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6
Seite 183 – 230
Juni 2015
6. Jahrgang
FINANZIERUNG
Volker Zimmermann
Innovationsfinanzierung – Herausforderung für mittelständische Unternehmen
Arnold Weissman/Stephan Wegerer
Business Innovation – wie Unternehmen sich regelmäßig neu erfinden
183
191
Dirk Honold
Neue Formen der Eigenkapitalfinanzierung für Innovation & Wachstum – Strukturen, Risiko
und Kapitalkosten
197
Ulrich Springer
Neue Finanzierungsformen von Innovation und Wachstum – Wirtschaftliche Interessen und
rechtliche Hebel aus Sicht der Praxis
Andrea Bardens/Holger Meurer
Wachstum aus Innovationen finanzieren – Mögliche Auswirkungen auf die Rechnungslegung
206
209
Daniel Blöchle/Christian Schmidt
Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum – Steuerliche Implikationen
und Steueroptimierungsstrategien
Dirk Honold/Toni Oed
Welches Eigenkapital passt? – Ansprüche der Kapitalgeber und Opportunitäten
Andreas E. Mach
Wie professionell ist die Unternehmensfinanzierung im Familienunternehmen heute?
Florian Nöll/Heinz-Paul Bonn
Mentoring als Innovationsstrategie
Peter Pauli
Von Wachstum durch die Krise zur Unternehmensnachfolge anhand eines konkreten Beispiels
216
223
225
228
229
GASTKOMMENTAR
Dirk Honold
Risikokongruente Finanzierung von Innovation und Wachstum: Neue Brücken zwischen Old
und New Economy!
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Risikokongruente Finanzierung
von Innovation und Wachstum:
Neue Brücken zwischen Old und New Economy!
Schleichend und ohne Vorwarnung verändern junge, innovative Unternehmen mit disruptiven Innovationen und neuen
Geschäftsmodellen die Märkte. Familienunternehmen und der
deutsche Mittelstand bekommen dadurch mehr und mehr stillen
Handlungsdruck zur Sicherung der Stabilität und des künftigen
Wachstums. Ein Schlüsselpunkt kann in diesem Zusammenhang die Finanzierung sein. Neue Wege zur Beteiligung an jungen, innovativen Unternehmen oder Carve-outs von Projekten
in neue Projekt- bzw. Zweckgesellschaften (SPVs) sowie strategische Beteiligungen an Venture Capital-Fonds können hier
einen Brückenschlag zwischen Old und New Economy schaffen,
der den strategischen Handlungsspielraum von Familienunternehmen und dem Mittelstand erweitert. Da in Deutschland
risikotragendes Eigenkapital mit zunehmender Höhe, Laufzeit
und Ausfallwahrscheinlichkeit immer weniger zur Verfügung
steht, ist vor diesem Hintergrund auch die aktuelle Initiative
der Deutsche Börse AG für eine Plattform zur Finanzierung von
jungen Wachstumsunternehmen begrüßenswert. Durch den
Einbezug von Family Offices und vermögenden Privatpersonen
soll damit in Zukunft ein Beitrag zur verbesserten Verfügbarkeit
von Wachstumskapital geleistet werden.
Bei der Finanzierung spielen Rendite- und Risikoaspekte
eine bedeutende Rolle. Daher sollte neben der weitbekannten Fristenkongruenz auch eine Risikokongruenz zwischen
Finanzierung und Investition bestehen. Es wird deutlich, dass
aus Rendite-/Risikogesichtspunkten nur Eigenkapital eine fristen- und gleichzeitig risikokongruente Finanzierungsoption
für Innovation und Wachstum ist. Dabei ist Eigenkapital nicht
gleich Eigenkapital: Je nach der vertraglichen Ausgestaltung
der Finanzierung, kann Risiko von einer Partei auf die andere
transferiert und so dem jeweiligen Investment angepasst werden. Wesentliche Treiber sind hier z.B. Liquidationspräferenzen, Wandeldarlehen, stille Beteiligungen und Put-Call-Konstruktionen im Zusammenhang mit direkten Beteiligungen.
Die Strukturierung von Wachstumsfinanzierungen ist aufgrund
der zum Teil vertraulichen Regelungen öffentlich wenig bekannt
und somit auch wissenschaftlich noch nicht ausführlich aufgearbeitet. Auf der Anfang März durchgeführten Veranstaltung „Neue
Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum – Handlungsspielräume strategisch nutzen und nachhaltig wirtschaften“
wurde sich dieser Problematik angenommen, indem Unternehmen
und Unternehmern ausgewählte neue Wege der Finanzierung
umfassend aufgezeigt wurden. Aufbauend auf den Vorträgen und
Erkenntnissen aus der Veranstaltung, wurde – erstmalig in dieser
Form in CORPORATE FINANCE – dieses Themenheft erstellt.
Zunächst wird die Bedeutung und Notwendigkeit einer verbesserten und erweiterten Finanzierung von Innovation und
Wachstum herausgearbeitet. In weiteren Beiträgen, verfasst von
den Referenten der Veranstaltung, – denen für die Erstellung
der Beiträge in der Kürze der Zeit ein ganz besonderer Dank gilt
–wird der Themenkomplex strategisch, ökonomisch, rechtlich,
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Prof. Dr. Dirk Honold ist Professor
für Unternehmensfinanzierung an der
Technischen Hochschule Nürnberg
Georg Simon Ohm und Schriftleiter und
Mitherausgeber von CORPORATE FINANCE.
Er begleitet zudem Wachstumsunternehmen
als Mitgründer, Aufsichtsrat, Beirat und Coach,
insbesondere bei Eigenkapitalfinanzierungen.
Kontakt: [email protected]
bilanziell und steuerlich betrachtet. Alle Beiträge der Referenten
sind aufeinander abgestimmt und fokussieren sich aus verschiedenen Blickwinkeln zum einen auf die interne Finanzierung
anhand von Minderheitsbeteiligungen. Zum anderen werden
Möglichkeiten einer externen Finanzierung durch Zwischenschaltung einer Projekt- bzw. Zweckgesellschaft (SPV) sowie in
Form einer strategischen Beteiligung an einem Venture CapitalFonds betrachtet, wobei die Strukturierung durch ein SPV auch
in weiten Teilen auf die Beteiligung eines privaten Investors an
einem jungen, innovativen Unternehmen übertragbar ist. Eine
Zusammenfassung der auf der Veranstaltung durchgeführten
Investoren- und Unternehmenspanels mit dessen Kernaussagen
sowie ein Beitrag zum Mentoring des Mittelstands als Innovationsstrategie runden das Themenheft ab.
Zwischen den Autoren besteht Einigkeit darin, dass durch eine
geschickte Ausgestaltung der Finanzierung von Wachstumsoptionen oder Beteiligungen an jungen Wachstumsunternehmen
viel gewonnen werden kann. Entgegen der häufigen Vorbehalte
gegen Beteiligungskapital zur Finanzierung von Wachstum,
welche meist auf die Möglichkeit des Verlusts der Unabhängigkeit und im schlimmsten Fall der Bedrohung der Existenz des
Familienunternehmens abzielen, werden Wege vorgestellt, wie
diesen „Schreckensszenarien“ durch entsprechende Strukturierung vorgebeugt werden kann. Es wird aufgezeigt, wie sich
eine externe Finanzierung, d.h. die Auslagerung der Wachstumsoption, transparent und vorteilhaft für Unternehmen
und Investor ausgestalten lässt. Bei besonders innovativen und
dynamischen Umfeldern mit vielen parallelen Innovationen,
ist das Venture Capital-Fondsmodell mit Kaufoption auf eine
gewisse Anzahl an Portfoliounternehmen besonders interessant. In den USA wird es mittlerweile immer stärker umgesetzt.
Große Unternehmen sichern sich dadurch Innovations- bzw.
Übernahmeoptionen von Projektgesellschaften, die später
ins Unternehmen integriert werden können. Negative Konsequenzen im Misserfolgsfall werden durch solch ein Vorgehen
weitestgehend ausgeschlossen, da die vereinbarte Option nicht
zwingend ausgeübt werden muss.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß und viele neue, wertvolle Einsichten
bei der Lektüre dieser Ausgabe von CORPORATE FINANCE.
Ihr Dirk Honold
M1
Inhaltsverzeichnis
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FINANZIERUNG
nungslegung. Auf Basis konkreter Beispiele zeigt der Beitrag
auf, welchen Einfluss unterschiedliche Finanzierungsmodelle
auf die Rechnungslegung nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) sowie nach HGB haben.
Wachstumsfinanzierung/Mittelstandsfinanzierung/Fremdkapital
Innovationsfinanzierung – Herausforderung für
mittelständische Unternehmen
CF0695977
Dr. Volker Zimmermann, Frankfurt/M.
In diesem Beitrag wird untersucht, wie mittelständische
Unternehmen ihre Innovationen finanzieren. Die Analyse zeigt,
dass sich vor allem kleine sowie hochinnovative Unternehmen
stark auf ihre Innenfinanzierungskraft verlassen müssen.
CF0694662
Wachstumsfinanzierung/Steuern
Neue Finanzierungsformen für Innovation und
Wachstum – Steuerliche Implikationen und
Steueroptimierungsstrategien
S. 183
Unternehmensführung/Mittelstand/Innovationsmanagement
Business Innovation – wie Unternehmen sich
regelmäßig neu erfinden
Prof. Dr. Arnold Weissman / Stephan Wegerer, beide
Nürnberg
In den nächsten Jahren werden zahlreiche neue Herausforderungen auf Unternehmen zukommen. Technologie und Märkte
verändern sich in rasendem Tempo. Jedes Unternehmen
muss sich damit befassen und herausfinden, was diese
Veränderungen und Trends für seine Produkte oder Dienstleistungen bedeuten. Welche Risiken gilt es zu beachten, welche
Chancen entstehen und welche Kompetenzen muss das
Unternehmen aufbauen, um sie wahrnehmen zu können.
CF0696456
Familienunternehmen/Finanzierung/Eigenkapital
S. 191
Wie professionell ist die Unternehmensfinanzierung
im Familienunternehmen heute?
Andreas E. Mach, München
Im Rahmen der Unternehmerdiskussion zur Veranstaltung
„Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum“
wurde die Frage "Wie professionell ist die Unternehmensfinanzierung im Familienunternehmen heute?" erörtert und
mit drei Familienunternehmen diskutiert.
CF0696452
S. 197
S. 225
Mittelstand/Start-ups/Mentoring
Mentoring als Innovationsstrategie
Neue Finanzierungsformen von Innovation
und Wachstum – Wirtschaftliche Interessen und
rechtliche Hebel aus Sicht der Praxis
Florian Nöll, Berlin / Heinz-Paul Bonn, Köln
Die Digitalisierung der Geschäftsprozesse ist für den Mittelstand eine Herausforderung, die für ihn zur Existenzfrage werden kann. Auch Start-ups sind aufgrund ihrer Altersstruktur
anfällig für Misserfolge: Ihren Gründern fehlt die Erfahrung.
Mentoringprogramme, die Start-ups und erfahrene Unternehmer zusammenbringen, sind die Lösung für die Herausforderungen beider Unternehmergenerationen.
Dr. Ulrich Springer, München
Vor allem für institutionelle Investoren ist es bei der Eigenkapitalfinanzierung des Innovations- oder Wachstumsprojekts
eines Unternehmens – unabhängig vom Umfang ihrer Beteiligung – von grundlegender Bedeutung, ihre Kerninteressen
vertraglich abzusichern. Hierzu zählen vor allem Regelungen
zum Schutz des Investments und die Möglichkeit einer nachträglichen Korrektur der diesem zugrunde gelegten Bewertung des Unternehmens, Mitsprache- und Vetorechte, sowie
die Möglichkeit einer späteren Veräußerung der Beteiligung
(Exit) und die Realisierung der Renditeerwartung des Investors.
CF0696365
S. 228
Wachstumsfinanzierung/Unternehmensnachfolge/
Restrukturierung
S. 206
Wachstumsfinanzierung/Finanzierungsformen/Rechnungslegung
M2
S. 223
Finanzierung/Wachstumsfinanzierung/Familienunternehmen
Wachstumsfinanzierung/Recht/Corporate Governance
Andrea Bardens / Dr. Holger Meurer, beide Frankfurt/M.
Bei der Entscheidung für eine Finanzierungsalternative sind
unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Ein wesentlicher
Faktor sind die Auswirkungen der Finanzierung auf die Rech-
Prof. Dr. Dirk Honold / Toni Oed, beide Nürnberg
Dieser Beitrag fasst die Ergebnisse aus dem Investorenpanel
im Rahmen der Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen
für Innovation und Wachstum“ zusammen. Dabei wurden die
verschiedenen Positionierungen der Kapitalgeber dargestellt
und auf wesentliche Kernpunkte und Unterschiede bei der
Ausgestaltung von Eigenkapitalbeteiligungen eingegangen.
CF0696451
Prof. Dr. Dirk Honold, Nürnberg
Wachstumsprojekte sind häufig sehr kapitalintensiv und riskant.
Zur Finanzierung ist daher i.d.R. Eigen- bzw. Mezzanine-Kapital
nötig. Reichen die im Unternehmen gebildeten Rücklagen
nicht aus, muss externes Eigenkapital in das Unternehmen
fließen. Minderheitsbeteiligungen, Beteiligungen über eine
Projektzweckgesellschaft und Strukturierungen mit Venture
Capital-Fonds bilden bei entsprechender Ausgestaltung einen
sinnvollen Weg, die Wachstumsoption unter Erhalt der Unabhängigkeit des Unternehmens zu finanzieren.
Wachstum aus Innovationen finanzieren –
Mögliche Auswirkungen auf die Rechnungslegung
S. 216
Welches Eigenkapital passt? – Ansprüche der
Kapitalgeber und Opportunitäten
Wachstumsfinanzierung/Eigenkapitalfinanzierung/Kapitalkosten
CF0696071
Daniel Blöchle / Prof. Dr. Christian Schmidt, beide Nürnberg
Finanzierung und Wachstum sind heutzutage verbundene Themenfelder von hoher strategischer Bedeutung für jedes Unternehmen. Damit Steuern im Unternehmen nicht zur Wachstumsbremse werden, bedarf es einer ausgeklügelten Strategie. Im
vorliegenden Beitrag werden Möglichkeiten zur steuerlichen
Optimierung der Wachstumsfinanzierung aufgezeigt.
CF0696239
Neue Formen der Eigenkapitalfinanzierung für
Innovation & Wachstum – Strukturen, Risiko und
Kapitalkosten
CF0696455
S. 209
Von Wachstum durch die Krise zur Unternehmensnachfolge anhand eines konkreten Beispiels
Peter Pauli, München
Mittelständische Familienunternehmen durchlaufen auf der
Zeitachse unterschiedliche Situationen und sind immer wieder exogenen Einflüssen bzw. Restriktionen unterworfen.
Auch können sich die Interessen und Ziele der Gesellschafter ändern. Anhand eines Fallbeispiels wird gezeigt, wie eine
Beteiligungsgesellschaft die Unternehmensentwicklung
durch situationsgerechte Lösungen begleitet.
CF0696373
S. 229
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Finanzierung
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Wachstumsfinanzierung/Mittelstandsfinanzierung/Fremdkapital
»CF0694662
Dr. Volker Zimmermann, Frankfurt/M.
Innovationsfinanzierung – Herausforderung für
mittelständische Unternehmen
Dr. Volker Zimmermann ist Mitarbeiter in der volkswirtschaftlichen
Abteilung der KfW Bankengruppe in Frankfurt/M. Seinen Arbeitsschwerpunkt
bildet die Analyse des Innovationsverhaltens mittelständischer Unternehmen.
Kontakt: [email protected]
Der vorliegende Beitrag untersucht, wie mittelständische
Unternehmen ihre Innovationen finanzieren. Vor dem Hintergrund finanzierungstheoretischer Überlegungen steht im
Mittelpunkt der Analyse, welche Anteile am Volumen der Innovationsausgaben auf interne Mittel, Bankkredite sowie Fördermittel entfallen. Vor allem bei kleinen sowie hochinnovativen
Unternehmen zeigt sich eine starke Abhängigkeit von internen
Mitteln. Als Folge davon können Mittelständler ihre Innovationskraft nicht voll entfalten.
I. Einleitung
Innovationen und technischer Fortschritt zählen unbestritten zu den wesentlichen Determinanten des langfristigen
Wirtschaftswachstums.1 Neue und verbesserte Produkte
und Produktionsverfahren treiben den strukturellen Wandel
voran und erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft auf den globalen Märkten. Gerade Deutschland als
rohstoffarmes Land mit hohem Lebensstandard kann sich im
internationalen Wettbewerb nur dann behaupten, wenn es
sich von seinen Konkurrenten durch ein Angebot hochwertiger Güter mit überlegenen Problemlösungen für die Kunden
absetzt. Auch um die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Herausforderungen aus demografischer Entwicklung, Klimawandel und Ressourcenverknappung zu bewältigen, braucht
es permanente und verstärkte Investitionen in Forschung und
Innovation.
Gerade im deutschen Innovationssystem spielen mittelständische Unternehmen eine wichtige Rolle. So stehen deutsche
kleine und mittlere Unternehmen (bis 249 Beschäftigte) beim
Hervorbringen von Innovationen im europäischen Vergleich
an der Spitze.2 Laut ZEW haben Unternehmen mit bis zu 500
Beschäftigten im Jahr 2013 34,7 Mrd. € in Innovationen investiert. Damit stehen sie für rd. 24% der Innovationsausgaben
des gesamten deutschen Unternehmenssektors. Allerdings
konnten sie mit der Entwicklung der Innovationsausgaben in
Großunternehmen in den zurückliegenden Jahren nicht mithalten. 3 Wie der Kf W-Innovationsbericht Mittelstand zeigt,
entwickelt sich auch die Innovatorenquote im Mittelstand
– d.h. der Anteil der mittelständischen Unternehmen, der neue
oder verbesserte Produkte oder Prozesse auf den Markt bringt
– im langfristigen Trend rückläufig.4
1
2
3
4
Der Beitrag liegt in der alleinigen Verantwortung des Autors und stellt nicht notwendigerweise
die Meinung der KfW Bankengruppe wieder.
Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.), Union Innovation Scoreboard 2014, 2014, S. 82.
Vgl. Rammer/Crass/Doherr/Hud/Hünermund/Iferd/Köhler/Peters/Schubert/Schwiebacher, Indikatorenbericht zur Innovationserhebung 2014, 2014, S. 1 (11).
Vgl. Zimmermann, KfW-Innovationsbericht Mittelstand 2014, 2015, S. 4.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Dabei sind Innovationen aus Unternehmenssicht wichtige
Stellschrauben, um auf Veränderungen im Unternehmensumfeld zu reagieren und so die eigene Position gegenüber
Konkurrenten zu sichern, Marktanteile zu erhöhen und die
Gewinnsituation zu verbessern. Die positiven Wirkungen von
erfolgreich implementierten Innovationen auf die Unternehmensperformance konnten in zahlreichen Studien belegt werden.5 Dennoch ist der wirtschaftliche Erfolg von Innovationen
ungewiss. Oftmals hohen Vorleistungen der Unternehmen
stehen lediglich mögliche, zukünftige Erträge gegenüber.
Wenig überraschend werden daher in Unternehmensbefragungen hohe Innovationskosten und Finanzierungsschwierigkeiten als wichtigste Innovationshemmnisse genannt. 6 Ein
Grund hierfür dürfte sein, dass Unternehmen häufig über verschiedene Innovationsideen verfügen und knappe Ressourcen
in jene Projekte zu lenken sind, welche die höchsten Erträge
erwarten lassen. Allerdings sprechen theoretische Überlegungen dafür, dass die genannten Finanzierungsschwierigkeiten
auch Ausdruck eines Marktversagens bei der Finanzierung
von Innovationen sein können.
Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag
die Finanzierung von Innovationen in mittelständischen
Unternehmen. Im Mittelpunkt steht dabei, welche Finanzierungsquellen die innovierenden Unternehmen einsetzen und
wie sich diese Quellen je nach den Charakteristika des Unternehmens und der Art der Innovationsvorhaben unterscheiden.
Der Beitrag gliedert sich wie folgt: Nach einem Überblick zu
den Erklärungsansätzen für die Finanzierung von Innovationen in Abschnitt II, gibt Abschnitt III die Ergebnisse der
empirischen Untersuchung wieder. Abschnitt IV widmet sich
den wirtschaftspolitischen Implikationen der Untersuchungsergebnisse. Abschließend fasst Abschnitt V die wesentlichen
Aspekte der Untersuchung zusammen.
II. Erklärungsansätze für das Vorliegen von
Finanzierungsrestriktionen bei mittelständischen
Unternehmen
In einer Modellwelt mit perfekten Kapitalmärkten gilt, dass
die Mittelverwendung unabhängig von der Finanzierungsform ist. 7 In der Realität führen jedoch unvollkommene
Kapitalmärkte dazu, dass sich Unternehmen Finanzierungsrestriktionen und damit einer Unterversorgung mit externer
Finanzierung gegenüber sehen. Aufgrund ihrer besonderen
Charakteristika gilt dies insbesondere für die externe Finanzierung von Innovationen.
So ist der Erfolg von Innovationen unsicher. Hohen potenziellen Gewinnen stehen häufig auch erhebliche Risiken gegen5
6
7
Vgl. bspw. Zimmermann, Journal of Business Economics Special Issue 4/2013 S. 131 (149) oder
Falk, Small Business Economics 2012 S. 19 (37).
Vgl. bspw. Zimmermann, Innovationshemmnisse im Mittelstand, 2012, S. 1 oder Rammer/Weißenfeld, Innovationsverhalten der Unternehmen in Deutschland 2006, 2008, S. 60.
Vgl. Modigliani/Miller, American Economic Review 1958 S. 261 (297).
183
Finanzierung
über, deren Bewertung insbesondere für potenzielle externe
Geldgeber schwierig ist. Die Beurteilung eines geplanten
Innovationsprojekts und insbesondere dessen Erfolgswahrscheinlichkeit ist aufgrund der Einzigartigkeit, der technischen Herausforderungen sowie einer gegebenenfalls hohen
Komplexität dem innovierenden Unternehmen in der Regel
besser möglich als einem Außenstehenden. 8 Hinzu kommt,
dass Unternehmen aus Wettbewerbsgründen nur ungern
Details ihrer Innovationsvorhaben Preis geben.9 Als Folge der
Informationsasymmetrie, d.h. der ungleichen Informationsverteilung, sind externe Geldgeber weniger bereit, Innovationsprojekte zu finanzieren.10
In finanzierungstheoretischen Modellen, die sich unter dem
Begriff Pecking-Order-Hypothese11 zusammenfassen lassen,
verlangen externe Geldgeber aufgrund der Informationsasymmetrie eine zusätzliche Prämie – etwa ein Unsicherheitsaufschlag12 – für die Bereitstellung der Mittel. Hieraus leitet sich
eine Finanzierungspräferenz der Unternehmen ab, wonach
zunächst interne Mittel, wenn diese nicht ausreichen, Kredite
und zuletzt externes Eigenkapital zur Finanzierung herangezogen werden.13
Im Kreditrationierungsmodell von Stiglitz und Weiss (1981)
führt die asymmetrische Information über die Projektqualität dazu, dass Banken Kredite eher nicht gewähren, anstatt
höhere, markträumende Zinssätze zu verlangen.14 Grund hierfür ist, dass Unternehmen mit risikoreichen Vorhaben eher
bereit sind, hohe Finanzierungskosten in Kauf zu nehmen,
während Unternehmen mit vergleichsweise sicheren Projekten
bei steigenden Zinsen zunehmend als Kreditnachfrager ausscheiden. Erhöht ein Kreditgeber seinen geforderten Zinssatz,
steigt das Risiko, dass ein finanziertes Vorhaben scheitert und
der Kredit nicht zurückgezahlt wird. Für den Kreditgeber gibt
es somit einen optimalen, Gewinn maximierenden Zinssatz.
Im Ergebnis erhält ein Teil der Nachfrager zu diesem Zinssatz
einen Kredit, während die Anträge anderer Unternehmen
abgelehnt werden, auch wenn sie bereit sind, einen höheren
Zinssatz zu akzeptieren.
In beiden Erklärungsansätzen führt das Vorliegen von Informationsasymmetrien somit zu Restriktionen bei der externen
Finanzierung. Für die betreffenden Unternehmen bedeutet
dies, dass sie sich entweder „überhöhten“ Renditeforderungen
gegenüber sehen oder keine externe Finanzierung erhalten.
Generell gilt, dass je ausgeprägter die Informationsasymmetrie zwischen externem Finanzier und Unternehmen ist, desto
geringer fällt auch die Bereitschaft eines Geldgebers aus, in ein
entsprechendes Projekt zu investieren.15
Als weiteres Charakteristikum sind Innovationsvorhaben
häufig nicht beliebig teilbar: Ein gegebenes Innovationsprojekt weist oftmals eine Mindestgröße unabhängig von den
Merkmalen des innovierenden Unternehmens auf, so dass
seine Durchführung den Charakter von Fixkosten hat.16 Als
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Vgl. Hall/Lerner, in: Hall/Rosenberg (Hrsg.), Handbook of the Economics of Innovation 2010
S. 609 (639).
Vgl. Anton/Yao, Review of Economic Studies 2002 S. 513 (531).
Ausführlicher hierzu vgl. Zimmermann, Zeitschrift für KMU und Entrepreneurship 2013 S. 199
(201).
Vgl. Frank/Goyal, in: Eckbo (Hrsg.), Handbook of Corporate Finance, S. 150 (155).
Vgl. Myers/Majluf, Journal of Financial Economics 1984 S. 187 (221).
Vgl. Myers, Journal of Finance 1984 S. 575 (592).
Vgl. Stiglitz/Weiss, The American Economic Review 1981 S. 393 (410).
Vgl. Calomiris/Hubbard, The Economic Journal 1990 S. 90 (104).
Vgl. Cohen/Klepper, The Economic Journal 1996 S. 925 (951).
184
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Folge davon werden insbesondere Unternehmen mit niedrigen
Umsätzen durch die Durchführung von Innovationsprojekten
überproportional belastet, auch wenn sie sich auf Innovationsprojekte konzentrieren, die einen vergleichsweise niedrigen
Mitteleinsatz erfordern. Dies schränkt die Möglichkeiten der
Risikodiversifizierung durch die Verfolgung mehrerer Innovationsvorhaben ein und führt dazu, dass das Scheitern eines
Vorhabens häufig den Bestand des ganzen Unternehmens
gefährdet.
Hinzu kommt, dass die von den Unternehmen nachgefragten
Volumina aus Sicht externer Geldgeber häufig vergleichsweise
niedrig sind. Die zu erwartenden Erträge stehen daher häufiger in einem ungünstigen Verhältnis zu den Transaktionskosten (z.B. Projekt-, Kreditwürdigkeitsprüfung, Monitoring),
sodass sich für potenzielle Geldgeber ein Engagement oftmals
nicht oder nur bei entsprechend erhöhten Renditeforderungen
lohnt.
Die dargelegten Eigenschaften legen nahe, dass insbesondere
die in Deutschland am weitesten verbreitete Art der externen
Unternehmensfinanzierung – die Finanzierung über Kredite
– bei Innovationsprojekten schwierig ist:17 So trägt ein Kreditgeber zwar die hohe Unsicherheit über den Erfolg von Innovationsvorhaben mit, kann jedoch aufgrund des erfolgsunabhängigen Zinssatzes nicht an den Gewinnen im Erfolgsfall
partizipieren. Dies erschwert den Ausgleich von einzelnen
Verlusten durch erfolgreiche Engagements und begrenzt das
durchschnittliche Risiko, das in einem Kreditportfolio eingegangen werden kann.
Verstärkend kommt hinzu, dass Innovationsprojekte mit
Investitionen in Know-how und weniger in Sachanlagen verbunden sind. Nach Angaben des ZEWs beträgt der Anteil der
Investitionen an den gesamten Innovationsaufwendungen
nur 33%,18 sodass bei einem Innovationsvorhaben nur verhältnismäßig wenige neue Sachanlagen entstehen, die bei
einem Scheitern als dingliche Sicherheiten zur Befriedigung
der Ansprüche der Geldgeber zur Verfügung stehen. Gerade
die Fähigkeit im ausreichenden Maß Sicherheiten zu stellen,
dürfte jedoch derzeit für den Zugang zu Krediten wesentlich sein. So haben die steigenden Eigenkapitalquoten in
den zurückliegenden gut zehn Jahren dazu geführt, dass die
Bonität eines Unternehmens immer seltener zur Ablehnung
von Krediten führt. „Unzureichende“ Sicherheiten als Ablehnungsgrund haben dagegen an Bedeutung gewonnen und
werden aktuell von Unternehmen als mit Abstand häufigster
Kreditablehnungsgrund genannt.19 Gerade für kleine und
junge Unternehmen können die Anforderungen an die Kreditsicherheiten ein besonderes Problem darstellen, da sie in der
Regel weniger Möglichkeiten zur Besicherung von Krediten
aufweisen, 20 gleichzeitig jedoch per se ein höheres Risiko für
externe Geldgeber darstellen.21
Aufgrund der Schwierigkeiten, Innovationsvorhaben mit Hilfe
von Bankkrediten zu finanzieren, wird Beteiligungskapital als
wichtige Alternative für die Innovationsfinanzierung angesehen.22 Insbesondere Venture Capital (VC) sollte als informier17
18
19
20
21
22
Vgl. Himmelberg/Petersen, Review of Economic and Statistics 1994 S. 38 (51).
Vgl. Rammer/Crass/Doherr/Hud/Hünermund/Iferd/Köhler/Peters/Schubert/Schwiebacher,
a.a.O. (Fn. 3), S. 5.
Vgl. Zimmermann, Unternehmensbefragung 2014, 2014, S. 34.
Vgl. Berger/Udell, Journal of Business and Finance and Accounting 1998 S. 671 (692).
Vgl. Müller/Stegmaier, Economic failure and the role of plant age and size, 2014.
Vgl. bspw. Expertenkommission Forschung und Innovation, Gutachten 2015, 2015, S.33.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Finanzierung
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Abb. 1: Venture Capital Investitionen im Verhältnis zum BIP 2012
USA
0,17%
Irland
0,05%
Schweden
0,05%
Finnland
0,04%
Großbritanien
0,04%
Niederlande
0,03%
Frankreich
0,03%
Belgien
0,02%
Deutschland
0,02%
Spanien
0,01%
Östereich
0,01%
Portugal
0,01%
Italien
0,01%
Griechenland
0,00%
0,00%
0,05%
0,10%
tes Kapital („Smart Capital“) eher in der Lage sein, die bestehenden Informationsasymmetrien zu überwinden und somit
die Erfolg versprechendsten Vorhaben auszuwählen. Auch ist
zu erwarten, dass die Fähigkeit von VC-Gesellschaften, ihre
Investments aktiv bei der Geschäftsführung zu unterstützen,
die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Unternehmens und somit
auch ihre Bereitschaft erhöht, in ein solches Unternehmen zu
investieren.23 Nicht zuletzt ermöglicht die Teilhabe am Gewinn
eines erfolgreichen Engagements ein höheres durchschnittliches Risiko im Portfolio einzugehen. Der hohe Aufwand bei
Auswahl und Betreuung der Investments, die verbleibende
Unsicherheit über den Erfolg und die damit verbundenen höheren Renditeerwartungen von VC-Gesellschaften, erfordern
jedoch ein hohes Wachstumspotenzial der möglichen Zielunternehmen. Auf der Seite der Eigentümer des Unternehmens
setzt eine Nutzung von VC die Bereitschaft voraus, Kontrollund Eigentumsrechte abzugeben.
Der Beteiligungskapitalmarkt ist im traditionell bankenorientierten deutschen Finanzsystem im internationalen Vergleich
jedoch nur schwach entwickelt. Wie Abb. 1 zeigt, rangiert
Deutschland bei den VC-Investitionen bezogen auf das BIP nur
im hinteren Mittelfeld in Europa. In den USA wurden im Jahr
2012 – relativ zum BIP – knapp Zehnmal so viel investiert als
in Deutschland. Entsprechend sind Beteiligungskapitalfinanzierungen in Deutschland noch immer selten. So wurden laut
den Angaben des Bundesverbands Deutscher Beteiligungskapitalgesellschaften (BVK) im Jahr 2014 1.335 deutsche Unternehmen mit Beteiligungskapital finanziert. Die Beteiligungskapitalinvestitionen beliefen sich auf insgesamt 7,06 Mrd. €,
wobei den überwiegenden Anteil Buy-outs ausmachen. Auf
Venture Capital-Investitionen entfielen lediglich 9% des Investitionsvolumens bzw. 712 der finanzierten Unternehmen. 24
23
24
Vgl. Ueda, The Journal of Finance 2004 S. 601 (621).
Vgl. BVK, BVK Statistik 2014, S. 6 (13).
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
0,15%
0,20%
0,25%
Wesentliche Hemmnisse für VC-Investitionen in Deutschland
sind seit dem Platzen der New Economy Blase das schwierige
Fundraisingklima sowie fehlende Exitmöglichkeiten.25
III. Empirische Untersuchung der Einflussfaktoren auf die
Finanzierung von Innovationen
1. Datengrundlage
Im Folgenden wird überprüft, inwieweit sich die bisher dargelegten Überlegungen in der Finanzierungspraxis von mittelständischen Unternehmen widerspiegeln. Die Analyse stützt
sich auf das Kf W-Mittelstandspanel, einem repräsentativen
Längsschnittdatensatz für mittelständische Unternehmen mit
einem Jahresumsatz von bis zu 500 Mio. € Jahresumsatz. Eine
Besonderheit dieser Datenbasis ist, dass sie auch Unternehmen
mit weniger als fünf Beschäftigten umfasst, die über vier Fünftel
der mittelständischen Unternehmen in Deutschland ausmachen.26 Die Finanzierung der getätigten Innovationsausgaben
wurde zuletzt in der Erhebung im Jahr 2013 erfragt, bei der
sich die Angaben der Unternehmen auf das Jahr 2012 beziehen.
Bezüglich der Finanzierungsquellen wurden zwischen internen
Mitteln (z.B. laufender Cashflow, Rückstellungen, Barreserven),
Fremdmittelfinanzierungen („Bankkrediten“), Fördermitteln
(z.B. Förderkredite, gefördertes Beteiligungskapital, Zulagen/
Zuschüsse), Beteiligungen Dritter, Mezzanine-Kapital und der
(nicht weiter spezifizierten) Kategorie „Sonstige“ unterschieden. Aufgrund der geringen Fallzahlen wurden für die Analyse
die drei zuletzt genannten Kategorien zu „Sonstige Finanzie25
26
Vgl. Zimmermann/Karle, FB 2005 S. 445 (455), Ehrhart/Zimmermann, FB 2007 S. 713 (721) oder
die regelmäßigen Veröffentlichungen von BVK und der KfW Bankengruppe zum German Private
Equity Barometer.
Von der Befragung ausgenommen sind der öffentliche Sektor, Banken und Non-Profit Organisationen. Die Erhebung erfolgt als geschichtete Zufallsstichprobe mit den Schichtungsmerkmalen
Branche, Beschäftigtengröße, Region des Unternehmenssitzes (neue vs. alte Bundesländer)
sowie Förderstatus (von der KfW gefördert vs. nicht gefördert). Vgl. Schwartz, KfW-Mittelstandspanel 2013, 2014, S. 9.
185
Finanzierung
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Abb. 2: Durchschnittliche Innovationsausgaben im Mittelstand 2012 (in Tausend €)
Unternehmensgröße
unter 5 Beschäftige
22
5 bis unter 10 Beschäftigte
51
10 bis unter 50 Beschäftigte
162
50 Beschäftigte und mehr
1.096
FuE-intensives Verarbeitendes Gewerbe
551
Wirtschaftszweig
Sonstiges Verarbeitendes Gewerbe
434
Bau
60
Wissensbasierte Dienstleistungen
223
Sonstige Dienstleistungen
183
Insgesamt
66
0
200
rungsquellen“ zusammengefasst. Erfragt wurde dabei nicht
nur, ob ein Unternehmen eine Finanzierungsquelle genutzt hat,
sondern auch, welchen Anteil die jeweilige Finanzierungsquelle
an den Innovationsausgaben der Unternehmen ausmacht. Die
Untersuchung stützt sich auf rd. 1.700 Unternehmen, die im
Jahr 2012 Innovationsausgaben getätigt haben. Die Befragungsergebnisse werden auf die Gesamtheit der mittelständischen
Unternehmen hochgerechnet.
2. Untersuchungsergebnisse
Wie Abb. 2 zeigt, gab ein mittelständisches Unternehmen im
Jahr 2012 durchschnittlich rd. 66.000 € für die Durchführung von
Innovationsvorhaben aus, wobei sich die Beträge zwischen den
Unternehmen deutlich unterscheiden: Während sich die Innovationsausgaben bei Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten27
auf 22.000 € belaufen, beträgt der entsprechende Wert für große
Mittelständlerab50Beschäftigtenmitrd.1,1Mio.€rd.das50-fache.
Vor allem Mittelständler aus dem Verarbeitenden Gewerbe zeichnen sich durch hohe Innovationsausgaben aus. Spitzenreiter sind
Unternehmen des FuE-intensiven Verarbeitenden Gewerbes (z.B.
Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie oder Pharma) mit durchschnittlich 550.000 € je innovierendem Unternehmen, gefolgt von
Mittelständlern der nicht-FuE-intensiven Wirtschaftszweige des
Verarbeitenden Gewerbes (z.B. Ernährungsgewerbe, Herstellung
von Metallerzeugnissen, Gummi- und Kunststoffwaren) mit Innovationsausgaben in Höhe von 434.000 €. Mit deutlichem Abstand
rangierenaufPositiondreiUnternehmenausdenwissensintensiven
Dienstleistungen(z.B.IT-,Informationsdienstleister,Rechts-,Steuer-,
Unternehmensberatungen) mit durchschnittlich 223.000 €.
Abb. 3 stellt die Anteile der Finanzierungsquellen an den Innovationsausgaben jenen an den Investitionen gegenüber.28 Wie
aufgrund der Ausführungen in Abschnitt II zu erwarten war,
27
28
Die Einteilung der Unternehmensgrößenklassen erfolgt nach Vollzeitäquivalenten. Die Angaben
beziehen aktivtätige Inhaber, Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte ein, nicht jedoch Auszubildende.
Zwei Teilzeitbeschäftigte zählen als ein Vollzeitbeschäftigter.
Aufgrund der Überschneidungen zwischen Investitionen und Innovationen wurden für die Gegenüberstellung bei den Investitionen nur jene Unternehmen berücksichtigt, die nicht zugleich
auch Innovationsausgaben getätigt haben.
186
400
600
800
1.000
1.200
unterscheidet sich die Finanzierung von Innovationen deutlich
von jener der Investitionen: Mit 79% der Innovationsausgaben
dominieren interne Mittel bei der Innovationsfinanzierung.
Interne Mittel machen zwar auch an den Investitionsausgaben
den größten Anteil aus. Mit 49% werden die internen Mittel
bei der Investitionsfinanzierung jedoch deutlich weniger stark
genutzt als bei den Innovationen. Deutliche Unterschiede zeigen
sich auch bezüglich der Nutzung von Bankkrediten. Lediglich
7% der Innovationsaufwendungen werden über Bankkredite
finanziert, während sich der entsprechende Anteil bei den Investitionen auf 31% beläuft. Wie eine aktuelle Studie des ZEWs zeigt,
werden Bankkredite derzeit seltener als noch Mitte des zurückliegenden Jahrzehnts für die Innovationsfinanzierung herangezogen.29 Mögliche Gründe hierfür dürften in der insgesamt
verbesserten Innenfinanzierungskraft der Unternehmen, aber
auch in der seit der Wirtschafts- und Finanzkrise unverändert
hohen Risikosensitivität der Kreditinstitute liegen.30
Fördermittel machen bei den Innovationen 10% und 15% bei
den Investitionen aus. Öffentliche Förderungen stellen ebenfalls eine kostengünstige Finanzierungsquelle dar und können
den Finanzierungsspielraum eines Unternehmens deutlich
ausweiten. Allerdings entstehen den Unternehmen auch bei
der Verwendung von Fördermitteln Transaktionskosten. So
müssen etwa Informationen über die Fördermöglichkeiten
beschafft, Anträge gestellt und gegebenenfalls Berichtspflichten erfüllt werden. Die Höhe dieser Transaktionskosten hängt
dabei wesentlich von der Ausgestaltung des jeweiligen Förderprogramms ab und steht in der Regel in einem Zusammenhang
mit der Förderintensität. Die restlichen 3% (Innovationen) bzw.
5% (Investitionen) verteilen sich auf die „sonstigen“ Finanzierungsquellen. Von welchen Einflussfaktoren die Nutzung der
Finanzierungsquellen im Detail abhängt, wird im Folgenden
näher untersucht.31
29
30
31
Vgl. Rammer/Peters, Dokumentation zur Innovationserhebung 2014, 2014, S. 31 (32).
Vgl. Zimmermann, a.a.O. (Fn. 19), 2014, S. 16.
In den Auswertungen nach einzelnen Merkmalen können Beobachtungen mit fehlenden Angaben zum jeweils betrachteten Merkmal nicht berücksichtigt werden. Daher können die Ergebnisse geringfügig von jenen für den Gesamtdatensatz abweichen.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Finanzierung
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Abb. 3: Innovations- und Investitionsfinanzierung im Vergleich – Anteile der Finanzierungsquellen an den jeweiligen Ausgaben in %
Innovation
79
Investition
7
49
0%
10 %
20 %
31
30 %
40 %
Interne Mittel
50 %
Bankkredite
60 %
3
15
70 %
Fördermittel
10
80 %
5
90 %
100 %
Sonstige Quellen
Abb. 4: Innovationsfinanzierung nach Unternehmensgröße – Anteile der Finanzierungsquellen an den jeweiligen Ausgaben in %
85
unter 5 Beschäftige
5 bis unter 10
Beschäftigte
6
82
10 bis unter 50
Beschäftigte
8
74
87
0%
10 %
20 %
30 %
6
11
50 Beschäftigte und
mehr
50 %
Bankkredite
60 %
Fördermittel
70 %
80 %
90 %
1
4
11
4
40 %
Interne Mittel
7
3
7
2
100 %
Sonstige Quellen
Vor allem besonders k leine sow ie große Mittelständler f inanzieren ihre Innovationen über interne Mittel
(s. Abb. 4). Dass Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten trotz ihrer vergleichsweise geringen Innenfinanzierungskraft in einem hohen Maß ihre Innnovationsaktivitäten intern finanzieren, dürfte auf ihren schlechteren
Zugang zu externer Finanzierung zurückzuführen sein: 32
Die Gründe hierfür dürften – wie bereits dargelegt – etwa
die aus Geldgebersicht vergleichsweise kleinen Volumina
oder fehlende Diversifikationsmöglichkeiten in Verbindung
mit größeren Schwierigkeiten, ausreichend Sicherheiten zu
stellen, sein.
Mit zunehmender Unternehmensgröße verbessert sich der
Kreditzugang, was sich zunächst in einem steigenden Anteil
von Bankkrediten an den Innovationsausgaben bis zu den
Unternehmen mit zehn bis unter 50 Beschäftigten bemerkbar
macht. Auch die Inanspruchnahme einer öffentlichen Förderung ist bei den Unternehmen mit zehn bis 50 Beschäftigten
am höchsten. Die stärkere Nutzung durch Unternehmen dieser Größenklasse im Vergleich zu den kleineren Unternehmen
dürfte darauf zurückzuführen sein, dass größere Unternehmen in der Regel auch eher mit dem Förderangebot und der
Beantragung von Fördermitteln vertraut sind als kleinere.
Der mit 87% höchste Anteil interner Mittel an den Innovationsausgaben bei Mittelständlern mit mehr als 50 Beschäftigten weist auf die hohe Innenfinanzierungskraft dieser
Unternehmen hin, die es ihnen erlaubt, häufiger auf externe
Mittel zu verzichten. Dies gilt insbesondere auch, weil die
relative finanzielle Belastung durch Innovationen mit
zunehmender Unternehmensgröße abnimmt: So geben 69%
der Innovatoren mit 100 und mehr Beschäftigten weniger
als 5% ihres Jahresumsatzes für Innovationsaktivitäten aus.
Der entsprechende Anteil für die Unternehmen mit weniger
als zehn Beschäftigten liegt hingegen bei lediglich 28%. 33
In welchem Umfang die verschiedenen Finanzierungsquellen genutzt werden, hängt auch stark vom zu finanzierenden Volumen ab. Da die internen Mittel eines Unternehmens typischerweise begrenzt sind, ist eine Finanzierung
umfangreicher Innovationsvorhaben nur möglich, wenn es
gelingt, externe Mittel zu akquirieren. Dies zeigt sich daran,
dass der Anteil der Bankkredite auf das Vierfache wächst,
wenn ein Unternehmen 9% und mehr seines Umsatzes in
Innovationsvorhaben investiert, im Vergleich zu einem
Unternehmen mit einer Innovationsintensität von unter 2%
(s. Abb. 5). Auch die Nutzung öffentlicher Förderung nimmt
zwischen diesen beiden Gruppen um das Dreifache zu.
Insbesondere die FuE-Intensität eines Unternehmens
(d.h. die FuE-Ausgaben bezogen auf den Jahresumsatz)
spiegelt den Technologiegehalt sowie die Komplexität der
Innovationsaktivitäten wider und kann als Gradmesser
für die Unsicherheit eines externen Finanziers über den
32
33
Vgl. Zimmermann, a.a.O. (Fn. 19), 2014, S. 10.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Vgl. Zimmermann, KfW-Mittelstandspanel 2013: Innovationen, 2014, S. 3 (4).
187
Finanzierung
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Abb. 5: Innovationsfinanzierung nach der Intensität der Innovationsausgaben – Anteile der Finanzierungsquellen an den jeweiligen
Ausgaben in %
bis 2 %
93
2 bis unter 4 %
86
4 bis unter 9 %
6
87
9 % und mehr
6
74
0%
10 %
20 %
30 %
Interne Mittel
8
40 %
50 %
Bankkredite
60 %
70 %
Fördermittel
2
4 0
4
3
7
1
12
80 %
5
90 %
100 %
Sonstige Quellen
Abb. 6: Innovationsfinanzierung nach der FuE-Intensität – Anteile der Finanzierungsquellen an den jeweiligen Ausgaben in %
keine FuE
80
bis unter 2,5 %
85
2,5 bis unter 7 %
0%
10 %
20 %
30 %
Interne Mittel
6
6
3
40 %
50 %
Bankkredite
Projekterfolg betrachtet werden. 34 Außerdem steht eine
hohe FuE-Intensität für einen niedrigen Anteil investiver
Innovationsausgaben und damit für entsprechend weniger
neu entstehende Sachwerte für eine Sicherheitenstellung.
Wie Abb. 6 zeigt, nimmt der Anteil der Bankkredite an
den Innovationsausgaben mit steigender FuE-Intensität
ab. Finanzieren innovierende Mittelständler ohne eigene
FuE ihre Innovationsausgaben zu 13% mit Hilfe von Bankkrediten, sinkt dieser Anteil bis zu den Unternehmen mit
einer hohen FuE-Intensität (7% und mehr) auf lediglich
3%. Die Überlegungen zu einer begrenzten Risikotragfähigkeit von Bankkrediten können somit bestätigt werden.
Die mit zunehmender FuE-Intensität rückläufigen Anteile
von Bankkrediten bedeuten für die Unternehmen zunächst
einen höheren Einsatz interner Mittel. Erst bei Unternehmen mit einer FuE-Intensität von 7% und mehr steigt der
Anteil der Fördermittel um rd. ein Drittel.
Diese Befunde werden auch bei einer Betrachtung des Neuigkeitsgrads der von den Unternehmen entwickelten InnoVgl. Arrow, in: Nelson (Hrgs.),The Rate and the Direction of Inventive Activity, 1962, S. 609 (625).
188
5
81
60 %
70 %
Fördermittel
80 %
1
6
87
7 % und mehr
34
13
9
90 %
5
6
1
6
100 %
Sonstige Quellen
vationen bestätigt. So dürfte die Entwicklung von Produktmarktneuheiten – sowohl was die technische Machbarkeit als
auch was den Markterfolg betrifft – von einer größeren Unsicherheit über den wirtschaftlichen Erfolg geprägt sein, als die
Entwicklung von Produkten, die bereits von Wettbewerbern
auf dem Markt angeboten werden. Entsprechend fällt bei den
Unternehmen, die Marktneuheiten entwickeln, der Anteil der
Bankkredite an den Innovationsausgaben mit 3% nur halb so
hoch aus, wie bei den Unternehmen mit Produktimitationen.
Mit 15% bei Unternehmen mit Marktneuheiten – ggü. 5% bei
Unternehmen mit Produktimitationen – bestätigt sich auch
hier, dass Fördermittel verstärkt in Unternehmen zum Einsatz
kommen, die technologisch anspruchsvolle und durch einen
hohen Neuigkeitsgrad gekennzeichnete Innovationsanstrengungen leisten.
Die Möglichkeiten eines Unternehmens, Innovationen – sei
es intern oder durch Bankkredite – zu finanzieren, hängen
nicht zuletzt wesentlich von seiner finanziellen Situation ab.
So stehen positive Finanzkennziffern für eine hohe Innenfinanzierungskraft. Gleichzeitig entscheidet die finanzielle
Situation aufgrund ihrer Bedeutung für die BonitätsbeurCORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Finanzierung
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Abb. 7: Innovationsfinanzierung nach der Höhe der Eigenkapitalquote – Anteile der Finanzierungsquellen an den jeweiligen Ausgaben in %
bis unter 15 %
6
85
15 bis unter 40 %
40 % und höher
3
88
0%
10 %
20 %
30 %
Interne Mittel
40 %
IV. Wirtschaftspolitische Implikationen
Im Vergleich zu Investitionen finanzieren Mittelständler
ihre Innovationen nur in einem geringen Umfang über
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
50 %
Bankkredite
teilung auch über den Kreditzugang. Welcher Aspekt bei der
Finanzierungsentscheidung überwiegt, ist somit zunächst
unklar. In der verwendeten Datenbasis kann der Einfluss der
Finanzkennziffern auf die Innovationsfinanzierung anhand
der Umsatzrendite und der Eigenkapitalquote untersucht
werden.
Bezüglich der Umsatzrendite zeigt sich ein klarer Zusammenhang: Mit zunehmender Umsatzrendite nimmt der
Anteil der Innenfinanzierung an den Innovationsausgaben
zu und der Anteil der Bankkredite ab. Dass Unternehmen
trotz besserer Bonität verstärkt interne Mittel nutzen, steht
im Einklang mit der Pecking-Order-Hypothese, wonach
Unternehmen bei der Existenz von Informationsasymmetrien, bevorzugt auf interne Mittel zurückgreifen, etwa weil
externe Geldgeber einen „Unsicherheitsaufschlag“ verlangen.
Im Gegensatz dazu nehmen mit steigender Eigenkapitalquote der Anteil der internen Mittel an der Innovationsfinanzierung zunächst ab und jener der Bankkredite zu.
Wie Abb. 7 zeigt, beträgt der Anteil der internen Mittel an
den Innovationsausgaben bei den Unternehmen mit einer
niedrigen Eigenkapitalquote (unter 15%) 85%, während
sich dieser Anteil bei den Unternehmen mit einer mittleren Eigenkapitalquote (15 bis unter 40%) auf 77% beläuft.
Parallel dazu nimmt der Anteil der Bankkredite um zwei
Prozentpunkte auf 8% zu. Für Unternehmen mit einer
Eigenkapitalquote von 40% und höher kann der umgekehrte
Zusammenhang ermittelt werden: Bankkredite spielen bei
den Unternehmen mit einer hohen Eigenkapitalquote mit
3% kaum noch eine Rolle, während der Anteil der internen
Mittel mit 88% auf den höchsten Wert ansteigt.
Zu erklären dürfte dieser Verlauf damit sein, dass mit steigender Eigenkapitalquote der Zugang zu Krediten leichter
fällt und zunächst Kredite verstärkt für die Innovationsfinanzierung herangezogen werden. Ab einer gewissen
Eigenkapitalquote überwiegt jedoch auch hier die höhere
Innenfinanzierungskraft der betreffenden Unternehmen,
sodass auf Kreditfinanzierungen häufiger verzichtet werden kann.
12
8
77
60 %
Fördermittel
70 %
80 %
5
90 %
2
4
8
1
100 %
Sonstige Quellen
externe Quellen. Dies steht im Einklang mit theoretischen
Überlegungen, wonach spezielle Merkmale von Innovationsprojekten – wie hohe Unsicherheit über den Erfolg, ein
geringer Anteil an Sachanlagen und Anforderungen an die
Projektgröße – vor allem einer externen Finanzierung mit
Hilfe von Bankkrediten entgegenstehen. Betroffen hiervon
sind insbesondere kleine sowie die hochinnovativen Unternehmen. Für dieses Segment steht im deutschen, traditionell bankenorientierten Finanzsystem Beteiligungskapital
als alternative Finanzierungsquelle ebenfalls nur in einem
geringen Umfang (zu für die Unternehmen akzeptablen
Konditionen) zur Verfügung. Wichtiger Grund hierfür
dürfte das Fehlen von institutionellen Investoren – wie zum
Beispiel Pensionskassen – sein, die in anderen Ländern
häufig als Ankerinvestoren fungieren. Um die Anreize zur
Refinanzierung von VC-Gesellschaften zu erhöhen, wird
eine Verbesserung der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen als wichtig erachtet. Kritisch werden
vor allem die unklare Rechtslage bei der Einstufung von
VC-Fonds als gewerblich oder vermögensverwaltend sowie
die Behandlung von Verlustvorträgen gesehen. 35 Auch wird
eine steuerliche Benachteiligung von Beteiligungskapital
gegenüber der Finanzierung aus internen Mitteln bzw. mit
Fremdkapital bemängelt. 36 Bezüglich der Exitmöglichkeiten
wird aktuell ins Gespräch gebracht, in wie weit ein gesamteuropäisches Börsensegment für wachstumsorientierte
Unternehmen zu einer nachhaltigen Verbesserung der
Finanzierungsmöglichkeiten von jungen technologieorientierten Unternehmen beitragen kann. 37
Als Folge der fehlenden externen Finanzierungsmöglichkeiten
besteht eine starke Abhängigkeit der Innovationsaktivitäten
eines Unternehmens von der Verfügbarkeit interner Quellen.
Dies birgt viele Nachteile:
– Da die internen Mittel beschränkt sind, investieren
Unternehmen zu wenig in Innovationen als dies aus
gesamtwirtschaftlicher Perspektive wünschenswert ist.
Insbesondere werden zu wenige Innovationsvorhaben
angegangen. Auch werden realisierte Innovationsvorha35
36
37
Vgl. hierzu ausführlich Expertenkommission Forschung und Innovation, a.a.O. (Fn. 22), S. 33
(35).
Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der Gesamtwirtschaftlichen Lage, Jahresgutachten
2012/2013, 2012, S. 220 (247).
Vgl. Expertenkommission Forschung und Innovation, a.a.O. (Fn. 22), S. 35.
189
Finanzierung
ben kleiner dimensioniert als dies ohne Finanzierungsrestriktionen der Fall wäre.
– Des Weiteren muss das Innovationsverhalten stark
der momentanen finanziellen Lage des Unternehmens
angepasst werden. Als Folge werden weniger langfristige Innovationsvorhaben, dafür häufiger kurzfristig
realisierbare Projekte durchgeführt. Grundlegende
Neuheiten, die für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands besonders wichtig sind, werden
somit seltener hervorgebracht. Aktuelle Untersuchungen
des ZEW bestätigen, dass Unternehmen aufgrund von
Finanzierungsschwierigkeiten vor allem auf den Einstieg
in neue Marktsegmente und auf die Realisierung technologisch anspruchsvoller Vorhaben verzichten. 38
– Außerdem droht den Unternehmen durch Personalabwanderung wichtiges unternehmensspezifisches
Know-how verloren zu gehen, wenn in konjunkturell
schwierigen Phasen aufgrund von Gewinnrückgängen
die Innovationstätigkeit zurückgefahren werden muss.
Eine Wiederaufnahme von Innovationsaktivitäten nach
Überwindung einer Krise fällt dann umso schwerer.
Schon heute führen vor allem innovative mittelständische Unternehmen ihre Stellenbesetzungsprobleme
auf die von ihnen benötigten spezifischen Zusatzqualifikationen zurück. 39 Aufgrund der demografischen
Entwicklung dürfte die externe Stellenbesetzung in den
kommenden Jahren – selbst unter Inkaufnahme des fehlenden unternehmensspezifischen Know-hows – noch
schwieriger werden.
Die Probleme, Innovationen extern zu finanzieren, deuten auf
ein Brachliegen wichtiger Potenziale aufgrund von Marktunvollkommenheiten hin. Die Innovationsförderung stellt daher
eine wirtschaftspolitische Daueraufgabe dar. Eine wichtige
Aufgabe der Innovationspolitik dabei ist es, jene Unternehmen
zu unterstützen, die im Innovationsprozess eine Vorreiterrolle
einnehmen und daher von den Finanzierungsschwierigkeiten
besonders stark betroffen sind. Der höhere Fördermitteleinsatz in Unternehmen mit hohen Innovationsanstrengungen
trägt den besonders ausgeprägten Finanzierungshemmnissen
dieser Unternehmen sowie deren hohen Bedeutung im Innovationssystem Rechnung.
Die Mehrzahl der mittelständischen Unternehmen verfolgt
jedoch Strategien, die auf inkrementelle Verbesserungen und
auf kundenspezifische Lösungen abzielen. 40 Die Innovationsanstrengungen dieser Unternehmen bewirken die Diffusion
von Neuerungen in der Wirtschaft. Sie sorgen insbesondere dafür, dass deutsche Mittelständler ihrer Rolle in der
Wertschöpfungskette gerecht werden können und stellt die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft als Ganzes
sicher. Auch sie werden durch Finanzierungshemmnisse in
ihrer Innovationstätigkeit behindert. Neben der Förderung
der „Exzellenz“ ist daher auch die Unterstützung der Innovationsanstrengungen in der Breite des Mittelstands notwendig.
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zierungsquellen am Volumen der Innovationsausgaben im
Mittelpunkt der Betrachtung. Dabei konzentriert sich die
Untersuchung auf die drei, gemessen an ihren Volumenanteilen, wichtigsten Finanzierungsquellen: interne Mittel, Bankkredite sowie Fördermittel. Ziel war es, vor dem Hintergrund
finanzierungstheoretischer Überlegungen, Rückschlüsse auf
die Existenz von Finanzierungsrestriktionen und damit einer
Unterversorgung mit externer Finanzierung zu ziehen.
Zentrales Ergebnis der Studie ist, dass in Abhängigkeit der
Charakteristika der Unternehmen sowie ihrer Innovationsvorhaben, Hinweise auf Finanzierungsrestriktionen
gefunden werden können: So finanzieren mittelständige
Unternehmen ihre Innovationen in einem deutlich geringeren Umfang über externe Quellen wie etwa Investitionen. Eine hohe Abhängigkeit von internen Mitteln zeigt
sich gerade für kleine Unternehmen. Des Weiteren sinkt
der Anteil der Bankkredite an den Innovationsausgaben
zu Gunsten interner Quellen mit zunehmender Umsatzrendite und wenn die Unternehmen eine hohe Eigenkapitalquote aufweisen. Da Finanzkennziffern maßgeblich
in die Bonitätsbeurteilung eines Unternehmens eingehen,
belegt dieses Untersuchungsergebnis eine Präferenz der
Unternehmen, ihre Innovationen aus internen Mitteln zu
bestreiten. Vor allem FuE-treibende Unternehmen sowie
Unternehmen, deren Innovationsvorhaben einen hohen
Neuigkeitsgrad aufweisen, finanzieren ihre Innovationen
stark aus internen Mitteln und weniger mit Bankkrediten.
Dies kann als Hinweis auf die begrenzte Risikotragfähigkeit
von Bankkrediten gedeutet werden. Entsprechend kommen
Fördermittel verstärkt bei hochinnovativen Unternehmen
zum Einsatz.
Insgesamt bestätigen die Untersuchungsergebnisse die theoretischen Überlegungen, wonach aufgrund verschiedener
Charakteristika von Innovationen Informationsasymmetrien zwischen einem innovierenden Unternehmen und
einem potenziellen externen Geldgeber auftreten, die zu
einem Marktversagen und einer entsprechenden Unterversorgung mit externer Finanzierung führen. Im Hinblick auf
wirtschaftspolitische Implikationen lässt sich festhalten,
dass aufgrund der ermittelten Finanzierungsrestriktionen Innovationen nicht im gesellschaftlich gewünschten
Umfang verwirklicht werden können. Sie begründen somit
ein Eingreifen in den Marktprozess, um die Abhängigkeit
der Innovationstätigkeit von internen Mitteln zu verringern
und brachliegende Innovationspotenziale besser auszuschöpfen.
V. Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag untersucht die Finanzierung von
Innovationen in mittelständischen Unternehmen. In Abgrenzung zu anderen Studien stehen die Anteile einzelner Finan38
39
40
Vgl. Rammer/Peters, a.a.O. (Fn. 29), 2014, S. 38 (39).
Vgl. Reize, Fachkräftemangel im Mittelstand, 2011, S. 7 (8).
Vgl. Zimmermann, To be the Leader of the Pack? Innovationsstrategien im Mittelstand, 2013, S. 1.
190
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Unternehmensführung/Mittelstand/Innovationsmanagement
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Prof. Dr. Arnold Weissman / Stephan Wegerer, beide Nürnberg
Business Innovation – wie Unternehmen sich
regelmäßig neu erfinden
Prof. Dr. Arnold Weissman gründete 1987 die heutige Strategieberatung
Weissman & Cie., die sich auf die Beratung und Begleitung von
Unternehmerfamilien spezialisiert hat. Arnold Weissman ist Professor für
Unternehmensführung für Familienunternehmen sowie Marketing an der OTH
Regensburg, Kompetenzbereichs-Leiter für Strategie an der Zürich International
Business School (ZIBS) und externer Dozent an der Zeppelin Universität in
Friedrichshafen.
Dipl. Kfm. Stephan Wegerer ist als Berater bei der WeissmanGruppe
in den Kompetenzfeldern Business Innovation, Trend-, Innovations- und
Ideenmanagement sowie in Strategic Foresight, Digitaler Strategie und Digitaler
Transformation tätig.
Kontakt: [email protected]
In den nächsten Jahren werden zahlreiche neue Herausforderungen auf Unternehmen zukommen. Technologie und
Märkte verändern sich in rasendem Tempo. Schon heute
ist an den großen Megatrends wie Digitalisierung, Globalisierung, Ressourcen-Verknappung, Nachhaltigkeit und
demografischer Wandel abzusehen, dass der Wandel das
einzig Beständige sein wird. Eine neue Gesellschaft mit veränderten Ansprüchen und einem veränderten Wertesystem
bildet sich heraus. Viele Trends treten vernetzt auf, so sind
Digitalisierung und Globalisierung untrennbar miteinander
verbunden. Jedes Unternehmen muss sich damit befassen
und herausfinden, was diese Veränderungen und Trends für
seine Produkte oder Dienstleistungen bedeuten. Welche Risiken gilt es zu beachten, welche Chancen entstehen und
welche Kompetenzen muss das Unternehmen aufbauen,
um sie wahrnehmen zu können – nicht nur heute, sondern
in Zukunft?
I. Einleitung
Deutschen Unternehmen geht es gut. Gerade mittelständische Familienunternehmen verzeichnen eine gesunde
Entwicklung ihrer Geschäftszahlen. Ihre Eigenkapitalquote
ist hoch. Ihre Unternehmensstrategie haben sie bereits vor
Jahren festgelegt und seither konsequent verfolgt. Moderates Wachstum gibt Anlass zu Zuversicht. Doch der schöne
Schein trügt. In Zeiten, in denen sich Märkte und Rahmenbedingungen in rasantem Tempo verändern, indem sich die
Produktionszyklen immer weiter verkürzen, Distributionen
in Technologien und Märkten die Regel und globaler Konkurrenzdruck unausweichlich sind, reicht es nicht mehr,
sich alle paar Jahre mit der strategischen Ausrichtung des
Unternehmens zu befassen. Der technologische Wandel und
die Globalisierung lassen Geschäftsmodelle von heute auf
morgen veralten. Die Märkte sind zunehmend gesättigt,
die Kundengewinnungskosten hoch und echtes Wachstum
scheint nur noch durch Übernahmen möglich. In der Folge
reagieren die meisten Unternehmen mit Kostensenkung,
Effizienzprogrammen und sinkender Innovationsrate. Eine
fatale Entwicklung, denn ohne Innovation ist langfristiger
Erfolg nicht möglich. Wie aber erreicht man das Ziel innovaCORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
tiv zu wachsen? In jedem Falle anders als alle Anderen und
mit System.
Als Folge der Situation in den meisten Märkten benötigen
wir eine grundlegende Veränderung. Stellt sich doch die
Situation wie folgt dar: Zu viele ähnliche Firmen, beschäftigen ähnliche Mitarbeiter mit ähnlicher Ausbildung, die ähnliche Arbeiten durchführen. Sie haben ähnliche Ideen und
produzieren ähnliche Dinge zu ähnlichen Preisen in ähnlicher Qualität. Unternehmen, die zu dieser Gruppe gehören,
werden es künftig schwer haben. Schlimmer: Ohne Differenzierung wird keines dieser Unternehmen die nächsten fünf
Jahre überleben. Denn austauschbare Leistungen führen
in stagnierenden oder rückläufigen Märkten zwingend zu
negativen Wachstumsraten und Renditeentwicklung aller
Marktteilnehmer.
Die zentrale Herausforderung für Unternehmen ist es heute,
die eigene Überlebensfähigkeit und Unabhängigkeit in einem
zunehmend volatilen Marktumfeld zu sichern und dabei profitabel mit vertretbarem Risiko zu wachsen. Um dieses Basisziel
zu erreichen, müssen geeignete strategische Stoßrichtungen
festgelegt werden, die zu einer Verbesserung der Werttreiber
Rendite, Wachstum und Risiko führen.
II. Survival of the fittest – Wer überlebt ist angepasst!
.... und besser als alle anderen, könnte man ergänzen. Die
Natur zeigt uns, dass der Weg, sich von anderen zu unterscheiden, der richtige ist. Nur diejenigen Arten überleben
langfristig, die einzigartig sind. Der russische Biologe Georgi
Gause hat das Prinzip „be different or die“ an Experimenten
mit Einzellern eindrucksvoll beschrieben.1 Er legte dar, dass
sich zwei Arten niemals gleich ernähren, denn wenn sie es
tun, kommt es unweigerlich zum Kampf um die knappe Nahrung. In der Natur überlebt, wer seine ökologische Nische
gefunden hat, dort intelligent kooperiert und sein Feld auch
zu verteidigen weiß. Trotzdem verharrt die Mehrzahl unserer
Unternehmen in der Austauschbarkeit und reibt sich über
einen ständigen Verdrängungskampf über den Preis auf.
Doch gerade für Familienunternehmen – und wir sprechen
von 96% der deutschen Unternehmen – ist dieser Kampf
nur selten zu gewinnen. Sobald aber ein Unternehmen die
brennenden Probleme seiner Kunden sichtbar besser löst
als andere, hat es seinen Wettbewerbern etwas voraus: Es
unterscheidet sich.
Die Märkte haben sich schon immer verändert, doch heute
verändern sie sich, insbesondere durch die Digitalisierung aller
Dinge, so schnell wie nie zuvor. Unternehmen, die sich nicht
anpassen, scheiden aus dem Markt aus. Unternehmen, die sich
nur anpassen, aber nicht aktiv den Markt mitgestalten, haben
es schwer. Das heißt, Unternehmen müssen den Wandel des
Marktumfelds nicht nur erkennen und verstehen, sondern sich
1
Vgl. Gause, The struggle for existence, 1934.
191
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Abb. 1: Grundlegende Wachstumsoptionen
Wachstum im Kernmarkt
(mit bestehenden Produkten)
Neue Märkte
(geographisches Wachstum)
Neue Produkte
(Markt-/Kunden-Wachstum)
Diversifizierung
(neue Produkte/Branchen)
Kooperation
Akquisition
Innovation als langfristig größter Hebel für organisches Wachstum
Abb. 2: Basis für den Erfolg sind Wettbewerbsvorteile und
Kernkompetenzen
Rendite
Wachstum
Risiko
Nachhaltig
Nicht frei käuflich
Verteidigungsfähig
Marktchance
Fähigkeiten/
Ressourcen
ERFOLG
WETTBEWERBSVORTEILE
GESCHÄFTSMODELL/
KERNKOMPETENZEN
Produkt
Dienstleistung
Marke/Beziehung
Entwicklung/
Prozess
Innovationsfähigkeit
aktiv am Wandel beteiligen. Angelehnt an die Natur, in der die
Gesetze der Evolution wie sie uns heute bekannt sind, auf der
Abfolge von Mutation, Selektion und Retention basieren, werden
nur solche Unternehmen eine gesicherte Zukunft haben, die
sich nicht nur an aktuelle Marktsituationen anpassen können,
sondern die bedeutsamsten Entwicklungen der Zukunft zu antizipieren in der Lage sind. Es gilt also Probleme der Zukunft zu
erkennen und bereits heute die Lösungen dafür zu entwickeln.
Das kybernetische Management-System lässt sich entsprechend
heranziehen.2 Ist das zentrale Problem der Zukunft erst einmal
erkannt, gilt es, unter Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen, bessere Problemlösungen zu entwickeln als die Konkurrenz und damit einzigartige Kompetenz sichtbar zu machen.
III. Kernkompetenzen und Wettbewerbsvorteile als Basis
für Erfolg
Grundlage für jedweden unternehmerischen Erfolg sind
zweifelsohne ein tragfähiges, verteidigungsfähiges und nicht
frei verfügbares Geschäftsmodell und das Vorhandensein
einzigartiger Fähigkeiten sprich Kernkompetenzen. Wettbe2
Vgl. Beer, Brain of the Firm – The Managerial Cybernetics of Organisation, 2. Aufl. 1995.
192
werbsvorteile können sich aus dem Produkt bzw. der Dienstleistung selbst, aus der Marke bzw. Beziehung zum Kunden,
aus der Entwicklungsfähigkeit und nicht zuletzt aus der
Innovationsfähigkeit ergeben. Der tatsächliche Erfolg eines
Unternehmens leitet sich aus dem Verhältnis von erreichter
Rendite, Wachstum und Unternehmensrisiko ab. Erfolg ist,
wenn der Unternehmenswert nachhaltig gesteigert wird.
Legt man nun die Maxime „Wir wollen nachhaltig, profitabel, mit vertretbarem Risiko, gesund wachsen!“ zugrunde,
stehen wie in Abb. 1 dargestellt fünf Wachstumsoptionen
zur Verfügung: das Wachstum im Kernmarkt mit bestehenden Produkten, das Wachstum im Kernmarkt mit neuen
Produkten bzw. Kunden, geographisches Wachstum und das
Wachstum durch Diversifizierung 3 , d.h. mit neuen Produkten
in neuen Branchen sowie als fünfte Option service- oder produktbezogene Kooperation und Akquisition. Vergleicht man
die Auswirkungen dieser fünf Optionen auf die langfristige
Wachstumsfähigkeit eines Unternehmens, so erweist sich
Diversifizierung als langfristig größter Hebel für organisches
Wachstum.
IV. Innovation als Grundlage für Wachstum
Wenn Anpassung nicht mehr reicht, müssen Veränderungen
vorausgesehen werden. Besser noch man eilt ihnen aktiv
voraus. Aber wie erkennt man frühzeitig Nischen, in denen
das Unternehmen überleben kann, und wie verhält man sich
im Wandel? Nach Erkenntnissen der Evolutionstheorie verändert das flexibelste Glied in der Kette das ganze System.
Langfristige und vor allem verteidigungsfähige Wettbewerbsvorteile erzielt ein Unternehmen nur, wenn es, wie in
Abb. 2 ersichtlich, selbst die Schlüsselfaktoren des Markts
verändert und relevante Veränderungen, die für die Kunden echten Nutzen bieten, in die Wertschöpfungskette des
Markts einbringt. Nicht Benchmarking ist der Schlüssel zum
Erfolg sondern Benchbreaking. Regeln brechen und Neues
3
Vgl. Ansoff, Corporate Strategy – An Analystic Approach to Business Policy for Growth and Expansion, 1965, S. 98 (99).
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Abb. 3: Trendbarometer Innovations-Cockpit
wagen – Benchbreaker betreten neues Terrain und setzen
neue Standards, an denen sich künftig die anderen Marktteilnehmer orientieren müssen. Diese Art der Koevolution
operiert mit dem Bedarf von morgen, nimmt Erwartungen
und Herausforderungen im Sinne einer selektiven Wahrnehmung geistig vorweg, um dadurch verteidigungsfähige
Wettbewerbsvorteile aufzubauen. Innovation ist also der
Schlüsselfaktor für langfristigen Erfolg.
Wie aber etabliert man den Faktor Innovation funktionsfähig im Unternehmen und schafft mit ihm echten Mehrwert?
Gelingen kann dies nur durch ein systematisches Innovationsmanagement und entsprechende Investitionen. Entgegen der
verbreiteten Meinung, dass sich Innovation zufällig ereignet
– hier werden gerne Erfindungen wie post it, Coca Cola oder
Viagra angeführt, die allesamt spontan erfolgten – müssen
Unternehmensinnovationen immer systematisch erarbeitet
werden. Instrumente wie Innovations-Scouting und/oder
Marktforschung sind unerlässlich. Die Nichtvorhersehbarkeit
der Zukunft unbestritten, lässt sich mittels Trendforschung
zumindest erkennen, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln. Bestes Beispiel ist der demografische Wandel – er
zeichnet sich seit gut 40 Jahren ab und trotzdem haben wir erst
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in den letzten Jahren begonnen, uns intensiver damit auseinanderzusetzen.
V. Mit strategischer Planung ambitionierte Ziele
erreichen
Bevor Unternehmen in die Ideenfindungsphase mit zahlreichen Kreativitätstechniken einsteigen, sollte zunächst der
gesamte Innovationsprozess vom Umfeldscanning über das
Innovationsportfolio bis hin zum sog. Roadmapping klar
strukturiert und ein offener Innovationsprozess im Unternehmen etabliert sein. Die zugrundeliegende Vision – wo will
das Unternehmen hin – beinhaltet neben der branchen- und
produktorientierten Ausrichtung immer das Ziel der Ertragssteigerung.
Die strategische Planung zur Erreichung dieses Ziels erfordert
die grundsätzliche Entscheidung der Stoßrichtung d.h. neue
Kunden, neue Produkte und/oder Wachstum im Kernmarkt,
unter Ausnutzung des bestehenden Potenzials mit entsprechendem Einfluss auf die Unternehmensstruktur bzw. Unternehmensorganisation, auf die Mitarbeiter und Kompetenzen
und nicht zuletzt auf die Qualität des Outputs und sollte immer
auf Basis fundierter Informationen, die durch ein permanentes
193
Finanzierung
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Abb. 4: Ableitung des quantitativen Innovationsbedarfs: Die Wachstumslücke
Gesamtumsatz
Angestrebtes Wachstum
Noch offene Wachstumslücke
Rückgang der
Nachfrage
Wie viel davon ist durch Innovation
zu schliessen?
Substitutionen
Geplante Aktivitäten bis 2020
Überalterte Produkte
Entwicklung des existierenden Geschäfts
1. Kunden(segment) durchdringen
2. Neue Marktleistungen anbieten
3. Neue Kunden(segmente)
erschliessen
4. Strategische Diversifikation
Preisverfall
Neue Wettbewerber
2015
2020
Wie hoch ist der Umsatz, der über die nächsten 5 Jahre durch Innovationen erreicht werden müsste?
Trend-/Umfeldscanning entstehen, erfolgen. Sämtliche Überlegungen finden dabei auf Basis der bestehenden Ressourcen als
sog. „operative Befähiger“ statt.
Am Anfang steht also die Vision, das gemeinsame Zielfoto.
Um ein „attraktives Bild einer möglichen Zukunft“ zu finden,
muss man wissen wonach man sucht, bevor man die Suche
beginnt. Unternehmen sind gut beraten, wenn sie sich bei der
Ideenfindung ihrer Kernkompetenzen bewusst sind und diesen treu bleiben. Sie sind der genetische Code, die DNA eines
Unternehmens. Eine strategische Vorgehensweise ist auch
hier unabdingbar. Die Basis der Suche bildet die Frage nach
den Wettbewerbsvorteilen von morgen. Wie muss sich das
Unternehmen aufstellen, um auch künftig die Probleme seiner
Kunden besser zu lösen als andere. Aufbauend auf den eigenen
Kernkompetenzen kann das Unternehmen neue verteidigungsfähige, attraktive Wettbewerbsvorteile, d.h. Ideen entwickeln.
Und gewinnen wird derjenige, der dem Kunden ein überlegenes
Nutzen-Preis-Verhältnis (NPV) bieten kann!
VI. Mögliche Innovationen erkennen
Eine Idee ist also nichts anderes als das Erkennen eines Problems
als Chance und das Anbieten der optimalen Lösung. Der Weg
von der Idee zur Erfindung führt dann über deren konsequente
Umsetzung. Voraussetzung für die Umsetzung wiederum ist
die Prüfung auf Wirtschaftlichkeit, auf Erfindungshöhe und
Neuheit. Die Erfindung bzw. Invention selbst kann entweder das
fertige Produkt oder die patentfähige Beschreibung sein. Stellt
sich die Frage, wann ist eine Erfindung eine Innovation? Wenn sie
im Markt erfolgreich umgesetzt wurde, d.h. Invention + erfolgreiche Umsetzung = Innovation. Dabei gibt es unterschiedliche
Formen von Innovation. Diese können inkrementell, signifikant
oder radikal sein. Ein kundenorientiertes Geschäftsverständnis
öffnet den Innovationsspielraum. Als Beispiel sei hier das Unternehmen Falk angeführt. Falk hat sich vom Produzenten von
Stadtplänen zum Anbieter von „Services für mobile Menschen“
entwickelt. Auf der Strecke standen Entwicklungen wie Falk
194
Notebook Navigation, Falk Routenplaner, Falk Handy Navigation
und aktuell Falk Mobile Navigation Organizers.
Der Suchraum für innovative Marktleistungen bietet folgende
Möglichkeiten: Innovationen im Umfeld des Kernprodukts,
z.B. zusätzliche Leistungen entlang des Kundenprozesses, die
Geschäftsmodellinnovation, d.h. ein völlig neues Geschäftsmodell oder die Variation einzelner Elemente der Werkkette, Innovation bezüglich des Kernprodukts wie neue Produktvarianten,
echte Produktverbesserungen, ganz neue Produkte oder neue
bzw. zusätzliche Verwendungszwecke. Immer die Erkenntnis vor
Augen, dass der Kunde keine Produkte kauft, sondern den Nutzen der aus ihrer jeweiligen Funktion oder Anwendung entsteht.
Am Anfang des Weges steht daher die Feststellung des quantitativen Innovationsbedarfs, d.h. der bestehenden Wachstumslücke. Die Ableitung des quantitativen Innovationsbedarfs ist
in Abb. 4 dargestellt. Vom Status quo aus betrachtet stellt sich
die Frage: Wie hoch ist der Umsatz, der über die nächsten fünf
Jahre durch Innovation erreicht werden müsste? Wie viel davon
ist realistisch durch Innovation zu schließen? Welche Aktivitäten sind bis 2020 geplant? Will man das Kundensegment
durchdringen, neue Marktleistungen anbieten, neue Kundensegmente erschließen oder die strategische Diversifikation?
Nicht zu vergessen die Betrachtung der aktuellen Entwicklung
des existierenden Geschäfts. Geht die Nachfrage zurück? Was
bremst das Geschäft? Sind die Produkte überaltet?
Gibt es neue Wettbewerber? Gibt es fortschreitenden Preisverfall? Sind Substitutionen auf dem Markt? Und nicht zuletzt
die wichtige Frage nach den „operativen Befähigern“: Welche
Ressourcen stehen zur Verfügung? Wie hoch ist das Budget, das
für Innovationen bereitgestellt werden kann?
VII. Nicht mehr Ressourcen, sondern exzellentes
Innovationsmanagement
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Entwicklung von
Innovationen in den meisten Fällen mit bestehenden Ressourcen erfolgen soll und kann. Eine Untersuchung zu den VerbesCORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
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serungsmöglichkeiten durch Innovation über alle Industrien
macht es deutlich: Die erfolgreichen Produkteinführungen
pro Jahr erfuhren eine Steigerung um 28%, die Verkürzung
von „time to market“ betrug 26% und der Umsatz stieg um 16%.
Dies bei einer gleichzeitigen Reduktion der Entwicklungskosten um 15,1% und der Produktionskosten um ebenfalls 15,1%.
Die absolute EBIT Marge über alle Industrien durch Produktund Service-Innovation erfuhr eine Steigerung um 6,9%.4 Fazit:
Innovationsmanagement wirkt sich positiv auf Wachstum
und Finanzergebnis aus und erfordert keine Erhöhung der
Ressourcen.
VIII. Integriertes Innovationsmanagement
Bevor Unternehmen jedoch in die tatsächliche Ideenfindungsphase einsteigen, sollte zunächst der gesamte Innovationsprozess klar strukturiert sein und entsprechend etabliert werden.
Die Erfahrungen aus der Beraterpraxis zeigen, dass es eigentlich selten an Ideen mangelt – die Frage ist eher, welche dieser
Ideen, bei häufig beschränkten Budgets, umgesetzt werden
sollen. In einem ganzheitlichen Ansatz lassen sich vier Komponenten im Innovationsmanagement benennen: Trend-Scouting
und -Management, 5 strategische Vorausschau, 6 Ideenfindung
und -bewertung7 und Roadmapping. Widmen wir uns an dieser
Stelle dem Trend-Scouting und -Management. 8
Unter einem Trend wird eine signifikante, über einen bestimmten Zeitraum konstante, gleichgerichtete Entwicklung einer
oder mehrerer Variablen verstanden. Trends stehen demnach
für mittel- bis langfristige Entwicklungen im sozioökonomischen Unternehmensumfeld. Im Vergleich zu sog. „Moden“ oder
„Hypes“ wirken sie mindestens fünf Jahre und haben signifikante Auswirkungen auf die sozioökonomische Unternehmensumwelt. Um neue Produkte und Dienstleistungen oder sogar
ganze Geschäftsmodelle, zielgerichtet und mit der notwendigen Substanz entwickeln zu können, spielt ein tiefgreifendes
Verständnis der eigenen Unternehmensumwelt – und damit
der Trends in dieser – eine entscheidende Rolle. Unternehmen,
die Trends erkennen und fortlaufend bewerten und interpretieren, können wesentlich zielgerichteter innovieren und damit
dauerhaft Wettbewerbsvorteile sichern.
Um Trends und Technologien zielgerichtet erkennen und
gewinnbringend verarbeiten zu können, bedarf es einer soliden Struktur. Auf Basis bewährter Modelle wie STEEP oder
PESTLE werden zunächst Megatrends identifiziert.9 Beispiele
hierzu sind z.B. Digitalisierung, Individualisierung (der Kunde
bestimmt das Produkt), Mobilität, Wissensgesellschaft oder
das sog. Downaging. Auch Miniaturisierung (je kleiner je besser), Entschleunigung (mehr Zeit für mich) und Flexibilisierung
(arbeite mit wem, wann und wo Du willst) können als Megatrends die Zukunft gänzlich neu prägen.
Innerhalb eines Modells wie STEEP und zugeordnet zu den
Megatrends werden kontinuierlich die für das Unternehmen
relevanten Makrotrends identifiziert. Innerhalb dieser Mak4
5
6
7
8
9
Vgl. Arthur D. Little, Innovation Excellence Study, 2005.
Vgl. Solomon, Bowling with a Crystal Ball: How to predict technology trends, create disruptive
implementations and navigate them through industry, 2007.
Vgl. Rohrbeck, Corporate Foresight: Towards a Maturity Model for the Future Orientation of a
Firm, 2010.
Vgl. Schnetzler, Die Ideenmaschine: Methode statt Geistesblitz – Wie Ideen industriell produziert werden, 2006
Vgl. Laube/Abele, Technologie-Roadmap: Strategisches und taktisches Technologiemanagement, Ein Leitfaden, Fraunhofer-Institut Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), 2006.
Vgl. Keller/Kotler, Marketing Management, 12. Aufl. 2006.
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Finanzierung
rotrends können dann die eigentlichen Trends und Technologien erfasst werden. Diese Trends und Technologien werden
angereichert mit Quellen und Beispielen. Wer forscht an diesen
Themen? Gibt es schon Patente? Existieren Prototypen oder
Anwendungsbeispiele aus anderen Branchen? Auf diese Art
und Weise entsteht Schritt für Schritt ein umfassendes Bild des
Unternehmensumfeldes.
Um die im Trend- und Technologie-Scouting generierten Daten
auch nutzen zu können, ist ein aktives Trend-Management
erforderlich. In diesem werden Trends bewertet und priorisiert.
Erst dann können sog. Suchfelder gebildet werden, in denen das
Unternehmen wachsen kann und möchte. In diesen Suchfeldern können dann zielgerichtet Produkt- und Dienstleistungsideen generiert werden.
Zur Bewertung von Trends und Technologien sollte eine
multidimensionale auf das Unternehmen zugeschnittene
Bewertungsmatrix zur Verfügung stehen. Bewertungskriterien können etwa Reifegrad, Einfluss auf Zielmärkte, Wachstumspotenziale oder auch Gefahren für das Kerngeschäft
sein. Die Bewertung sollte von mehreren Experten im und
außerhalb des Unternehmens unabhängig und wiederkehrend vorgenommen werden. Sobald alle Trends bewertet
wurden, ergibt sich ein Trend-Portfolio. In diesem lassen sich
nun mögliche Handlungsfelder bzw. Suchfelder leicht identifizieren. Sie bilden die Grundlage für eine zukunftsgerichtete
Innovationsstrategie.
1. Mit der Suchrichtung einen Schritt voraus
Bei der Bestimmung der Suchrichtung innerhalb des definierten Trendportfolios sollte stets die Frage im Zentrum stehen:
Was sind die zentralen Probleme unserer Kunden von morgen?
Welche Bedürfnisse werden unsere Kunden oder potenziellen
Kunden morgen, artikuliert oder unartikuliert, haben? Das
Kano-Modell zur Veranschaulichung zentraler Kundenbedürfnisse gibt hier Hilfestellung.
Am Beispiel Automobil lassen sich die Kundenbedürfnisse je
nach Erfüllungsgrad der Anforderungen wie folgt definieren:
Als Basisanforderung, die unartikuliert aber erwartet wird,
kann das bloße Funktionieren der Fahrtechnik gesehen werden, als artikulierte und erwartete Leistungsanforderung ist
der eingebaute Airbag zu benennen. Interessant wird es mit
unartikulierten und unerwarteten Extras. Ein umfassendes
interaktives Cockpit mit Navigation und Telefon erntet echte
Begeisterung. Mit der Erfüllung des Begeisterungsgrades sind
die Erwartungen des Kunden „übererfüllt“ – der Kunde ist
begeistert. Er hat einen erkennbaren Vorteil und damit ein
gutes Nutzen-Preis-Verhältnis. Innovationen sollten daher
stets echten Kundennutzen bieten mit erkennbarem Vorteil
und Wert für den Kunden. Vom Kunden wahrgenommene und
für wichtig befundene Merkmale eines Produkts oder einer
Dienstleistung verschaffen dem Unternehmen den gewünschten Wettbewerbsvorteil – vorausgesetzt die Rendite-RisikoBewertung ist ebenfalls positiv.
2. Die Überprüfung des Geschäftsmodells
Dreh und Angelpunkt des gesamten Innovationsvorhabens
ist – wie eingangs schon angedeutet – das eigene Geschäftsmodell also die modellhafte Beschreibung des Geschäftes.
Die Beschreibung von Geschäftsmodellen soll helfen, die
Schlüsselfaktoren des Unternehmenserfolgs zu erklären. Dies
ist der genetische Code des Erfolgs. Im „Canvas“ mit den neun
195
Finanzierung
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Abb. 5: System-Check am Beispiel Geschäftsmodell Apple
Partner
Musikproduze
nten
Aktivitäten
Nutzenversprechen
Hardwaredesign
Switching
costs
Marketing
Ressourcen
Hardwaren
produzente
le
Verträge
Marke App
r
iTunes
software
Mitarbeite
Grenzenkloses Musi
is
n
b
e
rl
e
Umsatzströme
Produ
ktio
GrenzenSoftw n
k
si
u
M
are
loses
erlebnis
&
Marketing
Vertrieb
Bausteinen Partner, Aktivitäten, Ressourcen, Nutzenversprechen, Kundenbeziehungen, Kanäle, Kundensegmente,
Kostenstruktur und Umsatzströme, lässt sich das aktuelle
Geschäftsmodell systematische erfassen. Am Beispiel des
kalifornischen Unternehmens Apple ist in Abb. 5 der SystemCheck dargestellt.
3. Die Innovationskultur als entscheidender Faktor
Ein maßgeblicher Erfolgsfaktor bei der Installation von
Innovationen sind die Grundüberzeugungen und Werte, die
in einem Unternehmen gelebt werden. Eine Studie aus dem
Jahr 2007 befasste sich mit der Frage, welchen Grundüberzeugungen/Werten messen Unternehmensleiter die höchste
Priorität bei?10 Die Befragung von 350 Unternehmern führte
zu dem Ergebnis, dass in innovationsstarken Unternehmen
vor allem Humor, Ansehen des Innovativen, Freude am
geistigen Experiment, partizipative Entscheidungsprozesse,
niedriges Konfliktniveau, beweglicher Umgang mit Regeln
und gegenseitiges Vertrauen im Mittelpunkt stehen. Dagegen priorisieren die innovationsschwachen Unternehmen
Überzeugungen bzw. Begriffe wie Ausgaben für F&E, Entschlussfreudigkeit, Teamorientierung, Risikobereitschaft,
Marktorientierung, Langfristorientierung, Rolle der Planung
und die flexible Nutzung unerwarteter Innovationschancen.
Dies zeigt deutlich, dass sich gelebte Werte wie Flexibilität,
Offenheit und Vertrauen positiv auf die Innovationsbereitschaft eines Unternehmens auswirken. Eine Frage die sich
alle innovationswilligen Unternehmen gleichermaßen stellen
müssen: Passt die Kapitalverfügbarkeit und Risikobereitschaft zum Innovationsprozess?
Vgl. Strecker, Innovation Strategy and Firm Performance – An empirical study of publicly listed
firms, 2007.
196
Kanäle
iTunes
store
Einzelhandel
Kostenstruktur
10
Kundenbeziehungen
Kundensegmente
Lovemark
Massen
markt
apple
stores
apple.com
Hard
w
(Hoh are
Ums e
ätze
)
Musik
(Geringe
Umsätze)
IX. Fazit
Innovation ist heute die Voraussetzung für Wachstum. Tatsächlich wird es Wachstum in der Form, wie wir es bislang
kannten, nicht mehr geben. Wir werden lernen müssen mit
anderen Formen des Wachstums zu leben. Qualitatives
statt quantitatives Wachstum lautet die Formel. Innovation
bietet die Möglichkeit auch in stagnierenden oder rückläufigen Märkten nachhaltig und profitabel zu wachsen. Dies
gelingt in erster Linie durch Differenzierung. Innovationen
müssen Kundenbedürfnisse – artikuliert und unartikuliert – mit technologischen Kompetenzen verbinden, um
bereits heute Problemstellungen der Zukunft zu erkennen
und zu lösen. Vor allem Innovationen in Geschäftsmodellen
besitzen großes Veränderungspotenzial – im Markt und für
das Unternehmen selbst. Und eines ist sicher: Die Digitale
Transformation erfasst jedes Unternehmen und jede Branche. Wenn diese komplexe Außenwelt auf eine komplexe
Innenwelt trifft, drohen chaotische Zustände. Deshalb sollten die internen Strukturen von Unternehmen so einfach wie
möglich sein: übersichtlich, transparent, klar und flexibel.
Einfacher ist genialer. So lassen sich auch innovationsbedingte Veränderungen besser an die Kultur und Organisation
im Unternehmen anpassen. Auch bringt „Richtiges“ Innovationsmanagement strategische Herausforderungen mit
sich, denn der Innovationsprozess ist durchaus mit Risiken
verbunden.
Bei der Bewältigung der anstehenden Problemstellungen
spielt die Innovationskultur im Unternehmen eine entscheidende Rolle. Innovation muss gewollt sein. Und, ein erfolgreiches Unternehmen muss seine Sache besser machen als
der Wettbewerb, muss die Spitzenleistung seines Könnens
erbringen. Das ist die Grundlage jeder Differenzierung und
jedes Erfolgs. Anders sein als alle Anderen – be different or
die.
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Finanzierung
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Wachstumsfinanzierung/Eigenkapitalfinanzierung/Kapitalkosten
»CF0696455
Prof. Dr. Dirk Honold, Nürnberg
Neue Formen der Eigenkapitalfinanzierung für Innovation & Wachstum – Strukturen, Risiko und Kapitalkosten
Prof. Dr. Dirk Honold, ist Professor für Unternehmensfinanzierung an
der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm und Schriftleiter
und Mitherausgeber von CORPORATE FINANCE. Er begleitet zudem
Wachstumsunternehmen als Mitgründer, Aufsichtsrat, Beirat und Coach,
insbesondere bei Eigenkapitalfinanzierungen.
Kontakt: [email protected]
Wachstumsprojekte sind häufig sehr kapitalintensiv und riskant. Zur Finanzierung ist daher i.d.R. Eigen- bzw. MezzanineKapital nötig. Reichen die im Unternehmen gebildeten Rücklagen nicht aus, muss externes Eigenkapital in das Unternehmen
fließen. Minderheitsbeteiligungen, Beteiligungen über eine
Projektzweckgesellschaft und Strukturierungen mit Venture
Capital-Fonds bilden bei entsprechender Ausgestaltung einen
sinnvollen Weg, die Wachstumsoption unter Erhalt der Unabhängigkeit des Unternehmens zu finanzieren.
I. Einleitung
Fortschreitende Globalisierung, disruptive Innovationen und
sich verändernde Geschäftsmodelle stellen Mittelständler und
Familienunternehmen heutzutage immer wieder vor große
strategische Herausforderungen.1 Junge, innovative Unternehmen übernehmen in Teilen die Innovationsführerschaft bzw.
verstehen es geschickt, durch neue Geschäftsmodelle in bestehende Märkte vorzudringen und neue Märkte zu schaffen. Des
Weiteren ist ein zunehmendes Zusammenwachsen von „Old
Economy“ und „New Economy“ zu beobachten. 2 Nachhaltiges
Wachstum, in Form von Innovation 3 und Expansion, 4 bildet vor
diesem Hintergrund einen wesentlichen Baustein, um wettbewerbsfähig zu bleiben und langfristig das Überleben des
Unternehmens zu sichern.5 Teilweise werden jedoch betriebsund volkswirtschaftlich sinnvolle Wachstumsprojekte im
etablierten Mittelstand nicht durchgeführt. 6 Ein Mangel an
Eigenkapital inkl. eines nicht hinreichenden Spielraums der
1
2
3
4
5
6
Vgl. aktuell z.B. Commerzbank AG, Management im Wandel, 2015, S. 22 (25), abrufbar unter:
https://www.unternehmerperspektiven.de/media/up/studien/15__studie/UP_15_Studie.
pdf, Abruf am 02.05.2015.
Vgl. Welter, FAZ, Nr. 37 vom 13.02.2015, S. 16; Nöll/Bonn, CF 2015 S. 228.
In diesem Zusammenhang verdienen breakthrough- bzw. radikale Innovationen besondere Aufmerksamkeit. Vgl. dazu Shelton/Percival, Breakthrough innovation and growth, 2013, insb. S.
36 (37), abrufbar unter: https://www.pwc.ch/de/dyn_output.html?content.void=52801&collectionpageid=3764&containervoid=21412&comefromcontainer=true; Abruf am 02.05.2015.
Vgl. Drucker, Innovation and Entrepreneurship, 1985, S. 134 (136).
Vgl. Kaserer, Wachstum und Unabhängigkeit durch Eigenkapitalfinanzierung, 2009, S. 21 (22),
abrufbar unter: http://deutscheboerse.com/dbg/dispatch/de/binary/gdb_content_pool/
imported_files/public_files/10_downloads/33_going_being_public/30_studies/Studie_
Wachstum_Unab_EK-Finanz.pdf, Abruf am 01.04.2015; Rammer/Spielkamp, Hidden Champions, 2015, S.1, abrufbar unter http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/docus/dokumentation1503.pdf,
Abruf am 02.05.2015, Bartels/Müller/Schwettmann/von Au, Die Zukunft von Familienunternehmen, 2014, S. 17, abrufbar unter http://www.pwc.de/de/mittelstand/pwc-studie-ueber-diezukunft-von-familienunternehmen_gut-geruestet-fuer-schwierige-aufgaben.jhtml, Abruf am
02.05.2015, Weissman/Wegerer, CF 2015 S. 191 (196).
Vgl. Hud/ Rammer, Innovation Budgeting over the Business Cycle and Innovation Performance,
2015, S. 12 (14), abrufbar unter http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp15030.pdf, Abruf am
02.05.2015.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Innenfinanzierung und hohe Risiken der Projekte gehören
zu den Hauptgründen dafür.7 Eine alternative Finanzierung
durch externes Eigenkapital wird aber insbesondere bei
Familienunternehmen unter anderem aufgrund der mit der
Beteiligung einhergehenden Rechte für die neuen Kapitalgeber sowie des häufig beklagten Renditedrucks und der „Exitproblematik“ bei der Finanzierung durch Finanzinvestoren
häufig sehr kritisch gesehen. 8 Durch die Wahl der richtigen
Finanzierungsform und deren geschickten Strukturierung
ist es für Unternehmen jedoch möglich, diese Hindernisse
zu überwinden und den strategischen Handlungsspielraum
durch externes Eigenkapital zu erweitern.
Dieser Beitrag befasst sich mit innovativen Möglichkeiten
der Eigenkapitalfinanzierung von Wachstumsprojekten,
mit dem Fokus auf die Ausgestaltung aus Unternehmenssicht und den Auswirkungen auf Risiko und Kapitalkosten
unter Berücksichtigung des Erhalts der Unabhängigkeit des
Unternehmens. Kapitel II gibt einen Überblick über die verschiedenen Kapitalarten sowie deren unterschiedlichen Einsatz- und Ausgestaltungsmöglichkeiten. Kapitel III setzt sich
mit bisher wenig bekannten Modellen zur Finanzierung von
Wachstumsprojekten auseinander. Dabei wird insbesondere
die Ausgestaltung der Finanzierungsmodelle beleuchtet und auf
deren unterschiedlichen Auswirkungen auf Rendite und Risiko
aus Sicht des Unternehmens eingegangen. Abschließend fasst
Kapitel IV den Beitrag zusammen.
II. Kapitalarten, Ausgestaltung und
Umverteilungsmechanismen
Grundsätzlich können wachstumsfördernde Investitionen mit
Eigen-, Fremd- und Mezzanine-Kapital finanziert werden, wobei
Mezzanine je nach Ausgestaltung mehr Eigen- oder Fremdka7
8
Vgl. Stiftung Familienunternehmen, Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen, 2014, S.53, abrufbar unter: http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/gutachten/2014_
Studie_VolkswirtschaftlicheBedeutungFamilienunternehmen.pdf, Abruf am 01.04.2015; Zimmermann, KfW-Innovationsbericht Mittelstand 2014, 2015, S.6, abrufbar unter: https://www.
kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Innovationsbericht/
KfW-Innovationsbericht-Mittelstand-2014.pdf, Abruf am 01.04.2015; Arend/Zimmermann, Innovationshemmnisse bei kleinen und mittleren Unternehmen, 2009, S. 57 (68), abrufbar unter:
https://www.kfw.de/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Schwerpunkt-Sonderthemen/Per-43-Innovationshemmnisse-bei-KMU.pdf, Abruf am 01.04.2015. Vgl.
auchWelter et al., Das Zukunftspanel Mittelstand, 2014, S. 9, 15, 20, abrufbar unter http://www.
ifmbonn.org/publikationen/ifmmaterialien/publikationendetail/?tx_ifmstudies_publicatio
ndetail%5Bpublication%5D=492&cHash=ea704c42ab79445f6ce2a511c0a53aec, Abruf am
02.05.2015 sowie Hottenroth/Peters, Review of Economics and Statistics 2012 S. 1126 (1142).
Vgl. Achleitner/Poech/Groth, Beteiligungskapital als Finanzierungsalternative für mittelständische Unternehmen, 2005, S. 16 (19), abrufbar unter: https://www.muenchen.ihk.de/de/
presse/Anhaenge/Studie-Beteiligungskapital.pdf, Abruf am 01.04.2015; Achleitner/Schraml/
Tappeiner, Private Equity in Familienunternehmen, 2008, S.24 (26), abrufbar unter: http://
www.familienunternehmen.de/media/public/pdf/publikationen-studien/studien/Studie_Stiftung_Familienunternehmen_Minderheitsbeteiligungen.pdf, Abruf am 01.04.2015; Ebner Stolz
Management Consultants/Wolf Häcker Finanzconsulting, Finanzierung im Mittelstand Studie
2014, 2014, S. 26 (27), abrufbar unter: http://www.whf-ag.de/assets/uploads/media/Finanzierug%20im%20Mittelstand%20-%20Studie%202014_final_web.pdf, Abruf am 01.04.2015;
vgl. auch Zimmermann, CF 2015 S.183 (190).
197
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Abb. 1: Finanzierungsanlässe und passende Kapitalarten
Anteil
Aufwand vs.
Aktivierung
Risiko
Aufwand
gegen
EK
Innovation
Expansion
Umlaufvermögen
Anlagevermögen
Aktivierung
Fremdkapital
(< 10%)
Mezzanine
(5-25%)
pital-Charakter haben kann.9 Doch nicht jede Kapitalart eignet
sich gleichermaßen für den jeweiligen Finanzierungsanlass.
Des Weiteren beeinflusst die Wahl der Kapitalform und die
Ausgestaltung der Finanzierung die Zahlungsströme sowie die
Risikoverteilung zwischen Unternehmen und Kapitalgeber.
1. Differenzierung der Kapitalarten nach Finanzierungsanlass
Aus Finanzierungssicht sollte nach der allgemein bekannten
Fristenkongruenz10 agiert werden.11 Bei der Finanzierung von
Wachstum ist aber insbesondere auch eine Risikokongruenz
zu beachten. Dementsprechend sollte die Betrachtung der
Investitionen dahingehend ergänzt und differenziert werden. Zu
diesem Zweck wird hier zwischen Investitionen in das Anlageund Umlaufvermögen sowie in Expansions- und Innovationsprojekte unterschieden. Bei Investitionen in das Anlage- oder
Umlaufvermögen ist eine Finanzierung durch Fremdkapital
gut möglich, da der Investition ein Wert in der Bilanz gegenübersteht. Das verwendete Kapital wird überwiegend aktiviert
und im Falle von Anlagevermögen i.d.R. über viele Jahre abgeschrieben. Die erworbenen Aktiva können daher auch teilweise
als Sicherheit für den Fremdkapitalgeber eingesetzt werden. Bei
Expansions- und Innovationsprojekten ist dies i.d.R. anders.
Häufig sind hohe Investitionen z.B. für Forschungsprojekte
oder zur Erschließung eines neuen Markts nötig, welche sich
zu großen Teilen als Aufwand auf die Ergebnisrechnung auswirken und somit das Eigenkapital verringern. Das investierte
Kapital wird somit kaum oder gar nicht auf der Aktivseite der
Bilanz angesetzt.12 Zudem ist zweifelhaft, ob Fremdkapitalgeber
aktivierte Herstellungskosten z.B. in Form von Entwicklungsaufwendungen als Sicherheit anerkennen. Neben dem Mangel
an Sicherheiten bergen Wachstumsinvestitionen meist ein für
klassische Darlehensgeber zu hohes Risiko hinsichtlich des
Projekterfolgs. Daher scheidet Fremdkapital zur Finanzierung
9
10
11
12
Für eine genaue Betrachtung der unterschiedlichen Finanzierungsformen und deren Ausgestaltung vgl. z.B. Breuer, Finanzierung, 3.Aufl. 2013, S. 9 (39). Für eine ausführliche Definition von
Mezzanine-Kapital vgl. z.B. auch Natusch, in Häger/Elkemann-Reusch (Hrsg.), Mezzanine Finanzierungsinstrumente, 2. Aufl. 2007, S. 23 (58).
Vgl. z.B. Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 6. Aufl. S. 116
(117).
Jedoch schenken Familienunternehmen dieser „goldenen Finanzierungsregel“ teilweise weniger Beachtung und finanzieren langfristige Projekte tendenziell häufiger mit kurzfristigem Kapital als Nicht-Familienunternehmen. Vgl. Peters/Westerheide, Short-term Borrowing for Longterm Projects, 2011, S. 11 (13), abrufbar unter: http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp11006.
pdf, Abruf am 01.04.2015.
Für den Fall, dass Entwicklungsaufwendungen aktiviert werden, sind diese i.d.R. aber oft nicht
beleihbar bzw. durch Fremdkapital finanzierbar.
198
Eigenkapital
(7-50%)
Kapitalkosten p.a.
solcher Projekte i.d.R. aus.13 Meist nehmen lediglich Eigen- und
zum Teil Mezzanine-Kapitalgeber solch ein Wagnis in Kauf.
Abb. 1 veranschaulicht schematisch, welche Kapitalarten für
welche Finanzierungsanlässe bei risikokongruenter Finanzierung geeignet erscheinen und welcher tendenzielle Anteil der
Investition als Aufwand gilt bzw. in der Bilanz aktiviert wird.
Entsprechend des hohen Risikos der Investition liegen die risikoadäquaten Kapitalkosten für Eigen- und Mezzanine-Kapital
grundsätzlich deutlich höher als bei Fremdkapital. Dabei sei
erwähnt, dass in diesem Zusammenhang neben dem Projektrisiko (Investitionsrisiko) auch das Finanzierungsrisiko mit
berücksichtigt werden muss, denn umso höher der Verschuldungsgrad ist (Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital), desto
höher ist auch das Ausfallrisiko für die Eigenkapitalgeber. Daraus
resultiert eine vom operativen Risiko (Investitionsrisiko) unabhängige Erhöhung der Eigenkapitalkosten.14 Nach Erfahrungen
des Autors wird dies nicht von allen Marktteilnehmern in Gänze
reflektiert und kann daher zu Fehlentscheidungen beitragen.
Wird von Unternehmensseite festgestellt, dass nicht mehr alle
wertschaffenden Innovations- und Expansionsprojekte intern
durch Eigenfinanzierung inkl. Thesaurierung finanzierbar sind,
sollte Eigenkapital von außen kommen. Kann ein Misserfolg des
geplanten Projekts zur Gefährdung des ganzen Unternehmens
führen bzw. wollen die bisherigen Eigentümer das hohe Risiko
nicht alleine stemmen, muss ein Investor gefunden werden, der
nicht nur als Kapitalgeber sondern auch als wesentlicher Risikoträger fungiert. Auch bei Eigenkapital gibt es hier fundamentale
Unterschiede, inwieweit das Eigenkapital das volle Risiko trägt.
Dies wird im Verlauf noch genauer beschrieben.
Die Kapitalakquise gestaltet sich unter gewissen Voraussetzungen
schwierig. Vor allem bei kapitalintensiven Projekten mit langer
13
14
Vgl. auch Kaserer, a.a.O. (Fn. 5), S. 22 (23), 59. Ergebnisse aus dem KfW-Mittelstandspanel 2013
untermauern diese Aussage zusätzlich. Hier lag der durchschnittliche Anteil der Innovationsaufwendungen bei KMU, der durch Bankdarlehen finanziert wurde, bei lediglich 7%. Vgl. Zimmermann, KfW-Mittelstandspanel 2013: Wie Mittelständler ihre Innovationen finanzieren, 2014,
S. 2 (3), abrufbar unter https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/
PDF-Dokumente-Fokus-Volkswirtschaft/Fokus-Nr.-50-April-2014.pdf, Abruf am 01.04.2015.
Erstmalig wurde dies 1958 von Modigliani/Miller in deren Art. „The Cost of Capital, Corporation
Finance and the Theory of Investment“ dargestellt. Vgl. Modigliani/Miller, American Economic Review 1958 S.261 (297). Neben dem Umstand, dass die Eigenkapitalkosten eines Unternehmens mit
steigendem Verschuldungsgrad ansteigen, wird außerdem beschrieben, dass die Kapitalstruktur
keinen Einfluss auf den Unternehmenswert besitzt und die durchschnittlichen Kapitalkosten unabhängig vomVerschuldungsgrad gleich bleiben. Diese Aussagen beziehen sich auf eine Betrachtung
ohne steuerliche Effekte unter der Prämisse eines vollkommenen Kapitalmarkts. Werden jedoch
Steuern in das Modell miteinbezogen sinken die durchschnittlichen Kapitalkosten mit steigendem
Verschuldungsgrad und der Unternehmenswert erhöht sich um die ewige Rente der Tax Shields.
Vgl. Modigliani/Miller, American Economic Review 1963 S. 433 (443).
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Finanzierung
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Finanzierungsdauer und hohem Risiko ist Eigenkapital in Deutschland fast gar nicht verfügbar, selbst wenn eine risikoadäquate
Verzinsung in Aussicht gestellt wird.15 Generell gilt, dass sich die
Verfügbarkeit von Eigenkapital mit steigendem Finanzierungsvolumen, Risiko und der Finanzierungsdauer tendenziell verschlechtert.16 Der Würfel in Abb. 2 veranschaulicht dies für verschiedene
Kombinationen. Vor allem für Innovationsprojekte, welche extern
finanziert werden müssen, stellt dies oft ein Problem dar.
Abb. 2: Charakteristika des Projekts nach Finanzierungsvolumen
und -dauer sowie Ausfallwahrscheinlichkeit
>8
52-
3J
8J
Ja
hr
ah
ah
e
re
re
n
ru
zie
an
Fin
er
au
d
gs
> 50%
AusfallRisiko des 10–50%
Projekts
< 10%
Finanzierungsvolumen
< 10 Mio. € 10 - 50 Mio. € > 50 Mio. €
Verfügbar
Schwerer verfügbar
Sehr schwer verfügbar
Fast gar nicht verfügbar
So können hoch innovative Projekte großer deutscher Familienunternehmen und des Mittelstands mit Ausfallwahrscheinlichkeiten
von über 50% und Finanzierungsvolumina von mehr als 50 Mio. €
– wenn überhaupt – wahrscheinlich nur mit Hilfe internationaler
Investoren finanziert werden, soweit keine interne Finanzierung
möglich ist.17 Hintergrund sind die Positionierungen der verschiedenen Kapitalgeber im Private Equity- und Venture Capital Markt
bzw. deren Stärke. Kapital ist grundsätzlich genügend vorhanden,
aber bei einem Ausfallsrisiko von 20% oder sogar 50%, sind nur
Anbieter von Venture Capital (VC) mögliche Kapitalgeber: Und
dieses Kapital ist in Deutschland nur sehr begrenzt verfügbar.18
Außerdem ist erschwerend eine Verlagerung der Präferenzen von
VC-Investoren, von hochriskanten Investments hin zu weniger
risikobehafteten Beteiligungsmöglichkeiten, zu beobachten.19
15
16
17
18
19
Dies hat der Autor in einigen Projekten bei der weltweiten Suche erfahren müssen und war
somit ein wesentlicher Motivationsgrund für die vorgelagerte Konferenz und diesen Beitrag.
Dies wird z.B. auch bei Betrachtung der aktuellen Finanzierungslandschaft in der deutschen Biotechnologie-Branche deutlich, woWachstumsprojekte i.d.R. über einen langen Zeitraum einen sehr
hohen Kapitalbedarf bei einhergehendem hohem Ausfallrisiko haben. Hier fehlt deutschen Biotech-Unternehmen massiv Kapital zur Finanzierung solcher Projekte. Vgl. Ernst & Young, Deutscher
Biotechnologie-Report 2014, 2014, S. 20 (22), abrufbar unter: http://www.biodeutschland.org/
tl_files/content/dokumente/biothek/2014/EYBiotechReport_D_2014.pdf, Abruf am 01.04.2015.
Diese Einschätzung basiert auf Erfahrungen des Autors.
Laut einer Studie der EVCA wurden 2013 lediglich 0,02% des deutschen BIP in Venture Capital investiert. Damit liegt Deutschland im europäischen Mittelfeld. Vgl. EVCA, 2013 European
Private Equity Activity, 2014, S. 45, abrufbar unter: http://www.evca.eu/media/142790/2013european-Private Equity-activity.pdf, Abruf am 01.04.2015.
Vgl. Hummel/Karcher/Schultz, Journal of Business Economics 2013 S. 489.
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2. Ausgestaltung der Finanzierung und resultierende
Risikoverteilung
Erfolgt die Finanzierung in Form einer Beteiligung, haben neben
der Bewertung auch verschiedene Sonderrechte Auswirkungen
auf den Wert des jeweiligen Unternehmensanteils. Wird vom
Investor ausschließlich „reines“ Eigenkapital 20 zur Verfügung
gestellt, entwickelt sich der Wert der Beteiligung immer proportional zum Wert des Projekts. Werden jedoch mezzanine Finanzierungsinstrumente wie stille Beteiligungen, Genussrechte, partiarische Darlehen oder Wandeldarlehen mit eingesetzt, besteht
dieser Zusammenhang oft nicht mehr bzw. nur teilweise, da sich
die Auszahlungsstruktur je nach Ausgestaltung der Beteiligung
(z.B. Verzinsung, Gewinnbeteiligung, Wandlungsrecht) verändert.21 Das Gleiche gilt für Cashflow-relevante Sonderrechte, welche häufig bei Eigenkapitalfinanzierungen mit hoher erwarteter
Ausfallwahrscheinlichkeit zum Einsatz kommen.22 So gewähren
z.B. Liquidationspräferenzen, ein oftmals bei Wachstumsfinanzierungen vereinbartes Sonderrecht, eine vorrangige Bedienung
des Investors beim Exit, noch bevor die übrigen Anteilseigner am
Erlös beteiligt werden. Erst nachdem der externe Kapitalgeber
sein Investment oder sogar ein Mehrfaches davon zurückerhalten
hat, wird der verbleibende Resterlös pro-rata unter allen Gesellschaftern verteilt. Dies kann insbesondere bei niedrigeren ExitErlösen zu einer, im Vergleich zur Anteilsquote, überproportionalen Partizipation des Investors führen.23 Als Gegenleistung für das
reduzierte Risiko könnte bspw. eine höhere Bewertung und eine
daraus resultierende niedrigere Anteilsquote für den Investor
verhandelt werden, was bei hohen Werten zu einer geringeren
Erlösbeteiligung im Vergleich zu einer direkten Beteiligung ohne
Sonderrechte führt.24 Neben Liquidationspräferenzen können
auch Kauf- und Verkaufsoptionen25 (im Folgenden auch Call- und
Put-Optionen genannt) mit vorab vereinbarten Ausübungspreisen oder Vorzugsdividenden26, welche bei Nichtentrichtung während der Beteiligungsdauer kumuliert beim Exit vorrangig an den
Investor ausgeschüttet werden, das Cashflow-Profil der jeweiligen
Parteien wesentlich beeinflussen.
Die bisher beispielhaft genannten Sonderrechte haben gemein,
dass sie ihre Wirkung beim Exit entfalten und dabei unabhängig von der Anteilsquote des Investors sind. Insbesondere bei
einer gestaffelten Finanzierung27, bei der das Kapital über einen
gewissen Zeitraum in Tranchen bereitgestellt wird, werden häufig Sonderrechte vereinbart, die nicht erst beim Exit, sondern
schon während der Beteiligungsphase greifen. Zeigt sich bspw.
bei einer Bewertung des Projekts im Zuge einer Folgefinanzierungsrunde, dass die Zukunftspotenziale des Projekts in der
20
21
22
23
24
25
26
27
Zur Definition des Terminus „reines Eigenkapital“ vgl. Drukarczyk/Lobe, Finanzierung, 11. Aufl.
2015, S. 298 (301).
Zur Pay-off-Struktur von Eigen- und Fremdkapital sowie Wandeldarlehen vgl. Müller-Känel,
Mezzanine Finance, 3. Aufl. 2009, S. 34. (52). Zur Auszahlungsstruktur von stillen Beteiligungen
vgl. Wendels/Keienburg/Sievers, European Financial Management 2011 S. 467 (471).
Zu Cashflow-Rechten im Detail vgl. Simon, DerWert von Beteiligungsverträgen, 2010, S. 226 (454).
Die Ausführungen beziehen sich auf eine Participating Liquidation Preference. Vgl. Honold, CF
2014 S. 223. Zur Wirkungsweise von Liquidationspräferenzen und den unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten vgl. auch Hoffmann/Hölzle, FB 2003 S. 113 (120); Simon, a a.O. (Fn. 22),
S. 346 (373), Weitnauer, Handbuch Venture Capital, 4. Aufl. 2011, S.340 (341).
Dies ist sicherlich teilweise verhandelbar, wenn die Beteiligung nicht nur am Projekt, sondern
am Gesamtunternehmen erfolgt. Zum Trade-off zwischen Anteilsquote und Sonderrechte vgl.
auch Honold, CF 2014 S. 220 (236) und Honold/Oed in Günther/Kirchhof (Hrsg.), Leitfaden für
Business Angels, 2012, S. 174 (177).
Zur Definition von Kauf- und Verkaufsoptionen vgl. Hull, Optionen, Futures und andere Derivate,
7. Aufl. 2009, S. 29 (31).
Vgl. Simon, a.a.O. (Fn. 22), S. 374 (388).
Vgl. Gompers/Lerner, The Venture Capital Cycle, 2. Aufl. 2004, S.171 (200).
199
Finanzierung
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Abb. 3: Wert und Risiko in Abhängigkeit der Ausgestaltung
0%
Unternehmen
Wert des Projekts in €
0%
Investor
mit reduziertem Risiko
Investor
Unternehmen
Wert des Projekts in €
Vergangenheit zu optimistisch eingeschätzt wurden, wirkt sich
dies negativ auf den Wert der Beteiligung aus. Anti-DilutionKlauseln schützen den Investor teilweise oder unter Umständen
sogar vollständig vor einem dadurch entstehenden Wertverlust. 28 Auch in Verbindung mit Mitverkaufsverpflichtungen 29
(Drag-Along-Right), deren Ausübung häufig an Anteilsquoten
gebunden ist, können Anti-Dilution-Klauseln unter Umständen
zu einer Veränderung der Machtverhältnisse führen.
Je nach Ausgestaltung der Finanzierung resultieren verschiedene Risikoverteilungen zwischen Investor und Unternehmen.
Abb. 3 veranschaulicht dies anhand von drei „Extremvarianten“
und der jeweiligen Verteilungsmuster der Exiterlöse zwischen
Investor und Unternehmen in Abhängigkeit des Projektwerts.
Die linke Verteilung in Abb. 3 stellt eine volle Risikopartnerschaft
zwischen Unternehmen und Investor dar, es erfolgt keine Umverteilung von Risiko bzw. Cashflows (entspricht einer direkten Beteiligung ohne Sonderrechte). Im mittleren Bild wird ein Teil des Risikos der Beteiligung auf das Unternehmen bzw. den Alteigentümer
abgewälzt. Die Reduktion des Risikos und Erhöhung der Rendite
bei geringen Werten des Projekts wird durch eine etwas geringere
Rendite für den Investor bei hohen Werten des Projekts ausgeglichen. Dies zeigt sich in den, im Vergleich zwischen linkem und
mittlerem Bild, unterschiedlich großen Flächen. Die Grafik rechts
beschreibt den zur mittleren Grafik gegenteiligen Fall, in welchem
der Investor mehr Risiko übernimmt, dafür im Erfolgsfall aber
zusätzlich profitiert. Für die Praxis ist insbesondere der zweite
Fall, die Risikoabwälzung vom Investor auf das Unternehmen,
üblich. Dies kann bspw. durch den Einsatz von Liquidationspräferenzen oder der Auszahlung eines Teils des Eigenkapitals als
Wandeldarlehen bzw. stille Beteiligung geschehen.
Entsprechend dieser Darstellung von Risikoverteilungen werden im Folgenden typische Strukturen diskutiert, welche die
Unterschiede veranschaulichen sollen.
III. Finanzierungsmodelle zum Erhalt der strategischen
Optionen für Unternehmen
Das Innovations- bzw. Expansionsprojekt hat für das Unternehmen oft eine strategische Bedeutung. Der Zugriff auf das
28
29
Liegt der ermittelte Anteilspreis unter dem der vorigen Finanzierungsrunde (Down-Round),
wird die Anti-Dilution-Klausel ausgeübt. Je nach Ausgestaltung erhält der Investor nun so viele
neue Anteile zum Nennwert, bis der Wertverlust vollständig bzw. teilweise beglichen wurde.
Zu den Ausgestaltungsmöglichkeiten von Anti Dilution Klauseln in Form von Full Ratchet- bzw.
Weighted Average-Ausgestaltungen vgl. von Einem/Schmid/Meyer, BB 2004 S. 2702 (2706);
von Einem/Schmid/Meyer, FB 2003 S. 879 (883). Zur Veranschaulichung der teils massiven Auswirkungen einer Full-Ratchet-Ausgestaltung hinsichtlich der Gesellschafterstruktur zuungunsten der Altgesellschafter anhand eines Beispiels vgl. Honold, CF 2014 S. 228 (235).
Vgl. Weitnauer, a.a.O. (Fn. 23), S. 337 (338).
200
100%
Erlöspartizipation in %
Investor
100%
Erlöspartizipation in %
Erlöspartizipation in %
100%
Volle
Risikopartnerschaft
0%
Investor
mit erhöhtem Risiko
Investor
Unternehmen
Wert des Projekts in €
Projekt ist daher i.d.R. essentiell. Das Gleiche gilt, wenn sich
das Unternehmen an einem jungen, innovativen Unternehmen
beteiligt 30 und dessen Innovation oder Geschäftsmodell später
in das Unternehmen integrieren möchte. 31 Daher werden im
Folgenden ausschließlich Finanzierungsmodelle diskutiert,
die den Erhalt der strategischen Option zur Erweiterung des
Handlungsspielraums des Unternehmens sicherstellen und
somit ein langfristiges, nachhaltiges Wachstum ermöglichen.
Konkret bedeutet dies, dass das Unternehmen immer die Möglichkeit haben muss, das Wachstumsprojekt im Erfolgsfall zu
100% in die eigenen Strukturen zu integrieren.
1. Vorüberlegungen zur Auswahl des geeigneten
Finanzierungsmodells
Ausgangspunkt der Überlegungen sind die Charakteristika
des Projekts. Es muss hinterfragt werden, wie diese zum Unternehmen passen. Neben einer Beurteilung der wertschöpfenden
Prozesse (Entwicklung, Produktion, Vertrieb) und dem strategischem Fit 32, sind insbesondere monetäre Gesichtspunkte in
Form des Rendite-/Risiko-, Auszahlungs- und Free-CashflowProfils entscheidend für die Auswahl des geeigneten Finanzierungsmodells und dessen Ausgestaltung. Dabei sind unter anderem Einschätzungen bezüglich Kapitalbedarf, Projektdauer,
Cash-Break-Even sowie Erfolgswahrscheinlichkeit des Projekts
und der zu erwartenden Rendite nötig. In Abb. 4 werden die
Profile dargestellt: Das Free-Cashflow-Profil veranschaulicht
den (Eigen-)Kapitalbedarf über die Projektdauer. In der Grafik
entspricht dieser der Fläche unter der horizontalen Achse. Beim
Auszahlungsprofil wird von einer Bereitstellung des Finanzierungsvolumens in meilenstein-abhängigen Tranchen ausgegangen, um so bei einer negativen Entwicklung das Wachstumsprojekt auch früher beenden zu können. Dadurch sinkt
30
31
32
Ein Beispiel stellt die Mehrheitsbeteiligung der WITTENSTEIN AG an der attocube systems AG, einem Spin-Off der Ludwig-Maximilians-Universität München, dar. Siehe für nähere Einzelheiten
dazu die Pressemitteilung vom 02.09.2008, abrufbar unter: http://www.pressebox.de/pressemitteilung/wittenstein-ag/WITTENSTEIN-AG-in-Igersheim-erwirbt-Mehrheit-an-attocubesystems-AG-Muenchen/boxid/201461, Abruf am 01.04.2015.
Hier können im Markt Minder- und Mehrheitsbeteiligungen beobachtet werden, wobei vonseiten der Start-ups oft auch der komplette Verkauf im Erfolgsfall gewünscht ist. Familienunternehmer steigen hier teilweise auch zunächst als Business Angel ein und erweitern ihre Beteiligung im Zeitverlauf. Erst bei hinreichendem Projektfortschritt wird das strategische Interesse
in Folgefinanzierungsrunden bekundet und oft z.B. mit Kooperationsverträgen zusätzlich ausgefüllt. Eine Vielzahl weiterer, interessanter Fragestellungen zur Ausgestaltung sollen hier nicht
weiterverfolgt werden, um den Fokus auf der Finanzierung zu belassen. Zur Ausgestaltung der
unterschiedlichen vertraglichen Bestandteile vgl. Winzer, Forschungs- und Entwicklungsverträge, 2. Aufl. 2011; Missling, in Weitnauer, a.a.O. (Fn. 23), S. 382 (388).
Auf eine weiterführende Analyse wird hier aus Platzgrünen verzichtet. Vgl. Weissman/Wegerer,
CF 2015 S. 191 (196).
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das Risiko, die mit dem Projekt erzielbare Rendite steigt und
als Konsequenz erhöht sich die Finanzierbarkeit des Projekts.
Das Rendite-Risiko-Profil gibt durch den Erwartungswert und
die Standardabweichung Aufschluss über die zu erwartende
Renditeverteilung und dem einhergehenden Risiko des Projekts.
Abb. 4: Schematische Darstellung: Free-Cashflow-, Auszahlungs-,
Risiko- und Rendite-/Risikoprofil des Projekts
€
Free-Cashflow-Profil
Free
Cashflow
0
Projektdauer
(Eigen)-Kapitalbedarf
Auszahlungsprofil
Erfolg
Meilensteine
Kapital
Fortführung
(FF)
Kapital
Kapital
FF
60%*
40%*
Abbruch
FF
60%*
40%*
Abbruch
10%*
Abbruch
Projektdauer
* Eintrittswahrscheinlichkeit
Wahrscheinlichkeit
FF
90%*
Rendite-/Risikoprofil
Standardabweichung
-100%
Erwartungswert des Projekts
IRR
Durch entsprechende Analyse können daraufhin bspw. die Fragen
beantwortet werden, welche Risikopartnerschaft mit dem neuen
Kapitalgeber gesucht ist und ob das Projekt überhaupt die risikoadäquaten Kapitalkosten innerhalb der vorgesehenen Finanzierungsdauer decken kann. Speziell diesem Punkt ist besonders
große Aufmerksamkeit zu widmen, da der erwartete Wert des
Projekts wesentlich den Handlungsspielraum bei der Finanzierung
und der späteren Ablösung bestimmt. Ist abzusehen, dass der Wert
des Projekts bis zum Ende der Beteiligungsphase nicht die Kapitalkosten des Kapitalgebers decken kann, ist es nötig, zusätzliche
Risikopuffer der Muttergesellschaft oder deren Eigentümer miteinzubeziehen, was einer Risikoumverteilung entspricht und damit
implizit die erwartete Rendite des Investors verringert. Das Gleiche
gilt zur Finanzierung der Ablösung der Beteiligung im Erfolgsfall,
wo dann ein anderes Rendite-Risiko-Profil des Projekts vorliegt.
Je nachdem wo das Projekt aus Unternehmensperspektive
angesiedelt ist, können Finanzierungsmodelle grundsätzlich
in interne und externe Modelle untergliedert werden. Beim
internen Modell ist das Projekt von Anfang an im Unternehmen
eingegliedert. Unter Berücksichtigung des Erhalts der Unabhängigkeit des Unternehmens kann die Finanzierung durch
Eigenfinanzierung oder durch eine Minderheitsbeteiligung
eines externen Kapitalgebers am Unternehmen erfolgen. Im
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Falle des externen Modells wird das Projekt in eine Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, im Folgenden mit SPV
abgekürzt) ausgelagert bzw. ein Joint Venture mit einem strategischen Partner gegründet in dem das Projekt gemeinsam
verfolgt wird. Einen Spezialfall des externen Modells bildet das
Fondsmodell mit Kaufoption für das Mutterunternehmen,
innerhalb dessen das Projekt über einen Venture Capital-Fonds
(im Folgenden mit VC-Fonds abgekürzt). Dabei kann dies ein
externer VC-Fonds oder ein durch das Unternehmen betriebener
Corporate VC-Fonds sein.
Im Folgenden wird der Fokus beim internen Modell auf Minderheitsbeteiligungen und beim externen Modell auf die
Zwischenschaltung eines SPV sowie auf die Finanzierung des
Projekts durch einen externen VC-Fonds mit Kaufoption für das
Mutterunternehmen gelegt (im Folgenden mit VC-Fondsmodell
abgekürzt). Corporate VC-Fonds, Joint Venture- und Lizenzmodelle werden im weiteren Verlauf nicht näher betrachtet, da die
in der Praxis bekannten Ausgestaltungen sehr verschieden sein
können und die Finanzierung der Wachstumsoption bei diesen
Formen teilweise nicht im Mittelpunkt der Betrachtung steht.
Bei allen Finanzierungsmodellen müssen die Implikationen
betrachtet werden. Dies gilt aus strategischer, ökonomischer,
rechtlicher, bilanzieller und steuerlicher Sicht.33 So kann ein nicht
nach Plan verlaufendes Projekt den Kontrollverlust oder sogar den
Verlust des gesamten Unternehmens bedeuten. Ein Risiko, das
Gesellschafter häufig davon abhält, externes Eigenkapital mit ins
Boot zu nehmen. Dem kann jedoch durch eine geschickte Strukturierung der Finanzierung schon im Voraus begegnet werden.
2. Internes Modell: Minderheitsbeteiligung
Minderheitsbeteiligungen 34 stellen ein probates Mittel dar,
Expansions- und Innovationsprojekte zu finanzieren.35 Das Interesse, insbesondere durch mittelständische Unternehmen, ist
in den letzten Jahren stark angestiegen,36 sodass es immer mehr
Private Equity-Gesellschaften und Family Offices gibt, welche
sich auf diese Beteiligungsform spezialisieren. Bei einer Minderheitsbeteiligung beteiligt sich der Investor direkt am Mutterunternehmen und erhält dafür im Gegenzug Geschäftsanteile. Das
Investment des Kapitalgebers fließt direkt ins Unternehmen und
steht diesem somit uneingeschränkt zur Projektentwicklung zur
Verfügung. Abb. 5 zeigt vereinfacht die Funktionsweise.
Abb. 5: Schematische Darstellung einer Minderheitsbeteiligung
Kapital
Unternehmen
Projekt
Investor
Anteile / Rückzahlung + Verzinsung
33
34
35
36
Vgl. hierzu auch Bardens/Meurer, CF 2015 S. 209 (215), Blöchle/Schmidt, CF 2015 S. 216 (222),
Springer, CF 2015 S. 206 (208) und Weissman/Wegerer, CF 2015 S. 191 (196).
Als Minderheitsbeteiligung wird eine Unternehmensbeteiligung bezeichnet, bei welcher der
Gesellschafter weniger als 50% der Unternehmensanteile hält. Für eine genaue Definition der
Minderheitsbeteiligung vgl. Kauffmann, Führung von Minderheitsbeteiligungen, 2009, S. 24
(25); Söding, Private Equity Minority Investments, 2012, S.26 (28).
Innerhalb einer Befragung von Familienunternehmen, welche sich durch eine Minderheitsbeteiligung finanziert haben, gaben 15 der 19 Unternehmen an, dass sie sehr zufrieden bzw. zufrieden mit der Finanzierungsform waren. Lediglich drei Unternehmen zeigten sich unzufrieden
bzw. sehr unzufrieden. Vgl. Achleitner/Schraml/Tappeiner, a.a.O. (Fn. 8), S. 83 (84).
Vgl. z.B. Roland Berger Strategy Consultants, Internationale Finanzierungsstudie 2011 – Auswertung Deutschland, 2011, S. 25 (26).
201
Finanzierung
Dabei ist die Ausgestaltung der Minderheitsbeteiligung aufgrund verschiedener Interessenskonflikte zwischen Unternehmen und Investor besonders wichtig, vor allem hinsichtlich der
Strukturierung des Exits und der Auszahlungsansprüche, ggf. in
Abhängigkeit vom Projekt-und nicht vom Unternehmenserfolg.37
Ein Verkauf der Beteiligung an einen anderen Investor ist erfahrungsgemäß schwierig, da Minderheitsbeteiligungen mit i.d.R.
geringen Entscheidungsrechten oft nicht attraktiv für potenzielle
Folgeinvestoren sind. Eine Veräußerung des gesamten Unternehmens ist nicht im Sinne des Altgesellschafters. Um dieser
Problematik vorab zu begegnen, werden i.d.R. für alle zukünftigen
Eventualitäten hinsichtlich des Exits Vereinbarungen getroffen,
wie dieser auszusehen hat.38
Häufig kommt eine Strukturierung mit Call- und Put-Optionen
zum Einsatz (Buy Back 39), die alle möglichen Szenarien des
Erfolgs- und Misserfolgsfalls vorsieht. So könnte der Altgesellschafter bis zum Jahr X eine Call-Option zu einem vordefinierten
Ausübungspreis haben. Wird diese im vereinbarten Zeitraum
nicht gezogen, hat der Investor eine Put-Option zur Andienung
der Beteiligung an den Altgesellschafter. Falls der Altgesellschafter diese Put-Option abwenden will, z.B. weil er die Rücknahme
der Anteile nicht finanzieren kann, wird zusätzlich eine Mitverkaufsverpflichtung (Drag-Along-Right) vereinbart. Der Investor
wäre dadurch trotz seiner Minderheitsbeteiligung rechtlich in der
Lage, das gesamte Unternehmen zu veräußern und so einen Exit
zu erzwingen. Der Investor hat durch solch eine Strukturierung
von rechtlicher Seite unabhängig vom Projektverlauf immer die
Möglichkeit, seine Anteile nach einer gewissen Haltedauer zu veräußern. Im Gegenzug ist der Altgesellschafter aber auch berechtigt, die Call-Option auszuüben und so den Minderheitsinvestor
herauszukaufen. Dabei sind die Bedingungen für den Erfolgs- und
Misserfolgsfall des Projekts vorab zu definieren, um einen durch
den Investor getriebenen Verkauf des Gesamtunternehmens
schon von Beginn an auszuschließen. Diese Trennung zwischen
Projekt- und Unternehmenserfolg ist aber teilweise schwierig.
Zudem kann es gerade im Interesse des Investors sein, aus Risikogesichtspunkten eben nicht primär das Wachstumsprojekt,
sondern nur das Unternehmen zu finanzieren: Denn die Finanzierung des Unternehmens ist eine andere, weniger risikoreiche
Beteiligung, als die Beteiligung an einem Wachstumsprojekt.
Falls es zur Ausübung der Call- oder Put-Option kommt ist der
Ausübungspreis entscheidend für das Kalkül des Investors und
eine Bewertung des Projekts oder Gesamtunternehmens wird
irrelevant. Von der vollen Risikopartnerschaft bis zur Verlagerung
des Risikos auf das Mutterunternehmen bzw. auf den Investor
sind hier prinzipiell alle Gestaltungen hinsichtlich der RenditeRisikostruktur leicht umsetzbar. So könnte bspw. ein Investor
im Misserfolgsfall einen geringen Ausübungspreis für einen Call
akzeptieren und somit den größeren Teil des Risikos tragen,
wenn dies im Gegenzug mit einem höheren Ausübungspreis im
Erfolgsfall kompensiert wird. Trotz Risikoverlagerung auf den
Investor können so die risikoadäquaten Kapitalkosten des Investors gedeckt werden. Bei konkreten Verhandlungen ist dabei nicht
unbedeutend, welches Verständnis der Investor vom Projekt hat
und inwieweit er die Erfolgschancen des Projekts teilt. Grundsätzlich gilt: Je besser das Verständnis, desto geringer die geforderte
Rendite des Investors. Zugleich werden nach Erfahrungen des
37
38
39
Vgl. ausführlich zur Ausgestaltung von Minderheitsbeteiligungen Achleitner/Schraml/Tappeiner, a.a.O. (Fn. 8), S. 41 (65), Söding, a.a.O. (Fn. 34), S. 73 (387).
Zu Exit-Ausgestaltungen bei Minderheitsbeteiligungen vgl. Söding, a.a.O. (Fn. 34), S. 375 (382).
Vgl. Jesch, Private Equity-Beteiligungen, 2004, S. 106.
202
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Autors von den Unternehmen oft höhere Risiken akzeptiert und
getragen, aber zum Teil nicht eingepreist, um die Finanzierung des
Projekts überhaupt möglich zu machen. Dies senkt die geforderte
Rendite des Investors. Die Konsequenzen der Risikoverlagerung
auf das Unternehmen sollten aber genau abgewogen werden.
Kommt es zu keiner Ausübung der Call- und Put-Optionen, wird
der Investor unter Umständen versuchen, durch die Ausübung
der Mitverkaufsverpflichtung das Unternehmen zu veräußern,
um am Wert des Gesamtunternehmens zu partizipieren. In
diesem Fall stellt sich die Frage, ob hier eine pro-rata Verteilung
erfolgt oder auch anders wirkende Mechanismen greifen, die
einer Risikoumverteilung gleichen. Hier sind z.B. Liquidationspräferenzen ohne zusätzliche Partizipation am Resterlös
(Simple Liquidation Preference), ausgestattet mit einem Wandlungsrecht, ein teilweise vereinbartes Sonderrecht.40
Neben dem Exit gilt es die Governance während der Beteiligungsphase dezidiert zu regeln: Dabei könnten die Informations-, Kontroll-, Veto- und Entscheidungsrechte für den externen Kapitalgeber eigentlich auf das Projekt beschränkt werden,
dürften i.d.R. aber auf Unternehmensebene ausgestaltet sein,
um entsprechende Wirksamkeit zu entfalten.41
Für das Unternehmen und den Investor sind der Preis und die Verteilung des Risikos maßgeblich. Der Investor kann das Risiko i.d.R.
durch eine Vielzahl von Investitionen diversifizieren und sollte
dadurch in der Lage sein, eine geringere risikoadäquate Verzinsung
zu fordern. Letztlich hängt dies aber auch stark von der Kenntnis
und dem Verständnis des Investors hinsichtlich der Business- und
Investment Rationale ab: Das heißt eine starke Investorenlandschaft mit spezialisierten Investoren verbessert und vereinfacht die
Bedingungen der Finanzierung von Wachstumsprojekten.42
Die direkte Beteiligung des Investors am Mutterunternehmen und
der daraus resultierende erleichterte Zugriff durch den Investor auf
das Unternehmen stellt insbesondere für Familienunternehmen
ein großes Hindernis dar. Dies gilt vor allem bei suboptimalen Projektverläufen bzw. im Misserfolgsfall. Um transparente Regelungen
zu vereinbaren, komplexe Vertragsstrukturen mit sehr differenzierten Call-Put-Optionen zu vermeiden und zugleich das Risiko
des Verlusts von Unabhängigkeit und Kontrolle für die Altgesellschafter zu minimieren, werden in der Praxis neuartige Formen der
externen Projektfinanzierung mit Eigenkapital eingesetzt. Dazu
sollen im Folgenden als Alternativen zur Minderheitsbeteiligung
die Finanzierung über Special Purpose Vehicles (SPVs) bzw. VCFondsinvestments mit Kaufoption vorgestellt werden.
3. Externes Modell: Special Purpose Vehicle (SPV)
Der Einsatz von SPVs, zu Deutsch Zweckgesellschaften, zur
Finanzierung von Wachstumsprojekten ist in Deutschland bisher noch nicht sehr verbreitet, obwohl sich dadurch das Risiko
eines Kontrollverlusts der Altgesellschafter, im Gegensatz zur
direkten Minderheitsbeteiligung, ggf. vollständig eliminieren
sowie die Governance und der Exit einfacher regeln lässt.
Zudem ist ein Ausschluss der Konsolidierung möglich, sodass
die Wirkungen auf den Jahresabschluss der Muttergesellschaft
40
41
42
Bei einer Simple Liquidation Preference erhält der Investor den vereinbarten Präferenzbetrag
vor den übrigen Gesellschaftern, partizipiert aber im Gegensatz zur Participating Liquidation
Preference nicht mehr am verbleibenden Resterlös. Das Wandlungsrecht gewährt ihm jedoch
eine Wandlung der Vorzugsanteile in Stammanteile. Dieses wird er dann nutzen, wenn der ihm
zufließende Exit-Erlös mit Stammanteilen höher ist als der durch die Vorzugsanteile maximal
erzielbare Cashflow beim Exit. Vgl. Hoffmann/Hölzle, FB 2003 S. 113 (114).
Vgl. Springer, CF 2015 S. 206 (208).
Auch vor diesem Hintergrund kann mit Spannung das Ergebnis der aktuellen Diskussion zum
Venture Capital-Gesetz in Deutschland erwartet werden.
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Abb. 6: Schematische Darstellung des externen Finanzierungsmodells über eine Zweckgesellschaft
Anteile /
Rückzahlung,
Verzinsung
Unternehmen
z.B. Kapital, IP, Operations
Anteile / Rückzahlung, Verzinsung
Kapital /
Anteile
S
P
V
Investor
Investor
Investor
Investor
Kapital
Kapital
Anteile / Rückzahlung, Verzinsung
Investor
IP
nur über den Beteiligungsansatz erfolgen. 43 Dies kann bei
einer Kapitalmarktnotierung oder bei engen Spielräumen von
Covenants durch Fremdkapitalfinanzierungen ein wesentlicher
Motivationsgrund sein. Durch den höheren Aufwand fallen hierfür jedoch tendenziell höhere Kosten für die Strukturierung an.
Im Grunde wird bei diesem Modell das Wachstumsprojekt in
eine Zweckgesellschaft ausgelagert.44 Der Investor beteiligt sich
nicht direkt am Mutterunternehmen, sondern am SPV und
erhält für das eingebrachte Kapital Anteile an der Zweckgesellschaft. Von Unternehmensseite ist offen, welche Werte in das
SPV fließen. Neben Kapital könnten auch Arbeitskräfte, Arbeitsräume, immaterielle Vermögensgegenstände etc. eingebracht
werden. Je nach Fall ist es außerdem möglich, dass sich weitere
Investoren am SPV beteiligen oder geistiges Eigentum (Intellectual Property, kurz IP) von außen für Gesellschaftsanteile
eingekauft werden, z.B. aus der Wissenschaft. In Abb. 6 wird das
Beteiligungsmodell schematisch dargestellt, welches auch auf
die Beteiligung des Unternehmens oder Unternehmers an einem
jungen, innovativen Unternehmen übertragen werden kann.
Durch Zwischenschaltung des SPVs ist das Ausfallrisiko für
das Mutterunternehmen auf die Mitfinanzierung, die unter
Umständen eingebrachten Werte und ggf. Übernahmeverpflichtungen durch Put-Optionen begrenzt. Da der Investor
nun aber direkt in das Projekt investiert, ist die Anteilsquote
für ihn an der Projektgesellschaft i.d.R. hoch und in jedem Fall
höher als bei einer Minderheitsbeteiligung am Mutterunternehmen. Dementsprechend wird dieser hinsichtlich des Projekts
auch mehr direkten Einfluss auf das operative Geschäft und
auf strategische Entscheidungen ausüben können als bei einer
Minderheitsbeteiligung. Daraus ergibt sich für das Mutterunternehmen die Fragestellung, inwieweit eine Einflussnahme auf das
Projekt noch möglich ist. Ist der Exit an das Unternehmen attraktiv und klar geregelt, sind von der Ursprungsvereinbarung und
vom Business Plan abweichende Vorgehensweisen durch den
Investor jedoch wenig wahrscheinlich. Gibt es doch grundlegend
unterschiedliche Ansichten zur Führung des SPVs, lässt sich
eventuell eine Option zum Auskauf des Investors verhandeln.
Hinsichtlich des Exits hat der Investor beim externen Modell im
Vergleich zur Minderheitsbeteiligung einen größeren Spielraum.
Da der Kapitalgeber i.d.R. renditeorientiert handelt, wird er die
für ihn rentabelste Exitroute wählen. Eine Veräußerung der
Anteile am Projekt an einen Dritten kann also nur ausgeschlossen werden, wenn der Verkauf der Anteile durch den Investor an
das Unternehmen eine risikoadäquate Verzinsung bietet.
43
44
Zu den Voraussetzungen vgl. Bardens/Meurer, CF 2015 S. 209 (215).
Zu Vgl. Böttcher/Blattner, Projektfinanzierung, 3. Aufl. 2013, S. 195 (221).
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Wie bei der Minderheitsbeteiligung werden für den Exit häufig
Call-Put-Konstruktionen vereinbart, wobei durch die vereinfachten Rahmenbedingungen für einen Verkauf des SPVs PutOptionen nicht unbedingt notwendig sind und somit nicht
von allen Investoren verlangt werden. Hier ist maßgeblich,
wie erfahren der Investor ist und welche Möglichkeiten er für
einen alternativen Exit sieht. Ggf. könnte im Misserfolgsfall
eine Verkaufsoption für die Anteile des Investors in Höhe der
steuerlichen Vorteile 45 für das Mutterunternehmen, welche aus
den Verlustvorträgen des SPV generiert werden, durchaus vertretbar sein, da solch eine Verwertung für den Investor nicht
möglich ist. 46 Dies würde den externen Kapitalgeber vor einem
Totalverlust bewahren. Für das Szenario eines Verkaufs des
SPVs an einen Dritten sind wiederum Liquidationspräferenzen
ein teilweise eingesetztes Mittel, um die Rendite des Investors
bei niedrigeren Veräußerungserlösen zu schützen.
Bei der Ausgestaltung der Kaufoption sind die im VC-Markt geforderten risikoadäquaten Renditen zu erwarten, die in Abhängigkeit
vom Projekt, dessen Laufzeit und Risikograd sicherlich bei Multiples von 3-5 auf das Investment beginnen. Interessanterweise
ist es sogar unter Umständen möglich, das Upside der Investoren
durch eine geschickte Call-Put-Konstruktion47 unabhängig vom
Projekt zu begrenzen. Übertrifft das Projekt in solch einem Fall die
erwartete risikoadäquate Rendite des Investors, partizipiert das
Unternehmen voll an der generierten „Überrendite“. Im Umkehrschluss ist deswegen jedes Unternehmen gut beraten, alle Projekte
oberhalb dieser erwarteten risikoadäquaten Rendite umzusetzen.
Im Vergleich zur Minderheitsbeteiligung an der Muttergesellschaft ist deren Einbezug und Risiko beim externen Modell
klarer abgrenzbar und muss einzeln verhandelt werden. Vor
diesem Hintergrund hat diese Trennung erhebliche Vorteile.
Insbesondere werden ggf. die Absicherungen des Investors für
den Misserfolgsfall explizit deutlich. Nur für den Fall, dass das
Projekt in keinem Fall in dritte Hände fallen darf, ist hier die
Distanz zum Mutterunternehmen von Nachteil.
4. Externes Modell: VC-Fondsmodell mit Kaufoption für das
Unternehmen
Eine weitere Möglichkeit zur Strukturierung der Finanzierung
bildet ein strategisches Investment des Unternehmens in einen
VC-Fonds. Dieser beteiligt sich wiederum an der zur Durch45
46
47
Die steuerlichen Vorteile werden durch Verrechnung der Verlustvorträge mit Gewinnen des Mutterunternehmens aus anderen Bereichen generiert.
Vgl. Blöchle/Schmidt, CF 2015 S. 216 (222).
Weitere Details dieses interessanten Details dazu bleiben aus Platzgründen weiteren Beiträgen
vorbehalten.
203
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Abb. 7: Schematische Darstellung des VC-Fondsmodells mit Kaufoption
Kapital, (Anteile)
z.B. IP, Operations
Unternehmen
Kapital
Fonds
Rückzahlung, Verzinsung,
indirekte Option an SPV
Investor
Investor
Investor
führung des Projekts gegründeten Zweckgesellschaft bzw.
mehreren Zweckgesellschaften.48
Dieses Modell eignet sich insbesondere für riskante Innovationsprojekte. Das Unternehmen diversifiziert sich mit der Beteiligung am Fonds, da das SPV lediglich einen geringen Anteil am
Fonds-Portfolio ausmacht. Die Rendite ist somit nicht alleine
vom Projekt abhängig, sondern von der Fondsperformance.
Neben dem Unternehmen gibt es weitere Investoren, welche
sich am Fonds beteiligen. Im Gegensatz zu den übrigen Fondsinvestoren erhält das Unternehmen jedoch eine Kaufoption auf
die Unternehmensanteile des SPVs. 49 Abb. 7 veranschaulicht
schematisch die Ausgestaltung eines solchen Fondsmodelles.
Im Falle eines erfolgreichen Projektverlaufs ist es dem Unternehmen durch die Kaufoption möglich, das SPV relativ einfach wieder
in die eigenen Strukturen zu integrieren. Der Preis für das SPV
richtet sich i.d.R. nach dem Marktwert, welcher dann den Ausgangspunkt der Preisverhandlung bildet. Im Erfolgsfall führt dies,
im Vergleich zu einer von Vornherein vereinbarten Call-Option,
unter Umständen zu einem hohen Veräußerungspreis. Dieser
wird bezogen auf den Kapitaleinsatz des VC-Fonds i.d.R. mindestens bei einem Multiple von 5 liegen. Im Misserfolgsfall kann
das Unternehmen die Kaufoption jedoch einfach verfallen lassen.
Der Finanzierungscharakter wird dadurch gestaltet, dass der
Beteiligung am VC-Fonds ein größeres Finanzierungsvolumen an
der Zweckgesellschaft gegenübersteht oder der VC-Fonds sich an
mehreren Zweckgesellschaften der Muttergesellschaft beteiligt.
Neben der Eliminierung des Risikos eines Kontrollverlustes bzw.
Verkaufs des gesamten Unternehmens im Worst Case-Szenario,
wie es auch bei einem reinen SPV-Modell der Fall ist, wird zusätzlich das unsystematische Risiko durch Diversifikation der Investition auf mehrere Projekte verringert.50 Das VC-Fondsmodell
bildet somit für das Unternehmen eine risikoarme Finanzierungsform. Durch die Fondskosten in Form von Management
Fees und erfolgsabhängigen Komponenten51 sowie des ggf. hohen
Veräußerungspreises wird im Gegenzug jedoch die strategische
Option für das Unternehmen verteuert. Des Weiteren gilt es bei
diesem Modell zu beachten, dass das verfolgte Projekt aufgrund
des regelmäßigen Reportings des Fonds an die Kapitalgeber zum
Teil transparent für die übrigen Fondsinvestoren wird. Daher
schließt sich die Finanzierung von Wachstumsprojekten, die kei-
49
50
51
Zum Geschäftsmodell von VC-Fonds vgl. z.B. Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture
Capital-Gesellschaften, 3. Aufl. 2004, S. 38 (60).
Es sind auch Ausgestaltungen möglich, in welchen dem Unternehmen Vorkaufsrechte für mehrere Unternehmen aus dem Portfolio gewährt werden.
Zur Diversifikation des unsystematischen Risikos durch Portfoliobildung vgl. z.B. Breuer/Gürtler/
Schuhmacher, Portfoliomanagement I, 3. Aufl. 2010, S. 319 (321).
Zur Kostenstruktur von Private Equity- und VC-Fonds vgl. Metrick/Yasuda, Review of Financial
Studies 2010 S. 2303 (2341).
204
Rückzahlung,
Verzinsung
Kapital
Investor
Investor
48
Anteile / Rückzahlung,
Verzinsung, Drag
Kapital
Investor
Investor
Kapital,
Anteile
S
P
V
IP
nesfalls in die Hände Dritter fallen sollen, durch dieses Modell aus.
Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass operative und strategische
Entscheidungen innerhalb des Projekts unter Umständen nicht
mehr durch das Unternehmen beeinflusst werden können, da
keine direkte Beteiligung am SPV besteht. Es muss sich daher auch
bei wegweisenden Entscheidungen jeglicher Art auf die Expertise
des VC-Fonds und der weiteren Gesellschafter des SPV verlassen
werden. Da der VC-Fonds mit dem Unternehmen zugleich aber
einen einfachen Exit-Kanal hat, wird das Management des Fonds
und des Portfoliounternehmens nicht unnötig versuchen, sich
diesen durch konträre Entscheidungen zu verbauen.
Das Fondsmodell findet im Bereich der Innovationsfinanzierung immer mehr Anwendung z.B. bei amerikanischen Unternehmen. Die Motive reichen, neben den bisher schon erwähnten
Vorzügen, von reduzierten Berichtspflichten von Innovationsprojekten bei einer Kapitalmarktnotierung 52 bis hin zur Möglichkeit, sich eine Vermarktung der Innovation in bestimmten
Ländern zu sichern.53 Im Gegenzug profitiert der VC-Fonds vom
zusätzlich geschaffenen Exit-Kanal. Des Weiteren wirkt die
Beteiligung des Unternehmens als strategischer Investor am
Fonds i.d.R. förderlich für das Fundraising bei Finanzinvestoren.
5. Vergleich der betrachteten Modelle
Im Vergleich der drei betrachteten Modelle ist der Nettofinanzierungseffekt bei der Minderheitsbeteiligung am größten, da das
Kapital direkt dem Unternehmen zufließt und somit im vollen
Umfang für das Projekt zur Verfügung steht. Beim SPV-Modell und
VC-Fondsmodell entstehen tendenziell höhere „Transaktions- bzw.
Nebenkosten“, was zu einem geringeren Nettofinanzierungseffekt
führt. Am stärksten ausgeprägt ist dies beim VC-Fondsmodell, da
in diesem Fall zusätzlich Management Fees und erfolgsabhängige
Komponenten anfallen. Analog kann daher festgestellt werden,
dass bei einer Minderheitsbeteiligung im Vergleich die geringsten
und beim VC-Fondsmodell die höchsten Kosten anfallen.
Das verbleibende Risiko für das Unternehmen ist bei der Minderheitsbeteiligung am größten, da die Beteiligung des Investors
direkt am Mutterunternehmen erfolgt und dieser dadurch bei
negativem Projektverlauf unter Umständen direkten Zugriff
auf das gesamte Unternehmen bekommen könnte. Durch Zwischenschaltung eines SPVs oder durch ein Fondsinvestment wird
dieses Risiko deutlich verringert. Außerdem beschränkt sich ein
Totalausfall der Investition bei der externen Strukturierung auf
das eingebrachte Kapital bzw. die eingebrachten Werte, wobei
bei Investition in einen Fonds zusätzlich eine Diversifikation
52
53
Die Bewertung eines Calls zu Marktpreisen kann mit Null erfolgen, sodass diese Umsetzung still
erfolgen kann. Vgl. hierzu auch Bardens/Meurer, CF 2015 S. 209 (215).
Aktuell sind auch Beteiligungen von Finanzinvestoren an Corporate Venture Fonds in den USA
beobachtbar.
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des Investments erfolgt. Aus Risikogesichtspunkten ist das VCFondsmodell somit die vorteilhafteste Form der Ausgestaltung.
Seitens der Governance hat der Investor beim internen Modell
tendenziell eher wenige Kontroll- und Mitspracherechte. Beim
SPV-Modell werden diese ausgeprägter sein, da der Kapitalgeber
i.d.R. zu einem größeren Teil am Projekt beteiligt ist. Beim VCFondsmodell liegen Kontroll- und Mitspracherechte voll beim
VC-Fonds. Das Unternehmen hat, wenn überhaupt, nur geringe
Einflussmöglichkeiten. Aber die Möglichkeit für den Fonds, dass
der Exit über das Mutterunternehmen erfolgt, ist hier aus Sicht
der Praxis kein unwesentlicher Treiber des Handelns.
Die Übernahme der Geschäftsanteile des Kapitalgebers und
die Eingliederung des Projekts in das Unternehmen gestaltet
sich beim internen Modell am einfachsten, da das Projekt
schon im Unternehmen integriert ist. Beim externen Modell
ist die Eingliederung etwas anspruchsvoller und beim Fondsmodell dürfte der Aufwand bei entsprechender Gestaltung
ähnlich hoch ausfallen wie beim SPV-Modell.
Die Finanzierungskosten sind je nach Alternative abhängig
von der Ausgestaltung und der daraus resultierenden Risikoverteilung, wobei der strukturelle Aufwand beim VC-Fondsmodell am höchsten ist.
Die Bereitschaft in SPVs zu investieren ist bedauerlicherweise
noch selten, aber wachsend. Das VC-Fondsmodell ist in den
USA stark wachsend und schwappt auch nach Europa: In
Deutschland hat unter anderem TVM Capital das Modell mit
Eli Lilly Inc. umgesetzt.54
Aus Unternehmenssicht muss bei der Wahl des geeigneten
Finanzierungsmodells immer der Charakter des Wachstumsprojekts berücksichtigt werden. Darf z.B. die Innovation keinesfalls in die Hände Dritter fallen, eignet sich das VC-Fondsmodell mit Kaufoption nicht. Will das Unternehmen hingegen
z.B. mehrere Innovationsprojekte parallel verfolgen und sich
zu einem späteren Zeitpunkt nur gezielt einige davon herauspicken, eignet es sich im Vergleich der betrachteten Modelle
am besten. Tab. 1 gibt einen abschließenden Modellüberblick
inklusive deren Charakteristika aus Unternehmenssicht.
Tab. 1: Vergleich der betrachteten Modelle aus Unternehmenssicht
Modell
Internes
Modell
Externes Modell
Minderheitsbeteiligung
SPV
VC-Fonds inkl.
Kaufoption
Nettofinanzierungseffekt
++
+
+/-
Verbleibendes Risiko
-
+
++
++
+/-
-
Faktoren
Governance
Strategische
Nachhaltigkeit
++
+
je nach
Ausgestaltung
Finanzierungskosten
+/-
-
--
immer mehr
noch
selten
immer mehr
Verfügbarkeit
++: sehr positiv +: positiv +/-: neutral -: eher negativ --: negativ
IV. Zusammenfassung
Die Finanzierung von Innovation und Expansion ist i.d.R. nur
durch Eigenkapital und teilweise Mezzanine möglich. Ist für
das Unternehmen eine Eigenfinanzierung des Projekts ausge54
schlossen, muss auf externe Eigenkapitalgeber ausgewichen
werden. Dies ist in Deutschland schwierig, da Kapital mit steigendem Risikograd und Finanzierungsvolumen sowie längerer
Finanzierungsdauer immer weniger verfügbar ist, auch wenn
eine risikoadäquate Kompensation in Aussicht gestellt wird.
Neben der eingeschränkten Verfügbarkeit stellt es für Familienunternehmen und den deutschen Mittestand häufig ein
Problem dar, externes Eigenkapital in das Unternehmen zu
holen, da diese teilweise um ihre Unabhängigkeit und unternehmerische Freiheit fürchten. In der Tat besteht dieses Risiko,
einerseits durch den Status des Kapitalgebers als „Miteigentümer“ andererseits durch verschiedene vertragliche Ausgestaltungen, welche das Unternehmen vor allem im Misserfolgsfall
stark sanktionieren. Zugleich gibt es aber Strukturierungen,
die dieses Risiko ausschließen.
Dieser Beitrag adressiert diese Problematik und zeigt Lösungswege in Form von neuen Finanzierungsmodellen auf, um die
Innovationskraft der Unternehmen verbessern zu können.
Dabei wird auf Minderheitsbeteiligungen, SPVs und das VCFondsmodell mit Kaufoption für das Unternehmen eingegangen.
Es zeigt sich, dass das SPV-Modell und das VC-Fondsmodell
gute Alternativen zur klassischen Minderheitsbeteiligung sein
können, da eine Risikoreduktion auf das eingebrachte Kapital
bzw. die eingebrachten Werte erfolgt, der Investor i.d.R. keinen
Zugriff auf das Mutterunternehmen hat und die Mitspracherechte des Kapitalgebers auf das Projekt beschränkt sind. Durch
Call-/Put-Strukturierungen ist es dem Unternehmen zusätzlich
möglich, die Kapitalgeber herauszukaufen und das Projekt wieder vollständig in das Mutterunternehmen zu integrieren. SPVKonstruktionen und Investments in VC-Fonds können somit bei
entsprechender Ausgestaltung geschickte Wege zur Erhöhung
der Innovationskraft des Unternehmens sein.
Dabei werden Art und Umfang der Risikopartnerschaft von
Kapitalgebern oft dezidiert durch Details ausgestaltet: Es wird
hier zwischen der vollen Risikopartnerschaft, der Risikoabwälzung vom Investor auf das Unternehmen (Investor mit reduziertem Risiko) und der Risikoabwälzung vom Unternehmen
auf den Investor (Investor mit erhöhtem Risiko) unterschieden. Die Art der Risikopartnerschaft wirkt einerseits auf die
risikoadäquaten Kapitalkosten, andererseits können daraus
Risiken für das Mutterunternehmen entstehen. Aufgrund der
notwendigen Exit-Regelung und gesteigerten Transparenz bei
SPV-Konstruktionen sind diese Minderheitsbeteiligungen vorzuziehen. VC-Fondsmodelle mit Kaufoption sind insbesondere
bei mehreren parallelen Innovationsvorhaben gut geeignet,
soweit die teilweise entstehende Transparenz und die preislich
nicht fixierte Call-Option für das Unternehmen akzeptabel
sind. Grenzen werden der Ausgestaltung durch den Wert des
Wachstumsprojekts gesetzt: Je höher die Werte, desto eher sind
die gewünschten Bedingungen des initiierenden Unternehmens durchsetzbar.
Zudem ist die Erfahrung der Investoren bedeutend. Je größer
die Expertise der Investoren in Bezug auf das Verständnis der
Unternehmen und Innovationsprojekte ist, desto geringere
Renditen verlangen diese. Dies gilt umso mehr, wenn sie über
viele Projekte diversifiziert sind. Dem entsprechend sind gut
funktionierende Märkte für Risikokapital mit guten, starken
Investoren ein wichtiger Faktor zur Senkung der Innovationshürden und somit ein wesentlicher Treiber, um Innovationen in
einer Volkswirtschaft einfacher finanzierbar zu machen.
Vgl. Kaltwasser, Transkript 11/2014 S. 19.
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205
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Wachstumsfinanzierung/Recht/Corporate Governance
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Dr. Ulrich Springer, München
Neue Finanzierungsformen von Innovation und
Wachstum – Wirtschaftliche Interessen und
rechtliche Hebel aus Sicht der Praxis
RA Dr. Ulrich Springer, LL.M., ist Partner bei CMS Hasche Sigle in München.
Kontakt: [email protected]
Die vertragliche Absicherung bestimmter Kerninteressen ist
vor allem für institutionelle Investoren von grundlegender
Bedeutung bei der Eigenkapitalfinanzierung des Innovationsoder Wachstumsprojekts eines Unternehmens. Wenn der damit einhergehende „Kulturwandel“ durch die bestehenden
Gesellschafter aber zumindest im Grundsatz akzeptiert wird,
kann die Eigenkapitalbeteiligung externer Investoren in aller
Regel so gestaltet werden, dass diese eine attraktive und für
alle Beteiligten vorteilhafte Finanzierungsform darstellt.
I. Einleitung
Die Eigenkapitalfinanzierung des Innovations- oder Wachstumsprojekts eines Unternehmens durch externe Investoren
bedarf einer umfassenden vertraglichen Regelung, die einen
durchaus beachtlichen Umfang und Komplexitätsgrad
erreichen kann, um den Besonderheiten des Einzelfalles
und den Interessen der Beteiligten Rechnung zu tragen. Im
Kern wird jedoch nahezu jeder Investor – gleich ob er sich
mehrheitlich oder mit Minderheit an dem Unternehmen
beteiligt – darauf bedacht sein, vor allem seine folgenden
Interessen vertraglich abzusichern:
– Schutz seines Investments und die Möglichkeit einer
nachträglichen Korrektur der diesem zugrunde gelegten
Bewertung des Unternehmens,
– Mitsprache- und Vetorechte bei wesentlichen operativen
oder strukturellen Maßnahmen (Corporate Governance)
sowie
– vor allem bei institutionellen Investoren eine spätere
Veräußerung seiner Beteiligung (Exit) und Realisierung
seiner Renditeerwartung.
Zwar kann die vertragliche Umsetzung dieser grundlegenden Investoreninteressen im Hinblick auf die Umstände des
Einzelfalls (Umfang der Beteiligung des Investors und der
übrigen Gesellschafter, Reife des Innovationsprojekts, Verhandlungsposition des Unternehmers etc.) eine durchaus
unterschiedliche Ausprägung haben, insbesondere dann,
wenn der Investor mit seiner Beteiligung überwiegend strategische Interessen verfolgt. Vor allem aber institutionelle
Investoren, die sich an dem Unternehmen über einen Fonds
beteiligen, an dem wiederum weitere (mittelbare) Investoren beteiligt sind, können jedoch meist nicht gänzlich auf
diese Kerninteressen und eine Vereinbarung der im Markt
üblichen vertraglichen Hebel und Mechanismen zu deren
Absicherung verzichten. Dessen sollte sich ein Unternehmer
bewusst sein, wenn er die Beteiligung eines institutionellen
Investors in Betracht zieht.
206
II. Schutz des Investments und nachträgliche
Bewertungskorrektur
1. Tranchierung
Grundlage der Beteiligung eines jeden Investors ist die zwischen den Parteien vereinbarte Bewertung des zu finanzierenden Projekts vor Zufluss der neuen Finanzmittel (sog. Pre
Money-Bewertung), durch die – abhängig von der Höhe des
Investments – die Beteiligungsquote des Investors ermittelt
wird. Wurde z.B. eine Pre Money-Bewertung von 10 Mio. €vereinbart und soll das Investment 5 Mio. € betragen, so ergibt
sich daraus eine Bewertung nach Mittelzufluss (sog. Post
Money-Bewertung) von 15 Mio. € und eine Beteiligungsquote
des Investors von rd. 33,3% (Investment / Post Money-Bewertung = rd. 1/3).
Diese einfache Grundmechanik, die von einer von einer fest
vereinbarten Bewertung ausgeht, eignet sich aus Sicht eines
Investors jedoch meist nicht bei der u.U. hochriskanten Finanzierung von Innovations- oder Entwicklungsprojekten, bei
denen in aller Regel weitere Projektphasen zu durchlaufen
sind, deren Erreichen (bzw. Nichterreichen) entsprechende
Auswirkungen auf den Unternehmenswert zur Folge hat. Bei
jungen Projekten oder Unternehmen wird ein vorsichtiger
Investor daher darauf bedacht sein, sein Investment unter
Berücksichtigung des jeweiligen Finanzbedarfs im Hinblick
auf die jeweils erreichten Projektstufen (sog. Meilensteine) entsprechend zu tranchieren, um sein Ausfallrisiko zu reduzieren
und seine Beteiligungsquote dem erreichten Unternehmenswert anzupassen. Hierzu wird meist festgelegt, dass die jeweils
nächste Investmenttranche in der vorab vereinbarten Höhe
erst und nur dann geleistet wird, wenn der entsprechende
Meilenstein erreicht wurde.
Aber auch aus Sicht des Unternehmers kann eine Tranchierung des Investments auf Grundlage einer entsprechend angepassten Unternehmensbewertung Chancen bieten, die er bei
der Verhandlung der Beteiligungsverträge mit dem Investor
nutzen sollte. So kann hierdurch beispielsweise – anders als
bei einer fest vereinbarten Bewertung – einem vorzeitigen
Erreichen bzw. einer Übererfüllung von Meilensteinen durch
eine entsprechende Erhöhung der Unternehmensbewertung
Rechnung getragen werden.
Wichtig ist es dabei für alle Beteiligten, die Voraussetzungen
für das Erreichen des jeweiligen Meilensteins und die daran
geknüpfte Bewertungskorrektur in den Beteiligungsverträgen
möglichst präzise zu definieren, um spätere Streitfälle – die
sich vor allem bei unvorhergesehenen Projektentwicklungen
nicht völlig ausschließen lassen – nach Möglichkeit auf ein
Minimum zu reduzieren. Ebenso wichtig ist es, schon im Vorfeld einen geeigneten Mechanismus zur Streitbeilegung zu
vereinbaren. Beteiligungsverträge enthalten zwar meist allgemeine Regelungen, wonach Auseinandersetzungen zwischen
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den Parteien durch staatliche Gerichte bzw. ein Schiedsgericht entschieden werden sollen. Der reguläre Klageweg ist
jedoch – nicht zuletzt wegen des damit verbundenen Zeit- und
Kostenaufwands – meist nicht geeignet, um Streitigkeiten im
Hinblick auf das Erreichen von Meilensteinen, bei denen sich
in aller Regel eher Tatsachen- als Rechtsfragen stellen werden,
rasch und effizient beizulegen. Daher empfiehlt es sich meist,
Regelungen zur Benennung eines neutralen Dritten zu vereinbaren, der Streitfälle als sog. Schiedsgutachter außergerichtlich aber dennoch verbindlich für die Parteien entscheidet.
2. Garantien
Vor dem Eingehen der Beteiligung wir der Investor durch
seine Berater die rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse untersuchen lassen (sog. Due Diligence).
Auch wenn dabei keine besonderen Missstände oder Risiken
zutage treten, wird und kann der Investor es jedoch nicht
dabei belassen, zumal seine Berater bei der Due Diligence auf
die ihnen von dem Unternehmen zur Verfügung gestellten
Informationen und Unterlagen angewiesen sind und deren
Richtigkeit und Vollständigkeit der letztlich nicht abschließend beurteilen können. Ähnlich wie bei einem Unternehmenskauf wird sich der Investor daher (unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Due Diligence) im Rahmen der
Beteiligungsverträge beim Vertragsschluss zusichern lassen,
dass der Ist-Zustand des Projekts bzw. Unternehmens bei seinem Einstieg den Zusagen des Unternehmers und bestimmten Mindeststandards entspricht, die eine wesentliche Voraussetzung für die Investitionsentscheidung des Investors
bilden (sog. Garantien).
Erfahrene Investoren sind sich jedoch bewusst, dass Garantien keine allumfassende Schutzwirkung entfalten können,
und werden daher bei der Gestaltung des Garantiekatalogs
Augenmaß walten lassen und Garantien auch nur für solche
Umstände verlangen, die in den Risikobereich des Unternehmers fallen. Hierzu zählen beispielsweise Garantien im
Hinblick auf bestehende Jahresabschlüsse des Unternehmens, das Bestehen der für die geplante Geschäftsentwicklung wesentlichen gewerblichen Schutzrechte oder (unter
Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Bestimmungen)
bestimmte Zusicherungen hinsichtlich des vorhandenen
Mitarbeiterbestands. Auch hinsichtlich des dem Investor
vorgelegten Businessplans werden in aller Regel Garantien
verlangt; diese können sich jedoch fairerweise allenfalls auf
die diesem zugrunde gelegten Tatsachen und die Sorgfalt
bei der Erstellung des Plans beziehen, nicht aber auf das
Eintreten von Prognosen der Geschäftsentwicklung oder von
Unternehmensplanungen.
Ein wesentlicher Unterschied zu den Garantien bei einem
Unternehmenskauf besteht jedoch in der Rechtsfolge einer
Garantieverletzung. Denn während beim Unternehmenskauf
in diesem Fall Schadensersatz aus dem gezahlten Kaufpreis
zu zahlen ist, kommt bei einer Innovations- oder Wachstumsfinanzierung eine Schadensersatzzahlung durch den
Unternehmer zumeist schon deshalb nicht in Betracht, weil
nicht dieser sondern das Unternehmen selbst die Finanzmittel des Investors erhalten hat. Eine teilweise oder gar vollständige Rückzahlung dieser Mittel durch die Gesellschaft
scheitert dagegen in aller Regel entweder an den gesetzlichen
Kapitalerhaltungsvorschriften oder dem Umstand, dass die
Finanzmittel zwischenzeitlich für das Projekt verwendet
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Finanzierung
wurden. Meist wird daher vereinbart, im Falle einer Garantieverletzung die daraus resultierende Wertminderung des
Unternehmens durch Ausgabe neuer Gesellschaftsanteile
an den Investor zu kompensieren, durch die die Beteiligungsquote des Investors und die um die Wertminderung
reduzierte Pre Money-Bewertung rechnerisch in Einklang
gebracht wird.
3. Anti-Dilution
Institutionelle Investoren gegen Unternehmensbeteiligungen
in der Erwartung ein, dass die weitere Wertentwicklung des
Unternehmens zumindest nicht unter die vom dem Investor
beim Erwerb seiner Beteiligung zugrunde gelegte Einstiegsbewertung sinken wird.
Anders als bei etablierten Unternehmen kann sich die Pre
Money-Bewertung eines Innovations- oder Wachstumsprojekts jedoch regelmäßig nicht auf historische Kennzahlen
stützen, sondern beruht im Wesentlichen auf einer Reihe von
Annahmen und Prognosen. Ob die gefundene Bewertung
„richtig“ war und die von dem Investor erwartete Wertsteigerung eingetreten ist zeigt sich in aller Regel erst dann, wenn
externe Dritte ihrerseits eine unabhängige Bewertung des
Projekts vornehmen. Eine solche externe Bewertung erfolgt
zumeist jedoch erst dann, wenn sich im Rahmen einer weiteren Finanzierungsrunde neue Investoren an dem Projekt
beteiligen. Eine sog. „Down Round“ liegt vor, wenn bei der
weiteren Finanzierungsrunde ein Anteilspreis bezahlt wird,
der unterhalb des bei der vorherigen Finanzierungsrunde
bezahlten Preises liegt.
Insbesondere mit Minderheit beteiligte Venture Capital-Investoren verlangen in aller Regel für den Fall einer Down Round
eine nachträgliche Anpassung der Pre Money-Bewertung ihres
Investments im Hinblick auf die der Down Round zugrunde
gelegte Bewertung durch Ausgabe neuer Gesellschaftsanteile
an den Investor. Die entsprechenden Vertragsklauseln werden
in der Praxis meist als „Anti-Dilution Klauseln“ bezeichnet,
was jedoch letztlich irreführend ist, da sie keinen Verwässerungs-, sondern lediglich einen Bewertungsschutz zum
Gegenstand haben.
III. Corporate Governance
Unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung erwarten Finanzinvestoren in aller Regel nicht nur eine regelmäßige und
strukturierte Berichterstattung über die weitere Entwicklung
des von ihnen finanzierten Projekts (sog. Reporting), sondern
darüber hinaus durchaus weitreichende Mitsprache- und teilweise auch Vetorechte im Hinblick auf wesentliche operative
oder strukturelle Maßnahmen. Dies gilt beispielsweise für
die Verabschiedung der jährlichen Unternehmensplanung
bzw. des Budgets, die Besetzung und wesentliche Maßnahmen
der Geschäftsleitung und eine grundlegende Änderung der
Geschäftspolitik des Unternehmens. Auch mit Minderheit
beteiligte Investoren, die nicht über die gesetzliche Sperrminorität verfügen, werden darüber hinaus meist verlangen,
dass ihnen bei grundlegenden Gesellschafterbeschlüssen wie
beispielsweise Satzungsänderungen, Kapitalerhöhungen oder
Maßnahmen nach dem UmwG (z.B. Verschmelzung, Spaltung
oder Formwechsel des Unternehmens) ohne Rücksicht auf ihre
Beteiligungsquote ein Vetorecht eingeräumt wird, was durch
eine entsprechende Satzungsgestaltung rechtlich möglich ist.
Vor allem bei einem größeren Gesellschafterkreis wird ein
207
Finanzierung
Finanzinvestor ferner auf mindestens einem Sitz im Aufsichtsorgan des Unternehmens (Beirat bzw. Aufsichtsrat) bestehen;
falls ein solches Aufsichtsorgan noch nicht vorhanden sein
sollte (was z.B. bei einer GmbH durchaus der Fall sein kann),
wird der Investor in aller Regel verlangen, dass es durch eine
entsprechende Satzungsänderung geschaffen wird.
Vor allem die Gesellschafter etablierter mittelständischer
Unternehmen stehen solchen Sonderrechten eines externen
Investors und den damit verbundenen durchaus umfassenden Einsichts- und Einflussmöglichkeiten vielfach zurückhaltend und mit Skepsis gegenüber. Dies ist insbesondere
dann nachvollziehbar, wenn sich die Finanzierung nicht
auf das gesamte Unternehmen, sondern nur auf ein Innovations- oder Entwicklungsprojekt innerhalb des Unternehmens bezieht. Da aber andererseits vor allem institutionelle
Investoren auf die Einräumung dieser Rechte in aller Regel
nicht oder nur ein sehr eingeschränktem Umfang verzichten können, kann ein gangbarer Weg darin bestehen, das
zu finanzierende Projekt in eine speziell zu diesem Zweck
errichtete gesonderte Gesellschaft (sog. Special Purpose
Vehicle oder SPV) auszulagern1 und dadurch die Einflussmöglichkeiten des Investors auf das von ihm finanzierte
Projekt zu beschränken.
IV. Exit und Erlösverteilung
1. Exit
Anders als ein strategischer Investor kann ein Finanzinvestor
seine Unternehmensbeteiligungen nicht langfristig oder gar
dauerhaft halten, sondern muss die Möglichkeit haben, diese
mittelfristig zu veräußern (sog. Exit), um die Renditeerwartung seiner eigenen Investoren erfüllen zu können.
Um den Exit des Investors zu ermöglichen, sehen die Beteiligungsverträge in aller Regel vor, dass dieser ab einem
bestimmten Zeitpunkt den Verkauf des gesamten Unternehmens verlangen kann (sog. Drag-along). Es kann jedoch beim
Einstieg des Investors eine Vielzahl von naturgemäß noch nicht
absehbaren Gründen geben, weshalb ein späterer, durch den
Investor verlangter Unternehmensverkauf nicht mit den unter
Umständen gänzlich anderen Interessen seiner Mitgesellschafter übereinstimmt (z.B. Zeitpunkt des Verkaufs, Konditionen,
Erwerber etc.). Dem kann beispielsweise dadurch Rechnung
getragen werden, dass die Ausübung des Drag-along-Rechts des
Investors über einen gewissen Zeitraum hinweg an bestimmte,
im Beteiligungsvertrag festgelegte Voraussetzungen geknüpft
wird (z.B. Mindestbewertungen des Unternehmens, Zustimmung der Mehrheit der übrigen Gesellschafter etc.). Die meisten institutionellen Investoren müssen jedoch darauf bestehen,
spätestens nach fünf bis acht Jahren die Möglichkeit zu haben,
einen Verkauf des Unternehmens notfalls allein und ohne Einschränkungen erzwingen zu können.
Vielfach möchten Unternehmer in diesem Fall die Möglichkeit
haben, einen Komplettverkauf des Unternehmens dadurch zu
verhindern, dass sie ihrerseits die Beteiligung des zum Exit
drängenden Investors erwerben. Dies kann für den Investor
durchaus akzeptabel sein, sofern dadurch nicht sein für ihn
existentielles Drag-along-Recht faktisch konterkariert wird.
Denn ein potenzieller Erwerber wird sich in aller Regel auf den
zeit- und kostenintensiven Prozess eines Unternehmenskaufs
erst und nur dann einlassen, wenn sichergestellt ist, dass ihm
1
Vgl. Honold, CF 2015 S. 198 (205).
208
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das Zielobjekt nicht in letzter Minute „vor der Nase weggekauft“ wird. Die bloße Existenz einer stets ausübbaren oder
mit einer langen Ausübungsfrist versehenen Erwerbsoption
des Unternehmers kann daher dazu führen, dass er von dem
Kauf von vornherein Abstand nimmt. In der Praxis wurden
jedoch Vertragsmechanismen entwickelt, durch die sich eine
solche Erwerbsoption und das Drag-along-Recht des Investors
in Einklang bringen lassen, beispielsweise durch eine dem
eigentlichen Verkaufsprozess „vorgeschaltete“ Erwerbsoption,
die die Mindestpreiserwartung des Investors berücksichtigt.
Mitunter verlangen Finanzinvestoren auch, ihren Exit
dadurch realisieren zu können, dass sie unter bestimmten
Voraussetzungen einen Rückkauf ihrer Beteiligung durch das
Beteiligungsunternehmen oder die übrigen Gesellschafter
verlangen können (sog. Put Option). Im Gegenzug sind mache
Investoren auch bereit, dem Unternehmer die Möglichkeit
einzuräumen, die Investorenanteile zu einem späteren Zeitpunkt zu bestimmten Konditionen zu erwerben (sog. Call
Option). In beiden Fällen stellt sich dann allerdings die vielfach schwierige Aufgabe, die wirtschaftlichen Konditionen
für die spätere Ausübung der jeweiligen Option bereits beim
Beteiligungserwerb des Investors verbindlich zu regeln. 2
2. Erlösverteilung
Die Beteiligungsverträge von Finanzinvestoren enthalten
mitunter durchaus komplexe Regelungen zur Verteilung
des Erlöses aus einer späteren – ggf. von dem Investor über
sein Drag-along-Recht selbst verlangten – Veräußerung des
Unternehmens. Meist sollen dadurch unter Berücksichtigung
der Renditeerwartung des Investors und verschiedener ExitSzenarien (z.B. den Zeitpunkt der Veräußerung und die Höhe
des erzielten Erlöses) bestimmte Anreizwirkungen gesetzt
werden, beispielsweise durch eine Beteiligung des Managements am Exit-Erlös.
Insbesondere mit Minderheit beteiligte institutionelle Investoren müssen jedoch i.d.R. darauf bestehen, dass bei der vereinbarten Erlösverteilung durch eine sog. Liquidation Preference
sichergestellt wird, dass sie aus dem Veräußerungserlös in
jedem Falle einen Betrag in Höhe ihres Investments zurück
erhalten (sog. Downside Protection), vielfach zuzüglich einer
vorab vereinbarten Verzinsung (sog. Internal Rate of Return
oder IRR).
V. Zusammenfassung
Die Eigenkapitalbeteiligung von Finanzinvestoren kann im
Vergleich zu anderen Finanzierungsformen eine attraktive
und für alle Beteiligten vorteilhafte Möglichkeit zur Finanzierung des Innovations- oder Wachstumsprojekts eines Unternehmens darstellen. Gerade bei etablierten mittelständischen
Unternehmen, die sich möglicherweise schon seit Generationen im Familienbesitz befinden, stellt jedoch die Beteiligung
externer Investoren vielfach einen nicht ohne weiteres akzeptablen „Kulturwandel“ dar, insbesondere im Hinblick auf die
damit verbundenen Einsichts- und Mitspracherechte und
Exit-Möglichkeiten der Investoren (siehe Abschnitt III. und
IV.). Vor allem diesen Aspekten kann durch die im Beitrag von
Prof. Dr. Dirk Honold 3 im Einzelnen dargestellten „externen
Modelle“ Rechnung getragen werden.
2
3
Vgl. Honold, CF 2015 S. 198 (205).
Vgl. Honold, CF 2015 S. 198 (205).
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Finanzierung
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Wachstumsfinanzierung/Finanzierungsformen/Rechnungslegung
»CF0695977
Andrea Bardens / Dr. Holger Meurer, beide Frankfurt/M.
Wachstum aus Innovationen finanzieren – Mögliche
Auswirkungen auf die Rechnungslegung
WP/StB Andrea Bardens ist Partnerin bei PwC im Bereich Capital Markets &
Accounting Advisory Services.
WP Dr. Holger Meurer ist Senior Manager bei PwC im National Office (IFRS
Grundsatzabteilung). Die Autoren geben jeweils ihre persönliche Meinung wieder.
lagerung auf andere Gesellschaften, auf die das Unternehmen
in unterschiedlicher Form Einfluss nehmen kann.
Abb. 1: Unterschiedliche Formen der Finanzierung von Wachstum
Kontakt: [email protected]
Die verschiedenen Möglichkeiten zur Finanzierung von Wachstum aus Innovationen können sich sehr unterschiedlich auf die
Rechnungslegung auswirken. Oft können bereits minimale
Veränderungen in den vertraglichen Regelungen gravierende
Auswirkungen auf das Bilanzbild haben. Um diesen Effekt abzuschätzen, ist zum einen zu analysieren, ob die Finanzierung
ganz oder teilweise die Kriterien für Eigenkapital in den jeweiligen Rechnungslegungsstandards erfüllt. Wird die Innovation
in eine separate Gesellschaft ausgelagert, stellt sich zudem die
Frage der Konsolidierung.
I. Einleitung
Bei der Auswahl der optimalen Wachstums-Finanzierung ist
eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen. Ein wesentliches Element ist die Abbildung in der Rechnungslegung und
damit der Einfluss der gewählten Finanzierungsform auf zentrale Bilanzkennzahlen. Zu nennen sind hier beispielsweise die
Eigenkapitalquote (Verhältnis von Eigen- zu Gesamtkapital),
die Anlagenintensität (Verhältnis von Anlagevermögen zu
Gesamtvermögen) oder die diversen Renditegrößen (Verhältnis einer Ergebnis- zu einer Kapitalgröße). Unter anderem von
solchen Kennzahlen hängen unmittelbar die Außendarstellung des Unternehmens und damit mittelbar der Zugang zu
Investoren sowie die Höhe der Kapitalkosten ab. Der handelsrechtliche Jahresabschluss1 ist darüber hinaus maßgeblich für
die Ermittlung des ausschüttungsfähigen Gewinns und damit
zumindest bei Kapitalgesellschaften für die Höhe und den
Zeitpunkt möglicher Rückflüsse an die Gesellschafter.
Entscheidet sich ein Unternehmen, den Wachstumspfad zu
beschreiten, stellen sich im Kern die folgenden Fragen:
– Welche Investoren sollen wie an der Finanzierung des
Projekts beteiligt werden?
– Soll die Entwicklung neuer Produkte im Unternehmen
erfolgen oder soll sie auf eine andere Gesellschaft ausgelagert werden?
– Wenn die Entwicklung in einer anderen Gesellschaft
erfolgt – wie kann sichergestellt werden, dass das Unternehmen Zugriff auf die Entwicklungsergebnisse hat?
Im Folgenden werden verschiedene Szenarien einer Wachstumsfinanzierung beschrieben und die Auswirkungen auf die
Rechnungslegung aufgezeigt. Diskutiert werden zum einen die
Entwicklung im eigenen Unternehmen, zum anderen die Aus1
Im Folgenden bezieht sich der Begriff „handelsrechtlicher Jahresabschluss“ auf einen nach
dem Handelsgesetzbuch (HGB) aufgestellten und für Ausschüttungen maßgeblichen Einzelabschluss.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Entwicklung im
Unternehmen
Auslagerung auf Dritte
Structured
Entity
Fremdes
Unternehmen
Kann auch die Finanzierung
„ausgelagert“ werden?
Für drei Varianten stellt der Beitrag dar, welche Gestaltungsspielräume für Unternehmen bestehen und wie an bestimmten Stellschrauben „gedreht“ werden kann. Bei all dem bleibt
zu beachten, dass die Rechnungslegung letztlich ökonomische
Realitäten abbildet – führt also eine bestimmte Finanzierung
zu einem schlechten Bilanzbild, liegt das in vielen Fällen
schlicht und ergreifend daran, dass die Finanzierung auch
ökonomisch nachteilig ist.
II. Entwicklung im eigenen Unternehmen (Variante 1)
Steht ein neues Entwicklungsprojekt an, ist die zunächst naheliegende Umsetzungsalternative die Entwicklung direkt im
eigenen Unternehmen durchzuführen. Dies hat den Vorteil,
dass sämtliche Entwicklungsergebnisse über den gesamten
Entwicklungszeitraum im Unternehmen verbleiben und
Außenstehende weitgehend ausgeschlossen werden können.
Die Kehrseite der Medaille ist allerdings ein extrem hoher
Kapitalbedarf, um die laufende Entwicklung zu finanzieren.
Je nachdem, wie der Kapitalbedarf gestillt wird, reduziert die
Finanzierung durch neue Schulden die Eigenkapitalquote und
erhöht die laufende Zinslast, wodurch sich wiederum Renditekennzahlen verschlechtern.
1. Wie sieht eine optimale Finanzierung aus?
Die Effekte können abgemildert werden, wenn darauf geachtet
wird, wie unterschiedliche Finanzierungen sich in internationalen Abschlüssen nach International Financial Reporting
Standards (IFRS) bzw. im handelsrechtlichen Jahresabschluss
widerspiegeln.2 Gelingt es beispielsweise, die Finanzierung als
Eigenkapital auszuweisen, kann dies die Eigenkapitalquote
erhöhen, laufende Vergütungen stellen dann in der Regel
keinen Aufwand dar3 und führen damit nicht zu einer zusätzlichen Belastung der Renditekennzahlen.
2
3
Für einen Überblick über den Eigenkapitalbegriff in unterschiedlichen Rechtsordnungen vgl.
auch m.w.N. Meurer, Abgrenzung des bilanziellen Eigenkapitals, Hamburg 2009.
In Abschlüssen nach IFRS sind Vergütungen auf Eigenkapitaltitel unmittelbar im Eigenkapital zu
erfassen (IAS 32.35). Nach HGB sind dagegen beispielsweise Vergütungen auf Genussrechte als
Aufwand zu erfassen, auch wenn das Genussrecht selbst als Eigenkapital klassifiziert wird (vgl.
IDW HFA 1/1994).
209
Finanzierung
Die Darstellung als Eigenkapital stellt allerdings bestimmte
Anforderungen an die Gestaltung. Die Definition von Eigenkapital in IFRS ist in IAS 32, Finanzinstrumente: Ansatz und
Bewertung, festgehalten.4 Grundsätzlich führt nach IFRS jede
vertragliche Verpflichtung der Gesellschaft, derer sie sich nicht
einseitig entziehen kann, zu einer finanziellen Verbindlichkeit.
Hiervon gibt es jedoch drei zentrale Ausnahmen:
– Wenn die Gesellschafterversammlung bzw. die Hauptversammlung Zahlungen verhindern kann, stellt die Zahlung
bilanziell keine Verpflichtung dar. Unter IFRS wird die
Gesellschafterversammlung als Organ der Gesellschaft
betrachtet. Es macht also keinen Unterschied, ob das
Management oder die Gesellschafterversammlung über eine
Zahlung entscheidet. In beiden Fällen liegt Eigenkapital vor.
– Zahlungen, die erst bei Liquidation geleistet werden müssen, sind für eine Eigenkapitalklassifizierung unschädlich. Dies gilt zumindest dann, wenn die Liquidation
nicht durch einen Investor auf Grund einer vertraglichen
Vereinbarung herbeigeführt werden kann.
– Wird die Verpflichtung in einer bei Vertragsabschluss
fixierten 5 und später nicht mehr angepassten Anzahl eigener Anteile (z.B. Aktien) erfüllt, liegt Eigenkapital vor.
Was heißt das konkret? Eine Kapitalerhöhung in Form der
Ausgabe neuer Anteile – z.B. Aktien – führt nach IFRS in der
Regel zu Eigenkapital. Vorsicht ist lediglich dann geboten, wenn
die Anteile Kündigungsrechte enthalten. Kündigungsrechte
sind beispielsweise regelmäßig in Anteilen an Personenhandelsgesellschaften (Kommanditanteile, Anteile an einer OHG)
enthalten, können aber auch im Gesellschaftsvertrag einer
GmbH vereinbart werden. Solche sog. „kündbaren Anteile“
können auch nach IFRS Eigenkapital darstellen, allerdings
sind dann zusätzliche Voraussetzungen zu erfüllen.6 Kündbare
Anteile nicht-beherrschender Gesellschafter stellen im Konzernabschluss immer Fremdkapital dar (IAS 32.AG29A).
Bankdarlehen, Anleihen oder ähnliche Instrumente
(z.B. Genussrechte, Mezzaninekapital etc.) 7 sind nach IFRS
zumeist als Fremdkapital abzubilden. Dabei ist unerheblich,
welchen Rang die Instrumente bei Liquidation haben, ob sie
gewinnabhängig oder fix vergütet werden oder über welchen
Zeitraum sie dem Unternehmen zur Verfügung stehen. Die
bloße Tatsache, dass die Gläubiger einen Zahlungsanspruch
besitzen, den die Gesellschaft nicht zurückweisen kann,
genügt für eine Klassifizierung als Verbindlichkeit. Selbst das
Verknüpfen von Zahlungen an den Investor direkt mit dem
Erfolg des Entwicklungsprojekts führt nach IFRS in der Regel
nicht dazu, dass die Finanzierung Eigenkapital darstellt.
Um trotz restriktiver Vorgaben auf schuldrechtlicher Basis
Eigenkapital nach IFRS zu erreichen, werden in der Praxis häufig sog. Perpetual Bonds eingesetzt. Wie der Name bereits sagt,
haben Perpetual Bonds eine unendliche Laufzeit bzw. können
ausschließlich vom Emittenten gekündigt werden. Zinszahlungen sind nur fällig, wenn die Gesellschaft auch Dividenden
zahlt. Aus Sicht der IFRS stellen diese Instrumente Eigenka4
5
6
7
Für eine ausführliche Diskussion der Eigenkapitalkriterien nach IFRS vgl. z.B. IDW RS HFA 45.
Sofern der Vertrag eine Fixierung zu einem späteren Zeitpunkt vorsieht, ist unter bestimmten
Voraussetzungen eine Umgliederung denkbar.
IAS 32.16A und .16B. Gleiches gilt, wenn die Liquidation der Gesellschaft feststeht oder durch
den Investor herbeigeführt werden kann (IAS 32.16C und .16D).
Vgl. für verschiedene Formen der Mittelstandsfinanzierung auch „Wechselhafte Dekade – Die
Trends in der strukturierten Finanzierung“, Sonderbeilage zur 10. Structured Finance, Oktober/
November 2014.
210
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pital dar, da die Gesellschaft theoretisch nicht gezwungen ist,
Dividenden auszuschütten, und damit formal eine Zahlung
vermeiden kann. Da es der Gesellschaft faktisch allerdings
unmöglich sein wird, Dividenden dauerhaft zu verweigern, hat
der Investor ökonomisch einen Zahlungsstrom, der mit dem
aus einer Anleihe vergleichbar ist. Der faktische Zwang ist für
die Beurteilung nach IFRS wiederum unerheblich.
Wandelanleihen, d.h. Anleihen, die dem Investor die Wahl
zwischen einer Rückzahlung und einer Tilgung in einer zuvor
fixierten Anzahl eigener Anteile des Emittenten lassen, werden
nach IFRS in eine Eigenkapitalkomponente (Wandlungsrecht)
und eine Fremdkapitalkomponente aufgeteilt. Zunehmender
Beliebtheit erfreuen sich in jüngster Zeit Pflichtwandelanleihen (Mandatorily Convertible Bonds). 8 Im Unterschied zu
typischen Wandelanleihen erfolgt die Tilgung bei dieser Form
von Instrumenten zwingend in einer zuvor fixierten Anzahl
eigener Anteile des Emittenten. Während Pflichtwandelanleihen in ihrer Grundform (vorbehaltlich möglicher Zinszahlungsverpflichtungen) als Eigenkapital zu klassifizieren sind,
können bereits geringfügige Abweichungen zum Entstehen
einer finanziellen Verbindlichkeit führen.9
Handelsrechtlich ist in erster Linie danach zu unterscheiden,
ob Kapital auf gesellschaftsrechtlicher oder auf schuldrechtlicher Basis überlassen wird, darüber hinaus ggf., ob es sich
bei dem bilanzierenden Unternehmen um eine Personenhandelsgesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft handelt. Wird
auf gesellschaftsrechtlicher Basis einer Personenhandelsgesellschaft Kapital überlassen, gilt es als Eigenkapital,
wenn es als Verlustdeckungspotenzial zur Verfügung steht.
Hierzu ist es erforderlich, dass zum einen künftige Verluste
der Gesellschaft mit diesen Mitteln bis zur vollen Höhe zu
verrechnen sind und zum anderen Ansprüche in der Insolvenz
entweder nicht oder erst nach den Ansprüchen aller Gesellschaftsgläubiger geltend gemacht werden können.10 Wird es
auf gesellschaftsrechtlicher Basis einer Kapitalgesellschaft
überlassen, erfolgt stets eine Klassifizierung der überlassenen
Mittel als Eigenkapital.
Wird Kapital auf schuldrechtlicher Basis (z.B. in Form von
Genussrechten, stillen Beteiligungen oder Schuldverschreibungen) überlassen, kommt es nicht auf die Rechtsform an.
Stattdessen muss bilanzielles Eigenkapital die folgenden Kriterien erfüllen:11
– Nachrangigkeit: Im Insolvenz-/Liquidationsfall kann ein
Rückzahlungsanspruch der Gläubiger erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger, deren Kapitalüberlassung
nicht als Eigenkapital klassifiziert wird, geltend gemacht
werden.
– Erfolgsabhängigkeit der Vergütung: Die Vergütung (z.B.
Zins) muss unter der Bedingung stehen, dass sie nur aus
Eigenkapitalbestandteilen geleistet werden kann, die
vom Gesetzgeber nicht gegen Ausschüttungen besonders
geschützt sind.
– Verlustbeteiligung: Das überlassene Kapital nimmt vor
den besonders geschützten Eigenkapitalbestandteilen an
Verlusten bis zur vollen Höhe teil. Die Verlustteilnahme
muss spätestens im Zeitpunkt der Rückzahlung erfolgen.
8
9
10
11
Vgl. Bardens, Pflichtwandelanleihen als Eigen- oder Fremdkapital, Börsenzeitung vom
08.07.2014, S. 8.
Vgl. m.w.N. Fladt/Bardens/Meurer, PiR 2013 S. 218ff.
Vgl. im Detail IDW RS HFA 7.
Vgl. im Detail IDW St HFA 1/1994.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Finanzierung
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– Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung: Kapital muss
für einen längerfristigen Zeitraum überlassen werden,
während dem eine Rückzahlung ausgeschlossen ist. In
der Literatur wird ein Zeitraum von mindestens fünf bis
sieben Jahren gefordert.
Vergleichbar den internationalen Standards ist eine Wandelanleihe auch im handelsrechtlichen Jahresabschluss grundsätzlich in eine Verbindlichkeitskomponente und eine im Eigenkapital auszuweisende Eigenkapitalkomponente aufzuteilen
(§ 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB). Im Unterschied zu den Regelungen
nach IFRS ist es allerdings unerheblich, ob die Anzahl der bei
Wandlung zu liefernden Anteile fixiert oder variabel ist.12
Es fällt auf, dass die Regeln zur Unterscheidung von Eigen- und
Fremdkapital nach HGB und IFRS zum Teil deutlich voneinander abweichen. Es ist daher keinesfalls ungewöhnlich, dass
Finanzierungen im handelsrechtlichen Jahresabschluss als
Eigenkapital auszuweisen sind, während sie nach IFRS Fremdkapital darstellen und umgekehrt. So wäre beispielsweise der
oben beschriebene Perpetual Bond nach HGB als Fremdkapital auszuweisen, wenn die laufende Vergütung auch auf die
besonders gegen Ausschüttungen geschützten Eigenkapitalbestandteile zurückgreifen kann oder – wie üblich – es an einer
Verlustbeteiligung der Investoren fehlt. Bei der Wahl einer
optimalen Finanzierungsstruktur ist daher sehr genau darauf
zu achten, ob der handelsrechtliche Jahresabschluss oder ein
internationaler Abschluss im Fokus der Stakeholder steht.
Darüber hinaus sollte nicht vergessen werden, dass die Klassifizierung als Eigen- oder als Fremdkapital nicht zwangsläufig
auch eine entsprechende Behandlung in der Steuerbilanz nach
sich zieht. Das Ziel der Strukturierung ist es daher häufig,
ein Finanzinstrument zu konstruieren, das handelsrechtlich
bzw. nach IFRS als Eigenkapital klassifiziert werden kann,
steuerlich aber trotzdem zum Abzug von Betriebsausgaben
berechtigt – die „eierlegende Wollmilchsau“ also.
2. Aktivierung von Forschungs- und Entwicklungskosten
Wird die Entwicklung im eigenen Unternehmen durchgeführt,
belasten die laufenden Forschungs- bzw. Entwicklungsaufwendungen zunächst das operative Ergebnis. Sowohl nach HGB als
auch nach IFRS gilt der Grundsatz, dass Aufwendungen für
Forschung und Entwicklung grundsätzlich in der Periode in
der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen sind, in der sie
anfallen. Lediglich wenn die Entwicklungskosten aktiviert
werden dürfen oder müssen, wird dieser Effekt zumindest
teilweise kompensiert. Dies verbessert c.p. Renditekennzahlen
sowie die Eigenkapitalquote, kann allerdings, je nach Abgrenzung, auch die Anlagenintensität erhöhen.
Nach IFRS sind Entwicklungskosten ab dem Zeitpunkt zu
aktivieren, ab dem die folgenden Kriterien vollständig erfüllt
sind (IAS 38.57):
– Technische Realisierbarkeit
– Fertigstellungabsicht
– Möglichkeit der Nutzung/des Verkaufs
– Künftiger wirtschaftlicher Nutzen
– Verfügbarkeit aller Ressourcen
– Verlässliche Ausgabenschätzung
Unter die aktivierungspflichtigen Entwicklungskosten können
auch Fremdkapitalkosten fallen, sofern für die Entwicklung ein
12
Zur handelsrechtlichen Bilanzierung von Wandelanleihen inkl. Pflichtwandelanleihen vgl.
Gelhausen/Rimmelspacher, AG 2006 S. 729 (745).
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
beträchtlicher Zeitraum erforderlich ist und die Kosten direkt
dem Entwicklungsprojekt zugeordnet werden können (IAS 38.66).
Abzugrenzen von Entwicklungskosten sind Forschungskosten,
z.B. allgemeine Grundlagenforschung, die nicht auf ein konkretes Produkt gerichtet ist. Forschungskosten sind bei Entstehung
unmittelbar als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung zu
erfassen und unter keinen Umständen zu aktivieren (IAS 38.54).
Wo allerdings genau die Grenze zwischen Forschung und Entwicklung liegt, ist naturgemäß oft nur sehr schwer zu beantworten.
Handelsrechtlich besteht für Entwicklungskosten eines
selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands
des Anlagevermögens ein Aktivierungswahlrecht (§ 248 Abs. 2
Satz 1 HGB), sofern es sich um ein einzelverwertbares Gut
handelt, die Entstehung des angestrebten immateriellen Vermögensgegenstands als hochwahrscheinlich anzusehen ist
und dem Ansatz kein Aktivierungsverbot nach § 248 Abs. 2
Satz 2 HGB entgegensteht. Zur Beurteilung, ob der Entwicklungserfolg als „hochwahrscheinlich“ anzusehen ist, können
die oben dargestellten Kriterien des IAS 38 als Indikatoren
herangezogen werden. Ebenso wie nach IFRS ist auch für den
handelsrechtlichen Jahresabschluss die Aktivierung von Forschungskosten explizit ausgeschlossen (§ 255 Abs. 2 Satz 4
HGB). Für auf den Entwicklungszeitraum entfallende Fremdkapitalzinsen besteht nach HGB ein Aktivierungswahlrecht.
Zu beachten ist, dass aktivierte Entwicklungskosten sowohl
nach HGB als auch nach IFRS ab dem Zeitpunkt der Nutzbarkeit abgeschrieben werden müssen. Die aufwandswirksame
Erfassung wird damit letztlich nur auf einen Zeitraum verschoben, während dessen das entwickelte Produkt – nach den
Erwartungen – auch entsprechende Erträge generiert.
3. Und im Fall eines Misserfolgs?
Scheitert das Entwicklungsprojekt, bedeutet dies, neben enttäuschten Erwartungen, dass bereits aktivierte Entwicklungskosten ergebniswirksam erfasst werden müssen. Und während
das Asset sich für die Gesellschaft quasi „aufgelöst“ hat, bleibt
die belastende Finanzierung zunächst bestehen, denn dort hat
das Scheitern zunächst keine Auswirkungen, d.h. eine vereinbarte laufende Verzinsung belastet weiterhin das Ergebnis.
Lediglich in den Fällen, in denen es dem Unternehmen gelungen
ist, eine Verknüpfung zwischen dem Erfolg des Entwicklungsprojekts und der Verzinsung bzw. Rückzahlung der Finanzierung
herzustellen, können sich im Einzelfall kompensierende Effekte
einstellen. Da die IFRS bei erfolgsabhängigen Vergütungen eine
Buchwertanpassung vorsehen, sofern sich die erwarteten künftigen Zahlungen verändern (IAS 39.AG8), kann sich hier im Idealfall
durch die Reduzierung der Verpflichtung sogar ein ergebniserhöhender Einmaleffekt in der Periode des Scheiterns ergeben.13
III. Entwicklung in einer Zweckgesellschaft bzw. einer
Structured Entity (Variante 2)
Die Auslagerung der Entwicklung in eine Zweckgesellschaft
bzw. eine Structured Entity 14 kann aus unterschiedlichen
Motiven erfolgen. Eine Zielsetzung kann sein, dass das
13
14
Nach HGB sind Verbindlichkeiten, ungeachtet evtl. erfolgsabhängiger Vergütungen, zum Erfüllungsbetrag zu passivieren (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Sowohl der Begriff“Zweckgesellschaft”als auch der Begriff“Structured Entity”beschreibt Gesellschaften, die für einen konkreten Zweck strukturiert wurden und bei denen Kontrolle nicht auf
klassischem Wege durch Stimmrechtsmehrheiten ausgeübt wird. Da sich die Begriffe allerdings
im Detail unterschieden, wird im Folgenden im Zusammenhang mit IFRS von “Structured Entity“, im Kontext handelsrechtlicher Überlegungen von„Zweckgesellschaft“ gesprochen.
211
Finanzierung
Entwicklungsprojekt so wenige Auswirkungen wie möglich
auf den Abschluss haben, und nach Möglichkeit lediglich
in Form einer Beteiligung an der Entwicklungsgesellschaft
auftauchen soll (Off Balance-Finanzierung). In diesem Fall
sind insbesondere zwei Punkte bilanziell von entscheidender
Bedeutung. Zunächst ist zu prüfen, ob die Zweckgesellschaft
als Tochterunternehmen vollkonsolidiert werden muss. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Gesellschaft
in der Lage ist, sich zu refinanzieren, ohne dass das Unternehmen selbst durch Gesellschafterdarlehen oder Garantien
eingreifen muss.
Über die Verfolgung des Ziels einer Off Balance-Finanzierung
hinaus werden Zweckgesellschaften häufig auch als Instrument eingesetzt, um Dritten die Möglichkeit zu geben, sich
an den Chancen- und Risiken eines rechtlich ausgelagerten
Entwicklungsprojekts zu beteiligen, ohne dass sie Einfluss auf
oder Einblick in den Rest des Unternehmens erhalten sollen.
So beschränken sich bei einer Beteiligung an einer Zweckgesellschaft bzw. einer Structured Entity die übertragenen
Risiken (aber natürlich auch die Chancen) regelmäßig auf die
des konkreten, inhaltlich abgesteckten Entwicklungsprojekts.
Eine Vermischung mit allgemeinen Unternehmensrisiken
unterbleibt.
1. Konsolidierung von Zweckgesellschaften bzw. Structured
Entities
Die Konsolidierung einer Zweckgesellschaft bzw. einer
Structured Entity hängt einfach formuliert davon ab, wieviel Einfluss das Unternehmen auf das Entwicklungsprojekt
behalten möchte, bzw. welche Rechte man bereit ist, Dritten
zu gewähren. Bei Strukturierungen ist dies häufig der Punkt,
an dem das bilanzielle Ziel einer Off Balance-Finanzierung
und das ökonomische Ziel, das Entwicklungsprojekt nicht
aus der Hand zu geben, in einen offenen Konflikt zueinander
treten. Es ist in diesem Fall eine Managemententscheidung,
die unterschiedlichen Ziele gegeneinander abzuwägen, und im
Idealfall ein Modell zu entwickeln, das hinreichende Einflussmöglichkeiten auf die Zweckgesellschaft bzw. die Structured
Entity belässt, ohne dass dies gleich zu einer Konsolidierung
führt.
Nach IFRS beherrscht ein Investor ein Beteiligungsunternehmen, wenn er aufgrund bestehender Rechtspositionen
die Möglichkeit hat, gegenwärtig die Tätigkeiten des Beteiligungsunternehmens zu lenken, die wesentlichen Einfluss
auf die wirtschaftlichen Erfolge haben, und er hierdurch an
dem Investment in Form von positiven und/oder negativen
wirtschaftlichen Erfolgen partizipiert (IFRS 10.6). Es müssen
somit drei Kriterien erfüllt sein:
– Verfügungsgewalt (Power over the investee): Um
Verfügungsgewalt zu besitzen, muss ein Investor bestehende Rechte innehaben, die ihm die gegenwärtige
Möglichkeit geben, die maßgeblichen Tätigkeiten zu
bestimmen, die die wirtschaftlichen Erfolge beeinflussen. Bezogen auf eine Entwicklungsgesellschaft handelt
es sich hierbei insbesondere um die Entscheidung über
die Durchführung der Entwicklung sowie die spätere
Nutzung des fertigen Produkts.15 Darüber hinaus ist zu
berücksichtigen, wer die Entscheidungen über die (laufende) Finanzierung der Entwicklungsgesellschaft trifft.
15
Vgl. z.B. PwC (Hrsg.), Manual of Accounting 2015, Tz. 24.46.1.
212
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Für die Beurteilung ist es nicht erforderlich, dass die
Rechte bereits ausgeübt wurden. Vielmehr ist die bloße
Möglichkeit, die Rechte auszuüben, als hinreichend
anzusehen. Verfügungsgewalt kann im ersten Schritt
durch bestehende Stimmrechte begründet werden.
Darüber hinaus können aber auch andere Vereinbarungen den beteiligten Parteien Einfluss gewähren. In der
Praxis sind hier oft sehr komplexe Strukturen zu beobachten, die jeweils im Einzelfall zu betrachten sind. 16
Haben verschiedene Investoren die Möglichkeit, unterschiedliche maßgebliche Tätigkeiten zu bestimmen, hat
der Investor Verfügungsgewalt, der die relevanteren
maßgeblichen Tätigkeiten bestimmt.
– Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg (Returns):
Das Vorliegen von Kontrolle setzt variable Rückflüsse,
deren Höhe vom Erfolg des Beteiligungsunternehmen
abhängig ist, voraus. Die Rückflüsse können dabei entweder sowohl positiv als auch negativ oder ausschließlich
positiv bzw. ausschließlich negativ sein. Der Begriff „Variabilität” ist dabei weit auszulegen. So gelten sowohl Synergien (z.B. Zugang zu Know-how; Kosteneinsparungen)
als auch direkte wirtschaftliche Erfolge (z.B. Dividenden,
Änderungen des beizulegenden Zeitwerts der Beteiligung)
als variable wirtschaftliche Erfolge.
– Verknüpfung von Verfügungsgewalt und variablen
wirtschaftlichen Erfolgen: Schließlich liegt Kontrolle
nur dann vor, wenn die beiden ersten Kriterien – Verfügungsgewalt und Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg
– miteinander verknüpft sind, d.h. der Investor die Möglichkeit hat, seine Verfügungsgewalt zu nutzen, um die
Höhe der ihm zufließenden wirtschaftlichen Erfolge zu
beeinflussen. Besonderes Augenmerk ist an dieser Stelle
darauf zu legen, ob die Partei, der die Verfügungsgewalt
zuzurechnen ist, unter Umständen lediglich als Agent für
einen Dritten handelt.
Diese Regelungen gelten auch für sog. Structured Entities.17
Da bei Structured Entities Stimmrechte oder ähnliche Rechte
allerdings nicht entscheidend für eine Beherrschung sind,18
und darüber hinaus in vielen Fällen nach Gründung der
Gesellschaft nur noch wenige operative Entscheidungen zu
treffen sind, ist die konkrete Anwendung der allgemeinen Vorschriften eine besondere Herausforderung. Insbesondere ist
zu analysieren, für welchen Zweck die Gesellschaft aufgesetzt
wurde, und welche Entscheidungen im Unternehmen noch
zu treffen sind. Das Aufsetzen der Structured Entity selber
stellt keine relevante Aktivität dar und ist daher für die Konsolidierungsentscheidung unerheblich. Theoretisch ist damit
denkbar, dass eine Structured Entity nach ihrer Gründung
über keine relevanten Aktivitäten verfügt, so dass sie von
keiner der beteiligten Parteien kontrolliert wird. Eine solche
Konstellation dürfte allerdings in der Praxis die Ausnahme
darstellen.19
16
17
18
19
Zu berücksichtigen ist beispielsweise, ob die Gesellschaft auf Grund der Finanzierungsstruktur,
bestimmten Liefer- oder Dienstleistungsverträgen oder ähnlichen Vereinbarungen ökonomisch
vom Investor abhängig ist oder ob die Tätigkeiten der Gesellschaft primär zu Gunsten des Investors erfolgen (vgl. PwC (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15),Tz. 24.64). Eine solche“Special Relationship“ ist allerdings alleine nicht hinreichend für das Vorliegen von Verfügungsgewalt (vgl. ebd., Tz. 24.66).
Vgl. PwC (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15), Tz. 24.171.
Structured Entities werden in IFRS 12 Appendix A als Unternehmen definiert, die so konzipiert
sind, dass Stimmrechte oder vergleichbare Rechte nicht der dominierende Faktor sind, wenn es
darum geht festzulegen, wer das Unternehmen beherrscht.
Vgl. PwC (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15), Tz. 24.179.
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Beherrschung – und damit die Pflicht zur Konsolidierung –
liegt nach HGB20 zunächst dann vor, wenn das Unternehmen
– die Mehrheit der Stimmrechte an der Entwicklungsgesellschaft besitzt (§ 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB),
– das Recht besitzt, die Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans der Entwicklungsgesellschaft
mehrheitlich zu bestellen oder abzuberufen (§ 290 Abs. 2
Nr. 2 HGB) oder
– die Finanz- und Geschäftspolitik der Entwicklungsgesellschaft durch einen Beherrschungsvertrag oder auf Grund
der Satzung der Gesellschaft bestimmen kann (§ 290
Abs. 2 Nr. 3 HGB).
Darüber hinaus sind gemäß § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB Zweckgesellschaften auch dann zu konsolidieren, wenn das Mutterunternehmen bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit
der Risiken und Chancen aus der Geschäftstätigkeit der
Zweckgesellschaft trägt. Es liegen somit zwei Voraussetzungen vor, die kumulativ21 zu erfüllen sind:
– Zweckgesellschaft: Kennzeichen einer Zweckgesellschaft ist, dass sie einem eng begrenzten und genau
definiertem Ziel des Mutterunternehmens dient. Die
unternehmerischen Aktivitäten sind im Regelfall sehr
stark eingeschränkt, so dass während des Bestehens
der Gesellschaft zumeist keine wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen mehr erforderlich sind. Das
Vorliegen eines sog. „Autopilotmechanismus“ ist ein typisches Merkmal einer Zweckgesellschaft, allerdings keine
notwendige Bedingung. Wichtig für die Klassifizierung
als Zweckgesellschaft ist, dass die Tätigkeit den Interessen
des Mutterunternehmens Rechnung trägt. 22 Bezogen auf
eine Entwicklungsgesellschaft wäre entsprechend zu fordern, dass das Mutterunternehmen die Entwicklungsergebnisse – auf welche Art und Weise auch immer – nutzen
kann.
– Mehrheit der Risiken und Chancen: Zur Beurteilung,
welche der beteiligten Parteien die Mehrheit der Risiken
und Chancen trägt, ist in einem ersten Schritt die Gesamtheit der Risiken und Chancen zu bestimmen, um diese
dann in einem zweiten Schritt zu bewerten und zu gewichten. Für die Beurteilung ist es unerheblich, ob die Risiken
und Chancen aus gesellschafts- bzw. schuldrechtlichen
Vereinbarungen resultieren oder sich lediglich aus den
faktischen Verhältnissen ergeben. 23 Beispiele für Risiken
sind der Verlust von (Kapital-) Einlagen, der Ausfall von
Darlehen, die Inanspruchnahme aus Bürgschaften oder
Patronatserklärungen. Chancen können sich z.B. aus einer
Beteiligung am Gewinn oder am Liquidationsvermögen
oder aus der Teilhabe an Wertsteigerungen ergeben. Bei
einer Entwicklungsgesellschaft hat darüber hinaus die
Möglichkeit zur Nutzung der Entwicklungsergebnisse
eine erhebliche Bedeutung.
Führt die Strukturierung zu einer Konsolidierung der Zweckgesellschaft bzw. der Structured Entity, entspricht das in
Abb. 2 dargestellte Bilanzbild letztlich dem, das sich auch
bei einer Entwicklung im eigenen Unternehmen (Variante 1)
ergeben hätte. Der einzige Unterschied ist, dass in Höhe der
Beteiligung der fremden Gesellschafter Minderheitenanteile
auszuweisen sind. Die Abbildung unterstellt, dass sämtliche
aufgenommenen Mittel investiert wurden. Andernfalls wären
auf der Aktivseite die noch verbleibenden liquiden Mittel auszuweisen.
20
24
21
22
23
Für eine weitere Auslegung von § 290 HGB vgl. Deutscher Rechnungslegungs Standard Nr. 19
(DRS 19) – Pflicht zur Konzernrechnungslegung und Abgrenzung des Konsolidierungskreises.
Im Regelfall ist allerdings davon auszugehen, dass das Kriterium „Mehrheit der Risiken und
Chancen“ den Aussachlag geben wird (vgl. m.w.N. Winkeljohann/Deubert, Der Konzern 2014
S. 94).
Vgl. Winkeljohann/Deubert, Der Konzern 2014 S. 95.
Vgl. Winkeljohann/Deubert, Der Konzern 2014 S. 95 (96).
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Abb. 2: Konsolidierung der Zweckgesellschaft bzw. Structured Entity
Bilanz
Immaterielle
Vermögenswerte
Minderheiten
Finanzierung
(Eigen- oder
Fremdkapital)
Gewinn- und Verlustrechnung
Nichtaktivierungsfähiger
Aufwand
Folgebewertung des
immateriellen
VW
Zinsaufwand
2. Finanzierung der Zweckgesellschaft bzw. einer
Structured Entity
Auch bei Zwischenschaltung einer Zweckgesellschaft bzw.
einer Structured Entity besteht das Grundproblem, Kapital
zur Finanzierung des Entwicklungsprojekts beschaffen zu
müssen, weiterhin. Durch die Zweckgesellschaften werden
allerdings neue Möglichkeiten der Finanzierung geschaffen.
Insbesondere besteht jetzt die Möglichkeit, das erforderliche
Kapital nicht selbst am Markt zu beschaffen (und dann an die
Zweckgesellschaft weiterzugeben), sondern stattdessen die
Finanzierung auf die Zweckgesellschaft bzw. die Structured
Entity auszulagern. Unter der Annahme, dass die Entwicklungsgesellschaft nicht zu konsolidieren ist, taucht dann die
Projektfinanzierung im Abschluss des Unternehmens nicht
auf, mit der Folge, dass sich sowohl Bilanzkennzahlen (wie
beispielsweise die Eigenkapitalquote) als auch Renditekennzahlen deutlich verbessern.
Bei einer Auslagerung der Finanzierung auf die Zweckgesellschaft bzw. die Structured Entity ist allerdings zu berücksichtigen, dass Investoren häufig Garantien, Bürgschaften,
Patronatserklärungen oder ähnliche Absicherungen von den
anderen beteiligten Parteien verlangen. Die IFRS sehen vor, dass
für Finanzgarantien24 im Zugangszeitpunkt eine finanzielle Verbindlichkeit in Höhe des beizulegenden Zeitwerts anzusetzen ist,
in Folgeperioden ist die Verbindlichkeit mit dem höheren Wert
aus Zugangswert (ggf. gemindert um einen erfolgswirksam vereinnahmten Teil der Prämie) und der erwarteten Auszahlung25
zu bewerten (IAS 39.47(c)). Nach HGB ist für derartige Verpflichtungen erst bei drohender Inanspruchnahme eine Rückstellung
zu bilden. Bereits vorher sind die Garantien allerdings unter
Umständen als Haftungsverhältnisse unter der Bilanz oder im
Anhang anzugeben (§§ 251, 268 Abs. 7 HGB).
25
Unter den Begriff “Finanzgarantie” fassen die IFRS jede Vereinbarung, die ein Unternehmen
verpflichten, eine andere Partei zu entschädigen, wenn ein Dritter Zahlungen aus einem Schuldinstrument nicht leisten kann (IAS 39.9). Dabei ist irrelevant, in welcher rechtlichen Form die
Garantie begeben wurde bzw. welche Bezeichnung hierfür gewählt wurde.
Die erwartete Auszahlung bemisst sich nach den Regelungen des IAS 37 für Rückstellungen; auf
Grund der besonderen Ansatz- und Bewertungsvorschriften wird dieser Wert regelmäßig vom
beizulegenden Zeitwert abweichen (vgl. IAS 37, Appendix C, Beispiel 9).
213
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IV. Entwicklung durch einen Dritten (Variante 3)
Die in Gliederungspunkt III dargestellten Varianten haben
trotz der vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten alle
gemeinsam, dass das Unternehmen bereits mit Beginn der
Entwicklungsphase an der Entwicklungsgesellschaft beteiligt ist. Soll diese enge Verknüpfung vermieden werden, bietet es sich an, lediglich eine Kaufoption am entwickelnden
Unternehmen zu erwerben, so dass die Entscheidung über
eine tatsächliche Beteiligung erst dann getroffen werden
muss, wenn der Erfolg des Projekts absehbar ist. In der Ausgestaltung der Kaufoption spiegelt sich in diesem Modell
die Risikoverteilung zwischen dem Unternehmen und den
Anteilseignern (häufig die Entwickler selbst) wider. Wird
ein niedriger Ausübungspreis festgelegt, erhöht sich c.p. die
zu zahlende Optionsprämie und damit der mögliche Verlust
bei Misserfolg. Wird der Ausübungspreis dagegen sehr hoch
festgelegt, reduziert sich die Prämie, das Unternehmen muss
allerdings im Erfolgsfall noch einmal einen signifikanten
Preis für die Gesellschaft zahlen.
Von diesem Grundmodell gibt es zahlreiche Abweichungen.
Denkbar wäre beispielsweise, dass das Unternehmen der Entwicklungsgesellschaft zusätzlich Kapital auf schuldrechtlicher
Basis überlässt. Nicht selten werden auch Venture CapitalGesellschaften an derartigen Modellen beteiligt, wie in Abb. 3
dargestellt.
Abb. 3: Venture Capital-Modell
u.U. Beteiligung auf gesellschaftsoder schuldrechtlicher Basis
Unternehmen A
Option auf 95% der Anteile an B
Unternehmen B
Venture CapitalGesellschaft
100%
Softwareentwicklung
Finanzierung
Darlehen
1. Pflicht zur Konsolidierung?
Die Tatsache, dass an der Entwicklungsgesellschaft zunächst
keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung besteht, bedeutet
nicht, dass sich die oben bereits diskutierte Frage der Konsolidierung hier nicht stellen würde.
So können nach IFRS auch sog. Potential Voting Rights Verfügungsgewalt über ein anderes Unternehmen begründen
und damit – sofern die beiden anderen Kriterien ebenfalls
erfüllt sind – Kontrolle (IFRS 10.B47). Bei potenziellen
Stimmrechten handelt es sich um Stimmrechte, die das
Unternehmen am Bilanzstichtag zwar noch nicht besitzt, die
es aber, durch die Ausübung beispielsweise einer Kaufoption
oder des Wandlungsrechts einer Wandelanleihe, erwerben
kann.
Die Berücksichtigung von potenziellen Stimmrechten ist an
zwei Voraussetzungen geknüpft: Zum einen muss die Option
am Bilanzstichtag ausübbar sein. Zum anderen muss die
Option Substanz besitzen, d.h. es muss eine hinreichende
Erwartung geben, dass eine Ausübung erfolgt. Übersteigt
beispielsweise der Ausübungspreis der Option deutlich den
aktuellen Wert der Anteile, d.h. ist die Option aus dem Geld,
und ist nicht zu erwarten, dass sich die Verhältnisse während des Ausübungszeitraums der Option ändern, kann in
214
der Regel davon ausgegangen werden, dass die Option keine
Substanz besitzt.26 Neben dem Ausübungspreis der Option sind
jedoch auch andere Faktoren in die Analyse einzubeziehen.
Muss Unternehmen A beispielsweise damit rechnen, dass bei
Ausübung der Option die wesentlichen für die Produktentwicklung bei der Entwicklungsgesellschaft verantwortlichen
Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, und damit das technische Know-how aus der Gesellschaft abfließt, würde dies
gegen eine Ausübung der Option und damit gegen eine Berücksichtigung der potenziellen Stimmrechte bei der Analyse der
Verfügungsgewalt sprechen.27
Ähnliche Überlegungen sind auch in einem handelsrechtlichen Konzernabschluss anzustellen. Erfolgt
die Softwareentwicklung beispielsweise für A und erfolgt
zudem eine unmittelbare Finanzierung durch das Unternehmen, handelt es sich von Anfang an um eine TochterZweckgesellschaft (§ 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB), weil A durch
das Darlehen die absolute Mehrheit der Risiken aus der
(Entwicklungs-)Tätigkeit trägt. Selbst wenn keine TochterZweckgesellschaft vorliegt, kann durch die Option ein
Mutter-/Tochterverhältnis nach § 290 Abs. 1 Satz 1 HGB
begründet werden, wenn die Ausübung der Kaufoption so
gut wie sicher ist (DRS 19.75 f.)
2. Ansatz eines Derivats
Erfolgt keine Konsolidierung der Entwicklungsgesellschaft, ist die Kaufoption sowohl nach IFRS als auch nach
HGB als finanzieller Vermögenswert bzw. als sonstiger
Vermögensgegenstand anzusetzen. Die Tatsache, dass dem
Derivat im Rahmen der Analyse der Verfügungsgewalt
möglicherweise Substanz abgesprochen wurde, ist hier irrelevant.
Nach IFRS erfolgt die Bewertung des Derivats sowohl bei
Zugang als auch in Folgeperioden jeweils zum beizulegenden Zeitwert (Fair Value), wobei Wertänderungen erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu zeigen
sind (IAS 39.9 i.V.m. IAS 39.43 für die Zugangsbewertung
bzw. IAS 39.9 i.V.m. IAS 39.46 i.V.m. IAS 39.55 für die Folgebewertung). Sofern der Ausübungspreis der Option dem
beizulegenden Zeitwert der Anteile entspricht, beträgt der
beizulegende Zeitwert der Option null. In allen anderen
Fällen wird der Wert von null abweichen. Das Ausmaß der
Abweichung hängt dabei unter anderem von der Höhe des
Ausübungspreises, dem Wert der Anteile, den erwarteten
Wertschwankungen der Anteile im Zeitablauf (Volatilität) sowie dem relevanten Zins ab. Kommt die Option zur
Ausübung, d.h. werden die zu Grunde liegenden Anteile
tatsächlich erworben, bildet der (verbleibende) Buchwert
der Option einen Bestandteil der Anschaffungskosten. Nach
HGB 28 ist die Option bei Zugang in Höhe der zu leistenden
Optionsprämie anzusetzen. Sofern die Option zu marktüblichen Bedingungen abgeschlossen wird, entspricht dies
dem Zugangswert nach IFRS. In Folgeperioden erfolgt eine
Bewertung nach dem strengen Niederstwertprinzip, d.h.
mit dem niedrigeren Wert aus Anschaffungskosten und
beizulegendem (Zeit-)Wert. Ebenso wie nach IFRS bildet der
Buchwert der Option bei Ausübung einen Teil der Anschaffungskosten.
26
27
28
Vgl. PwC (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15), Tz. 24.62.
Vgl. PwC (Hrsg.), a.a.O. (Fn. 15), Tz. 24.58. Zu weiteren Beispielen auch ebd., Tz. 24.92.
Für die Behandlung von Optionen nach HGB vgl. IDW RS BFA 6.
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Tab. 1: Überblick über die Varianten
Im. VW
(falls
aktivierbar)
Beteiligung
Forderung
Finanzierung
Var. 1 (im Unt.)
ja
nein
nein
EK oder FK iHd.
Investitionsvolumens
Var. 2a (SPE; Fin. A)
(mit Konsolidierung)
ja
nein
nein
EK oder FK iHd.
Investitionsvolumens
Var. 2a (SPE; Fin. A)
(ohne Konsolidierung)
nein
ja
ja
EK oder FK iHd.
Investitionsvolumens
Var. 2b (SPE; Fin. SPE)
(mit Konsolidierung)
ja
nein
nein
EK oder FK iHd.
Investitionsvolumens
Ansatz von
Minderheiten
Var. 2b (SPE; Fin. SPE)
(ohne Konsolidierung)
nein
ja
nein
EK oder FK iHd.
AK der Beteiligung
u.U.
Garantien
ja
nein
nein
EK oder FK iHd.
Investitionsvolumens
Ansatz von
Minderheiten
u.U. Call
nein*
unterschiedlich
unterschiedlich
EK oder FK iHd. der AK der Option sowie ggf.
der Beteiligung und der Forderung
Ansatz einer
Calloption
Var. 3 (extern)
(mit Konsolidierung)
Var. 3 (extern)
(ohne Konsolidierung)
*
Sonstiges
Ansatz von
Minderheiten
Nach HGB handelt es sich bei der Calloption um einen immateriellen Vermögensgegenstand (IDWRS HFA 6, Tz. 12).
Nach IFRS sind Derivate grundsätzlich auch dann anzusetzen, wenn sie potenzielle Stimmrechte beinhalten, die
zu einer Konsolidierung geführt haben (IFRS 10.B91). Nur
wenn die potenziellen Stimmrechte bei wirtschaftlicher
Betrachtung bereits die Beteiligung am wirtschaftlichen
Erfolg zur Folge haben („in substance currently give access
to the returns associated with an ownership interest in a
subsidiary”), unterbleibt der zusätzliche Ansatz eines Derivats.
Modelle im Abschluss gilt, dass allein kleine Veränderungen
in den Vertragskonditionen gewaltige Auswirkungen haben
können.
Die Tab. 1 fasst abschließend noch einmal zusammen, wie
sich die verschiedenen, im Beitrag vorgestellten Modelle auf
die zentralen Bilanzgrößen auswirken. In Abhängigkeit von
der konkreten Ausgestaltung können sich durch die gewählte
Variante die Renditekennzahlen sowie die Eigenkapitalquote
der Gesellschaft massiv verändern.29
3. Die optimale Alternative?
Im Vergleich zu der zuvor dargestellten Variante 1 (Entwicklung im Unternehmen) bzw. Variante 2 (Entwicklung in
einer Zweckgesellschaft bzw. einer Structured Entity) sieht
Variante 3 auf den ersten Blick sehr „bilanzschonend“ aus.
Dieser Einschätzung ist allerdings mit Vorsicht zu begegnen.
Zum einen muss bei Variante 3 sichergestellt werden, dass
die Entwicklungsgesellschaft nicht zu konsolidieren ist. Die
Kaufoption kann hier im Einzelfall eine sehr hohe Hürde
darstellen. Zum anderen muss die Entwicklungsgesellschaft
mit hinreichend Kapital ausgestattet werden. Ebenso wie
in Variante 2 stellt sich also auch hier die Frage, ob dem
Unternehmen unmittelbar ein Darlehen gewährt wird bzw.
zumindest entsprechende Garantien abgegeben werden.
Können diese beiden Fragen erfolgreich gelöst werden,
verbleibt immer noch ein Derivat, dessen Wertänderungen
teilweise (HGB) bzw. vollständig (IFRS) in der Gewinn- und
Verlustrechnung zu erfassen sind. Die bilanzschonende
Abbildung wird dann letztlich durch eine erhöhte Volatilität
des Gewinns erkauft.
V. Zusammenfassung
Die Möglichkeiten, Wachstum zu finanzieren, sind nahezu
unendlich, und beinahe jeden Tag werden am Markt neue
Strukturen angeboten. Für Unternehmen auf der Suche nach
einem Finanzierungsmodell ergeben sich hieraus einerseits
Chancen, andererseits besteht das Risiko, bei der Vielfalt der
Alternativen die entscheidenden Parameter aus den Augen
zu verlieren. Gerade bei der Abbildung der unterschiedlichen
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
29
Da die einzelnen Varianten sich im Detail stark unterscheiden, ist es nur schwer möglich, eine
pauschale Aussage über die Vorteilhaftigkeit einzelner Alternativen in Bezug auf Bilanzkennzahlen zu treffen. Hier ist jeweils eine Beurteilung für den Einzelfall erforderlich.
215
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Wachstumsfinanzierung/Steuern
»CF0696239
Daniel Blöchle / Prof. Dr. Christian Schmidt, beide Nürnberg
Neue Finanzierungsformen für Innovation und
Wachstum – Steuerliche Implikationen und
Steueroptimierungsstrategien
– Ein Überblick über ausgewählte Handlungsoptionen –
Daniel Blöchle ist Partner bei PwC in Nürnberg.
Prof. Dr. Christian Schmidt ist ordentlicher Professor an der Technischen
Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm.
Kontakt: [email protected]
Finanzierung und Wachstum sind heutzutage verbundene
Themenfelder von hoher strategischer Bedeutung für jedes
Unternehmen. Damit Steuern im Unternehmen nicht zur
Wachstumsbremse werden, bedarf es einer ausgeklügelten
Strategie. Im vorliegenden Beitrag werden praxisrelevante
Möglichkeiten zur steuerlichen Optimierung der Wachstumsfinanzierung übersichtsartig aufgezeigt.
I. Einleitung
Grundsätzliche steuerliche Fragestellungen sowie die Berücksichtigung der Steuerregime anderer Jurisdiktionen und ggf.
deren Präferenzregelungen für Innovationen spielen bei einer
durchdachten Finanzierung eine wichtige Rolle. Dies gilt
zum einen für den Geldgeber, der seine Rückflüsse möglichst
steueroptimal gestalten möchte. Zum andern gilt dies auch
für das die Finanzierung nachfragende Unternehmen, das
die Abflüsse steuerlich nutzen, künftige Erträge aus der Entwicklung von „Intellectuel Property“ (IP) (z.B. in Form von
gruppen-internen Lizenzerträgen) steuergünstig vereinnahmen und etwa auch den Erhalt von Verlustvorträgen und
die Vermeidung der sog. Mindestbesteuerung sicherstellen
möchte. Der nachfolgende Beitrag unterscheidet dabei zwischen einem internen und einem externen Modell. Des Weiteren wird nachfolgend zwischen Inlands- und Auslandsfinanzierung bzw. inländischer und ausländischer IP-Entwicklung
differenziert.
II. Internes Modell
Beim internen Modell wird das „Wachstum“ bzw. das zu entwickelnde IP nicht in einer eigenen Gesellschaft angesiedelt,
sondern innerhalb der rechtlichen Hülle des Unternehmens,
welches den Finanzbedarf hat.
1. Steueroptimierung in der Entwicklungsphase
Ein großes steuerliches Problem bei Start-ups und stark wachsenden Unternehmen ist die Begrenzung der steuerlichen
Verlustverrechnung im Rahmen der sog. Mindestbesteuerung.
Danach kann ein Verlustvortrag aus Vorjahren mit laufenden
Gewinnen nur bis zur Höhe von 1 Mio. € verrechnet werden;
darüber hinaus nur zu 60% (§ 10d Abs. 2 EStG, für KSt-Subjekte
in Verbindung mit § 8 Abs. 1 S. 1 KStG). Im Ergebnis entstehen
so Situationen, in denen Unternehmen, die in die Gewinnphase
216
kommen, ihre Verlustvorträge nicht vollständig verrechnen
können und somit Liquiditätsabflüsse in Form von Steuerzahlungen zu tragen haben.
Beispiel:
In den ersten drei Jahren erleidet die M KapGes Verluste i.H.v.
zusammen 5 Mio. €. Im vierten Jahr erwirtschaftet das Unternehmen einen Gewinn i.H.v. 2 Mio. €. Der kombinierte Steuersatz aus
KSt, SolZ und GewSt beträgt 30%. Das ergibt eine Steuer im vierten
Jahr i.H.v. 120.000 € (Berechnung: 2 Mio. € Gewinn abzüglich 1 Mio. €
Verlustvortags-Sockelbetrag abzüglich 60% des die 1 Mio. € übersteigenden Betrags = 400.000 €; davon 30%).
Durch steuerplanerische Strukturierung lassen sich die Folgen
der Mindestbesteuerung abmildern oder sogar ganz vermeiden. Hierzu kann die Sonderregelung des § 15a EStG genutzt
werden. Die Regelung soll sicherstellen, dass Kommanditisten
steuerliche Verluste maximal in Höhe ihrer Haftung zugerechnet werden können. Da Kommanditisten nur mit ihrer im
Handelsregister eingetragenen Einlage haften, können darüber
hinausgehende Verluste vom Gesellschafter nicht mit anderen
positiven Einkünften verrechnet werden. § 15a EStG selbst sieht
allerdings keine Mindestbesteuerung vor. Demnach können
die nach § 15a EStG vorgetragenen Verluste unbeschränkt mit
Gewinnen der Folgejahre verrechnet werden. Aufgrund der
selbstständigen Steuersubjekteigenschaft einer gewerblichen
Personengesellschaft für GewSt-Zwecke, gilt dies nicht für die
GewSt. Denn die Regelung des § 10a GewStG enthält im Gegensatz zu § 15a EStG eine Beschränkung, bei der ebenfalls nur 60%
der Verluste, die 1 Mio. € übersteigen, verrechnet werden dürfen.
Beispiel:
Die M KapGes hat die Entwicklung eines neuen Produkts in eine IPPersonengesellschaft ausgelagert. Die Hafteinlage des Kommanditisten beträgt 1 €. In den Jahren 01 bis 03 sind Verluste i.H.v. zusammen 2 Mio. € entstanden. Im Jahr 04 ein Gewinn i.H.v. 2 Mio. €. Die
GewSt soll 15% betragen.
Abb. 1 zeigt, dass durch die Einschaltung der IP-PersG mit einem Haftkapital von 1 € die Verluste i.H.v. 1.999.999 € nach § 15a EStG in der
Personengesellschaft für KSt-Zwecke eingeschlossen bleiben. Durch
Steuerung des Haftkapitals kann ggf. der M KapGes auch ein Verlust
zukommen. Im Jahr 04 unterliegt der Gewinn von 2 Mio. € nicht der
KSt, sondern nur der GewSt im Rahmen der Mindestbesteuerung. Die
Steuerbelastung beträgt demnach 60.000 € (400.000 € *15%).
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Abb. 1: Vermeidung der Mindestbesteuerung
M KapGes
T-GmbH
Kommandist
100%
Darlehen
Komplementär
0%
IP
PersG
2. Steuerlicher Abzug der Fremdkapitalzinsen
(Zinsschranke, §§ 4h EStG, 8a KStG)
Bei der Finanzierung von Wachstum mit Fremdkapital ist auf
die steuerliche Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen zu achten.
Dabei ist zunächst zu konstatieren, dass die Hinzurechnung
bei der GewSt nach § 8 Nr. 1a GewStG, insbesondere im europarechtlichen Kontext, nicht zu beanstanden ist.1 Für ESt- und
KSt-Zwecke sind Zinsen grundsätzlich als Betriebsausgaben
abzugsfähig. Bei grenzüberschreitenden Zahlungen sind
Verrechnungspreisgrundsätze zu beachten, wenn die Finanzierung (auch) konzernintern erfolgt. Des Weiteren ist die
Zinsschranke zu beachten. Zinsen sind dabei nur abzugsfähig,
wenn die in Abb. 2 auf S. 218 veranschaulichten Prüfschritte zu
einem positiven Ergebnis führen.
Wie die Abb. 2 zeigt ist insbesondere bei Kapitalgesellschaften
als Schuldner der Finanzierung darauf zu achten, dass nicht
gleichzeitig auch eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a KStG vorliegt, wenn die Freigrenze des Saldos
aus Guthaben- und Schuldzinsen i.H.v. 3 Mio. € überschritten
wird und das steuerliche EBITDA unter 30% liegt.
Abschließend bleibt zur Zinsschranke noch zu sagen, dass
diese nach Auffassung des BFH verfassungswidrig ist. 2 Entgegen dem BFH gewährt die Finanzverwaltung allerdings
keine Aussetzung der Vollziehung über den entschiedenen
Fall hinaus.3
3. Vermeidung der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland
Bei einer Finanzierung aus dem Ausland können die Vergütungen an den Kapitalgeber sowohl in Deutschland der
beschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1
EStG unterliegen als auch beim Unternehmen, das die Finanzierung aufgenommen hat, als Vergütungsschuldner quellensteuerabzugspflichtig sein. Dies gilt nicht für unbesicherte
„normale“ Fremdkapitalzinsen. Eine beschränkte Steuerpflicht auf Vergütungen ist jedoch insbesondere in folgenden
Fällen gegeben:
– Partiarische Darlehen (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) EStG)
– Forderung ist durch inländischen Grundbesitz gesichert
(§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c) Doppelbuchst. aa) EStG)
– Fremdkapitalähnliche Genussrechte (§ 49 Abs. 1 Nr. 5
Buchst. c) Doppelbuchst. bb) EStG)
1
2
3
Vgl. EuGH vom 12.05.2011 – C-397/09, DStR 2011 S. 1419.
Vgl. BFH vom 18.12.2013 – I B 85/13, BStBl. I 2014 S. 947 = DB 2014 S. 927.
Vgl. BMF-Schreiben vom 13.11.2014, BStBl. I 2014 S. 1516 = DB 2014 S. 2680.
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Zu beachten ist die Gefahr der Umqualifizierung eines
„normalen“ Darlehens in ein partiarisches Darlehen bei Leistungsstörungen aufgrund bestehender höchstrichterlicher
Rechtsprechung, 4 mit der Folge, dass eine Verpflichtung für
das kreditnehmende Unternehmen entstünde, Kapitalertragsteuer auf die Zinsen einzubehalten und an das zuständige
Finanzamt abzuführen. Diesbezüglich besteht gem. § 44 Abs. 5
EStG auch eine Haftungsschuld als Folge der Kapitalabzugsverpflichtung.
4. Steueroptimierung beim Exit
a) Steueroptimierungsstrategien beim Verkauf/Rückkauf einer
Minderheitsbeteiligung
Aufgelaufene Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft würden
– anders als bei Personengesellschaften – nach dem grundsätzlich geltenden Trennungsprinzip erhalten bleiben, wenn nur die
Anteile an der Gesellschaft übertragen werden. Etwas anderes
gilt aber nach § 8c Abs. 1 KStG, wenn eine Beteiligung von über
25% an einen Erwerber oder eine „Gruppe von Erwerbern mit
gleichgerichteten Interessen“ veräußert wird. In diesem Fall
sieht das KStG einen anteiligen Verlustuntergang vor, der zu
einem vollständigen Verlustuntergang wird, wenn eine Beteiligung von über 50% übertragen wird. Zwei Rückausnahmen
können dieses unliebsame Ergebnis verhindern:
– Konzernklausel (§ 8c Abs. 1 S. 5 KStG)
– Stille-Reserven-Klausel (§ 8c Abs. 1 S. 6 ff. KStG)
Bei Übertragungen von Anteilen innerhalb eines Konzerns
bestimmt § 8c Abs. 1 S. 5 KStG, dass aufgelaufene Verlustvorträge erhalten bleiben, wenn „an dem Übertragenden und an
dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person zu jeweils
100% mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist.“ Des Weiteren
sind nach § 8c Abs. 1 S. 6 KStG die stillen Reserven im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft gegenzurechnen: Bei einem
anteiligen Verlustuntergang werden die stillen Reserven anteilig berücksichtigt, bei einem vollständigen Verlustuntergang
im Fall einer Mehrheitsbeteiligung erfolgt eine vollständige
Gegenrechnung der stillen Reserven in der Kapitalgesellschaft.
Durch geeignete Gestaltungen können Verluste ggf. bereits bei
ihrer Entstehung verwertet werden:
– Organschaft
– Darlehensgewährung im Konzern
– Stille Gesellschaft mit Verlustbeteiligung
Bei der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen
Organschaft (§§ 14 ff. KStG, § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG) wird
im Ergebnis das Trennungsprinzip – um den Preis eines
Ergebnisabführungsvertrags, der die Verlustübernahme
durch das Mutterunternehmen (Organträger) zwingend
mit einschließt – aufgehoben, sodass eine Saldierung von
Gewinnen und Verlusten im Organkreis erfolgt. Bei einer
Darlehensgewährung im Konzern von „oben nach unten“,
liegt bei einem zinslosen oder zu niedrig verzinsten Darlehen
des Mutterunternehmens an eine Tochterkapitalgesellschaft
keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, sodass Verluste
der Tochtergesellschaft insoweit steuerlich „gestaltet“ werden
können. Schließlich trägt selbst bei einer typischen stillen
Gesellschaft der still Beteiligte einen Teil der Verluste, welche
bei dem Unternehmen, das die Finanzierung über eine stille
Beteiligung aufnimmt, als Ertrag und damit verlustmindernd
zu behandeln sind.
4
BFH vom 22.06.2010, I R 78/09, BFH/NV 2011 S. 12.
217
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Abb. 2: Sicherstellung des Abzugs der Finanzierungsaufwendungen
Zinsschranke
Zinsaufwand
./. Zinsertrag
Saldo ≤ 0
ja
nein
Zinssaldo < 3 Mio. € (Freigrenze)
ja
nein
Zinssaldo < 30% stl. EBITDA
ja
nein
keine Konzernzugehörigkeit
ja
Eigenkapitalvergleich gelingt
ja
nein
nein
Bei KapGes:
keine
schädliche
GesFremdFin
(§ 8a KStG)
volle
Abzugsfähigkeit
des
Zinsaufwands
ja
nein
Zinsschranke: Beschränkung des Zinsabzugs auf 30% des
stl. EBITDA (übersteigender Betrag: Zinsvortrag)
Abb. 3: IP-Gewerbesteuer-Optimierungsmodell
GmbH
Lizenzierung
GewSt-Oase
Weiterlizenzierung
Deutschland
Inland/Ausland
• GmbH lizenziert IP unentgeltlich an GewSt-Oase
• GewSt-Oase lizenziert das IP entgeltlich weiter
• GewSt-Ersparnis in Höhe der Hebesatzdifferenz
Gemeinde
München
Grünwald
Zossen
Steuerbelastung
32,98%
24,23%
22,83%
Differenz
8,75%
10,15%
Veräußerer in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft können Anteile an einer Kapitalgesellschaft von unter 10% derzeit
noch nahezu (zu 95%) steuerfrei veräußern. Demgegenüber ist
eine Veräußerung nur zu 40% steuerfrei, wenn die Veräußerer
natürliche Personen sind, die den Anteil unmittelbar oder
mittelbar über eine Personengesellschaft halten.
Eine weitere Steueroptimierung ist durch die Einschaltung
von Auslandsgesellschaften möglich. Wird die vorstehend
erwähnte Beteiligung in einer Auslandsgesellschaft gehalten
und von dieser veräußert, kann die Veräußerung sogar zu
100% steuerfrei sein, wenn für die Auslandsgesellschaft ein
Staat gewählt wird, der eine 100%ige Befreiung auf Beteiligungsveräußerungen gewährt (z.B. Niederlande, Österreich).
Zusammenfassend lässt sich für das „interne Modell“ festhalten, dass die Strukturierung der Finanzierung von Anfang bis
Ende auch steuerlich durchdacht sein sollte und dabei den Exit
berücksichtigen muss, da die Steuereffekte einen erheblichen
Einfluss auf die Gesamtkosten bzw. -rendite der Finanzierung
haben können.
218
III. Externes Modell
Beim externen Modell wird die Entwicklung in einer separaten
Gesellschaft vorgenommen. Die Finanzierung kann durch
Fremdkapital und/oder Eigenkapital und/oder Mezzaninkapital erfolgen. Der Kapitalgeber/Investor kann „normaler“
Gesellschafter sein. Die Ansiedlung der Gesellschaft im Ausland kann zusätzliche Steuervorteile bieten. Es erhöhen sich
aber auch Komplexität und Risiko. Auf eine sorgfältige Planung und Umsetzung ist zu achten. Die Steuervorteile sollten
den regelmäßig höheren Durchführungskosten gegenüber
gestellt werden.
1. Gewerbesteueroptimierung
Eine relativ einfach umzusetzende Steueroptimierung kann im
reinen Inlandsfall durch die Nutzung des Hebesatzgefälles bei
der GewSt erfolgen. Legt man den Sitz der IP-Entwicklungsgesellschaft in eine „Gewerbesteueroase“ kann dies zu einer
Steuerersparnis bei den künftigen Erträgen (etwa Lizenzerträge aus dem entwickelten IP von der nutzenden Gesellschaft)
von 8% oder mehr führen. Abb. 3 zeigt die Effekte bei einer
Sitzverlegung von München nach Grünwald (GewSt-Ersparnis
8,75%) und von München nach Zossen bei Berlin (zusätzlich
1,4%, insgesamt also im Vergleich zu München 10,15%).
2. Ausländische Rechtsordnungen
Ausländische Staaten locken seit vielen Jahren mit Steuervorteilen für geistiges Eigentum und haben Präferenzregelungen (sog. „IP-Boxen“ bzw. „Patentboxen“) geschaffen,
die erhebliche Steuervorteile bieten. Allein innerhalb der
EU gibt es 16 Länder mit solchen Regelungen. Als Beispiele
seien nur die Niederlande (reduzierter KSt-Satz 5%), Belgien
(6,8%), Malta und Zypern (keine Steuern auf Lizenzerträge
in den beiden zuletzt aufgeführten Staaten) genannt. 5 Solche Regelungen wird es auch nach Umsetzung der BEPS-
5
Vgl. hierzu ausführlich mit Kurzbeschreibung der jeweiligen Länder Blöchle/Menninger, The
Patent Box – tax regimes in Europe, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2015, S. 166 ff.
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Finanzierung
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D GmbH
Deutschland
Niederlande
US Tax Consolidation
Auslands-KapG
(IP)
7
Vgl. hierzu auch den gemeinsamen Vorschlag von Deutschland und Großbritannien unter http://
www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2014/11/1411-11-PM47.html, Abruf am 12.05.2015.
Vgl. hierzu ausführlich Linn, IStR 2015 S. 114 ff.
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US Corp.
Bank/
Gesellschafter
Interest
Ausland
(NL/Drittstaat)
6
Loan
US Partnership
X Holding BV
Maßnahmen geben. 6 Darüber hinaus gibt es Länder mit
einer großzügigen mehrstufigen Forschungsförderung (z.B.
Österreich). Auch die Tatsache, dass verschiedene Staaten – anders als Deutschland – keine Quellensteuer auf
abf ließende Lizenzerträge erheben, kann und wird (z.B.
von US-amerikanischen Konzernen wie Google und Apple)
steuerplanerisch genutzt. Denn häufig kann es bei der
Anrechnung ausländischer Quellensteuer zu Überhängen
und dadurch zu negativen Auswirkungen auf die Steuerquote kommen.
Unabhängig von speziellen Steuerregelungen für IP in einzelnen Ländern sind auch generelle Niedrigsteuerländer interessant (z.B. Irland mit 12,5% oder Polen, Tschechien, Ungarn mit
jeweils 19%; dazwischen liegen die KSt-Sätze in den baltischen
Staaten).
Nicht zuletzt spielt auch die Rulingpraxis der einzelnen Staaten eine wichtige Rolle. Solche „verbindlichen Auskünfte“ können sich – anders als in Deutschland, wo nur Rechtsauskünfte
verbindlich erteilt werden können – auch auf die Ermittlung
der Bemessungsgrundlage beziehen und so zu niedrigeren
Steuersätzen führen. Künftig wird diese Praxis allerdings
stärker unter Beobachtung der EU-Kommission stehen, die
im Hinblick auf bestehende Rulings von Amazon, Apple, Fiat
und Starbucks ein förmliches Prüfverfahren gegen Irland,
Luxemburg und die Niederlande wegen möglicher Verstöße
gegen die unionsrechtlichen Beihilfebestimmungen eröffnet
hat.7
Des Weiteren können vorteilhafte Konzernbesteuerungs- bzw.
Gruppenbesteuerungssysteme (z.B. die Fiskale Einheit in den
Niederlanden, die österreichische Gruppenbesteuerung)
genutzt werden. Abb. 4 zeigt die Vorteile aus einer Verwendung
der niederländischen Gruppenbesteuerung.
Dabei können u.a. folgende Vorteile aus dem Betrieb einer
Holding in den Niederlanden entstehen:
– Günstige Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zur
Reduzierung der Quellensteuerbelastung des Routings
von Dividenden, Zinsen und Lizenzen
– Dividenden und Veräußerungsgewinne beim Exit (Beteiligungsveräußerung von IP-Gesellschaften) zu 100% steuerfrei (in Deutschland zu 95%)
– Patentbox
Deduction
Finance Co
Dividend
KapGes
Abb. 5: Nutzung ausländischer Steuerregimes – Beispiel: Double
Dip-Struktur USA
Inter-company
Abb. 4: Nutzung ausländischer Steuerregimes – Beispiel:
Holdingstandort Niederlande
• Deutsche Sicht: US-Partnership ist transparent; es besteht keine
Betriebsstätte in den USA
• US-Sicht: Personengesellschaft wird als Kapitalgesellschaft behandelt
(check-the-box)
– Vermutlich höhere Stabilität des Steuersystems als in
Deutschland bzw. historisch gewachsene Anpassungsfähigkeit „mit Augenmaß“ an die internationalen Herausforderungen
In der Vergangenheit konnten auch Double Dip 8 Strukturen
relativ „steuersicher“ umgesetzt werden. Die Abb. 5 zeigt eine
Struktur im Verhältnis Deutschland-USA. Durch die Nutzung
der US-Vorschriften zur steuerlichen Konsolidierung und der
nach US-Recht möglichen Option, eine Personengesellschaft
steuerrechtlich als Kapitalgesellschaft zu behandeln, fallen
die Zinsen an das Finanzinstitut nach US-Steuerrecht in die
USA und sind dort auf Ebene der US-Personengesellschaft
abzugsfähig. Wenn die Sach- und Personalmittel der Personengesellschaft so bemessen werden, dass aus deutscher Sicht
eine US-Betriebsstätte, der die Zinsen zuzurechnen sind, nicht
vorliegt, so können die Zinsen ein zweites Mal in Deutschland
auf Ebene der D-GmbH steuermindernd angesetzt werden.
Wo das Finanzinstitut (hier Bank) seinen Sitz hat, ist für diese
Struktur unerheblich.
Diese Strukturen werden künftig aufgrund der, in dem Aktionsplan der OECD vorgesehenen Maßnahmen im Rahmen der
BEPS-Arbeiten so nicht mehr möglich sein.9
Auch Offshore-Strukturen müssen künftig anhand der
kommenden, teilweise aber auch schon umgesetzten10 BEPSMaßnahmen sorgfältig überprüft werden. Die Abb. 6 auf S. 220
zeigt eine bisher mögliche Struktur.
Schuldzinsen können in Deutschland mit einer Steuerwirkung
von etwa 30% abgezogen werden (Summe aus KSt, SolZ und
GewSt), wobei unterstellt wird, dass die Zinsen angemessen
sind und auch nicht unter die Abzugsbeschränkungen der
Zinsschranke fallen. Dieser Status quo wird sich voraussichtlich in der nahen Zukunft (Ende 2015, spätestens 2016) ändern,
wenn Deutschland weitere BEPS-Maßnahmen umsetzt. Bereits
am 24.10.2014 schlug der Finanzausschuss des Bundesrats
8
9
10
Double Dip = doppelter Abzug.
Vgl. hierzu den OECD-Bericht vom 16.09.2014, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, abrufbar unter: http://www.oecd-ilibrary.org/taxation/neutralising-the-effectsof-hybrid-mismatch-arrangements_9789264218819-en, Abruf am 12.05.2015 sowie Lüdicke,
Bulletin for International Taxation, 2014, No. 6/7 und Valta, ISR 2014 S. 249 ff.
Vgl. für Deutschland die Abb. 10 auf S. 222.
219
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Abb. 6: Offshore-Finanzierung – gruppenintern/-extern
Externer
Kapitalgeber
Alt. 1: Dividenden
Abb. 7: Gewerbesteueroptimierung Finanzierung
Alt. 2: Zinsen
KapGes
Deutschland
D 30%
Offshore
Ausland
Zinsen
• Umwandlung des bei der Holding steuerpflichtigen Zinsertrags in
steuerfreie Dividenden
• Verwendung einer Offshore Finanzgesellschaft, wenn Zinszahlungen
keiner Quellensteuer unterliegen
• In Deutschland besteht derzeit das Risiko, dass Zinsen künftig nicht
mehr abzugsfähig sind (vgl. Entwurf § 4 Abs. 5a EStG)
vor, die Empfehlungen der OECD zu hybriden Gestaltungen
(Maßnahme 2) kurzfristig und vor endgültiger Verabschiedung durch die G20/OECD in nationales Recht umzusetzen,
und empfahl folgende Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs durch Schaffung eines neuen § 5 Abs. 4a EStG. Danach
sollen Betriebsausgaben nicht abziehbar sein, „soweit sie
beim unmittelbaren oder mittelbaren Empfänger nicht als
Einnahmen in der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigt werden oder einer Steuerbefreiung unterliegen, weil das
zugrunde liegende Rechtsverhältnis bei der Besteuerung des
Leistenden und des Empfängers nicht einheitlich als Fremdkapitalüberlassung behandelt wird.“11
Die Bundesregierung hat einer solchen Regelung grundsätzlich ihre Zustimmung gegeben, möchte aber vor der Umsetzung den Abschluss der BEPS-Arbeiten und die Beschlüsse der
G20-Staaten abwarten.
Die angedachte Abzugsbeschränkung entspricht zwar im
Grundsatz dem OECD-Ansatz, geht aber über diesen (weit)
hinaus, weil keine Einschränkung des Anwendungsbereichs
auf Konzernverhältnisse oder nahestehende Personen erfolgt.
Damit wären z.B. auch Zinsen an steuerbefreite (ausländische)
Banken betroffen.
Allerdings bedeutet eine solche Abzugsbeschränkung zumindest eine mittelbare (indirekte) Diskriminierung ausländischer
Zahlungsempfänger nach Art. 24 OECD-MA. Das Problem
spricht die OECD auch in den Arbeitspapieren an, sieht jedoch
in den Fällen, in denen die Zinsen beim Empfänger nicht
besteuert werden oder die Zinsen doppelt abgezogen werden
(„double dip“) keinen Verstoß gegen das Abkommensrecht.12
11
12
BR-Drucks. 432/1/14 S. 12.
“The basic thrust of the draft recommendations set out in the WP11 Discussion Draft is to ensure that payments are treated consistently in the hands of the payer and the recipient and,
in particular, to prevent a double deduction or deduction without a corresponding inclusion.
These recommendations do not appear to raise any issue of discrimination based on nationality (Art. 24(1)). They also do not appear to treat permanent establishments differently from
domestic enterprises (Art. 24(3), to provide different rules for the deduction of payments made
to residents and non-residents (Art. 24(4)) or to treat domestic enterprises differently based on
whether their capital is owned or controlled by residents or non-residents (Art. 24(5)).”, Public
Discussion Draft, BEPS Action 2: Neutralise the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements, (Treaty
Issues), 19.3.-02.05.2014, Tz. 23.
220
Nachher
30%
15%
Ausland
Holding
Dividenden
Vorher
Darlehen
PersG
Zinsen
• Darlehen an ausländische Personengesellschaft
• Zinserträge als Sonderbetriebseinnahmen in Deutschland
gewerbesteuerfrei
• Abzug der Zinsaufwendungen im Ausland
Es ist jedoch höchst zweifelhaft, ob diese Auffassung vor dem
BFH Bestand haben wird, weil sie seiner ständigen Rechtsprechung13 widerspricht.14 Für die Praxis muss aber davon ausgegangen werden, dass in absehbarer Zeit Off-Shore-Strukturen
in Deutschland einem erhöhten Steuerrisiko ausgesetzt sind.
3. Strukturierung mit ausländischen Personengesellschaften
Die Strukturierung mit (ausländischen) Personengesellschaften und die damit verbundene Transparenzbetrachtung
ermöglicht die Realisierung einiger Vorteile. Zum einen führt
die transparente Behandlung dazu, dass Gewinnausschüttungen als Entnahmen in Deutschland nicht steuerbar sind,
während die Gewinne in der Erzielungsphase nach den meisten deutschen DBA unter Progressionsvorbehalt steuerfrei
gestellt werden. Zusätzliche Vorteile sind:
– die Nutzung sog. „finaler Verluste“ innerhalb der EU bzw.
des EWR,
– bei DBA mit Aktivitätsvorbehalt die Nutzung der laufenden Verluste in der Entwicklungsphase bei Nichterfüllung
des Vorbehalts und ggf. Steuerfreiheit in der Verwertungsphase bei dann Erfüllung des Aktivitätsvorbehalts,
– sowie die Nutzung von Qualifikationskonflikten nach
innerstaatlichem Steuerrecht zur GewSt-Optimierung
(vgl. hierzu Abb. 7).
In Abb. 8 auf S. 221 werden zusätzlich zwei weitere Modelle
dargestellt.
Zum einen ist es möglich – etwa im Verhältnis zu Österreich –
ein bestehendes IP in eine ausländische Personengesellschaft
zu übertragen und so zumindest die deutsche GewSt zu
vermeiden. Zum anderen ist es auch denkbar, das IP im Ausland zu entwickeln und künftige Gewinne (Lizenzerträge,
Veräußerungen) – wie ausgeführt unter Nutzung der Freistellungsregelungen von DBAs – auch für Einkommen- und
KSt-Zwecke freizustellen. Allerdings setzt dies voraus, dass
im Ausland entsprechende Mitarbeiter vorhanden sind.
13
14
Vgl. die BFH-Urteile vom 03.02.2014, I B 156/12 (Russland), BeckRS 2014, 95244, vom
16.01.2014, I R 30/12 (USA), DB0651792 = DStR 2014 S. 734 und vom 08.09.2010, I R 6/09
(Schweiz), BStBl. II 2013 S. 186 = DB 2010 S. 2703.
Auch Schnitger/Oskamp halten die OECD-Auffassung für unzutreffend. Vgl. Schnitger/Oskamp,
IStR 2014 S. 385 ff. (391 ff.). Nach Meinung von Dr. Schwenke, Richter am I. Senat des BFH
(geäußert auf der BDI/PwC-Steuertagung, Berlin 05.05.2014) ist es wohl nicht möglich, eine
einschränkende Auslegung des DBA-Diskriminierungsverbots – wie sie die OECD bei Hybrid Mismatches vorschlägt – vorzunehmen.
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Abb. 8: Kombination aus ausländischer Forschungsförderung
und Gewerbesteueroptimierung in Deutschland
Abb. 9: Die steueroptimierte Gruppenstruktur
Finance Co
KapGes
Deutschland
Lizenzen
Ausland
Organschaft
Organschaft
Inland
Ausland
PersG
Lizenzen
KapGes
PersG
In Deutschland ansässige Mitarbeiter können eingesetzt werden, müssen aber ihre Arbeitsleistung mit physischer Präsenz
im Ausland erbringen.
Zur Reduktion der ausländischen Steuer kann es – gerade im
Mittelstand bei einer Spitzeneinheit in der Rechtsform einer
Personengesellschaft – sinnvoll sein, sich einer Organschaftsstruktur zu bedienen, wie Abb. 9 zeigt.
4. Einfluss von BEPS auf die internationale Steuerplanung
Wie bereits ausgeführt, werden die BEPS-Arbeiten der
OECD, federführend für die G20-Staaten, einen erheblichen
Einfluss auf künftige grenzüberschreitende Finanzierungsstrukturen haben. Eine sorgfältige Planung ist deshalb
noch stärker einzufordern. Abb. 10 auf S. 222 zeigt, dass
Deutschland in diesem Zusammenhang eine Art Vorreiterrolle übernommen hat und zahlreiche Regelungen bereits
in nationales Recht umgesetzt sind, welche den BEPSMaßnahmen entsprechen.
IV. Misserfolgsfall
1. Steuerliche Grundgegebenheiten
Unter steuerlichen Gesichtspunkten wäre es vorteilhaft,
durch „Verlustauftrocknungsmodelle“ und aufgeschobene
Vergütungsmodelle, das Endgültigwerden von Verlusten zu
vermeiden.
Beispiele:
– Verdeckte Einlagen
– Auftragsentwicklung mit laufender Vergütung
Dabei sind zu unterscheiden:
– steuerlich transparente vs. steuerlich intransparente
Strukturen
– reine Inlandsfälle vs. Fälle mit Auslandsbezug
Zu beachten ist, dass Verluste die „ungeliebten Kinder des
Steuerrechts“ sind.
Es gibt zusätzliche Beschränkungen, in denen Verluste –
abweichend von der steuerrechtlichen Grundsystematik –
nicht genutzt werden können. Die hohen Verlustvorträge in
den deutschen Bilanzen und Steuererklärungen lassen auf
absehbare Zeit keine Besserung erkennen.15
15
Vgl. Diskussionspapier der Koalitionsfraktionen„Zwölf Punkte zur weiteren Modernisierung und
Vereinfachung des Unternehmensteuerrechts“, Februar 2012.
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2. Verluste
Während der Entwicklungsphase auflaufende Verluste werden bei steuerlich transparenten Strukturen (Personengesellschaften/Einzelunternehmen/Betriebsstätten) im Inlandsfall
grundsätzlich zum Gesellschafter „hochgeschleust“. Allerdings gilt dies bei Personengesellschaften nicht für die GewSt.
Zudem ist bei der Ermittlung der ESt bzw. KSt des Gesellschafters § 15a EStG zu beachten. Auf das Thema „Mindestbesteuerung“ wurde bereits hingewiesen.
Im Auslandsfall ist darüber hinaus die sog. Symmetriethese
zu beachten. Danach sind Auslandsverluste nur im Rahmen
des negativen Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen,
wenn ein DBA die Gewinne freistellt. DBA mit einem Aktivitätsvorbehalt eröffnen aber interessante Gestaltungsspielräume.
In EU-/EWR-Fällen gilt die Symmetriethese bei „finalen ausländischen Verlusten“ i.S.d. EuGH-Rechtsprechung nicht.16
Damit können solche Verluste auch im Freistellungsfall im
Inland abgezogen werden. Die Finanzverwaltung verweigert
aber i.d.R. die Festsetzung.
3. Verwertung von Verlustvorträgen
Bei steuerlich intransparenten Strukturen im Fall von Kapitalgesellschaften können verschiedene Strukturierungsalternativen genutzt werden. Neben Auftrocknungsmodellen
kommt die Begründung einer gewerbesteuerlichen und
körperschaftsteuerlichen Organschaft in Betracht. Im Auslandsfall sollte über wirtschaftlich vergleichbare schuldrechtliche Verträge nachgedacht werden.
Bei einer Veräußerung von Beteiligungen über 25% ist bei
deutschen Verlustgesellschaften an den Wegfall des Verlustabzugs gem. § 8c KStG zu denken. Hier gibt es sowohl
Gestaltungen im Vorfeld einer Veräußerung als auch für
den Zeitpunkt der Veräußerung, die den möglichen Verlustuntergang vermeiden. Hat die Verlustgesellschaft Sitz und
Geschäftsleitung im Ausland, ist das ausländische Steuerrecht zu prüfen. Viele Staaten kennen keine Vorschrift, die
der deutschen Regelung des § 8c KStG entspricht.
16
Vgl. das grundlegende Urteil des EuGH vom 15.05.2008, C-414/06, BStBl. II 2009 S. 692 = DB
2008 S. 1130 sowie die Folgerechtsprechung des BFH, zuletzt BFH vom 05.02.2014, I R 48/11, DB
2014 S. 931 = DStR 2014 S. 837.
221
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Abb. 10: Einfluss von BEPS auf die internationale Steuerplanung
Nationale
Regelungen
DBAKlauseln
• Korrespondenzprinzip
Dividenden
• Korrespondenzprinzip für
verd. Einlagen
• „Anti Treaty Shopping“
Regelung
• Hinzurechnungsbesteuerung (AStG)
• Nationale switch-over- und
subject-to-tax-Regelungen
• Doppelberücksichtigung
negativen Einkommens
• Entlastungerfordernis
von der KapESt bei hybriden Gesellschaften
• Equity test
(§ 8b Abs. 1 S. 2 ff. KStG)
(§ 8 Abs. 3 S. 4 KStG)
(§ 50d Abs. 3 EStG)
(§§ 7-14 AStG)
(§ 50d Abs. 8-10 EStG;
§ 20 Abs. 2 AStG)
(§ 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG)
(§ 50d Abs. 1 S. 11 EStG)
(§ 4h Abs. 2 S. 8 ff. EStG)
• Subject-to-tax-Klauseln
• Switch-over-Klauseln
• Aktivitätsklauseln
• Benefit-Ownership-Klauseln
V. Fazit, Ausblick
Konzepte einer Wachstumsfinanzierung sind unvollständig,
wenn sie steuerliche Möglichkeiten (Chancen) und Konsequenzen (Risiken) nicht ausreichend berücksichtigen. Eine
vorausschauende Planung sowie eine sorgfältige Umsetzung,
die insbesondere auch den Exit mit umfassen, sind erforderlich. Steuerlich transparente Strukturen mit Personengesellschaften sollten nicht von vornherein ausgeschlossen werden.
Sie können Königswege sein.
Der Wettbewerb der Staaten hat zu interessanten Angeboten
geführt, die genutzt werden könnten. Dies gilt sowohl für die
Förderung von IP- und Know-how-Entwicklung als auch für
deren Verwertung. Darüber hinaus sind Steuersätze, Gruppenbesteuerungsregime und Rulingpraxis oft günstiger. Auch
sind die Vorschriften anderer Länder zur Abzugsbeschränkung als Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung milder
als die deutschen Regelungen. Teilweise bestehen solche
Vorschriften auch (noch) nicht. Dabei gilt: Finanzierung und
Finanzierungsentgelte sind grundsätzlich „immateriell“, das
bedeutet nicht ortsgebunden und somit grundsätzlich gut
gestaltbar.
Sie stehen aber auch besonders im Fokus steuerlicher Missbrauchsvorschriften. Bereits jetzt drohen Doppelbesteuerungen bzw. steuerliche Asymmetrien.17 Hier ist Vorsicht geboten
und eine sorgfältige steuerliche Prüfung der Verträge anzuraten. Angedachte neue Vorschriften (z.B. § 4 Abs. 5a EStGEntwurf) bzw. generell die Umsetzung der G-20-Beschlüsse
im Rahmen der BEPS-Arbeiten Ende 2015 führen aufgrund des
starken politischen Willens und des großen internationalen
Schulterschlusses zu einem Paradigmenwechsel, der in der
Praxis eine Überprüfung bestehender Finanzierungsstrukturen erfordert und Neustrukturierungen unter neue Vorzeichen
stellt.
17
So ist z.B. die Investitionszulage, die ein deutsches Unternehmen vom deutschen Staat erhält,
nach dem Investitionszulagengesetz steuerfrei, wohingegen eine Investitionszulage, die ein
deutsches Unternehmen von einem ausländischen Staat in seiner ausländischen Betriebsstätte
erhält, nach Auffassung der Finanzverwaltung steuerpflichtig sein soll. Vgl. BMF-Schreiben vom
20.06.2013, BStBl. I 2013 S. 980, Tz. 2.3 Buchst. b).
222
Der steuerliche Paradigmenwechsel in der Finanzierung
dürfte aber über die bisher im Rahmen der BEPS-Arbeiten
diskutierten Vorschläge der OECD hinausgehen. Auf einer
Konferenz der Europäischen Kommission und des IWF
zur „Begünstigung von Fremdkapital in der Körperschaftsteuer“ vom 23. und 24.02.2015 in Brüssel,18 wurde die Frage
untersucht, ob es nicht sinnvoll sei, die Ungleichbehandlung
bei der Finanzierung – grundsätzliche Abzugsfähigkeit von
Zinsen auf Fremdkapital und Nichtabzugsfähigkeit von
Eigenkapitalkosten – zu beseitigen, da dieser sog. „debt
bias“ sowohl zu mikroökonomischen (einseitige Finanzierungsentscheidungen von Unternehmen) als auch zu
makroökonomischen (Verstärkung von ökonomischen
Schocks) Verwerfungen führt, wie sich in der Finanzmarktkrise gezeigt hat. Man darf gespannt sein, wie diese Verzerrung beseitigt werden soll. Für die Unternehmen bleibt zu
hoffen, dass dies nicht mit einer weiteren Verschärfung der
Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen einher geht, sondern zu einem neuen steuerlichen Standard führt, der auch
für das Eigenkapital, das bekanntlich das teuerste Kapital
bei einer Unternehmensfinanzierung ist, Vorteile vorsieht.
Denkbar und praktisch bereits erprobt wäre etwa – wie in
Belgien und Liechtenstein – eine steuerliche Abzugsfähigkeit von fiktiven Zinsen auf das Eigenkapital.
18
Vgl. zu diesem Forum: http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/gen_info/tax_conferences/corporate_debt_bias/index_de.htm. Unter diesem Link sind auch die Vorträge als PDF
sowie als Videoaufzeichnungen abrufbar. Abruf am 12.05.2015.
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Finanzierung
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Familienunternehmen/Finanzierung/Eigenkapital
»CF0696451
Prof. Dr. Dirk Honold / Toni Oed, beide Nürnberg
Welches Eigenkapital passt? – Ansprüche der
Kapitalgeber und Opportunitäten
– Ergebnisse der Paneldiskussion 1 im Rahmen der Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen
für Innovation und Wachstum“ –
Prof. Dr. Dirk Honold ist Professor für Unternehmensfinanzierung an
der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm und Schriftleiter
und Mitherausgeber von CORPORATE FINANCE. Er begleitet zudem
Wachstumsunternehmen als Mitgründer, Aufsichtsrat, Beirat und Coach,
insbesondere bei Eigenkapitalfinanzierungen.
Toni Oed ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät Betriebswirtschaft der
Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm.
Kontakt: [email protected]
Im Rahmen des Panels wurde mit den Geschäftsführern der
Wachstumsinvestoren Kernpunkte der Beteiligungsstrukturierung bei Wachstumsfinanzierungen diskutiert. Dabei stellt
sich u.a. heraus, dass der von Mittelständlern und Familienunternehmen oft befürchtete Eingriff in das operative Geschäft
durch die Investoren eher die Ausnahme ist und die Kapitalgeber hinsichtlich des Exits Interessengleichheit mit den Unternehmern hoch priorisieren.
In Paneldiskussion 1 – „Welches Eigenkapital passt? Ansprüche der Kapitalgeber und Opportunitäten“ – diskutiert
Moderator Prof. Dr. Dirk Honold (TH Nürnberg) mit den
Experten Stefan Fischer (CFO TVM Capital Life Science),
Dr. Jörg Goschin (CEO Alstin), Dr. Ingo Krocke (CEO Auctus
Capital) und Peter Pauli (CEO BayBG).
Das Gremium gibt den Konferenzteilnehmern einen Einblick
in die aktuellen Markbedingungen hinsichtlich der Strukturierung von Eigenkapitalfinanzierungen zur Förderung von
Innovation und Wachstum.
Die Panelteilnehmer repräsentieren den Facettenreichtum
der Eigenkapital-Finanzierungslandschaft für Wachstum.
Die unterschiedlichen Positionierungen der Panelteilnehmer reichen von Wagniskapital über Growth Capital in
Form von Minderheitsbeteiligungen bis zu Buy-out-Beteiligungen und Mezzanine Finanzierungen.
Stefan Fischer versteht TVM Capital Life Science als klassischen Venture Capital Geber. „Hauptinvestitionskriterium
für uns als Venture Capital Geber ist Innovation“, erklärt
dieser. Mit dem aktuellen Fonds, TVM LSV VII, werden
neue Wege beschritten, um für institutionelle Anleger noch
interessanter zu sein: Die Beteiligung des Fonds am Portfoliounternehmen erfolgt als Mehrheitsbeteiligung, was in
der VC-Branche eher unüblich ist. Pro Beteiligung wird eine
neue Gesellschaft geschaffen, wesentliche Teile des operativen Geschäfts werden jedoch durch Partner betrieben, quasi
virtuell. 80 bis 85% des Kapitals gehen in die Entwicklung
des Produkts/der Dienstleistung. So entsteht eine höhere
Kapitaleffizienz. Die Finanzierung erfolgt von der SeedPhase bis zum Exit.
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Zugleich gibt es eine strategische Kollaboration mit Eli Lilly
& Company, die bei der Due Diligence unterstützend tätig
ist und außerdem eine externe F&E-Einheit (Chorus) bereitstellt. Die Investmententscheidung erfolgt durch TVM Capital Life Science in Abstimmung mit Eli Lilly. Im Gegenzug
bekommt Eli Lilly eine Kaufoption für eine gewisse Anzahl
an Beteiligungen aus dem Portfolio von TVM LSV VII.
Dr. Jörg Goschin stellt Alstin als Financier von Wachstum
mit Minderheitsbeteiligungen vor, welcher insbesondere
Beteiligungen in der IT-, Technologie-, Life-Sciences- und
Health-Care-Branche anstrebt. Das bereitgestellte Kapital
fließt direkt in das Unternehmen und steht somit zum Großteil zur Finanzierung der Wachstumsoption zur Verfügung.
Wichtige Investitionskriterien für Alstin sind die Marktreife des Produkts/der Dienstleistung (Proof-of-Concept)
und eine Beteiligungsquote der Unternehmensgründer von
mehr als 50%, da Alstin die Gründer als treibende Kräfte
des Unternehmens ansieht. „ALSTIN beschleunigt als
Wachstumskapitalinvestor die Entwicklung der PortfolioUnternehmen durch einzigartige Vertriebs- und unternehmerische Unterstützung“ so Dr. Jörg Goschin.
Dr. Ingo Krocke investiert mit Auctus in ertragsstarke
Unternehmen mit positivem Cashf low und einer starken
Positionierung im Markt. Durch eine Buy-and-Build-Strategie soll das Unternehmenswachstum beschleunigt und
Wachstums- bzw. Konsolidierungspotentiale in der jeweiligen Branche genutzt werden. „Wir bringen Unternehmen
zur Marktführerschaft“, so Dr. Ingo Krocke. Das Investment
wird somit vorwiegend eingesetzt, um anorganisch durch
Zukäufe zu wachsen. Im Rahmen der Unternehmensnachfolge übernimmt Auctus für einen Teil des Investments auch
Geschäftsanteile des Unternehmers.
Die BayBG bietet als Generalist verschiedene Arten von
Eigenkapital unter einem Dach an, unter anderem Ventureund Growth-Capital, wie Peter Pauli erläutert. Um dem
Unabhängigkeitsstreben im deutschen Mittelstand gerecht
zu werden, spielen im Portfolio der BayBG auch MezzanineInvestments und Beteiligungen mit Rückkaufsrechten eine
wichtige Rolle.
Ein bedeutender Punkt der Beteiligung ist die vertragliche
Ausgestaltung. Hier sind verschiedene Formen der Risikopartnerschaft denkbar, welche durch den Einsatz von
Sonderrechten gezielt gestaltet werden können.
Dr. Jörg Goschin erachtet eine Begrenzung des Verlustrisikos für den Investor als für durchaus sinnvoll, besonders
bei Minderheitsbeteiligungen. Ein teilweise vereinbartes
Sonderrecht zur Risikobegrenzung sind Liquidationspräferenzen.
223
Finanzierung
TVM geht laut Stefan Fischer aus dem aktuellen Fonds
Mehrheitsbeteiligungen (bis zu 70% Anteilsquote) ein.
Dadurch kann von Liquidationspräferenzen und anderen
Cashf low umverteilenden Sonderrechten abgesehen werden. Es besteht somit eine vollständige Risikopartnerschaft
zwischen Investor und Gründer. Ein weiterer Vorteil dieser
Ausgestaltung ist, dass keine Verwässerung der Altgesellschafter durch neue Investoren erfolgt, da die Gesellschaft
bis zum anvisierten Ziel durchfinanziert wird. Die Ausfallwahrscheinlichkeit der Investments liegt laut Stefan Fischer
bei bis zu 75%.
Auctus wägt klassisch Risiko und Rendite ab und stellt sich
bei der Ausgestaltung der Beteiligung die Frage, wie viel
vom Risiko behalten wird und wie sich entsprechend abgepuffert werden kann, damit Risiko und Renditeerwartung
im Einklang sind. Vor diesem Hintergrund beobachtet Dr.
Ingo Krocke, dass sich der Buy-out- und VC-Bereich speziell
im Hinblick auf Liquidationspräferenzen gegensätzlich entwickeln: Während Liquidationspräferenzen im VC-Bereich
immer gründerfreundlicher ausgestaltet, bzw. gar keine
Liquidationspräferenzen mehr verhandelt werden, gibt es
im Buy-out Bereich, wo es früher kaum Liquidationspräferenzen gegeben hat, mittlerweile immer mehr Ausgestaltungen mit dieser Klausel. Im Gegensatz zu TVM ist das
Ausfallrisiko bei Auctus aufgrund der häufig schon starken
Marktposition der Portfoliounternehmen sehr niedrig. Laut
Dr. Ingo Krocke ist von 86 eingegangenen Beteiligungen erst
eine ausgefallen.
Die BayBG nimmt wiederum ein erhöhtes Ausfallrisiko in
Kauf. Peter Pauli erklärt: “Wir sind eine Risikokapitalgesellschaft und dementsprechend auch bereit Ausfallrisiken
in Kauf zu nehmen“. Beim Mittelstand wird mit einer Ausfallquote von rund 10%, bei VC-Investitionen von ca. 1/3
ausgegangen. Zur Risikobegrenzung nutzt auch die BayBG
im VC-Bereich Liquidationspräferenzen. Jedoch stellte Peter
Pauli fest, dass durch manche Marktteilnehmer Liquidationspräferenzen in der Vergangenheit auch als Renditehebel
genutzt wurden, was in seinen Augen nicht akzeptabel sei.
Vom Moderator Prof. Dr. Dirk Honold wird angemerkt, dass
offen bleibt, ob alle Parteien und insbesondere Familienunternehmer und Mittelständler die Details der Ausgestaltung
und die dadurch induzierte Risikoverteilung bei Liquidationspräferenzen vollständig ref lektieren. Es gilt ein Verständnis zwischen allen involvierten Parteien herzustellen,
um postvertragliche Missverständnisse von vornherein zu
vermeiden.
Bei Familienunternehmen besteht häufig die Befürchtung,
dass sich durch die Beteiligung eines externen Investors
die Governance wesentlich verändert. Dem widersprechen
grundsätzlich alle vier Panelteilnehmer und verweisen auf
die Kompetenz des Managements der Portfoliounternehmen.
Trotzdem existieren teilweise unterschiedliche Ansätze,
wie mit dem Management zusammengearbeitet wird. Dr.
Jörg Goschin (Alstin) verfolgt als Minderheitsinvestor einen
kooperativen Ansatz und pflegt dementsprechend eine enge
Abstimmung mit dem Management.
Dr. Ingo Krocke (Auctus) lässt den Unternehmern generell
viel Spielraum für eigene Entscheidungen. Auch hinsichtlich
zustimmungspflichtiger Geschäfte, welche in den meisten
Beteiligungsverträgen klar geregelt sind, gibt es in den
224
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wenigsten Fällen Unstimmigkeiten. „Bei allen bisher begleiteten Mehrheitsbeteiligungen hat Auctus bisher erst eine
Weisung gegeben“ erläutert Dr. Ingo Krocke.
Die BayBG sieht laut Peter Pauli teilweise auch über erklärbare Businessplanverfehlungen hinweg, da die Nichterreichung bei mittelständischen Unternehmen immer wieder
vorkommt. Bei Minderheitsbeteiligungen sind jedoch
Schutzmechanismen wie Vetos auf der Minderheitenposition üblich.
Hinsichtlich des Exits wird das Drag-Along-Right d.h. die
Mitverkaufsverpf lichtung auch für unwillige Miteigentümer, oft als massiver Eingriff gesehen. Dr. Jörg Goschin sieht
den Konf likt nicht, da es in der Praxis trotz Mitverkaufsverpflichtung fast unmöglich erscheint, das Unternehmen
entgegen dem Willen des Managements bzw. der Miteigentümer zu verkaufen. Dr. Ingo Krocke stimmt dem zu. Er
ergänzt, dass der M&A-Prozess ein äußerst sensibler Prozess
ist und alle Parteien an einem Strang ziehen müssen, damit
dieser erfolgreich ist. Um beim Exit Interessengleichheit
herzustellen und somit Konflikten vorzubeugen schlägt er
eine Vereinbarung einer Mindestrendite für alle Parteien
vor, welche beim Exit erreicht werden muss.
Vor dem Hintergrund der vielfältigen Facetten stellt sich
abschließend die Frage nach den Umsetzungsempfehlungen für Familienunternehmen und Mittelständler.
Dr. Jörg Goschin von Alstin hebt hier hervor, was der Investor neben den finanziellen Mitteln bieten kann. Stichwort:
Value Added. Des Weiteren ist es essenziell, dass der Investor
zur Kultur des Unternehmens passt.
Auch Stefan Fischer von TVM stößt ins gleiche Horn und
bestätigt, dass die Chemie zwischen Unternehmer und
Investor einfach passen muss. Vorteile für Unternehmen aus
der Beteiligung sieht er auch im Innovationsscouting: Mittelständler können durch den erweiterten Horizont Zugriff
auf Unternehmen bekommen, die sie ansonsten gar nicht auf
dem Radar hätten.
Dr. Ingo Krocke von Auctus schließt sich den Vorrednern an,
wobei er Unternehmen rät, sich auch Referenzen von aktuellen und ehemaligen Portfoliounternehmen des potenziellen
Investors zur Entscheidungsfindung einzuholen.
Peter Pauli von der BayBG hebt zusätzlich die Kompetenz
der Investoren als begleitende Partner hervor, wobei Unternehmern hier der Track Record bzw. die Referenzen des
Investors im Mittelstandssegment als wichtige Grundlage
zur Entschlussfassung dienen kann.
Prof. Dr. Dirk Honold bedankt sich herzlich für die rege und
äußerst informative Diskussion und schließt damit das erste
Panel ab.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
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Finanzierung/Wachstumsfinanzierung/Familienunternehmen
Finanzierung
»CF0696452
Andreas E. Mach, München
Wie professionell ist die Unternehmensfinanzierung
im Familienunternehmen heute?
– Ergebnisse der Unternehmerdiskussion im Rahmen der Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum“ –
Andreas E. Mach ist Gründer und Sprecher des Münchner ALPHAZIRKEL, eines
Forums speziell für Familienunternehmen.
Kontakt: [email protected]
Im Jahr 2007 hat die Münchner Familienunternehmer-Plattform ALPHAZIRKEL in Zusammenarbeit mit der TU München
eine empirische Studie über die Frage vorgelegt, wie professionell die Unternehmensfinanzierung in Familienunternehmen
sei. Die Ergebnisse der Studie nahm der Moderator der Unternehmerdiskussion im Rahmen der Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum“ als Leitfaden
für die Abschlussdiskussion mit drei Familienunternehmern.
Die Diskussion zeigt einerseits die großen Unterschiede, die in
der Finanzierung und Unternehmensführung von Familienunternehmen bestehen, andererseits bestätigt sie, dass traditionell geführte Unternehmen, den Erhalt der Unabhängigkeit
von Familie und Unternehmen vor die Finanzierung stellen, also klassische Finanzierungsformen bevorzugen und gegenüber Eigenkapitalinstrumenten skeptisch sind. Für mit einer
Investorenmentalität geführte Familienunternehmen gilt das
nicht. Daher folgert der Moderator aus der Diskussion, dass eine stärkere Differenzierung des Typus Familienunternehmen
notwendig ist, und Unternehmen und ihre Gesellschafter sich
stärker mit der Definition der Rolle der Familie im Unternehmen auseinandersetzen sollten. Aktive Gesellschafterfamilien
und Investorenfamilien haben dabei einen offeneren Umgang
mit innovativen Finanzierungsinstrumenten, weil für sie der
Unternehmenserhalt im Wettbewerb vor dem Erhalt des Einflusses der Familie steht, während die traditionellen patriarchalischen Unternehmen mit einer operativ tätigen Unternehmerfamilie den Erhalt der Unabhängigkeit oft vor die Innovation
stellen. Dies ist angesichts der Herausforderungen vor allem
der 4.0. Generation der Familienunternehmen gefährlich und
bedarf einer strategischen Überprüfung der Position der Familie in vielen Familienunternehmen.
Auf dem Abschlusspanel der Veranstaltung „Neue Finanzierungsformen für Innovation und Wachstum“ begrüßte der
Moderator Albert K. Still, Aufsichtsratsvorsitzender und Gründer der AVAG Holding Aktiengesellschaft, einer Familien AG
aus Augsburg, die mit 1,4 Mrd. € Umsatz, die zu den größten
europäischen Automobilhandelsgruppen gehört. Seit 2012
bilden seine Söhne Albert (48) und Roman (42) gemeinsam
mit einem familienfremden Manager den Vorstand der AG.
Ebenfalls von der Unternehmerseite war Olivier Wöhrl auf
dem Podium vertreten. Der 33-jährige Dipl. Ing. ist seit 2013
Vorstandsvorsitzender der Wöhrl AG, einem der großen Textilhandelshäuser Deutschlands.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Die Investoren(unternehmer)seite war vertreten durch Stephan Link, Unternehmer und Gründer, der sein IT-Dienstleistungsunternehmen Computerlinks nach einem Börsengang
und später einem „Going-Private“ mit einer Private Equity
Gesellschaft 2012 an den amerikanischen Wettbewerber für
einen Kaufpreis von 220 Mio. € verkaufte und sich seither als
Investor und Business Angel betätigt.
Moderator der Diskussion war der deutsche Unternehmer
Andreas E. Mach, der u.a. Sprecher und Gründer der Familienunternehmerplattform ALPHAZIRKEL ist. Die Fragen an
die Diskutanten stammen aus den Ergebnissen der Studie des
ALPHAZIRKEL in Zusammenarbeit mit der TU München
aus dem Jahr 2007 über die Frage „Wie professionell ist die
Unternehmensfinanzierung wirklich in Deutschland?“.
Interessant dabei ist, dass die Ergebnisse der acht Jahre alten
empirischen Studie über das Finanzierungsverhalten deutscher Familienunternehmen weitgehend heute noch zutreffen,
lediglich in der Rolle der Hausbank eine wesentliche Veränderung festzustellen ist. Allerdings ist die Familienunternehmerforschung zwischenzeitlich auch weiter entwickelt und
die Betrachtung der Familienunternehmer erfolgt nicht mehr
in einem monolithischen Block, sondern in ihren doch sehr
unterschiedlichen Ausprägungen, wie es auch die Diskussion
gezeigt hat.
I. Ziele der Eigentümerfamilie
Zunächst wollte Andreas Mach von seinen Gästen wissen,
welche Ziele sie denn in ihrem Unternehmen verfolgen. Dabei
wurde das Studienergebnis bestätigt, indem die Eigentümer
angeben, sich in erster Linie um das Unternehmenswachstum
und um die Steigerung des Unternehmenswertes zu kümmern.
Im Hinblick auf die Finanzierung bestätigen die Diskutanten
ebenfalls das Ergebnis der Umfrage von 2007, nämlich dem
Fokus auf Flexibilität und Liquidität, um die langfristige
Existenz und Funktionsfähigkeit ihres Unternehmens sicherzustellen und die Einflussnahme externer Kapitalgeber zu vermeiden. Eine deutliche Diskrepanz zwischen dem traditionell
geführten Familienunternehmen (wie z.B. AVAG/Wöhrl), die
auf den Fortbestand über Generationen ausgerichtet sind und
dem mit einer Investorenmentalität geführten Unternehmen,
das unter Inanspruchnahme aller Möglichkeiten des externen
Wachstumskapitals vor allem wachsen soll, zeigt sich im Punkt
der Inanspruchnahme externen Eigenkapitals. Während der
Investor unter Einbeziehung des Unternehmenswertes und
eines eben bestmöglichen Verkaufs eine möglichst hohe Rendite
erzielen möchte, wie bei Stephan Link der Fall, sieht das traditionelle Familienunternehmen eben das Unternehmensziel in
erster Linie in der Weitergabe an die nächste Generation.
225
Finanzierung
Dabei versteht sich ein Investoren-Familienunternehmer Link
durchaus als Familienunternehmer, will aber allenfalls das
Vermögen für seine Familie sichern und mehren, und auch
an nachstehende Generationen weitergeben, nicht aber eben
unbedingt das Unternehmen. Das ist im Fall der AVAG und der
Wöhrl AG eben nicht so.
II. Kapitalstruktur im Familienunternehmen
Im zweiten Fragekomplex über die Kapitalstruktur im
Familienunternehmen zeigt sich dasselbe Bild. Während die
klassischen Familienunternehmer auf eine Mischung aus
Eigenmitteln und Fremdkapital von Banken abzielen, sieht
der Investoren-Unternehmer für die Realisierung des Wachstums im externen Eigenkapital eine hohe Bedeutung, sei es
von Privatinvestoren oder einem oder mehreren Private Equity
Partner. Hier widersprechen die konservativen Familienunternehmer und bemängeln, dass externes Eigenkapital, das
gerade bei der AVAG bereits als Beteiligungskapital und als
Mezzanine zum Einsatz gekommen war, teuer und umständlich sei, und vor allem das Reporting an den Eigenkapitalgeber
das Management von operativen Aufgaben abhalte. Bei der
Wöhrl AG wurde mit Hilfe einer Unternehmensanleihe eine
größere Akquisition finanziert und es besteht durchaus Erfahrung im Umgang mit dem Kapitalmarkt, aber eine Begebung
von Aktien oder die Aufnahme eines externen Kapitalpartners
sieht die Unternehmerfamilie in ihrer Familien AG nicht. Interessanterweise deckt sich das mit dem Ergebnis der Umfrage
aus dem Jahr 2007, bei der auch nur 15% der befragten Unternehmer die Nutzung des Kapitalmarktes und/oder externen
Eigenkapitals in Erwägung zogen.
III. Finanzierungsentscheidungen
Bei der Frage nach den Finanzierungsentscheidungen im
Familienunternehmen lassen sich zwischen den Studienergebnissen und der Podiumsdiskussion leichte Unterschiede
erkennen, die Finanzierungsentscheidungen kommen jedoch
in Unternehmen mit Investorenmentalität ähnlich zustande
wie in Familienunternehmen. In der Studie geben 84% der
Befragten an, einen Finanzplan zu verfügen, alle Unternehmer auf dem Podium bestätigen dies. In der Studie geben die
Befragten an, dass zu 61% Finanzierungsentscheidungen vom
Eigentümer gefällt werden, während die diskutierenden Unternehmer dies im Rahmen der verabschiedeten Strategie an
einen erfahrenen Finanzierungsverantwortlichen delegieren.
In der Studie geben 99% der Unternehmer noch an von ihrer
Hausbank in finanziellen Angelegenheiten beraten zu werden,
während bei der Podiumsdiskussion alle Teilnehmer bestätigten, dass sie zwar langjährige Bankverbindungen pflegen, das
Konzept der Hausbank jedoch nicht mehr bestünde und vor
allem der Investor-Unternehmer über Finanzierungsfragen
auch mit fremden Investoren und Eigenkapitalgebern spricht
und traditionelle Hausbankbeziehungen für ihn nie eine Rolle
gespielt haben.
IV. Finanzierungsziele
Bei der Frage nach den Finanzierungszielen zeigt sich wieder eine Diskrepanz zwischen dem Investoren Unternehmer
und dem Familienunternehmer. Während bei Wöhrl und der
AVAG die Finanzierungsziele zu allererst am Erhalt des Familieneinflusses und der Selbständigkeit ausgerichtet sind, und
natürlich damit zuallererst auf eine stets komfortable Liqui-
226
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ditätssituation abzielen, zeigt Stephan Link auf, dass seine
Finanzierungsziele rein finanzwirtschaftlichen Charakter
besaßen, und er über der Sicherung der Liquidität in hohem
Masse daran interessiert war, stets die Möglichkeit zu haben,
neue Projekte und Wachstumsfelder zu realisieren und dafür
auch bereit war, fremdes Eigenkapital und Partner im Unternehmen einzubinden. In der Studie wird bei der Frage nach
den Finanzierungszielen der Erhalt des Familieneinflusses
und der Selbstständigkeit Vorrang vor rein finanzwirtschaftlichen Zielen gegeben.
Verständlich bei diesen Diskussionsergebnissen ist, dass
sowohl in der Studie wie in der Diskussion die Finanzierungsstruktur der Familienunternehmen das Streben der Eigentümerfamilien nach langfristiger Selbstständigkeit ihrer Unternehmen widergibt. So gaben die befragten Unternehmer in der
Studie an, dass fast die Hälfte der Befragten eine Finanzierung
aus eigenen Mitteln bevorzugt.
Im Umkehrschluss ergibt dies jedoch, dass für den Fall, in dem
die eigenen Mittel nicht ausreichen und eine Bankfinanzierung nicht zur Verfügung steht, das klassische Familienunternehmen eben dazu neigt, zum Beispiel Investitionen in Innovationen, in neue Märkte, in den Technologiewandel und die
Welt von 4.0. eher aufzuschieben, als sich mit der Aufnahme
von externem Eigenkapital überhaupt auseinanderzusetzen.
In vielen Fällen springt jedoch dann die Familie mit Gesellschafterdarlehen oder Kapitalerhöhungen ein.
V. Einfluss der Familie
Ein Studienergebnis war, dass die Eigentümerfamilie grundsätzlich einen starken Einfluss auf die Unternehmensführung
ausübt. Kennzeichnend für die Mehrheit der Familienunternehmen ist, so die Studie, dass die Familie in allen Bereichen
– von der Strategie über die operative Leitung bis hin zu den
Finanzen – auf die Geschicke des Unternehmens Einfluss hat
und diese Kontrolle auch aufrechterhalten möchte.
In der Studie ist in 85,1% der Fälle die Eigentümerfamilie im
Besitz von 100% des stimmberechtigten Eigenkapitals, in
knapp der Hälfte aller untersuchten Unternehmen liegt die
Geschäftsführung allein in den Händen von Familienmitgliedern. Ebenso verhält es sich mit gemischtem Management aus
Familie und familienfremdem Management. In nur wenigen
Fällen hat sich die Familie (6,1%) vollkommen aus der Unternehmensführung zurückgezogen. Bei der Wöhrl AG hat der
Familien-CEO eindeutig den Vorsitz im familienfremden
Management, das sich an ihrem Anteilseigner- Manager orientiert, in der AVAG AG übt der Gründer und Aufsichtsratsvorsitzende wesentlichen Einfluss auf den Vorstand aus, in
dem neben den beiden Söhnen ein weiterer familienfremder
Manager vertreten ist, der das zeigt die Diskussion, eine Junior
Rolle einnimmt. Bei Computerlinks berichtet Stephan Link,
habe der Hauptaktionär stets mit einem Management Team
gearbeitet.
In der Befragung geben 63% der Befragten an, über keinen
Beirat oder Aufsichtsrat zu verfügen. In der Diskussion konnten alle Podiumsgäste von der Existenz eines Aufsichtsrates
berichten, der familienfremd besetzt ist (im Fall von Wöhrl und
Computerlinks), bzw. vom Gründer dominiert wird als Vorsitzender wie im Fall der AVAG. In der Diskussion um Beiräte in
Familienunternehmen, so der Moderator, habe es zwar in den
letzten Jahren eine deutliche Veränderung gegeben, denn sie
sind beliebter und häufiger geworden, sind aber doch in vielen
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
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Fällen kein Forum für einen wirklich kritischen Dialog zwischen den Unternehmensgremien über die Zukunftssicherung
des Unternehmens und die Rolle der Familie darin. Dies sollte,
so der Moderator, Gegenstand eines weiteren Forschungsprojektes und Unternehmergesprächs sein.
Auf dem Podium haben wir es hinsichtlich des Umgangs mit
Aufsichts- und Beiratsgremien mit einem gemischten Bild
zu tun. Einerseits setzen sich sowohl die klassisch geführten Unternehmen wie das in Investorenmentalität geführte
Unternehmen mit externem Knowhow aus Aufsichts-und Beiratsgremien auseinander, andererseits gibt die AVAG ein typisches Beispiel dafür ab, wie der Unternehmensgründer auch
lange nach seinem Abschied aus dem operativen Geschäft und
einer sog. Unternehmensnachfolge, aus dem Aufsichtsrat die
Geschicke des Unternehmens sehr wesentlich bestimmt. Dies
ist bei der Mehrzahl der traditionell geführten Familienunternehmen so.
VI. Ausblick
Was sowohl die Studie wie auch die Diskussion bestätigen
ist einerseits, dass es bei Familienunternehmen sehr darauf
ankommt, ob sie in der Gründergeneration und damit mehr
aus der Perspektive eines Investors geführt werden, oder in
der zweiten oder späteren Generation als ein Familienunternehmen, das auf den langfristigen Erhalt in der Familie über
Generationen ausgerichtet ist. Andererseits bestätigen sowohl
die Studie wie die Diskussion, dass Familienunternehmen,
wenn sie klassisch geführt werden, noch längst nicht die komplette Bandbreite der Finanzierungsinstrumente ausschöpfen.
Auch aus den Studienergebnissen lässt sich beobachten, dass
etliche Unternehmen nahezu ausschließlich traditionelle Instrumente wie Bankkredite und Gewinnrücklagen einsetzen,
so wie dies bei den Unternehmen AVAG und Wöhrl AG auch
der Fall ist, aber im Umgang mit externem Eigenkapital, auch
wenn es um gängige Modelle wie Mezzaninefinanzierung handelt, eher verhalten sind.
Traditionell geführte Familienunternehmen, wie die AVAG
und die Wöhrl AG ziehen auch den Einsatz von Private Equity
nicht in Betracht, sondern bevorzugen die Mischung aus
Eigen- und Fremdfinanzierung oder ein Aufschieben von
Investitionen, die aus diesem Finanzierungsmix nicht realisiert werden können.
Insofern erscheint es so, dass die acht Jahre alte Studie auch
heute noch zutrifft, und das Familienunternehmen mit der
Investorenmentalität nach wie vor eine Ausnahmeerscheinung ist. Der Eigentumsgedanke und die Selbständigkeit
dominieren das Denken der deutschen Familienunternehmer,
was einerseits der Grund sein kann, warum viele so lange und
über Generationen existieren, andererseits aber eben auch
eine Gefahr darstellt, dass der Unternehmer Innovations- und
Wachstumspotenzial verschenkt, weil er externe Finanzierungsquellen, vor allem die mit Eigenkapitalcharakter, nicht
gerne in Anspruch nimmt.
Das Fazit für Familienunternehmen könnte sein, sich mehr mit
den unterschiedlichen Ausprägungen von Familienunternehmen zu beschäftigen, die sich doch sehr voneinander unterscheiden. Gehen wir mal davon aus, es bestünde Konsens,
dass ein Familienunternehmen ein Unternehmen ist, welches
mehrheitlich in Privatbesitz ist und auch von Familienmitgliedern geführt wird, demnach wären alle Diskutanten Familienunternehmen. Aber der Typus des Familienunternehmens von
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Finanzierung
Stephan Link unterscheidet sich eben deutlich von dem einer
Familie Wöhrl oder einer Familie Still.
In der Diskussion unter und mit Familienunternehmern sollte
der Typus des Familienunternehmens stärker in Betracht
gezogen werden, denn wie die Diskussion gezeigt hat, ist es
eine Frage des Familienunternehmenstypus, wie es geführt
und finanziert wird und nicht eine Frage der Eigentümerschaft
per se.
Aus der Diskussion an der TU München lässt sich sicher die
Frage ableiten, ob in der Zukunft im globalen Wettbewerb
die traditionelle Familien-Unternehmensform zeitgemäß ist
und das klassische Familienunternehmen mit seiner Wertevorstellung der Weitergabe über Generationen in allen
Branchen und Unternehmenssituationen so Bestand haben
kann. Traditionell geführte Unternehmen müssen sich mit
ihrem Familienunternehmertypus auseinandersetzen und
ggf. überdenken, ob es sinnvoll ist, in den Veränderungen der
Märkte und Rahmenbedingungen, mehr eine InvestorenFamilienunternehmer-Mentalität anzunehmen oder in der
Familie einzuführen.
Die Unternehmenstypen, wie die Diskussion gezeigt hat,
unterscheiden sich auch in ihrer Unternehmensfinanzierung,
und nicht nur darin. Es ist sicher angemessen, Innovationen
zu fördern , Markt-und Systemveränderungen zu antizipieren,
und damit auch Finanzierungsquellen von außen in Anspruch
zu nehmen, auch wenn sie das Eigentumsgefühl der Familie
trüben, dafür aber vielleicht eher das Überleben sichern in der
Welt der Familienunternehmen 4.0.
227
Finanzierung
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Mittelstand/Start-ups/Mentoring
»CF0696365
Florian Nöll, Berlin / Heinz-Paul Bonn, Köln
Mentoring als Innovationsstrategie
– Für Innovation und Wachstum gibt es angesichts der Digitalisierung eine kostenfreie
Finanzierungsform: Das Mentoring zwischen Start-up-Unternehmern und Mittelstand –
Florian Nöll ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands
Deutsche Start-ups e.V., Berlin und überzeugter Unternehmer. Als Experte für
Start-ups und die digitale Wirtschaft ist er Dolmetscher zwischen innovativen
Unternehmensgründungen und der Politik. Heinz-Paul Bonn ist Vorsitzender
des Forums Mittelstand im BITKOM und Vorstandsvorsitzender des Kölner
Softwarehauses GUS Group.
Kontakt: [email protected]
Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen ist für den Mittelstand eine Herausforderung, die für ihn – auch aufgrund seiner
Altersstruktur – zur Existenzfrage werden kann. Auch Start-ups
sind aufgrund ihrer Altersstruktur anfällig für Misserfolge: Gründern fehlt die Erfahrung. Mentoringprogramme, die Start-ups
und erfahrene Unternehmer zusammenbringen, sind die Lösung
für die Herausforderungen beider Unternehmergenerationen.
„Industrie 4.0“ oder die Digitalisierung der Fertigungsprozesse
ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Sie definiert
das Verhältnis von Produkt und Produktnutzen, von Kunden und
Produzenten neu. Heute hat die Marktmacht nicht mehr, wer das
hochwertigste Produkt herstellt, sondern derjenige, über dessen
Plattform dieses Produkt an den Nutzer kommt. Treue Kunden
entwickeln sich mehr und mehr zu pragmatischen Nutzern.
Produkt und Marke entkoppeln sich ebenso wie Produktion und
Vermarktung: Facebook, die größte News-Seite der Welt, produziert keine Inhalte. Uber, das weltweit größte Taxi-Unternehmen,
besitzt keine Fahrzeuge. AirBnB, dem größten Bettenvermieter
der Welt, gehört kein Hotel und Alibaba, der wertvollste Händler
der Welt, besitzt kein Lager.
Dies zwingt etablierte Unternehmen dazu, sich völlig neu zu
definieren. Sie müssen sich ganz auf ihre Kunden bzw. Nutzer
einstellen. Dieser Fokus auf den Kunden ist unerlässlich, denn
im Internet sind das eigene Produkt, seine Leistung und sein
Preis gläsern.
Die erste Phase der Digitalisierung hat nur industrieferne Branchen erreicht: Sie wälzte Buch- und Musikmarkt um, sowie einige
Dienstleistungen. 90% der deutschen Weltmarktführer sind im
B2B-Segment und waren damit zunächst nur eingeschränkt
betroffen. Heute hat die digitale Transformation jedoch Industrie
und Mittelstand erreicht. Und in den nächsten Jahren wird alles,
was digitalisiert werden kann, auch digitalisiert werden.
Doch inwieweit sind etablierte Firmen überhaupt in der Lage,
sich selbst zu transformieren und sich an den rasanten Kulturund Technologiewandel anzupassen – sowohl in Bezug auf die
Kundenfokussierung als auch in Bezug auf die technologischen
Herausforderungen?
Eine Studie der KfW zur Altersstruktur im deutschen Mittelstand
zeigt: inzwischen sind 36% der Firmenchefs älter als 55 Jahre.
Schwerwiegend ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis,
dass alternde Unternehmer immer weniger zu Investitionen und
Innovationen neigen. Die KfW belegt dies mit Zahlen: Während
mehr als die Hälfte der Unter-40-jährigen eine Bereitschaft sig-
228
nalisiert, Geld in die Hand zu nehmen, um das Unternehmen voranzubringen, sehen nur noch 37% der Über-60-jährigen diesen
Impuls. Fokussiert auf Erweiterungsinvestitionen sinkt die Zahl
bei den 60+-Unternehmern sogar auf 28%. Schlimmer noch sieht
die Lage bei den Innovationen aus, wo ebenfalls nur noch 38% der
60+-Generation angeben, dass sie bereit sind, in strukturelle Veränderungen in ihrem Unternehmen zu investieren. Angesichts
der Digitalisierung ist der Mittelstand in einen Überlebenskampf
verwickelt, der über die Innovationskraft entscheiden wird – und
genau diese Kraft zur Selbsterneuerung scheint mit dem Alter
mehr und mehr zu erlahmen.
Auch jenseits von Industrie und überaltertem Mittelstand findet
ein Existenzkampf statt. Nur etwa jeder zehnte Hochschulabsolvent strebt derzeit in die Selbstständigkeit, Freiberufler und
Solo-Selbstständige eingerechnet. Die potenziellen Leistungsträger, die als Unternehmer überdurchschnittlich erfolgreich sind
und überproportional viele Arbeitsplätze schaffen, sind immer
seltener zur Firmengründung bereit. Der unternehmerische
Nachwuchs dünnt aus. Doch die Bereitschaft zum Unternehmertum ist mehr als ein Hygienefaktor für eine auf Wertschöpfung
ausgelegte Gesellschaft. Unternehmertum ist der Treiber von
Innovationen und wirtschaftlicher Stärke.
Laut dem vom Start-up-Verband herausgegebenen Deutschen
Start-up Monitor werden Start-ups meist nach dem Studium
gegründet – das bedeutet: Die Gründer sind zwar mutig, jedoch
auch besonders jung und unerfahren. Es mangelt ihnen in den
allermeisten Fällen nicht nur an Kapital, an Kunden und Investoren, sondern auch am notwendigen Instrumentarium, um mit
Krisen umgehen zu können. Digitale Kompetenz und Innovation
bringen sie dagegen im Überfluss mit: Das Digitale ist die Kernkompetenz der Generation Y, die jetzt in den Arbeitsmarkt und
in die Start-ups drängt.
Aber in diesem Problem liegt auch bereits die Lösung: Bringen
wir die angesichts des digitalen Kulturwandels existenziell herausgeforderten, aber mit unternehmerischer Erfahrung, Kunden
und Kapital ausgestatteten Familienunternehmer im Rahmen
von Mentoring mit den Digital Enfants zusammen, denen die
Erfahrung und das Netzwerk fehlen! Sie können ihre jeweiligen Schwächen gemeinsam ausgleichen und sich gegenseitig
helfen. Mittelstand und Industrie stellen Start-ups ihre Erfahrung, ihr Netzwerk und ihr Know-how zur Verfügung, Startups wiederum führen ihre Mentoren ins digitale Zeitalter und
lassen sie an ihren Ideen und Innovationen teilhaben. Digitales
Denken und Innovation wird mit der Währung Erfahrung plus
Netzwerk „bezahlt”: Mentoring ist damit die kostengünstigste
Innovationsstrategie, die man sich vorstellen kann. Wir sind
überzeugt: Persönliche Beziehungen können die Kluft zwischen
unterschiedlichen Generationen und unterschiedlichen Kulturen überwinden. Mentoring ist der Schlüssel zum branchen- und
generationenübergreifenden Erfolg. Der Mittelstand von heute
und Start-ups sind gemeinsam der Mittelstand von morgen.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
Finanzierung
www.cf-fachportal.de
Wachstumsfinanzierung/Unternehmensnachfolge/Restrukturierung
»CF0696373
Peter Pauli, München
Von Wachstum durch die Krise zur Unternehmensnachfolge anhand eines konkreten Beispiels
Peter Pauli ist Geschäftsführer BayBG Bayerischen Beteiligungsgesellschaft,
einem der größten deutschen Beteiligungskapitalgeber für den Mittelstand.
Kontakt: [email protected]
Unternehmenswachstum, Markteinbruch, Restrukturierung
und schließlich Nachfolgeregelung. Das Beispielunternehmen
musste sich immer wieder wechselnden Herausforderungen
stellen. Die Beteiligungsgesellschaft begleitet diese Herausforderungen mit situationsgerechten Lösungen: Mezzaninekapital in der Wachstums- und Restrukturierungsphase, Mezzanine
to Equity Swap sowie ein zusätzliches Direktinvestment zur
Ermöglichung der Unternehmensnachfolge.
I. Das Unternehmen
Ende der 70er-Jahre als Handwerksbetrieb gegründet, erarbeitete sich das inhabergeführte Unternehmen innerhalb weniger
Jahre eine starke Nischenposition im Spezialmaschinenbau.
Die renommierten Kunden schätzen bis heute die Qualität
und Präzision der Produkte sowie die hohe Entwicklungskompetenz der Mitarbeiter. Nachfrage und Umsatz stiegen stetig,
damit allerdings auch der Investitionsbedarf. Das Unternehmen entwickelte sich Ende der 90er-Jahre vom Handwerkszum Industriebetrieb.
II. Das Wachstum
Um den ständigen Kapazitätsaufbau zu finanzieren und dabei
die wirtschaftliche Eigenkapitalquote auf einem akzeptablen
Niveau zu halten, setzte das Unternehmen bereits erstmals
Mitte der 90er-Jahre im kleineren Umfang stilles Beteiligungskapital ein. Als 2005 weiterer nennenswerter Investitionsbedarf entstand und die Bilanz infolge des bisherigen Wachstums – der Umsatz stieg innerhalb von fünf Jahren von 6,5 Mio.
€ auf 22 Mio. € – angespannte Relationen aufwies, stand neben
der Finanzierung der Investition auch eine teilweise Neustrukturierung der Passivseite an.
Tab. 1: Bilanzrelationen vor und nach der Neustrukturierung der
Passivseite
31.12.2004
Mio. €
Bilanzsumme
Umlaufvermögen
Sachanlagevermögen
wirtsch. Eigenkapital
Bankverbindlichkeiten
%
26,4
100,0%
31.12.2005
Mio. €
%
28,9
100,0%
8,4
31,8%
8,9
30,8%
17,5
66,3%
19,3
66,7%
3,3
12,5%
5,9
20,4%
13,2
50,0%
14,5
50,2%
Bei einer Bilanzsumme zum 31.12.2004 von 26,4 Mio. € belief
sich die wirtschaftliche Eigenkapitalquote auf knapp 13%
und die Liquidität zeigte sich phasenweise kritisch. Langfristige Investitionen waren nicht vollständig fristenkongruent
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
finanziert, die Verschuldung belief sich auf das Fünffache des
EBITDA. Gleichzeitig wollten sich einzelne Kreditgeber im
Kurzfristbereich im Rahmen ihrer Desinvestitionsstrategie
aus dem Engagement zurückziehen.
Mit Unterstützung und Beratung durch die Beteiligungsgesellschaft konnte zusammen mit neuen Partnern auf der
Kreditseite ein zusätzliches Finanzierungspaket in Höhe von
6,5 Mio. € geschnürt werden, das aus 2,6 Mio. € wirtschaftlichem Eigenkapital (Mezzaninekapital), 2,6 Mio. € langfristigem Fremdkapital sowie 1,3 Mio. € Kontokorrentlinie
bestand.
Das Unternehmen war somit in der Lage, die geplanten
Investitionen in Höhe von 2,7 Mio. € umzusetzen, bisherige
Kreditgeber im Umfang von ca. 2,5 Mio. € abzulösen und
gleichzeitig Liquidität und Eigenkapitalausstattung deutlich
zu verbessern. Die Eigenkapitalquote erhöhte sich so trotz der
Investitionen auf 20%.
III. Die Krise
Nach Umsetzung der Erweiterungsinvestitionen stieg der
Umsatz zunächst planmäßig auf 25 Mio. €, bevor die größte
Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit – die Finanzkrise
2007/2008 – zu einem Umsatzeinbruch von nahezu 50% führte.
Restrukturierung war nun das Thema. Jenseits der exogen
begründeten Umsatzeinbrüche waren wachstumsbedingte
Organisationsschwächen und Ineffizienzen in den Produktionsprozessen zu adressieren. Die in den Jahren 2009 bis
2011 auf laufenden Verluste reduzierten das Eigenkapital.
Ein Teil der Kreditgeber verlor das Vertrauen in die weitere
Unternehmensentwicklung und bestand auf weitere Tilgungen.
Ein in Zusammenarbeit mit einer Unternehmensberatung
erstelltes Restrukturierungskonzept zeigte – bei konsequenter Umsetzung der vorgeschlagenen Restrukturierungsmaßnahmen – das weiterhin hohe Zukunftspotenzial
des Unternehmens. Kunden bestätigten die hohe technologische Kompetenz, die Umsätze konnten sukzessive wieder gesteigert werden, die auch in der Krise zweistelligen
EBITDA-Margen belegten die grundsätzliche Tragfähigkeit
des Geschäftsmodells. Die Komplexität der Situation erforderte aber auch dringend eine Verstärkung des Managements.
Die Beteiligungsgesellschaft unterstützte und begleitete
das Sanierungskonzept sowie die Suche nach einem CEO,
der den eher technisch orientierten geschäftsführenden
Gesellschafter im Management ergänzen sollte. Als für
diese Position schließlich ein Kandidat gefunden werden
konnte, der persönlich und fachlich die Kompetenz zur
Leitung des Unternehmens sowie zur Bewältigung der
Restrukturierungssituation mitbrachte, gleichzeitig aber
auch das Vertrauen des Altgesellschafters genoss, waren
die Voraussetzungen für eine positive weitere Entwicklung
229
Finanzierung
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gegeben. Allerdings war die Finanzierung des Unternehmens mittelfristig nicht gesichert, die Verlustsituation
führte zu einer Aufzehrung des Eigenkapitals sowie einer
in Relation hohen Verschuldung. Der geschäftsführende
Gesellschafter hatte darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt
bereits das 60. Lebensjahr überschritten, familienintern
gab es keine Nachfolgelösung, die Bereitschaft neue Risiken
einzugehen war verständlicherweise begrenzt.
IV. Die Unternehmensnachfolge
Da traf es sich gut, dass der an Bord gekommene CEO nach
einer entsprechenden Einarbeitungszeit sein Interesse an
einem Management-Buy-out bekundete. Gemeinsam mit
der bereits investierten sowie einer weiteren Beteiligungsgesellschaft wurde ein Konzept für einen Management-Buyout, einer vollständigen Neustrukturierung der Passivseite
sowie einer Teilentschuldung entwickelt. Das Unternehmen
wurde mit einem EBITDA-Multiple von sechs bewertet,
wobei für die EBITDA -Berechnung der Durchschnittswert
aus Vorjahr, aktuellem Geschäftsjahr sowie einem Planjahr
maßgeblich war. Damit belief sich das Enterprise Value auf
ca. 20 Mio. €, wobei 7,15 Mio. € auf den Kaufpreis entfielen
(Equity Value).
VI. Fazit
Mittelständische Unternehmen sind jenseits des operativen
Managements von Wachstum häufig mit Finanzierungsproblemen konfrontiert und darüber hinaus übergeordneten
exogenen Einflussfaktoren wie etwa gesamtwirtschaftlichen
Krisen ausgesetzt. Darüber hinaus ändern sich die persönlichen Lebensumstände, Interessen und Ziele der Unternehmer
im Zeitablauf. Eine Beteiligungsgesellschaft kann in allen
diesen Situationen unternehmens- und situationsspezifische
Lösungen auf der Kapitalseite bieten und als kompetenter
Begleiter des Unternehmens wirken.
V. Transaktion
Das Management brachte 1,5 Mio. € ein, die beiden Beteiligungsgesellschaften zusammen 11,25 Mio. € – teilweise auch
durch Wandlung von bereits investiertem Mezzaninekapital.
Tab. 2: Mittelherkunft und Mittelverwendung in der Transaktion
Mittelherkunft
Eigenkapital
Mio. €
Mittelverwendung
Mio. €
12,75
Kaufpreis
7,15
Darlehen
8,00
Rückführung FK
12,85
Gesamt
20,75
Transaktionskosten
0,75
20,75
Während das Investment des Managements vollständig zum
Erwerb von Geschäftsanteilen verwendet wurde, splitteten
die Beteiligungsgesellschaften ihr Engagement in 5,65 Mio.
€ für den Erwerb von Geschäftsanteilen sowie 5,6 Mio. €
stimmrechtloses Vorzugskapital mit PIK-Verzinsung (nur im
Exit- oder Ausschüttungsfalle zu zahlende Verzinsung). Somit
konnte ein Ausgleich der Interessen der neuen Gesellschafter
unter anderem hinsichtlich Stimmrechten und Renditeanforderungen erreicht werden. Im Herbst 2013 war die Transaktion
umgesetzt.
Durch das Eigenkapital der neuen Gesellschafter und die
Ablösung von Altkrediten wurde die Passivseite komplett
restrukturiert. Insgesamt reduzierte sich die Verschuldung
um rund 4,9 Mio. €. Das Unternehmen hat unter seinen neuen
Gesellschaftern alle Möglichkeiten, sich bietende Marktchancen wahrzunehmen und ist inzwischen wieder auf einen rentablen Wachstumspfad eingeschwenkt. Der frühere Inhaber und
Geschäftsführer ist nach wie vor beratend für die Gesellschaft
tätig.
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CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
13. Jahresforum
Unternehmensbewertung
2. und 3. Juli 2015 | Frankfurt am Main
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für Bewertungs
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THEMEN 2015
REFERENTEN 2015
❚ Unsicherheit und Risikobewertung –
Spannungsfelder zwischen unternehmerischem Erfolg
und Bewertungsfragen
❚ Moderation: Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser,
Ludwig-Maximilians-Universität München
❚ Aktuelle Fragen der steuerlichen Bewertung
❚ Neues zu Beteiligungen und Fragen der Due Diligence
❚ Enforcement 2015
❚ Compliance und die Belastbarkeit von Bewertungen
❚ Bewertung von Unternehmen in Emerging Markets
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❚ Prof. Dr. Bettina Thormann, Vizepräsidentin,
Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e.V.
❚ Prof. Dr. Bernhard Schwetzler, HHL Leipzig
Graduate School of Management
❚ Prof. Dr. Leonhard Knoll, Universität Würzburg,
Lehrstuhl für Bank- und Kreditwirtschaft
u.v.a.
Information und Anmeldung: www.jahresforum-unternehmensbewertung.de
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IMPRESSUM
CORPORATE FINANCE
Zeitschrift für Finanzierung, Kapitalmarkt, Bewertung und Mergers & Acquisitions
Herausgeber:
Prof. Dr. Christian Aders
Prof. Dr. Alexander Bassen
Dr. Michael Gschrei
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Prof. Dr. Christoph Kaserer
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Dr. Hans-Dieter Klein
Prof. Dr. Jens Leker
Prof. Dr. Reinhard Meckl
Dr. Klaus-Michael Menz
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CORPORATE FINANCE vom 01.01.2015.
CORPORATE FINANCE Nr. 06 01.06.2015
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