellen Investors in Betracht zieht. 206 II. Schutz des Investments und nachträgliche Bewertungskorrektur 1. Tranchierung Grundlage der Beteiligung eines jeden Investors ist die zwischen den Parteien vereinbarte Bewertung des zu finanzierenden Projekts vor Zufluss der neuen Finanzmittel (sog. Pre Money-Bewertung), durch die – abhängig von der Höhe des Investments – die Beteiligungsquote des Investors ermittelt wird. Wurde z.B. eine Pre Money-Bewertung von 10 Mio. €vereinbart und soll das Investment 5 Mio. € betragen, so ergibt sich daraus eine Bewertung nach Mittelzufluss (sog. Post Money-Bewertung) von 15 Mio. € und eine Beteiligungsquote des Investors von rd. 33,3% (Investment / Post Money-Bewertung = rd. 1/3). Diese einfache Grundmechanik, die von einer von einer fest vereinbarten Bewertung ausgeht, eignet sich aus Sicht eines Investors jedoch meist nicht bei der u.U. hochriskanten Finanzierung von Innovations- oder Entwicklungsprojekten, bei denen in aller Regel weitere Projektphasen zu durchlaufen sind, deren Erreichen (bzw. Nichterreichen) entsprechende Auswirkungen auf den Unternehmenswert zur Folge hat. Bei jungen Projekten oder Unternehmen wird ein vorsichtiger Investor daher darauf bedacht sein, sein Investment unter Berücksichtigung des jeweiligen Finanzbedarfs im Hinblick auf die jeweils erreichten Projektstufen (sog. Meilensteine) entsprechend zu tranchieren, um sein Ausfallrisiko zu reduzieren und seine Beteiligungsquote dem erreichten Unternehmenswert anzupassen. Hierzu wird meist festgelegt, dass die jeweils nächste Investmenttranche in der vorab vereinbarten Höhe erst und nur dann geleistet wird, wenn der entsprechende Meilenstein erreicht wurde. Aber auch aus Sicht des Unternehmers kann eine Tranchierung des Investments auf Grundlage einer entsprechend angepassten Unternehmensbewertung Chancen bieten, die er bei der Verhandlung der Beteiligungsverträge mit dem Investor nutzen sollte. So kann hierdurch beispielsweise – anders als bei einer fest vereinbarten Bewertung – einem vorzeitigen Erreichen bzw. einer Übererfüllung von Meilensteinen durch eine entsprechende Erhöhung der Unternehmensbewertung Rechnung getragen werden. Wichtig ist es dabei für alle Beteiligten, die Voraussetzungen für das Erreichen des jeweiligen Meilensteins und die daran geknüpfte Bewertungskorrektur in den Beteiligungsverträgen möglichst präzise zu definieren, um spätere Streitfälle – die sich vor allem bei unvorhergesehenen Projektentwicklungen nicht völlig ausschließen lassen – nach Möglichkeit auf ein Minimum zu reduzieren. Ebenso wichtig ist es, schon im Vorfeld einen geeigneten Mechanismus zur Streitbeilegung zu vereinbaren. Beteiligungsverträge enthalten zwar meist allgemeine Regelungen, wonach Auseinandersetzungen zwischen CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 www.cf-fachportal.de den Parteien durch staatliche Gerichte bzw. ein Schiedsgericht entschieden werden sollen. Der reguläre Klageweg ist jedoch – nicht zuletzt wegen des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwands – meist nicht geeignet, um Streitigkeiten im Hinblick auf das Erreichen von Meilensteinen, bei denen sich in aller Regel eher Tatsachen- als Rechtsfragen stellen werden, rasch und effizient beizulegen. Daher empfiehlt es sich meist, Regelungen zur Benennung eines neutralen Dritten zu vereinbaren, der Streitfälle als sog. Schiedsgutachter außergerichtlich aber dennoch verbindlich für die Parteien entscheidet. 2. Garantien Vor dem Eingehen der Beteiligung wir der Investor durch seine Berater die rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse untersuchen lassen (sog. Due Diligence). Auch wenn dabei keine besonderen Missstände oder Risiken zutage treten, wird und kann der Investor es jedoch nicht dabei belassen, zumal seine Berater bei der Due Diligence auf die ihnen von dem Unternehmen zur Verfügung gestellten Informationen und Unterlagen angewiesen sind und deren Richtigkeit und Vollständigkeit der letztlich nicht abschließend beurteilen können. Ähnlich wie bei einem Unternehmenskauf wird sich der Investor daher (unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Due Diligence) im Rahmen der Beteiligungsverträge beim Vertragsschluss zusichern lassen, dass der Ist-Zustand des Projekts bzw. Unternehmens bei seinem Einstieg den Zusagen des Unternehmers und bestimmten Mindeststandards entspricht, die eine wesentliche Voraussetzung für die Investitionsentscheidung des Investors bilden (sog. Garantien). Erfahrene Investoren sind sich jedoch bewusst, dass Garantien keine allumfassende Schutzwirkung entfalten können, und werden daher bei der Gestaltung des Garantiekatalogs Augenmaß walten lassen und Garantien auch nur für solche Umstände verlangen, die in den Risikobereich des Unternehmers fallen. Hierzu zählen beispielsweise Garantien im Hinblick auf bestehende Jahresabschlüsse des Unternehmens, das Bestehen der für die geplante Geschäftsentwicklung wesentlichen gewerblichen Schutzrechte oder (unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Bestimmungen) bestimmte Zusicherungen hinsichtlich des vorhandenen Mitarbeiterbestands. Auch hinsichtlich des dem Investor vorgelegten Businessplans werden in aller Regel Garantien verlangt; diese können sich jedoch fairerweise allenfalls auf die diesem zugrunde gelegten Tatsachen und die Sorgfalt bei der Erstellung des Plans beziehen, nicht aber auf das Eintreten von Prognosen der Geschäftsentwicklung oder von Unternehmensplanungen. Ein wesentlicher Unterschied zu den Garantien bei einem Unternehmenskauf besteht jedoch in der Rechtsfolge einer Garantieverletzung. Denn während beim Unternehmenskauf in diesem Fall Schadensersatz aus dem gezahlten Kaufpreis zu zahlen ist, kommt bei einer Innovations- oder Wachstumsfinanzierung eine Schadensersatzzahlung durch den Unternehmer zumeist schon deshalb nicht in Betracht, weil nicht dieser sondern das Unternehmen selbst die Finanzmittel des Investors erhalten hat. Eine teilweise oder gar vollständige Rückzahlung dieser Mittel durch die Gesellschaft scheitert dagegen in aller Regel entweder an den gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften oder dem Umstand, dass die Finanzmittel zwischenzeitlich für das Projekt verwendet CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung wurden. Meist wird daher vereinbart, im Falle einer Garantieverletzung die daraus resultierende Wertminderung des Unternehmens durch Ausgabe neuer Gesellschaftsanteile an den Investor zu kompensieren, durch die die Beteiligungsquote des Investors und die um die Wertminderung reduzierte Pre Money-Bewertung rechnerisch in Einklang gebracht wird. 3. Anti-Dilution Institutionelle Investoren gegen Unternehmensbeteiligungen in der Erwartung ein, dass die weitere Wertentwicklung des Unternehmens zumindest nicht unter die vom dem Investor beim Erwerb seiner Beteiligung zugrunde gelegte Einstiegsbewertung sinken wird. Anders als bei etablierten Unternehmen kann sich die Pre Money-Bewertung eines Innovations- oder Wachstumsprojekts jedoch regelmäßig nicht auf historische Kennzahlen stützen, sondern beruht im Wesentlichen auf einer Reihe von Annahmen und Prognosen. Ob die gefundene Bewertung „richtig“ war und die von dem Investor erwartete Wertsteigerung eingetreten ist zeigt sich in aller Regel erst dann, wenn externe Dritte ihrerseits eine unabhängige Bewertung des Projekts vornehmen. Eine solche externe Bewertung erfolgt zumeist jedoch erst dann, wenn sich im Rahmen einer weiteren Finanzierungsrunde neue Investoren an dem Projekt beteiligen. Eine sog. „Down Round“ liegt vor, wenn bei der weiteren Finanzierungsrunde ein Anteilspreis bezahlt wird, der unterhalb des bei der vorherigen Finanzierungsrunde bezahlten Preises liegt. Insbesondere mit Minderheit beteiligte Venture Capital-Investoren verlangen in aller Regel für den Fall einer Down Round eine nachträgliche Anpassung der Pre Money-Bewertung ihres Investments im Hinblick auf die der Down Round zugrunde gelegte Bewertung durch Ausgabe neuer Gesellschaftsanteile an den Investor. Die entsprechenden Vertragsklauseln werden in der Praxis meist als „Anti-Dilution Klauseln“ bezeichnet, was jedoch letztlich irreführend ist, da sie keinen Verwässerungs-, sondern lediglich einen Bewertungsschutz zum Gegenstand haben. III. Corporate Governance Unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung erwarten Finanzinvestoren in aller Regel nicht nur eine regelmäßige und strukturierte Berichterstattung über die weitere Entwicklung des von ihnen finanzierten Projekts (sog. Reporting), sondern darüber hinaus durchaus weitreichende Mitsprache- und teilweise auch Vetorechte im Hinblick auf wesentliche operative oder strukturelle Maßnahmen. Dies gilt beispielsweise für die Verabschiedung der jährlichen Unternehmensplanung bzw. des Budgets, die Besetzung und wesentliche Maßnahmen der Geschäftsleitung und eine grundlegende Änderung der Geschäftspolitik des Unternehmens. Auch mit Minderheit beteiligte Investoren, die nicht über die gesetzliche Sperrminorität verfügen, werden darüber hinaus meist verlangen, dass ihnen bei grundlegenden Gesellschafterbeschlüssen wie beispielsweise Satzungsänderungen, Kapitalerhöhungen oder Maßnahmen nach dem UmwG (z.B. Verschmelzung, Spaltung oder Formwechsel des Unternehmens) ohne Rücksicht auf ihre Beteiligungsquote ein Vetorecht eingeräumt wird, was durch eine entsprechende Satzungsgestaltung rechtlich möglich ist. Vor allem bei einem größeren Gesellschafterkreis wird ein 207 Finanzierung Finanzinvestor ferner auf mindestens einem Sitz im Aufsichtsorgan des Unternehmens (Beirat bzw. Aufsichtsrat) bestehen; falls ein solches Aufsichtsorgan noch nicht vorhanden sein sollte (was z.B. bei einer GmbH durchaus der Fall sein kann), wird der Investor in aller Regel verlangen, dass es durch eine entsprechende Satzungsänderung geschaffen wird. Vor allem die Gesellschafter etablierter mittelständischer Unternehmen stehen solchen Sonderrechten eines externen Investors und den damit verbundenen durchaus umfassenden Einsichts- und Einflussmöglichkeiten vielfach zurückhaltend und mit Skepsis gegenüber. Dies ist insbesondere dann nachvollziehbar, wenn sich die Finanzierung nicht auf das gesamte Unternehmen, sondern nur auf ein Innovations- oder Entwicklungsprojekt innerhalb des Unternehmens bezieht. Da aber andererseits vor allem institutionelle Investoren auf die Einräumung dieser Rechte in aller Regel nicht oder nur ein sehr eingeschränktem Umfang verzichten können, kann ein gangbarer Weg darin bestehen, das zu finanzierende Projekt in eine speziell zu diesem Zweck errichtete gesonderte Gesellschaft (sog. Special Purpose Vehicle oder SPV) auszulagern1 und dadurch die Einflussmöglichkeiten des Investors auf das von ihm finanzierte Projekt zu beschränken. IV. Exit und Erlösverteilung 1. Exit Anders als ein strategischer Investor kann ein Finanzinvestor seine Unternehmensbeteiligungen nicht langfristig oder gar dauerhaft halten, sondern muss die Möglichkeit haben, diese mittelfristig zu veräußern (sog. Exit), um die Renditeerwartung seiner eigenen Investoren erfüllen zu können. Um den Exit des Investors zu ermöglichen, sehen die Beteiligungsverträge in aller Regel vor, dass dieser ab einem bestimmten Zeitpunkt den Verkauf des gesamten Unternehmens verlangen kann (sog. Drag-along). Es kann jedoch beim Einstieg des Investors eine Vielzahl von naturgemäß noch nicht absehbaren Gründen geben, weshalb ein späterer, durch den Investor verlangter Unternehmensverkauf nicht mit den unter Umständen gänzlich anderen Interessen seiner Mitgesellschafter übereinstimmt (z.B. Zeitpunkt des Verkaufs, Konditionen, Erwerber etc.). Dem kann beispielsweise dadurch Rechnung getragen werden, dass die Ausübung des Drag-along-Rechts des Investors über einen gewissen Zeitraum hinweg an bestimmte, im Beteiligungsvertrag festgelegte Voraussetzungen geknüpft wird (z.B. Mindestbewertungen des Unternehmens, Zustimmung der Mehrheit der übrigen Gesellschafter etc.). Die meisten institutionellen Investoren müssen jedoch darauf bestehen, spätestens nach fünf bis acht Jahren die Möglichkeit zu haben, einen Verkauf des Unternehmens notfalls allein und ohne Einschränkungen erzwingen zu können. Vielfach möchten Unternehmer in diesem Fall die Möglichkeit haben, einen Komplettverkauf des Unternehmens dadurch zu verhindern, dass sie ihrerseits die Beteiligung des zum Exit drängenden Investors erwerben. Dies kann für den Investor durchaus akzeptabel sein, sofern dadurch nicht sein für ihn existentielles Drag-along-Recht faktisch konterkariert wird. Denn ein potenzieller Erwerber wird sich in aller Regel auf den zeit- und kostenintensiven Prozess eines Unternehmenskaufs erst und nur dann einlassen, wenn sichergestellt ist, dass ihm 1 Vgl. Honold, CF 2015 S. 198 (205). 208 www.cf-fachportal.de das Zielobjekt nicht in letzter Minute „vor der Nase weggekauft“ wird. Die bloße Existenz einer stets ausübbaren oder mit einer langen Ausübungsfrist versehenen Erwerbsoption des Unternehmers kann daher dazu führen, dass er von dem Kauf von vornherein Abstand nimmt. In der Praxis wurden jedoch Vertragsmechanismen entwickelt, durch die sich eine solche Erwerbsoption und das Drag-along-Recht des Investors in Einklang bringen lassen, beispielsweise durch eine dem eigentlichen Verkaufsprozess „vorgeschaltete“ Erwerbsoption, die die Mindestpreiserwartung des Investors berücksichtigt. Mitunter verlangen Finanzinvestoren auch, ihren Exit dadurch realisieren zu können, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen einen Rückkauf ihrer Beteiligung durch das Beteiligungsunternehmen oder die übrigen Gesellschafter verlangen können (sog. Put Option). Im Gegenzug sind mache Investoren auch bereit, dem Unternehmer die Möglichkeit einzuräumen, die Investorenanteile zu einem späteren Zeitpunkt zu bestimmten Konditionen zu erwerben (sog. Call Option). In beiden Fällen stellt sich dann allerdings die vielfach schwierige Aufgabe, die wirtschaftlichen Konditionen für die spätere Ausübung der jeweiligen Option bereits beim Beteiligungserwerb des Investors verbindlich zu regeln. 2 2. Erlösverteilung Die Beteiligungsverträge von Finanzinvestoren enthalten mitunter durchaus komplexe Regelungen zur Verteilung des Erlöses aus einer späteren – ggf. von dem Investor über sein Drag-along-Recht selbst verlangten – Veräußerung des Unternehmens. Meist sollen dadurch unter Berücksichtigung der Renditeerwartung des Investors und verschiedener ExitSzenarien (z.B. den Zeitpunkt der Veräußerung und die Höhe des erzielten Erlöses) bestimmte Anreizwirkungen gesetzt werden, beispielsweise durch eine Beteiligung des Managements am Exit-Erlös. Insbesondere mit Minderheit beteiligte institutionelle Investoren müssen jedoch i.d.R. darauf bestehen, dass bei der vereinbarten Erlösverteilung durch eine sog. Liquidation Preference sichergestellt wird, dass sie aus dem Veräußerungserlös in jedem Falle einen Betrag in Höhe ihres Investments zurück erhalten (sog. Downside Protection), vielfach zuzüglich einer vorab vereinbarten Verzinsung (sog. Internal Rate of Return oder IRR). V. Zusammenfassung Die Eigenkapitalbeteiligung von Finanzinvestoren kann im Vergleich zu anderen Finanzierungsformen eine attraktive und für alle Beteiligten vorteilhafte Möglichkeit zur Finanzierung des Innovations- oder Wachstumsprojekts eines Unternehmens darstellen. Gerade bei etablierten mittelständischen Unternehmen, die sich möglicherweise schon seit Generationen im Familienbesitz befinden, stellt jedoch die Beteiligung externer Investoren vielfach einen nicht ohne weiteres akzeptablen „Kulturwandel“ dar, insbesondere im Hinblick auf die damit verbundenen Einsichts- und Mitspracherechte und Exit-Möglichkeiten der Investoren (siehe Abschnitt III. und IV.). Vor allem diesen Aspekten kann durch die im Beitrag von Prof. Dr. Dirk Honold 3 im Einzelnen dargestellten „externen Modelle“ Rechnung getragen werden. 2 3 Vgl. Honold, CF 2015 S. 198 (205). Vgl. Honold, CF 2015 S. 198 (205). CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Wachstumsfinanzierung/Finanzierungsformen/Rechnungslegung »CF0695977 Andrea Bardens / Dr. Holger Meurer, beide Frankfurt/M. Wachstum aus Innovationen finanzieren – Mögliche Auswirkungen auf die Rechnungslegung WP/StB Andrea Bardens ist Partnerin bei PwC im Bereich Capital Markets & Accounting Advisory Services. WP Dr. Holger Meurer ist Senior Manager bei PwC im National Office (IFRS Grundsatzabteilung). Die Autoren geben jeweils ihre persönliche Meinung wieder. lagerung auf andere Gesellschaften, auf die das Unternehmen in unterschiedlicher Form Einfluss nehmen kann. Abb. 1: Unterschiedliche Formen der Finanzierung von Wachstum Kontakt: [email protected] Die verschiedenen Möglichkeiten zur Finanzierung von Wachstum aus Innovationen können sich sehr unterschiedlich auf die Rechnungslegung auswirken. Oft können bereits minimale Veränderungen in den vertraglichen Regelungen gravierende Auswirkungen auf das Bilanzbild haben. Um diesen Effekt abzuschätzen, ist zum einen zu analysieren, ob die Finanzierung ganz oder teilweise die Kriterien für Eigenkapital in den jeweiligen Rechnungslegungsstandards erfüllt. Wird die Innovation in eine separate Gesellschaft ausgelagert, stellt sich zudem die Frage der Konsolidierung. I. Einleitung Bei der Auswahl der optimalen Wachstums-Finanzierung ist eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen. Ein wesentliches Element ist die Abbildung in der Rechnungslegung und damit der Einfluss der gewählten Finanzierungsform auf zentrale Bilanzkennzahlen. Zu nennen sind hier beispielsweise die Eigenkapitalquote (Verhältnis von Eigen- zu Gesamtkapital), die Anlagenintensität (Verhältnis von Anlagevermögen zu Gesamtvermögen) oder die diversen Renditegrößen (Verhältnis einer Ergebnis- zu einer Kapitalgröße). Unter anderem von solchen Kennzahlen hängen unmittelbar die Außendarstellung des Unternehmens und damit mittelbar der Zugang zu Investoren sowie die Höhe der Kapitalkosten ab. Der handelsrechtliche Jahresabschluss1 ist darüber hinaus maßgeblich für die Ermittlung des ausschüttungsfähigen Gewinns und damit zumindest bei Kapitalgesellschaften für die Höhe und den Zeitpunkt möglicher Rückflüsse an die Gesellschafter. Entscheidet sich ein Unternehmen, den Wachstumspfad zu beschreiten, stellen sich im Kern die folgenden Fragen: – Welche Investoren sollen wie an der Finanzierung des Projekts beteiligt werden? – Soll die Entwicklung neuer Produkte im Unternehmen erfolgen oder soll sie auf eine andere Gesellschaft ausgelagert werden? – Wenn die Entwicklung in einer anderen Gesellschaft erfolgt – wie kann sichergestellt werden, dass das Unternehmen Zugriff auf die Entwicklungsergebnisse hat? Im Folgenden werden verschiedene Szenarien einer Wachstumsfinanzierung beschrieben und die Auswirkungen auf die Rechnungslegung aufgezeigt. Diskutiert werden zum einen die Entwicklung im eigenen Unternehmen, zum anderen die Aus1 Im Folgenden bezieht sich der Begriff „handelsrechtlicher Jahresabschluss“ auf einen nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) aufgestellten und für Ausschüttungen maßgeblichen Einzelabschluss. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Entwicklung im Unternehmen Auslagerung auf Dritte Structured Entity Fremdes Unternehmen Kann auch die Finanzierung „ausgelagert“ werden? Für drei Varianten stellt der Beitrag dar, welche Gestaltungsspielräume für Unternehmen bestehen und wie an bestimmten Stellschrauben „gedreht“ werden kann. Bei all dem bleibt zu beachten, dass die Rechnungslegung letztlich ökonomische Realitäten abbildet – führt also eine bestimmte Finanzierung zu einem schlechten Bilanzbild, liegt das in vielen Fällen schlicht und ergreifend daran, dass die Finanzierung auch ökonomisch nachteilig ist. II. Entwicklung im eigenen Unternehmen (Variante 1) Steht ein neues Entwicklungsprojekt an, ist die zunächst naheliegende Umsetzungsalternative die Entwicklung direkt im eigenen Unternehmen durchzuführen. Dies hat den Vorteil, dass sämtliche Entwicklungsergebnisse über den gesamten Entwicklungszeitraum im Unternehmen verbleiben und Außenstehende weitgehend ausgeschlossen werden können. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings ein extrem hoher Kapitalbedarf, um die laufende Entwicklung zu finanzieren. Je nachdem, wie der Kapitalbedarf gestillt wird, reduziert die Finanzierung durch neue Schulden die Eigenkapitalquote und erhöht die laufende Zinslast, wodurch sich wiederum Renditekennzahlen verschlechtern. 1. Wie sieht eine optimale Finanzierung aus? Die Effekte können abgemildert werden, wenn darauf geachtet wird, wie unterschiedliche Finanzierungen sich in internationalen Abschlüssen nach International Financial Reporting Standards (IFRS) bzw. im handelsrechtlichen Jahresabschluss widerspiegeln.2 Gelingt es beispielsweise, die Finanzierung als Eigenkapital auszuweisen, kann dies die Eigenkapitalquote erhöhen, laufende Vergütungen stellen dann in der Regel keinen Aufwand dar3 und führen damit nicht zu einer zusätzlichen Belastung der Renditekennzahlen. 2 3 Für einen Überblick über den Eigenkapitalbegriff in unterschiedlichen Rechtsordnungen vgl. auch m.w.N. Meurer, Abgrenzung des bilanziellen Eigenkapitals, Hamburg 2009. In Abschlüssen nach IFRS sind Vergütungen auf Eigenkapitaltitel unmittelbar im Eigenkapital zu erfassen (IAS 32.35). Nach HGB sind dagegen beispielsweise Vergütungen auf Genussrechte als Aufwand zu erfassen, auch wenn das Genussrecht selbst als Eigenkapital klassifiziert wird (vgl. IDW HFA 1/1994). 209 Finanzierung Die Darstellung als Eigenkapital stellt allerdings bestimmte Anforderungen an die Gestaltung. Die Definition von Eigenkapital in IFRS ist in IAS 32, Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung, festgehalten.4 Grundsätzlich führt nach IFRS jede vertragliche Verpflichtung der Gesellschaft, derer sie sich nicht einseitig entziehen kann, zu einer finanziellen Verbindlichkeit. Hiervon gibt es jedoch drei zentrale Ausnahmen: – Wenn die Gesellschafterversammlung bzw. die Hauptversammlung Zahlungen verhindern kann, stellt die Zahlung bilanziell keine Verpflichtung dar. Unter IFRS wird die Gesellschafterversammlung als Organ der Gesellschaft betrachtet. Es macht also keinen Unterschied, ob das Management oder die Gesellschafterversammlung über eine Zahlung entscheidet. In beiden Fällen liegt Eigenkapital vor. – Zahlungen, die erst bei Liquidation geleistet werden müssen, sind für eine Eigenkapitalklassifizierung unschädlich. Dies gilt zumindest dann, wenn die Liquidation nicht durch einen Investor auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung herbeigeführt werden kann. – Wird die Verpflichtung in einer bei Vertragsabschluss fixierten 5 und später nicht mehr angepassten Anzahl eigener Anteile (z.B. Aktien) erfüllt, liegt Eigenkapital vor. Was heißt das konkret? Eine Kapitalerhöhung in Form der Ausgabe neuer Anteile – z.B. Aktien – führt nach IFRS in der Regel zu Eigenkapital. Vorsicht ist lediglich dann geboten, wenn die Anteile Kündigungsrechte enthalten. Kündigungsrechte sind beispielsweise regelmäßig in Anteilen an Personenhandelsgesellschaften (Kommanditanteile, Anteile an einer OHG) enthalten, können aber auch im Gesellschaftsvertrag einer GmbH vereinbart werden. Solche sog. „kündbaren Anteile“ können auch nach IFRS Eigenkapital darstellen, allerdings sind dann zusätzliche Voraussetzungen zu erfüllen.6 Kündbare Anteile nicht-beherrschender Gesellschafter stellen im Konzernabschluss immer Fremdkapital dar (IAS 32.AG29A). Bankdarlehen, Anleihen oder ähnliche Instrumente (z.B. Genussrechte, Mezzaninekapital etc.) 7 sind nach IFRS zumeist als Fremdkapital abzubilden. Dabei ist unerheblich, welchen Rang die Instrumente bei Liquidation haben, ob sie gewinnabhängig oder fix vergütet werden oder über welchen Zeitraum sie dem Unternehmen zur Verfügung stehen. Die bloße Tatsache, dass die Gläubiger einen Zahlungsanspruch besitzen, den die Gesellschaft nicht zurückweisen kann, genügt für eine Klassifizierung als Verbindlichkeit. Selbst das Verknüpfen von Zahlungen an den Investor direkt mit dem Erfolg des Entwicklungsprojekts führt nach IFRS in der Regel nicht dazu, dass die Finanzierung Eigenkapital darstellt. Um trotz restriktiver Vorgaben auf schuldrechtlicher Basis Eigenkapital nach IFRS zu erreichen, werden in der Praxis häufig sog. Perpetual Bonds eingesetzt. Wie der Name bereits sagt, haben Perpetual Bonds eine unendliche Laufzeit bzw. können ausschließlich vom Emittenten gekündigt werden. Zinszahlungen sind nur fällig, wenn die Gesellschaft auch Dividenden zahlt. Aus Sicht der IFRS stellen diese Instrumente Eigenka4 5 6 7 Für eine ausführliche Diskussion der Eigenkapitalkriterien nach IFRS vgl. z.B. IDW RS HFA 45. Sofern der Vertrag eine Fixierung zu einem späteren Zeitpunkt vorsieht, ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Umgliederung denkbar. IAS 32.16A und .16B. Gleiches gilt, wenn die Liquidation der Gesellschaft feststeht oder durch den Investor herbeigeführt werden kann (IAS 32.16C und .16D). Vgl. für verschiedene Formen der Mittelstandsfinanzierung auch „Wechselhafte Dekade – Die Trends in der strukturierten Finanzierung“, Sonderbeilage zur 10. Structured Finance, Oktober/ November 2014. 210 www.cf-fachportal.de pital dar, da die Gesellschaft theoretisch nicht gezwungen ist, Dividenden auszuschütten, und damit formal eine Zahlung vermeiden kann. Da es der Gesellschaft faktisch allerdings unmöglich sein wird, Dividenden dauerhaft zu verweigern, hat der Investor ökonomisch einen Zahlungsstrom, der mit dem aus einer Anleihe vergleichbar ist. Der faktische Zwang ist für die Beurteilung nach IFRS wiederum unerheblich. Wandelanleihen, d.h. Anleihen, die dem Investor die Wahl zwischen einer Rückzahlung und einer Tilgung in einer zuvor fixierten Anzahl eigener Anteile des Emittenten lassen, werden nach IFRS in eine Eigenkapitalkomponente (Wandlungsrecht) und eine Fremdkapitalkomponente aufgeteilt. Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich in jüngster Zeit Pflichtwandelanleihen (Mandatorily Convertible Bonds). 8 Im Unterschied zu typischen Wandelanleihen erfolgt die Tilgung bei dieser Form von Instrumenten zwingend in einer zuvor fixierten Anzahl eigener Anteile des Emittenten. Während Pflichtwandelanleihen in ihrer Grundform (vorbehaltlich möglicher Zinszahlungsverpflichtungen) als Eigenkapital zu klassifizieren sind, können bereits geringfügige Abweichungen zum Entstehen einer finanziellen Verbindlichkeit führen.9 Handelsrechtlich ist in erster Linie danach zu unterscheiden, ob Kapital auf gesellschaftsrechtlicher oder auf schuldrechtlicher Basis überlassen wird, darüber hinaus ggf., ob es sich bei dem bilanzierenden Unternehmen um eine Personenhandelsgesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft handelt. Wird auf gesellschaftsrechtlicher Basis einer Personenhandelsgesellschaft Kapital überlassen, gilt es als Eigenkapital, wenn es als Verlustdeckungspotenzial zur Verfügung steht. Hierzu ist es erforderlich, dass zum einen künftige Verluste der Gesellschaft mit diesen Mitteln bis zur vollen Höhe zu verrechnen sind und zum anderen Ansprüche in der Insolvenz entweder nicht oder erst nach den Ansprüchen aller Gesellschaftsgläubiger geltend gemacht werden können.10 Wird es auf gesellschaftsrechtlicher Basis einer Kapitalgesellschaft überlassen, erfolgt stets eine Klassifizierung der überlassenen Mittel als Eigenkapital. Wird Kapital auf schuldrechtlicher Basis (z.B. in Form von Genussrechten, stillen Beteiligungen oder Schuldverschreibungen) überlassen, kommt es nicht auf die Rechtsform an. Stattdessen muss bilanzielles Eigenkapital die folgenden Kriterien erfüllen:11 – Nachrangigkeit: Im Insolvenz-/Liquidationsfall kann ein Rückzahlungsanspruch der Gläubiger erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger, deren Kapitalüberlassung nicht als Eigenkapital klassifiziert wird, geltend gemacht werden. – Erfolgsabhängigkeit der Vergütung: Die Vergütung (z.B. Zins) muss unter der Bedingung stehen, dass sie nur aus Eigenkapitalbestandteilen geleistet werden kann, die vom Gesetzgeber nicht gegen Ausschüttungen besonders geschützt sind. – Verlustbeteiligung: Das überlassene Kapital nimmt vor den besonders geschützten Eigenkapitalbestandteilen an Verlusten bis zur vollen Höhe teil. Die Verlustteilnahme muss spätestens im Zeitpunkt der Rückzahlung erfolgen. 8 9 10 11 Vgl. Bardens, Pflichtwandelanleihen als Eigen- oder Fremdkapital, Börsenzeitung vom 08.07.2014, S. 8. Vgl. m.w.N. Fladt/Bardens/Meurer, PiR 2013 S. 218ff. Vgl. im Detail IDW RS HFA 7. Vgl. im Detail IDW St HFA 1/1994. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de – Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung: Kapital muss für einen längerfristigen Zeitraum überlassen werden, während dem eine Rückzahlung ausgeschlossen ist. In der Literatur wird ein Zeitraum von mindestens fünf bis sieben Jahren gefordert. Vergleichbar den internationalen Standards ist eine Wandelanleihe auch im handelsrechtlichen Jahresabschluss grundsätzlich in eine Verbindlichkeitskomponente und eine im Eigenkapital auszuweisende Eigenkapitalkomponente aufzuteilen (§ 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB). Im Unterschied zu den Regelungen nach IFRS ist es allerdings unerheblich, ob die Anzahl der bei Wandlung zu liefernden Anteile fixiert oder variabel ist.12 Es fällt auf, dass die Regeln zur Unterscheidung von Eigen- und Fremdkapital nach HGB und IFRS zum Teil deutlich voneinander abweichen. Es ist daher keinesfalls ungewöhnlich, dass Finanzierungen im handelsrechtlichen Jahresabschluss als Eigenkapital auszuweisen sind, während sie nach IFRS Fremdkapital darstellen und umgekehrt. So wäre beispielsweise der oben beschriebene Perpetual Bond nach HGB als Fremdkapital auszuweisen, wenn die laufende Vergütung auch auf die besonders gegen Ausschüttungen geschützten Eigenkapitalbestandteile zurückgreifen kann oder – wie üblich – es an einer Verlustbeteiligung der Investoren fehlt. Bei der Wahl einer optimalen Finanzierungsstruktur ist daher sehr genau darauf zu achten, ob der handelsrechtliche Jahresabschluss oder ein internationaler Abschluss im Fokus der Stakeholder steht. Darüber hinaus sollte nicht vergessen werden, dass die Klassifizierung als Eigen- oder als Fremdkapital nicht zwangsläufig auch eine entsprechende Behandlung in der Steuerbilanz nach sich zieht. Das Ziel der Strukturierung ist es daher häufig, ein Finanzinstrument zu konstruieren, das handelsrechtlich bzw. nach IFRS als Eigenkapital klassifiziert werden kann, steuerlich aber trotzdem zum Abzug von Betriebsausgaben berechtigt – die „eierlegende Wollmilchsau“ also. 2. Aktivierung von Forschungs- und Entwicklungskosten Wird die Entwicklung im eigenen Unternehmen durchgeführt, belasten die laufenden Forschungs- bzw. Entwicklungsaufwendungen zunächst das operative Ergebnis. Sowohl nach HGB als auch nach IFRS gilt der Grundsatz, dass Aufwendungen für Forschung und Entwicklung grundsätzlich in der Periode in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen sind, in der sie anfallen. Lediglich wenn die Entwicklungskosten aktiviert werden dürfen oder müssen, wird dieser Effekt zumindest teilweise kompensiert. Dies verbessert c.p. Renditekennzahlen sowie die Eigenkapitalquote, kann allerdings, je nach Abgrenzung, auch die Anlagenintensität erhöhen. Nach IFRS sind Entwicklungskosten ab dem Zeitpunkt zu aktivieren, ab dem die folgenden Kriterien vollständig erfüllt sind (IAS 38.57): – Technische Realisierbarkeit – Fertigstellungabsicht – Möglichkeit der Nutzung/des Verkaufs – Künftiger wirtschaftlicher Nutzen – Verfügbarkeit aller Ressourcen – Verlässliche Ausgabenschätzung Unter die aktivierungspflichtigen Entwicklungskosten können auch Fremdkapitalkosten fallen, sofern für die Entwicklung ein 12 Zur handelsrechtlichen Bilanzierung von Wandelanleihen inkl. Pflichtwandelanleihen vgl. Gelhausen/Rimmelspacher, AG 2006 S. 729 (745). CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 beträchtlicher Zeitraum erforderlich ist und die Kosten direkt dem Entwicklungsprojekt zugeordnet werden können (IAS 38.66). Abzugrenzen von Entwicklungskosten sind Forschungskosten, z.B. allgemeine Grundlagenforschung, die nicht auf ein konkretes Produkt gerichtet ist. Forschungskosten sind bei Entstehung unmittelbar als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen und unter keinen Umständen zu aktivieren (IAS 38.54). Wo allerdings genau die Grenze zwischen Forschung und Entwicklung liegt, ist naturgemäß oft nur sehr schwer zu beantworten. Handelsrechtlich besteht für Entwicklungskosten eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens ein Aktivierungswahlrecht (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB), sofern es sich um ein einzelverwertbares Gut handelt, die Entstehung des angestrebten immateriellen Vermögensgegenstands als hochwahrscheinlich anzusehen ist und dem Ansatz kein Aktivierungsverbot nach § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB entgegensteht. Zur Beurteilung, ob der Entwicklungserfolg als „hochwahrscheinlich“ anzusehen ist, können die oben dargestellten Kriterien des IAS 38 als Indikatoren herangezogen werden. Ebenso wie nach IFRS ist auch für den handelsrechtlichen Jahresabschluss die Aktivierung von Forschungskosten explizit ausgeschlossen (§ 255 Abs. 2 Satz 4 HGB). Für auf den Entwicklungszeitraum entfallende Fremdkapitalzinsen besteht nach HGB ein Aktivierungswahlrecht. Zu beachten ist, dass aktivierte Entwicklungskosten sowohl nach HGB als auch nach IFRS ab dem Zeitpunkt der Nutzbarkeit abgeschrieben werden müssen. Die aufwandswirksame Erfassung wird damit letztlich nur auf einen Zeitraum verschoben, während dessen das entwickelte Produkt – nach den Erwartungen – auch entsprechende Erträge generiert. 3. Und im Fall eines Misserfolgs? Scheitert das Entwicklungsprojekt, bedeutet dies, neben enttäuschten Erwartungen, dass bereits aktivierte Entwicklungskosten ergebniswirksam erfasst werden müssen. Und während das Asset sich für die Gesellschaft quasi „aufgelöst“ hat, bleibt die belastende Finanzierung zunächst bestehen, denn dort hat das Scheitern zunächst keine Auswirkungen, d.h. eine vereinbarte laufende Verzinsung belastet weiterhin das Ergebnis. Lediglich in den Fällen, in denen es dem Unternehmen gelungen ist, eine Verknüpfung zwischen dem Erfolg des Entwicklungsprojekts und der Verzinsung bzw. Rückzahlung der Finanzierung herzustellen, können sich im Einzelfall kompensierende Effekte einstellen. Da die IFRS bei erfolgsabhängigen Vergütungen eine Buchwertanpassung vorsehen, sofern sich die erwarteten künftigen Zahlungen verändern (IAS 39.AG8), kann sich hier im Idealfall durch die Reduzierung der Verpflichtung sogar ein ergebniserhöhender Einmaleffekt in der Periode des Scheiterns ergeben.13 III. Entwicklung in einer Zweckgesellschaft bzw. einer Structured Entity (Variante 2) Die Auslagerung der Entwicklung in eine Zweckgesellschaft bzw. eine Structured Entity 14 kann aus unterschiedlichen Motiven erfolgen. Eine Zielsetzung kann sein, dass das 13 14 Nach HGB sind Verbindlichkeiten, ungeachtet evtl. erfolgsabhängiger Vergütungen, zum Erfüllungsbetrag zu passivieren (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Sowohl der Begriff“Zweckgesellschaft”als auch der Begriff“Structured Entity”beschreibt Gesellschaften, die für einen konkreten Zweck strukturiert wurden und bei denen Kontrolle nicht auf klassischem Wege durch Stimmrechtsmehrheiten ausgeübt wird. Da sich die Begriffe allerdings im Detail unterschieden, wird im Folgenden im Zusammenhang mit IFRS von “Structured Entity“, im Kontext handelsrechtlicher Überlegungen von„Zweckgesellschaft“ gesprochen. 211 Finanzierung Entwicklungsprojekt so wenige Auswirkungen wie möglich auf den Abschluss haben, und nach Möglichkeit lediglich in Form einer Beteiligung an der Entwicklungsgesellschaft auftauchen soll (Off Balance-Finanzierung). In diesem Fall sind insbesondere zwei Punkte bilanziell von entscheidender Bedeutung. Zunächst ist zu prüfen, ob die Zweckgesellschaft als Tochterunternehmen vollkonsolidiert werden muss. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Gesellschaft in der Lage ist, sich zu refinanzieren, ohne dass das Unternehmen selbst durch Gesellschafterdarlehen oder Garantien eingreifen muss. Über die Verfolgung des Ziels einer Off Balance-Finanzierung hinaus werden Zweckgesellschaften häufig auch als Instrument eingesetzt, um Dritten die Möglichkeit zu geben, sich an den Chancen- und Risiken eines rechtlich ausgelagerten Entwicklungsprojekts zu beteiligen, ohne dass sie Einfluss auf oder Einblick in den Rest des Unternehmens erhalten sollen. So beschränken sich bei einer Beteiligung an einer Zweckgesellschaft bzw. einer Structured Entity die übertragenen Risiken (aber natürlich auch die Chancen) regelmäßig auf die des konkreten, inhaltlich abgesteckten Entwicklungsprojekts. Eine Vermischung mit allgemeinen Unternehmensrisiken unterbleibt. 1. Konsolidierung von Zweckgesellschaften bzw. Structured Entities Die Konsolidierung einer Zweckgesellschaft bzw. einer Structured Entity hängt einfach formuliert davon ab, wieviel Einfluss das Unternehmen auf das Entwicklungsprojekt behalten möchte, bzw. welche Rechte man bereit ist, Dritten zu gewähren. Bei Strukturierungen ist dies häufig der Punkt, an dem das bilanzielle Ziel einer Off Balance-Finanzierung und das ökonomische Ziel, das Entwicklungsprojekt nicht aus der Hand zu geben, in einen offenen Konflikt zueinander treten. Es ist in diesem Fall eine Managemententscheidung, die unterschiedlichen Ziele gegeneinander abzuwägen, und im Idealfall ein Modell zu entwickeln, das hinreichende Einflussmöglichkeiten auf die Zweckgesellschaft bzw. die Structured Entity belässt, ohne dass dies gleich zu einer Konsolidierung führt. Nach IFRS beherrscht ein Investor ein Beteiligungsunternehmen, wenn er aufgrund bestehender Rechtspositionen die Möglichkeit hat, gegenwärtig die Tätigkeiten des Beteiligungsunternehmens zu lenken, die wesentlichen Einfluss auf die wirtschaftlichen Erfolge haben, und er hierdurch an dem Investment in Form von positiven und/oder negativen wirtschaftlichen Erfolgen partizipiert (IFRS 10.6). Es müssen somit drei Kriterien erfüllt sein: – Verfügungsgewalt (Power over the investee): Um Verfügungsgewalt zu besitzen, muss ein Investor bestehende Rechte innehaben, die ihm die gegenwärtige Möglichkeit geben, die maßgeblichen Tätigkeiten zu bestimmen, die die wirtschaftlichen Erfolge beeinflussen. Bezogen auf eine Entwicklungsgesellschaft handelt es sich hierbei insbesondere um die Entscheidung über die Durchführung der Entwicklung sowie die spätere Nutzung des fertigen Produkts.15 Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, wer die Entscheidungen über die (laufende) Finanzierung der Entwicklungsgesellschaft trifft. 15 Vgl. z.B. PwC (Hrsg.), Manual of Accounting 2015, Tz. 24.46.1. 212 www.cf-fachportal.de Für die Beurteilung ist es nicht erforderlich, dass die Rechte bereits ausgeübt wurden. Vielmehr ist die bloße Möglichkeit, die Rechte auszuüben, als hinreichend anzusehen. Verfügungsgewalt kann im ersten Schritt durch bestehende Stimmrechte begründet werden. Darüber hinaus können aber auch andere Vereinbarungen den beteiligten Parteien Einfluss gewähren. In der Praxis sind hier oft sehr komplexe Strukturen zu beobachten, die jeweils im Einzelfall zu betrachten sind. 16 Haben verschiedene Investoren die Möglichkeit, unterschiedliche maßgebliche Tätigkeiten zu bestimmen, hat der Investor Verfügungsgewalt, der die relevanteren maßgeblichen Tätigkeiten bestimmt. – Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg (Returns): Das Vorliegen von Kontrolle setzt variable Rückflüsse, deren Höhe vom Erfolg des Beteiligungsunternehmen abhängig ist, voraus. Die Rückflüsse können dabei entweder sowohl positiv als auch negativ oder ausschließlich positiv bzw. ausschließlich negativ sein. Der Begriff „Variabilität” ist dabei weit auszulegen. So gelten sowohl Synergien (z.B. Zugang zu Know-how; Kosteneinsparungen) als auch direkte wirtschaftliche Erfolge (z.B. Dividenden, Änderungen des beizulegenden Zeitwerts der Beteiligung) als variable wirtschaftliche Erfolge. – Verknüpfung von Verfügungsgewalt und variablen wirtschaftlichen Erfolgen: Schließlich liegt Kontrolle nur dann vor, wenn die beiden ersten Kriterien – Verfügungsgewalt und Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg – miteinander verknüpft sind, d.h. der Investor die Möglichkeit hat, seine Verfügungsgewalt zu nutzen, um die Höhe der ihm zufließenden wirtschaftlichen Erfolge zu beeinflussen. Besonderes Augenmerk ist an dieser Stelle darauf zu legen, ob die Partei, der die Verfügungsgewalt zuzurechnen ist, unter Umständen lediglich als Agent für einen Dritten handelt. Diese Regelungen gelten auch für sog. Structured Entities.17 Da bei Structured Entities Stimmrechte oder ähnliche Rechte allerdings nicht entscheidend für eine Beherrschung sind,18 und darüber hinaus in vielen Fällen nach Gründung der Gesellschaft nur noch wenige operative Entscheidungen zu treffen sind, ist die konkrete Anwendung der allgemeinen Vorschriften eine besondere Herausforderung. Insbesondere ist zu analysieren, für welchen Zweck die Gesellschaft aufgesetzt wurde, und welche Entscheidungen im Unternehmen noch zu treffen sind. Das Aufsetzen der Structured Entity selber stellt keine relevante Aktivität dar und ist daher für die Konsolidierungsentscheidung unerheblich. Theoretisch ist damit denkbar, dass eine Structured Entity nach ihrer Gründung über keine relevanten Aktivitäten verfügt, so dass sie von keiner der beteiligten Parteien kontrolliert wird. Eine solche Konstellation dürfte allerdings in der Praxis die Ausnahme darstellen.19 16 17 18 19 Zu berücksichtigen ist beispielsweise, ob die Gesellschaft auf Grund der Finanzierungsstruktur, bestimmten Liefer- oder Dienstleistungsverträgen oder ähnlichen Vereinbarungen ökonomisch vom Investor abhängig ist oder ob die Tätigkeiten der Gesellschaft primär zu Gunsten des Investors erfolgen (vgl. PwC (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15),Tz. 24.64). Eine solche“Special Relationship“ ist allerdings alleine nicht hinreichend für das Vorliegen von Verfügungsgewalt (vgl. ebd., Tz. 24.66). Vgl. PwC (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15), Tz. 24.171. Structured Entities werden in IFRS 12 Appendix A als Unternehmen definiert, die so konzipiert sind, dass Stimmrechte oder vergleichbare Rechte nicht der dominierende Faktor sind, wenn es darum geht festzulegen, wer das Unternehmen beherrscht. Vgl. PwC (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15), Tz. 24.179. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Beherrschung – und damit die Pflicht zur Konsolidierung – liegt nach HGB20 zunächst dann vor, wenn das Unternehmen – die Mehrheit der Stimmrechte an der Entwicklungsgesellschaft besitzt (§ 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB), – das Recht besitzt, die Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans der Entwicklungsgesellschaft mehrheitlich zu bestellen oder abzuberufen (§ 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB) oder – die Finanz- und Geschäftspolitik der Entwicklungsgesellschaft durch einen Beherrschungsvertrag oder auf Grund der Satzung der Gesellschaft bestimmen kann (§ 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB). Darüber hinaus sind gemäß § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB Zweckgesellschaften auch dann zu konsolidieren, wenn das Mutterunternehmen bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen aus der Geschäftstätigkeit der Zweckgesellschaft trägt. Es liegen somit zwei Voraussetzungen vor, die kumulativ21 zu erfüllen sind: – Zweckgesellschaft: Kennzeichen einer Zweckgesellschaft ist, dass sie einem eng begrenzten und genau definiertem Ziel des Mutterunternehmens dient. Die unternehmerischen Aktivitäten sind im Regelfall sehr stark eingeschränkt, so dass während des Bestehens der Gesellschaft zumeist keine wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen mehr erforderlich sind. Das Vorliegen eines sog. „Autopilotmechanismus“ ist ein typisches Merkmal einer Zweckgesellschaft, allerdings keine notwendige Bedingung. Wichtig für die Klassifizierung als Zweckgesellschaft ist, dass die Tätigkeit den Interessen des Mutterunternehmens Rechnung trägt. 22 Bezogen auf eine Entwicklungsgesellschaft wäre entsprechend zu fordern, dass das Mutterunternehmen die Entwicklungsergebnisse – auf welche Art und Weise auch immer – nutzen kann. – Mehrheit der Risiken und Chancen: Zur Beurteilung, welche der beteiligten Parteien die Mehrheit der Risiken und Chancen trägt, ist in einem ersten Schritt die Gesamtheit der Risiken und Chancen zu bestimmen, um diese dann in einem zweiten Schritt zu bewerten und zu gewichten. Für die Beurteilung ist es unerheblich, ob die Risiken und Chancen aus gesellschafts- bzw. schuldrechtlichen Vereinbarungen resultieren oder sich lediglich aus den faktischen Verhältnissen ergeben. 23 Beispiele für Risiken sind der Verlust von (Kapital-) Einlagen, der Ausfall von Darlehen, die Inanspruchnahme aus Bürgschaften oder Patronatserklärungen. Chancen können sich z.B. aus einer Beteiligung am Gewinn oder am Liquidationsvermögen oder aus der Teilhabe an Wertsteigerungen ergeben. Bei einer Entwicklungsgesellschaft hat darüber hinaus die Möglichkeit zur Nutzung der Entwicklungsergebnisse eine erhebliche Bedeutung. Führt die Strukturierung zu einer Konsolidierung der Zweckgesellschaft bzw. der Structured Entity, entspricht das in Abb. 2 dargestellte Bilanzbild letztlich dem, das sich auch bei einer Entwicklung im eigenen Unternehmen (Variante 1) ergeben hätte. Der einzige Unterschied ist, dass in Höhe der Beteiligung der fremden Gesellschafter Minderheitenanteile auszuweisen sind. Die Abbildung unterstellt, dass sämtliche aufgenommenen Mittel investiert wurden. Andernfalls wären auf der Aktivseite die noch verbleibenden liquiden Mittel auszuweisen. 20 24 21 22 23 Für eine weitere Auslegung von § 290 HGB vgl. Deutscher Rechnungslegungs Standard Nr. 19 (DRS 19) – Pflicht zur Konzernrechnungslegung und Abgrenzung des Konsolidierungskreises. Im Regelfall ist allerdings davon auszugehen, dass das Kriterium „Mehrheit der Risiken und Chancen“ den Aussachlag geben wird (vgl. m.w.N. Winkeljohann/Deubert, Der Konzern 2014 S. 94). Vgl. Winkeljohann/Deubert, Der Konzern 2014 S. 95. Vgl. Winkeljohann/Deubert, Der Konzern 2014 S. 95 (96). CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Abb. 2: Konsolidierung der Zweckgesellschaft bzw. Structured Entity Bilanz Immaterielle Vermögenswerte Minderheiten Finanzierung (Eigen- oder Fremdkapital) Gewinn- und Verlustrechnung Nichtaktivierungsfähiger Aufwand Folgebewertung des immateriellen VW Zinsaufwand 2. Finanzierung der Zweckgesellschaft bzw. einer Structured Entity Auch bei Zwischenschaltung einer Zweckgesellschaft bzw. einer Structured Entity besteht das Grundproblem, Kapital zur Finanzierung des Entwicklungsprojekts beschaffen zu müssen, weiterhin. Durch die Zweckgesellschaften werden allerdings neue Möglichkeiten der Finanzierung geschaffen. Insbesondere besteht jetzt die Möglichkeit, das erforderliche Kapital nicht selbst am Markt zu beschaffen (und dann an die Zweckgesellschaft weiterzugeben), sondern stattdessen die Finanzierung auf die Zweckgesellschaft bzw. die Structured Entity auszulagern. Unter der Annahme, dass die Entwicklungsgesellschaft nicht zu konsolidieren ist, taucht dann die Projektfinanzierung im Abschluss des Unternehmens nicht auf, mit der Folge, dass sich sowohl Bilanzkennzahlen (wie beispielsweise die Eigenkapitalquote) als auch Renditekennzahlen deutlich verbessern. Bei einer Auslagerung der Finanzierung auf die Zweckgesellschaft bzw. die Structured Entity ist allerdings zu berücksichtigen, dass Investoren häufig Garantien, Bürgschaften, Patronatserklärungen oder ähnliche Absicherungen von den anderen beteiligten Parteien verlangen. Die IFRS sehen vor, dass für Finanzgarantien24 im Zugangszeitpunkt eine finanzielle Verbindlichkeit in Höhe des beizulegenden Zeitwerts anzusetzen ist, in Folgeperioden ist die Verbindlichkeit mit dem höheren Wert aus Zugangswert (ggf. gemindert um einen erfolgswirksam vereinnahmten Teil der Prämie) und der erwarteten Auszahlung25 zu bewerten (IAS 39.47(c)). Nach HGB ist für derartige Verpflichtungen erst bei drohender Inanspruchnahme eine Rückstellung zu bilden. Bereits vorher sind die Garantien allerdings unter Umständen als Haftungsverhältnisse unter der Bilanz oder im Anhang anzugeben (§§ 251, 268 Abs. 7 HGB). 25 Unter den Begriff “Finanzgarantie” fassen die IFRS jede Vereinbarung, die ein Unternehmen verpflichten, eine andere Partei zu entschädigen, wenn ein Dritter Zahlungen aus einem Schuldinstrument nicht leisten kann (IAS 39.9). Dabei ist irrelevant, in welcher rechtlichen Form die Garantie begeben wurde bzw. welche Bezeichnung hierfür gewählt wurde. Die erwartete Auszahlung bemisst sich nach den Regelungen des IAS 37 für Rückstellungen; auf Grund der besonderen Ansatz- und Bewertungsvorschriften wird dieser Wert regelmäßig vom beizulegenden Zeitwert abweichen (vgl. IAS 37, Appendix C, Beispiel 9). 213 Finanzierung www.cf-fachportal.de IV. Entwicklung durch einen Dritten (Variante 3) Die in Gliederungspunkt III dargestellten Varianten haben trotz der vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten alle gemeinsam, dass das Unternehmen bereits mit Beginn der Entwicklungsphase an der Entwicklungsgesellschaft beteiligt ist. Soll diese enge Verknüpfung vermieden werden, bietet es sich an, lediglich eine Kaufoption am entwickelnden Unternehmen zu erwerben, so dass die Entscheidung über eine tatsächliche Beteiligung erst dann getroffen werden muss, wenn der Erfolg des Projekts absehbar ist. In der Ausgestaltung der Kaufoption spiegelt sich in diesem Modell die Risikoverteilung zwischen dem Unternehmen und den Anteilseignern (häufig die Entwickler selbst) wider. Wird ein niedriger Ausübungspreis festgelegt, erhöht sich c.p. die zu zahlende Optionsprämie und damit der mögliche Verlust bei Misserfolg. Wird der Ausübungspreis dagegen sehr hoch festgelegt, reduziert sich die Prämie, das Unternehmen muss allerdings im Erfolgsfall noch einmal einen signifikanten Preis für die Gesellschaft zahlen. Von diesem Grundmodell gibt es zahlreiche Abweichungen. Denkbar wäre beispielsweise, dass das Unternehmen der Entwicklungsgesellschaft zusätzlich Kapital auf schuldrechtlicher Basis überlässt. Nicht selten werden auch Venture CapitalGesellschaften an derartigen Modellen beteiligt, wie in Abb. 3 dargestellt. Abb. 3: Venture Capital-Modell u.U. Beteiligung auf gesellschaftsoder schuldrechtlicher Basis Unternehmen A Option auf 95% der Anteile an B Unternehmen B Venture CapitalGesellschaft 100% Softwareentwicklung Finanzierung Darlehen 1. Pflicht zur Konsolidierung? Die Tatsache, dass an der Entwicklungsgesellschaft zunächst keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung besteht, bedeutet nicht, dass sich die oben bereits diskutierte Frage der Konsolidierung hier nicht stellen würde. So können nach IFRS auch sog. Potential Voting Rights Verfügungsgewalt über ein anderes Unternehmen begründen und damit – sofern die beiden anderen Kriterien ebenfalls erfüllt sind – Kontrolle (IFRS 10.B47). Bei potenziellen Stimmrechten handelt es sich um Stimmrechte, die das Unternehmen am Bilanzstichtag zwar noch nicht besitzt, die es aber, durch die Ausübung beispielsweise einer Kaufoption oder des Wandlungsrechts einer Wandelanleihe, erwerben kann. Die Berücksichtigung von potenziellen Stimmrechten ist an zwei Voraussetzungen geknüpft: Zum einen muss die Option am Bilanzstichtag ausübbar sein. Zum anderen muss die Option Substanz besitzen, d.h. es muss eine hinreichende Erwartung geben, dass eine Ausübung erfolgt. Übersteigt beispielsweise der Ausübungspreis der Option deutlich den aktuellen Wert der Anteile, d.h. ist die Option aus dem Geld, und ist nicht zu erwarten, dass sich die Verhältnisse während des Ausübungszeitraums der Option ändern, kann in 214 der Regel davon ausgegangen werden, dass die Option keine Substanz besitzt.26 Neben dem Ausübungspreis der Option sind jedoch auch andere Faktoren in die Analyse einzubeziehen. Muss Unternehmen A beispielsweise damit rechnen, dass bei Ausübung der Option die wesentlichen für die Produktentwicklung bei der Entwicklungsgesellschaft verantwortlichen Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, und damit das technische Know-how aus der Gesellschaft abfließt, würde dies gegen eine Ausübung der Option und damit gegen eine Berücksichtigung der potenziellen Stimmrechte bei der Analyse der Verfügungsgewalt sprechen.27 Ähnliche Überlegungen sind auch in einem handelsrechtlichen Konzernabschluss anzustellen. Erfolgt die Softwareentwicklung beispielsweise für A und erfolgt zudem eine unmittelbare Finanzierung durch das Unternehmen, handelt es sich von Anfang an um eine TochterZweckgesellschaft (§ 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB), weil A durch das Darlehen die absolute Mehrheit der Risiken aus der (Entwicklungs-)Tätigkeit trägt. Selbst wenn keine TochterZweckgesellschaft vorliegt, kann durch die Option ein Mutter-/Tochterverhältnis nach § 290 Abs. 1 Satz 1 HGB begründet werden, wenn die Ausübung der Kaufoption so gut wie sicher ist (DRS 19.75 f.) 2. Ansatz eines Derivats Erfolgt keine Konsolidierung der Entwicklungsgesellschaft, ist die Kaufoption sowohl nach IFRS als auch nach HGB als finanzieller Vermögenswert bzw. als sonstiger Vermögensgegenstand anzusetzen. Die Tatsache, dass dem Derivat im Rahmen der Analyse der Verfügungsgewalt möglicherweise Substanz abgesprochen wurde, ist hier irrelevant. Nach IFRS erfolgt die Bewertung des Derivats sowohl bei Zugang als auch in Folgeperioden jeweils zum beizulegenden Zeitwert (Fair Value), wobei Wertänderungen erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu zeigen sind (IAS 39.9 i.V.m. IAS 39.43 für die Zugangsbewertung bzw. IAS 39.9 i.V.m. IAS 39.46 i.V.m. IAS 39.55 für die Folgebewertung). Sofern der Ausübungspreis der Option dem beizulegenden Zeitwert der Anteile entspricht, beträgt der beizulegende Zeitwert der Option null. In allen anderen Fällen wird der Wert von null abweichen. Das Ausmaß der Abweichung hängt dabei unter anderem von der Höhe des Ausübungspreises, dem Wert der Anteile, den erwarteten Wertschwankungen der Anteile im Zeitablauf (Volatilität) sowie dem relevanten Zins ab. Kommt die Option zur Ausübung, d.h. werden die zu Grunde liegenden Anteile tatsächlich erworben, bildet der (verbleibende) Buchwert der Option einen Bestandteil der Anschaffungskosten. Nach HGB 28 ist die Option bei Zugang in Höhe der zu leistenden Optionsprämie anzusetzen. Sofern die Option zu marktüblichen Bedingungen abgeschlossen wird, entspricht dies dem Zugangswert nach IFRS. In Folgeperioden erfolgt eine Bewertung nach dem strengen Niederstwertprinzip, d.h. mit dem niedrigeren Wert aus Anschaffungskosten und beizulegendem (Zeit-)Wert. Ebenso wie nach IFRS bildet der Buchwert der Option bei Ausübung einen Teil der Anschaffungskosten. 26 27 28 Vgl. PwC (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15), Tz. 24.62. Vgl. PwC (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15), Tz. 24.58. Zu weiteren Beispielen auch ebd., Tz. 24.92. Für die Behandlung von Optionen nach HGB vgl. IDW RS BFA 6. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Tab. 1: Überblick über die Varianten Im. VW (falls aktivierbar) Beteiligung Forderung Finanzierung Var. 1 (im Unt.) ja nein nein EK oder FK iHd. Investitionsvolumens Var. 2a (SPE; Fin. A) (mit Konsolidierung) ja nein nein EK oder FK iHd. Investitionsvolumens Var. 2a (SPE; Fin. A) (ohne Konsolidierung) nein ja ja EK oder FK iHd. Investitionsvolumens Var. 2b (SPE; Fin. SPE) (mit Konsolidierung) ja nein nein EK oder FK iHd. Investitionsvolumens Ansatz von Minderheiten Var. 2b (SPE; Fin. SPE) (ohne Konsolidierung) nein ja nein EK oder FK iHd. AK der Beteiligung u.U. Garantien ja nein nein EK oder FK iHd. Investitionsvolumens Ansatz von Minderheiten u.U. Call nein* unterschiedlich unterschiedlich EK oder FK iHd. der AK der Option sowie ggf. der Beteiligung und der Forderung Ansatz einer Calloption Var. 3 (extern) (mit Konsolidierung) Var. 3 (extern) (ohne Konsolidierung) * Sonstiges Ansatz von Minderheiten Nach HGB handelt es sich bei der Calloption um einen immateriellen Vermögensgegenstand (IDWRS HFA 6, Tz. 12). Nach IFRS sind Derivate grundsätzlich auch dann anzusetzen, wenn sie potenzielle Stimmrechte beinhalten, die zu einer Konsolidierung geführt haben (IFRS 10.B91). Nur wenn die potenziellen Stimmrechte bei wirtschaftlicher Betrachtung bereits die Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg zur Folge haben („in substance currently give access to the returns associated with an ownership interest in a subsidiary”), unterbleibt der zusätzliche Ansatz eines Derivats. Modelle im Abschluss gilt, dass allein kleine Veränderungen in den Vertragskonditionen gewaltige Auswirkungen haben können. Die Tab. 1 fasst abschließend noch einmal zusammen, wie sich die verschiedenen, im Beitrag vorgestellten Modelle auf die zentralen Bilanzgrößen auswirken. In Abhängigkeit von der konkreten Ausgestaltung können sich durch die gewählte Variante die Renditekennzahlen sowie die Eigenkapitalquote der Gesellschaft massiv verändern.29 3. Die optimale Alternative? Im Vergleich zu der zuvor dargestellten Variante 1 (Entwicklung im Unternehmen) bzw. Variante 2 (Entwicklung in einer Zweckgesellschaft bzw. einer Structured Entity) sieht Variante 3 auf den ersten Blick sehr „bilanzschonend“ aus. Dieser Einschätzung ist allerdings mit Vorsicht zu begegnen. Zum einen muss bei Variante 3 sichergestellt werden, dass die Entwicklungsgesellschaft nicht zu konsolidieren ist. Die Kaufoption kann hier im Einzelfall eine sehr hohe Hürde darstellen. Zum anderen muss die Entwicklungsgesellschaft mit hinreichend Kapital ausgestattet werden. Ebenso wie in Variante 2 stellt sich also auch hier die Frage, ob dem Unternehmen unmittelbar ein Darlehen gewährt wird bzw. zumindest entsprechende Garantien abgegeben werden. Können diese beiden Fragen erfolgreich gelöst werden, verbleibt immer noch ein Derivat, dessen Wertänderungen teilweise (HGB) bzw. vollständig (IFRS) in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen sind. Die bilanzschonende Abbildung wird dann letztlich durch eine erhöhte Volatilität des Gewinns erkauft. V. Zusammenfassung Die Möglichkeiten, Wachstum zu finanzieren, sind nahezu unendlich, und beinahe jeden Tag werden am Markt neue Strukturen angeboten. Für Unternehmen auf der Suche nach einem Finanzierungsmodell ergeben sich hieraus einerseits Chancen, andererseits besteht das Risiko, bei der Vielfalt der Alternativen die entscheidenden Parameter aus den Augen zu verlieren. Gerade bei der Abbildung der unterschiedlichen CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 29 Da die einzelnen Varianten sich im Detail stark unterscheiden, ist es nur schwer möglich, eine pauschale Aussage über die Vorteilhaftigkeit einzelner Alternativen in Bezug auf Bilanzkennzahlen zu treffen. Hier ist jeweils eine Beurteilung für den Einzelfall erforderlich. 215 Finanzierung www.cf-fachportal.de Wachstumsfinanzierung/Steuern »CF0696239 Daniel Blöchle / Prof. Dr. Christian Schmidt, beide Nürnberg Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum – Steuerliche Implikationen und Steueroptimierungsstrategien – Ein Überblick über ausgewählte Handlungsoptionen – Daniel Blöchle ist Partner bei PwC in Nürnberg. Prof. Dr. Christian Schmidt ist ordentlicher Professor an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm. Kontakt: [email protected] Finanzierung und Wachstum sind heutzutage verbundene Themenfelder von hoher strategischer Bedeutung für jedes Unternehmen. Damit Steuern im Unternehmen nicht zur Wachstumsbremse werden, bedarf es einer ausgeklügelten Strategie. Im vorliegenden Beitrag werden praxisrelevante Möglichkeiten zur steuerlichen Optimierung der Wachstumsfinanzierung übersichtsartig aufgezeigt. I. Einleitung Grundsätzliche steuerliche Fragestellungen sowie die Berücksichtigung der Steuerregime anderer Jurisdiktionen und ggf. deren Präferenzregelungen für Innovationen spielen bei einer durchdachten Finanzierung eine wichtige Rolle. Dies gilt zum einen für den Geldgeber, der seine Rückflüsse möglichst steueroptimal gestalten möchte. Zum andern gilt dies auch für das die Finanzierung nachfragende Unternehmen, das die Abflüsse steuerlich nutzen, künftige Erträge aus der Entwicklung von „Intellectuel Property“ (IP) (z.B. in Form von gruppen-internen Lizenzerträgen) steuergünstig vereinnahmen und etwa auch den Erhalt von Verlustvorträgen und die Vermeidung der sog. Mindestbesteuerung sicherstellen möchte. Der nachfolgende Beitrag unterscheidet dabei zwischen einem internen und einem externen Modell. Des Weiteren wird nachfolgend zwischen Inlands- und Auslandsfinanzierung bzw. inländischer und ausländischer IP-Entwicklung differenziert. II. Internes Modell Beim internen Modell wird das „Wachstum“ bzw. das zu entwickelnde IP nicht in einer eigenen Gesellschaft angesiedelt, sondern innerhalb der rechtlichen Hülle des Unternehmens, welches den Finanzbedarf hat. 1. Steueroptimierung in der Entwicklungsphase Ein großes steuerliches Problem bei Start-ups und stark wachsenden Unternehmen ist die Begrenzung der steuerlichen Verlustverrechnung im Rahmen der sog. Mindestbesteuerung. Danach kann ein Verlustvortrag aus Vorjahren mit laufenden Gewinnen nur bis zur Höhe von 1 Mio. € verrechnet werden; darüber hinaus nur zu 60% (§ 10d Abs. 2 EStG, für KSt-Subjekte in Verbindung mit § 8 Abs. 1 S. 1 KStG). Im Ergebnis entstehen so Situationen, in denen Unternehmen, die in die Gewinnphase 216 kommen, ihre Verlustvorträge nicht vollständig verrechnen können und somit Liquiditätsabflüsse in Form von Steuerzahlungen zu tragen haben. Beispiel: In den ersten drei Jahren erleidet die M KapGes Verluste i.H.v. zusammen 5 Mio. €. Im vierten Jahr erwirtschaftet das Unternehmen einen Gewinn i.H.v. 2 Mio. €. Der kombinierte Steuersatz aus KSt, SolZ und GewSt beträgt 30%. Das ergibt eine Steuer im vierten Jahr i.H.v. 120.000 € (Berechnung: 2 Mio. € Gewinn abzüglich 1 Mio. € Verlustvortags-Sockelbetrag abzüglich 60% des die 1 Mio. € übersteigenden Betrags = 400.000 €; davon 30%). Durch steuerplanerische Strukturierung lassen sich die Folgen der Mindestbesteuerung abmildern oder sogar ganz vermeiden. Hierzu kann die Sonderregelung des § 15a EStG genutzt werden. Die Regelung soll sicherstellen, dass Kommanditisten steuerliche Verluste maximal in Höhe ihrer Haftung zugerechnet werden können. Da Kommanditisten nur mit ihrer im Handelsregister eingetragenen Einlage haften, können darüber hinausgehende Verluste vom Gesellschafter nicht mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden. § 15a EStG selbst sieht allerdings keine Mindestbesteuerung vor. Demnach können die nach § 15a EStG vorgetragenen Verluste unbeschränkt mit Gewinnen der Folgejahre verrechnet werden. Aufgrund der selbstständigen Steuersubjekteigenschaft einer gewerblichen Personengesellschaft für GewSt-Zwecke, gilt dies nicht für die GewSt. Denn die Regelung des § 10a GewStG enthält im Gegensatz zu § 15a EStG eine Beschränkung, bei der ebenfalls nur 60% der Verluste, die 1 Mio. € übersteigen, verrechnet werden dürfen. Beispiel: Die M KapGes hat die Entwicklung eines neuen Produkts in eine IPPersonengesellschaft ausgelagert. Die Hafteinlage des Kommanditisten beträgt 1 €. In den Jahren 01 bis 03 sind Verluste i.H.v. zusammen 2 Mio. € entstanden. Im Jahr 04 ein Gewinn i.H.v. 2 Mio. €. Die GewSt soll 15% betragen. Abb. 1 zeigt, dass durch die Einschaltung der IP-PersG mit einem Haftkapital von 1 € die Verluste i.H.v. 1.999.999 € nach § 15a EStG in der Personengesellschaft für KSt-Zwecke eingeschlossen bleiben. Durch Steuerung des Haftkapitals kann ggf. der M KapGes auch ein Verlust zukommen. Im Jahr 04 unterliegt der Gewinn von 2 Mio. € nicht der KSt, sondern nur der GewSt im Rahmen der Mindestbesteuerung. Die Steuerbelastung beträgt demnach 60.000 € (400.000 € *15%). CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 1: Vermeidung der Mindestbesteuerung M KapGes T-GmbH Kommandist 100% Darlehen Komplementär 0% IP PersG 2. Steuerlicher Abzug der Fremdkapitalzinsen (Zinsschranke, §§ 4h EStG, 8a KStG) Bei der Finanzierung von Wachstum mit Fremdkapital ist auf die steuerliche Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen zu achten. Dabei ist zunächst zu konstatieren, dass die Hinzurechnung bei der GewSt nach § 8 Nr. 1a GewStG, insbesondere im europarechtlichen Kontext, nicht zu beanstanden ist.1 Für ESt- und KSt-Zwecke sind Zinsen grundsätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig. Bei grenzüberschreitenden Zahlungen sind Verrechnungspreisgrundsätze zu beachten, wenn die Finanzierung (auch) konzernintern erfolgt. Des Weiteren ist die Zinsschranke zu beachten. Zinsen sind dabei nur abzugsfähig, wenn die in Abb. 2 auf S. 218 veranschaulichten Prüfschritte zu einem positiven Ergebnis führen. Wie die Abb. 2 zeigt ist insbesondere bei Kapitalgesellschaften als Schuldner der Finanzierung darauf zu achten, dass nicht gleichzeitig auch eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a KStG vorliegt, wenn die Freigrenze des Saldos aus Guthaben- und Schuldzinsen i.H.v. 3 Mio. € überschritten wird und das steuerliche EBITDA unter 30% liegt. Abschließend bleibt zur Zinsschranke noch zu sagen, dass diese nach Auffassung des BFH verfassungswidrig ist. 2 Entgegen dem BFH gewährt die Finanzverwaltung allerdings keine Aussetzung der Vollziehung über den entschiedenen Fall hinaus.3 3. Vermeidung der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland Bei einer Finanzierung aus dem Ausland können die Vergütungen an den Kapitalgeber sowohl in Deutschland der beschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 EStG unterliegen als auch beim Unternehmen, das die Finanzierung aufgenommen hat, als Vergütungsschuldner quellensteuerabzugspflichtig sein. Dies gilt nicht für unbesicherte „normale“ Fremdkapitalzinsen. Eine beschränkte Steuerpflicht auf Vergütungen ist jedoch insbesondere in folgenden Fällen gegeben: – Partiarische Darlehen (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) EStG) – Forderung ist durch inländischen Grundbesitz gesichert (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c) Doppelbuchst. aa) EStG) – Fremdkapitalähnliche Genussrechte (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c) Doppelbuchst. bb) EStG) 1 2 3 Vgl. EuGH vom 12.05.2011 – C-397/09, DStR 2011 S. 1419. Vgl. BFH vom 18.12.2013 – I B 85/13, BStBl. I 2014 S. 947 = DB 2014 S. 927. Vgl. BMF-Schreiben vom 13.11.2014, BStBl. I 2014 S. 1516 = DB 2014 S. 2680. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Zu beachten ist die Gefahr der Umqualifizierung eines „normalen“ Darlehens in ein partiarisches Darlehen bei Leistungsstörungen aufgrund bestehender höchstrichterlicher Rechtsprechung, 4 mit der Folge, dass eine Verpflichtung für das kreditnehmende Unternehmen entstünde, Kapitalertragsteuer auf die Zinsen einzubehalten und an das zuständige Finanzamt abzuführen. Diesbezüglich besteht gem. § 44 Abs. 5 EStG auch eine Haftungsschuld als Folge der Kapitalabzugsverpflichtung. 4. Steueroptimierung beim Exit a) Steueroptimierungsstrategien beim Verkauf/Rückkauf einer Minderheitsbeteiligung Aufgelaufene Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft würden – anders als bei Personengesellschaften – nach dem grundsätzlich geltenden Trennungsprinzip erhalten bleiben, wenn nur die Anteile an der Gesellschaft übertragen werden. Etwas anderes gilt aber nach § 8c Abs. 1 KStG, wenn eine Beteiligung von über 25% an einen Erwerber oder eine „Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen“ veräußert wird. In diesem Fall sieht das KStG einen anteiligen Verlustuntergang vor, der zu einem vollständigen Verlustuntergang wird, wenn eine Beteiligung von über 50% übertragen wird. Zwei Rückausnahmen können dieses unliebsame Ergebnis verhindern: – Konzernklausel (§ 8c Abs. 1 S. 5 KStG) – Stille-Reserven-Klausel (§ 8c Abs. 1 S. 6 ff. KStG) Bei Übertragungen von Anteilen innerhalb eines Konzerns bestimmt § 8c Abs. 1 S. 5 KStG, dass aufgelaufene Verlustvorträge erhalten bleiben, wenn „an dem Übertragenden und an dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person zu jeweils 100% mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist.“ Des Weiteren sind nach § 8c Abs. 1 S. 6 KStG die stillen Reserven im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft gegenzurechnen: Bei einem anteiligen Verlustuntergang werden die stillen Reserven anteilig berücksichtigt, bei einem vollständigen Verlustuntergang im Fall einer Mehrheitsbeteiligung erfolgt eine vollständige Gegenrechnung der stillen Reserven in der Kapitalgesellschaft. Durch geeignete Gestaltungen können Verluste ggf. bereits bei ihrer Entstehung verwertet werden: – Organschaft – Darlehensgewährung im Konzern – Stille Gesellschaft mit Verlustbeteiligung Bei der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft (§§ 14 ff. KStG, § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG) wird im Ergebnis das Trennungsprinzip – um den Preis eines Ergebnisabführungsvertrags, der die Verlustübernahme durch das Mutterunternehmen (Organträger) zwingend mit einschließt – aufgehoben, sodass eine Saldierung von Gewinnen und Verlusten im Organkreis erfolgt. Bei einer Darlehensgewährung im Konzern von „oben nach unten“, liegt bei einem zinslosen oder zu niedrig verzinsten Darlehen des Mutterunternehmens an eine Tochterkapitalgesellschaft keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, sodass Verluste der Tochtergesellschaft insoweit steuerlich „gestaltet“ werden können. Schließlich trägt selbst bei einer typischen stillen Gesellschaft der still Beteiligte einen Teil der Verluste, welche bei dem Unternehmen, das die Finanzierung über eine stille Beteiligung aufnimmt, als Ertrag und damit verlustmindernd zu behandeln sind. 4 BFH vom 22.06.2010, I R 78/09, BFH/NV 2011 S. 12. 217 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 2: Sicherstellung des Abzugs der Finanzierungsaufwendungen Zinsschranke Zinsaufwand ./. Zinsertrag Saldo ≤ 0 ja nein Zinssaldo < 3 Mio. € (Freigrenze) ja nein Zinssaldo < 30% stl. EBITDA ja nein keine Konzernzugehörigkeit ja Eigenkapitalvergleich gelingt ja nein nein Bei KapGes: keine schädliche GesFremdFin (§ 8a KStG) volle Abzugsfähigkeit des Zinsaufwands ja nein Zinsschranke: Beschränkung des Zinsabzugs auf 30% des stl. EBITDA (übersteigender Betrag: Zinsvortrag) Abb. 3: IP-Gewerbesteuer-Optimierungsmodell GmbH Lizenzierung GewSt-Oase Weiterlizenzierung Deutschland Inland/Ausland • GmbH lizenziert IP unentgeltlich an GewSt-Oase • GewSt-Oase lizenziert das IP entgeltlich weiter • GewSt-Ersparnis in Höhe der Hebesatzdifferenz Gemeinde München Grünwald Zossen Steuerbelastung 32,98% 24,23% 22,83% Differenz 8,75% 10,15% Veräußerer in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft können Anteile an einer Kapitalgesellschaft von unter 10% derzeit noch nahezu (zu 95%) steuerfrei veräußern. Demgegenüber ist eine Veräußerung nur zu 40% steuerfrei, wenn die Veräußerer natürliche Personen sind, die den Anteil unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft halten. Eine weitere Steueroptimierung ist durch die Einschaltung von Auslandsgesellschaften möglich. Wird die vorstehend erwähnte Beteiligung in einer Auslandsgesellschaft gehalten und von dieser veräußert, kann die Veräußerung sogar zu 100% steuerfrei sein, wenn für die Auslandsgesellschaft ein Staat gewählt wird, der eine 100%ige Befreiung auf Beteiligungsveräußerungen gewährt (z.B. Niederlande, Österreich). Zusammenfassend lässt sich für das „interne Modell“ festhalten, dass die Strukturierung der Finanzierung von Anfang bis Ende auch steuerlich durchdacht sein sollte und dabei den Exit berücksichtigen muss, da die Steuereffekte einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtkosten bzw. -rendite der Finanzierung haben können. 218 III. Externes Modell Beim externen Modell wird die Entwicklung in einer separaten Gesellschaft vorgenommen. Die Finanzierung kann durch Fremdkapital und/oder Eigenkapital und/oder Mezzaninkapital erfolgen. Der Kapitalgeber/Investor kann „normaler“ Gesellschafter sein. Die Ansiedlung der Gesellschaft im Ausland kann zusätzliche Steuervorteile bieten. Es erhöhen sich aber auch Komplexität und Risiko. Auf eine sorgfältige Planung und Umsetzung ist zu achten. Die Steuervorteile sollten den regelmäßig höheren Durchführungskosten gegenüber gestellt werden. 1. Gewerbesteueroptimierung Eine relativ einfach umzusetzende Steueroptimierung kann im reinen Inlandsfall durch die Nutzung des Hebesatzgefälles bei der GewSt erfolgen. Legt man den Sitz der IP-Entwicklungsgesellschaft in eine „Gewerbesteueroase“ kann dies zu einer Steuerersparnis bei den künftigen Erträgen (etwa Lizenzerträge aus dem entwickelten IP von der nutzenden Gesellschaft) von 8% oder mehr führen. Abb. 3 zeigt die Effekte bei einer Sitzverlegung von München nach Grünwald (GewSt-Ersparnis 8,75%) und von München nach Zossen bei Berlin (zusätzlich 1,4%, insgesamt also im Vergleich zu München 10,15%). 2. Ausländische Rechtsordnungen Ausländische Staaten locken seit vielen Jahren mit Steuervorteilen für geistiges Eigentum und haben Präferenzregelungen (sog. „IP-Boxen“ bzw. „Patentboxen“) geschaffen, die erhebliche Steuervorteile bieten. Allein innerhalb der EU gibt es 16 Länder mit solchen Regelungen. Als Beispiele seien nur die Niederlande (reduzierter KSt-Satz 5%), Belgien (6,8%), Malta und Zypern (keine Steuern auf Lizenzerträge in den beiden zuletzt aufgeführten Staaten) genannt. 5 Solche Regelungen wird es auch nach Umsetzung der BEPS- 5 Vgl. hierzu ausführlich mit Kurzbeschreibung der jeweiligen Länder Blöchle/Menninger, The Patent Box – tax regimes in Europe, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2015, S. 166 ff. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de D GmbH Deutschland Niederlande US Tax Consolidation Auslands-KapG (IP) 7 Vgl. hierzu auch den gemeinsamen Vorschlag von Deutschland und Großbritannien unter http:// www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2014/11/1411-11-PM47.html, Abruf am 12.05.2015. Vgl. hierzu ausführlich Linn, IStR 2015 S. 114 ff. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 US Corp. Bank/ Gesellschafter Interest Ausland (NL/Drittstaat) 6 Loan US Partnership X Holding BV Maßnahmen geben. 6 Darüber hinaus gibt es Länder mit einer großzügigen mehrstufigen Forschungsförderung (z.B. Österreich). Auch die Tatsache, dass verschiedene Staaten – anders als Deutschland – keine Quellensteuer auf abf ließende Lizenzerträge erheben, kann und wird (z.B. von US-amerikanischen Konzernen wie Google und Apple) steuerplanerisch genutzt. Denn häufig kann es bei der Anrechnung ausländischer Quellensteuer zu Überhängen und dadurch zu negativen Auswirkungen auf die Steuerquote kommen. Unabhängig von speziellen Steuerregelungen für IP in einzelnen Ländern sind auch generelle Niedrigsteuerländer interessant (z.B. Irland mit 12,5% oder Polen, Tschechien, Ungarn mit jeweils 19%; dazwischen liegen die KSt-Sätze in den baltischen Staaten). Nicht zuletzt spielt auch die Rulingpraxis der einzelnen Staaten eine wichtige Rolle. Solche „verbindlichen Auskünfte“ können sich – anders als in Deutschland, wo nur Rechtsauskünfte verbindlich erteilt werden können – auch auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage beziehen und so zu niedrigeren Steuersätzen führen. Künftig wird diese Praxis allerdings stärker unter Beobachtung der EU-Kommission stehen, die im Hinblick auf bestehende Rulings von Amazon, Apple, Fiat und Starbucks ein förmliches Prüfverfahren gegen Irland, Luxemburg und die Niederlande wegen möglicher Verstöße gegen die unionsrechtlichen Beihilfebestimmungen eröffnet hat.7 Des Weiteren können vorteilhafte Konzernbesteuerungs- bzw. Gruppenbesteuerungssysteme (z.B. die Fiskale Einheit in den Niederlanden, die österreichische Gruppenbesteuerung) genutzt werden. Abb. 4 zeigt die Vorteile aus einer Verwendung der niederländischen Gruppenbesteuerung. Dabei können u.a. folgende Vorteile aus dem Betrieb einer Holding in den Niederlanden entstehen: – Günstige Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zur Reduzierung der Quellensteuerbelastung des Routings von Dividenden, Zinsen und Lizenzen – Dividenden und Veräußerungsgewinne beim Exit (Beteiligungsveräußerung von IP-Gesellschaften) zu 100% steuerfrei (in Deutschland zu 95%) – Patentbox Deduction Finance Co Dividend KapGes Abb. 5: Nutzung ausländischer Steuerregimes – Beispiel: Double Dip-Struktur USA Inter-company Abb. 4: Nutzung ausländischer Steuerregimes – Beispiel: Holdingstandort Niederlande • Deutsche Sicht: US-Partnership ist transparent; es besteht keine Betriebsstätte in den USA • US-Sicht: Personengesellschaft wird als Kapitalgesellschaft behandelt (check-the-box) – Vermutlich höhere Stabilität des Steuersystems als in Deutschland bzw. historisch gewachsene Anpassungsfähigkeit „mit Augenmaß“ an die internationalen Herausforderungen In der Vergangenheit konnten auch Double Dip 8 Strukturen relativ „steuersicher“ umgesetzt werden. Die Abb. 5 zeigt eine Struktur im Verhältnis Deutschland-USA. Durch die Nutzung der US-Vorschriften zur steuerlichen Konsolidierung und der nach US-Recht möglichen Option, eine Personengesellschaft steuerrechtlich als Kapitalgesellschaft zu behandeln, fallen die Zinsen an das Finanzinstitut nach US-Steuerrecht in die USA und sind dort auf Ebene der US-Personengesellschaft abzugsfähig. Wenn die Sach- und Personalmittel der Personengesellschaft so bemessen werden, dass aus deutscher Sicht eine US-Betriebsstätte, der die Zinsen zuzurechnen sind, nicht vorliegt, so können die Zinsen ein zweites Mal in Deutschland auf Ebene der D-GmbH steuermindernd angesetzt werden. Wo das Finanzinstitut (hier Bank) seinen Sitz hat, ist für diese Struktur unerheblich. Diese Strukturen werden künftig aufgrund der, in dem Aktionsplan der OECD vorgesehenen Maßnahmen im Rahmen der BEPS-Arbeiten so nicht mehr möglich sein.9 Auch Offshore-Strukturen müssen künftig anhand der kommenden, teilweise aber auch schon umgesetzten10 BEPSMaßnahmen sorgfältig überprüft werden. Die Abb. 6 auf S. 220 zeigt eine bisher mögliche Struktur. Schuldzinsen können in Deutschland mit einer Steuerwirkung von etwa 30% abgezogen werden (Summe aus KSt, SolZ und GewSt), wobei unterstellt wird, dass die Zinsen angemessen sind und auch nicht unter die Abzugsbeschränkungen der Zinsschranke fallen. Dieser Status quo wird sich voraussichtlich in der nahen Zukunft (Ende 2015, spätestens 2016) ändern, wenn Deutschland weitere BEPS-Maßnahmen umsetzt. Bereits am 24.10.2014 schlug der Finanzausschuss des Bundesrats 8 9 10 Double Dip = doppelter Abzug. Vgl. hierzu den OECD-Bericht vom 16.09.2014, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, abrufbar unter: http://www.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralising-the-effectsof-hybrid-mismatch-arrangements_9789264218819-en, Abruf am 12.05.2015 sowie Lüdicke, Bulletin for International Taxation, 2014, No. 6/7 und Valta, ISR 2014 S. 249 ff. Vgl. für Deutschland die Abb. 10 auf S. 222. 219 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 6: Offshore-Finanzierung – gruppenintern/-extern Externer Kapitalgeber Alt. 1: Dividenden Abb. 7: Gewerbesteueroptimierung Finanzierung Alt. 2: Zinsen KapGes Deutschland D 30% Offshore Ausland Zinsen • Umwandlung des bei der Holding steuerpflichtigen Zinsertrags in steuerfreie Dividenden • Verwendung einer Offshore Finanzgesellschaft, wenn Zinszahlungen keiner Quellensteuer unterliegen • In Deutschland besteht derzeit das Risiko, dass Zinsen künftig nicht mehr abzugsfähig sind (vgl. Entwurf § 4 Abs. 5a EStG) vor, die Empfehlungen der OECD zu hybriden Gestaltungen (Maßnahme 2) kurzfristig und vor endgültiger Verabschiedung durch die G20/OECD in nationales Recht umzusetzen, und empfahl folgende Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs durch Schaffung eines neuen § 5 Abs. 4a EStG. Danach sollen Betriebsausgaben nicht abziehbar sein, „soweit sie beim unmittelbaren oder mittelbaren Empfänger nicht als Einnahmen in der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigt werden oder einer Steuerbefreiung unterliegen, weil das zugrunde liegende Rechtsverhältnis bei der Besteuerung des Leistenden und des Empfängers nicht einheitlich als Fremdkapitalüberlassung behandelt wird.“11 Die Bundesregierung hat einer solchen Regelung grundsätzlich ihre Zustimmung gegeben, möchte aber vor der Umsetzung den Abschluss der BEPS-Arbeiten und die Beschlüsse der G20-Staaten abwarten. Die angedachte Abzugsbeschränkung entspricht zwar im Grundsatz dem OECD-Ansatz, geht aber über diesen (weit) hinaus, weil keine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf Konzernverhältnisse oder nahestehende Personen erfolgt. Damit wären z.B. auch Zinsen an steuerbefreite (ausländische) Banken betroffen. Allerdings bedeutet eine solche Abzugsbeschränkung zumindest eine mittelbare (indirekte) Diskriminierung ausländischer Zahlungsempfänger nach Art. 24 OECD-MA. Das Problem spricht die OECD auch in den Arbeitspapieren an, sieht jedoch in den Fällen, in denen die Zinsen beim Empfänger nicht besteuert werden oder die Zinsen doppelt abgezogen werden („double dip“) keinen Verstoß gegen das Abkommensrecht.12 11 12 BR-Drucks. 432/1/14 S. 12. “The basic thrust of the draft recommendations set out in the WP11 Discussion Draft is to ensure that payments are treated consistently in the hands of the payer and the recipient and, in particular, to prevent a double deduction or deduction without a corresponding inclusion. These recommendations do not appear to raise any issue of discrimination based on nationality (Art. 24(1)). They also do not appear to treat permanent establishments differently from domestic enterprises (Art. 24(3), to provide different rules for the deduction of payments made to residents and non-residents (Art. 24(4)) or to treat domestic enterprises differently based on whether their capital is owned or controlled by residents or non-residents (Art. 24(5)).”, Public Discussion Draft, BEPS Action 2: Neutralise the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, (Treaty Issues), 19.3.-02.05.2014, Tz. 23. 220 Nachher 30% 15% Ausland Holding Dividenden Vorher Darlehen PersG Zinsen • Darlehen an ausländische Personengesellschaft • Zinserträge als Sonderbetriebseinnahmen in Deutschland gewerbesteuerfrei • Abzug der Zinsaufwendungen im Ausland Es ist jedoch höchst zweifelhaft, ob diese Auffassung vor dem BFH Bestand haben wird, weil sie seiner ständigen Rechtsprechung13 widerspricht.14 Für die Praxis muss aber davon ausgegangen werden, dass in absehbarer Zeit Off-Shore-Strukturen in Deutschland einem erhöhten Steuerrisiko ausgesetzt sind. 3. Strukturierung mit ausländischen Personengesellschaften Die Strukturierung mit (ausländischen) Personengesellschaften und die damit verbundene Transparenzbetrachtung ermöglicht die Realisierung einiger Vorteile. Zum einen führt die transparente Behandlung dazu, dass Gewinnausschüttungen als Entnahmen in Deutschland nicht steuerbar sind, während die Gewinne in der Erzielungsphase nach den meisten deutschen DBA unter Progressionsvorbehalt steuerfrei gestellt werden. Zusätzliche Vorteile sind: – die Nutzung sog. „finaler Verluste“ innerhalb der EU bzw. des EWR, – bei DBA mit Aktivitätsvorbehalt die Nutzung der laufenden Verluste in der Entwicklungsphase bei Nichterfüllung des Vorbehalts und ggf. Steuerfreiheit in der Verwertungsphase bei dann Erfüllung des Aktivitätsvorbehalts, – sowie die Nutzung von Qualifikationskonflikten nach innerstaatlichem Steuerrecht zur GewSt-Optimierung (vgl. hierzu Abb. 7). In Abb. 8 auf S. 221 werden zusätzlich zwei weitere Modelle dargestellt. Zum einen ist es möglich – etwa im Verhältnis zu Österreich – ein bestehendes IP in eine ausländische Personengesellschaft zu übertragen und so zumindest die deutsche GewSt zu vermeiden. Zum anderen ist es auch denkbar, das IP im Ausland zu entwickeln und künftige Gewinne (Lizenzerträge, Veräußerungen) – wie ausgeführt unter Nutzung der Freistellungsregelungen von DBAs – auch für Einkommen- und KSt-Zwecke freizustellen. Allerdings setzt dies voraus, dass im Ausland entsprechende Mitarbeiter vorhanden sind. 13 14 Vgl. die BFH-Urteile vom 03.02.2014, I B 156/12 (Russland), BeckRS 2014, 95244, vom 16.01.2014, I R 30/12 (USA), DB0651792 = DStR 2014 S. 734 und vom 08.09.2010, I R 6/09 (Schweiz), BStBl. II 2013 S. 186 = DB 2010 S. 2703. Auch Schnitger/Oskamp halten die OECD-Auffassung für unzutreffend. Vgl. Schnitger/Oskamp, IStR 2014 S. 385 ff. (391 ff.). Nach Meinung von Dr. Schwenke, Richter am I. Senat des BFH (geäußert auf der BDI/PwC-Steuertagung, Berlin 05.05.2014) ist es wohl nicht möglich, eine einschränkende Auslegung des DBA-Diskriminierungsverbots – wie sie die OECD bei Hybrid Mismatches vorschlägt – vorzunehmen. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 8: Kombination aus ausländischer Forschungsförderung und Gewerbesteueroptimierung in Deutschland Abb. 9: Die steueroptimierte Gruppenstruktur Finance Co KapGes Deutschland Lizenzen Ausland Organschaft Organschaft Inland Ausland PersG Lizenzen KapGes PersG In Deutschland ansässige Mitarbeiter können eingesetzt werden, müssen aber ihre Arbeitsleistung mit physischer Präsenz im Ausland erbringen. Zur Reduktion der ausländischen Steuer kann es – gerade im Mittelstand bei einer Spitzeneinheit in der Rechtsform einer Personengesellschaft – sinnvoll sein, sich einer Organschaftsstruktur zu bedienen, wie Abb. 9 zeigt. 4. Einfluss von BEPS auf die internationale Steuerplanung Wie bereits ausgeführt, werden die BEPS-Arbeiten der OECD, federführend für die G20-Staaten, einen erheblichen Einfluss auf künftige grenzüberschreitende Finanzierungsstrukturen haben. Eine sorgfältige Planung ist deshalb noch stärker einzufordern. Abb. 10 auf S. 222 zeigt, dass Deutschland in diesem Zusammenhang eine Art Vorreiterrolle übernommen hat und zahlreiche Regelungen bereits in nationales Recht umgesetzt sind, welche den BEPSMaßnahmen entsprechen. IV. Misserfolgsfall 1. Steuerliche Grundgegebenheiten Unter steuerlichen Gesichtspunkten wäre es vorteilhaft, durch „Verlustauftrocknungsmodelle“ und aufgeschobene Vergütungsmodelle, das Endgültigwerden von Verlusten zu vermeiden. Beispiele: – Verdeckte Einlagen – Auftragsentwicklung mit laufender Vergütung Dabei sind zu unterscheiden: – steuerlich transparente vs. steuerlich intransparente Strukturen – reine Inlandsfälle vs. Fälle mit Auslandsbezug Zu beachten ist, dass Verluste die „ungeliebten Kinder des Steuerrechts“ sind. Es gibt zusätzliche Beschränkungen, in denen Verluste – abweichend von der steuerrechtlichen Grundsystematik – nicht genutzt werden können. Die hohen Verlustvorträge in den deutschen Bilanzen und Steuererklärungen lassen auf absehbare Zeit keine Besserung erkennen.15 15 Vgl. Diskussionspapier der Koalitionsfraktionen„Zwölf Punkte zur weiteren Modernisierung und Vereinfachung des Unternehmensteuerrechts“, Februar 2012. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 2. Verluste Während der Entwicklungsphase auflaufende Verluste werden bei steuerlich transparenten Strukturen (Personengesellschaften/Einzelunternehmen/Betriebsstätten) im Inlandsfall grundsätzlich zum Gesellschafter „hochgeschleust“. Allerdings gilt dies bei Personengesellschaften nicht für die GewSt. Zudem ist bei der Ermittlung der ESt bzw. KSt des Gesellschafters § 15a EStG zu beachten. Auf das Thema „Mindestbesteuerung“ wurde bereits hingewiesen. Im Auslandsfall ist darüber hinaus die sog. Symmetriethese zu beachten. Danach sind Auslandsverluste nur im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen, wenn ein DBA die Gewinne freistellt. DBA mit einem Aktivitätsvorbehalt eröffnen aber interessante Gestaltungsspielräume. In EU-/EWR-Fällen gilt die Symmetriethese bei „finalen ausländischen Verlusten“ i.S.d. EuGH-Rechtsprechung nicht.16 Damit können solche Verluste auch im Freistellungsfall im Inland abgezogen werden. Die Finanzverwaltung verweigert aber i.d.R. die Festsetzung. 3. Verwertung von Verlustvorträgen Bei steuerlich intransparenten Strukturen im Fall von Kapitalgesellschaften können verschiedene Strukturierungsalternativen genutzt werden. Neben Auftrocknungsmodellen kommt die Begründung einer gewerbesteuerlichen und körperschaftsteuerlichen Organschaft in Betracht. Im Auslandsfall sollte über wirtschaftlich vergleichbare schuldrechtliche Verträge nachgedacht werden. Bei einer Veräußerung von Beteiligungen über 25% ist bei deutschen Verlustgesellschaften an den Wegfall des Verlustabzugs gem. § 8c KStG zu denken. Hier gibt es sowohl Gestaltungen im Vorfeld einer Veräußerung als auch für den Zeitpunkt der Veräußerung, die den möglichen Verlustuntergang vermeiden. Hat die Verlustgesellschaft Sitz und Geschäftsleitung im Ausland, ist das ausländische Steuerrecht zu prüfen. Viele Staaten kennen keine Vorschrift, die der deutschen Regelung des § 8c KStG entspricht. 16 Vgl. das grundlegende Urteil des EuGH vom 15.05.2008, C-414/06, BStBl. II 2009 S. 692 = DB 2008 S. 1130 sowie die Folgerechtsprechung des BFH, zuletzt BFH vom 05.02.2014, I R 48/11, DB 2014 S. 931 = DStR 2014 S. 837. 221 Finanzierung www.cf-fachportal.de Abb. 10: Einfluss von BEPS auf die internationale Steuerplanung Nationale Regelungen DBAKlauseln • Korrespondenzprinzip Dividenden • Korrespondenzprinzip für verd. Einlagen • „Anti Treaty Shopping“ Regelung • Hinzurechnungsbesteuerung (AStG) • Nationale switch-over- und subject-to-tax-Regelungen • Doppelberücksichtigung negativen Einkommens • Entlastungerfordernis von der KapESt bei hybriden Gesellschaften • Equity test (§ 8b Abs. 1 S. 2 ff. KStG) (§ 8 Abs. 3 S. 4 KStG) (§ 50d Abs. 3 EStG) (§§ 7-14 AStG) (§ 50d Abs. 8-10 EStG; § 20 Abs. 2 AStG) (§ 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG) (§ 50d Abs. 1 S. 11 EStG) (§ 4h Abs. 2 S. 8 ff. EStG) • Subject-to-tax-Klauseln • Switch-over-Klauseln • Aktivitätsklauseln • Benefit-Ownership-Klauseln V. Fazit, Ausblick Konzepte einer Wachstumsfinanzierung sind unvollständig, wenn sie steuerliche Möglichkeiten (Chancen) und Konsequenzen (Risiken) nicht ausreichend berücksichtigen. Eine vorausschauende Planung sowie eine sorgfältige Umsetzung, die insbesondere auch den Exit mit umfassen, sind erforderlich. Steuerlich transparente Strukturen mit Personengesellschaften sollten nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Sie können Königswege sein. Der Wettbewerb der Staaten hat zu interessanten Angeboten geführt, die genutzt werden könnten. Dies gilt sowohl für die Förderung von IP- und Know-how-Entwicklung als auch für deren Verwertung. Darüber hinaus sind Steuersätze, Gruppenbesteuerungsregime und Rulingpraxis oft günstiger. Auch sind die Vorschriften anderer Länder zur Abzugsbeschränkung als Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung milder als die deutschen Regelungen. Teilweise bestehen solche Vorschriften auch (noch) nicht. Dabei gilt: Finanzierung und Finanzierungsentgelte sind grundsätzlich „immateriell“, das bedeutet nicht ortsgebunden und somit grundsätzlich gut gestaltbar. Sie stehen aber auch besonders im Fokus steuerlicher Missbrauchsvorschriften. Bereits jetzt drohen Doppelbesteuerungen bzw. steuerliche Asymmetrien.17 Hier ist Vorsicht geboten und eine sorgfältige steuerliche Prüfung der Verträge anzuraten. Angedachte neue Vorschriften (z.B. § 4 Abs. 5a EStGEntwurf) bzw. generell die Umsetzung der G-20-Beschlüsse im Rahmen der BEPS-Arbeiten Ende 2015 führen aufgrund des starken politischen Willens und des großen internationalen Schulterschlusses zu einem Paradigmenwechsel, der in der Praxis eine Überprüfung bestehender Finanzierungsstrukturen erfordert und Neustrukturierungen unter neue Vorzeichen stellt. 17 So ist z.B. die Investitionszulage, die ein deutsches Unternehmen vom deutschen Staat erhält, nach dem Investitionszulagengesetz steuerfrei, wohingegen eine Investitionszulage, die ein deutsches Unternehmen von einem ausländischen Staat in seiner ausländischen Betriebsstätte erhält, nach Auffassung der Finanzverwaltung steuerpflichtig sein soll. Vgl. BMF-Schreiben vom 20.06.2013, BStBl. I 2013 S. 980, Tz. 2.3 Buchst. b). 222 Der steuerliche Paradigmenwechsel in der Finanzierung dürfte aber über die bisher im Rahmen der BEPS-Arbeiten diskutierten Vorschläge der OECD hinausgehen. Auf einer Konferenz der Europäischen Kommission und des IWF zur „Begünstigung von Fremdkapital in der Körperschaftsteuer“ vom 23. und 24.02.2015 in Brüssel,18 wurde die Frage untersucht, ob es nicht sinnvoll sei, die Ungleichbehandlung bei der Finanzierung – grundsätzliche Abzugsfähigkeit von Zinsen auf Fremdkapital und Nichtabzugsfähigkeit von Eigenkapitalkosten – zu beseitigen, da dieser sog. „debt bias“ sowohl zu mikroökonomischen (einseitige Finanzierungsentscheidungen von Unternehmen) als auch zu makroökonomischen (Verstärkung von ökonomischen Schocks) Verwerfungen führt, wie sich in der Finanzmarktkrise gezeigt hat. Man darf gespannt sein, wie diese Verzerrung beseitigt werden soll. Für die Unternehmen bleibt zu hoffen, dass dies nicht mit einer weiteren Verschärfung der Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen einher geht, sondern zu einem neuen steuerlichen Standard führt, der auch für das Eigenkapital, das bekanntlich das teuerste Kapital bei einer Unternehmensfinanzierung ist, Vorteile vorsieht. Denkbar und praktisch bereits erprobt wäre etwa – wie in Belgien und Liechtenstein – eine steuerliche Abzugsfähigkeit von fiktiven Zinsen auf das Eigenkapital. 18 Vgl. zu diesem Forum: http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/gen_info/tax_conferences/corporate_debt_bias/index_de.htm. Unter diesem Link sind auch die Vorträge als PDF sowie als Videoaufzeichnungen abrufbar. Abruf am 12.05.2015. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Familienunternehmen/Finanzierung/Eigenkapital »CF0696451 Prof. Dr. Dirk Honold / Toni Oed, beide Nürnberg Welches Eigenkapital passt? – Ansprüche der Kapitalgeber und Opportunitäten – Ergebnisse der Paneldiskussion 1 im Rahmen der Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum“ – Prof. Dr. Dirk Honold ist Professor für Unternehmensfinanzierung an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm und Schriftleiter und Mitherausgeber von CORPORATE FINANCE. Er begleitet zudem Wachstumsunternehmen als Mitgründer, Aufsichtsrat, Beirat und Coach, insbesondere bei Eigenkapitalfinanzierungen. Toni Oed ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät Betriebswirtschaft der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm. Kontakt: [email protected] Im Rahmen des Panels wurde mit den Geschäftsführern der Wachstumsinvestoren Kernpunkte der Beteiligungsstrukturierung bei Wachstumsfinanzierungen diskutiert. Dabei stellt sich u.a. heraus, dass der von Mittelständlern und Familienunternehmen oft befürchtete Eingriff in das operative Geschäft durch die Investoren eher die Ausnahme ist und die Kapitalgeber hinsichtlich des Exits Interessengleichheit mit den Unternehmern hoch priorisieren. In Paneldiskussion 1 – „Welches Eigenkapital passt? Ansprüche der Kapitalgeber und Opportunitäten“ – diskutiert Moderator Prof. Dr. Dirk Honold (TH Nürnberg) mit den Experten Stefan Fischer (CFO TVM Capital Life Science), Dr. Jörg Goschin (CEO Alstin), Dr. Ingo Krocke (CEO Auctus Capital) und Peter Pauli (CEO BayBG). Das Gremium gibt den Konferenzteilnehmern einen Einblick in die aktuellen Markbedingungen hinsichtlich der Strukturierung von Eigenkapitalfinanzierungen zur Förderung von Innovation und Wachstum. Die Panelteilnehmer repräsentieren den Facettenreichtum der Eigenkapital-Finanzierungslandschaft für Wachstum. Die unterschiedlichen Positionierungen der Panelteilnehmer reichen von Wagniskapital über Growth Capital in Form von Minderheitsbeteiligungen bis zu Buy-out-Beteiligungen und Mezzanine Finanzierungen. Stefan Fischer versteht TVM Capital Life Science als klassischen Venture Capital Geber. „Hauptinvestitionskriterium für uns als Venture Capital Geber ist Innovation“, erklärt dieser. Mit dem aktuellen Fonds, TVM LSV VII, werden neue Wege beschritten, um für institutionelle Anleger noch interessanter zu sein: Die Beteiligung des Fonds am Portfoliounternehmen erfolgt als Mehrheitsbeteiligung, was in der VC-Branche eher unüblich ist. Pro Beteiligung wird eine neue Gesellschaft geschaffen, wesentliche Teile des operativen Geschäfts werden jedoch durch Partner betrieben, quasi virtuell. 80 bis 85% des Kapitals gehen in die Entwicklung des Produkts/der Dienstleistung. So entsteht eine höhere Kapitaleffizienz. Die Finanzierung erfolgt von der SeedPhase bis zum Exit. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Zugleich gibt es eine strategische Kollaboration mit Eli Lilly & Company, die bei der Due Diligence unterstützend tätig ist und außerdem eine externe F&E-Einheit (Chorus) bereitstellt. Die Investmententscheidung erfolgt durch TVM Capital Life Science in Abstimmung mit Eli Lilly. Im Gegenzug bekommt Eli Lilly eine Kaufoption für eine gewisse Anzahl an Beteiligungen aus dem Portfolio von TVM LSV VII. Dr. Jörg Goschin stellt Alstin als Financier von Wachstum mit Minderheitsbeteiligungen vor, welcher insbesondere Beteiligungen in der IT-, Technologie-, Life-Sciences- und Health-Care-Branche anstrebt. Das bereitgestellte Kapital fließt direkt in das Unternehmen und steht somit zum Großteil zur Finanzierung der Wachstumsoption zur Verfügung. Wichtige Investitionskriterien für Alstin sind die Marktreife des Produkts/der Dienstleistung (Proof-of-Concept) und eine Beteiligungsquote der Unternehmensgründer von mehr als 50%, da Alstin die Gründer als treibende Kräfte des Unternehmens ansieht. „ALSTIN beschleunigt als Wachstumskapitalinvestor die Entwicklung der PortfolioUnternehmen durch einzigartige Vertriebs- und unternehmerische Unterstützung“ so Dr. Jörg Goschin. Dr. Ingo Krocke investiert mit Auctus in ertragsstarke Unternehmen mit positivem Cashf low und einer starken Positionierung im Markt. Durch eine Buy-and-Build-Strategie soll das Unternehmenswachstum beschleunigt und Wachstums- bzw. Konsolidierungspotentiale in der jeweiligen Branche genutzt werden. „Wir bringen Unternehmen zur Marktführerschaft“, so Dr. Ingo Krocke. Das Investment wird somit vorwiegend eingesetzt, um anorganisch durch Zukäufe zu wachsen. Im Rahmen der Unternehmensnachfolge übernimmt Auctus für einen Teil des Investments auch Geschäftsanteile des Unternehmers. Die BayBG bietet als Generalist verschiedene Arten von Eigenkapital unter einem Dach an, unter anderem Ventureund Growth-Capital, wie Peter Pauli erläutert. Um dem Unabhängigkeitsstreben im deutschen Mittelstand gerecht zu werden, spielen im Portfolio der BayBG auch MezzanineInvestments und Beteiligungen mit Rückkaufsrechten eine wichtige Rolle. Ein bedeutender Punkt der Beteiligung ist die vertragliche Ausgestaltung. Hier sind verschiedene Formen der Risikopartnerschaft denkbar, welche durch den Einsatz von Sonderrechten gezielt gestaltet werden können. Dr. Jörg Goschin erachtet eine Begrenzung des Verlustrisikos für den Investor als für durchaus sinnvoll, besonders bei Minderheitsbeteiligungen. Ein teilweise vereinbartes Sonderrecht zur Risikobegrenzung sind Liquidationspräferenzen. 223 Finanzierung TVM geht laut Stefan Fischer aus dem aktuellen Fonds Mehrheitsbeteiligungen (bis zu 70% Anteilsquote) ein. Dadurch kann von Liquidationspräferenzen und anderen Cashf low umverteilenden Sonderrechten abgesehen werden. Es besteht somit eine vollständige Risikopartnerschaft zwischen Investor und Gründer. Ein weiterer Vorteil dieser Ausgestaltung ist, dass keine Verwässerung der Altgesellschafter durch neue Investoren erfolgt, da die Gesellschaft bis zum anvisierten Ziel durchfinanziert wird. Die Ausfallwahrscheinlichkeit der Investments liegt laut Stefan Fischer bei bis zu 75%. Auctus wägt klassisch Risiko und Rendite ab und stellt sich bei der Ausgestaltung der Beteiligung die Frage, wie viel vom Risiko behalten wird und wie sich entsprechend abgepuffert werden kann, damit Risiko und Renditeerwartung im Einklang sind. Vor diesem Hintergrund beobachtet Dr. Ingo Krocke, dass sich der Buy-out- und VC-Bereich speziell im Hinblick auf Liquidationspräferenzen gegensätzlich entwickeln: Während Liquidationspräferenzen im VC-Bereich immer gründerfreundlicher ausgestaltet, bzw. gar keine Liquidationspräferenzen mehr verhandelt werden, gibt es im Buy-out Bereich, wo es früher kaum Liquidationspräferenzen gegeben hat, mittlerweile immer mehr Ausgestaltungen mit dieser Klausel. Im Gegensatz zu TVM ist das Ausfallrisiko bei Auctus aufgrund der häufig schon starken Marktposition der Portfoliounternehmen sehr niedrig. Laut Dr. Ingo Krocke ist von 86 eingegangenen Beteiligungen erst eine ausgefallen. Die BayBG nimmt wiederum ein erhöhtes Ausfallrisiko in Kauf. Peter Pauli erklärt: “Wir sind eine Risikokapitalgesellschaft und dementsprechend auch bereit Ausfallrisiken in Kauf zu nehmen“. Beim Mittelstand wird mit einer Ausfallquote von rund 10%, bei VC-Investitionen von ca. 1/3 ausgegangen. Zur Risikobegrenzung nutzt auch die BayBG im VC-Bereich Liquidationspräferenzen. Jedoch stellte Peter Pauli fest, dass durch manche Marktteilnehmer Liquidationspräferenzen in der Vergangenheit auch als Renditehebel genutzt wurden, was in seinen Augen nicht akzeptabel sei. Vom Moderator Prof. Dr. Dirk Honold wird angemerkt, dass offen bleibt, ob alle Parteien und insbesondere Familienunternehmer und Mittelständler die Details der Ausgestaltung und die dadurch induzierte Risikoverteilung bei Liquidationspräferenzen vollständig ref lektieren. Es gilt ein Verständnis zwischen allen involvierten Parteien herzustellen, um postvertragliche Missverständnisse von vornherein zu vermeiden. Bei Familienunternehmen besteht häufig die Befürchtung, dass sich durch die Beteiligung eines externen Investors die Governance wesentlich verändert. Dem widersprechen grundsätzlich alle vier Panelteilnehmer und verweisen auf die Kompetenz des Managements der Portfoliounternehmen. Trotzdem existieren teilweise unterschiedliche Ansätze, wie mit dem Management zusammengearbeitet wird. Dr. Jörg Goschin (Alstin) verfolgt als Minderheitsinvestor einen kooperativen Ansatz und pflegt dementsprechend eine enge Abstimmung mit dem Management. Dr. Ingo Krocke (Auctus) lässt den Unternehmern generell viel Spielraum für eigene Entscheidungen. Auch hinsichtlich zustimmungspflichtiger Geschäfte, welche in den meisten Beteiligungsverträgen klar geregelt sind, gibt es in den 224 www.cf-fachportal.de wenigsten Fällen Unstimmigkeiten. „Bei allen bisher begleiteten Mehrheitsbeteiligungen hat Auctus bisher erst eine Weisung gegeben“ erläutert Dr. Ingo Krocke. Die BayBG sieht laut Peter Pauli teilweise auch über erklärbare Businessplanverfehlungen hinweg, da die Nichterreichung bei mittelständischen Unternehmen immer wieder vorkommt. Bei Minderheitsbeteiligungen sind jedoch Schutzmechanismen wie Vetos auf der Minderheitenposition üblich. Hinsichtlich des Exits wird das Drag-Along-Right d.h. die Mitverkaufsverpf lichtung auch für unwillige Miteigentümer, oft als massiver Eingriff gesehen. Dr. Jörg Goschin sieht den Konf likt nicht, da es in der Praxis trotz Mitverkaufsverpflichtung fast unmöglich erscheint, das Unternehmen entgegen dem Willen des Managements bzw. der Miteigentümer zu verkaufen. Dr. Ingo Krocke stimmt dem zu. Er ergänzt, dass der M&A-Prozess ein äußerst sensibler Prozess ist und alle Parteien an einem Strang ziehen müssen, damit dieser erfolgreich ist. Um beim Exit Interessengleichheit herzustellen und somit Konflikten vorzubeugen schlägt er eine Vereinbarung einer Mindestrendite für alle Parteien vor, welche beim Exit erreicht werden muss. Vor dem Hintergrund der vielfältigen Facetten stellt sich abschließend die Frage nach den Umsetzungsempfehlungen für Familienunternehmen und Mittelständler. Dr. Jörg Goschin von Alstin hebt hier hervor, was der Investor neben den finanziellen Mitteln bieten kann. Stichwort: Value Added. Des Weiteren ist es essenziell, dass der Investor zur Kultur des Unternehmens passt. Auch Stefan Fischer von TVM stößt ins gleiche Horn und bestätigt, dass die Chemie zwischen Unternehmer und Investor einfach passen muss. Vorteile für Unternehmen aus der Beteiligung sieht er auch im Innovationsscouting: Mittelständler können durch den erweiterten Horizont Zugriff auf Unternehmen bekommen, die sie ansonsten gar nicht auf dem Radar hätten. Dr. Ingo Krocke von Auctus schließt sich den Vorrednern an, wobei er Unternehmen rät, sich auch Referenzen von aktuellen und ehemaligen Portfoliounternehmen des potenziellen Investors zur Entscheidungsfindung einzuholen. Peter Pauli von der BayBG hebt zusätzlich die Kompetenz der Investoren als begleitende Partner hervor, wobei Unternehmern hier der Track Record bzw. die Referenzen des Investors im Mittelstandssegment als wichtige Grundlage zur Entschlussfassung dienen kann. Prof. Dr. Dirk Honold bedankt sich herzlich für die rege und äußerst informative Diskussion und schließt damit das erste Panel ab. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 www.cf-fachportal.de Finanzierung/Wachstumsfinanzierung/Familienunternehmen Finanzierung »CF0696452 Andreas E. Mach, München Wie professionell ist die Unternehmensfinanzierung im Familienunternehmen heute? – Ergebnisse der Unternehmerdiskussion im Rahmen der Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum“ – Andreas E. Mach ist Gründer und Sprecher des Münchner ALPHAZIRKEL, eines Forums speziell für Familienunternehmen. Kontakt: [email protected] Im Jahr 2007 hat die Münchner Familienunternehmer-Plattform ALPHAZIRKEL in Zusammenarbeit mit der TU München eine empirische Studie über die Frage vorgelegt, wie professionell die Unternehmensfinanzierung in Familienunternehmen sei. Die Ergebnisse der Studie nahm der Moderator der Unternehmerdiskussion im Rahmen der Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum“ als Leitfaden für die Abschlussdiskussion mit drei Familienunternehmern. Die Diskussion zeigt einerseits die großen Unterschiede, die in der Finanzierung und Unternehmensführung von Familienunternehmen bestehen, andererseits bestätigt sie, dass traditionell geführte Unternehmen, den Erhalt der Unabhängigkeit von Familie und Unternehmen vor die Finanzierung stellen, also klassische Finanzierungsformen bevorzugen und gegenüber Eigenkapitalinstrumenten skeptisch sind. Für mit einer Investorenmentalität geführte Familienunternehmen gilt das nicht. Daher folgert der Moderator aus der Diskussion, dass eine stärkere Differenzierung des Typus Familienunternehmen notwendig ist, und Unternehmen und ihre Gesellschafter sich stärker mit der Definition der Rolle der Familie im Unternehmen auseinandersetzen sollten. Aktive Gesellschafterfamilien und Investorenfamilien haben dabei einen offeneren Umgang mit innovativen Finanzierungsinstrumenten, weil für sie der Unternehmenserhalt im Wettbewerb vor dem Erhalt des Einflusses der Familie steht, während die traditionellen patriarchalischen Unternehmen mit einer operativ tätigen Unternehmerfamilie den Erhalt der Unabhängigkeit oft vor die Innovation stellen. Dies ist angesichts der Herausforderungen vor allem der 4.0. Generation der Familienunternehmen gefährlich und bedarf einer strategischen Überprüfung der Position der Familie in vielen Familienunternehmen. Auf dem Abschlusspanel der Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum“ begrüßte der Moderator Albert K. Still, Aufsichtsratsvorsitzender und Gründer der AVAG Holding Aktiengesellschaft, einer Familien AG aus Augsburg, die mit 1,4 Mrd. € Umsatz, die zu den größten europäischen Automobilhandelsgruppen gehört. Seit 2012 bilden seine Söhne Albert (48) und Roman (42) gemeinsam mit einem familienfremden Manager den Vorstand der AG. Ebenfalls von der Unternehmerseite war Olivier Wöhrl auf dem Podium vertreten. Der 33-jährige Dipl. Ing. ist seit 2013 Vorstandsvorsitzender der Wöhrl AG, einem der großen Textilhandelshäuser Deutschlands. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Die Investoren(unternehmer)seite war vertreten durch Stephan Link, Unternehmer und Gründer, der sein IT-Dienstleistungsunternehmen Computerlinks nach einem Börsengang und später einem „Going-Private“ mit einer Private Equity Gesellschaft 2012 an den amerikanischen Wettbewerber für einen Kaufpreis von 220 Mio. € verkaufte und sich seither als Investor und Business Angel betätigt. Moderator der Diskussion war der deutsche Unternehmer Andreas E. Mach, der u.a. Sprecher und Gründer der Familienunternehmerplattform ALPHAZIRKEL ist. Die Fragen an die Diskutanten stammen aus den Ergebnissen der Studie des ALPHAZIRKEL in Zusammenarbeit mit der TU München aus dem Jahr 2007 über die Frage „Wie professionell ist die Unternehmensfinanzierung wirklich in Deutschland?“. Interessant dabei ist, dass die Ergebnisse der acht Jahre alten empirischen Studie über das Finanzierungsverhalten deutscher Familienunternehmen weitgehend heute noch zutreffen, lediglich in der Rolle der Hausbank eine wesentliche Veränderung festzustellen ist. Allerdings ist die Familienunternehmerforschung zwischenzeitlich auch weiter entwickelt und die Betrachtung der Familienunternehmer erfolgt nicht mehr in einem monolithischen Block, sondern in ihren doch sehr unterschiedlichen Ausprägungen, wie es auch die Diskussion gezeigt hat. I. Ziele der Eigentümerfamilie Zunächst wollte Andreas Mach von seinen Gästen wissen, welche Ziele sie denn in ihrem Unternehmen verfolgen. Dabei wurde das Studienergebnis bestätigt, indem die Eigentümer angeben, sich in erster Linie um das Unternehmenswachstum und um die Steigerung des Unternehmenswertes zu kümmern. Im Hinblick auf die Finanzierung bestätigen die Diskutanten ebenfalls das Ergebnis der Umfrage von 2007, nämlich dem Fokus auf Flexibilität und Liquidität, um die langfristige Existenz und Funktionsfähigkeit ihres Unternehmens sicherzustellen und die Einflussnahme externer Kapitalgeber zu vermeiden. Eine deutliche Diskrepanz zwischen dem traditionell geführten Familienunternehmen (wie z.B. AVAG/Wöhrl), die auf den Fortbestand über Generationen ausgerichtet sind und dem mit einer Investorenmentalität geführten Unternehmen, das unter Inanspruchnahme aller Möglichkeiten des externen Wachstumskapitals vor allem wachsen soll, zeigt sich im Punkt der Inanspruchnahme externen Eigenkapitals. Während der Investor unter Einbeziehung des Unternehmenswertes und eines eben bestmöglichen Verkaufs eine möglichst hohe Rendite erzielen möchte, wie bei Stephan Link der Fall, sieht das traditionelle Familienunternehmen eben das Unternehmensziel in erster Linie in der Weitergabe an die nächste Generation. 225 Finanzierung Dabei versteht sich ein Investoren-Familienunternehmer Link durchaus als Familienunternehmer, will aber allenfalls das Vermögen für seine Familie sichern und mehren, und auch an nachstehende Generationen weitergeben, nicht aber eben unbedingt das Unternehmen. Das ist im Fall der AVAG und der Wöhrl AG eben nicht so. II. Kapitalstruktur im Familienunternehmen Im zweiten Fragekomplex über die Kapitalstruktur im Familienunternehmen zeigt sich dasselbe Bild. Während die klassischen Familienunternehmer auf eine Mischung aus Eigenmitteln und Fremdkapital von Banken abzielen, sieht der Investoren-Unternehmer für die Realisierung des Wachstums im externen Eigenkapital eine hohe Bedeutung, sei es von Privatinvestoren oder einem oder mehreren Private Equity Partner. Hier widersprechen die konservativen Familienunternehmer und bemängeln, dass externes Eigenkapital, das gerade bei der AVAG bereits als Beteiligungskapital und als Mezzanine zum Einsatz gekommen war, teuer und umständlich sei, und vor allem das Reporting an den Eigenkapitalgeber das Management von operativen Aufgaben abhalte. Bei der Wöhrl AG wurde mit Hilfe einer Unternehmensanleihe eine größere Akquisition finanziert und es besteht durchaus Erfahrung im Umgang mit dem Kapitalmarkt, aber eine Begebung von Aktien oder die Aufnahme eines externen Kapitalpartners sieht die Unternehmerfamilie in ihrer Familien AG nicht. Interessanterweise deckt sich das mit dem Ergebnis der Umfrage aus dem Jahr 2007, bei der auch nur 15% der befragten Unternehmer die Nutzung des Kapitalmarktes und/oder externen Eigenkapitals in Erwägung zogen. III. Finanzierungsentscheidungen Bei der Frage nach den Finanzierungsentscheidungen im Familienunternehmen lassen sich zwischen den Studienergebnissen und der Podiumsdiskussion leichte Unterschiede erkennen, die Finanzierungsentscheidungen kommen jedoch in Unternehmen mit Investorenmentalität ähnlich zustande wie in Familienunternehmen. In der Studie geben 84% der Befragten an, einen Finanzplan zu verfügen, alle Unternehmer auf dem Podium bestätigen dies. In der Studie geben die Befragten an, dass zu 61% Finanzierungsentscheidungen vom Eigentümer gefällt werden, während die diskutierenden Unternehmer dies im Rahmen der verabschiedeten Strategie an einen erfahrenen Finanzierungsverantwortlichen delegieren. In der Studie geben 99% der Unternehmer noch an von ihrer Hausbank in finanziellen Angelegenheiten beraten zu werden, während bei der Podiumsdiskussion alle Teilnehmer bestätigten, dass sie zwar langjährige Bankverbindungen pflegen, das Konzept der Hausbank jedoch nicht mehr bestünde und vor allem der Investor-Unternehmer über Finanzierungsfragen auch mit fremden Investoren und Eigenkapitalgebern spricht und traditionelle Hausbankbeziehungen für ihn nie eine Rolle gespielt haben. IV. Finanzierungsziele Bei der Frage nach den Finanzierungszielen zeigt sich wieder eine Diskrepanz zwischen dem Investoren Unternehmer und dem Familienunternehmer. Während bei Wöhrl und der AVAG die Finanzierungsziele zu allererst am Erhalt des Familieneinflusses und der Selbständigkeit ausgerichtet sind, und natürlich damit zuallererst auf eine stets komfortable Liqui- 226 www.cf-fachportal.de ditätssituation abzielen, zeigt Stephan Link auf, dass seine Finanzierungsziele rein finanzwirtschaftlichen Charakter besaßen, und er über der Sicherung der Liquidität in hohem Masse daran interessiert war, stets die Möglichkeit zu haben, neue Projekte und Wachstumsfelder zu realisieren und dafür auch bereit war, fremdes Eigenkapital und Partner im Unternehmen einzubinden. In der Studie wird bei der Frage nach den Finanzierungszielen der Erhalt des Familieneinflusses und der Selbstständigkeit Vorrang vor rein finanzwirtschaftlichen Zielen gegeben. Verständlich bei diesen Diskussionsergebnissen ist, dass sowohl in der Studie wie in der Diskussion die Finanzierungsstruktur der Familienunternehmen das Streben der Eigentümerfamilien nach langfristiger Selbstständigkeit ihrer Unternehmen widergibt. So gaben die befragten Unternehmer in der Studie an, dass fast die Hälfte der Befragten eine Finanzierung aus eigenen Mitteln bevorzugt. Im Umkehrschluss ergibt dies jedoch, dass für den Fall, in dem die eigenen Mittel nicht ausreichen und eine Bankfinanzierung nicht zur Verfügung steht, das klassische Familienunternehmen eben dazu neigt, zum Beispiel Investitionen in Innovationen, in neue Märkte, in den Technologiewandel und die Welt von 4.0. eher aufzuschieben, als sich mit der Aufnahme von externem Eigenkapital überhaupt auseinanderzusetzen. In vielen Fällen springt jedoch dann die Familie mit Gesellschafterdarlehen oder Kapitalerhöhungen ein. V. Einfluss der Familie Ein Studienergebnis war, dass die Eigentümerfamilie grundsätzlich einen starken Einfluss auf die Unternehmensführung ausübt. Kennzeichnend für die Mehrheit der Familienunternehmen ist, so die Studie, dass die Familie in allen Bereichen – von der Strategie über die operative Leitung bis hin zu den Finanzen – auf die Geschicke des Unternehmens Einfluss hat und diese Kontrolle auch aufrechterhalten möchte. In der Studie ist in 85,1% der Fälle die Eigentümerfamilie im Besitz von 100% des stimmberechtigten Eigenkapitals, in knapp der Hälfte aller untersuchten Unternehmen liegt die Geschäftsführung allein in den Händen von Familienmitgliedern. Ebenso verhält es sich mit gemischtem Management aus Familie und familienfremdem Management. In nur wenigen Fällen hat sich die Familie (6,1%) vollkommen aus der Unternehmensführung zurückgezogen. Bei der Wöhrl AG hat der Familien-CEO eindeutig den Vorsitz im familienfremden Management, das sich an ihrem Anteilseigner- Manager orientiert, in der AVAG AG übt der Gründer und Aufsichtsratsvorsitzende wesentlichen Einfluss auf den Vorstand aus, in dem neben den beiden Söhnen ein weiterer familienfremder Manager vertreten ist, der das zeigt die Diskussion, eine Junior Rolle einnimmt. Bei Computerlinks berichtet Stephan Link, habe der Hauptaktionär stets mit einem Management Team gearbeitet. In der Befragung geben 63% der Befragten an, über keinen Beirat oder Aufsichtsrat zu verfügen. In der Diskussion konnten alle Podiumsgäste von der Existenz eines Aufsichtsrates berichten, der familienfremd besetzt ist (im Fall von Wöhrl und Computerlinks), bzw. vom Gründer dominiert wird als Vorsitzender wie im Fall der AVAG. In der Diskussion um Beiräte in Familienunternehmen, so der Moderator, habe es zwar in den letzten Jahren eine deutliche Veränderung gegeben, denn sie sind beliebter und häufiger geworden, sind aber doch in vielen CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 www.cf-fachportal.de Fällen kein Forum für einen wirklich kritischen Dialog zwischen den Unternehmensgremien über die Zukunftssicherung des Unternehmens und die Rolle der Familie darin. Dies sollte, so der Moderator, Gegenstand eines weiteren Forschungsprojektes und Unternehmergesprächs sein. Auf dem Podium haben wir es hinsichtlich des Umgangs mit Aufsichts- und Beiratsgremien mit einem gemischten Bild zu tun. Einerseits setzen sich sowohl die klassisch geführten Unternehmen wie das in Investorenmentalität geführte Unternehmen mit externem Knowhow aus Aufsichts-und Beiratsgremien auseinander, andererseits gibt die AVAG ein typisches Beispiel dafür ab, wie der Unternehmensgründer auch lange nach seinem Abschied aus dem operativen Geschäft und einer sog. Unternehmensnachfolge, aus dem Aufsichtsrat die Geschicke des Unternehmens sehr wesentlich bestimmt. Dies ist bei der Mehrzahl der traditionell geführten Familienunternehmen so. VI. Ausblick Was sowohl die Studie wie auch die Diskussion bestätigen ist einerseits, dass es bei Familienunternehmen sehr darauf ankommt, ob sie in der Gründergeneration und damit mehr aus der Perspektive eines Investors geführt werden, oder in der zweiten oder späteren Generation als ein Familienunternehmen, das auf den langfristigen Erhalt in der Familie über Generationen ausgerichtet ist. Andererseits bestätigen sowohl die Studie wie die Diskussion, dass Familienunternehmen, wenn sie klassisch geführt werden, noch längst nicht die komplette Bandbreite der Finanzierungsinstrumente ausschöpfen. Auch aus den Studienergebnissen lässt sich beobachten, dass etliche Unternehmen nahezu ausschließlich traditionelle Instrumente wie Bankkredite und Gewinnrücklagen einsetzen, so wie dies bei den Unternehmen AVAG und Wöhrl AG auch der Fall ist, aber im Umgang mit externem Eigenkapital, auch wenn es um gängige Modelle wie Mezzaninefinanzierung handelt, eher verhalten sind. Traditionell geführte Familienunternehmen, wie die AVAG und die Wöhrl AG ziehen auch den Einsatz von Private Equity nicht in Betracht, sondern bevorzugen die Mischung aus Eigen- und Fremdfinanzierung oder ein Aufschieben von Investitionen, die aus diesem Finanzierungsmix nicht realisiert werden können. Insofern erscheint es so, dass die acht Jahre alte Studie auch heute noch zutrifft, und das Familienunternehmen mit der Investorenmentalität nach wie vor eine Ausnahmeerscheinung ist. Der Eigentumsgedanke und die Selbständigkeit dominieren das Denken der deutschen Familienunternehmer, was einerseits der Grund sein kann, warum viele so lange und über Generationen existieren, andererseits aber eben auch eine Gefahr darstellt, dass der Unternehmer Innovations- und Wachstumspotenzial verschenkt, weil er externe Finanzierungsquellen, vor allem die mit Eigenkapitalcharakter, nicht gerne in Anspruch nimmt. Das Fazit für Familienunternehmen könnte sein, sich mehr mit den unterschiedlichen Ausprägungen von Familienunternehmen zu beschäftigen, die sich doch sehr voneinander unterscheiden. Gehen wir mal davon aus, es bestünde Konsens, dass ein Familienunternehmen ein Unternehmen ist, welches mehrheitlich in Privatbesitz ist und auch von Familienmitgliedern geführt wird, demnach wären alle Diskutanten Familienunternehmen. Aber der Typus des Familienunternehmens von CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung Stephan Link unterscheidet sich eben deutlich von dem einer Familie Wöhrl oder einer Familie Still. In der Diskussion unter und mit Familienunternehmern sollte der Typus des Familienunternehmens stärker in Betracht gezogen werden, denn wie die Diskussion gezeigt hat, ist es eine Frage des Familienunternehmenstypus, wie es geführt und finanziert wird und nicht eine Frage der Eigentümerschaft per se. Aus der Diskussion an der TU München lässt sich sicher die Frage ableiten, ob in der Zukunft im globalen Wettbewerb die traditionelle Familien-Unternehmensform zeitgemäß ist und das klassische Familienunternehmen mit seiner Wertevorstellung der Weitergabe über Generationen in allen Branchen und Unternehmenssituationen so Bestand haben kann. Traditionell geführte Unternehmen müssen sich mit ihrem Familienunternehmertypus auseinandersetzen und ggf. überdenken, ob es sinnvoll ist, in den Veränderungen der Märkte und Rahmenbedingungen, mehr eine InvestorenFamilienunternehmer-Mentalität anzunehmen oder in der Familie einzuführen. Die Unternehmenstypen, wie die Diskussion gezeigt hat, unterscheiden sich auch in ihrer Unternehmensfinanzierung, und nicht nur darin. Es ist sicher angemessen, Innovationen zu fördern , Markt-und Systemveränderungen zu antizipieren, und damit auch Finanzierungsquellen von außen in Anspruch zu nehmen, auch wenn sie das Eigentumsgefühl der Familie trüben, dafür aber vielleicht eher das Überleben sichern in der Welt der Familienunternehmen 4.0. 227 Finanzierung www.cf-fachportal.de Mittelstand/Start-ups/Mentoring »CF0696365 Florian Nöll, Berlin / Heinz-Paul Bonn, Köln Mentoring als Innovationsstrategie – Für Innovation und Wachstum gibt es angesichts der Digitalisierung eine kostenfreie Finanzierungsform: Das Mentoring zwischen Start-up-Unternehmern und Mittelstand – Florian Nöll ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutsche Start-ups e.V., Berlin und überzeugter Unternehmer. Als Experte für Start-ups und die digitale Wirtschaft ist er Dolmetscher zwischen innovativen Unternehmensgründungen und der Politik. Heinz-Paul Bonn ist Vorsitzender des Forums Mittelstand im BITKOM und Vorstandsvorsitzender des Kölner Softwarehauses GUS Group. Kontakt: [email protected] Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen ist für den Mittelstand eine Herausforderung, die für ihn – auch aufgrund seiner Altersstruktur – zur Existenzfrage werden kann. Auch Start-ups sind aufgrund ihrer Altersstruktur anfällig für Misserfolge: Gründern fehlt die Erfahrung. Mentoringprogramme, die Start-ups und erfahrene Unternehmer zusammenbringen, sind die Lösung für die Herausforderungen beider Unternehmergenerationen. „Industrie 4.0“ oder die Digitalisierung der Fertigungsprozesse ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Sie definiert das Verhältnis von Produkt und Produktnutzen, von Kunden und Produzenten neu. Heute hat die Marktmacht nicht mehr, wer das hochwertigste Produkt herstellt, sondern derjenige, über dessen Plattform dieses Produkt an den Nutzer kommt. Treue Kunden entwickeln sich mehr und mehr zu pragmatischen Nutzern. Produkt und Marke entkoppeln sich ebenso wie Produktion und Vermarktung: Facebook, die größte News-Seite der Welt, produziert keine Inhalte. Uber, das weltweit größte Taxi-Unternehmen, besitzt keine Fahrzeuge. AirBnB, dem größten Bettenvermieter der Welt, gehört kein Hotel und Alibaba, der wertvollste Händler der Welt, besitzt kein Lager. Dies zwingt etablierte Unternehmen dazu, sich völlig neu zu definieren. Sie müssen sich ganz auf ihre Kunden bzw. Nutzer einstellen. Dieser Fokus auf den Kunden ist unerlässlich, denn im Internet sind das eigene Produkt, seine Leistung und sein Preis gläsern. Die erste Phase der Digitalisierung hat nur industrieferne Branchen erreicht: Sie wälzte Buch- und Musikmarkt um, sowie einige Dienstleistungen. 90% der deutschen Weltmarktführer sind im B2B-Segment und waren damit zunächst nur eingeschränkt betroffen. Heute hat die digitale Transformation jedoch Industrie und Mittelstand erreicht. Und in den nächsten Jahren wird alles, was digitalisiert werden kann, auch digitalisiert werden. Doch inwieweit sind etablierte Firmen überhaupt in der Lage, sich selbst zu transformieren und sich an den rasanten Kulturund Technologiewandel anzupassen – sowohl in Bezug auf die Kundenfokussierung als auch in Bezug auf die technologischen Herausforderungen? Eine Studie der KfW zur Altersstruktur im deutschen Mittelstand zeigt: inzwischen sind 36% der Firmenchefs älter als 55 Jahre. Schwerwiegend ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass alternde Unternehmer immer weniger zu Investitionen und Innovationen neigen. Die KfW belegt dies mit Zahlen: Während mehr als die Hälfte der Unter-40-jährigen eine Bereitschaft sig- 228 nalisiert, Geld in die Hand zu nehmen, um das Unternehmen voranzubringen, sehen nur noch 37% der Über-60-jährigen diesen Impuls. Fokussiert auf Erweiterungsinvestitionen sinkt die Zahl bei den 60+-Unternehmern sogar auf 28%. Schlimmer noch sieht die Lage bei den Innovationen aus, wo ebenfalls nur noch 38% der 60+-Generation angeben, dass sie bereit sind, in strukturelle Veränderungen in ihrem Unternehmen zu investieren. Angesichts der Digitalisierung ist der Mittelstand in einen Überlebenskampf verwickelt, der über die Innovationskraft entscheiden wird – und genau diese Kraft zur Selbsterneuerung scheint mit dem Alter mehr und mehr zu erlahmen. Auch jenseits von Industrie und überaltertem Mittelstand findet ein Existenzkampf statt. Nur etwa jeder zehnte Hochschulabsolvent strebt derzeit in die Selbstständigkeit, Freiberufler und Solo-Selbstständige eingerechnet. Die potenziellen Leistungsträger, die als Unternehmer überdurchschnittlich erfolgreich sind und überproportional viele Arbeitsplätze schaffen, sind immer seltener zur Firmengründung bereit. Der unternehmerische Nachwuchs dünnt aus. Doch die Bereitschaft zum Unternehmertum ist mehr als ein Hygienefaktor für eine auf Wertschöpfung ausgelegte Gesellschaft. Unternehmertum ist der Treiber von Innovationen und wirtschaftlicher Stärke. Laut dem vom Start-up-Verband herausgegebenen Deutschen Start-up Monitor werden Start-ups meist nach dem Studium gegründet – das bedeutet: Die Gründer sind zwar mutig, jedoch auch besonders jung und unerfahren. Es mangelt ihnen in den allermeisten Fällen nicht nur an Kapital, an Kunden und Investoren, sondern auch am notwendigen Instrumentarium, um mit Krisen umgehen zu können. Digitale Kompetenz und Innovation bringen sie dagegen im Überfluss mit: Das Digitale ist die Kernkompetenz der Generation Y, die jetzt in den Arbeitsmarkt und in die Start-ups drängt. Aber in diesem Problem liegt auch bereits die Lösung: Bringen wir die angesichts des digitalen Kulturwandels existenziell herausgeforderten, aber mit unternehmerischer Erfahrung, Kunden und Kapital ausgestatteten Familienunternehmer im Rahmen von Mentoring mit den Digital Enfants zusammen, denen die Erfahrung und das Netzwerk fehlen! Sie können ihre jeweiligen Schwächen gemeinsam ausgleichen und sich gegenseitig helfen. Mittelstand und Industrie stellen Start-ups ihre Erfahrung, ihr Netzwerk und ihr Know-how zur Verfügung, Startups wiederum führen ihre Mentoren ins digitale Zeitalter und lassen sie an ihren Ideen und Innovationen teilhaben. Digitales Denken und Innovation wird mit der Währung Erfahrung plus Netzwerk „bezahlt”: Mentoring ist damit die kostengünstigste Innovationsstrategie, die man sich vorstellen kann. Wir sind überzeugt: Persönliche Beziehungen können die Kluft zwischen unterschiedlichen Generationen und unterschiedlichen Kulturen überwinden. Mentoring ist der Schlüssel zum branchen- und generationenübergreifenden Erfolg. Der Mittelstand von heute und Start-ups sind gemeinsam der Mittelstand von morgen. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Finanzierung www.cf-fachportal.de Wachstumsfinanzierung/Unternehmensnachfolge/Restrukturierung »CF0696373 Peter Pauli, München Von Wachstum durch die Krise zur Unternehmensnachfolge anhand eines konkreten Beispiels Peter Pauli ist Geschäftsführer BayBG Bayerischen Beteiligungsgesellschaft, einem der größten deutschen Beteiligungskapitalgeber für den Mittelstand. Kontakt: [email protected] Unternehmenswachstum, Markteinbruch, Restrukturierung und schließlich Nachfolgeregelung. Das Beispielunternehmen musste sich immer wieder wechselnden Herausforderungen stellen. Die Beteiligungsgesellschaft begleitet diese Herausforderungen mit situationsgerechten Lösungen: Mezzaninekapital in der Wachstums- und Restrukturierungsphase, Mezzanine to Equity Swap sowie ein zusätzliches Direktinvestment zur Ermöglichung der Unternehmensnachfolge. I. Das Unternehmen Ende der 70er-Jahre als Handwerksbetrieb gegründet, erarbeitete sich das inhabergeführte Unternehmen innerhalb weniger Jahre eine starke Nischenposition im Spezialmaschinenbau. Die renommierten Kunden schätzen bis heute die Qualität und Präzision der Produkte sowie die hohe Entwicklungskompetenz der Mitarbeiter. Nachfrage und Umsatz stiegen stetig, damit allerdings auch der Investitionsbedarf. Das Unternehmen entwickelte sich Ende der 90er-Jahre vom Handwerkszum Industriebetrieb. II. Das Wachstum Um den ständigen Kapazitätsaufbau zu finanzieren und dabei die wirtschaftliche Eigenkapitalquote auf einem akzeptablen Niveau zu halten, setzte das Unternehmen bereits erstmals Mitte der 90er-Jahre im kleineren Umfang stilles Beteiligungskapital ein. Als 2005 weiterer nennenswerter Investitionsbedarf entstand und die Bilanz infolge des bisherigen Wachstums – der Umsatz stieg innerhalb von fünf Jahren von 6,5 Mio. € auf 22 Mio. € – angespannte Relationen aufwies, stand neben der Finanzierung der Investition auch eine teilweise Neustrukturierung der Passivseite an. Tab. 1: Bilanzrelationen vor und nach der Neustrukturierung der Passivseite 31.12.2004 Mio. € Bilanzsumme Umlaufvermögen Sachanlagevermögen wirtsch. Eigenkapital Bankverbindlichkeiten % 26,4 100,0% 31.12.2005 Mio. € % 28,9 100,0% 8,4 31,8% 8,9 30,8% 17,5 66,3% 19,3 66,7% 3,3 12,5% 5,9 20,4% 13,2 50,0% 14,5 50,2% Bei einer Bilanzsumme zum 31.12.2004 von 26,4 Mio. € belief sich die wirtschaftliche Eigenkapitalquote auf knapp 13% und die Liquidität zeigte sich phasenweise kritisch. Langfristige Investitionen waren nicht vollständig fristenkongruent CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 finanziert, die Verschuldung belief sich auf das Fünffache des EBITDA. Gleichzeitig wollten sich einzelne Kreditgeber im Kurzfristbereich im Rahmen ihrer Desinvestitionsstrategie aus dem Engagement zurückziehen. Mit Unterstützung und Beratung durch die Beteiligungsgesellschaft konnte zusammen mit neuen Partnern auf der Kreditseite ein zusätzliches Finanzierungspaket in Höhe von 6,5 Mio. € geschnürt werden, das aus 2,6 Mio. € wirtschaftlichem Eigenkapital (Mezzaninekapital), 2,6 Mio. € langfristigem Fremdkapital sowie 1,3 Mio. € Kontokorrentlinie bestand. Das Unternehmen war somit in der Lage, die geplanten Investitionen in Höhe von 2,7 Mio. € umzusetzen, bisherige Kreditgeber im Umfang von ca. 2,5 Mio. € abzulösen und gleichzeitig Liquidität und Eigenkapitalausstattung deutlich zu verbessern. Die Eigenkapitalquote erhöhte sich so trotz der Investitionen auf 20%. III. Die Krise Nach Umsetzung der Erweiterungsinvestitionen stieg der Umsatz zunächst planmäßig auf 25 Mio. €, bevor die größte Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit – die Finanzkrise 2007/2008 – zu einem Umsatzeinbruch von nahezu 50% führte. Restrukturierung war nun das Thema. Jenseits der exogen begründeten Umsatzeinbrüche waren wachstumsbedingte Organisationsschwächen und Ineffizienzen in den Produktionsprozessen zu adressieren. Die in den Jahren 2009 bis 2011 auf laufenden Verluste reduzierten das Eigenkapital. Ein Teil der Kreditgeber verlor das Vertrauen in die weitere Unternehmensentwicklung und bestand auf weitere Tilgungen. Ein in Zusammenarbeit mit einer Unternehmensberatung erstelltes Restrukturierungskonzept zeigte – bei konsequenter Umsetzung der vorgeschlagenen Restrukturierungsmaßnahmen – das weiterhin hohe Zukunftspotenzial des Unternehmens. Kunden bestätigten die hohe technologische Kompetenz, die Umsätze konnten sukzessive wieder gesteigert werden, die auch in der Krise zweistelligen EBITDA-Margen belegten die grundsätzliche Tragfähigkeit des Geschäftsmodells. Die Komplexität der Situation erforderte aber auch dringend eine Verstärkung des Managements. Die Beteiligungsgesellschaft unterstützte und begleitete das Sanierungskonzept sowie die Suche nach einem CEO, der den eher technisch orientierten geschäftsführenden Gesellschafter im Management ergänzen sollte. Als für diese Position schließlich ein Kandidat gefunden werden konnte, der persönlich und fachlich die Kompetenz zur Leitung des Unternehmens sowie zur Bewältigung der Restrukturierungssituation mitbrachte, gleichzeitig aber auch das Vertrauen des Altgesellschafters genoss, waren die Voraussetzungen für eine positive weitere Entwicklung 229 Finanzierung www.cf-fachportal.de gegeben. Allerdings war die Finanzierung des Unternehmens mittelfristig nicht gesichert, die Verlustsituation führte zu einer Aufzehrung des Eigenkapitals sowie einer in Relation hohen Verschuldung. Der geschäftsführende Gesellschafter hatte darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt bereits das 60. Lebensjahr überschritten, familienintern gab es keine Nachfolgelösung, die Bereitschaft neue Risiken einzugehen war verständlicherweise begrenzt. IV. Die Unternehmensnachfolge Da traf es sich gut, dass der an Bord gekommene CEO nach einer entsprechenden Einarbeitungszeit sein Interesse an einem Management-Buy-out bekundete. Gemeinsam mit der bereits investierten sowie einer weiteren Beteiligungsgesellschaft wurde ein Konzept für einen Management-Buyout, einer vollständigen Neustrukturierung der Passivseite sowie einer Teilentschuldung entwickelt. Das Unternehmen wurde mit einem EBITDA-Multiple von sechs bewertet, wobei für die EBITDA -Berechnung der Durchschnittswert aus Vorjahr, aktuellem Geschäftsjahr sowie einem Planjahr maßgeblich war. Damit belief sich das Enterprise Value auf ca. 20 Mio. €, wobei 7,15 Mio. € auf den Kaufpreis entfielen (Equity Value). VI. Fazit Mittelständische Unternehmen sind jenseits des operativen Managements von Wachstum häufig mit Finanzierungsproblemen konfrontiert und darüber hinaus übergeordneten exogenen Einflussfaktoren wie etwa gesamtwirtschaftlichen Krisen ausgesetzt. Darüber hinaus ändern sich die persönlichen Lebensumstände, Interessen und Ziele der Unternehmer im Zeitablauf. Eine Beteiligungsgesellschaft kann in allen diesen Situationen unternehmens- und situationsspezifische Lösungen auf der Kapitalseite bieten und als kompetenter Begleiter des Unternehmens wirken. V. Transaktion Das Management brachte 1,5 Mio. € ein, die beiden Beteiligungsgesellschaften zusammen 11,25 Mio. € – teilweise auch durch Wandlung von bereits investiertem Mezzaninekapital. Tab. 2: Mittelherkunft und Mittelverwendung in der Transaktion Mittelherkunft Eigenkapital Mio. € Mittelverwendung Mio. € 12,75 Kaufpreis 7,15 Darlehen 8,00 Rückführung FK 12,85 Gesamt 20,75 Transaktionskosten 0,75 20,75 Während das Investment des Managements vollständig zum Erwerb von Geschäftsanteilen verwendet wurde, splitteten die Beteiligungsgesellschaften ihr Engagement in 5,65 Mio. € für den Erwerb von Geschäftsanteilen sowie 5,6 Mio. € stimmrechtloses Vorzugskapital mit PIK-Verzinsung (nur im Exit- oder Ausschüttungsfalle zu zahlende Verzinsung). Somit konnte ein Ausgleich der Interessen der neuen Gesellschafter unter anderem hinsichtlich Stimmrechten und Renditeanforderungen erreicht werden. Im Herbst 2013 war die Transaktion umgesetzt. Durch das Eigenkapital der neuen Gesellschafter und die Ablösung von Altkrediten wurde die Passivseite komplett restrukturiert. Insgesamt reduzierte sich die Verschuldung um rund 4,9 Mio. €. Das Unternehmen hat unter seinen neuen Gesellschaftern alle Möglichkeiten, sich bietende Marktchancen wahrzunehmen und ist inzwischen wieder auf einen rentablen Wachstumspfad eingeschwenkt. Der frühere Inhaber und Geschäftsführer ist nach wie vor beratend für die Gesellschaft tätig. 230 CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 13. Jahresforum Unternehmensbewertung 2. und 3. Juli 2015 | Frankfurt am Main Die Plattform für Bewertungs praktiker! THEMEN 2015 REFERENTEN 2015 ❚ Unsicherheit und Risikobewertung – Spannungsfelder zwischen unternehmerischem Erfolg und Bewertungsfragen ❚ Moderation: Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser, Ludwig-Maximilians-Universität München ❚ Aktuelle Fragen der steuerlichen Bewertung ❚ Neues zu Beteiligungen und Fragen der Due Diligence ❚ Enforcement 2015 ❚ Compliance und die Belastbarkeit von Bewertungen ❚ Bewertung von Unternehmen in Emerging Markets u.v.m. ❚ Keynote: Guido Kerkhoff, CFO, ThyssenKrupp AG ❚ Prof. Dr. Bettina Thormann, Vizepräsidentin, Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e.V. ❚ Prof. Dr. Bernhard Schwetzler, HHL Leipzig Graduate School of Management ❚ Prof. Dr. Leonhard Knoll, Universität Würzburg, Lehrstuhl für Bank- und Kreditwirtschaft u.v.a. Information und Anmeldung: www.jahresforum-unternehmensbewertung.de Veranstalter: Mit freundlicher Unterstützung: Neue Bücher / Impressum www.cf-fachportal.de Buchtipp Buchtipp Praxishandbuch Financial Due Diligence Kaufpreisregelungen beim Unternehmenskauf Thomas Pomp: Praxishandbuch Financial Due Diligence – Finanzielle Kernanalysen bei Unternehmenskäufen, Springer Gabler Verlag, 1. Aufl. 2015, 323 S., 49,99 €. Die Financial Due Diligence hat sich als fester Bestandteil von Mergers & Acquisitions-Prozessen etabliert. Dieses Buch stellt die Kernanalysen der Financial Due Diligence umfassend vor und veranschaulicht diese mit hohem Praxisbezug anhand von zahlreichen Fallbeispielen aus verschiedenen Industrien. Dabei wird auch der Einfluss der Ergebnisse der Financial Due Diligence auf die Ermittlung des Unternehmenswerts sowie auf die Kaufvertragsgestaltung behandelt. Mithilfe dieses Leitfadens wird der Leser in die Lage versetzt, eigene Analysen durchzuführen und die Analysetechniken sowie die Auswirkungen der Ergebnisse der Financial Due Diligence auf die Unternehmensbewertung und Vertragsgestaltung weiter vertiefen. Roger Kiem (Hrsg.): Kaufpreisregelungen beim Unternehmenskauf – Bewertung, Kaufpreisermittlung, Klauselgestaltung, Kaufpreisanpassung, Verlag C.H.Beck, 1. Aufl. 2015, 402 S., 149,00 €. In der Praxis des Unternehmenskaufs ist die Kaufpreisklauselgestaltung mit ihren Varianten und Verästelungen von größter Bedeutung. Dieses neue Handbuch bietet einen Grundriss der Unternehmensbewertung und stellt von diesem ausgehend die Absicherung der Bewertungsannahmen im Unternehmenskaufvertrag dar. Erfahrene Praktiker stellen den gesamten Prozess dar. Im Hauptteil befasst sich das Werk ausführlich mit der Gestaltung von Kaufpreisanpassungsklauseln, ferner mit ihrer Ableitung aus der Unternehmensbilanz, der vertraglichen Umsetzung sowie der streitigen Durchsetzung. Ein Formularteil mit zahlreichen Klauselvorschlägen zur individuellen Anpassung an den konkreten Fall rundet das Handbuch ab. IMPRESSUM CORPORATE FINANCE Zeitschrift für Finanzierung, Kapitalmarkt, Bewertung und Mergers & Acquisitions Herausgeber: Prof. Dr. Christian Aders Prof. Dr. Alexander Bassen Dr. Michael Gschrei Dr. Elisabeth Hehn Norbert Hentschel Prof. Dr. Dirk Honold (Schriftleitung) Prof. Dr. Christoph Kaserer Dr. Jens Kengelbach Dr. Hans-Dieter Klein Prof. Dr. Jens Leker Prof. Dr. Reinhard Meckl Dr. Klaus-Michael Menz Dr. Ingo Natusch Prof. Dr. Klaus Röder Prof. Dr. Dirk Schiereck REDAKTION Elke Hartmann (Verantwortliche Redakteurin), eMail [email protected] Sekretariat Sylvia Braun, Fon 0211 887-1435 eMail [email protected] Fax 0211 887-1450 Bank Commerzbank AG, Düsseldorf (Anzeigen /Abo), BLZ: 300 800 00, Kto-Nr. 212 665 500, Swift Code: DRESDEFF300, IBAN: DE07 3008 0000 0212 6655 00 PRODUKTMANAGEMENT Stefan Kemetter, Fon 0211 887-1405 eMail [email protected] INTERNET www.corporate-finance-fachportal.de VERLAG Handelsblatt Fachmedien GmbH Grafenberger Allee 293, 40237 Düsseldorf oder Postfach 101102, 40002 Düsseldorf Geschäftsführung Claudia Michalski Verlagsleitung/Prokurist Christoph Bertling Objektleitung Marko Wieczorek KUNDENSERVICE eMail: [email protected]; Inland: Fon 0800 000 1637 (kostenfrei), Fax 0800 000 2959 (kostenfrei); Ausland: Fon +49 211 887-3670, Fax +49 211 887-3671 Anschrift Handelsblatt Fachmedien GmbH, Kundenservice, Postfach 9254, 97092 Würzburg M4 CROSSMEDIA-SALES MEEDIA GmbH & Co. KG Kasernenstrasse 67 40213 Düsseldorf Regina Hamdorf, Fon 0211 887 1484 Fax 0211 97 1484, eMail [email protected] DISPOSITION Klambt-Verlag GmbH & Co. KG Im Neudeck 1 67346 Speyer Tina Wagner, Fon 06232 310 240 Fax 06232 310 273, eMail tina.wagner@klambt. BEZUGSBEDINGUNGEN CORPORATE FINANCE erscheint monatlich. Bezugspreis: Einzelheft 29 € zzgl. 1,30 € Versandkosten Jahresvorzugspreis 398 € inkl. MwSt. und Versandkosten. Studenten-/ Ausbildungs-Abo gegen Vorlage einer gültigen Bescheinigung 200 € inkl. Versandkosten und MwSt. Vergünstigte Abos für Mitglieder der German CFA-Society sowie Mitglieder der EACVA-Germany auf Anfrage. Auslandsabonnement Jährlich 340,77 € zzgl. Versandkosten (Angaben zu MwSt. und Versandkosten im Ausland finden Sie unter www.fachmedien.de/bezugspreise) Prof. Dr. Bernhard Schwetzler Dr. Michael Wiesbrock Dr. Sven Zeller Die Beiträge, die CORPORATE FINANCE angeboten werden, werden über die Schriftleitung und die Herausgeber einem Double-Blind-Begutachtungsverfahren unterzogen. Kombimöglichkeiten Mit der Wochenzeitschrift DER BETRIEB jährlich 679 € inkl. MwSt. zzgl. 54 € Versandkosten, im Ausland 652,02 € zzgl. Versandkosten. Im Kombi-Abonnement mit der Monatszeitschrift KoR 520 € inkl. MwSt. zzgl. 24 € Versandkosten, im Ausland jährlich 471,02 € zzgl. Versandkosten. Für EU-Länder zzgl. MwSt., Luftpostgebühren auf Anfrage. Angaben zu MwSt. und Versandkosten im Ausland unter www.fachmedien.de/ bezugspreise. Abonnementskündigungen sind mit einer Frist von 21 Tagen zum Ende des berechneten Bezugsjahres möglich. Im Fall höherer Gewalt (Streik oder Aussperrungen) besteht kein Belieferungs- oder Entschädigungsanspruch. CORPORATE FINANCE wird sowohl im Print als auch auf elektronischem Weg (z. B. Datenbank, DVD etc.) vertrieben. Nachdruck und Vervielfältigung jeder Art sind nur mit Genehmigung des Verlags zulässig. Das Abonnement beinhaltet: Die Monatszeitschrift CORPORATE FINANCE und Zugriff auf die Online-Datenbank www.cf-fachportal.de. Zu jedem Abonnement können weitere OnlineZugänge erworben werden. ISSN 1869-795X HERSTELLUNG GCC Grafischen Centrum Cuno GmbH & Co. KG, 39240 Calbe Für Anzeigen gilt die Preisliste Nr. 6 der CORPORATE FINANCE vom 01.01.2015. CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015 Management jenseits der eigenen Logik Die meisten Organisationen arbeiten nach einer einheitlichen Logik: Unternehmen orientieren sich am Wirtschaftssystem, Schulen am Bildungssystem und Gerichte am Rechtssystem. Immer öfter sind Organisationen jedoch gezwungen, mehrere widersprüchliche Interessen im eigenen Haus zu vereinen. So müssen Krankenhäuser heute im Spannungsfeld von Medizin, Wirtschaft und Wissenschaft agieren, während Banken im Rahmen der Finanzkrise plötzlich einem starken politischen Einfluss gegenüberstehen. Dabei prallen unterschiedliche Denkund Handlungsmuster aufeinander, die häufig zur emotionalen Zerrissenheit und Lähmung führen. Jetzt aket Gratis-P n bestelle Wie Sie mit widersprüchlichen Wirklichkeiten in Unternehmen umgehen und den besonderen Herausforderungen für Change Management und Führung begegnen, erfahren Sie in der neuen Ausgabe der Zeitschrift OrganisationsEntwicklung. Ihre Vorteile im Gratis-Paket: Gratis-Heft zum aktuellen Themenschwerpunkt „Management jenseits der eigenen Logik“ mit 120 Seiten Gratis-Zugriff auf das Online-Archiv unter www.zoe-online.org mit über 1.300 nützlichen PDF-Artikeln zum Change Management Gratis-Dossier „Mit Bildern Menschen bewegen“ als 85-seitiges PDF im Online-Archiv Gratis-Download von zwei digitalen Heften per App für iOS und Android Jetzt direkt per Fax bestellen: 0800 000-2959 • Online: www.fachmedien-shop.de/zoe O d er Co u po n per Po st a n : H a n de l s b l a t t Fa c h m e d i e n G m b H | Ku n d e n se r v ice | Po st fa c h 9 2 5 4 | 970 9 2 Wü r z b u r g Ja, ich bestelle das Gratis-Paket aus Heft, App und Online-Archiv (inkl. PDF-Dossier) der Zeitschrift OrganisationsEntwicklung. Wenn mich das Angebot überzeugt, beziehe ich die Zeitschrift viermal jährlich im Abonnement für € 189 inkl. MwSt. zzgl. € 10 Versandkosten (europaweit). Andernfalls melde ich mich innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Gratis-Heftes bei der Handelsblatt Fachmedien GmbH, Kundenservice, Grafenberger Allee 293, 40237 Düsseldorf. PA OENK0332 Firma Privat Name, Vorname Beruf/Funktion/Abteilung Firma (nur bei Firmenanschrift angeben) Straße, Nummer PLZ, Ort E-Mail (für evtl. Rückfragen) Telefon (für evtl. Rückfragen) Hiermit erkläre ich mich damit einverstanden, dass mich die Handelsblatt-Gruppe telefonisch, per Post und per E-Mail über Verlagsangebote informiert. Weitere Infos und Bestellung: Telefon: 0800 000-16 37 E-Mail: [email protected] E-Shop: www.fachmedien-shop.de/zoe Sie können der Verarbeitung oder Nutzung Ihrer Daten für Zwecke der Werbung oder der Markt- oder Meinungsforschung unter nachfolgender Adresse widersprechen: Handelsblatt Fachmedien GmbH, Kundenservice, Grafenberger Allee 293, 40237 Düsseldorf, E-Mail: [email protected], Fax: 0800/0002959. Datum/Unterschrift EIN TEAM – GEMEINSAM STÄRKER Multiplizieren Sie schon oder addieren Sie noch? Gute Teamarbeit ist ein Garant für Erfolg – sowohl auf dem Spielfeld als auch in der Unternehmenswelt. Stärken Sie Ihr Team: Der MARGA Online Planspiel-Wettbewerb ist Management-Training und Team-Challenge in einem. „Wer alleine arbeitet, addiert – wer zusammenarbeitet, multipliziert.“ Friedrich Schiller. Der MARGA Online Planspiel-Wettbewerb ist ein globales Management-Training für Teams. www.marga.de
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