Gesundheitsökonomik Effizienzmessung von Krankenanstalten Session 7: Paneldaten Lehrveranstaltung Universität Graz Philippe Widmer [email protected] Baslerstrasse 44 4600 Olten, Schweiz Graz, 2015 Übersicht Unterschied zwischen Querschnitts- und Paneldaten Grundlagen der ökonometrischen Modellierung mit Paneldaten Berücksichtigung der zeitinvarianten Effekte Umgang mit Ineffizienz, die über die Zeit variiert Separierung der Heterogenität von der Ineffizienz Graz 2015 2 Einschränkungen bei Querschnittsdaten Das Modell (Produktionsfunktion): 𝑌𝑖 = 𝑓 𝑥𝑖 + 𝑣𝑖 − 𝑢𝑖 mit – 𝑓 𝑥𝑖 = ? (Cobb-Douglas, Translog, etc.) – 𝑣𝑖 ~N 0, 𝜎𝑣2 – 𝑢𝑖 ~ ? (Exponential, HNormal, TNormal, Gamma, etc.) Jede Beobachtung ist nur einmal im Datensatz enthalten Es müssen arbiträre Annahme zur Verteilung der Ineffizienz (𝑢𝑖 ) gemacht werden Die Ineffizienz darf nicht mit den erklärenden Variablen der Technologiegrenze korreliert sein, 𝐶𝐶𝐶(𝑢𝑖 , 𝑥𝑖 ) = 0 Ineffizienz kann nicht konsistent geschätzt werden Graz 2015 3 Abgrenzung zu den Querschnittsdaten Erweiterung des Datensatzes für mehrere Jahre (Fallbeispiel Schweizer Spitäler, 2005 bis 2008) Jede Beobachtung kommt mehrfach vor (balanced vs. unbalanced) Die Effizienz kann ohne Verteilungsannahmen bestimmt werden (Fixed-Effects-Modell) Die Effizienz muss nicht mehr zwingend unkorreliert zur Technologie sein Es können Entwicklungen über die Zeit geschätzt werden Es können unbeobachtbare Unterschiede zwischen den Unternehmen und zwischen Zeitperioden ermittelt werden Damit dies möglich ist, müssen wir der Ineffizienz eine Struktur vorgeben Graz 2015 4 Beispiel für Paneldatensatz DMU Jahr Y1 Y2 L 1 2008 2507 6747 172 … 56 1 2007 2595 6364 162 … 56 1 2006 2476 6383 155 … 56 2 2008 4792 9913 414 … 106 2 2007 4924 10642 434 … 149 2 2006 4396 8355 402 … 149 3 2008 1845 3422 132 … 45 3 2007 1726 3360 131 … 45 3 2006 1640 … 2198 … 112 … … 44 Y1 Y2 L … … N Jahr … … K K Variablen sollten innerhalb und zwischen den Unternehmen ausreichend variieren Graz 2015 5 Bekannte ökonometrische Modelle Die beiden wichtigsten linearen Paneldatenmodelle sind das FixedEffects-Modell (FE) und das Random-Effects-Modell (RE) – Pooled: 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓(𝒙𝑖,𝑡 ) + 𝑣𝑖,𝑡 – FE: 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓 𝒙𝑖,𝑡 + 𝑎𝑖 + 𝑣𝑖,𝑡 – RE: 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓(𝒙𝑖,𝑡 ) + 𝑢𝑖 + 𝑣𝑖,𝑡 , 𝑢𝑖 ~𝑁(0, 𝜎𝑢2 ) Wie unterscheidet sich 𝑎𝑖 von 𝑢𝑖 ? – 𝐶𝐶𝐶(𝑢𝑖 , 𝑥𝑖,𝑡 ) = 0 – 𝐶𝐶𝐶(𝑎𝑖 , 𝑥𝑖,𝑡 ) ≠ 0 – Wann soll welches Modell berücksichtigt werden? (HausmanTest) Was wird in 𝑎𝑖 und 𝑢𝑖 berücksichtigt? – Ineffizienz – Heterogenität Graz 2015 6 Fallbeispiel Schweizer Spitäler Schätze die durchschnittliche variable Kostenfunktion (CobbDouglas-Form): 𝑉𝑉 𝑃𝑃 ln( ) = l𝑛(𝑌1 ) + ln(𝑌2 ) + ln( ) + ln(K) + u + v 𝑃𝑃 𝑃𝑃 Verwende dazu die folgenden drei Modelle – Pooled: 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓(𝒙𝑖,𝑡 ) + 𝑣𝑖,𝑡 – FE: 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓 𝒙𝑖,𝑡 + 𝑎𝑖 + 𝑣𝑖,𝑡 – RE: 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓(𝒙𝑖,𝑡 ) + 𝑢𝑖 + 𝑣𝑖,𝑡 , 𝑢𝑖 ~𝑁(0, 𝜎𝑢2 ) Fragen: – Welches ist das präferierte Modell? – Wie stark variieren die einzelnen Kostenfunktionen? Graz 2015 7 Schätzergebnisse zu den Kostenfunktionen Variablen Pooled Coef. Std. Error Konstante Y1 Y2 PL/PM K 0.443 0.746 0.019 0.437 0.274 0.096 0.023 0.003 0.019 0.025 FE Coef. Std. Error RE Coef. Std. Error 0.715 0.003 0.400 0.179 0.582 0.765 0.007 0.404 0.253 0.031 0.002 0.017 0.028 Sigmav 2 0.002 Sigmau2 Abhängige Variable: VC/PM 0.013 0.107 0.021 0.002 0.015 0.023 Gemäss Hausman-Test wird das FE-Modell präferiert Individuelle Effekte sind mit der Technologie korreliert Graz 2015 8 30 20 10 0 Häufigkeit 40 Individuelle Achsenabschnitte (FE-Modell) -0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 Fixef Graz 2015 9 SFA für Paneldaten Wir gehen erneut davon aus, dass wir für jede Firma i= 1,…, N zu mehreren Jahren t= 1,…, T Beobachtungen haben 𝑌𝑖,𝑡 = 𝑓 𝑥𝑖,𝑡 + 𝑣𝑖,𝑡 − 𝑢𝑖 , mit 𝑣𝑖,𝑡 als Störterm und 𝑢𝑖 > 0 als Ineffizienz (zeitinvariant) Im Unterschied zu den Modellen mit Querschnittsdaten werden Subskripte für die Zeit t = 1,…, T eingeführt Im Unterschied zu den FE und RE-Modellen werden die zeitinvarianten Unterschiede zwischen den Unternehmen als Ineffizienz interpretiert Ansonsten gelten gleiche Bedingungen wie bei FE und RE Graz 2015 10 SFA Modelle für Paneldaten (Zeitinvariante Ineffizienz) 1. RE Modell (Pitt und Lee, 1981): – Ermöglicht zeitinvariante Effekte in der Technologie – Ineffizienz ist unkorreliert mit Technologie – Annahmen zur Verteilung der Ineffizienz notwendig 2. FE Modell (Schmidt und Sickles, 1984): – Einfache Methode (ähnlich wie COLS bei den Querschnittsdaten) – Keine Annahmen zur Verteilung der Ineffizienz notwendig – Ineffizienz kann mit Technologie korreliert sein – Mindestens ein Unternehmen ist effizient – Keine zeitinvarianten Effekte in der Technologie möglich Graz 2015 11 Pitt und Lee RE Modell Ähnlich zum RE-Modell wird eine Technologiegrenze mit den folgenden Annahmen geschätzt. 𝑌𝑖,𝑡 = 𝑓 𝑥𝑖,𝑡 + 𝑣𝑖,𝑡 − 𝑢𝑖 𝑣𝑖,𝑡 ~𝑁 0, 𝜎𝑣2 𝑢𝑖 ~𝑁 + (0, 𝜎𝑢2 ) 𝑣𝑖,𝑡 und 𝑢𝑖 sind unabhängig voneinander und der Technologie Ineffizienz ist aber positiv verteilt vergleichbar zum Modell mit Querschnittsdaten Vorgehen bei der Berechnung ist ähnlich zu den Querschnittsdaten ausser, dass hier die Zeitstruktur mitberücksichtigt wird Graz 2015 12 Schmidt und Sickles FE Modell Schätze eine Produktionsfunktion mit OLS (within Heterogenität) 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓 𝒙𝑖,𝑡 + 𝑎𝑖 + 𝑣𝑖,𝑡 Da die Ineffizienz als zeitinvariant angenommen wird, kann der Achsenabschnitt wie folgt interpretiert werden, 𝑎i = 𝛽0 − 𝑢𝑖 (bei Kostenfunktion, 𝑎i = 𝛽0 + 𝑢𝑖 ) Erhalte Ineffizienz durch Verschiebung der Schätzgerade zu den effizienten Beobachtungen – Kostenfunktion: – Produktionsfunktion: 𝑢�𝑖 = 𝑎�𝑖 − min 𝑎�𝑖 > 0 𝑢�𝑖 = 𝑚𝑚 𝑥 𝑎�𝑖 − 𝑎�𝑖 > 0 Die Farrell-Effizienz ergibt sich durch: 𝑇𝑇 𝑥𝑖 , 𝑦𝑖 = 𝑒𝑒𝑒 −𝑢�𝑖 Graz 2015 13 Fallbeispiel Schweizer Spitäler Schätze die variable Kostenfunktion (Cobb-Douglas-Form): 𝑉𝑉 𝑃𝑃 ln( ) = l𝑛(𝑌1 ) + ln(𝑌2 ) + ln( ) + ln(K) + u + v 𝑃𝑃 𝑃𝑃 Berechne die Effizienz für die folgenden drei Modelle – Pooled: 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓(𝒙𝑖,𝑡 ) + 𝑣𝑖,𝑡 – FE: 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓 𝒙𝑖,𝑡 + 𝑎𝑖 + 𝑣𝑖,𝑡 – RE: 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓(𝒙𝑖,𝑡 ) + 𝑢𝑖 + 𝑣𝑖,𝑡 , 𝑢𝑖 ~𝑁(0, 𝜎𝑢2 ) Fragen: – Welches ist das präferierte Modell? – Wie stark variieren die einzelnen Kostenfunktionen Graz 2015 14 Schätzergebnisse zu den Kostenfunktionen Variablen Pooled Coef. Std. Error RE Coef. Std. Error FE Coef. Std. Error Konstante Y1 Y2 PL/PM K 0.383 0.744 0.019 0.439 0.276 0.143 0.773 0.010 0.422 0.271 0.170 0.715 0.003 0.400 0.179 Sigmav 2 0.017 Sigmau2 0.005 Mean EFF 94.5 Abhängige Variable: VC/PM 0.111 0.023 0.003 0.019 0.025 0.089 0.021 0.002 0.014 0.022 0.178 0.031 0.002 0.017 0.028 0.056 0.054 82.3 61.8 Graz 2015 15 30 Sensitivität in den Effizienzwerten 20 15 10 5 0 Dichte 25 Pooled FE RE 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 Effizienz (u) Graz 2015 16 Ein Problem der Heterogenität? Die zeitinvarianten Modelle absorbieren zwei Effekte – Ineffizienz – Heterogenität Nicht berücksichtigt wird dagegen die zeitvariante Ineffizienz Graz 2015 17 Erweiterung der Modelle für unbeobachtbare Heterogenität Die Ausgangslage bildet wieder das folgende Modell: 𝑌𝑖,𝑡 = 𝑓 𝑥𝑖,𝑡 + 𝑣𝑖,𝑡 − 𝑢𝑖 – Entweder FE oder RE wird angewendet – 𝑢𝑖 berücksichtigt alle zeitinvarianten Effekte auch wenn es sich um Heterogenität handelt Zwei Modelle zur Berücksichtigung der Heterogenität auf dem Achsenabschnitt – True RE Modell – True FE Modell Weiterführende Modelle – Random Parameter Frontier Modelle (RPFM) Graz 2015 18 Ein True RE Modell Random Paremeter Modell auf dem Achsenabschnitt (𝑎𝑖 ) 𝑌𝑖,𝑡 = 𝑓 𝑥𝑖,𝑡 + 𝑎𝑖 + 𝑣𝑖,𝑡 − 𝑢𝑖,𝑡 𝑣𝑖,𝑡 ~𝑁 0, 𝜎𝑣2 𝑢𝑖,𝑡 ~𝑁 + (0, 𝜎𝑢2 ) 𝑎𝑖 ~𝑁(0, 𝜎𝑎2 ) 𝑎𝑖 ist unkorreliert mit der Technologie, 𝑣𝑖,𝑡 und 𝑢𝑖,𝑡 Weiterführende Z-Variablen können im Modell berücksichtigt werden Zeitinvariante Ineffizienz wird als Heterogenität interpretiert (Überschätzung der Effizienz) Graz 2015 19 Ein True FE Modell Gleiche Ausgangslage wie beim RE Modell 𝑌𝑖,𝑡 = 𝑓 𝑥𝑖,𝑡 + 𝑎𝑖 + 𝑣𝑖,𝑡 − 𝑢𝑖,𝑡 𝑣𝑖,𝑡 ~𝑁 0, 𝜎𝑣2 𝑢𝑖,𝑡 ~𝑁 + (0, 𝜎𝑢2 ) Dieses Modell entspricht dem Normal-Halbnormal Modell für Querschnittsdaten 𝑎𝑖 wird hier vergleichbar zum FE Modell mit fixen Grössen bestimmt (z. B. Dummy-Variable für jedes Unternehmen) Es gelten die gleichen Einschränkungen wie beim FE Modell Graz 2015 20 Fallbeispiel Schweizer Spitäler (II) Geschätzt wird eine variable Kostenfunktion mit der Cobb-Douglas Form für eine normale SFA (SFM), True RE Modell (RIFM) und ein Random Parameter Frontier Modell (RPFM): Graz 2015 21 Schätzergebnisse zur Kostenfunktion Graz 2015 22 Schätzergebnisse zu den Effizienzwerten Graz 2015 23 Zusammenfassung Die Panelstruktur kann zur Bestimmung der Effizienzwerte verwendet werden Die Effizienz wird dabei als zeitinvariant angenommen Beim FE Modell können Effizienzwerte ohne Verteilungsannahmen der Ineffizienz bestimmt werden Heterogenität, die zeitinvariant ist, wird als Ineffizienz beurteilt Die Heterogenität kann zum Teil berücksichtigt werden, was aber sehr zeit- und rechenintensiv ist (beobachtbare, unbeobachtbare Heterogenität) Zeitinvarianz bei der Ineffizienz ist für lange Zeitreihen nicht realistisch Graz 2015 24 Zeitvariante Ineffizienz Restriktive Annahme, dass die Ineffizienz zeitinvariant ist Bei langen Zeitreihen ist es wahrscheinlich, dass die Ineffizienz über die Zeit variiert – Gibt es einen generellen Trend über die Zeit? – Haben die Unternehmen einen unterschiedlichen Verlauf der Ineffizienz? Die Erweiterung für zeitvariante Effizienzwerte lässt sich auf die FE und RE Modelle übertragen Graz 2015 25 Modellierung der Ineffizienz über die Zeit Das Ausgangsmodell : 𝑌𝑖,𝑡 = 𝑓 𝑥𝑖,𝑡 + 𝑣𝑖,𝑡 − 𝑢𝑖,𝑡 Erweitere das Modell im Ineffizienzterm um eine zeitliche Komponente , 𝑢𝑖,𝑡 = 𝛾 𝑡 ∗ 𝑢𝑖 – Kumbhakar (1990) – Battese und Coelli (1992) 𝜙 = Schätzparameter 𝛾 𝑡 = 1 + exp 𝜙𝜙 + 𝜙𝑡 2 𝛾 𝑡 = exp(−𝜙(𝑡 − 𝑇) 2 Graz 2015 26 Fallbeispiel Schweizer Spitäler Schätze die variable Kostenfunktion (Cobb-Douglas-Form) für die Jahre 2005 bis 2008: 𝑉𝑉 ) 𝑃𝑃 ln( 𝑃𝑃 )+ 𝑃𝑃 = l𝑛(𝑌1 ) + ln(𝑌2 ) + ln( ln(K) + u + v Berechne die Effizienz für das folgende RE Modell – 𝑦𝑖,𝑡 = 𝑓(𝒙𝑖,𝑡 ) + 𝑢𝑖𝑡 + 𝑣𝑖,𝑡 – 𝑢𝑖,𝑡 = 𝛾 𝑡 ∗ 𝑢𝑖 – 𝛾 𝑡 = exp(−𝜙 𝑡 − 𝑇 , t = 1, 2,3,4 mit T=4 Fragen: – Wie hoch ist die durchschnittliche Effizienz in den einzelnen Jahren? – Nimmt die Effizienz über die Zeit zu oder ab? Graz 2015 27 5 Schätzergebnisse zu den Effizienzwerten 3 2 1 0 Dichte 4 2005 2006 2007 2008 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 Effizienz (u) Graz 2015 28 Zusammenfassung Es ist wahrscheinlich, dass die Effizienz über die Zeit variiert Zeitvariante Effizienzwerte können mit dem Pooled Modell geschätzt werden. Dabei verliert man aber die Vorteile der Panelstruktur Für das RE und FE Modell lassen sich zeitvariante Effizienzwerte schätzen, wenn zusammen mit der Ineffizienz ein systematischer Zeittrend geschätzt wird Die zeitinvariante Heterogenität zwischen den Unternehmen wird aber immer noch grösstenteils als Ineffizienz interpretiert Graz 2015 29 Graz 2015 30
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