PERSONENZENTRIERUNG UND
SOZIALRAUMORIENTIERUNG –
WIE VERHÄLT SICH DAS ?
Petra Gromann
Vortrag Bundeskongress für Führungskräfte 13.4.2015 Berlin
Gliederung des Vortrags
• Personenzentrierung – Entstehung eines fachlichen
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„Schlagwortes“
Ankerpunkt Teilhabeplanung – oder die Ebenen eines
personenzentrierten Konzeptes
Personenzentrierte Organisationsentwicklung und ihre
Bezüge zu Sozialräumen
Teilhabe und Partizipation – welche Brücken schlagen die
die rechtlichen Vorgaben
Weitere wissenschaftliche Diskurse zur
„Personenzentrierung“
Schlussbemerkung Teilhabeorientierte regionale
Steuerung – die Verantwortung für „beide Seiten einer
Medaille“
Historische Wurzeln der Entwicklung :
• Personen, bei denen „Behandlungsbedürftigkeit“ anhielt(
psychische Erkrankungen) oder bei denen Behinderungen
„angeboren“ waren wurden in der Anstalt ( Anstaltspflege)
versorgt.
• Diese Tradition wurde nach der Auslöschungspolitik des
Nationalsozialismus fortgeführt und als heilpädagogisches
Konzept in sogenannten Langzeitwohn – oder
Pflegeheimen fortgeführt .
• In den 80er Jahren entwickelte sich ein fachlichen Diskurs
um erlernte Hilflosigkeit/ Hospitalismus als sekundäre
Krankheit und um die „menschenunwürdigen“ Verhältnisse
in den Anstalten im Kontext der Sozialpsychiatrie.
Personenzentrierte Organisation der Hilfen als
Alternative zur „Anstalt“ , zur „Reha-Kette“ oder
„Wohnheim für……“
• Nach der diagnostisch begründeten „Anstalts-und
Pflegeheimphase“ entstanden sozialtherapeutische
Förderkonzepte als Rehabilitationsleiter oder -kette : vom
Wohnheim in das „Reha“ die „Wohnschule“ und dann in
das betreute Wohnen
• Fachlich-methodische Logik : je geringer die
Funktionseinschränkungen, um so weniger Betreuung,
fachlicher Erfolg ist gleich Verringerung von Symptomen
und gelingender Anpassung, diese ist voraussetzung von
Integration
• die Verbesserung der persönlichen Lebenssituation ist an
Verbesserung der Symptome/Auffälligkeit und
Verringerung der Betreuung geknüpft .
Wichtige theoretische Bezüge der Kritik :
• Hospitalismus als „zweite Krankheit“
( Deprivationssyndrom)
• Die totale Institution : Stigma und Exklusion (Goffmann)
• Erlernte Hilflosigkeit (Seligman)
• Diagnose und Behinderung als Urteil : „Labeling“
/Depersonalisierung
• Organisationsregeln und Gleichbehandlungsprinzip
(Fengler)
Rehabilitations- und Fördersystem zeigen
Erfolge
• „Normalisierung“ der Lebensbedingungen von Menschen
mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen
• Vielfältige fachlich- methodische Weiterentwicklungen zur
angemessenen Begleitung von Menschen mit
Beeinträchtigungen in „therapeutischen“, professionell
bestimmten Umwelten
• Pädagogisierung des Alltags in besonderen Einrichtungen
und Diensten
• Bei gleichzeitiger gesellschaftlicher Auflösung der
weiblichen Sorgetätigkeiten in privaten Verhältnissen –
hoher und ständig steigender Druck auf öffentliche träger
zur Versorgung
Erkenntnis : nicht alle Menschen mit Beeinträchtigungen
benötigen dauerhafte Hilfen, wenn das Umfeld stimmt
• oder anders ausgedrückt : die Voraussagefaktoren „guter Verläufe“
im Teilhabe- wie Gesundheitsbereich sind wesentlich mit
lebensgeschichtlich geringen psychosozialen Belastungsfaktoren und
noch vorhandenen oder professionell gestützten sozialen Netzwerken
verknüpft.
• Eingliederung zu leisten bedeutet zu berücksichtigen, dass Armut,
mangelnde Bildung, Mobilitäts- und Kommunikationsbarrieren,
Arbeitslosigkeit, Isolation und Traumatisierungen
sowohl psychische Erkrankungen wie auch sogenannte geistige und
mehrfache Behinderungen „verfestigen“
• Auf diesem Hintergrund sind „personenzentrierte “ Angebote =
flexible und auf die Person abgestimmte Leistungen, die soziale
Netze stützen und entwickeln besonders wichtig und somit die
„andere Seite der Medaille“ : erste sozialräumliche Konzepte .
• Soziale und individuelle Entwicklung durch Zusammenarbeit (SIVUS)/
Gemeindepsychiatrie
Im Zuge methodischer (Person in der Lebenswelt) und organisationaler
Veränderung (Dezentralisierung) kommen die Rahmenbedingungen in
den Blick :
• Bisheriges Finanzierungssystem (EGH) ist durch folgende Effekte
grob zu beschreiben :
• Ein Angebot bekommt, wer in ein Angebot passt, wenn es ihm/ihr
besser oder schlechter geht, muss er/sie wechseln - hohe
Exklusionsrisiken
• Finanzierung als entscheidendes Merkmal der Zuordnung und der
Flexibilität : Viel Hilfe im Heim, wenig Hilfe im Betreuten Wohnen,
Viel Hilfe in der WfbM, wenig Hilfe am eigenen Arbeitsplatz
• Damit zielen wesentliche ökonomische Anreize auf stationäre Hilfen.
Dies gilt für Anbieter – aber auch für Klienten : bequeme
„Rundumversorgung“ in einer professionellen Sonderwelt wird mit
der Einschränkung der persönlichen Freiheit „bezahlt“
•
Gegenentwurf : Option
personenzentrierter und sozialräumlicher
Hilfen
• Unterstützung persönlicher Lebensentwürfe durch
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passende „Umwelten“
Nutzen von sozialen Nahräumen
Finanzielle Unterstützung von Teilgabe – Beitrag zu
bürgergerechten „Kiezen“
Voraussetzung : leistungsträgerübergreifende
Teilhabeplanung, Aufhebung von ambulant und stationär,
Einbeziehen aller Menschen mit Beeinträchtigungen
Förderung persönlicher Budgets
„Dienstleister“konzept professioneller Hilfen
Kernstück : Individuelle Bedarfe im Kontext
einschätzen – der Beginn prozessorientierter
Hilfeplanungsverfahren
• Hilfeplanung als Ergebnis von Wechselwirkungen
verstehen : dominanter Einfluss der Angebotsform auf
den Bedarf – die selbsterfüllende Prophezeiung des
professionellen Standards von „Normalität“
• Hilfeplanung als dialogischen und bürgerrechtlichen
Prozess verstehen : Beteiligung an der Aushandlung der
Hilfen, Anerkennung als Subjekt
• Hilfeplanung als Unterstützung eigener Lebensgestaltung
verstehen : die Kraft der Motivation und Selbstwirksamkeit
umsetzen
• Hilfeplanung als Option den Vorrang sozialräumlicher
Hilfen und persönlicher Netzwerke praktisch umzusetzen
Integrierte Teilhabeplanung soll 6 Ebenen
möglich machen :
• I. „Teilhabediagnostik“ Lebensziele entwickeln,
Einschätzen der Fähigkeiten und Beeinträchtigungen
von Menschen mit Behinderung für diese Ziele als
Dialog
• II. Prozess der Teilhabe/ Hilfeplanung umsetzen : von
der gemeinsamen Einschätzung der Wechselwirkungen
von Zielen, Problemlage und
• der Vereinbarung konkreter Arbeitsziele auf dem
Hintergrund von Ressourcen, Beeinträchtigungen und
Umfeldbedingungen die Unterstützungsleistungen
/Hilfen planen
• III. Erarbeiten von Dienstleistungen/Arbeitsanteilen
von Einrichtungen /Diensten ,privaten wie
ehrenamtlichen Anbietern auf der Basis von Zielen und
Wünschen der Klienten
…. Ebenen von Teilhabeplanung
• IV. trägerübergreifende Koordinierung und
Abstimmung damit Hilfen im Lebensraum gelingen
zwischen sozialräumlichen Hilfen und Dienstleistungen
von Teams / Einrichtungen in verschiedenen
Lebensbereichen
• V. inhaltlich angemessene, zeitbezogene,
zielgruppenübergreifende und kostenträgerübergreifende
Finanzierungsgrundlage ( Auflösung der
unterschiedlichen Finanzierung stationär- ambulant,
regelhafte Einbeziehung persönlicher Budgets ) als
personenzentrierte Komplexleistung
• VI. regionale Abstimmung der Bedarfe – regionale
teilhabeorientierte Planung der Strukturen sozialer Räume
wie der Angebote
Prinzipien von Personenzentrierung zur
Umsetzung von Teilhabe sind folglich :
• Lebensziele – nicht Trainingsziele
• Dialogisches Planen und Bewerten von Hilfen
• Berücksichtigung der Wechselwirkungen
• Vorrang sozialräumlicher Hilfen
• Hilfen erhalten können unabhängig von den
professionellen Sonderwelten
• Kurz : all das was die Arbeits- und
Sozialministerkonferenz fordert und was so schwer
im Alltag umzusetzen
Anforderungen der ASMK (Arbeits- und
Sozialministerkonferenz) 2012 als personenzentrierte
„Agenda“
• Neuausrichtung der Eingliederungshilfe auf eine
•
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•
personenzentriertes Teilhabemanagement
Entwicklung von notwendigen Beratungs- und
Unterstützungsangeboten auf regionaler Ebene
( Sozialraumorientierung)
Gesamtverantwortung durch die Träger der Sozialhilfe,
integrierte Bedarfsfeststellung, Ausrichtung auf
Wirkungskontrolle
Begleitende Beratung und Transparenz für Betroffene,
Partizipation, Zielvereinbarungen für eine Zeitspanne ,
aktive Förderung von persönlichen Budgets
Förderung individueller Wohnformen, Konversion
stationärer Einrichtungen
Leistungsmodule für die Teilhabe an Arbeit unabhängig
von Ort und Träger der Leistungserbringung
Sowohl Personen wie Sozialraumorientierung verlangen einen
tiefgreifenden Organisationswandel von
Wohlfahrtsorganisationen
• Der Grundhaltung – Beziehungsgestaltung von
Professionellen
• Des Arbeitsalltags : flexible Gestaltung der Orte von
Leistungserbringung und ihrer Regeln, Ausrichtung an
individuellen Zielen und deren Unterstützung ,
Veränderung der Dienstplanung, der fachlichen
Kompetenzen und ihrer (An-)Leitung
• Des Netzwerkes der Organisation : Kooperation und
Austausch im Netzwerk allgemeiner, nicht mehr
spezifischer Umwelten
Sozialraumorientierung benötigt genau wie personenzentrierte
Hilfen die Umsetzung auf unterschiedlichen Ebenen
• Umsetzung in der konkreten Teilhabeplanung von Menschen –
Orientierung auf selbstbestimmte soziale Netzwerke und soziale
Räume
• Umsetzung und Akzeptanz sozialräumlichen Vorrangs durch die
koordinierte Durchführung von vor Ort vorgehaltenen Hilfen von
professionellen und nicht-professionellen Unterstützern
• Vorrang der Teilhabe an Arbeit als Teilgabe im Sozialraum, aktive
Unterstützung von Personen/Gruppen ohne Beeinträchtigung
• Entwicklung und Stützen allgemeiner Rahmenbedingungen : soziale
Netzwerkarbeit auf der Ebene von Organisationen
• Anwaltschaft für flexible und passgenaue Finanzierungssysteme über
die Versäulung des Sozialrechts und der kommunalen allgemeinen
„Daseinsfürsorge“ hinweg
Was bedeutet das für die Anbieter Sozialer Arbeit ?
• Veränderung der Angebotsstrukturen im
gemeindepsychiatrischen Kontext und in der Behindertenhilfe :
Fortgesetzte De-Institutionalisierung bei hoher
Professionalisierung : fachkundige koordinierende
Prozessbegleitung, gezielter Aufbau und materielle
Förderung von Netzwerken , Geh-Strukturen setzen hohe
Organisations- und Personalkompetenz voraus
• Spannungsfeld : Vorhalten von Unterstützungsstrukturen
versus Spezialisierung : Beispiel : ambulante Krisenhilfen für
den Stadtteil versus Spezialangebote ( z.B. bei
Doppeldiagnosen, Autismus)
• Kooperation und Koordination verlangen neue Formen der
verlässlichen Zusammenarbeit zwischen Angebotsbereichen
und unterschiedlichen Leistungserbringern (
professionell/bürgerschaftlich) und unterschiedlichen
Leistungsträgern
Sozial- und grundrechtliche Brücken :
Teilhabe und „Personenzentrierung“
• Das Sozialgesetzbuch IX sichert eigentlich allen
Menschen mit Beeitnrächtigungen eine
selbstbestimmte Teilhabe zu
• Dies bleibt jedoch im Rahmen der Rechtlichen und
finanzpolitischen Normen ein „abstraktes“
Zugeständnis.
• Faktisch sind viele Menschen mit
Beeinträchtigungen ausgeschlossen, ein „ganz
normales Leben“ zu führen.
• Wichtig : das Maß der Teilhabe ist von subjektiven
und objektiven Bedingungen beeinflusst
Selbstbestimmtes Teilhaben
• Selbstbestimmung setzt Wahlmöglichkeiten voraus
• Selbstbestimmung setzt Fertigkeiten voraus –
insbesondere die, die eigenen Rechte zu kennen,
für sie einzutreten. Mann und Frau muss mit
Verwaltung umgehen können und „Regie“ führen
können
• Wo das nicht vorhanden ist, da muss es zum
Teilhaben Assistenz geben.
• Das Ausmaß der Assistenz ist folglich eine
strukturelle Bedingung von Teilhabe
• Prüfstand : Welche Hilfen braucht selbstbestimmtes
Teilhaben ?
Diskurse der „Personenzentrierung“
• In Deutschland als Kritik an der Hospitalisierung , der
Angebotszentrierung entstanden –
Organisationsentwicklungs- und sozialpolitischer
Bezug / Finanzierungs-und Erbringungsstrukturen
• humanistische Psychologie- Selbstaktualisierung,
Bedürfnisorientierung- C.Rogers – Methodischer Bezug
• Tom Kitwood : personenzentrierte Pflege : Grundhaltung
: Konfrontation der Pflegeroutinen als entwürdigend
• M. Nussbaum – Ethischer Bezug (Care-Ethik)
Personenzentrierte Therapieansätze :
Klienten sind Experten ihrer selbst
• Methoden haben „nondirektiven Charakter“, der Klient
wird als Experte seiner selbst betrachtet. Der Therapeut
fokussiert im Gespräch auf das Hier und Jetzt und
verzichtet auf die Deutung unbewusster Anteile und
Konflikte. Das Ziel des empathischen, wertschätzenden
sowie authentischen Beziehungsangebotes besteht darin,
dass der Klient Selbsterforschung entwickelt, sich seiner
selbst in der therapeutischen Beziehung gewahr wird,
sich selbst zunehmend in seinem Sein annehmen kann
und hierdurch Veränderung sowie Autonomie ermöglicht
wird.
• In diesem Sinn steht in der klientenzentrierten Therapie
die Entfaltung der Persönlichkeit als Hilfe zur Selbsthilfe
im Mittelpunkt. Als wesentliche Techniken hierzu dienen
bspw. das aktive Zuhören, das Paraphrasieren (in
eigenen Worten wiedergeben) und das Verbalisieren
emotionaler Erlebnisinhalte.
Wirksamkeit sozialtherapeutischer
Interventionen
• Die ansatzübergreifenden oder auch unspezifischen
Wirkfaktoren bilden jene Variablen und Umstände, die in
allen Therapieverfahren gleichermaßen wirken können.
Als wesentlich kann hier eine konstruktive
Beziehungsgestaltung zur Schaffung einer tragfähigen
therapeutischen Allianz sowie Compliance erwähnt
werden. Darüber hinaus erscheinen die Vermittlung von
Kompetenz, Vertrauen, Sinn und Orientierung, die
Entwicklung von Selbstwirksamkeit und
Selbstvertrauen, die Aktivierung von Ressourcen, die
Ausrichtung am unmittelbaren Erleben des Klienten
sowie Prozesse der Problembewältigung und der
Selbstklärung als wichtige unspezifische Faktoren.
„Personenzentrierte“ therapeutische
Methoden und ihre Wirkung
• Miller et al. (2010) beschreiben weitere vier Faktoren, welche
unabhängig vom methodischen /psychotherapeutischen
Konzept Veränderung bewirken. Danach gehen vierzig Prozent
der Veränderungen auf außertherapeutische Wirkfaktoren
zurück, welche vom Klienten selbst oder seinem Umfeld,
also nicht durch die Therapie initiiert wurden. Dreißig Prozent
lassen sich auf eine wertschätzende, respektvolle
Beziehungsgestaltung zurückführen und jeweils fünfzehn
Prozent begründen sich in der theoretischen und
methodischen Orientierung des Therapeuten bzw. in
Placebofaktoren, wie bspw. dem Glauben an die
Wirksamkeit der Intervention.
• Zusätzlich erachten Miller et al. die Achtsamkeit gegenüber
positiven Veränderungen, das Interesse an Ressourcen und an
der Person des Gegenübers, die Anerkennung der
Selbstbestimmung des Klienten sowie die Konzentration auf
Möglichkeiten für ansatzübergreifende Wirkfaktoren.
Philosophie der Teilhabe / Amyrta Sen
• Teilhabe soll nicht nur aus materieller Gleichstellung
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•
•
bestehen
Das sind wichtige Grundlagen – aber Teilhabe soll die
Freiheitsgrade erhöhen, sich zu beteiligen
Teilhabe ist eine handlungsorientierte Perspektive
Wir sollten Menschen mit Beeinträchtigen als engagierte
Gestalter ihres Lebens sehen und Ihnen zutrauen, im
Gemeinwesen ( gerade auch mit der Art, wie ihre Hilfen
organisiert sind ) einen wichtigen Beitrag zu leisten
Teilhabe = Teilgabe
Care Ethik M. Nussbaum
• Fähigkeiten-Ansatz (Capabilities Approach): Unter zehn
Stichpunkten – wie Leben, körperliche Integrität, Gefühle,
Zugehörigkeit oder Spiel – werden die zentralen
Bedingungen aufgeführt, die zum Führen eines guten
Lebens befähigen. Anhand dieses Kataloges kann
bewertet werden, inwieweit eine Gesellschaft allen
Menschen die Entwicklung folgender Fähigkeiten
ermöglicht:
• menschliches Miteinander, die Kontrolle über den
eigenen Körper, die Verantwortung für die Umwelt
und für Schwächere, sowie die Entwicklung
emotionaler und kreativer Potenziale.
Beispiele aus dem Katalog der
Lebensbedingungen
Verbundenheit mit anderen
Menschen (affiliation)
Menschen leben immer auf andere
bezogen,
benötigen Anerkennung und
haben das Gefühl der Anteilnahme
und des Mitleids
Sozialität (Concern for other
Humans)
Fähigkeit zur sozialen Interaktion,
sich mit
anderen zu identifizieren und das
Gefühl,
die Achtung anderer zu haben
(Schutz vor
Diskriminierung, Gerechtigkeitssinn,
Freundschaft)
Tom Kitwood : personenzentrierte Pflege
• Die Einzigartigkeit der dementen Person gilt es zu
beachten und zu würdigen. Im Zentrum steht die
Beziehung von interagierenden Menschen. Kitwoods
Blickrichtung ist nicht so sehr Heilung der
Demenzerkrankung im Sinne des Standardparadigmas,
sondern Wohlbefinden und gelingende Beziehung, deren
Ergebnisse in beide Richtungen (Dementer und
Pflegender) wirkt. In der Begegnung mit dem
demenzkranken Menschen können nämlich auch die
Pflegenden etwas gewinnen. Nicht der Erfolg
therapeutischer Bemühungen, sondern schon allein die
aufmerksame Begegnung ist wertvoll.
Grundhaltung …..
• Im Gegensatz zur personenzentrierten Psychotherapie in
der Folge von Carl Rogers sieht Kitwood die Person nicht
nur als Experte für ihr Erleben (Überforderung von
Personen mit erheblichen Beeinträchtigungen) , sondern
sieht vor allem in der Begegnung von Ich und Du den
entscheidenden Ansatzpunkt zum Verständnis des
Personseins. An dieser Stelle beruft sich Kitwood explizit
auf die Arbeiten Martin Bubers und er betont, dass zum
Verständnis der Demenz wichtig ist, „Person-sein im
Sinne von Beziehung zu sehen.“
• Wichtig : die Identifikation von schädigender
Unterstützung /„maligner“ Hilfe. Kern davon ist eine
Haltung, die Personen „objektiviert“ ( Bsp : „Demente“
sind so/ ich weiß, was gut für Dich ist…. )
Schlussbemerkung
• Personenzentrierung wurde in Deutschland wesentlich in der
soziologischen Tradition ( Hospitalisierung-Stigmatisierungorganisationaler Dienstleistungsansatz- Lebenswelt- komplexe
Ambulantisierung) diskutiert
• Teilhabe und Partizipation – die neuen rechtlichen Vorgaben (SGB IX
und UN-Konvention) führen zu einer sozialpolitisch-partizipativen und
menschenrechtlich vertieften Debatte der Personenzentrierung
• Sozialraumorientierung ist die „zweite Seite“ der Medaille
Personenzentrierung.
• Sie ist nicht als Gegensatz zu verstehen – aber vielleicht einfacher zu
akzeptieren, weil sie scheinbar den Blick nach außen lenkt und
möglicherweise suggeriert , es könne alles so bleiben. Lediglich die
Finanzierung und die Gesellschaft muss sich ändern.
Sozialraumorientierung ist jedoch nicht ohne Veränderung der
professionellen Sonderwelten zu haben.
Teilhabeorientierte regionale Steuerung –
die Verantwortung für beide Seiten
• Das Ziel Qualität von Teilhabe, Wirtschaftlichkeit und
Versorgungsgerechtigkeit herzustellen, verlangt nach einer
Steuerung mit allen beteiligten Interessenpositionen (Leistungsträger,
Leistungserbringer, Selbsthilfe/Sorgeposition und
Kommunen/Gebietskörperschaften) .
• Das Zielprinzip Teilhabe erfordert Kooperation und Bewertung der
komplexen und regional durchaus unterschiedlichen Bedingungen
und Anerkennung der legitimen Interessen unterschiedlicher Akteure.
• Gemeinsame Planung und Bewertung der Situation vor Ort ist über
Kennzahlen aus personenzentrierten Teilhabeplanungen und
Zielvereinbarungen möglich und kann zu einer nachhaltigen
Verbesserung der Versorgung und Lebensbedingungen aller führen.