PARITÄTinform Baden-Württemberg | März 2015 Gelebte Inklusion Landeskampagne will Öffentlichkeit sensibilisieren Pflegestärkungsgesetz – erste Stufe der Pflegereform E 13795 ISSN 2198-9575 Inhalt Dazugehören 3 SOZIALPOLITIK · Gelungene Gratwanderung – Das neue PsychKHG ist in Kraft getreten 6 MITGLIEDERVERSAMMLUNG · Wertedialog und Neuwahl des Aufsichtsrats · Interview mit dem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Günther Petry 13 LANDESVERBAND · Die GlücksSpirale förderte in 2014 eine Vielzahl sozialer Projekte · Partnerschaft zwischen Steuerung und Subsidiarität Zum Verhältnis von öffentlicher und freier Jugendhilfe 16 SCHWERPUNKT INKLUSION · PARITÄTISCHER beteiligt sich mit Aktivitäten an Inklusionskampagne des Landes · Inklusive Erwachsenenbildung bei der Lebenshilfe · Mehr Teilhabe durch selbstständige Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs · Netzwerk für inklusive Freizeit- und Bildungsangebote · Neue Perspektiven: Kurse für Inklusionsbegleiter sollen Berührungsängste abbauen · Bewegende filmische Einblicke in das inklusive Tanzprojekt Carmina · Barrierefreie Ziele auf der Schwäbischen Alb im Freizeitführer Erfahrbar · Inklusion beim von der FreiwilligenAgentur organisierten Freiwilligentag · Lebenshilfe Heidelberg plant ein „Büro für Leichte Sprache“ · Fachstelle für Inklusion Auf dem Weg in eine geregelte Schullaufbahn Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg beteiligt sich an der vom Land Baden-Württemberg initiierten Kampagne „DUICHWIR – Alle Inklusive“. Ziel der auf ein Jahr angelegten Kampagne ist es, den Menschen die Bedeutung von Inklusion näher zu bringen und das Thema nachhaltig im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verankern. Gemeinsam mit vielen Kooperationspartnern und Multiplikatoren soll ein möglichst breites öffentliches Echo erzielt und der Inklusionsgedanke in die Lebensbereiche der Menschen vor Ort getragen werden. Beginnend mit dem 5. Mai, dem Europäischen Gleichstellungstag für die Rechte von Menschen mit Behinderung, wird sich der PARITÄTISCHEN in der Zeit bis zum 23. Mai 2015 mit zahlreichen regionalen Aktionen und Veranstaltungen, getragen von seinen Regionalgeschäftsstellen und Mitgliedsorganisationen vor Ort, auf die Situation von Menschen mit Behinderung aufmerksam machen und sich dafür einsetzen, dass alle Menschen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Zur Einstimmung präsentieren wir in dieser Ausgabe von PARITÄTinform neben einem Ausblick auf die geplanten verbandlichen Aktivitäten einige gelungene lokale Beispiele gelebter Inklusion. 28 PFLEGE · Pflegereform beschlossen – Was bringt das erste Pflegestärkungsgesetz? · Familienpflegezeitgesetz – Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf? · Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege · Fachtagung des PARITÄTISCHEN und des DRK zur Landesheimbauverordnung · Anthropos: Betreuung statt Entmündigung Dieser Inklusionsprozess, der sich auf alle Bereiche des Lebens wie barrierefreies Wohnen und Nachbarschaft, Arbeit, Schule, Freizeit, Kultur und Sport sowie Mitbestimmen erstreckt, kann nur vor Ort vorangebracht und erfolgreich umgesetzt werden. Die damit verbundene, politisch gewollte Konzentration auf überschaubare, gemeinwesenorientierte Unterstützungsangebote bringt aber auch Probleme mit sich. Wir begrüßen und unterstützen diesen Umbauprozess ausdrücklich. Gleichwohl müssen wir darauf achten, dass bestehende, bewährte Einrichtungs- und Betreuungsstrukturen nicht gefährdet, sondern in diesen Wandlungsprozess miteinbezogen werden. Ein Monitoring zur Begleitung des Umsetzunsprozesses könnte, wie vom PARITÄTISCHEN angeregt, diesen Prozess fördern und zu seinem Gelingen beitragen. 40 TAGUNGEN · Wirtschaft & Soziales = Gemeinsam Verantwortung übernehmen (CSR) · Fachtagung zu Entwicklungen in der F rauenhaus- und Frauenberatungsarbeit · Projekt: Konzept eines Beratungszentrums für von häuslicher Gewalt betroffener Familien Last but not least berichten wir in diesem Heft auch über unsere Mitgliederversammlung vom 6. Februar 2015. Mit der Wahl des Aufsichtsrats konnte die Neustrukturierung des Verbandes erfolgreich fortgesetzt werden. Dem neuen Gremium gehören erstmals eine satzungsmäßig festgeschriebene gleich große Zahl von Frauen und Männer sowie eine Betroffenenvertreterin und ein Betroffenenvertreter an. 45 WEITERBILDUNG · Neues zweisemestriges Kontaktstudium Gerontologie für Quereinsteiger · Systemische Beratung: berufsbegleitende Akademische Weiterbildung zertifiziert 47 AKTUELLES RECHT 2 35 IMPRESSUM Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Hansjörg Böhringer Vorstandsvorsitzender Sozialpolitik Gelungene Gratwanderung Das neue Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz – PsychKHG ist in Kraft getreten STUTTGART Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg ist mit rund 85 Mitgliedsorganisationen im Bereich der Sozialpsychiatrie in allen Landkreisen präsent. Sie sind tätig im ambulanten, teilstationären und stationären Bereich und bieten Leistungen für ganz verschiedene Lebenssituationen und in ganz unterschiedlichen Lebensbereichen an. Von dem am 12. November 2014 beschlossenen Gesetz, das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz – PsychKHG), das am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, sind eine Reihe von Mitgliedsorganisationen direkt oder indirekt tangiert. Albrecht Hegener, Kernteamleitung Hilfen für Menschen mit Behinderung im PARITÄTISCHEN, fasst nachfolgend seine Neuerungen und Chancen, aber auch Limitierungen zusammen. Schon Ende der neunziger Jahre hatte die Liga der freien Wohlfahrtspflege den Versuch unternommen, ein Psychiatriegesetz für Baden-Württemberg auf den Weg zu bringen und dazu entsprechende Eckpunkte vorgelegt, die aber leider damals nicht von der Politik aufgegriffen wurden. Beim neuen PsychKHG sind in erster Linie Teil 1 und 2 für die Sozialpsychiatrie relevant. Hier finden sich die Regelungen zu den sozialpsychiatrischen Diensten, den gemeindepsychiatrischen Verbünden, den Patientenfürsprechern/-innen, der Ombudsstelle, dem Landesarbeitskreis Psychiatrie und dem Landespsychiatrieplan. Gleichwohl dürfte auch Teil 3 mit Regelungen zur Unterbringung zukünftig eine Rolle spielen. Teil 4 betrifft den Maßregelvollzug, vor allem an der Schnittstelle bei der Beendigung einer Maßnahme und im Übergang zum „normalen“ Leben. Ziele und Grundausrichtung des Gesetzes Grundsätzlich will das PsychKHG mit seinen Hilfen Ergänzung zu bestehenden Rechtsvorschriften anderer relevanter Sozialgesetzbücher sein. Es setzt auf Freiwilligkeit der Hilfen und Angebote, Zwang soll lediglich als Ultima Ratio angewendet werden. Entlang den Forderungen der UN-BRK findet die Orientie- rung am Lebensraum und an der Gemeindeorientierung statt. Hilfen und Angebote sollen demnach wohnortnah angeboten werden. Der Prävention psychischer Erkrankungen wird ein hoher Stellenwert eingeräumt. Ein Ziel der Hilfen nach diesem Gesetz ist beachtlich, auch wenn es in der Folge nicht weiter spezifiziert wird: „Psychisch kranken oder behinderten Menschen nahestehende Personen sollen entlastet, unterstützt, ihre Bereitschaft zur Mitwirkung bei den Hilfen erhalten und gefördert werden. Die besondere Situation von Kindern psychisch kranker oder behinderter Menschen soll berücksichtigt werden.“ Damit findet eine systemische Komponente Eingang: Nicht nur Personen, die aufgrund einer psychischen Störung krank oder behindert sind, sind Adressaten von Hilfeangeboten, sondern auch ihr unmittelbares Umfeld. Diese Zielsetzung dürfte in der Umsetzung des Gesetzes noch eine große Rolle spielen, sowohl hinsichtlich einer konzeptionellen (Neu-) Ausrichtung von Diensten und Angeboten als auch im Hinblick auf die Finanzierung von möglicherweise erforderlichen spezialisierten Leistungen, beispielsweise für Kinder von Eltern mit seelischer Behinderung. Für diese wird seit langem eine Regelfinanzierung gesucht, die auch das PsychKHG nicht bietet. 3 Sozialpolitik Sozialpsychiatrische Dienste – Eckpfeiler einer Grundversorgung Sozialpsychiatrische Dienste gibt es schon seit über einem Vierteljahrhundert; sie sind fester, flächendeckender Bestandteil der sozialpsychiatrischen Landschaft im komplementären Bereich, also jenseits der Kliniken und Zentren für Psychiatrie. Im Jahr 2013 waren die 67 Sozialpsychiatrischen Dienste Anlaufstelle für fast 26.500 chronisch psychisch Kranke. Für deren Betreuung und Begleitung standen 445 Mitarbeitende zur Verfügung. Neben der direkten Unterstützung von Betroffenen kommt den Sozialpsychiatrischen Diensten überdies auch eine Koordinationsfunktion zu, die sie im Rahmen der Gemeindepsychiatrischen Verbünde wahrnehmen. Mit dem neuen Gesetz werden sie nun erstmals in der Geschichte Baden-Württembergs gesetzlich geregelt, einschließlich der Förderung durch das Land und die Stadt- und Landkreise. Zu ihrer Rolle heißt es im Gesetz, dass sie die„ärztlich-psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung ergänzen“. Die damit ein wenig zum Ausdruck kommende „Nachrangigkeit“ war im Anhörungsverfahren kritisiert worden, denn de facto sind Sozialpsychiatrische Dienste als gleichwertige Partner im Geschehen vor Ort zu betrachten. Ihr bisheriger Auftrag wurde gesetzlich festgeschrieben: sozialpsychiatrische Vorsorge, Nachsorge und psychosoziale Krisenintervention sowie die Vermittlung sozialer Hilfen für insbesondere chronisch psychisch kranke oder behinderte Menschen. Unzureichend ist in diesem Zusammenhang die Regelung, dass den Kreisen die (Mit-)Finanzierung „auf freiwilliger Basis“ zugestanden wurde. Gleiches gilt für die Aufgaben der Bedarfsplanung, Koordination und finanziellen Abwicklung. Völlig unverständlich ist die Regelung, dass die Träger der Sozialpsychiatrischen Dienste die nicht durch Zuschüsse abgedeckten Ausgaben selbst zu finanzieren haben. Grundversorgung als Strukturelement von Daseinsvorsorge ist nach Auffassung des PARITÄTISCHEN ureigene Aufgabe der Kommunen und daher auch von jenen zu finanzieren. Die im Gesetz zum Ausdruck kommende „Feinfühligkeit“ gegenüber den Kreisen ist sachlich nicht gerechtfertigt und allenfalls politischen Konstellationen und dem Konnexitätsprinzip der Landesverfassung geschuldet, welche das Land verpflichtet, einen Ausgleich für Mehraufwendungen der Kreise zu übernehmen, wenn es den Kommunen Aufgaben überträgt. IBB-Stellen – neues Strukturelement Zukünftig sind in allen Kreisen Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen einzurichten, die unabhängig, trialogisch besetzt und deren Mitglieder ehrenamtlich aktiv sind. Trialogisch meint in diesem Zusammenhang: „Die Informations-, Beratungsund Beschwerdestelle soll sich aus mindestens einer Vertretung der Psychiatrie-Erfahrenen, der Angehörigen sowie einer Person mit professionellem Hintergrund im psychiatrischen Versorgungssystem zusammensetzen.“ Für Aufwandsentschädigungen kommt das Land auf und stellt hierzu Mittel zur Verfügung. Abgesehen 4 davon, dass es beim Aufbau der IBB-Stellen noch Unsicherheiten hinsichtlich des Zustandekommens, der Arbeitsweise und der Besetzung gibt, sind diese Stellen ein wichtiges Element zur Stärkung der Rechte Betroffener und deren Angehörigen. Anregungen und Beschwerden sollen von der IBB-Stelle entgegengenommen und einer Lösung zugeführt werden. „Des Weiteren gibt die Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle Auskunft über die für die möglichst wohnortnahe Versorgung in Betracht kommenden Hilfs- und Unterstützungsangebote.“ Erfreulich ist überdies, dass ein jährlich abzugebender Bericht vorgesehen ist, der einer auf Landesebene einzurichtenden Ombudsstelle vorzulegen ist. Auf diese Art wird eine bis dato nicht vorhandene landesweite Transparenz hergestellt. Die Ombudsstelle hat ihrerseits die IBB-Stellen zu beraten und „hat Sorge zu tragen für die landesweite zentrale Erfassung von Unterbringungsmaßnahmen und Zwangsmaßnahmen innerhalb anerkannter Einrichtungen nach § 14“. Dies sind beispielsweise die Zentren für Psychiatrie. Die Ombudsstelle berichtet mindestens einmal in der Legislaturperiode dem Landtag. Mit diesem „Sensor“ erhält der Landtag frühzeitig und rechtzeitig Kenntnis von möglicherweise problematischen Entwicklungen und kann entsprechend gegensteuern. Ein solches Monitoring kann nicht hoch genug bewertet werden. Aktualisierung des Landespsychiatrieplans Nach dem PsychKHG ist ein Landespsychiatrieplan aufzustellen, der bei Bedarf fortzuschreiben ist. Die Frage, ob ein Bedarf besteht, ist vom Sozialministerium längstens im Fünf-JahresRhythmus zu klären. Der letzte Psychiatrieplan stammt aus dem Jahr 2000. Seither haben sich nicht nur Bestandszahlen verändert. Es sind auch neue Leistungen und Strukturen hinzugekommen, beispielsweise Soziotherapie und Integrierte Versorgung oder ambulante Rehabilitation psychisch Kranker. Mit der Neufassung des Landespsychiatrieplans sind große Hoffnungen und Erwartungen verbunden, zumal die Herausforderungen des demografischen Wandels immer deutlicher erkennbar werden: n Welche Versorgungsformen werden für ältere Menschen mit seelischer Behinderung gebraucht? n Wie lässt sich der Ärztemangel vor allem in dünn besiedelten Gebieten beheben? n Wie verändern sich die Sozialgesetze an der Schnittstelle zwischen Eingliederungshilfe und Pflegeversicherung? n Wo können zukünftig Fachkräfte rekrutiert werden? Das Land geht mit Ernsthaftigkeit daran, das Gesetz in puncto Psychiatrieplan umzusetzen. In Kürze tagen die ersten Arbeitsgruppen zu Einzelaspekten, zum Beispiel zu den IBB-Stellen und der Krisen- und Notfallintervention. Darüber hinaus wird „Verrücktes Gesundheitswesen Was macht mich gesund? Was macht mich krank?“ Am 27. Juni 2015 findet in Stuttgart der vierte Landespsychiatrietag statt. An diesem Tag erfolgt zugleich die Preisverleihung im Rahmen des Kunstwettbewerbs „so gesehen“ für Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung aus Baden-Württemberg. Weitere Informationen unter www.landespsychiatrietag.de. eine Dacharbeitsgruppe ins Leben gerufen, die den gesamten Prozess in den Blick nehmen soll. Das Land hat für dieses Vorhaben die Absicht, durch Einbeziehung von Betroffenen, Fachleuten, Angehörigen und sonstigen Organisationen eine möglichst breite Beteiligung sicherzustellen. die Sozialpsychiatrie gesellschaftlich relevanten Gruppen für Aufgeschlossenheit sorgen, sich weiterhin für Menschen mit seelischer Erkrankung/Behinderung einzusetzen. Der PARITÄTISCHE und seine Mitgliedsorganisationen werden auf jeden Fall den Umsetzungsprozess aktiv begleiten. Fazit und Ausblick Die Dokumentation der Liga-Fachtagung vom 29. Januar 2015 „Neue Perspektiven für die Gemeindepsychiatrie – BadenWürttemberg bekommt ein Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“ finden Sie unter www.liga-bw.de/fachtag_psychkhg/links.html sowie die Freiwilligen Dokumentationen der Sozialpsychiatrischen Dienste unter www.liga-bw.de/Dokumentation.163.0.html. Mit dem neuen PsychKHG werden zum einen bereits bestehende Strukturen abgebildet und damit gesichert, aber auch neue Akzente gesetzt. Es zieht sich die Absicht durch das Gesetz, die unterschiedlichen Anforderungen nach wünschenswerter Innovation, Verbindlichkeit, Nachhaltigkeit und Transparenz mit den unterschiedlichen Interessen der Beteiligten in Einklang zu bringen, bei gleichzeitiger Beachtung der Auswirkungen auf die Haushalte. Eine Gratwanderung, die gelungen ist. Als sehr positiv muss der Beteiligungsprozess gewertet werden, der dem Gesetz voran ging und nun auch an anderer Stelle eine Fortsetzung erfährt. Diese methodische Orientierung am Dialog mit denen, die es betrifft, könnte ein Modell für die weitere Arbeit des Gesetzgebers werden. In jedem Fall ist es ein ermutigendes Zeichen des Ernstnehmens und wird sicher bei den für Kontakt Albrecht Hegener Kernteamleitung Menschen mit Behinderung Telefon 0711 | 21 55-128 [email protected] www.paritaet-bw.de 5 Mitgliederversammlung Appell zu „Mehr Mensch…“ Wertedialog und Neuwahl des Aufsichtsrats in der Mitgliederversammlung STUTTGART Rund 200 Vertreterinnen und Vertreter aus den Mitgliedsorganisationen des PARITÄTISCHEN Baden-Würt temberg haben sich am 6. Februar 2015 in der Mitglieder versammlung des Verbandes in Leinfelden-Echterdingen am Wertedialog des PARITÄTISCHEN beteiligt und einen neuen Aufsichtsrat gewählt. Eröffnet wurde die Mitgliederversammlung in der Filderhalle in Leinfelden-Echterdingen vom Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Günther Petry. Er begrüßte die Vertreter/-innen der Mitgliedsorganisationen und die Gäste, darunter die Landtagsabgeordneten Jochen Haußmann und Wilfried Klenk − seines Zeichens neugewählter Präsident des baden-württembergischen Landtags – sowie Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Mehr Mensch statt Mehrwert“ Dr. Ulrich Schneider leitete seinen Vortrag mit der Frage ein, wozu man noch ein Konzert besuchen wolle, wenn eine CD den gleichen Musikgenuss bringt und ein Orchester auf wenige Instrumente reduziert werden kann? In seinem Vortrag wie in seinem gleichnamigen Buch stellt er dar, wie die fortschreitende Ökonomisierung den Sozialsektor auf einen Ausschnitt redu ziert und so die ganzheitliche Sicht des Menschen aus den Augen verliert. Der Sozialsektor habe eine Ausgleichs- und Korrekturfunktion gegenüber den Märkten. Das Soziale ist das Gegenüber des Marktes und müsse seinen eigenständigen Charakter und seine eigenen Handlungslogiken erhalten. Die Ökonomisierung des Sozialen stellt diese Balance zunehmend in Frage. 6 Den Weg des Sozialen in die Ökonomisierung zeigte Dr. Schneider in drei Phasen auf, die durch drei Leitfragestellungen beschrieben sind. Die Fragestellung in der letzten Phase der Ökonomisierung sei die Frage nach dem Sinn der Wohltätigkeit, wodurch die Wohlfahrt an sich ihre natürliche Legitimationsbasis verliert. Vor dem Hintergrund von Einsparnotwendigkeiten und einer neoliberalen Grundstimmung sei die ökonomische Logik in alle Lebensbereiche eingezogen. Seinen Vortrag beendete er mit dem Appell zu „Mehr Mensch statt Mehrwert“. Der Pfad der Ökonomisierung, der Vermessung, der Scheinvermessung und der allgegenwärtigen Empirie führe zu einem Verlust Sabine Gwarys Der neue Aufsichtsrat W o f ü r ich i m Au f sich t s r a t e i n t r e t e n wi l l Sparkassen-Kauffrau Ich sehe meine Aufgabe darin, die Zielgruppe der Betroffenen in einem großen Sozialverband zu vertreten und dabei eine gesunde Balance zwischen den Bedürfnissen der Betroffenen und wirtschaftlich verantwortlichem Handeln zu finden. Wir müssen Unmögliches anstreben, um das Bestmögliche zu erreichen. Daniel Büter Sonderschullehrer, Geschäftsführer Als von Hörbehinderung Betroffener setze ich mich für die Belange der Menschen mit Behinderung und die Verbesserung ihrer Lebensqualität ein. Ich bin überzeugt, diese erreichen wir nur in einem Miteinander auf Augenhöhe. Ich möchte dazu beitragen, dass wir gemeinsam weg kommen vom defizitorientierten Begriff der Behinderung hin zu einem neuen von gegenseitiger Akzeptanz und Wertschätzung geprägten Menschenrechtsmodell. Für diesen Paradigmenwechsel brauchen wir mehr Begegnung von Menschen ohne und mit Behinderung. Deshalb setze ich mich für eine ehrlich gemeinte, inklusive Bildungslandschaft ein. Ingrid Hastedt Dipl.-Haushaltsökonomin In der derzeitigen Umbruchphase stellen die strukturelle Entwicklung des Verbands und die Stabilisierung der Wirtschaftlichkeit Herausforderungen dar. Den hauptamtlichen Vorstand bei der Reorganisation zu begleiten, sehe ich als aktuelle zentrale Aufgabe des Aufsichtsrats. Dr. Ursula Matschke Sozialwissenschaftlerin Während meiner Berufstätigkeit als Wissenschaftlerin, aber vor allem als Gleichstellungsbeauftragte der Landeshauptstadt Stuttgart wurde und werde ich täglich mit der Vielschichtigkeit sozialer Problemlagen konfrontiert, denen Menschen im Laufe ihres Lebens ausgesetzt sind. Sie sind auf ein funktionierendes, effizientes, aber vor allem innovatives und vernetztes wohlfahrtspflegerisches System angewiesen. Der Paritätische repräsentiert dies mit der Fülle seiner Mitglieder, seinen Grundwerten und seinem Selbstverständnis. Als Mitglied des Aufsichtsrats würde ich seine Arbeit gerne kritisch begleiten, Innovationen und Gestaltungskraft unterstützen. Dr. Claudia Schöning-Kalender Kulturwissenschaftlerin Im Mittelpunkt meines bisherigen beruflichen wie auch ehrenamtlichen Engagements stehen die Themen gesellschaftliche Teilhabe für alle, Chancengerechtigkeit und Leben ohne Gewalt, ob Frau oder Mann oder anders, ob jung oder alt, ob mit oder ohne Behinderung, ob zugewandert oder alt eingesessen. Damit ist mehr oder weniger das gesamte Feld des Paritätischen beschrieben. Im Aufsichtsrat will ich besonders auf eine gute Einbindung der vielen kleinen Mitgliedsorganisationen achten, inhaltlich will ich meine Erfahrung in den Themenbereichen Migration, Gewalt gegen Frauen/häusliche Gewalt und Inklusion einbringen. 7 Mitgliederversammlung der Fähigkeit qualitativen Denkens. Selbstverständliche sozialpädagogische Standards blieben so auf der Strecke. Gegen wärtig sei es vor allem das Personal, das trotz Ökonomisierung noch irgendwie Zeit für das Wesentliche in der Sozialen Arbeit finde. Statt Kontrollmechanismen gehe es um eine Stärkung der Systeme des Vertrauens. Nach einer Diskussion über Effi zienz und Mehrwert sei nun eine echte Wertediskussion notwendig: Was soll das Soziale in Deutschland ausmachen? Dieser Diskussion hat sich der PARITÄTISCHE mit seinem Wertedialog angenommen. Am 26. März 2015 wird die zentrale Auftaktveranstaltung hierzu in Berlin stattfinden. Anschließend gibt es über das Jahr verteilt eine Reihe von Regionalkonferenzen, darunter auch am 16. Oktober 2015 in Heidelberg, zu der die Mitgliedsorganisationen herzlich eingeladen sind. Der kommissarische Aufsichtsrat geht davon aus, dass mit den eingeleiteten Schritten zur Neustrukturierung und mit der getroffenen Personalentscheidung gute Voraussetzungen für eine weitere Zusammenarbeit im Verband geschaffen worden sind. Dr. Günther Petry bedankte sich am Ende seines Berichts bei allen Kolleginnen und Kollegen des vormaligen Landesvorstands und übergangsweisen Aufsichtsrats für die geleistete Arbeit und das eingebrachte Engagement, insbesondere auch dafür, dass sich einige Mitglieder bei der Wahl im Sommer 2013 bereit erklärt hatten, für den Übergangsprozess nochmals als Vorstände zur Verfügung zu stehen. Axel Buchthal, Vorsitzender der Freunde der Waldorfpädagogik e. V. Freudenstadt und zugleich Vorsitzender des PARITÄTISCHEN Kreisverbandes Freudenstadt beantrage nach dem Bericht, den Aufsichtsrat zu entlasten. Dem stimmte die Versammlung bei nur zwei Enthaltungen zu. Veränderte Führungsstruktur – neue Aufgabenverteilung Verabschiedung und Ehrung des Landesvorstandes In seinem Rechenschaftsbericht führte Dr. Günther Petry aus, dass der Landesverband in der Mitgliederversammlung 2014 richtungsweisende Beschlüsse zur Satzung, zur Regionalisierung, zu den Beteiligungen des Verbandes (PMG), zu den Leistungen für Mitglieder und den Mitgliedsbeiträgen gefasst hat. Mit der in der neuen Satzung niedergelegten veränderten Führungsstruktur ist eine neue Aufgabenteilung eingetreten. Dem nunmehr hauptamtlichen Vorstand steht ein ehrenamtlicher Aufsichtsrat zur Seite. Die neue Satzung regelt zudem, dass gemäß der Übergangsbestimmung in § 15 binnen eines halben Jahres nach Gültig werden der Satzung der Aufsichtsrat neu zu wählen ist. In der Zwischenzeit übernimmt der bisherige Landesvorstand die Funktion des Aufsichtsrats. Danach übernahm Dr. Hermann Frank, Leiter der Stabsstelle Grundsatzfragen in der Landesgeschäftsstelle, in Vertretung des erkrankten Vorstandsvorsitzenden Hansjörg Böhringer die Aufgabe, die Mitglieder des bisherigen Aufsichtsrats zu verabschieden. Dr. Frank bedankte sich namens des Verbandes bei Dr. Günther Petry, Timothy Apps, Hans Artschwager, Professorin Dr. Monika Barz, Birgitt Bender, Tobias David, Helmut Dengel, Professorin Christel Michel, Walter Schmid, Albrecht Schumacher und Daniela Steinhoff ganz ausdrücklich für die zuerst im Landesvorstand und dann im Aufsichtsrat geleistete Arbeit und Unmittelbar nach der Mitgliederversammlung 2014 hat der Landesvorstand die anstehenden Schritte zur weiteren Umorganisation getätigt und Vorbereitungen zur Ausschreibung der Nachfolge von Hansjörg Böhringer getroffen und in seiner neuen Funktion als übergangsweiser Aufsichtsrat den Ausschreibungs-, Bewerbungs- und Auswahlprozess in die Hand genommen. Bei der Schlussabstimmung hat sich der Aufsichtsrat für Ursel Wolfgramm aus Hamburg entschieden. Im Dezember wurde ein Vertrag ausgehandelt und unterschrieben. Sie wird das Amt als hauptamtlicher Vorstand am 1. Juli 2015 antreten. 8 Elke Schierer Der neue Aufsichtsrat W o f ü r ich i m Au f sich t s r a t e i n t r e t e n wi l l Dipl.-Sozialpädagogin (BA), M. A., Dozentin Für mich als Fachfrau aus dem Feld der Kinder- und Jugendhilfe ist es von wesentlicher Bedeutung, fachpolitisch den neueren Diskurs in Bezug auf das Arbeitsfeld im PARITÄTISCHEN am Laufen zu halten und mit der Arbeit im Aufsichtsrat darauf zu achten, dass die Hauptamtlichen die Themen besetzen und entwickeln. Die Jugendhilfe sollte sich in den nächsten Jahren in den Wohlfahrtsverbänden und auch im PARITÄTISCHEN weiter für ihre originären Themen stark machen, z.B. in Bezug auf drohenden Fachkräftemangel, Partizipation in den Einrichtungen der erzieherischen Hilfen, Entwicklung von Qualitätskriterien im Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, um nur wenige der aktuellen Themen aufzugreifen. Tobias David Dipl.-Betriebswirt (BA), Geschäftsführer Mehr Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderung können im Sinne von Inklusion nur dann in allen Lebensbereichen verwirklicht werden, wenn ein breites Spektrum an Wahlmöglichkeiten eröffnet wird. Die vielfältigen Angebote der Mitglieder des Paritätischen leisten hierzu einen wesentlichen Beitrag und schaffen so einen gesellschaftlichen Mehrwert. Ich möchte mich auch weiterhin für gute Rahmenbedingungen der Sozialen Arbeit einsetzen und innerhalb des Verbandes für eine wirkungsvolle Kontrolle des hauptamtlichen Vorstandes sowie für eine basisorientierte Weiterentwicklung des Verbandes sorgen. Timothy Apps Geschäftsführer Die Belange und Bedarfe der Mitgliedsorganisationen stehen im Vordergrund. Eine neue Satzung, eine neue Vorständin und ein neuer Aufsichtsrat bieten die Möglichkeit eines Paradigmenwechsels im Paritätischen. Das zentrale Anliegen von mir ist dabei, die Bedürfnisse der Mitglieder im Fokus zu halten, für eine größtmögliche Transparenz in den Verbandsfinanzen und Beteiligungen zu sorgen und den durch die Mitgliedsorganisationen angestoßenen Veränderungsprozess kontinuierlich mit zu begleiten. Helmut Dengel Theologe, Sozialwirt, Geschäftsführer Seit Jahrzehnten ist der Paritätische eine Wertegemeinschaft, die von gegenseitigem Respekt, Achtung und Wertschätzung geprägt ist.Dieses hohe Gut soll auch in Zukunft gelebt werden. Was mir wichtig ist: ein gesundes Miteinander der Mitgliedsorganisationen und der PMG; im Paritätischen kann man seine Stärken stärken und seine Schwächen schwächen; der Paritätische ist ein Verband, in dem man gern Mitglied ist; gesunde Finanzen, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Norber t van Eickels Dipl.-Psychologe, Geschäftsführer Sehr gerne engagiere ich mich für den PARITÄTISCHEN, der sich sozialpolitisch und fachlich für Menschen in Notlagen und die selbstbestimmte Teilhabe von benachteiligten Menschen einsetzt und seine Mitgliedsorganisationen bedarfsgerecht unterstützt. Im Fokus des Aufsichtsrats sehe ich zunächst die positive Ausgestaltung der neuen Verbandsstruktur, insbesondere im Hinblick auf das aufgaben- und sachgerechte Zusammenwirken der neuen Organe. Ich trete dafür ein, die Rollenzuweisungen, die in der neuen Satzung definiert sind, in einem fairen, konstruktiven Miteinander aller Beteiligten umzusetzen. Die innerverbandliche Transparenz strategischer Entscheidungen finde ich dabei besonders wichtig. 9 Mitgliederversammlung für das dort eingebrachte ehrenamtliche Engagement. Sie repräsentieren ein facettenreiches Engagementprofil: Die Zeit ihrer Mandate reicht von knapp zwei Jahren bis zur längsten Amtszeit von knapp 18 Jahren – was einer Spanne zwischen neun und etwa knapp 100 absolvierten Sitzungen entspricht, Ausschüsse u. a. m. nicht mit gerechnet. Alle scheidenden Vorstände bzw. Räte bekamen als Geschenk eine prall gefüllte Tasche mit „Wegproviant“ für das leibliche Wohl überreicht, angereichert mit einigen Erinnerungsstücken an den PARITÄTISCHEN. Die Präsente hierzu hatte der Landesverband aus der Herstellung in den Reihen paritätischer Mitgliedsorganisationen erworben. Den zweiten Teil der Verabschiedung bildeten die Ehrungen langjähriger Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieder. Im Auftrag des hauptamtlichen Vorstands übereichte Dr. Hermann Frank Hans Artschwager, Professorin Dr. Monika Barz und Birgitt Ben der als Auszeichnung für ihr herausragendes ehrenamtliches Engagement für den PARITÄTISCHEN das höchste Ehrenabzei chen des Verbandes, die Goldene Ehrennadel, und Walter Schmid die zweithöchste Auszeichnung, die Silberne Ehrennadel. Neuwahl des Aufsichtsrats Ein Großteil der Veranstaltung nahm die Wahl des neuen Aufsichtsrats in Anspruch, dessen Mitglieder nach einer schriftlichen und in der Mitgliederversammlung auch persönlichen Vorstellung aller Kandidatinnen und Kandidaten − wie in der neuen Satzung vorgesehenen nach einzelnen Gruppen gegliedert − in jeweils getrennten Wahlgängen gewählt wurden. Geleitet von Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Landesverbands für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg und Mitglied des Wahlausschusses, gingen die einzelnen Wahlabschnitte zielstrebig von statten. Die Wahl war zum jetzigen Zeitpunkt notwendig geworden, weil die Übergangsregelung der im Sommer 2014 beschlossenen neuen Satzung vorsieht, das spätestens ein halbes Jahr nach deren Eintragung die Wahl vorzunehmen ist. Erstmals wurden im PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg die Mitglieder eines Gremiums gewählt, in dem die Zahl der Frauen und Männer satzungsmäßig festgeschrieben gleich groß ist und jeweils ein Sitz für eine Betroffenenvertreterin und einen Betroffenenvertreter vorgesehen ist. V e r l e ihu n g d e r si l b e r n e n u n d g o l d e n e n Eh r e n n a d e l n In seiner Laudatio hob Dr. Hermann Frank hervor, dass sich Hans Artschwager bereits seit 1991 als ausgewiesener Experte für Jugendhilfe und Jugendarbeit im PA RITÄTISCHEN Baden-Württemberg engagiert, zuerst im Kreisvorstand Böblingen, von 1995 bis 2005 als Fachgruppensprecher und im Landesbeirat − und seit 2004 als Mitglied des Landesvorstandes. Professorin Dr. Monika Barz ist als vehemente Vertreterin frauenpolitischer Themen und des Gender mainstreaming seit Sommer 1997 Mitglied des Landesvorstandes und seit Herbst 2014 Mitglied des Aufsichtsrats, 2000 bis 2002 hat sie in der Steuerungsgruppe des „Projekts Zukunft“ des Landesverbandes mitgearbeitet, 2003 in der Beitragskommission, lange Zeit war sie Mitglied der Beitrags- und Prüfungskommission des Landesvorstandes. Die Geehrten: Hans Artschwager, Prof. Dr. Monika Barz, Birgitt Bender und Walter Schmid (v.l.n.r.) Insgesamt vierzehn Jahre hat sich Birgitt Bender, ehemalige Bundestagsabgeordnete der GRÜNEN, insbesondere für gesundheitspolitische Belange engagiert und war als stellvertretende Landesvorsitzende (2001 bis 2013) bzw. Mitglied im Aufsichtsrat (2014 bis 2015) tätig. Als Mitglied des Deutschen Bundestages und gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion der GRÜNEN war sie eine wichtige Ansprechpartnerin für den PARITÄTISCHEN, um gesundheitspolitische Positionen und Forderungen des Ver10 bandes in die bundespolitische Ebene zu transportieren, z. B. die Einführung einer Bürgerversicherung. Walter Schmid ist seit 2005 Mitglied des Landesvorstandes und seit Herbst 2014 Mitglied des Aufsichtsrats. Seit Jahren unterstützt er intensiv die bildungspolitische Profilbildung des Landesverbandes und setzt sich für die Mitgliedschaft der Waldorfschulen im PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg ein. Dr. Günther Petry, Timothy Apps, Tobias David und Helmut Dengel als Mitglieder des Aufsichtsrats hatten sich zur Wiederwahl gestellt. Die anderen Personen sind neu im Gremium. Insgesamt hatten sich 25 Frauen und Männer für elf Mandate zur Wahl gestellt. Innerhalb der mit der Satzung neu vorgegebenen Führungsstruktur hat der Aufsichtsrat die Funktion, die Interessen der Mitglieder (v. a. über die Mitgliederversammlung) aufzuneh men und das umfassend in den Händen des hauptamtlichen Vorstands liegende operative Verbandsgeschäft zu überwachen. Erstmalig gehören jetzt auch eine Vertreterin und ein Vertreter der Betroffenen dazu. Dabei handelt es sich um Vertreter und Vertreterinnen der Zielgruppen, die von Mitgliedsorganisatio nen betreut und unterstützt werden. Dies ist mit Blick auf die Führungsstrukturen anderer Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege im Land ein Novum. Der PARITÄTISCHE stellt damit die Weichen für eine neue Beteiligungskultur im Verband und stärkt seine „anwaltschaftliche“ Funktion mit Blick auf die Anliegen der Betroffenen selbst. Am Ende der Veranstaltung bedankte sich die Wahlleiterin bei allen Kandidaten/-innen, dass sie sich zur Wahl gestellt haben und beglückwünschte alle gewählten Personen zu ih rer Wahl. Der wiedergewählte Vorsitzende des Aufsichtsrats, Dr. Günther Petry, bedankte sich bei der Wahlleiterin und den weiteren Mitgliedern des Wahlausschusses, bei den Vertretern/innen der Mitgliedsorganisationen und bei den Mitarbeitern/innen der Landesgeschäftsstelle, die bei der Vorbereitung und Durchführung der Mitgliederversammlung geholfen haben. Er wünschte allen einen guten Nachhauseweg und schloss die Versammlung gerade mal eine Viertelstunde nach dem Zeitplan. Wahlleiterin Jutta Pagel-Steidl D e r n e u g e w ä h lt e Au f sich t s r a t Der in der Mitgliederversammlung am 6. Februar 2015 in Leinfelden-Echterdingen neu gewählte Aufsichtsrat. Vorsitzender • Dr. Günther Petry (Kehl) Betroffenenvertreter/-in • Sabine Gwarys (Ettenheim) • Daniel Büter (Stuttgart) Weitere Mitglieder (Frauen) Weitere Mitglieder (Männer) • Ingrid Hastedt (Stuttgart) • Elke Schierer (Esslingen) • Timothy Apps (Freiburg) • Helmut Dengel (Bretzfeld) • Dr. Ursula Matschke (Stuttgart) • Dr. Claudia Schöning-Kalender (Mannheim) • Tobias David (Karlsruhe) • Norbert van Eickels (Karlsruhe) Die Ergebnisse im Einzelnen im Internet unter: http://www.paritaet-bw.de/content/e5142/e33284/e34515/index_ger.html 11 Interview mit dem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Wir unterscheiden uns von anderen Organisationen Mehr Transparenz und breitere Diskussionen durch die neue Verbandsstruktur Auf den frisch gewählten Aufsichtsrat mit zahlreichen neuen Gesichtern kommen interessante Aufgaben zu. Was steht aus Ihrer Sicht ganz oben auf der Agenda? Wir müssen die Strukturen der Kooperation zwischen Aufsichts rat und Vorstand neu entwickeln. Dazu wird der Aufsichtsrat ein Regelwerk mit den Berichtspflichten des Vorstandes an den Aufsichtsrat beschließen, anhand dessen wir unsere Arbeit leis ten werden. Die Festlegung eines solchen formalen Regelwerks ist das eine. In der Praxis wird es vor allem darauf ankommen, eine Kultur der guten Zusammenarbeit und des gegenseitigen Vertrauens aufzubauen und dafür passende Informations- und Kommunikationswege zu finden und mit Leben zu erfüllen. STUTTGART Auf der Mitgliederversammlung am 6. Februar 2015 wurde im Zuge der Neuordnung der Verbandsstrukturen satzungsgemäß ein neuer Aufsichtsrat für vier Jahre gewählt. PARITÄTinform sprach mit dem alten und neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Günther Petry. Herr Dr. Günther Petry, wir gratulieren Ihnen ganz herzlich zur Wahl. Sie stehen ja nun schon einige Jahre an der Spitze des PARITÄTISCHEN, als Vorstandsvorsitzender und nach der Umstrukturierung als kommissarischer Aufsichtsratsvorsitzender. Was hat Sie bewogen, erneut zu kandidieren? Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg befindet sich in einer spannenden Lage: Durch eine Satzungsänderung, die im letzten Sommer auf einer Mitgliederversammlung beschlossen wurde, hat der Verband nun einen hauptamtlichen Vorstand und einen ehrenamtlichen Aufsichtsrat. Damit wird erreicht, dass die Kontrolle des operativen Geschäfts des Verbandes nun wesentlich intensiver stattfindet. Wir versprechen uns dadurch ein Mehr an Transparenz und eine breitere Diskussion an der Spitze des Verbandes, weil nun zwei Organe in einer durch die Satzung bestimmten Aufgabenverteilung für die Geschicke des Verbandes zuständig sind. Diese Umstellung der Arbeitsweise wollte ich gerne begleiten und deshalb habe ich wieder kandidiert. Neue Verbandsstruktur Verein mit hauptamtlichem Vorstand und Aufsichtsrat Dem elfköpfigen Aufsichtsrat gehören erstmals auch eine Betroffenenvertreterin und ein Betroffenenvertreter an. Ein Novum zumindest im PARITÄTISCHEN. Was erwarten Sie sich von dieser neuen Vertretungsform? Ich halte das für eine wichtige Erneuerung, mit der wir uns von vielen anderen Organisationen unterscheiden: Wenn auch die Sicht der Menschen, für die unsere Mitgliedsorganisationen arbeiten, in die Meinungsbildung an der Spitze des Verbandes einfließt, ist eine unmittelbare Rückkopplung der Interessen der Betreuten mit den Entscheidungen des Verbandes zu erwarten. Das finde ich gut. Mit der Nachfolgeregelung für den im Sommer 2015 scheidenden Vorstandsvorsitzenden Hansjörg Böhringer konnte der alte Aufsichtsrat noch im Dezember 2014 eine wichtige Entscheidung treffen. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden? Ja. Wir haben uns im Aufsichtsrat für Ursel Wolfgramm entschieden, weil sie nach Meinung aller Mitglieder des Gremiums sehr gute Voraussetzungen mitbringt, um die Nachfolge von Hahsjörg Böhringer anzutreten. Ich freue mich auch darüber, dass wir in der Geschäftsstelle eine ausführliche Arbeitsübergabe von Herrn Böhringer auf Frau Wolfgramm organisiert haben, in die auch die leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbezogen sind. Das ist ungewöhnlich und wird den Übergang ab dem 1. Juli 2015 erleichtern. Besetzung (teilweise personelle Überschneidung) Strategische Vorgaben und Kontrolle Fachbeirat (zwei bis drei Mal im Jahr) Fachli c he Aufsichtsrat Beratung Gemeinsame strategische Planung Operative Kontrolle (ca. vier Mal im Jahr) Verband/ Betrieb 12 Konferenz der Kreis verbandsvorsitzenden (mindestens ein Mal im Jahr) Hauptamtlicher Vorstand (2-3 Personen) Operative Führung Operatives Controlling Landesverband Mit einem Los Gutes tun Die GlücksSpirale förderte eine Vielzahl sozialer Projekte im Jahr 2014 STUTTGART Jedes verkaufte Los der GlücksSpirale hilft auch sozialen Einrichtungen. Denn die Chance auf den persönlichen Gewinn geht einher mit der Möglichkeit, Gutes für die Allgemeinheit zu tun. Auch der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg und seine Mitgliedsorganisationen freuten sich im Jahr 2014 über großzügige Zuschüsse. Fördergelder der Glücksspirale ermöglichten dem PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg nach Umzug seiner Geschäftsstelle in die neuen Räumlichkeiten des Mehrgenerationenhauses in Stuttgart-Vaihingen die Anschaffung von mehreren technischen Geräten, zum Beispiel Tablets, Beamer und Kameras. Mit den neuen Geräten ist eine zeitgemäße, professionelle Kommunikation mit den Mitgliedsorganisationen gegeben. Ferner konnte durch den geförderten Relaunch der Homepage des PARITÄTISCHEN eine einladende, moderne Gestaltung erreicht und die Benutzerfreundlichkeit wesentlich verbessert werden. Förderung in die Unabhängigkeit – Kooperationen gewünscht Die Mitgliedsorganisationen des PARITÄTISCHEN stehen vor der Herausforderung, neue Strategien entwickeln zu müssen, um den Fortbestand ihrer Arbeit zu gewährleisten und unabhängiger von öffentlicher Förderung zu werden. Eine Möglichkeit bieten Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen. Durch die projektierte Arbeit mit dem PARITÄTISCHEN und einem Zuschuss der GlücksSpirale wurden Veranstaltungen unter dem Thema „Marktplatz Gute Geschäfte“ ermöglicht. Wirtschaftsunternehmen und soziale Einrichtungen kamen ins Gespräch und entwickelten zahlreiche Ideen für Kooperationen. Zum Thema „Wirtschaft und Soziales“ fand zusätzlich am 24. Februar 2015 eine Fachtagung in Heidelberg statt (siehe Seite 40f ). Fachlich stark – Fortbildung und Qualifizierung In einer durch die GlücksSpirale unterstützten Kampagne konnte die Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen verbessert werden. Unter anderem durch Schulungen von Fachpersonal und dem Angebot von speziellen Sprachkursen. Die GlücksSpirale unterstützte unterschiedliche Fortbildungsangebote, themenorientierte Fachtage und Veranstaltungen des PARITÄTISCHEN. So konnten beispielsweise Qualifizierungsmaßnahmen für Fachkräfte in Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen und ein Fachtag zum Thema „Unterschiedliche Ansätze bei der Weiterentwicklung der Frauenhausarbeit“ realisiert werden. Ebenso wie Fortbildungen und Veranstaltungen für Fachkräfte, die mit Mädchen und jungen Frauen arbeiten. Deutsch-chinesisches Pilotprojekt zur Berufsqualifizierung Seit Jahren tauschen sich das Land Baden-Württemberg und die Provinz Jiangsu in China zu zentralen Themen wie demografischer Wandel sowie der Versorgung und Pflege alter Menschen aus. Beide Länder stehen vor der Herausforderung, Fachkräfte gewinnen und Pflegekräfte qualifizieren zu müssen. Im Rahmen der dualen Ausbildung startete in Deutschland ein deutsch- chinesisches Pilotprojekt zur Berufsqualifizierung von Chinesen/-innen zu examinierten Altenpflegern/-innen. Ende September 2014 traten die ausgebildeten Krankenschwestern nach einem Sprachkurs ihre Ausbildung in Baden-Württemberg an. Das Kooperationsmodell ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Das Ausbildungssystem für Pflegeberufe steckt in China noch in den Anfängen. Das Know-how der Deutschen kann wichtige Impulse geben. Auf der anderen Seite kann die Altenpflege in Deutschland viel von der traditionellen chinesischen Medizin lernen. Die autovisuelle Dokumentation dieses Projekts wird durch die GlücksSpirale gefördert. n Kontakt: Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg Soziallotterie GlücksSpirale Christine Banhart, Telefon 0711 | 21 55-121 [email protected], www.paritaet-bw.de 13 Landesverband Partnerschaft zwischen Steuerung und Subsidiarität Fotonachweis: © S. Hofschläger Zum Verhältnis von öffentlicher und freier Jugendhilfe Der Vorrang der freien Träger ist ein Merkmal des Kinder- und Jugendhilfesystems, das innerhalb der Europäischen Union nur in Deutschland so stark ausgeprägt ist, und mit dem man zumindest in der Vergangenheit eine große Innovationskraft und die Mobilisierung von ehrenamtlichem Engagement verbinden muss. Deswegen ist eine Rückbesinnung auf den klaren Gesetzestext, aber auch ein kritischer Diskurs der aktuell in vielen Kreisen zu beobachtenden Entwicklungen notwendig. Zwei Impulsvorträge bei der Sitzung der PARITÄTISCHEN Fachgruppe „Hilfen zur Erziehung“ waren hierfür Ausgangspunkt und mündeten in eine intensive Diskussion. Zum einen legte Bernd Hemker, Jugendhilfereferent des PARITÄTISCHEN Nordrhein-Westfalen, seine Standpunkte aus der Perspektive der freien Jugendhilfe dar. Wolfgang Schwaab, Leiter des Kreisjugendamtes im Enzkreis, erörterte dies aus der Sicht eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Ein Vertreter der Beratungsfirma IMAKA, die in Baden-Württemberg öffentliche Verwaltungen in Fragen der Organisationsentwicklung und zu Steuerungserfordernissen berät, konnte leider nicht für eine Teilnahme gewonnen werden. STUTTGART Das Verhältnis der öffentlichen zur freien Jugendhilfe ist seit Jahren geklärt. Allerdings sind die Begriffe, mit denen dieses Verhältnis beschrieben wird, manchmal vage und einer unterschiedlichen Bewertung nach der jeweiligen Interessenlage ausgesetzt, dass oft unmerklich ihre Grundlage, die sie im Gesetzestext haben, verlassen wird. Der Begriff der partnerschaftlichen Zusammenarbeit wird „arg strapaziert“ und auch andere Grundlagen des Kinder- und Jugendhilferechts verlieren im alltäglichen Gebrauch häufig an Kontur. Sozialpartnerschaft oder Geschäftspartnerschaft Bernd Hemker fragte nach Stellenwert und Sinn eines „schillernden“ Partnerschaftsbegriffes und stellte fest, dass es sich bei dem Verhältnis von öffentlicher und freier Jugendhilfe um eine Sozialpartnerschaft handelt, nicht zum Selbstzweck, sondern eine Partnerschaft mit dienender Funktion, die sich aus der Aufgabe im Verhältnis zu den Adressaten ergibt. Die Partner müssen ihre Kooperationsbeziehungen also zum bestmöglichen Nutzen der Adressaten/-innen gestalten. Zwischenruf Der 16. Januar 2015 und der Name Alessio wird der Kinder- und Jugendhilfe in Baden-Württemberg in Erinnerung bleiben. Ein Dreijähriger wurde in Lenzkirch im Schwarzwald von seinem Stiefvater zu Tode geprügelt. Obwohl die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die ihnen zuvörderst obliegende Pflicht ist, über deren Einhaltung die staatliche Gemeinschaft – das sind wir alle – wacht, kann dieser junge Mensch sein Recht auf Förderung seiner Entwicklung, sein Recht auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit nicht mehr einlösen. 14 Die Kinder- und Jugendhilfe hat nicht zur Verwirklichung dieses Rechts beigetragen, zumindest nicht ausreichend. Es ist nicht gelungen, dieses Kind vor Gefahren für sein Wohl zu schützen, positive Lebensbedingungen konnten nicht geschaffen werden. So die zunächst objektive Bewertung anhand der gesetzlichen Vorgaben. Über die tatsächlichen Umstände kann und will ich nicht urteilen – ich bedaure den Tod dieses Kindes zutiefst. Und doch bin ich mir sicher, dass niemand, der mit dem Kind und der Familie in unterschiedlichen Zusammenhängen zu tun hatte, dies so gewollt hat. Den Begriff der Subsidiarität beleuchtete er mit Blick auf die geschichtlichen Hintergründe, ausgehend von einem sozialpolitischen „Kampfbegriff“ aus dem 20. Jahrhundert, der sich sowohl im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz, im Jugendwohlfahrtsgesetz und im Kinder- und Jugendhilfegesetz aus dem Jahr 1991 wiederfindet. Der Steuerungsbegriff hingegen folgt einer einfachen kausalen Logik: wenn x, dann y. Jugendhilfe und Steuerung wurden erstmals 1994 im Zuge der „Output orientierten Steuerung der Jugendhilfe“ der damaligen Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung zusammengeführt, auch mit der betriebswirtschaftlichen Zielsetzung, den Mittelaufwand in der Jugendhilfe zu reduzieren. Dieses Modell implizierte somit auch die Steuerung der freien Jugendhilfe. Nach seiner Einschätzung prägt diese neoliberale Haltung zunehmend das Verhältnis öffentlicher und freier Träger der Jugendhilfe, mit wachsendem Misstrauen und gegenseitigen Zuschreibungen: „Die stecken sich doch öffentliche Mittel in die eigene Tasche.“ Oder: „Die gewähren aus wirtschaftlichen Gründen keine bedarfsgerechten Hilfen.“ Das Modell der Sozialpartnerschaft wird zusehends negativ besetzt und zu einem Modell der Geschäftspartnerschaft mit Auftraggeber/-in auf der einen und Auftragnehmer/-in auf der anderen Seite. Dies ist nach Auffassung von Hemker nicht zu akzeptieren. Kein Weisungsrecht aber Weisungspflicht Wolfgang Schwaab beschrieb in seinem Impuls das Verhältnis von freier und öffentlicher Jugendhilfe anhand einiger Zuschreibungen: „Ich komme mir vor wie ein Bittsteller und telefoniere schon seit drei Tagen die Republik rauf und runter und bekomme nirgends einen Platz für M.“ oder „Die Jugendämter wollen immer nur mehr Leistung: nur noch schwierigste Kinder, zu kurze Hilfedauer – und dann das Feilschen um jede Zusatzleistung“. In der Folge legte er zur Erläuterung des Verhältnisses der freien und der öffentlichen Jugendhilfe, der Partnerschaft, Vielfalt, Beteiligung und Zusammenarbeit die einschlägigen Rechtsnormen zu Grunde. Daraus leitete er ab, dass ein öffentlicher Träger kein Weisungsrecht gegenüber dem freien Träger besitzt, weil dies mit dem Grundsatz der Autonomie der freien Das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald richtet nun eine Expertenkommission mit unabhängigen Fachleuten – auch aus Justiz und Wissenschaft – ein. Auch das Sozialministerium als oberste Landesjugendbehörde hakt nach. Die Expertenkommission soll die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe in der Behörde untersuchen, soll Missstände aufdecken und den konkreten Fall aufarbeiten. Ob und wie dies gelingen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls ist die Kinder- und Jugendhilfe nun nicht mehr allein Herrin des Verfahrens. Maßstab wird der gesetzliche Auftrag sein. Daran muss gemessen werden, ob die Strukturen angemessen sind und die Aufga- Träger nicht vereinbar ist, auch nicht als Ausfluss der Gesamtverantwortung nach § 79 SGB VIII. Mit Blick auf die individuellen Hilfen hat der öffentliche Träger jedoch ein Entscheidungsrecht, durch das auch Kostenverpflichtungen für den öffentlichen Träger entstehen können. Die Gewährleistungspflicht des öffentlichen Trägers umfasst seine Verantwortung für eine gesetzesgemäße Aufgabenerfüllung, die er nur mittels Rechtsaufsicht wahrnehmen kann. Eine Fachaufsicht ist mit dem Grundsatz der Autonomie ebenfalls nicht vereinbar, es kann aber eine Weisungspflicht aus einer strafrechtlichen Garantenhaftung bestehen. Als Beispiel führt er eine sozialpädagogische Familienhilfe mit einer konkreten Gefährdungslage für ein Kind an. In diesem Fall muss sich der Mitarbeitende des öffentlichen Trägers vergewissern, dass der Mitarbeitende des freien Trägers alles tut, um Leib und Leben des Kindes zu schützen. Daneben hat also auch der Mitarbeitende des freien Trägers eine strafrechtliche Garantenstellung. Aufbau von unabhängigen Ombudsstellen wichtig So eindeutig die Grundlagen zur Verhältnisbestimmung von freier und öffentlicher Jugendhilfe sind, so verschieden ist mancherorts der „Alltag“. Dies verdeutlichte die Diskussion, in der aber auch klar wurde, wie wichtig der Aufbau von unabhängigen Ombuds- und Beschwerdestellen in Baden-Württemberg ist, weil sie das partnerschaftliche Zusammenwirken der Jugendhilfeträger strukturell ergänzen und dem Wohl und den Rechten der jungen Menschen bzw. ihrer Familien verpflichtet sind. Kontakt Roland Berner Kernteamleitung Jugend, Bildung und Migration Telefon 0711 | 21 55-149 [email protected] www.paritaet-bw.de ben fachlich und richtig wahrgenommen wurden. Fragen dürfen sich dabei nicht darauf reduzieren, ob die eigenen strukturellen Vorgaben zum Kinderschutz eingehalten wurden. Vielmehr gilt es zu überprüfen, ob diese hinreichend geeignet waren. Möglicherweise geraten dabei auch Steuerungsvorgaben an ganz anderen Stellen in den Blick, mit Konsequenzen für die Leistungsfähigkeit der Kinder- und Jugendhilfe als rahmengebende Bedingungen. Diese sind ebenso kritisch wie unabhängig zu hinterfragen. Zumal die Aufarbeitung doch das Wohl der Kinder zum Ziel hat. Hoffentlich. Roland Berner, Leitung Kernteam Jugend, Bildung und Migration 15 Schwerpunkt Inklusion „DUICHWIR – Alle inklusive“ PARITÄTISCHER beteiligt sich mit regionalen Aktivitäten an Inklusionskampagne des Landes STUTTGART Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg beteiligt sich an der mit dem Inklusionsprozess zusammenhängenden Öffentlichkeitskampagne „DUICHWIR – Alle Inklusive“ des Landes Baden-Württemberg. Nach einer ersten Aktionsrunde im Dezember 2014 steht eine zweite Runde im Mai 2015 bevor. Mit der Öffentlichkeitskampagne „DUICHWIR – Alle Inklusive“ hat das Sozialministerium Baden-Württemberg Anfang Dezember letzten Jahres die Initiative ergriffen, um die Anliegen von Menschen mit Behinderungen zu den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zu tragen und verstärkt über Kooperationspartner/-innen und Multiplikatoren/-innen ein möglichst großes positives öffentliches Echo zu erzielen. Seit 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention für Deutschland rechtsverbindlich. Sie beschreibt die Rechte, die Menschen mit Behinderungen haben und die Verpflichtungen für staatliche Stellen, diese Rechte sicher zu stellen. Ein wichtiges Ziel und zugleich Voraussetzung für das Gelingen von Inklusion ist die Bewusstseinsbildung, denn Teilhabe findet in den verschiedenen Lebensbereichen statt, aber ebenso in den Köpfen aller Beteiligten. In Artikel 8 der UN-Behindertenrechtskonvention werden alle staatlichen Stellen verpflichtet, das Bewusstsein für die Fähigkeiten und den Beitrag von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft zu fördern. Dem Sozialministerium Baden-Württemberg ist es gelungen, ein breites Bündnis von Partnern für die Kampagne „DUICHWIR – Alle inklusive“ zu gewinnen. Unter anderem gehören auch die Wohlfahrtsverbände diesem Bündnis an. Die Schwerpunktthemen der Kampagne sind „Barrierefreies Wohnen und Nachbarschaft“, „Freizeit, Kultur und Sport“ sowie „Mitbestimmen“. Die Aktivitäten und Informationen aller Partner der Kampagne sind auf der Kampagnenwebsite www.inklusion-duichwir.de/startseite/ zu finden. Barrierefreiheit als wichtiger Impuls für Inklusion Der PARITÄTISCHE hat in Verbindung mit der Kampagne des Landes bei seinem ersten Aktionsschwerpunkt um den 3. Dezember 2014 herum (Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung) über die Kreisverbände und Regionalgeschäftsstellen vor Ort den „BarriereChecker“ – eine Broschüre mit Hinweisen zur Vermeidung und Abschaffung von Barrieren – in einer größeren Stückzahl an öffentliche Institutionen verteilt. Die Broschüre „Der Barriere-Checker – Veranstaltungen barrierefrei planen“ listet auf, was getan werden muss, damit alle dazu gehören. Alle sollen dabei sein und teilnehmen können. Das klingt einfach, doch um diesem Anspruch von Inklusion gerecht zu werden, gilt es für die Organisation von Veranstaltungen einiges zu bedenken – ganz gleich ob es sich um einen Elternabend, eine Tagung oder einen größeren Kongress handelt. Um bei der Umsetzung von Barrierefreiheit im Rahmen von Veranstaltungen behilflich zu sein, hat der PARITÄTISCHE BadenWürttemberg die Broschüre des Landesverbandes Hessen adaptiert. Die Broschüre ist weiterhin zum Download unter www.paritaet-bw.de auf der Internetseite zu finden. Netzwerk Inklusion FREIBURG Das Netzwerk Inklusion Region Freiburg plant für den 5. Mai 2015 mehrere inklusive Stadtführungen zu den Themen „Das Innenstadtrathaus“, „Geschichte Freiburger Frauen“ und „Freiburg: Gässle, Bäche und Freiburger Münster“. Zudem ist im Mai eine gemeinsame Fortbildung mit dem PARITÄTISCHEN Kreisverband Freiburg im Rahmen des Projektes PFIFF (Projekt für inklusive Freizeit Freiburg) zum Thema „Organisation einer barrierefreien Veranstaltung“ geplant. Diese wird am 11. Mai 2015 von 15.30 bis 18 Uhr im Green City Hotel Vauban stattfinden. Als Referentinnen konnten 16 Katja Lüke (Projekt Inklusion, Der PARITÄTISCHE Landesverband Hessen) und Daniela Schmid (Mitglied des Behindertenbeirats Freiburg) gewonnen werden. Die Weiterbildung thematisiert die geeignete Auswahl des Veranstaltungsortes, Tipps bei der Bereitstellung von Essen und Trinken sowie Hinweise bei Redebeiträgen und Präsentationen. Außerdem wird auf unterschiedliche Barrieren, auf die Menschen je nach ihrer Behinderung stoßen können, aufmerksam gemacht. n Kontakt Annika Beutel, [email protected] Marktplatz für Gute Geschäfte KARLSRUHE In Zusammenarbeit mit dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe veranstaltet der PARITÄTSCHE Kreisverband Karlsruhe unter dem Motto „Wirtschaft und Gemeinnützige als Partner“ am 19. Mai 2015 den dritten Markplatz für Gute Geschäfte, gefördert von der GlücksSpirale. Teilnehmen können alle interessierten Unternehmen und in Karlsruhe tätige gemeinnützige Organisationen aus Sport, Kultur, Bildung und Sozialwesen. Für Unternehmen findet am 23. April 2015 ein Informationsfrühstück statt. Zur Vorbereitung der gemeinnützigen Organisationen ist die Teilnahme an einem Workshop verbindlich. Inklusion im Kontext des Europäischen Gleichstellungstages Im Mai 2015 soll im Umfeld des 5. Mai (Europäischer Gleichstellungstag für die Rechte von Menschen mit Behinderung) bis zum 23. Mai im PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg ein zweiter Kampagnenschwerpunkt im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitskampagne des Landes durchgeführt werden. Hier stehen örtlich relevante Inklusionsthemen und -anliegen im Vordergrund. Die Akteure im PARITÄTISCHEN wollen sich dabei zum Grundsatz machen, diesbezügliche Aktivitäten und Aktionen jeweils mit Mitgliedsorganisationen und Betroffenen im Bereich der Menschen mit Behinderungen auf die Beine zu stellen und dabei vor allem fürsorgerisch ausgerichtete Aktionen (eher für statt mit Menschen mit Behinderungen) in den Hintergrund zu drängen. Wie bereits bei der Kampagne „Generationen verbinden“ bietet die Landesgeschäftsstelle einen Unterstützungsrahmen mit gemeinsamer Internetseite für die einzelnen Aktivitäten und begleitende Materialien. Örtliche Kristallisationspunkte für Inklusionsanliegen sind im Monat Mai schon traditionsgemäß Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Aktionstag am 5. Mai. Wie in all den Jahren zuvor unterstützt Aktion Mensch auch in diesem Jahr wieder Aktionen, die mit dem Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung an diesem Tag verbunden werden können. Einige der Kreisverbände und Regionalgeschäftsstellen beteiligen sich bereits seit Jahren an diesem Aktionstag entweder solitär oder eingebunden in örtliche LIGA-Aktivitäten und sind dabei, auch dieses Jahr wieder Vorhaben zu planen. Auf die Situation von Menschen mit Behinderung in Deutschland aufmerksam zu machen und sich dafür einzusetzen, dass alle Menschen gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben können, das ist das Ziel des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Seit 20 Jahren veranstalten Verbände und Organisationen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe rund um den 5. Mai überall in Deutschland Podiumsdiskussionen, Informationsgespräche, Demonstrationen und andere Aktionen. Dabei geht es darum, die Kluft zwi- Beim Karlsruher Marktplatz für Gute Geschäfte treffen gemeinnützige Organisationen in einer Art Speed Dating auf engagierte Unternehmen, erfahren im persönlichen Gespräch, was die Unternehmen anbieten, und knüpfen sinnvolle Engagementbeziehungen. Und das alles binnen kürzester Zeit. 90 Minuten wird lebhaft gehandelt, werden Vereinbarungen getroffen oder Visitenkarten getauscht. Nach Geldspenden wird beim Marktplatz nicht gefragt – das Handeln um Geld ist tabu. Vielmehr geht es um Sachspenden, Fachwissen oder Teameinsätze von Mitarbeitenden. Am Ende entstehen neue Partnerschaften, gute Taten und viel bürgerschaftliches Engagement. n Kontakt Ulrike Sinner, Der PARITÄTISCHE Regionalgeschäftsstelle Karlsruhe Telefon 0721 | 912 30-21, [email protected] www.paritaet-bw.de/kvka Fotoausstellung und „SpielBar“ HEIDELBERG Der PARITÄTISCHE und die FreiwilligenAgentur Heidelberg planen gemeinsam mit dem Heidelberger Beirat von Menschen mit Behinderungen (bmb) eine Fotoausstellung unter dem Titel: „anders? – engagiert!“. Portraitiert werden Menschen mit Behinderungen, die sich freiwillig/ehrenamtlich engagieren – in Engagementfeldern, die man vielleicht nicht erwartet. In Kürze gibt es weitere Informationen unter www.anders-engagiert.de. Der PARITÄTISCHE Kreisverband Heidelberg/Rhein-Neckar greift das Motto „#begegnet_in“ der Aktion Mensch auf und veranstaltet gemeinsam mit der FreiwilligenAgentur eine „SpielBar“. Bei einem Workshop am 9. Mai 2015 soll mit Akteuren aus verschiedenen Mitgliedsorganisationen und weiteren Interessierten mit und ohne Behinderungen ein Spiel entwickelt werden, dass das Thema Inklusion aufgreift und für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden kann. n Weitere Informationen Ralf Baumgarth, Der PARITÄTISCHE Heidelberg Telefon 06221 | 72 62-170, [email protected] www.paritaet-hd.de 17 Schwerpunkt Inklusion schen dem im Grundgesetz verankerten Anspruch der Gleichberechtigung für alle Menschen und der Lebenswirklichkeit Stück für Stück zu überwinden. Bei dieser Gelegenheit setzen sich die Vertreter/-innen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe gemeinsam für Fortschritte auf politischer und gesellschaftlicher Ebene ein. Es gilt aber auch, immer mehr Bürger/-innen dafür zu gewinnen, sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung zu engagieren und den Forderungen nach einer Gesellschaft für alle Menschen Nachdruck zu verleihen. „#begegnet_in“ – Motto der Aktion Mensch Begegnungen ermöglichen, sich näher kennenlernen, miteinander statt übereinander reden, Unsicherheiten im Umgang mit dem Anderen verlieren und Vorurteile beseitigen, das ist das Ziel des diesjährigen Aktionstages am 5. Mai. Deshalb stellt die Aktion Mensch den 5. Mai 2015 unter das Motto „#begegnet_in“. Das Motto ist gleichzeitig ein Hashtag, da nicht nur Begegnungen in der realen Welt, sondern auch im Internet gefördert werden sollen. Die Aktionen sind auf der Internetseite von Aktion Mensch dokumentiert. Diesem Aktionstag und einer möglichen Beteiligung auf regionaler Ebene sollte 2015 auch deshalb etwas mehr Augenmerk geschenkt werden, weil zeitgleich die Öffentlichkeitskampagne des Landes zur Inklusion in Baden-Württemberg stattfindet und sich bei einer Beteiligung am Aktionstag eine gute Verbindung zwischen diesen beiden Aktionsformen herstellen lässt. So wurde dies auch Ende letzten Jahres beim Arbeitstreffen der Regionalgeschäftsstellen gesehen. Mit einer Beteiligung am Aktionstag können sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Deshalb soll vom 5. bis 23. Mai 2015 eine Beteiligung des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg an der Inklusionskampagne mit regionalen Schwerpunkten umgesetzt werden, die sich mehr oder weniger um den Aktionstag zum 5. Mai gruppieren. Über die beiden hier vorgestellten Aktionsschwerpunkte und die Aktivitäten einzelner Regionalgeschäftsstellen gibt es in den Reihen paritätischer Mitgliedsorganisationen – zuvorderst im Bereich der Behindertenhilfe – viele inklusiv ausgerichtete Aktivitäten über das ganze Jahr verteilt, die sich in einen umfassenden gesellschaftlichen Prozess einreihen und zugleich über die Inklusionskampagne hinaus eine längerfristige Herausforderung für die Öffentlichkeitsarbeit als auch für die sozialpolitische Lobbyarbeit des PARITÄTISCHEN bleiben werden. Einige Beispiele werden nachfolgend in diesem Heft vorgestellt. Kontakt Dr. Hermann Frank Stabsstelle Grundsatzfragen Telefon 0711 | 21 55-208 [email protected] www.paritaet-bw.de 18 Eine Handvoll Inklusion MANNHEIM Bei der Eröffnungsveranstaltung zur einjährigen Inklusionskampagne am 3. Dezember 2014 auf dem Mannheimer Weihnachtsmarkt mit Sozialministerin Katrin Altpeter und dem Mannheimer Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz nahmen Eva-Maria Wittmann als Vertreterin der Reha-Südwest Regenbogen und Kreisvorstandsmitglied an der Talkrunde unter dem Motto „Eine Handvoll Inklusion“ teil. Ebenso vertreten war der Mitgliedsverband „AG Barrierefreiheit Rhein-Neckar e. V.“, deren Vertreterin Elke Campioni dem Publikum im Interview mit dem SWR schilderte, welche Alltagsprobleme eine Rollstuhlfahrerin meistern muss, um wie andere gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilhaben zu können. Auf dem Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters am 6. Januar 2015 im Mannheimer Rosengarten war der PARITÄTISCHE Kreisverband Mannheim zusammen mit zwölf Mitgliedsorganisationen vertreten. Kreisverbandliches Thema war hier die Inklusionskampagne, speziell wurde die vom Landesverband mit herausgegebene Broschüre „Der Barriere-Checker. Veranstaltungen barrierefrei planen“ beworben und an das interessierte Publikum verteilt. Am 8. Mai 2015 findet mit Unterstützung der PARITÄTISCHEN Regionalgeschäftsstelle Mannheim die Veranstaltung „Sechs Jahre UN-Behindertenrechtskonvention – Wie weit ist Mannheim?“ in der Mannheimer Abendakademie statt. Prominente Referentin ist Dr. Sigrid Arnade von der Interessengemeinschaft Selbstbestimmt Leben e. V. (ISL). Sie wird die wesentlichen Bestimmungen der Konvention in Bezug auf Barrierefreiheit beleuchten. Gleichzeitig werden auch Vertreter der Kommunalpolitik in den Ablauf eingebunden, um gemeinsam Aspekte einer zukünftigen inklusiven Stadtplanung zu erörtern und weiterzuentwickeln. n Kontakt: Horst Hembera PARITÄTISCHE Regionalgeschäftsstelle Mannheim, Telefon 0621 | 33 67 49-9, [email protected] www.paritaet-bw.de/kvma Inklusive Erwachsenenbildung Die Lebenshilfe setzt auf gemeinsame Erwachsenenbildung nah am Menschen Inklusive Erwachsenenbildung bedeutet: Menschen mit Behinderung, Senioren, Migranten − JEDER soll teilnehmen dürfen! Ein junger Mann kommuniziert mit seiner Bildungsassistentin anhand der gestützten Kommunikation. STUTTGART „Erwachsenenbildung Inklusiv“, ein neues Projekt vom Landesverband der Lebenshilfe Baden-Württemberg, gibt es seit dem 1. Oktober 2014. Es verfolgt das Ziel, eine Erwachsenenbildung für alle voranzutreiben und zu entwickeln. zugeben. Beide Dozentengruppen werden vorab anhand einer bestehenden Handreichung didaktisch und methodisch geschult; zunächst getrennt voneinander und in einer Abschlussschulung gemeinsam. Ein wichtiger Baustein ist dabei auch die Rolle, die man als Dozent/-in einnimmt und wie sich diese ausgestaltet. Mit Berufung auf den Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention und dem Bildungskonzept des Lebenslangen Lernens werden erste Schritte zur Entstehung einer inklusiven Erwachsenenbildung eingeleitet. Einer Erwachsenenbildung, die nicht mehr unterscheidet, sondern Unterschiede zulässt und fördert. Nun stellt sich die Frage: Was wird benötigt, um dieser Aufgabe gewachsen zu sein? Zunächst einmal muss Barrierefreiheit auf allen Ebenen gewährleistet sein. Dies schließt die Zugänge zu Gebäuden − rollstuhlgerechte Zugänge, behindertengerechte Sanitäranlagen etc. − ebenso mit ein, wie die Bereitstellung barrierefreier Materialien für eine Seminardurchführung, beispielsweise Texte in Leichter Sprache oder in Braille-Schrift. Inklusive Tandems leiten Bildungsveranstaltungen Des Weiteren benötigt man Personen, die pädagogisch geschult sind, um auf didaktischer, methodischer und professioneller Ebene inklusive Bildungsangebote durchzuführen. Ein erster Schritt ist daher, die Vorbereitung und Schulung angehender Dozenten/-innen. Das Projekt geht aber noch einen Schritt weiter. So soll auch Menschen mit Behinderung die Möglichkeit gegeben werden, als Dozent/-in an Bildungsveranstaltungen mitzuwirken. Dies soll in Form von sogenannten Tandems stattfinden. Das bedeutet, dass eine Lehrperson mit und eine ohne Behinderung gemeinsam eine Lehrveranstaltung leiten. Damit erhalten auch Menschen mit Behinderung die Chance, Verantwortung zu übernehmen und Wissen weiter- Einführungsveranstaltung Anfang 2015 Um dieses Vorhaben realisieren zu können, werden vor allem Kooperationspartner aus der öffentlichen Weiterbildung benötigt, die Interesse am Entstehungs- und Entwicklungsprozess einer inklusiven Erwachsenenbildung haben. Im Frühjahr 2015 wird es eine Einführungsveranstaltung zum Projekt geben, indem das Projekt und bisherige Projektfortschritte vorgestellt werden. Im Laufe des Jahres werden die Schulungen für die Dozenten/-innen angeboten, Bildungsveranstaltungen durchgeführt und diese evaluiert. Am Ende des Jahres 2015 wird es einen Abschlussfachtag geben, indem die Ergebnisse präsentiert werden und ein Ausblick auf die Nachhaltigkeit einer inklusiven Erwachsenenbildung gewagt wird. Das Ziel ist: Eine gemeinsame Erwachsenenbildung anzubieten, die nah an den Menschen ist, aber im öffentlichen Raum stattfindet. Kontakt Dennis Kuhlmann MA Bildungsreferent beim Landes verband der Lebenshilfe BW Telefon 0711 | 255 89 28 [email protected] www.lebenshilfe-bw.de 19 Schwerpunkt Inklusion MOVE – Mobilität verbindet Mehr Teilhabe durch selbstständige Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs Beiratssitzung GOMARINGEN Mobilität bietet die Möglichkeit, selbstständig am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und mit dabei zu sein. Inklusion ist nur durch Teilhabe möglich. Solange Menschen mit Behinderungen nicht selbstständig Ziele wie Arbeitsstelle, Schule, Bildungseinrichtungen oder Freizeitangebote erreichen können, bleiben sie abhängig. Das Projekt „MOVE – Mobilität verbindet“ setzt hier an und bietet Lösungen, die auf mehreren Ebenen greifen. Das Projekt wurde mit dem mitMenschPreis 2014 des Bundesverbandes Deutscher Behindertenhilfe ausgezeichnet. Begleitpatenschaften Menschen mit Behinderung werden häufig mit Sonderfahrdiensten an den Arbeitsplatz oder in die Schule gefahren. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wird aus Zeit- und Kostengründen oft nicht geübt bzw. den jeweiligen Menschen mit Behinderung nicht zugetraut. Nach langjähriger Nutzung von Sonderfahrdiensten tritt ein Gewöhnungseffekt ein, der die Motivation zum Wechsel auf öffentliche Verkehrsmittel erschwert. Im Rahmen des Projektes MOVE wird Menschen mit Behinderung ein/e Begleitpate/-in an die Seite gestellt, der oder die gemeinsam die gewünschten Fahrstrecken übt und die Person an die selbstständige Nutzung heranführt. Rollstuhlfahrer/-innen lernen beispielsweise den sicheren Einstieg in einen Bus oder Zug mittels Klapprampe/Hublifter oder Straßenüberquerungen über Bordsteinabsenkungen zu meistern. Menschen mit einer geistigen Behinderung lernen, die Fahrpläne zu verstehen und sich räumlich zurechtzufinden. Auch für Menschen mit einer psychischen Erkrankung ist das Projekt konzipiert. Es unterstützt sie im Fall von Ängsten zum Beispiel in überfüllten Abteilen. Kontakt Kai Krudewig, Projektleitung MOVE – Mobilität verbindet Telefon 07071 | 92 05 95 33 [email protected] Freundeskreis Mensch e.V. Tübingen www.freundeskreismensch.de 20 Fahrtraining im öffentlichen Nahverkehr gibt Sicherheit und Unabhängigkeit. Strukturveränderung im Personennahverkehr Das Projekt MOVE hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedingungen für Menschen mit Behinderung bei der Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs zu verbessern. Aus diesem Grund wurden Kooperationsverträge mit Verkehrsbetrieben geschlossen und partnerschaftlich Verbesserungen angeregt und umgesetzt. Die Kennzeichnung von Buslinien durch Symbole im Stadtverkehr Tübingen, aber auch die Schulung von Bus- und Zugfahrern/-innen sowie Zugbegleitern/-innen sind hierfür gelungene Beispiele. Um auch auf politischer Ebene die Thematik zu platzieren und über Multiplikatoren zu verbreiten, wurde ein Beirat ins Leben gerufen. Unter dem Vorsitz von Landrat Joachim Walter, zugleich Schirmherr des Projektes, wurden Möglichkeiten besprochen, wie Kommunalverwaltungen, Verkehrsbetriebe, Förderschulen oder Beratungseinrichtungen in ihren Bereichen Anstöße zur Verbesserung geben können. Langfristig ist geplant, das Angebot zur Mobilität für Menschen mit Behinderung unter anderem als Teil der Leistung der Eingliederungshilfe zu etablieren. Mobilität verbindet – anregende Begegnungen Um Berührungsängste in der Bevölkerung abzubauen und die Mobilität und Teilhabe aller in das Bewusstsein zu tragen, präsentiert sich das Projekt bei vielen Veranstaltungen und informiert in zahlreichen Printmedien über Mobilität von Menschen mit Behinderung. Das vermehrte Nutzen von öffentlichen Verkehrsmitteln durch Menschen mit Behinderung und ihren Begleitpaten/-innen verändert zudem die Wahrnehmung der Bevölkerung und führt zu Begegnungen, die für beide Seiten anregend und horizonterweiternd sind. Ganz im Sinne des Mottos: Mobilität verbindet. Das Projekt wird gefördert von Aktion Mensch und der Paul Lechler Stiftung. „Das war Gänsehaut pur!“ Netzwerk für inklusive Freizeit- und Bildungsangebote bei der Lebenshilfe BRUCHSAL Seit ihrem Bestehen hat die Lebenshilfe Bruchsal-Bretten vielfältige Netzwerke entwickelt. Mit dem Projekt „Soziales Netzwerk“ wurde ein innovatives, spezielles Netzwerk geschaffen, welches Menschen mit Handicap dabei unterstützt, in ihrem Sozialraum an vielfältigen Freizeitund Bildungsangeboten teilzunehmen. Der Aufbau des „Sozialen Netzwerkes“ der Lebenshilfe startete vor acht Jahren mit inklusiven Kooperationen verschiedener Vereine, Kirchengemeinden, Kommunen, Familien- und Jugendzentren sowie anderen Organisationen. Diese Projekte sollten im gesamten Einzugsgebiet verteilt sein. Mit der Einrichtung des Netzwerkbüros in Waghäusel wurde eine feste Anlaufstelle im Einzugsgebiet geschaffen. Unterstützung erfährt das „Soziale Netzwerk“ vom Landratsamt Karlsruhe. Der Bedarf hierfür steigt stetig, da es immer mehr Menschen mit Behinderung gibt, die im Ambulant Betreuten Wohnen leben und/oder auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten – und somit nicht in Wohnheimen leben. Dort haben sie oft keinen Kontakt zu ihren Nachbarn/innen. Hier setzt das Projekt an. Gut vernetzt… Mitarbeiter/-innen des Netzwerkes sind regelmäßig in den Gemeinden präsent. Sie entwickeln gemeinsam mit Menschen mit Handicap eine Vorstellung dessen, was sie in ihrer Freizeit unternehmen möchten und treten dann in Kontakt zu anderen gesellschaftlichen Akteuren. Zunächst müssen Vereine und andere Gruppen überzeugt werden. Menschen mit Handicap müssen erst einmal an die Angebote herangeführt werden, um diese kennenzulernen. So entstehen inklusive Angebote. Für die Mitarbeitenden bedeutet dies, immer die „Fühler“ auf der Suche nach Anknüpfungspunkten auszustrecken und Schnittstellen zu finden, wo sich Menschen mit Behinderungen aktiv im Gemeinwesen einbringen können. Musizieren verbindet Die Beispiele für gelebte Inklusion sind vielfältig: etwa die Kooperationen mit dem Judoverein Karlsdorf, dem Fischerverein Graben-Neudorf, dem Flehinger Tischtennis Club 72 oder der Guggenmusikgruppe „Die Weihwasserengel“ aus Heidelsheim. Dort kommen Menschen jeden Alter, mit und ohne Handicap zusammen, um gemeinsam zu musizieren und ihrem Publikum kräftig einzuheizen. Von 50 Mitgliedern der Gruppe haben 12 Musiker ein Handicap. „Der Kontakt entstand durch Rüdiger Lumpp, ein Mitarbeiter der Lebenshilfe mit Handicap. Er vermittelte unseren ersten Auftritt beim Fasching der Lebenshilfe. Wir waren fasziniert von der Lebensfreude und Spontanität des Publikums. Der Begeisterung beim Spielen folgte die Einladung zum Mitmachen“, erinnert sich Andrea Boudgoust, Gründungsmitglied der Weihwasserengel. „Das gemeinsame Musizieren macht viel Spaß. Dieses Jahr spielten wir zum ersten Mal das Lied „Atemlos“. Bläser und Trommler gaben alles. Das war Gänsehaut pur“, schwärmt Andrea Boudgoust.„Mir macht es einen Riesenspaß aufzutreten und wir sind alle sehr freundlich aufgenommen worden“, erzählt Rüdiger Lumpp. „Es macht Mut und gibt ein gutes Gefühl, etwas Öffnendes und Verbindendes zu tun, was allen Beteiligten gut tut und Wirkung in die Gesellschaft hat“, bestätigt auch Klemens Ellmann, Leiter der Weihwasserengel. Fasching in der Walseehalle in Forst, zu der die Lebenshilfe seit Jahren einlädt. Unter Mitwirkung zahlreicher Vereine aus der Region wird dabei immer ein buntes, vielfältiges Programm geboten, bei dem die „Weihwasserengel“ aus Heidelsheim eine feste Größe sind. Kontakt Claudia Schuler Lebenshilfe für Menschen mit Behinderungen Bezirk Bruchsal-Bretten e. V. Telefon 07251 | 715-188 [email protected] www.lebenshilfe-bruchsal.de 21 Schwerpunkt Inklusion Neue Perspektiven gewinnen Kurse für Inklusionsbegleiter sollen Berührungsängste auf beiden Seiten abbauen MÖSSINGEN Wie begrüßt man bei einem gesellschaftlichen Ereignis einen Mann ohne Arme? Wünscht und braucht die Frau, die mit einem weißen Stock am Zebrastreifen steht, meine Hilfe? Häufig zeigt sich in solchen eigentlich alltäglichen Situationen, dass Inklusion in unserer Gesellschaft noch längst keine Selbstverständlichkeit ist. Der Wunsch, eine vermeintlich peinliche Situation zu vermeiden und ein Gefühl der Unsicherheit bezüglich des eigenen Verhaltens hält Menschen ohne Behinderung allzu oft von einer Kontaktaufnahme ab. Hemmungen kann es aber auch umgekehrt geben, wenn eine Person mit Behinderung sich zum Beispiel in einer ungewohnten Umgebung unsicher fühlt, sich aber ungern mit der Bitte um Hilfestellung an eine fremde Person wendet. Unsicherheit ist normal „Es ist ganz normal, dass Menschen ohne Behinderung unsicher sind, wie sie eine Person ohne Arme begrüßen sollen oder nicht wissen, in welchen Situationen sie Menschen mit Behinderung eine Hilfestellung anbieten sollen“, sagt Willi Rudolf. Der 70-Jährige ist Vorsitzender des Landesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter Baden-Württemberg (LSK) und seit seiner Kindheit Rollstuhlfahrer. Der LSK hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit einem neuen Kursangebot im laufenden und im kommenden Jahr zum Abbau der wechselseitigen Berührungsängste beizutragen. „Machen Sie mit – werden Sie Inklusionsbegleiter“ lautet das Motto, unter dem durch Information und gemeinsame Erlebnisse Barrieren in den Köpfen abgebaut und gegenseitiges Verständnis gefördert werden sollen. Das Programm zielt darauf ab, in ganz alltäglichen Situationen zu inklusivem Handeln zu motivieren. 22 Inklusion muss alltäglich werden Die Kurse mit etwa 15 Teilnehmenden werden je nach Bedarf und Zielgruppe eintägig oder mehrtägig abgehalten. Der praktische Umgang mit Hilfsmitteln wie dem Rollstuhl gehört ebenso zum Programm wie Informationen über die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung oder Inhalt und Bedeutung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung. „Nur wer die Bedürfnisse und Grenzen des Anderen kennt, kann im Alltag gezielt Unterstützung anbieten“, heißt es im Flyer zum Kursangebot. Und genau das ist das Ziel: Die Teilnehmenden sollen in die Lage versetzt werden, nach dem Besuch eines Kurses als Inklusionsbegleiter/-innen im Alltag zu wirken. Als ehrenamtliche Multiplikatoren/-innen können sie dann in ihrem jeweiligen privaten und beruflichen Umfeld zeigen, dass Berührungsängste überflüssig sind und Kommunikation die Grundlage für gegenseitiges Verständnis ist. Außerdem werden sie bei Veranstaltungen des LSK zur Unterstützung eingeladen und durch Folgeschulungen betreut. Andere im Engagement unterstützen Sich ehrenamtlich engagieren und im Lebensumfeld einbringen, möchten auch viele Menschen mit einem Handicap. Oft sind es scheinbar kleine Barrieren, zum Beispiel baulicher Art, die sie daran hindern. Hier könnten die Inklusionsbegleiter/innen helfen, damit sich solches Engagement von Menschen mit Behinderung tatsächlich entfalten kann. Es besteht offenkundig Bedarf an einem solchen Angebot: Das erste LSK-Seminar zur Inklusionsbegleitung, das im April in Krautheim/ Jagst stattfindet, ist bereits ausgebucht. Weitere Seminare sind zurzeit in Vorbereitung. n Das Projekt „Inklusionsbegleiter“ wird gefördert durch die Baden-Württemberg Stiftung und wird in Kooperation mit der Paul-Lechler-Stiftung und mit Unterstützung der Aktion Mensch durchgeführt. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.inklusionsbegleiter.de www.lsk-bw.de oder www.barrierefrei-2014.de Es lebe der Unterschied Bewegende filmische Einblicke in das inklusive Tanzprojekt Carmina WELZHEIM „Carmina – Es lebe der Unterschied“ dokumentiert ein einzigartiges internationales Tanzprojekt der Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Laufenmühle. Ein Ensemble bestehend aus Menschen mit und ohne Behinderungen, Real- und Förderschülern/-innen, professionellen Tänzern/-innen und Laien bringt die Carmina Burana von Carl Orff unter Leitung der renommierten Choreografen Wolfgang Stange, Volker Eisenach und Royston Maldoom auf die Bühne. Der Dokumentarfilm zeigt die Proben, die Höhe- und die Tiefpunkte – aber auch ein Happy End. Gleichzeitig betritt er inhaltlich und formal unbekanntes Terrain: Dass über 300 behinderte und nicht-behinderte Akteure in einem Tanzprojekt miteinander arbeiten, ist in dieser Form neu – hier begegnen sich Menschen, die sonst in Parallelwelten leben. Wird der Förderschüler Lukas – ein indisches Adoptivkind – seine Berührungsängste vor den „Behinderten“ verlieren? Kann sich der Schulabgänger Ali, der sich zunächst komplett verweigert, überwinden, ein Solo vor über 1.200 Zuschauern/-innen zu tanzen? Es bleibt nahezu unvorstellbar, dass aus nur drei Wochen intensiver Probenarbeit eine anspruchsvolle Performance werden soll. Dem Dokumentarfilm liegen 80 Stunden Material zugrunde. Daraus einen berührenden Film mit dem nie abreißenden roten Faden „Inklusion“ zu machen, war ein großes Stück Arbeit für den Filmemacher Sebastian Heinzel. Doch es ist gelungen. Er erntete höchstes Lob. „Ich war an vielen Stellen sehr gerührt und an keiner Stelle auch nur ansatzweise gelangweilt“, sagt Es lebe der Unterschied! der Choreograf Volker Eisenach. “Alle reden von Inklusio n. Dieser Film zeigt, wie sie gelingt.” STUTTGARTER ZEITUNG CARMINA n Weitere Informationen im Internet unter www.carmina.de können der Dokumentarfilm „Carmina – Ein Film von SEBASTIAN HEINZEL Es lebe der Unterschied“ sowie der Livemitschnitt der Open-Air-Auf führung als Doppel-DVD zum Preis von 19,90 Euro zzgl. Porto bei der Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Laufenmühle e.V., Laufenmühle 8, 73642 Welzheim, Telefon 07182 | 80 07-0, Fax 07182 | 80 07-13, [email protected] bestellt werden. EINE PRODUKTION VON HEINZELFILM IN KOOPERATION MIT DER WINNENDEN UND DER JANUSZ-KORCZAK CHRISTOPHERUS LEBENSUND ARBEITSGEMEINSC HAFT LAUFENMÜHLE NACH KAMERA UND SCHNITT SEBASTIAN-SCHULE WELZHEIM MIT WOLFGANG STANGE, CARMINA BURANA VON VOLKER EISENACH, ROYSTON HEINZEL ORIGINALTON ALEX CARL ORFF UNTER MITWIRKUNG MALDOOM, GISELA BULANT, RUBIN ZUSÄTZLICHE KAMERA DER ALBERTVILLE REALSCHULE ALI LLAPJANI U.A. IDEE DIETER NATHALIE SCHULTEN, THOMAS EINHÄUSER PROJEKTLEITUNG RIEDELSHEIMER, LUKAS PHILIPP EINHÄUSER KIPPELT, THOMAS VOGEL BUCH UND REGIE SEBASTIAN HEINZEL »Unbedingt anschauen Wir danken unseren Unterstützern von – sehenswert!« Quillfeldt, Empfehlung von Petra von ürttemberg en-W Bad E ISCH ITÄT PAR Der Einfach zu schön, um daheim zu bleiben Barrierefreie Ziele auf der Schwäbischen Alb im Freizeitführer Erfahrbar REUTLINGEN Erfahrbar 2015/16, der Freizeitführer für barrierefreie Ziele im Biosphärengebiet Schwäbische Alb, ist erschienen. Alle Menschen, die Barrierefreiheit brauchen oder einfach nur gut finden, können damit das Biosphärengebiet Schwäbische Alb erleben. A R E R F A H R Bisch e Alb wäbische Alb Schwäb biett Sch ngebie ärenge sphäre Biosph Bio alb lernalb Zollern und Zol gen und tlingen Reutlin Reu www.roth-grafik.de Die Reutlinger Computer Oldies haben zum sechsten Mal barrierefreie Ausflugs2015 | 2016 ziele gesammelt und getestet. Dazu sind sie mit zwei Rollstuhlfahrerinnen unterwegs. Ein Schieberollstuhl, der in vielem einem Kinderwagen ähnelt und mit dem man ein paar Stufen mit Hilfe überwinden kann, und einem E-Rollstuhl, der eher einem Rollator gleicht und mit dem jede Schwelle zu einem Problem wird. Zu den schon vorhandenen Touren, die nach Metzingen, Reutlingen, Pfullingen, Münsingen und auf die Schwäbische Alb führen, kamen eine Tour Eninger Weide, ein Abstecher in den Schönbuch, eine Tour Alb-Donau und neue Museen und Gaststätten in der Region neu hinzu. 03.12.14 10:11 Erfahrbar-X bear 15.10.indd 1 Jede Tour hat Ideen zu Kultur, Natur und Kulinarischem. Ergänzt werden die Touren durch Bäder, Hotels und Gaststätten, barrierefreie Cafés, Einkauftipps und Möglichkeiten, die Kernzone des Biosphärengebiets rund um Münsingen näher zu erkunden. Entdecken Sie Streuobstwiesen, historische Stadtkerne, Natur inmitten der Stadt Reutlingen, kleine Kirchen an der Lauter und Kunst auf Eiern im Ostereimuseum. Sie werden überrascht sein, wie viele Möglichkeiten es für Eltern mit Kinderwagen, für Rollifahrer/-innen und für Menschen mit Gehhilfen gibt. Dieser Teil vom Ländle ist einfach zu schön, um daheim zu bleiben. n Weitere Informationen im Internet unter www.erfahrbar-rt.de Der Freizeitführer ist kostenlos in den Rathäusern und beim Reutlinger Generalanzeiger sowie gegen einen Unkostenbeitrag von zwei Euro bei Jutta Kraak, Schulstraße 11, 72805 Lichtenstein, Telefon 07129 | 602 91, [email protected] erhältlich. 23 Fotonachweis: © Matthias Ritter Schwerpunkt Inklusion Fotonachweis: © Philip Rothe Mit Engagement Begegnung ermöglichen Inklusion beim von der FreiwilligenAgentur organisierten Freiwilligentag HEIDELBERG Der Freiwilligentag „wir schaffen was“ der Metropolregion Rhein-Neckar ist mit knapp 300 Projekten an fast 70 Standorten und rund 6.000 teilnehmenden Freiwilligen eine „richtig große Nummer“. Die FreiwilligenAgentur Heidelberg, vormals FreiwilligenBörse, organisierte diesen Tag für die Stadt Heidelberg und verschiedene Unternehmensteams an mehreren Standorten. Fünf inklusive Projekte am Freiwilligentag dabei Bei der Planung für den Aktionstag am 20. September 2014 entstand die Idee, den Freiwilligentag auch zu nutzen, um Bewusstsein für das Thema Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu schaffen. „Der Freiwilligentag ist eine ideale Gelegenheit, um Begegnungsmöglichkeiten zwischen Menschen zu schaffen und Berührungsängste über das gemeinsame Tun in einem Projekt abzubauen“, erläutert Ralf Baumgarth, Geschäftsführer der FreiwilligenAgentur und des PARITÄTISCHEN Heidelberg, das Vorhaben. „Wir wollten deutlich machen, dass Inklusion nicht nur ein Thema im Bereich der Bildung oder auf dem Arbeitsmarkt ist − sondern auch in der Freizeit oder beim freiwilligen Engagement.“ Das Ergebnis lässt sich sehen. Am 20. September 2014 waren in Heidelberg insgesamt 25 verschiedene Projekte am Start – fünf davon hatten das Thema Inklusion ganz klar im Fokus und richteten sich an Menschen mit und ohne Behinderung als Freiwillige: Inklusiver Besserwerde-Chor/Beschwerde-Chor / bmb – Beirat von Menschen mit Behinderungen Menschen, die Spaß am Singen haben, besangen auf humorvolle Weise Missstände, die in Heidelberg unbedingt geändert oder verbessert werden sollen. n Mach dein Radio/BiBeZ e.V. Beim Radio-Workshop in Kooperation mit dem Bermudafunk für Frauen mit und ohne Behinderung ab 16 Jahren ging es darum, „Beiträge zu machen“ − von der Aufnahme bis zur technischen Bearbeitung. n Engagement für die Ohren/FreiwilligenAgentur Heidelberg Inklusiv besetzte Reporterteams interviewten die anderen Freiwilligen in den Heidelberger Projekten beim Freiwilligentag. n Schlemmerrunde – inklusiv!/inklusiv leben gGmbH Junge Erwachsene mit und ohne Handicap kochten gemeinsam und genossen die Speisen zusammen. n Wir-jammen-was/Kopeli Eine Jamsession einer Musikband, die aus Menschen mit und ohne Behinderung bestand, und bei der Besucher/-innen gerne zu einem Instrument greifen und mitjammen durften. n Gesagt – getan: bei einem Café der Inklusion am 7. Mai 2014 unter dem Motto „Inklusion und Freiwilliges Engagement“ wurde die Anregung den Vereinen und Organisationen vorgestellt. Bei der weiteren Vorbereitung des Freiwilligentages informierte die FreiwilligenAgentur alle Projektanbieter, stellte Materialien wie den „Barrierechecker“ zur Verfügung und bot Beratung bei der Projektentwicklung an. 24 Fotonachweis: © Philip Rothe Fotonachweis: © Matthias Ritter In diesen Projekten wurden rund 60 Menschen mit und ohne Behinderung zusammengebracht. „Die Rechnung ist aufgegangen“, zieht Baumgarth ein positives Resümee.„Unsere Hoffnung, dass der Tag dazu beitragen kann, über gemeinsame Interessen in Projekten neue Kontakte zu ermöglichen, Wissen und Erfahrungen zu teilen und auch das „Defizitdenken“ ein bisschen verschwinden zu lassen, hat funktioniert.“ n Kontakt Der PARITÄTISCHE FreiwilligenAgentur Heidelberg Forum am Park Poststraße 11, 69115 Heidelberg Telefon 06221 | 72 62-172 [email protected] www.freiwilligenagentur-heidelberg.de Wie bitte? Die Lebenshilfe Heidelberg plant ein „Büro für Leichte Sprache“ HEIDELBERG Informationen so einfach wie möglich aufzubereiten, ist ein Ziel der Offenen Hilfen bei der Lebenshilfe Heidelberg. In Zukunft soll ein „Büro für Leichte Sprache“ gewährleisten, dass die Texte auch tatsächlich von Menschen mit geistiger Behinderung verstanden werden. Fahrtkosten abrechnen, Texte korrigieren, einen Kaffee trinken, den Büromops kraulen. Viel zu schnell ist er schon wieder vorbei, der halbe Bürotag von Elke Gallian. Im Büro der Offenen Hilfen arbeitet sie seit zwei Jahren einmal die Woche donnerstags. Offiziell als „Dauerpraktikum“, wie sie ein wenig selbstironisch feststellt. Elke Gallian leistet Pionierarbeit: Als bislang erste Testleserin für Leichte Sprache bei den Offenen Hilfen hat sie dafür gesorgt, dass bereits Teile des aktuellen Jahresprogramms in Leichte Sprache übertragen werden konnten. Denn um auch wirklich das Gütesiegel für „Leichte Sprache“ zu erhalten, muss ein bereits vereinfachter Text von einem Testleser mit Behinderung gegengelesen und zusätzlich bebildert werden. Nur dann erhält er das offizielle Logo von „Inclusion Europe“ für Leichte Sprache. Weitere Kriterien sind unter anderem eine Schriftgröße von 14 pt und ein anderthalbfacher Zeilenabstand, das Fehlen von Nebensätzen und die Trennung von zusammengesetzten Hauptwörtern mit einem „Binde-Strich“. Elke Gallian arbeitet eng mit dem Fremdsprachenkorrespondenten und Verwaltungsangestellten Steffen Schwab zusammen. Um das „Büro für Leichte Sprache“ zu gründen, sucht Steffen Schwab noch mehr Testleser/-innen mit einer geistigen Behinderung, die Tipps zur Verbesserung des einfachen Deutschs geben. Anzeige Monatlich sollen Schriftstücke wie Formulare, Bedienungsanleitungen oder kurze Regelwerke geprüft und optimiert werden. Es gibt bereits Texte, in Leichter Sprache, beispielsweise einige Abschnitte aus der Bibel, das Buch zum Film „Ziemlich beste Freunde“, „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ und eine Kurzfassung von „Tschick“, einem Roman von Wolfgang Herrndorf. Viele Menschen profitieren von der verständlicheren Sprache In den meisten Fällen dient die Leichte Sprache jedoch dazu, Behördendeutsch verständlich darzustellen. Nicht nur Menschen mit einer geistigen Behinderung oder Lernschwierigkeiten, auch solche mit einer Sehschwäche, Analphabeten oder Migranten/-innen mit geringen Deutschkenntnissen profitieren von der Leichten Sprache. Bislang existieren laut Steffen Schwab 20 bis 30 „Büros für Leichte Sprache“ in Deutschland, das erste wurde 2004 in Bremen gegründet. Manche Übersetzungsbüros bieten sogar das Dolmetschen in Leichter Sprache an. Ausgehend von dem Netzwerk „People First Deutschland“ wird auch ein Wörterbuch weiterentwickelt. Parallel dazu gibt es die Webseite hurraki.de, die wie Wikipedia funktioniert und so ausgefallene Begriffe kennt wie „Fröbelstern“ und „Volksdroge“. Wie bitte? Ein Glück, dass es das auch in Leichter Sprache gibt. Kontakt Steffen Schwab, Büro für leichte Sprache Lebenshilfe Heidelberg e.V. Telefon 06221 | 339 23 12 [email protected] www. offene-hilfen-heidelberg.de Ihr Stellenmarkt für Soziales Stellenmarkt für soziale Berufe und den Gesundheitsbereich Pflege · Sozialpädagogik · Erziehung · Gesundheit · Therapie · Management Auf dem Stellenmarkt www.sozialeberufe.de finden Sie Stellenanzeigen und Stellengesuche für soziale Berufe und aus dem Gesundheitsbereich. Arbeitgeber können hier selbst Stellenanzeigen aufgeben. Arbeitnehmer können hier kostenlose Stellengesuche aufgeben und neue Stelleninformationen per E-Mail abonnieren. www.sozialeberufe.de ist ein Angebot der Werbe- und Mediaagentur Kreativ plus GmbH Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. 25 Schwerpunkt Inklusion Fachstelle für Inklusion Auf dem Weg in eine geregelte Schullaufbahn - 36 Schulbegleiter im Einsatz PFORZHEIM Nicht für alle Kinder und Jugendlichen ist eine reibungslos verlaufende Schulzeit selbstverständlich. Zunehmend sind bei vielen Schülern/-innen Beeinträchtigungen seelischer, geistiger oder körperlicher Art zu verzeichnen, die eine besondere Unterstützung notwendig machen. Hier greift das Angebot des Vereins miteinanderleben: „Die Nachfrage nach Schulbegleitung nimmt stetig zu“, erläutert Bettina Schmidt, Fachberaterin für Inklusion bei miteinanderleben. Die Sozialpädagogin mit langjähriger Erfahrung in der Behindertenhilfe ist direkte Ansprechpartnerin für Schulen und Eltern, wenn es um die praktische Umsetzung der gesetzlich verankerten Inklusion von Kindern mit Einschränkungen geht. Gleichzeitig steht Bettina Schmidt den rund 36 Schulbegleitern/innen, die derzeit für miteinanderleben an verschiedenen Schulen in Pforzheim und dem Enzkreis tätig sind, als fachliche Beraterin zur Verfügung. „Vielfach wissen die Ratsuchenden nicht, welche Fördermöglichkeiten es gibt“, so Schmidt. „Und auch bei den Schulbegleitern selbst besteht ein hoher Beratungsbedarf.“ Bei miteinanderleben ist man froh, mit der Fachstelle für Inklusion ein innovatives Angebot etabliert zu haben. Doch was konkret ist die Aufgabe der Schulbegleiter/-innen? Um die vielfältigen Tätigkeitsbereiche der eingesetzten Kräfte zu verdeutlichen, hilft der Blick auf einen konkreten Fall: Der zwölfjährige Förderschüler Mert kann sich nur schwer konzentrieren und ist für jede Ablenkung offen. Häufig verweigert er seine Mitarbeit im Unterricht. Mert hat bereits eine schwierige schulische Laufbahn inklusive Schulausschluss hinter sich. „Im Grunde seines Herzens sehnt sich Mert nach Anerkennung und Aufmerksamkeit durch Lehrer und Mitschüler“, erläutert Bettina Schmidt. „Doch meistens versucht er, dieses Bedürfnis durch auffälliges und aggressives Verhalten zu überspielen.“ Durch die Schulbegleitung werden Kinder wie Mert behutsam an den Schulbetrieb mit seinen Regeln und Anforderungen herangeführt. „Ein Schulbegleiter hat im Gegensatz zum Lehrer 26 auch einmal die Möglichkeit, mit einem Kind in den Nebenraum oder an die frische Luft zu gehen, wenn es sich nicht mehr konzentrieren kann“, verdeutlicht Schmidt. Anerkennung und Erfolgserlebnisse sind wichtig Durch solche Maßnahmen werde eine Beschulung des Kindes oft überhaupt erst möglich. Dabei sei Schulbegleitung keine Nachhilfe oder Lernbegleitung im eigentlichen Sinn. „Unsere Mitarbeitenden sind eher Impulsgeber, die dem Kind einen Rahmen, Struktur und Grenzen vermitteln und hierdurch eine verlässliche Größe darstellen.“ Auch im räumlichen Sinne sind die Schulbegleiter/-innen nah am Kind und können auf diese Weise direkt unerwünschtes Verhalten ins Gleichgewicht bringen und gegensteuern. Chaos bei den Schulmaterialien beseitigen, beim Aufschreiben der Hausaufgaben Hilfestellung leisten und gezielt die Konzentration des Kindes auf die schulischen Belange lenken – all dies zählt zu ihren Aufgaben. Häufig übernehmen die Schulbegleiter/-innen zudem eine Vermittlerfunktion zwischen Mitschülern/-innen, Lehrern/-innen und dem Kind mit Förderbedarf. „Viele der begleiteten Kinder sind schon abgestempelt und gelten als Störenfried und verhaltensauffällig“, so Schmidt.„Aber auch diese Kinder benötigen Anerkennung und Erfolgserlebnisse, damit sich Dinge ändern können und sie Zuversicht und Selbstvertrauen gewinnen.“ Oberstes Ziel der Schulbegleitung sei stets, in enger Absprache aller Beteiligten für jede/n Schüler/-in die individuell passende Hilfe zu gewährleisten und neue Perspektiven zu entwickeln. Bei Mert ist dies gelungen: Durch die Schulbegleitung mit ihrer kontinuierlichen Zuwendung gingen seine Auffälligkeiten zurück, sein Sozialverhalten hat sich gebessert. In diesem Schuljahr konnte er von der Förderschule auf eine Regelschule wechseln. n Kontakt: Bettina Schmidt, miteinanderleben e.V. Fachstelle Inklusion, Telefon 07231 | 58 90 20 [email protected] www.miteinanderleben.de Armut auf Höchststand Studie belegt sprunghaften Armutsanstieg in Deutschland BERLIN / STUTTGART Die Armut in der Bundesrepublik Deutschland befindet sich auf einem historischen Höchststand, so der Befund des PARITÄTISCHEN Gesamtverbandes in seinem aktuellen Armutsbericht. Der Verband fordert von der Bundesregierung entschlossene Maßnahmen zur Armutsbekämpfung, darunter eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV sowie Reformen des Familienlastenausgleichs und der Altersgrundsicherung. Auch in BadenWürttemberg ist die Armut um 0,3 Prozent von 11,1 Prozent (2013) auf 11,4 Prozent (2014) gestiegen. Damit ist die Armutsquote von Baden-Württemberg nach Bayern die zweitniedrigste in Deutschland. Erstmalig beleuchtet der PARITÄTISCHE in seinem Bericht zur Armutsentwicklung auch besondere Risikogruppen. Das höchste Armutsrisiko von allen Haushalten zeigten danach mit 43 Prozent Alleinerziehende. Bei Kindern bis 18 Jahren liegt es bei 19,2 Prozent und bei älteren Menschen bei 14,3 Prozent. „Noch nie war die Armut in Deutschland so hoch und noch nie war die regionale Zerrissenheit so tief wie heute. Deutschland ist armutspolitisch eine tief zerklüftete Republik“, so Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Die Armut in Deutschland sei innerhalb nur eines Jahres gera dezu sprunghaft von 15,0 Prozent (2012) auf 15,5 Prozent (2013) gestiegen. Rein rechnerisch bedeutet dies einen Anstieg von 12,1 auf 12,5 Millionen Menschen. Am stärksten betroffen seien die Bundesländer Bremen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Julia Holzwarth, Hina Marquart, Roland Berner, Sozialministerin Katrin Altpeter MdL, Regina Steinkemper, Alexander Heine Programmchef antenne1 (v.l.n.r.). Radio RIO . Die gravierenden regionalen Unterschiede werden besonders deutlich, wenn man die niedrigste Armutsquote von 7, 8 Prozent in der Region BodenseeOberschwaben in Baden-Württemberg mit der höchsten von 32,6 Prozent um Bremerhafen miteinander vergleicht. In der am stärksten betroffenen Region ist die Armutsquote gegenüber der am wenigsten betroffenen inzwischen viermal so hoch, 2006 war es „nur“ der Faktor drei. In Baden-Württemberg bewegt sich die Spanne zwischen 7,8 Prozent und 14, 6 Prozent (Region Rhein-Neckar). „Fakt bei allen Analysen ist: Der zunehmende Reichtum in unserem Land geht mit einer immer größeren Ungleichheit und einer steigenden Armut einher. Die Armut in Deutschland ist das Resultat politischer Unterlassungen“, betont Dr. Hermann Frank, Grundsatzreferent beim PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. „Im Zusammenhang mit dem in der zweiten Jahreshälfte in Baden-Württemberg fertig werdenden ersten Armuts- und Reichtumsbericht des Landes erwarten wir, dass die Landesregierung auf landes- und bundespolitischer Ebene konsequente Schritte zur Armutsbekämpfung einleitet“, so Dr. Frank. n Den Bericht und weitere Informationen gibt es unter www.der-paritaetische.de/armutsbericht/~ ~die-zerklueftete-republik Sozialministerin Katrin Altpeter MdL mit den Radio RiO Reportern Sophia und und David (oben); und mit Moderatorin Julia Holzwarth im Studio (rechts). Sozialministerin Katrin Altpeter zu Besuch beim Kinderradio RiO im Olgahospital Am 21. Januar 2015 bekam Radio RiO, das Kinderklinikradio im Olgahospital des PARITÄTISCHEN, prominenten Besuch von Sozialministerin Katrin Altpeter. Sie war gekommen, um mit den jungen Patientinnen und Patienten im Olgahospital über Kinderrechte zu sprechen. RiO Reporterin Sophia (13 Jahre alt) und Rio Reporter David (8 Jahre alt) hatten zusammen mit der RiO Moderatorin, Julia Holzwarth, Volontärin bei antenne1, schon einige Fragen vorbereitet: Warum Kinderrechte trotz der UNKinderrechtskonvention oft nicht eingehalten werden und was sie dafür tun kann, damit die Kinder zu ihrem Recht kommen? Welches Kinderrecht der Ministerin besonders am Herzen liegt und wie sie die Situation von Kindern im Land weiter verbes- sern möchte? Persönlich interessant war für die Kinder, wie sie zum Thema Altersfreigabe bei Fernsehsendungen steht, wie ihre Tochter damit umgeht, dass ihre Mutter Ministerin ist, und ob sie gemeinsam über Politik sprechen. Zum Schluss hatte die Ministerin noch einen Musikwunsch frei. Zusammen mit den Kindern entschied sie sich für den Song „Traum“ von Cro. n Weitere Informationen Die Antworten der Ministerin gibt es zum nachhören unter www.radio-rio.de. Infos zu Radio RiO bei Hina Marquart, Stabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit, [email protected] 27 Pflege Erste Stufe der Pflegereform beschlossen Was bringt das erste Pflegestärkungsgesetz? STUTTGART Mitte Oktober 2014 wurde das erste Pflegestärkungsgesetz vom Bundestag beschlossen und vom Bundesrat in seiner Sitzung Anfang November gebilligt. Mit dem Gesetz erhalten Pflegebedürftige und ihre Angehörigen/Bezugspersonen ab 2015 höhere finanzielle Leistungen und verbesserte Betreuungsangebote. Um die Maßnahmen zu finanzieren, steigt der Beitragssatz um 0,3 Prozentpunkte. Mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz werden die finanziellen Leistungen an die Pflegebedürftigen um vier Prozent erhöht. Zudem steigt die Zahl der Betreuungskräfte in vollstationären Einrichtungen von 25.000 auf 45.000. Die Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Tages-, Kurzzeit- und Nachtpflege werden ausgebaut, um Angehörige/Bezugspersonen zu entlasten. Mit einem Pflegevorsorgefonds sollen zudem 1,2 Milliarden Euro pro Jahr für die Zeit nach dem Jahr 2035 angespart werden. Folgende Leistungsverbesserungen werden umgesetzt: Verhinderungspflege erweitert Die Verhinderungspflege kann künftig für bis zu sechs Wochen (42 Kalendertage) im Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Ergänzend zum Leistungsbetrag für die Verhinderungspflege können zudem künftig bis zu 50 Prozent des Kurzzeitpflegebetrags nach § 42 Absatz 2 Satz 2 SGB XI für häusliche Verhinderungspflege genutzt werden. Dies kommt insbesondere den 28 Anspruchsberechtigten zugute, die eine längere Ersatzpflege benötigen und für die es keine Betreuung in einer geeigneten vollstationären Kurzzeitpflegeeinrichtung gibt. Das gilt auch bei einer Ersatzpflege durch Pflegepersonen, die mit dem/der Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm/ihr in häuslicher Gemeinschaft leben. Die Aufwendungen, die von der Pflegekasse hierfür übernommen werden, sind grundsätzlich auf den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes der festgestellten Pflegestufe beschränkt. So können künftig zum Beispiel bei einer Verhinderungspflege eines Pflegebedürftigen der Pflegestufe I für Aufwendungen einer Ersatzpflege bis zu 366 Euro (244 Euro plus 122 Euro) im Kalenderjahr übernommen werden, zuzüglich eventuell entstehender notwendiger Aufwendungen bis zu einem Gesamtbetrag von 1.612 Euro. Für Anspruchsberechtigte mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz gilt das 1,5-Fache der festgelegten Pflegegeldbeträge nach § 123 SGB XI. Tages- und Nachtpflege flexibler gestaltet und ausgebaut Die Ansprüche auf teilstationäre Leistungen der Tages- und Nachtpflege nach § 41 SGB XI und die Ansprüche auf ambulante Pflegeleistungen nach § 36 SGB XI und § 123 SGB XI, Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI werden gleichrangig nebeneinander gestellt. Eine An- rechnung der Inanspruchnahme von Leistungen der Tagesund Nachtpflege auf die ambulanten Pflegeleistungen in der jeweiligen Pflegestufe zur Verfügung stehende Leistungsbeträge findet ebenso nicht mehr statt wie eine Anrechnung der Inanspruchnahme ambulanter Pflegeleistungen auf die für die teilstationäre Pflege zur Verfügung stehenden Leistungsbeträge. Die komplexen Regelungen zur Kombination der Leistungen werden aufgehoben. Kurzzeitpflege länger möglich Die Kurzzeitpflege wird flexibler gestaltet und ausgebaut. Sie kann um den Leistungsbetrag für die Verhinderungspflege erhöht und um bis zu vier Wochen verlängert werden. Somit können bis zu acht Wochen und Leistungen bis zu 3.224 Euro für die Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden, sofern im Kalenderjahr keine Leistungen der Verhinderungspflege in Anspruch genommen wurden. Mehr Betreuungsleistungen in der ambulanten Pflege Versicherte mit festgestellter dauerhaft erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz im Sinne von § 45 a SGB XI können ihren Kostenerstattungsanspruch aus § 45 b Absatz 1 SGB XI nunmehr nicht nur wie bisher für zusätzliche Betreuungsleistungen, sondern auch für zusätzliche Entlastungsleistungen nutzen. Zusätzliche Entlastungsleistungen können sich auf die Unterstützung im Haushalt beziehen, insbesondere bei der hauswirtschaftlichen Versorgung, auf die Unterstützung bei der Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags oder bei der eigenverantwortlichen Organisation individuell benötigter Hilfeleistungen. Oder sie tragen dazu bei, Angehörige und vergleichbar Nahestehende in ihrer Eigenschaft als Pflegende zu entlasten. Zusätzliche Entlastungsleistungen beinhalten die Erbringung von Dienstleistungen, eine die vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten stärkende oder stabilisierende Alltagsbegleitung, organisatorische Hilfestellungen, Unterstützungsleistungen für Angehörige und vergleichbar Nahestehende in ihrer Eigenschaft als Pflegende, insbesondere zur Bewältigung des Pflegealltags, oder andere geeignete Maßnahmen, die der vorgenannten Entlastung dienen. Pflegebedürftige der Pflegestufen I, II und III, die nicht die Voraussetzungen des § 45 a SGB XI erfüllen, erhalten ebenfalls einen Anspruch auf zusätzliche Entlastungsleistungen sowie erstmals auch einen Anspruch auf zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 45 b SGB XI mit einem Grundbetrag von 104 Euro monatlich. Mehr Betreuungsangebote in stationären Pflegeeinrichtungen Die zusätzlichen Betreuungsangebote nach § 87 b SGB XI in voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen werden auf alle pflegebedürftigen Personen ausgedehnt. Diese Regelung wird nunmehr als ein zentraler Bestandteil im stationären Pflegebereich im Übergang auf den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff in der bestehenden Systematik bereits jetzt ausgebaut. Die Möglichkeit des zusätzlichen Angebotes an Betreuung und Aktivierung wird nicht mehr nur auf Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz begrenzt, sondern auf alle pflegebedürftigen Bewohner/-innen ausgeweitet, auch bei Pflegestufe 0. In Pflegesatzverhandlungen wird die Zahl des zusätzlichen Betreuungspersonals weiterhin prospektiv vereinbart. Die Vertragsparteien sollen in der Regel eine Betreuungskraft für 20 anspruchsberechtigte Personen vorsehen. Magazin Pflegewelten Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) will mit dem eigens erstellten Magazin Pflegewelten die Pflege stärken und den Pflegealltag aus verschiedenen Blickwinkeln darstellen. In der ersten Ausgabe berichten Pflegende von ihren unterschiedlichen Wegen in den Beruf und Prominente schildern ihre Sicht auf die Pflege. Das Magazin soll nach den Worten von Gesundheitsminister Hermann Gröhe helfen, „die Vielfalt der Profession sichtbar zu machen – etwa die Menschen, die sich in der Alten- oder Krankenpflege mit Herz und Verstand für andere engagieren oder auch die beruflichen Chancen, die Pflegeberufe bieten“. Pflegewelten wurde mit einem Beirat aus Pflegenden und einem Team aus Autoren/-innen, Illustratoren/-innen sowie Fotografen/-innen entwickelt. Es lag im Dezember 2014 in Tageszeitungen, Zeitschriften und anderen Magazinen bei. Zudem steht es als kostenloser Download bereit und wird unter www.pflegewelten.de durch Videos, Bildergalerien sowie nützlichen Services ergänzt. 29 Pflege Pflegevorsorgefonds wird aufgebaut Die wichtigsten Änderungen im Überblick Die Einnahmen aus der weiteren Erhöhung um 0,1 Prozentpunkte werden zum Aufbau eines Pflegevorsorgefonds verwendet, der künftige Beitragssteigerungen abmildern soll. Dieser Fonds wird von der Bundesbank verwaltet. n Reformflickwerk reicht bei weitem nicht aus Seit vor 21 Jahren, am 22. April 1994, der Deutsche Bundestag die Einführung der Sozialen Pflegeversicherung beschlossen hat, wurde die Pflege in der Politik stiefmütterlich behandelt. Obwohl die strukturellen Fehlentwicklungen allen Verantwortlichen in der Sozialpolitik bekannt sind, wurden mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz im Jahr 2008 und mit dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz im Jahre 2012 nur kleinere Verbesserungen vorgenommen, ohne den demografischen Entwicklungen ausreichend Rechnung zu tragen. Der am 9. April 2014 vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegte Referentenentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (5. SGB XI-ÄndG) wurde am 28. Mai 2014 vom Bundeskabinett als erstes der zwei Pflegestärkungsgesetze beschlossen. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig, sodass es in der am 15. Oktober 2014 festgelegten Fassung am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist. Die große Koalition greift zögerlich Veränderungsmöglichkeiten auf, die aber bei weitem nicht ausreichen. Die Pflegeversicherung müsste auf einen Beitragssatz von mindestens sechs Prozent heraufgesetzt werden, um die Probleme ernsthaft zu lösen. Dazu gehört unter anderem, die Pflegezeit – ebenso wie die Elternzeit – durch laufende monatliche Entgeltzahlungen zu honorieren. Es muss endlich über realistische Personalbedarfsbemessungsinstrumente nachgedacht werden, die eine würdevolle Betreuung und Unterstützung ermöglichen. Überdies muss die Pflege besser vergütet werden. Weiterhin sind strukturelle Überlegungen angebracht: Hierzu müssten alle Kompetenzregelungen im SGB V und SGB XI auf den Prüfstand gestellt werden, um für die zu versorgenden Menschen angemessene Lösungen zu finden. Und nicht zuletzt ist eine Anpassung der Pflegeversicherung an einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff notwendig. Erst dann können mit einem erweiterten Pflegebedürftigkeitsbegriff neue Leistungsansprüche für die Versicherten beschrieben werden; die (neuen) Leistungen müssen dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff folgen. Kontakt Achim Uhl, M.Sc. Kernteamleitung Ältere Menschen und Pflege Telefon 0711 | 21 55-125 [email protected] www.paritaet-bw.de 30 Es gibt mehr und flexiblere Leistungen zur Stabilisierung der häuslichen Pflege: Kurzzeit- und Verhinderungspflege, Tages-und Nachtpflege. n Bestehende Betreuungsleistungen in der ambulanten Pflege werden ausgebaut. Entlastungsleistungen werden zugunsten Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen eingeführt. n Zusätzliche Betreuungsangebote nach § 87 b SGB XI in stationären Pflegeeinrichtungen werden ausgedehnt. Die Betreuungsrelation wird verbessert. n Neue Entlastungsangebote werden eingeführt, unter anderem durch den Ausbau der Hilfen zur Weiterführung des Haushalts. n Pflegebedürftige können künftig auch den ihnen zustehenden ambulanten Sachleistungsbetrag zu 40 Prozent für niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote flexibel nutzen. Dies gilt über den für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen vorgesehenen Betrag hinaus. n Zuschüsse für Wohnumfeld verbessernde Maßnahmen werden ausgebaut und die Antragsvoraussetzungen bei der Anschubfinanzierung für ambulant betreute Wohnformen vereinfacht. n Leistungsbeträge werden erhöht. n Ein Pflegevorsorgefonds wird aufgebaut. Leistungsbeträge werden erhöht Mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz werden die Leistungsbeträge mit Wirkung zum 1. Januar 2015 angehoben (siehe Tabellen). P flegegeld P flegesachleistungen Pflegestufe 2014 pro Monat ab 01. Januar 2015 Pflegestufe 2014 pro Monat ab 01. Januar 2015 0* 120,- Euro 123,- Euro 0* 225,- Euro 231,- Euro I 235,- Euro 244,- Euro I 450,- Euro 468,- Euro I** 305,- Euro 316,- Euro I** 665,- Euro 689,- Euro II 440,- Euro 458,- Euro II 1.100,- Euro 1.144,- Euro II** 525,- Euro 545,- Euro II** 1.250,- Euro 1.298,- Euro III 700,- Euro 728,- Euro III 1.550,- Euro 1.612,- Euro III** 700,- Euro 728,- Euro III** 1.550,- Euro 1.612,- Euro Härtefall 1.918,- Euro 1.995,- Euro Härtefall** 1.918,- Euro 1.995,- Euro */** Gilt für Personen mit dauerhaft erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz im Sinne von § 45a SGB XI – das sind vor allem an Demenz erkrankte Menschen. L eistungen für D ie Tages - und N achtpflege Pflegestufe 2014 pro Monat ab 01. Januar 2015 0* 0,- Euro 231,- Euro I 450,- Euro 468,- Euro I** 450,- Euro 689,- Euro II 1.100,- Euro 1.144,- Euro II** 1.100,- Euro 1.298,- Euro III 1.550,- Euro 1.612,- Euro III** 1.550,- Euro 1.612,- Euro L eistungen für V ollstationäre P flege Pflegestufe 2014 pro Monat ab 01. Januar 2015 0* 225,- Euro 231,- Euro I 1.023,- Euro 1.064,- Euro I** 1.023,- Euro 1.064,- Euro II 1.279,- Euro 1.330,- Euro II** 1.279,- Euro 1.330,- Euro III 1.550,- Euro 1.612,- Euro III** 1.550,- Euro 1.612,- Euro Härtefall 1.918,- Euro 1.995,- Euro Härtefall** 1.918,- Euro 1.995,- Euro */** Gilt für Personen mit dauerhaft erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz im Sinne von § 45a SGB XI – das sind vor allem an Demenz erkrankte Menschen. 31 Pflege Familienpflegezeitgesetz Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf? STUTTGART Das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf ist am 1. Januar 2015 in Kraft getreten. Damit sollen die bestehenden Regelungen im Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und im Familienpflegezeitgesetz (FamiliepflegeZG) weiter entwickelt und besser miteinander verzahnt werden. Neu ist, dass in einer akut auftretenden Pflegesituation für bis zu zehn Arbeitstage Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung gezahlt wird. Weiterhin besteht der Anspruch auf Familienpflegezeit, mit der die Arbeitszeit bis zu 24 Monate lang reduziert werden kann. Außerdem gibt es die Möglichkeit, ein zinsloses Darlehen in Anspruch zu nehmen. Wesentliche Inhalte sind: Zehntägige Auszeit im Akutfall mit Lohnersatzleistung Beschäftigte, die kurzfristig Zeit für die Organisation einer neuen Pflegesituation benötigen, können wegen einer sogenannten kurzzeitigen Arbeitsverhinderung bis zu zehn Tage der Arbeit fernbleiben. Neu ist, dass dies mit einem Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, vergleichbar dem Kinderkrankengeld, verbunden wird – eine Lohnersatzleistung, die den Verdienstausfall in dieser Zeit zu einem Großteil auffängt. Als Pflegeunterstützungsgeld werden im Grundsatz 90 Prozent des wegfallenden Nettoentgelts gezahlt. Für die Finanzierung stellt die Pflegeversicherung bis zu 100 Millionen Euro bereit. 32 Sechs Monate Pflegezeit mit zinslosem Darlehen und Rechtsanspruch Beschäftigte, die sich nach dem Pflegezeitgesetz für eine bis zu sechsmonatige teilweise oder vollständige Freistellung entscheiden, haben künftig einen Anspruch auf Förderung durch ein zinsloses Darlehen. Dieses Darlehen zur besseren Absicherung des Lebensunterhalts kann direkt beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Das Darlehen wird in monatlichen Raten ausgezahlt und deckt die Hälfte des durch die Arbeitszeitreduzierung fehlenden Nettogehalts ab. Auf entsprechenden Antrag kann auch ein niedrigeres Darlehen – bei einer Mindesthöhe von 50 Euro monatlich – in Anspruch genommen werden. Familienpflegezeit mit zinslosem Darlehen und Rechtsanspruch Den Anspruch auf ein zinsloses Darlehen haben auch diejenigen Beschäftigten, die eine Freistellung nach dem Familienpflegezeitgesetz wünschen. Neu im Gesetzesentwurf ist die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Familienpflegezeit. Beschäftigte sind künftig für die Dauer von bis zu 24 Monaten bei einer verbleibenden Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Die wichtigsten Änderungen im Überblick Zehntägige Auszeit im Akutfall mit Lohnersatzleistung n Sechs Monate Pflegezeit mit zinslosem Darlehen und Rechtsanspruch n Familienpflegezeit mit zinslosem Darlehen und Rechtsanspruch n Rechtsanspruch auf bis zu 24 Monate Freistellung – Anspruch auf Familienpflegezeit und Pflegezeit werden besser miteinander verzahnt n Begriff der „nahen Angehörigen“ wurde erweitert n Anspruch auf Familienpflegezeit und Pflegezeit werden enger miteinander verzahnt Neben der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung wird auch die außerhäusliche Betreuung eines pflegebedürftigen minderjährigen Kindes einbezogen. Dies gilt auch für die Begleitung von nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase. Mit den Gesetzesänderungen werden der Anspruch auf Familienpflegezeit und Pflegezeit nicht nur weiterentwickelt, sondern auch besser miteinander verzahnt. Die Gesamtdauer aller Freistellungsmöglichkeiten beträgt zusammen höchstens 24 Monate. Zieht sich die Pflege länger als 24 Monate hin, können mehrere Angehörige die Pflegezeit oder Familienpflegezeit nehmen – nacheinander oder parallel. Von der Ankündigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung, der Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegezeitgesetz bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung oder der genannten Freistellungen darf der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis nicht kündigen. Begriff der „nahen Angehörigen“ wurde erweitert Künftig besteht der Rechtsanspruch auf Fernbleiben von der Arbeit wegen kurzzeitiger Arbeitsverhinderung und auf alle Freistellungen nicht nur für die Pflege von Großeltern und Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten oder Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft, sondern auch für Stiefeltern, Schwägerinnen und Schwager sowie für Partner/-innen in lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften. Wie bisher sind auch Geschwister, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners sowie Schwieger- und Enkelkinder als nahe Angehörige anzusehen. Nach der Reform ist vor der Reform Mit der Zielsetzung der besseren Ausgestaltung der Regelungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bessert die Bundesregierung vor allem das Familienpflegezeitgesetz von 2012 nach, das derzeit mit lediglich 147 Inanspruchnahmen einer Familienpflegezeitversicherung im Jahr 2013 nahezu wirkungslos geblieben ist (Vgl. BT-Drs. 17/ 12330 vom 14. Februar 2013). Entgegen einer gesetzlichen Harmonisierung werden das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz weiterhin getrennt voneinander weiterentwickelt. Als zentrale Zielsetzung des Gesetzes wird die zeitliche Flexibilität herausgestellt, da diese entscheidend sei, um kurzfristig ein Pflegearrangement organisieren und trotz Berufstätigkeit die Pflege für einen pflegebedürftigen Angehörigen übernehmen zu können. Im Hinblick auf die flexible Ausgestaltung einer Pflegeauszeit und die damit einhergehende bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf bleibt das Gesetz hinter den formulierten Zielen und den aktuellen familienpolitischen Entwicklungen weit zurück. Bereits im November 2014 hat der Bundestag ein Gesetz zur weiteren Flexibilisierung der im Vergleich zu Pflegezeit und Familienpflegezeit ohnehin deutlich flexibler gestalteten Elternzeit beschlossen, um Familien eine bessere Vereinbarkeitsplanung zu ermöglichen (Vgl. BT-Drs. 18/ 2583 vom 22. September 2014). Im Gegensatz dazu sind die in § 2 a FPfZG vorgesehenen Möglichkeiten der Inanspruchnahme der Familienpflegezeit sowie die Kombinationsmöglichkeiten von Pflegezeit und Familienpflegezeit vorwiegend starr und beinhalten wenig individuellen Spielraum zur Gestaltung und Kombination von Pflegeauszeiten. Zu nennen sind hier unter anderem: Die Antragsfristen sind unnötig lang, Kombinationsmöglichkeiten von Pflegezeit und Familienpflegezeit sind fest vorgegeben, n Verkürzung der Inanspruchnahmedauer bei einer Kombination ist nicht sachgerecht (bei einer Addition wären 30 Monate möglich). n n Weiterentwicklung notwendig Die Einführung eines Rechtsanspruches auf Familienpflegezeit und das Pflegeunterstützungsgeld sind grundsätzlich zu begrüßen. Jedoch muss jegliche Form der Organisation einer Pflege(aus)zeit vor allem das Ziel verfolgen, den pflegenden Familien durch einen möglichst hohen Gestaltungsspielraum einen auf ihre jeweilige Situation passenden Rahmen von Pflege zu ermöglichen. Die zum 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Verbesserungen sind zur Förderung der Inanspruchnahme grundsätzlich geeignet, jedoch werden sowohl der Ausschluss der Anwendbarkeit für Betriebe mit weniger als 15 Beschäftigten als auch die Bindung an das Vorliegen der Pflegebedürftigkeit gem. § 14 SGB XI der gegenwärtigen Bedarfssituation nicht gerecht. Diese Lücke muss mit dem folgenden zweiten Pflegestärkungsgesetz geschlossen werden. nKontakt Achim Uhl Kernteamleitung Ältere Menschen und Pflege Telefon 0711 | 21 55-125 [email protected], www.paritaet-bw.de 33 Pflege Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege Beratungsteam im Land unterstützt und initiiert Netzwerke STUTTGART Der demografische Wandel stellt die Altenpflege in Deutschland vor neue Herausforderungen. Zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in der Altenpflege hat die Bundesregierung unter Federführung des für die Altenpflegeausbildung zuständigen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit den Ländern, Kommunen und den Verbänden am 13. Dezember 2012 die Gemeinschaftsinitiative „Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege“ gestartet. Mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung hat das Beratungsteam Altenpflegeausbildung seine Tätigkeit aufgenommen. Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA)wurde beauftragt, die bundesweite Informations- und Beratungsstelle zur Altenpflegeausbildung mit einem Team von zirka 30 Beraterinnen und Beratern aufzubauen. Sie beraten und informieren bundesweit vor Ort zu sämtlichen Fragen der Altenpflegeausbildung. Sie initiieren neue oder unterstützen bestehende Netzwerke, die die verschiedenen Akteure im Beschäftigungsfeld Altenpflege zusammenführen. Das Angebot des Beratungsteams wird im Wesentlichen nachgefragt von Altenpflegeeinrichtungen und -schulen sowie an einer Ausbildung in der Altenpflege interessierten Personen. Aber auch Verbände, Landes- und kommunale Behörden, die Bundesagentur für Arbeit (Regionaldirektion wie Arbeitsagenturen), JobCenter sowie Netzwerke und Initiativen gehören zu den Ansprechpartnern des Beratungsteams. 34 Das Beratungsteam Altenpflegeausbildung bietet folgende Leistungen neutral und kostenfrei an: n Zielgruppenspezifische Informationen und Beratung zu Ausbildungs- und Qualifizierungswegen, betrieblicher und schulischer Ausbildung sowie Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten. n Aktuelle Informationen zu Rahmenbedingungen der Ausbildung und Qualifizierung in der Altenpflege, insbesondere zu Kosten, Finanzierung und Fördermöglichkeiten, den gesetzlichen Grundlagen sowie aller länderspezifischen Regelungen und Verordnungen. n Unabhängige Beratung über Strategien zur Gewinnung von Auszubildenden durch systematisches Ausbildungsmarketing. n Beratung zu Aufbau und zur effektiven Gestaltung von Kooperationen und lokalen Netzwerken. n Unterstützung bei der Optimierung der Ausbildungsqualität durch die Bereitstellung von Qualitätsbausteinen und Arbeitshilfen für eine erfolgreiche Ausbildung. n Unterstützung von schul- und trägerübergreifenden Projekten zur Verbesserung des Images der Altenpflege sowie der Personalgewinnung und –bindung. n Vorträge und Workshops zum Thema Altenpflegeausbildung und zum Berufsfeld Altenpflege im Rahmen von Tagungen, Veranstaltungen und Fortbildungen. Um dem Fachkräftebedarf und der gesellschaftlichen Relevanz des Themas ein Gesicht zu geben, sind die Berater/-innen auf wichtigen Ausbildungsbörsen und Fachmessen mit eigenem Messestand vertreten. Motivation und Unterstützung Das Beratungsteam motiviert und unterstützt Pflegeeinrichtungen bei der Schaffung neuer Ausbildungsplätze, insbesondere im ambulanten Bereich. An Ausbildung interessierte Personen erhalten Auskunft über die Zugangsvoraussetzungen und werden bei Bedarf auf ihrem Weg zu einem Ausbildungsplatz begleitet. Durch die Beratung zu Aufbau und effektiver Gestaltung von Kooperationen und lokalen Netzwerken werden die Bemühungen vor Ort zusammengeführt und unterstützt. Die Gründung von Netzwerken sowie die Mitarbeit in bestehenden Netzwerken helfen allen Beteiligten beim gemeinsamen Ziel, die regionalen Herausforderungen zu meistern. Kooperationen im Land Das in Baden-Württemberg aus vier Personen bestehende Beratungsteam hat seit Beginn der Tätigkeit die Zusammenarbeit mit allen wichtigen Akteuren und Behörden im Land gesucht. Im Laufe der Zeit entwickelten sich Kooperationen mit dem Sozialministerium, mit dem Kultusministerium, verschiedenen Städten und Landkreisen, der Bundesagentur für Arbeit, den Wohlfahrtsverbänden der Caritas und des PARITÄTISCHEN, dem IQ-Netzwerk, dem Senior Experten Service mit der Initiative VerA zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen sowie verschiedenen staatlichen und privaten Altenpflegeschulen. IMPRESSUM Dadurch ist es dem Beratungsteam unter anderem gelungen, folgende Projekte erfolgreich auf den Weg zu bringen: n Informationsblatt zur Altenpflegehelferausbildung in Baden-Württemberg (in Kooperation mit dem Sozialministerium). n Pflegenachwuchs 2013 und 2014 (Umfrage zu Praktikum und Ausbildung in der Altenpflege im Enzkreis und der Stadt Pforzheim in Kooperation mit der Stadt und dem Landkreis). n Umfrage zur Altenpflege bei Bundesfreiwilligen (Abschluss und Auswertung Frühjahr 2015). n Gründung und Moderation von schul- und trägerüber greifenden Netzwerken in Freiburg (Ideennetzwerk Pflege Freiburg), in Mosbach (Netzwerk Lernortkooperation) und in Mannheim (Netzwerk Altenpflege für Ludwigshafen und Mannheim). n Mitveranstalter der Messe „Gesundheit und Pflege – (m)ein Weg zum beruflichen Erfolg“ in Freiburg 2014 und 2015 (in Kooperation mit der Arbeitsagentur, der Stadt Freiburg, den Landkreisen Emmendingen, Breisgau-Hochschwarzwald, der Wirtschaftsförderung, dem IQ-Netzwerk). n Kreisweiter Aktionstag zur Pflege 2015 im Schwarzwald Baar-Kreis (in Kooperation mit dem Landkreis und verschiedenen Pflegeeinrichtungen und -schulen). PARITÄTinform Herausgeber: Redaktion: Das Nachrichtenmagazin des Paritätischen ISSN 2198-9575 Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Baden-Württemberg e.V. Hauptstraße 28, 70563 Stuttgart Telefon 0711 | 21 55-0 , www.paritaet-bw.de E-Mail: [email protected] Rolf Schaible (verantw.), Christine Banhart, Ralf Baumgarth, Roland Berner, Sabine Brommer, Dr. Hermann Frank, Albrecht Hegener, Julia Luczkowski, Hina Marquart, Ingo Pezina, Achim Uhl u.v.a. Von links nach rechts: Klaus Dorda, Susanne Erb, Ute Reichelt und Andreas Boecker. „Geschafft“ – schul- und trägerübergreifende „Freisprechungsfeier“ für die Auszubildenden in der Altenpflege und -altenpflegehilfe in Freiburg 2014 und 2015 (in Kooperation mit dem Ideennetzwerk Pflege Freiburg, gefördert durch das Sozialministerium). n Informationsveranstaltungen für Wiedereinsteigerinnen „BiZ und Donna“ (in Kooperation mit verschiedenen Arbeitsagenturen). n Vorträge und Workshops zu verschiedenen Themen wie Ausbildungskonzept, Ausbildungsmarketing, den Bausteinen aus dem Projekt „Quesap – Qualitätsent wicklung und -sicherung in der Altenpflegeausbildung“, „Best practice und Handlungshilfen in der Altenpflege“. n Das Beratungsteam steht allen Pflegeeinrichtungen und Altenpflegeschulen, Berufseinsteigern und Berufsumsteigern für eine gezielte Beratung zur Verfügung. Weitere Informationen über das Beratungsteam und die Offensive unter www.altenpflegeausbildung.net. Den Zwischenbericht zur Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege finden Sie unter: www.bmfsfj.de/ BMFSFJ/aeltere-menschen,did=212456.html. nKontakt Für die Regierungsbezirke Freiburg und Karlsruhe: Susanne Erb, Telefon 07821 | 90 95 27 [email protected] und Klaus Dorda, Telefon 07823 | 96 02 19 [email protected] Für die Regierungsbezirke Stuttgart und Tübingen: Ute Reichelt, Telefon 07071 | 365 91 09 [email protected] und Andreas Boecker, Telefon07195 | 13 52 80 [email protected] www.bafza.de und www.altenpflegeausbildung.net Satz & Gestaltung: Kreativ plus, Gesellschaft für Werbung und Kommunikation mbH, Stuttgart Anzeigenmarketing: Kreativ Plus GmbH Telefon 0711 | 21 55-105, [email protected] Druck: ce-print Offsetdruck GmbH, Metzingen Erscheinungsweise: vierteljährlich Bezugspreis: Im Mitgliedsbeitrag enthalten. Jahresabonnement 8,- Euro für Nichtmitglieder Auflage: 5.000 Exemplare Fotos: Archiv | Mitgliedsorganisationen | Verbände bilderbox | fotolia | shutterstock | iStock Bitte beachten Sie die Beilage der Paritätischen Akadmie Süd. 35 Pflege Planst du noch oder (um)baust du schon? Fachtagung des PARITÄTISCHEN und des DRK zur Landesheimbauverordnung STUTTGART Mit dem Ablauf der Zehn-Jahres-Frist im Jahr 2019 zur Umsetzung der Landesheimbauverordnung tritt das Thema Bau und Umbau stationärer Altenhilfeeinrichtungen erneut in den Vordergrund. Die Landesverbände des PARITÄTISCHEN und des Deutschen Roten Kreuzes widmeten diesem Thema am 3. Februar 2015 eine gemeinsame Fachveranstaltung. Am 18. April 2011 hat das Sozialministerium Baden-Württemberg die Landesheimbauverordnung (LHeimBauVo) erlassen. Sie trat rückwirkend zum 1. September 2009 in Kraft und ersetzt damit die bisherige LHeimBauVo. Für neu geplante stationäre Einrichtungen gelten seitdem die neuen heimrechtlichen Vorgaben ohne Übergangsfrist. Für alle bestehenden Einrichtungen gilt eine Übergangsfrist von zehn Jahren, die unter bestimmten Voraussetzungen auf bis zu 25 Jahre verlängert werden kann. Die Landesheimbauverordnung sieht im Wesentlichen folgende Anforderungen vor: Anforderungen an Umfeld Wohnortnah, stadtteil- und Infrastruktur und gemeindebezogen Einrichtungsbezogene Die Gestaltung der Bau- und Überschaubare Wohneinheiten mit Überschaubare Einrichtungsgröße Anforderungen Raumkonzepte von Heimen muss bis zu max. 15 Personen und soll an einem Standort nicht Zentral in der Gemeinde erreichbar 100 Heimplätze überschreiten. sich vorrangig an den Zielen der Erhaltung und Würde, Selbstbestim- Aufenthaltsbereiche mit 5 m² pro mung und Lebensqualität orientieren. Bewohner/-in (ein Drittel kann auf die Aufenthaltsbereiche für regelmäßige Heime sind in erster Linie Wohnraum. gruppenübergreifende Aktivitäten außerhalb der Wohngruppe entfallen Das Raumkonzept soll sich am Normalisierungsprinzip der Lebensumstände orientieren. Bewohnerbezogene Die Zimmer sollten 14 (ohne Möglichst jedes Zimmer soll einen Anforderungen Vorraum) und 16 m² (mit Vorraum) Sanitärbereich mit Waschtisch, betragen Dusche und WC haben und die Lichte Raumbreite mindestens 3,2 Meter betragen. 36 Durch öffentlichen Nahverkehr Die Veranstalter: David Klatte, Birgit Schaer, Florian Burkhard, Achim Uhl und Albrecht Hartmann (v.l.n.r.). Auswirkungen auf die stationäre Altenhilfe Ende 2011 waren nach Angaben des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg insgesamt 61 Prozent der vollstationären Pflegeplätze in Einbettzimmern untergebracht, 38 Prozent entfielen auf Zweibettzimmer, ein Prozent auf Dreibettzimmer. Mit dem Ablauf der Zehn-Jahres-Frist im Jahr 2019 zur Umsetzung der Landesheimbauverordnung gewinnt das Thema Neu- und Umbau für Träger der Stationären Alten- und Behindertenhilfe an Wichtigkeit, da ein Großteil aktueller Bestandsbauten die baulichen Anforderungen ohne Sanierung oder gar einen Neubau nicht erfüllen können. Ein-Bett-Forderung Als besonders problematisch wird vor allem der Abbau der Zweibettzimmer und die Reduzierung auf eine überschaubare Einrichtungsgröße (= 100 Plätze) angesehen. Die Landesheimbauverordnung fordert den Mindeststandard von 100 Prozent Ein-Bett-Zimmern. Mancherorts haben Träger große Probleme, die Zwei-Bett-Zimmer zu belegen und haben sich auf die Marktsituation eingestellt und sich für einen Umbau entschieden. Andernorts werden auch Zwei-Bett-Zimmer nachgefragt und konzeptuell begründet angeboten. Letztere hoffen, dass unter Kostengesichtspunkten und angesichts eines steigenden Versorgungsbedarfs das Zwei-Bett-Angebot zukünftig auf eine wachsende Nachfrage treffen wird. Ungeachtet dessen stellen die notwendigen Umbauten die Einrichtungsträger vor besondere finanzielle, strukturelle und konzeptuelle Herausforderungen. Damit einher geht eine Erhöhung der Kosten. Refinanzierung der Investitionskosten Zugleich hat sich die Refinanzierungssituation der Investkosten ohnehin nicht verbessert. Während in der Vergangenheit öffentliche und gemeinnützige Träger einen Teil der Investkosten durch Förderung des Landes finanzieren konnten, wurden diese Förderungen zurückgenommen. Viele Träger sind darüber hinaus langfristig an eine Finanzierung oder an Miet- und Pachtverträge gebunden. Für viele Träger ist außerdem noch unklar, ob und wie die durch den Umbau hohen betriebsnotwendigen Investitionskosten refinanziert und in den Investitionskostenverhandlungen anerkannt werden. Treten Sozialhilfeträger als Subsidiar-Finanzierer auf, steht die Kostenminimierung im Vordergrund, was mit der EinBett-Regelung nicht in Einklang zu bringen ist. Hier erwarten die Einrichtungsträger nicht nur einen Gleichklang der Politik, sondern auch eine verlässliche Zusage, dass sich ordnungsrechtlich auferlegte Anforderungen auch bei den Verhandlungen um den Investkostensatz niederschlagen. Ermessenlenkende Richtlinien zur Landesheimbauverordnung STUTTGART Das Sozialministerium Baden-Württemberg will mit den ermessenlenkenden Richtlinien zur Landesheimbauverordnung (ERL-LHeimBauVO), die im März veröffentlicht werden sollen, Maßstäbe und Entscheidungsmuster für eine sachgemäße Ausübung des Verwaltungsermessens in typisierbaren Einzelfällen (Regelfällen) liefern. Außerdem sollen damit Hinweise zu Abwägungskriterien und Auslegungshilfen zu unbestimmten Rechtsbegriffen der LHeimBauVO gegeben werden. Die LHeimBauVO enthält Soll- und Muss-Vorschriften. Von den Muss-Vorschriften kann nur abgewichen werden, wenn eine Befreiung nach § 6 Absatz 1 LHeimBauVO oder eine Ausnahmeregelung im Sinne des § 6 Absatz 2 LHeimBauVO in Betracht kommen. Dagegen kann von einer Soll-Vorschrift auch in einem atypischen Ausnahmefall abgewichen werden. Mit der Heimaufsicht wäre bei Abweichungen von den Vorgaben der LHeimBauVO jeweils zu klären, ob ein solcher atypischer Ausnahmefall gegeben oder ob eine Befreiung bzw. eine Ausnahmeregelung gemäß § 6 LHeimBauVO erforderlich und machbar ist. In einer vom Sozialministerium eingerichteten Arbeitsgruppe, an der auch drei Vertreter der Verbände der Liga der freien Wohlfahrtspflege beteiligt waren, wurden die Vorschläge des Sozialministeriums zu den ERL-LHeimBauVO in mehreren Sitzungen diskutiert. Dabei konnten einige Änderungen angeregt werden, die zur praxisnahen Umsetzung der LHeimBauVO beitragen werden. Da jedoch nicht alles einvernehmlich geklärt werden konnte, stellen die ERL-LHeimBauVO kein gemeinsames Ergebnis der Arbeitsgruppe dar. Sie sind vielmehr verwaltungsinterne Hinweise der obersten Aufsichtsbehörde an die örtlichen Heimaufsichten als untere Aufsichtsbehörden. Abweichende Ansichten des PARITÄTISCHEN bzw. der Leistungserbringerverbände oder ergänzende Informationen zur Umsetzung der LHeimBauVO sollen den Mitgliedsorganisationen in Form einer Kommentierung der ERL-LHeimBauVO zur Verfügung gestellt werden. nKontakt Ingo Pezina, Leitung Servicebereich Recht Telefon 0711 | 21 55-205 [email protected] www.paritaet-bw.de 37 Pflege Drei wegweisende Fachvorträge Den ersten Vortrag der eintägigen Fachveranstaltung hielt Bernd Gammerl, Regierungsbaumeister beim Ministerium für Verkehr und Infrastruktur. Er führte in die Landesbauordnung ein und stellte die Zusammenhänge mit der Landesheimbauverordnung dar. Der Schwerpunkt des Vortrages lag auf dem Barrierefreien Bauen in vollstationären Altenhilfeeinrichtungen. Ulrich Schmolz, Leiter des Referats Pflege des Sozialministeriums, setzte als Schwerpunkt die Landesheimbauverordnung und die damit verbundenen Ermessenslenkenden Richtlinien (ERL), die der Heimaufsicht als Arbeitshilfe dienen sollen. „Die ERL könne jedoch nicht als „Allheilmittel“ herhalten“, betonte Schmolz. Ausnahmeregelungen solle es laut Schmolz ausschließlich in Bestandsbauten geben. Je mehr Elemente der Landesheimbauverordnung umgesetzt würden, desto einfacher werde es, an anderer Stelle gegebenenfalls eine Ausnahme zuzulassen. Die Ausnahmegenehmigungen werden jedoch nicht ohne Eigenarbeit der Einrichtungen möglich sein. So Schmolz weiter: „Eine Ausnahmegenehmigung muss entsprechend begründet werden und das geht nicht nur in einem „Dreizeiler“. Hier kann man gewiss von den Einrichtungen eine konzeptuelle und/oder wirtschaftliche Darlegung erwarten.“ Er rät deshalb dringend, eine Bestandsanalyse des eigenen Gebäudes vorzunehmen und zeitnah mit der Heimaufsicht den Diskurs aufzunehmen, um geeignete Maßnahmen und den Prozess festzulegen. Münden sollte dies in eine vollständige Umsetzung der Landesheimbauverordnung. Aus seiner Sicht müssten sich ordnungsrechtlich auferlegte Anforderungen, die zu Mehrkosten führen, dann auch in einem Investkostensatz widerspiegeln. Kontakt Birgit Schaer, Referentin Stationäre Altenhilfe und Pflege DRK LV Baden-Württemberg Badstraße 39-41 70372 Stuttgart Telefon 0711 | 55 05-154 [email protected] www.drk-bw.de 38 Richard Dressel, Architekt und Mehrheitsgesellschafter der Klotz und Dressel GmbH, schloss mit seinem Vortrag die Fachtagung und stellte die Analyse von Bestandsbauten an Beispielen vor. Ziel der Bestandsanalyse sollte die Darstellung der Abweichung von der Landesheimbauverordnung sein. In einem nächsten Schritt könnte auf dieser Basis eine neue Weichenstellung und Weiterentwicklung der vollstationären Altenhilfeeinrichtung vorgenommen werden. Die Bestandsanalyse sollte aus Sicht von Dressel auch als Grundlage für das Gespräch mit der Heimaufsicht dienen. Fazit und Ausblick Mit der Landesheimbauverordnung wird der Zweck verfolgt, die Pflegeinfrastruktur nachhaltig zu beeinflussen. Durch das nahe Ende der Zehn-Jahres-Frist im Jahr 2019 gewinnt das Thema für Entscheider in der Altenhilfe an Wichtigkeit. Die dringend erwarteten Ermessenslenkenden Richtlinien werden hier zwar Leitplanken setzen, jedoch nicht die Grundproblematik beheben. Diese besteht vor allem darin, dass die Bestandsbauten aus einer anderen Epoche des Pflegeheimbaus stammen. Träger von Altenhilfeeinrichtungen sollten auf der Basis des Marktes und einer „Bestandsanalyse“ der Frage nachgehen, ob ein Umbau, Neubau oder eine Ausnahmegenehmigung notwendig oder möglich ist und mit der Heimaufsicht rechtzeitig das Gespräch suchen. Darüber hinaus werden das Deutsche Rote Kreuz und der PARITÄTISCHE einen „Quick-Check“ auf der Basis der Ergebnisse der Veranstaltung erarbeiten. Kontakt Achim Uhl, M.Sc., Kernteamleitung Ältere Menschen und Pflege Der PARITÄTISCHE BW Hauptstraße 28 70563 Stuttgart Telefon 0711 | 21 55-125 [email protected] www.paritaet-bw.de Betreuung statt Entmündigung Anthropos Betreuungsverein leistet kompetente Beratung und Betreuung Der Besuch der alten Dame Eine alte Dame, verwirrt, alleinlebend und ohne soziale Kontakte lebt in Ihrer Wohnung und hat große Probleme, ihre persönlichen Angelegenheiten zu bewältigen. Die Kinder wohnen zu weit weg, eine Vollmacht wurde nie aufgesetzt. STUTTGART Der Anthropos Betreuungsverein Stuttgart wurde im Jahr 2012 gegründet. Unterstützt wird er aus Mitteln Baden-Württembergs und Stuttgarts. Monatlich treffen sich alle ehrenamtlichen Betreuer/-innen und Interessierte im Rudolf-Steiner-Haus im Forum Sozialimpuls zum Erfahrungsaustausch und zur Weiterbildung. Beim Besuch stellte sich heraus, dass es einen Berg an ungeöffneter Post, Probleme mit dem mobilen Pflegedienst sowie Fragen zur Sozialhilfe gab. Es wurde vereinbart, dass der Anthropos Betreuungsverein sie mit einem ehrenamtlichen Betreuer wieder besuchen würde. Zum zweiten Besuchstermin wurde der ehrenamtliche Betreuer vorgestellt. Mit Einwilligung der alten Dame wurde eine Betreuung durch die Hausärztin angeregt und der geschulte Ehrenamtliche als Betreuer vorgeschlagen. Wie kommt es zu einer angeordneten rechtlichen Betreuung? Kann ein Volljähriger aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung die persönlichen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht einen Betreuer/-in. Im Rahmen des nun eingeleiteten Betreuungsverfahrens besuchte ein Mitarbeiter der Betreuungsbehörde die alte Dame und überzeugte sich persönlich vom Hilfebedarf. Letztlich wurde Sie auch gefragt, ob Sie mit der Betreuung einverstanden sei. Sie stimmte zu. Nach einiger Zeit fertige das Betreuungsgericht den Betreuungsbeschluss aus und nun können alle anstehenden Tätigkeiten erledigt werden. Die Dame erhält nun regelmäßig Besuch, denn es gibt noch einiges für die Zukunft zu besprechen und zu organisieren. Der/die Betreuer/-in vertritt rechtlich den Klienten/die Klientin in den ihm/ihr übertragenen Aufgabenkreisen. Gemäß § 1896 Nr. 1 a BGB darf ein/e Betreuer/-in nicht gegen den freien Willen des Volljährigen bestellt werden. Das Betreuungsrecht ersetzt die frühere Entmündigung. Der/die Betreute bleibt geschäftsfähig, wahlberechtigt sowie ehe- und testierfähig. Dies ergibt sich auch aus Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz. Vorsorgevollmacht immer wichtiger Der Anthropos Betreuungsverein unterstützt auch Menschen bei der Erstellung Ihrer Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung. Mit einer Vorsorgevollmacht kann man für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit einer Person seines Vertrauens Vollmacht für alle eventuell anfallenden Rechtsgeschäfte erteilen und so die Anordnung einer Betreuung vermeiden. Kontakt Anthropos Betreuungsverein Stuttgart e.V. Matthias Hübotter, Pädagogischer Leiter Peter Schneider, Geschäftsführer Haußmannstraße 48 70188 Stuttgart Telefon 0711 | 83 88 46 79 [email protected] www.betreuungsverein-stuttgart.de 39 Tagungen Wirtschaft & Soziales = Gemeinsam Verantwortung übernehmen Große Resonanz bei Fachtagung – breitere Verankerung im PARITÄTISCHEN HEIDELBERG Gut 60 interessierte Teilnehmer/-innen aus Mitgliedsorganisationen, Regionalgeschäftsstellen und Kreisverbänden sowie einige Gäste aus anderen PARITÄTISCHEN Landesverbänden waren am 24. Februar 2015 zur ersten landesweiten Tagung des PARITÄTISCHEN zum Themenbereich CSR in das Forum am Park nach Heidelberg gekommen. Gemeinsam vorbereitet im Arbeitskreis CSR des Kernteams Bürgerschaftliches Engagement, Selbsthilfe und Gesundheit und organisiert von der Paritätischen Akademie Süd hatte die Tagung ein volles und interessantes Programm zu bieten. Die Veranstaltung bildete den Auftakt, das Themenfeld „Corporate Social Responsibility (CSR) – unternehmerisches gesellschaftliches Engagement“ im PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg breiter zu verankern. Immer größere Bedeutung In seiner Begrüßung verwies Dr. Hermann Frank darauf, dass trotz der großen Bedeutung des Bürgerschaftlichen Engagements für den Verband der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg im genannten Themenfeld bislang noch relativ wenig und wenig systematisch unterwegs ist – abgesehen von dem regionalen Zentrum Heidelberg/Metropolregion Rhein-Neckar, wo schon seit Jahren mit großem Ideenreichtum, viel Engagement und hohem Vernetzungsgrad die Kooperation von Unternehmen der Wirtschaft und gemeinnützigen Organisationen vorangetrieben und erfolgreich praktiziert wird. CSR als Beitrag zu Nachhaltiger Entwicklung Vier zentrale Handlungsfelder Einzelwirtschaftliche Ebene Umwelt Arbeitsplatz Gemeinwesen Unternehmerischer Beitrag CSR als Wettbewerbsvorteil Im gesellschaftlichen Dialog besteht mittlerweile weitestgehend Konsens darüber: Bei CSR geht es darum, über die rechtlichen Pflichten hinaus gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. CSR ist ein freiwilliges unternehmerisches Engagement. Diese müssen selbst entscheiden können, in welchen Bereichen sie sich engagieren. Zugleich haben sie sich beim Verfolgen nachhaltiger Unternehmensstrategien in ihrem Umfeld der Erwartungen der Kunden und der verschiedenen gesellschaftlichen Anspruchsgruppen (‚Stakeholder‘) zu vergewissern. Erfreulicherweise haben viele Unternehmen in Deutschland und Baden-Württemberg CSR als Wettbewerbsvorteil erkannt und setzen sich in vielfältiger Weise für die Gesellschaft und die Umwelt ein. Die Ansatzpunkte, Themen und Einstiegsmöglichkeiten in den Themenbereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales sind dabei für jedes Unternehmen unterschiedlich, einen Königsweg gibt es nicht. CSR liefert für Unternehmensstrategien „Spielregeln zur planbaren Übernahme CSR-Handlungsfelder Kein Königsweg, aber viele Ansatzpunkte Corporate Social Responsibility Markt Mit dem Fachtag hat sich der Verband zum Ziel gesetzt, sich dem Themenfeld „Wirtschaft und Soziales“, einem in den letzten Jahren besonders wichtig gewordenen Aspekt, zuzuwenden: dem sozialen, ökologischen und gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen – auch Corporate Social Responsibility genannt und begrifflich spätestens seit der nationalen CSRStrategie der Bundesregierung auch so eingebürgert. Markt Lieferkette Produktverantwortung █ Faire Preisgestaltung █ Verbraucherschutz █ Verantwortliches █ █ █ Marketing Transparenz █ Ausgegrenzte Kundensegmente █ Faire Partnerschaft mit Geschäftspartnern █ … 40 Ressourcenverbrauch Energieverbrauch █ Abfall- und Gefahr- █ █ Gesamtgesellschaftliche Ebene Umwelt stoffmanagement Klimaschutz █ Erneuerbare Energien █ Umweltauswirkungen █ am Standort Umweltbewusstsein der Mitarbeiter/-innen █ Umweltmanagement █ … █ Nachhaltige Entwicklung Ökonomie Ökologie Soziales Ökonomie Ökologie Arbeitsplatz Arbeitssicherheit, Gemeinwesen █ Ehrenamtliches Engagement von Beschäftigten █ Unternehmensstiftungen █ Auftragsvergabe an soziale Organisationen █ Cause Related Marketing █ Sponsoring █ Unternehmensspenden █ Regionalentwicklung █ … █ Gesundheitsschutz █ Work-Life-Balance █ Vielfalt, Chancen gleichheit, Antidiskriminierung █ Personalentwicklung █ Arbeitnehmerrechte, Vorschlagswesen █ Faire Bezahlung, Mitarbeiterbeteiligung █ Menschenrechte █ … Soziales Gefördert wurde die Fachtagung durch die GlücksSpirale. „Kooperationen wie „Wirtschaft und Soziales“ nehmen einen immer größeren Stellenwert in unserer Gesellschaft ein. Immer mehr gemeinnützige Organisationen sind auf der Suche nach neuen Kooperationspartnern, um Unterstützung für Projekte zu finden, die sonst nicht verwirklicht werden könnten“, erklärte Werner Kley, Geschäftsführer der Toto-Lotto Bezirksdirektion Rhein-Neckar-Odenwald bei der Scheckübergabe an Dr. Hermann Frank, Leiter Fachbereich Bürgerengagement beim Paritätischen Baden-Württemberg. Foto: Natascha Biermann von gesellschaftlicher unternehmerischer Verantwortung“, wie es in der neuen Engagementstrategie des Landes BadenWürttemberg heißt. Viele Unternehmen tun dies übrigens auch in verschiedenen Teilbereichen und Handlungsfeldern und mitunter schon lange, ohne dass sie bislang die engere Verbindung zu den strategischen Inhalten von CSR hergestellt haben oder sich der dort ausgewiesenen Methoden und Instrumente bedienen. CSR wird der nationalen und internationalen Erfahrung und der Praxis vieler Unternehmen folgend in vier Handlungsfeldern konkretisiert: CSR am Arbeitsplatz, am Markt, im Gemeinwesen und gegenüber der Umwelt. Auf Vorschlag des Kernteams hat der Landesvorstand am 31. Juli 2014 den Grundsatzbeschluss gefasst, als Institution der organisierten Bürgerschaft das Thema CSR auf Landesebene in seine eigene Engagementstrategie aufzunehmen, die Zielsetzungen der CSR für sich und seine eigenen Sozialunternehmen in die eigene Haltung zu übernehmen und den Verband künftig zunehmend als regionalen und überregionalen Mittler für Kooperationen mit Unternehmen der freien Wirtschaft aufund auszubauen. Breite Informationsplattform Der Fachtag in Heidelberg wurde bewusst als Auftakt gewählt, die Kreisverbände und Mitgliedsorganisationen mit dem Thema CSR und mit den Möglichkeiten und Chancen von Unternehmenskooperationen vertraut zu machen, Erfahrungen auszutauschen, übertragbare Modelle vorzustellen, die Bezüge zu den engagementpolitischen Diskussionen herzustellen und Pläne für mehr und breitere Initiativen in diesem Engagementfeld innerhalb des Landesverbandes und darüber hinaus zu schmieden. Mit dem Programm war allen Teilnehmenden eine Art „Schaufenster“ zum Stand und der weiteren Entwicklung in diesem Themenfeld im PARITÄTISCHEN geboten. In einer von Martin Link, Leiter der Paritätischen Akademie Süd, moderierten Podiumsdiskussion mit Andrea Kiefer von der IHK Rhein-Neckar, Günther Schmid vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg und Dr. Hermann Frank wurden eingangs Stand und Zukunftsperspektiven der Kooperation gemeinnütziger Organisationen mit Unternehmen der freien Wirtschaft ausgelotet. Ralf Baumgarth, Geschäftsführer der PARITÄTISCHEN Regionalgeschäftsstelle Heidelberg und Leiter der dortigen Freiwilligenagentur, führte in die CSR-Begrifflichkeiten ein und erläuterte gemeinsam mit Praktikern die einzelnen CSR-Handlungsfelder anhand von „Best Practice“-Beispielen. Markt der Möglichkeiten Während der Mittagszeit bot ein „Markt der Möglichkeiten“ Gelegenheit, sich im Rahmen einer kleinen Ausstellung mit den unterschiedlichsten Formen von Kooperationen zwischen gemeinnützigen Einrichtungen und (Wirtschafts-) Unternehmen in bereits durchgeführten Projekten und Aktivitäten vertraut zu machen. Am Nachmittag konnten Ulrike Sinner und Dr. Ilse Winter, Geschäftsführerinnen der Regionalgeschäftsstellen Karlsruhe und Ulm, gemeinsam mit Teilnehmerinnen der von ihnen durchgeführten „Marktplätze Gute Geschäfte“ eindrücklich zeigen, wie erfolgreich diese Methode interessierte Unternehmen und gemeinnützige Organisationen vor Ort zusammenbringen kann. Darüber, wie einzelne soziale Organisationen zielgerichtet auf eine Kontaktaufnahme und Kooperation mit Unternehmen gewissermaßen „auf Augenhöhe“ vorbereitet werden können, wussten Beate Ebeling, Projektkoordinatorin beim PARITÄTISCHEN Heidelberg und Dr. Claudia SchöningKalender, geschäftsführende Vorsitzende des Frauenhauses Mannheim, aus dem Qualifizierungsprojekt „Gute Sache“ auf imposante Weise zu berichten. PARITÄTISCHER als zukünftiger Unterstützer Ein vorläufiges Fazit durch den Moderator am Ende der Veranstaltung ergab, dass es an der Zeit war, das angesprochene Thema in die verbandliche Diskussion einzubringen, und dass es mit den eingebrachten Informationen, Erfahrungen und Anregungen nach ersten Reaktionen aus dem Teilnehmerkreis gelungen sein dürfte, in das Themenfeld einzuführen und Interesse zu wecken. Konsens war auch, den Verband nach und nach mehr als Unterstützer und Mittler im Bereich der zivilgesellschaftlichen Kooperation mit Unternehmen in Anspruch zu nehmen. n Kontakt: Dr. Hermann Frank Kernteamleitung Bürgerschaftliches Engagement, Selbsthilfe und Gesundheit Telefon 0711 | 21 55-208, [email protected] Nützliche Links zum Thema: www.csr-in-deutschland.de/ www.csrgermany.de/www/csr_cms_relaunch.nsf/id/home-de www.sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/~ ~menschen/buergerengagement/engagementstrategie/ www.gute-geschaefte.org, www.gute-sachen.org 41 Tagungen Sichtbar, sicher, vernetzt Fachtagung zu Entwicklungen in der Frauenhaus- und Frauenberatungsarbeit MANNHEIM In Deutschland hat jede vierte Frau mindestens einmal in einer aktuellen oder früheren Partnerschaft körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt. 64 Prozent dieser Frauen wurden durch die Gewalttaten schwer verletzt. In 60 Prozent der Fälle sind Kinder als Zeugen oder Opfer dieser häuslichen Gewalt mit betroffen. Als vor über 30 Jahren die ersten Frauenhäuser auf Initiative der Frauenbewegung entstanden, konnte häusliche Gewalt gegen Frauen nicht länger als Privatsache behandelt werden. Den physisch und/oder psychisch misshandelten Frauen werden seitdem Schutz und Beratung angeboten. Das ist heute nicht anders, doch die langjährigen Erfahrungen in den Frauenhäusern und Fachberatungsstellen machen es notwendig, die Angebote zu erweitern und die Konzepte weiterzuentwickeln, um die betroffenen Frauen in ihren Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten zu stärken. Wie Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen ihre Angebote ausbauen und bisherige Konzepte weiterentwickeln können, war Thema des Fachtages „Sichtbar, sicher, vernetzt – Entwicklungen in der Frauenhaus- und Frauenberatungsarbeit“ am 26. Februar 2015 an der Hochschule Mannheim. Veranstalter waren der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg, das Mannheimer Frauenhaus und die Hochschule Mannheim. Im PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg gibt es 19 Frauenhäuser und 14 Beratungsstellen bei häuslicher Gewalt. Sie arbeiten nach den Grundsätzen der Parteilichkeit mit Wertschätzung, Empathie, Ressourcenorientierung und Empowerment für die betroffenen Frauen und ihre Kinder. Sie bieten Schutz, Sicherheit und Beratung. Zu Handlungsansätzen aus Theorie und Praxis referierten Expertinnen aus dem In- und Ausland. In sechs Workshops ging es um lokale Umsetzungsmöglichkeiten zu Themen wie Sicherheit bei Aufgabe der Anonymität, systemische Ansätze in der Frauenhausarbeit, Bedarf von hochbedrohten Frauen und Ausweitung ambulanter Beratungsangebote. Die Veranstalterinnen begrüßten insgesamt 125 Teilnehmende, darunter neben Mitarbeiterinnen aus Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen auch Vertreter/innen aus Täterberatungsstellen, Kinderschutzeinrichtungen, Polizei und Allgemeinen Sozialen Diensten. 42 Impulse aus den Fachvorträgen Im ersten Impulsvortrag referierte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin der autonomen Frauenhäuser in Österreich und des europäischen Netzwerkes WAVE (Women against violence Europe) über die Wichtigkeit europäischer Vernetzung. Das große europaweite Netzwerk generiert ein länderspezifisches Wissen über gesellschaftliche und politische Entwicklungen, Trends, Herausforderungen und gesetzliche Maßnahmen, aber auch über Rückschritte im Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern. Die Referentinnen Miriam Stock und Marie-Christin Schäfer aus dem Frauenhaus in Espelkamp stellten im zweiten Vortrag das Modellprojekt aus Nordrhein-Westfalen „Richtungswechsel – sichtbar - sicher - selbstbestimmt“ vor und berichteten über erste Entwicklungen und Erfahrungen. Das Konzept Richtungswechsel bedeutet einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Frauenhausarbeit, da die Basis der Neuausrichtung systemische Arbeitsansätze bilden. Referentin Maria Rösslhumer Unter dem Motto „systemischer Ansatz in der Frauenhausarbeit“ warf die Referentin Petra Baumgärtner spannende Fragen und Thesen auf. Beispielsweise, dass der Grundsatz der Parteilichkeit gut und wichtig ist, aber auch seine Grenzen hat. Parteilichkeit bedeutet, dass den Frauen Glauben geschenkt und ihnen Vertrauen und Verlässlichkeit entgegengebracht wird, es aber auch ein vereinfachtes Denkmuster in Täter-Opfer-Schemata bietet. Parteilichkeit hat „Fallstricke“, beispielsweise die Idee, dass allein die Trennung vom gewalttätigen Partner vor weiterer Gewalt schützt. Dabei kann leicht die Notwendigkeit für jede Frau übersehen werden, an den eigenen Handlungsmustern zu arbeiten und diese biografisch einzuordnen – damit sich erlebte Gewalt nicht in der nächsten Beziehung fortsetzt. Bedeutung gewinnt demnach der Begriff der Allparteilichkeit, der alle am System Beteiligten mit einbezieht: Frauen, Männer und ihre Kinder. Allparteilichkeit bedeutet, Gewalt abzulehnen und deutlich zu verurteilen, aber auch, dass Opfer und Täter Verantwortung für die jeweiligen Anteile an der Eskalation übernehmen. Themen und Erkenntnisse aus den Workshops Workshop 1 „Sicheres Frauenhaus“ des Referats Prävention des Mannheimer Polizeipräsidiums zum Thema „Sicherheit im Frauenhaus ohne anonyme Adresse: Sicherheitskonzepte für sichtbare Frauenhäuser in Kooperation mit der Polizei“. Es wurden einige Punkte vorgestellt, wie die Sicherheit des Gebäudes erhöht werden, aber auch wie eine Kooperation mit der Polizei ablaufen kann. Workshop 2 „Lokal bekannt, vernetzt und beschützt – Das Frauenhaus Thun-Berner Oberland“ beschäftigte sich mit der Frage „Welche Möglichkeiten hat ein Frauenhaus in einem Dorf, bestehende Wertvorstellungen zu Gunsten des Frauenhauses zu beeinflussen? Erfahrungen und erste ermutigende Erkenntnisse nach zwei Jahren als Frauenhaus in einem Dorf“. Um das Frauenhaus trotz bekannter Adresse im Dorf sicher zu machen, war es notwendig, die Dorfgemeinschaft für sich zu gewinnen. Dies gelang, indem durch einen offensiven Umgang und Kontaktpflege mit der Dorfgemeinschaft deren Vertrauen gewonnen wurde, sodass sie nun hinter dem Frauenhaus steht. Workshop 3 „Mobile Intervention“ des BIG e.V. in Berlin. Die mobile Intervention richtet sich insbesondere an Frauen, die aufgrund eingeschränkter Mobilität, sei es wegen einer Behinderung, sozialer Isolation, Krankheit oder auch Unterbringungsschwierigkeiten für die Kinder, Probleme haben, eine Beratungsstelle oder entsprechende Einrichtungen aufzusuchen. Mobile Intervention findet in öffentlichen Räumen oder bei befreundeten Einrichtungen statt, jedoch niemals in einer Täterwohnung. Workshop 4 „Paarbezogene Intervention zur Beendigung häuslicher Gewalt“ beschäftigte sich mit der spezifischen Dynamik langjähriger Paarbeziehungen und der Möglichkeit der Veränderbarkeit durch spezielle Trainings. Ausgehend von der Frage „Können Paare sich ändern?“ wurde ein Überblick über bestehende Paarberatungsangebote in Deutschland und Europa gegeben. Anhand von Fallbeispielen wurde exemplarisch auf Paare geschaut, die eine Paarberatung wünschen. Bezogen auf die Veränderbarkeit von Paaren, die in langjährigen Gewaltbeziehungen leben, wurden Kriterien vorgestellt, unter denen eine Paarberatung sinnvoll sein kann. Workshop 5 befasste sich mit der speziellen Frage von Papatya Berlin: „Welche Unterstützung benötigen Mädchen und junge Frauen, die von Zwangsverheiratung und Gewalt im Namen der Ehre betroffen sind?“ Da diese Mädchen besonderen Gefahren ausgesetzt sind, kann ihnen während des Aufenthalts in den Schutz- und Zufluchtswohnungen kein normales Leben ermöglicht werden. Sie können nicht die Schule besuchen und der Ausgang ist zeitlich begrenzt. Aber auch hier ist die direkte Nachbarschaft einbezogen, gute Kontakte sind wichtig und Kooperationen sind unabdinglich, um Schutz zu gewährleisten. Workshop 6 „Wieder Eltern werden! Das Münchner Modell im Familiengerichtlichen Verfahren“ behandelte die „Kooperation zwischen Frauenhilfe und Münchner Informationszentrum für Männer in der Praxis“. Das Miterleben von häuslicher Gewalt stellt für die Kinder eine extreme Belastung dar. Das Risiko, später einmal in der Rolle des Vaters oder der Mutter zur Weitergabe von Gewaltstrukturen beizutragen, ist sehr groß. Ziel des Modells ist es, die Gewalt zu beenden und nach der Trennung der Eltern einen gewaltfreien Umgang zu sichern. Die konfrontative Arbeit mit dem Täter ist dabei das zentrale Element. n Kontakt Julia Luczkowski Werkstatt PARITÄT gemeinnützige GmbH [email protected] Sabine Brommer Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg Kernteam Krisenintervention und Existenzsicherung [email protected] 43 Projekt Gut beraten Konzept eines Beratungszentrums für von häuslicher Gewalt betroffener Familien besteht auch hinsichtlich der Konzepte für Frauen, deren Ziel nicht primär die Trennung von ihrem gewalttätigen Partner ist, sondern die Beendigung der Gewalt und die Rückkehr in ihre Beziehung, oder für Frauen, die nicht zu einer hochbedrohten Gruppe gehören und für die der Aufenthalt in einem Frauenhaus mit anonymer Adresse nicht zwingend notwendig wäre oder für Frauen, die nach der Trennung von dem gewalttätigen Partner ein gemeinsames Sorgerecht für die Kinder haben. Die Sicherheit steht an erster Stelle Das Projekt beschäftigt sich mit der Zielgruppe von Frauen, die nicht hochbedroht ist, aber einen geschützten Aufenthalt, Begleitung und Beratung wünschen. Es geht dabei um unterschiedliche Bausteine, zum Beispiel für eine Paarberatung und systemische Ansätze oder für ambulante Angebote, die den Frauen auch ergänzend zum Frauenhausaufenthalt zur Verfügung stehen und um Konzepte für einen geschützten Rahmen, in dem Eltern den Umgang mit den gemeinsamen Kindern klären können und notwendige Unterstützung im Interesse ihrer Kinder erhalten. Vorrangig ist dabei das Thema Sicherheit; dieses steht an erster Stelle. Daher gilt es, nicht nur ein Sicherheitskonzept für ein „sichtbares“ Frauenhaus zu entwickeln, sondern auch eigene Sicherheitsmaßnahmen für die einzelnen Bausteine, wie bei der Einbeziehung des Partners, damit ein Paargespräch für alle Beteiligten ohne Gefahren ablaufen kann. STUTTGART Die Werkstatt PARITÄT und der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg realisieren von Juli 2014 bis Dezember 2015 ein Projekt zur Entwicklung eines Konzeptes für ein „Beratungszentrum für Familien, die von häuslicher Gewalt betroffen sind“. Mit dem Konzept sollen Entwicklungen und Ideen der Frauenhaus- und Frauenberatungsarbeit in Richtung eines Beratungszentrums bei häuslicher Gewalt aufgegriffen, gebündelt und strukturiert dargestellt werden. In einem Beratungszentrum sollen Frauen und Kinder sowie auf Wunsch der Frau auch ihr gewalttätiger Partner Unterstützung erhalten, um die Gewalt in ihrer Beziehung und Familie zu beenden. Langjährige Erfahrungen in Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen machen deutlich, dass eine Ausdifferenzierung der Angebote und eine Weiterentwicklung gültiger Konzepte wichtig sind, um auf die unterschiedlichen Bedarfe von Frauen und Familien, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, reagieren zu können – immer mit dem Ziel, die Gewalt nachhaltig zu beenden und den Betroffenen ein gewaltfreies Leben zu ermöglichen. Eine Ausweitung bzw. Spezialisierung von Angeboten wäre zum Beispiel möglich für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen mit Suchtproblematiken, psychischen Beeinträchtigungen oder körperlichen Behinderungen. Potenzial zur Weiterentwicklung 44 Häusliche Gewalt beenden Die verschiedenen Bausteine des Konzeptes werden gemeinsam mit Frauenhäusern, Frauenberatungsstellen, Interventionsstellen im Rahmen eines Platzverweisverfahrens, Männerberatungsstellen/Beratungsstellen für Täterarbeit und AntiGewalt-Training, mit dem Netzwerk Straffälligenhilfe BadenWürttemberg und dem Kinderschutzbund erarbeitet und zu einem Gesamtkonzept zusammengeführt. Dieses wird den Einrichtungen mit ihren unterschiedlichen Bedingungen vor Ort die Möglichkeit eröffnen, Ideen und Anregungen für neue Ansätze und Kooperationen einzuholen – um bei Bedarf Angebote auszubauen, um auf die individuellen Situationen der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen und Familien einzugehen und somit dem Ziel näher zu kommen, häusliche Gewalt nachhaltig zu beenden. n Kontakt Julia Luczkowski Werkstatt PARITÄT gemeinnützige GmbH [email protected] Sabine Brommer Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg Kernteam Krisenintervention und Existenzsicherung [email protected] Weiterbildung Einstieg in die Welt des Alterns Neues zweisemestriges Kontaktstudium Gerontologie für Quereinsteiger KONTAWE Infoveranstaltung Fotonachweis: © nerek/photocase.de Für das KONTAWE gibt es am 11. Mai 2015 eine Infoveranstaltung in Heidelberg. n Weitere Informationen Lena Bölke Telefon 0711 | 21 55-188 [email protected] www.kontawe.gerontologiestudium.de STUTTGART Das Kontaktstudium Angewandte Gerontologie (KONTAGE) ist im November 2014 zehn Jahre alt geworden und bekommt zum Jubiläum ein kleines Geschwisterchen. „Frau Professor Dr. Astrid Hedtke-Becker, Wissenschaftliche Leiterin von KONTAGE, und ich haben vor zehn Jahren etwas begründet, was heute bundesweit bekannt ist und für Qualität steht, also für gerontologisches Wissen auf der Höhe der Zeit ist“, sagt Martin Link, Geschäftsführer der Paritätischen Akademie Süd, nicht ohne Stolz. Die Paritätische Akademie Süd bietet das KONTAGE, das im November 2014 bereits sein zehnjähriges Jubiläum feierte, in Kooperation mit der Hochschule Mannheim an. In dieser dreisemestrigen Hochschulweiterbildung können sich Menschen, die bereits in der Altenhilfe tätig sind, ein breitgefächertes und tiefgehendes Wissen über die verschiedenen Aspekte des Alterns aneignen. Das Jubiläum wurde mit einem Festtag gefeiert. Es gab unter anderem einen Rückblick auf die zehn Jahre KONTAGE und verschiedene Workshops, in denen die Gäste einen Einblick in das Thema Gerontologie und das Kontaktstudium bekommen konnten. Der Tag endete mit einer Fragerunde für die zukünftigen Teilnehmer/-innen. Gerontologie findet Anknüpfungspunkte in vielen Bereichen Gerontologen/-innen werden nicht nur in der Altenhilfe, sondern mit zunehmendem Bedarf auch in der Stadtplanung, in Unternehmen oder in der Dienstleistungsbranche gebraucht. „Wer die demografische Entwicklung ernst nehmen will − und das sollten wir alle tun −, benötigt in jedem Feld Fachkräfte mit gerontologischer Expertise“, so Hedtke-Becker. Sie fasst zusammen, dass in einer Nachbefragung alle Absolventen/-innen angaben, ihre Kompetenz und ihr Erkenntnisgewinn hätten sich positiv auf ihre weitere Laufbahn ausgewirkt. Einzelne Beispiele seien ihr darüber hinaus näher bekannt:„Eine Freiberuflerin hat durch ihr neues gerontologisches Profil neue Kunden und Einsatzfelder gewonnen, ein leitender Arzt wurde danach Lehrbeauftragter an einer Hochschule, die Leiterin einer kleinen Einrichtung für Senioren/-innen wurde in ihrem Unternehmen in die Geschäftsführung auf Bundesebene berufen.“ Ein berufsbegleitendes Studium ist eine Herausforderung für die Teilnehmenden, das ist klar. Jedoch überwiegt bei den Absolventen/-innen des KONTAGE die Meinung, dass sich die Teilnahme gelohnt habe. So zeigen beispielsweise die Evaluationsergebnisse des zweiten Jahrgangs, dass 65 Prozent den Besuch des Kontaktstudiums für sehr empfehlenswert halten und 35 Prozent für empfehlenswert. Teilnehmerin Adelheid von Spee beschreibt, dass sich durch das Studium viele Anregungen und berufliche Perspektiven ergeben hätten. „Mir scheint, dass nahezu jede Fachdisziplin Anknüpfungspunkte in der Gerontologie finden kann.“ Absolventin Petra Imhof-Jung schließt mit den Worten:„Obwohl ich mich über den Abschluss freue, überwiegt das Bedauern, jetzt auf den regelmäßigen hochkarätigen Input und den Austausch mit den Kollegen/-innen verzichten zu müssen, in der bisherigen Form zumindest.“ Ab 2015 Gerontologie für Quereinsteiger Auf Grund des Erfolges des KONTAGE gibt es im Sommer 2015 Nachwuchs. Um den Zugang zu einem gerontologischen Studium auch Menschen möglich zu machen, die bisher nicht in der Altenhilfe arbeiten, gibt es ab kommendem Sommer das zweisemestrige Kontaktstudium Anwendungsorientierte Gerontologie (KONTAWE). Es richtet sich an Um- und Quereinsteiger/-innen, die bereits eine akademische Vorbildung haben und in den gerontologischen Bereich wechseln möchten. Die zwei Semester werden gemeinsam mit den Teilnehmern/-innen des KONTAGE absolviert. „Die Idee ist, mit dieser Weiterbildung einen Einstieg in die Gerontologie zu erhalten und von dem Erfahrungswissen der in der Altenhilfe erfahrenen Teilnehmenden zu profitieren“, hebt Martin Link die Besonderheit des KONTAWE hervor. 45 Weiterbildung Systemischer Ansatz in der Sozialen Arbeit Akademische Weiterbildung der Paritätischen Akademie Süd zertifiziert STUTTGART Die Systemische Beratung, eine berufsbegleitende Akademische Weiterbildung der Paritätischen Akademie Süd, wurde durch die Deutsche Gesellschaft für Systemische Soziale Arbeit (DGSSA) zertifiziert. Die Paritätische Akademie Süd sprach mit Diplom-Sozialpädagogin, Personalentwicklerin und Kursleiterin Petra Baumgärtner. Seit 1999 ist sie auch als Referentin für den PARITÄTISCHEN Rheinland-Pfalz/Saarland tätig. Frau Baumgärtner, erst einmal herzlichen Glückwunsch zu der Zertifizierung. Welches sind denn die Inhalte der Weiterbildung? Die Vermittlung der theoretischen Grundlagen des Systemischen Ansatzes und deren Platzierung in der Sozialen Arbeit bilden die Basis des Kurses. Darauf aufbauend erfolgt die Erarbeitung des klassischen systemischen Beratungsprozesses. Im mittleren Teil steht die Arbeit an der eigenen Biografie, unter Zuhilfenahme des Gelernten. Es folgen das Thema Krise in unterschiedlichen Dimensionen und die Erarbeitung guter systemischer Praxis im Einzelund Familiensetting. Die letzte Veranstaltung beschäftigt sich mit dem Abschluss von Prozessen, Abschieden, Übergängen und Trauer. Wie ist das Verhältnis von theoretischer Wissensvermittlung und praktischer Anwendung? Etwa 40 Prozent der Ausbildung erfolgt in theoretischer Wissensvermittlung in unterschiedlichen Formen. Neben Präsentationen und Fachvorträgen wird in verschiedenen Settings gearbeitet. Die praktische Anwendung erfolgt ebenfalls zu 40 Prozent innerhalb der Module. Durch die Anwendung der zahlreichen systemischen Methoden auf der Grundlage von Praxisbeispielen, die die Teilnehmenden selbst einbringen, wird das Erlernte eingeübt und anschließend reflektiert. Die Weiterbildungssupervision nimmt etwa 20 Prozent ein. Systemische Beratung, eine berufsbegleitende Akademische Weiterbildung Zielgruppe: Fachkräfte der sozialen Arbeit, Pflege Erziehung und Bildung Studienort: Heidelberg Anmeldeschluss: 31. März 2015 Start: 17. April 2015 Beratung und Studiengangleiterin Petra Baumgärtner n Kontakt: Jule Feldhaus Leiterin Akademische Weiterbildung Telefon 0711 | 21 55-184, [email protected] 46 Was unterscheidet die zertifizierte Weiterbildung der Paritätischen Akademie Süd von ähnlichen Weiterbildungsangeboten? Sie profitiert von der Verknüpfung der drei Systeme: Hochschule, freie Systemische Berater bzw. Therapeuten und Supervisoren mit langjähriger Praxis in der Sozialen Arbeit. Damit bietet es ein Portfolio, welches sich wesentlich von anderen Anbietern wie beispielsweise Hochschulstudiengängen oder Ausbildungen an Weiterbildungsinstituten unterscheidet. Sie wurde hochschulnah entwickelt und bezieht zwei Lehrende der Hochschule als Dozenten ein. Die Skripte orientieren sich an wissenschaftlich gültigen Standards und stehen zu jedem Modul zur Verfügung. Für wen ist die Weiterbildung konzipiert und was bedeutet eigentlich die Zertifizierung durch die DGSSA? Sie ist für alle Fachkräfte interessant, die sich mit Sozialer Arbeit, Sozialpädagogik, Pädagogik, Erziehung, Bildung, Seelsorge, Leitung oder ähnlichen Themen beschäftigen. Die Zugangsvoraussetzungen sind eine Ausbildung als Erzieher/-in, ein Studienabschluss im Bereich Pädagogik, Bildung o.ä., mindestens ein Jahr Praxiserfahrung sowie die Möglichkeit, während der Weiterbildung in einem pädagogischen Feld tätig zu sein. Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Soziale Arbeit zertifiziert systemische Weiterbildungen nach ihren gültigen, verifizierbaren Standards. Damit erhält das Angebot ein Qualitätssiegel in dem Sinne, dass sie den geforderten Kriterien dieses Gremiums, das sich im Wesentlichen aus Lehrenden an Hochschulen zusammensetzt, entspricht. Aktuelles Recht Verein als Träger einer Kindertagesstätte Wann ist ein Träger eher ein Idealverein oder ein wirtschaftlicher Verein STUTTGART Nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom 3. Dezember 2014 (Az.: 8 W 447/14) kommt es auf den Vereinszweck und die konkrete Ausgestaltung des geplanten Tätigwerdens an, ob ein Verein, der unter anderem eine Kindertagesstätte betreiben will, als „Idealverein“ anzusehen ist, der seine Rechtsfähigkeit durch die Eintragung ins Vereinsregister erlangt, oder als „Wirtschaftlicher Verein“, der nicht ins Vereinsregister eingetragen werden kann. Sachverhalt Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) unterscheidet gemäß seinen §§ 21 und 22 in nicht wirtschaftliche Vereine („Idealvereine“) und in wirtschaftliche Vereine, abhängig davon, ob der Vereinszweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist oder nicht. § 21 BGB. Nicht wirtschaftlicher Verein. Ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts. § 22 BGB. Wirtschaftlicher Verein. Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in Ermangelung besonderer bundesgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung. Die Verleihung steht dem Land zu, in dessen Gebiet der Verein seinen Sitz hat. Der Antrag eines neu gegründeten Vereins zur Förderung der Waldorfpädagogik auf Eintragung in das Vereinsregister wurde vom zuständigen Amtsgericht zurückgewiesen, weil dieses der Auffassung war, dass der Verein wegen des geplanten Betriebs einer Kindertagesstätte kein Idealverein, sondern ein wirtschaftlicher Verein sei. Dagegen hat der Verein Beschwerde eingelegt. Diese wurde vom Amtsgericht dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt. Nach der für die Entscheidung erheblichen Fassung der Satzung dient der Verein der Förderung und Pflege moderner Erziehungsmethoden auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steiners. Zur Durchführung dieser Aufgabe wird er unter anderem die wissenschaftlichen und künstlerischen Grundlagen der Wal- Kontakt Ingo Pezina Leitung Servicebereich Recht Telefon 0711 | 21 55-205 [email protected] www.paritaet-bw.de dorfpädagogik und ihre praktische Umsetzung fördern und verbreiten, nach Möglichkeit Einrichtungen zur praktischen Anwendung der Waldorfpädagogik gründen und betreiben und mit den benachbarten Waldorfschulen und Waldorfkindertageseinrichtungen eng zusammenarbeiten. Entscheidung Nach dem Beschluss des OLG Stuttgart sei für die Frage, ob ein Idealverein oder ein wirtschaftlicher Verein vorliege, nicht nur der Wortlaut der Satzung entscheidend, sondern auch der tatsächlich verfolgte Zweck, der sich aus einer bereits ausgeübten oder beabsichtigten Tätigkeit ergeben könne. Der Betrieb einer Kindertageseinrichtung sei zwar als unternehmerische Betätigung einzustufen, denn der Verein wolle damit planmäßig und auf Dauer angelegt eine entgeltliche Betreuung für Kinder der Mitglieder und aus der Umgebung und damit am allgemeinen Markt und nicht nur an dem auf die Vereinsmitglieder beschränkten „Binnenmarkt“ anbieten, also am Wirtschafts- und Rechtsverkehr wie ein Unternehmer teilnehmen, auch wenn keine Absicht bestehe, Gewinn zu erzielen. Da jedoch in dem zu entscheidenden Fall nicht der Betrieb als solcher, sondern die Umsetzung des pädagogischen Konzeptes mittels des Betriebes der Kindertageseinrichtung im Vordergrund stehe, sei die unternehmerische Tätigkeit dem idealen Hauptzweck zuund untergeordnet und Hilfsmittel zu dessen Erreichung. Damit sei der Geschäftsbetrieb im Rahmen der ideellen Zielsetzung lediglich Nebenzweck und es liege kein wirtschaftlicher sondern ein nichtwirtschaftlicher Idealverein vor. Anmerkungen Die Frage, ob man Kindertageseinrichtungen überhaupt in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins (e.V.) betreiben kann, war aufgekommen, nachdem das Kammergericht Berlin in einem anders gelagerten Fall mit Urteil vom 18. Januar 2011 (Az.: 25 W 14/10) entschieden hatte, dass ein nicht als gemeinnützig anerkannter Verein, der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe u.a. fördere durch den Betrieb von Einrichtungen zur Tagesbetreuung von Kindern und von Jugend- und Familienzentren, nicht unter das Nebenzweckprivileg falle und somit nicht ins Vereinsregister eingetragen werden könne. Das OLG Schleswig hat sich in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2012 (Az.: 2 W 152/11) detailliert mit der Rechtslage auseinandergesetzt und die Möglichkeit des Nebenzweckprivilegs für die Kindertageseinrichtung bei einem als gemeinnützig anerkannten und aus einer Elterninitiative hervorgegangenen Verein bejaht. Dieser Auffassung schließt sich das OLG Stuttgart im o.g. Urteil ausdrücklich an, was sehr erfreulich ist, da damit die bisher zahlreich erfolgte Eintragung entsprechender Vereine ins Vereinsregister als rechtmäßig bestätigt wird. 47 NAchhaltigWerben! WirberatenSiegerne Auchdassindwir Kreativplus Gesellschaft für Werbung und Kommunikation mbH Hauptstraße 28 70563 Stuttgart-Vaihingen Telefon 0711-2155-105 [email protected] Internetstellenportal für Sozial- und Gesundheitsberufe [email protected] www.sozialberufe.de www.esslinger-erlebnisfuehrungen.de www.stuttgarter-erlebnisfuehrungen.de
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