eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 Ausgabe Nr. Januar 2015 ISSN 1997-4051 Offene gesellschaftliche Innovation Nutzung OGD I Einheitlicher Ansprechpartner 2.0 | 1 15 2 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 Titelbild: Belvedere Palast in Warschau COPYRIGHT: Bartosz Morag eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 | 3 Editorial Liebe E-Government Interessierte, Der Index kombiniert über dreißig Indikatoren. Die Indikatoren sind verschiedenen Indikatorengruppen sowie –untergruppen zugeordnet. Diese werden gewichtet, um eine korrekte Aussage zur Situation der verschiedenen Länder zu erzielen. Dänemark (Indikator von 0,68) nimmt den Spitzenplatz ein, gefolgt von Schweden und den Niederlanden. Österreich liegt mit einem Performance Indikator von 0,48 im Mittelfeld. Im Bericht wird Österreich einer Gruppe von Ländern mit mittlerer Leistungsfähigkeit zugeordnet. In dieser Gruppe schneidet Österreich, laut Aussage der Studie, unterdurchschnittlich ab. Das mäßige Abschneiden Österreichs (und auch Deutschlands), sollte als Warnsignal gesehen werden. Die fortschreitende Digitalisierung ist eine Herausforderung für Unternehmen, die Verwaltung und insgesamt für die Gesellschaft. Es reicht nicht mehr aus, die notwendige Infrastruktur, wie Breitbandverbindungen, großflächig bereit zu stellen. Andere Indikatoren, wie Digitale Grundkompetenzen der Bevölkerung, sind zu einem ganz wesentlichen Faktor geworden und müssen entsprechend gezielt behandelt werden. Wie bereits erwähnt, beschäftigt sich einer der untersuchten Bereiche mit dem Thema E-Government. Auch in diesem Bereich ist Dänemark (Score 0,84) Spitzenreiter, gefolgt von Estland und den Niederlanden. Österreich ist mit einem Score von 0,5 am 9. Platz. Der Durchschnitt der EU Länder liegt bei einem Score von 0,47. Deutschland schneidet mit einem Score von 0,39 unterdurchschnittlich ab. Im Bericht wird erwähnt, dass Österreich insbesondere im Bereich des Gesundheitswesens Aufholbedarf hat. Ein Bespiel dafür ist das schlechte Abschneiden bei den E-Prescriptions (elektronische Verschreibungen). Österreich nimmt noch immer eine gute Position ein, es wird aber vermutlich schwieriger werden, diese gute Position zu halten, da andere Länder aktiver und wettbewerbsfähiger sind. Vor einigen Jahren konnte noch auf spezifische E-Government Themen hingearbeitet werden, das geht nun nicht mehr, da strukturellen Themen im Vordergrund stehen. Strukturveränderungen würden daher auch dem Thema E-Government guttun. Aber auch die angeführten vier anderen Bereiche (Konnektivität, Humanressourcen, Internetnutzung, Integration in Digitaltechnik) haben implizit Auswirkungen auf E-Government. Verbesserungen in diesen Bereichen sollten sich daher auch auf E-Government auswirken. In der vorliegenden Ausgabe von E-Government Review erwarten Sie wieder spannende Beiträge und ein sehr interessantes Interview mit Sektionschef Dr. Matzka. FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger Fachhochschule Kärnten Studienbereich Wirtschaft & Management aufruf beiträge Die EU hat die Zahlen aus dem Digitalen Wirtschafts- und Gesellschaftsindex (Digital Economy and Society Index DESI) veröffentlicht. Dabei werden fünf verschiedene Bereiche bewertet: Konnektivität (u.a. Anteil der Haushalte mit Festnetz-Breitbandversorgung), Humanressourcen (u.a. Digitale Grundkompetenzen der Bevölkerung), Internetnutzung (u.a. Anteil der Bevölkerung in sozialen Netzwerken), Integration in Digitaltechnik (u.a. Anteil der Unternehmen mit elektronischer Rechnungslegung) und Digitale öffentliche Dienste (u.a. Nutzer elektronischer Behördendienste). eGovernment Review veröffentlicht ausgewählte Artikel zu verschiedensten Aspekten von E-Government. Wenn Sie einen Artikel in eGovernment Review veröffentlichen möchten, dann senden Sie eine Kurzbeschreibung (zwischen 150 und 300 Worte) an w.eixelsberger@fh-kaernten. at. Die Kurzbeschreibung kann sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache verfasst sein. Der eGovernment-Review-Beirat bewertet die eingereichten Artikel und gibt ausgewählte Artikel zur Veröffentlichung frei. Einreichungen für die 16. Ausgabe werden bis zum 27. April 2015 angenommen. FH-Prof. Dr. Wolfgang EIXELSBERGER Fachhochschule Kärnten Studienbereich Wirtschaft & Management 4 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 eGovernment-Review-Beirat Der Beirat wählt die zu erscheinenden Artikel aus, schlägt Interviewpartner vor und gibt Input zur generellen Ausrichtung von eGovernment Review. FH-Prof. Dr. Dietmar Brodel Studienbereichsleitung Wirtschaft & Management Fachhochschule Kärnten FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger Professur aus Wirtschaftsinformatik Fachhochschule Kärnten Dr. Peter Parycek, MSc Zentrumsleiter Zentrum für E-Government Donau-Universität Krems Lektor FH Kärnten Prof. Dr. Reinhard Posch Leiter des IAIK (Institute for Applied Information Processing and Communications) TU Graz CIO des Bundes Prof. DI Dr. Reinhard Riedl Leiter Kompetenzzentrum Public Management & E-Government Berner Fachhochschule Prof. Dr. Jürgen Stember Dekan Fachbereich Verwaltungswissenschaften Hochschule Harz DI Manfred Wundara CIO der Stadt Villach Mitglied des Präsidiums des Fachausschusses für Informationstechnologie des Österreichischen Städtebundes Leiter der Arbeitsgruppe Q-SKF der Plattform Digitales Österreich eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 Inhalt „Österreich ist gewissermaßen ‚Europameister‘ im E-Government“ Interview mit SC Dr. Manfred Matzka (Leiter der Präsidialsektion im Bundeskanzleramt) E-Government in Polen 8 Wolfgang Eixelsberger (Fachhochschule Kärnten) TosiT – Werkzeuge für offene gesellschaftliche Innovation 10 Celina Raffl (Zeppelin Universität) I Jörn von Lucke (Zeppelin Universität) Nutzung von Open Government Data – Erfahrungen aus einem Interreg-Projekt 12 Josef Johann Bernhart (Europäischen Akademie Bozen) I Peter Decarli (Europäischen Akademie Bozen) Kurt Promberger (Universität Innsbruck) I Markus Zanker (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt) Einheitliche Ansprechpartner 2.0: IAF-Konzept auf Bundesebene aufgegriffen 14 David H. Fenner (Hochschule für Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg) Volkmar Kese ((Hochschule für Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg) Fortgeschrittene PDF Signaturen mit PAdES 16 Andreas Fitzek (E-Government Innovationszentrum) I Christian Maierhofer (E-Government Innovationszentrum) Arne Tauber (E-Government Innovationszentrum) I Bernd Zwattendorfer (E-Government Innovationszentrum) Open Data: Versunkene Schätze oder digitaler Datenmüll? Sirko Hunnius (IfG.CC- The Potsdam eGovernment Competence Center) I Bernhard Jäger (SYNYO GmbH) 6 fachartikel aktuelles Ausgabe Nr. 15 | Jänner 2015 18 Bürgerkarte und Handy-Signatur in der Privatwirtschaft 20 Klaus Stranacher (IVU Traffic Technologies AG) I Thomas Rössler (Datentechnik Innovation GmbH) Untersuchung des Formularangebots von Bundesdienststellen 22 Kurt Michael Waldherr (aforms2web solutions & services GmbH) E-Government Tagungen, Konferenzen und Messen 24 E-Government Publikationen 26 service | 5 6 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 aktuelle information Geboren 1950, Studium der Rechtswissenschaften in Wien, Promotion 1975. Ab 1972 wissenschaftliche Hilfskraft, 1975 Assistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht. 1980 – 1987 Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt (Verfassungsrecht, Verwaltungsorganisation, Menschenrechte, Datenschutz. 1987 Referent im Büro des BM für Gesundheit und öffentlicher Dienst. 1989 Kabinettchef des Bundesministers für Inneres. 1993 Leiter der Sektion für Fremden-, Asyl-, Pass-, Staatsbürgerschafts- und Migrationswesen; Koordination der Schengen- und EU-Angelegenheiten des BMI. 1999 Bestellung zum Leiter der Sektion I (Präsidium) des Bundeskanzleramtes. Mehrere Kontrollfunktionen in Bundesausgliederungen. © vhnalek.com interview „Österreich ist gewissermaßen ‚Europameister‘ im E-Government“ SC Dr. Manfred Matzka Langjährig Lehrbeauftragter an der Universität Wien. Kontrollfunktionen in ausgegliederten Bundeseinrichtungen. Mitglied des Österreich-Konvents. Zahlreiche juristische, verwaltungswissenschaftliche und historische Publikationen. Wie sehen Sie den aktuellen Stand beim Thema E-Government Frau Staatssekretärin Steßl hat vor kurzem bei einer Ver- in Österreich bzw. in Europa? anstaltung davon gesprochen, dass es zwar mehrere digi- Österreich ist nach wie vor an der Spitze der Entwicklung in Europa, gewissermaßen „Europameister“, wenngleich man sehen muss, dass die Länder immer dichter zusammenrücken und die Abstände immer geringer werden. Damit wir unseren Spitzenplatz behalten, ist es aber notwendig, dass wir uns ständig weiterentwickeln – jeder Stillstand, jede unterlassene Investition wirkt sich sofort aus, weil die Mitbewerber nicht schlafen. Die Felder, in denen sich die umfassende österreichische e-Government-Welt in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird, sind Signatur und Identitätsmanagement (Handy-Signatur), die neue Art des Arbeitens und der Arbeitsplätze im Back Office (ELAK neu), die quantitative und qualitative Ausweitung des Unternehmensserviceportals, Registerverbünde, Contentsyndizierungen und immer wieder Verbesserungen und Vereinheitlichungen im Bund-Länder-Gemeinde-Kontext. Auf Europäischer Ebene ist das große Ziel, von der Interoperabilität bestehender unterschiedlicher Lösungen zu europaweit uniformen Lösungen zu kommen. tale Strategien von Ministerien gibt, aber das gemeinsames ‚big picture‘ noch fehlen würde. Wie könnte eine gemeinsame Digitale Strategie erstellt werden und was könnten zentrale Punkte in dieser Strategie sein? Man kann die Richtigkeit und Wichtigkeit dieser Aussage nicht genug unterstreichen. Die Lösung liegt zunächst vor allem gar nicht so sehr im Technischen, sondern in der inneren Einstellung: Immer noch herrscht in unserem Land die Überzeugung, dass alles, was „not invented here“ ist, nicht übernommen werden kann, auch wenn es gut ist. Hier ist der zentrale Punkt, ein einheitliches Commitment zu einer umfassenden top-down Vorgangsweise zu erreichen. Dann sind die zentralen Felder einfach definiert: Es geht um einheitliche Angebote an Bürger und Unternehmen im Servicebereich, um einheitliche Verwaltungsarbeitsplätze und deren IT-Ausstattung und Vernetzung und um die Nutzung der Möglichkeiten der modernen Technologie für die Weiterentwicklung von Demokratie, von Verwaltungslösungen im Zusammenwirken verschiedener Stellen und von Verfahren. aktuelle information eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 Beim CIO Kongress 2013 haben Sie einen Vortrag zum Thema Wie wird sich der ELAK in Österreich weiterentwickeln? „Verwaltungsverfahrensrecht 2020: Vom AVG zum Facebook- Ich denke, dass die Einwegkommunikation zu erleichtern ist: Anstöße seitens der Verwaltung und no-stopLösungen statt Anträgen und Auflösung der örtlichen Zuständigkeiten. Es ist der Dialog zwischen „Partei“ und „Verwaltung“ und innerhalb der Verwaltung weiterzuentwickeln, von einer Aufeinanderfolge einzelner Fragen und Antworten, zu teamroomförmiger Kommunikation, zu gemeinsamer Gestaltung von Lösungen, also zu solchen Formen, wie sie heute etwa in der Community der Digital Natives durchaus üblich sind. Zudem sind Massenverfahren, Stellungnahmeverfahren, Begutachtungen, Befragungen etc. sehr gut elektronisch abzubilden und zu unterstützen. Wir müssen jetzt zu einem System kommen, das die modernen Arbeitsweisen junger, intelligenter und kreativer Digital Natives widerspiegelt. Das ist eine Aufgabe der Abbildung der Maria Theresianischen Kanzleiordnung in der IT und die Zusammenführung ganz neuer Elemente: Es werden sich formelle und informelle Anbringen und Erledigungen darin finden müssen. Man wird nicht nur in der Hierarchie, sondern auch im Team Lösungen erstellen. Elektronische Dialoge und Zustellungen werden die Norm sein. Die Mitarbeiter werden ihre eigenen Devices einsetzen, teilweise werden sich Arbeitszeit und Arbeitsort flexibilisieren. Zudem muss es moderne und leicht bedienbare Benutzeroberflächen geben. Kurz: Es geht um eine neue Gestaltung der Arbeitsabläufe, der Arbeitsmethodik, um „neues Arbeiten“ mit einem elektronischen Dienstleister-System. IKT Sicherheit und Datenschutzrecht sind sehr aktuelle Welches Potential sehen Sie in Open Government Data? Themen. Welche Entwicklungen sehen Sie in diesem Umfeld? Das Potential wird derzeit vielfach nur in der Richtung gesehen, dass Bürger und Unternehmen Daten der Verwaltung leichter erhalten, um damit etwas zu tun – in der Regel verkaufbare Produkte zu entwickeln. Dies ist ein Aspekt, aber nur einer. Es geht auch darum, dass in die Gegenrichtung gedacht wird: Die Verwaltung, der Staat braucht auch den Input von außen, soll allgemeines Wissen „crowd-sourcen“, um optimale Lösungen zu finden und kann sich Legitimation für Entscheidungen auf diesem Wege holen. Ich finde die Aussage sehr wichtig, dass die Überlebensfähigkeit großer Organisationen künftig primär davon abhängt, wie sie Informationen verarbeiten. Das gilt in besonderem Maße für die Verwaltung. Verfahren?“ gehalten. Welche Entwicklungen sehen Sie in diesem Bereich? Ich bin kein Datenschutzexperte und will mich daher nicht zu sehr nach vorne wagen. Was aber jeder sehen kann, ist, dass die in den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts entwickelten Grundlösungen (z.B. Individualrecht, Zweckwechselverbot, Trennung privater – öffentlicher Bereich, Trennung national – international, lückenlose Registrierungspflicht etc.) heute längst nicht mehr der Realität entsprechen und durch die technische Entwicklung längst überholt wurden. Schauen wir uns doch nur die Computer von 1978 und das World Wide Web an, den alten 386er und ein modernes Mobile Device. Wir regeln – um einen Vergleich zu bemühen – mit mündlich zugerufenen Anweisungen an Kutscher den komplexen Ablauf eines zentralen Verschiebebahnhofs. Das kann nicht mehr funktionieren, weil die Regelung nicht mehr die Wirklichkeit erfasst. Wir danken für das Gespräch. | 7 8 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 aktuelle information E-Government in Polen In der vorliegenden 15. Ausgabe von eGovernment Review finden Sie den 8. Beitrag in der Reihe E-Government in europäischen Ländern. Die bisher erschienen Beiträge beschäftigten sich mit Slowenien, Dänemark, Estland, Italien, Norwegen, Deutschland und Schweden. (Ausgabe Nr. 3, Nr. 5, Nr. 6, Nr. 7, Nr. 9, Nr. 11 und Nr. 14). Polen ist das sechstgrößte Land info serie Wolfgang Eixelsberger Fakten zu Polen vices, Koordinierung der Interoperabilität der Verwaltungseinheiten). Eine Besonderheit Polens ist, dass eine Strategie definiert wurde, die über 2020 hinausreicht. der EU und auch das sechstbevölkerungsreichste Land der EU. Anzahl der Einwohner (in Mio): 38,5 Die Verwaltung ist in drei Ebenen Anzahl Einwohner pro km2: 123 strukturiert: 16 Regionen (Województwa), 315 Bezirke (powiaty) In „Polen 2030“ werden 10 Herund ca. 2 500 Gemeinden (gminy). ausforderungen identifiziert, mit denen das Land in den Dem DESI (Digital Economy and Society) Index(1) der nächsten Jahren konfrontiert werden wird. Dazu gehören EU folgend, besitzen nur 60% der Haushalte einen Festu.a. Kommunikationsinfrastruktur, Wissen und Fähignetz-Breitbandanschluss. Auch in anderen Bereichen, keiten und Produktivität in der Internetökonomie. IKT wie Humanressourcen (u.a. digitale Grundkompeten(Informations- und Kommunikationstechnologie) und zen), Internetnutzung (Nachrichten, Musik etc.) und InE-Government spielen dabei eine zentrale Rolle. Als eine tegration der Digitaltechnik (beispielsweise Umsätze im wesentliche Voraussetzung für die Weiterentwicklung elektronischen Geschäftsverkehr) schneidet Polen untervon E-Government werden Governance Themen erdurchschnittlich ab. Insgesamt liegt Polen im DESI Index kannt. Damit soll u.a. eine verbesserte Zusammenarbeit auf dem 23 Platz (von 28 EU Mitgliedsländern). Einige und Abstimmung zwischen einzelnen E-Government InVoraussetzungen für E-Government sind daher nur unitiativen und Projekten sichergestellt werden. zureichend gegeben. Im Bereich „Digitale Öffentliche Services“ schneidet Polen besser ab, als in anderen Bereichen. Der Score liegt bei 43,5% und damit knapp unterm EU Schnitt (46,9%). Auffallend ist das gute Abschneiden beim Thema Open Government Data (7. Platz im Ranking der 28 EU Länder). Das Polnisches Ministerium für Administration und Digitalisierung (http://mac.gov.pl) wurde 2011 gegründet. Die zentrale Aufgabe ist es, die Digitalisierung Polens zu beschleunigen. Das soll durch den Breitbandausbau, Unterstützung beim Aufbau von Webinhalten und elektronischen Services und der Steigerung der digitalen Kompetenz der Bürger erreicht werden. Das Ministerium ist auch für die Digitalisierung der Verwaltung zuständig (u.a. IT-Standards, Entwicklung von elektronischen Ser- Polen hat mehrere Reformen erlebt, durch die Verwaltung dezentralisiert wurde. Das hat dazu geführt, dass Verantwortlichkeiten für E-Government auf lokaler Ebene nicht eindeutig geklärt sind. Eine Zielsetzung ist daher, die horizontale und vertikale Integration zwischen Verwaltungsebnen sicherzustellen (u.a. aufgrund entsprechender gesetzlicher Maßnahmen). Die Entwicklung der elektronischen Identitätskarte (http://obywatel.gov.pl) ist eines der größten Projekte in der polnischen Verwaltung. In Zusammenhang mit diesem Projekt, wird ein zentrales Register entwickelt, in dem Daten, wie die personenbezogene ID-Nummer und Zivilstand gespeichert werden. Damit soll die Mehrfachspeicherung von personenbezogenen Daten reduziert und die Verwaltungsverfahren vereinheitlicht werden aktuelle information eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 Polen (2) Österreich (3) Deutschland (4) 17% 48% 49% Bürger, die elektronische Formulare aus dem öffentlichen Bereich befüllt und diese in elektronischer Form eingereicht haben. 11% 28% 61% Unternehmen, die elektronische Formulare aus dem öffentlichen Bereich befüllt und diese in elektronischer Form eingereicht haben. 89% 77% 61% Bürger, die elektronisch Informationen aus dem öffentlichen Bereich eingeholt haben. Tab. 1: E-Government Schlüsselindikatoren (für die Schweiz liegen keine Daten vor) Es soll auch ein zentrales IT Center für die gesamte Verwaltung geschaffen werden. Über die Center sollen einheitliche Regeln für E-Government umgesetzt werden. Beispielsweise soll IT Infrastruktur zentral beschafft werden. Aber auch der Informations- und Kommunikationsfluss soll zentral über dieses Center ablaufen. Damit soll auch eine zentrale Anlaufstelle für Bürgeranliegen geschaffen werden. Die bestehende Plattform (Electronic Platform of Public Administration Services - ePUAP) soll in diesem Zusammenhang ausgebaut werden und zum zentrale Portal für die Bürger, Unternehmen und auch für die verschiedenen Verwaltungseinheiten werden. 2012 wurden direkt und indirekt 600 Services angeboten, allerdings waren nur 72.000 Benutzer am Portal angemeldet. Die polnische Post hat ein Pilotprojekt namens Trusted Profile(5) gestartet. Dabei können Bürger ein gesichertes digitales Profil definieren, das u.a. bei der ePUAP Plattform eingesetzt werden kann. Die Bürger müssen dazu eine Poststelle besuchen und sich dort ausweisen. Nachdem das digitale Profil aufgesetzt ist, können Bürger mit diesem Profil Onlineservices (z.B. betreffend Sozialversicherung) besuchen und entsprechend nutzen. Die polnische Post hat 2013 eine digitale Plattform namens Envelo freigeschalten (envelo.pl). Über diese Plattform sollen verschiedene digitale Dienste für Postkunden angeboten werden (sichere elektronische Briefe, elektronische Signaturen etc. ). Erste Ansätze zur Umsetzung von Open Government finden sich im Portal für amtliche Mitteilungen (http:// www.bip.gov.pl/) . Über dieses Portal können Verwaltungseinheiten entsprechende Mitteilungen veröffentlichen. Ein offizielles Open Government Data Portal ist offenbar noch nicht vorhanden. Es gibt jedoch mehrere (private) Initiativen (http://centrumcyfrowe.pl). Das Centre for Studies on Digital Government (ein NGO unter Beteiligung der Warsaw School of Economics - http://en.cyfrowepanstwo.pl ) hat eine Vision für E-Government in Polen entwickelt. Dazu gehört die Forderung, die Bürger in den Mittelpunkt zu stellen sowie Offenheit und Partizipation zu fördern. Aber auch technische Aspekte zählen, wie eine Government Enterprise Architecture und ein Boundaryless Information Flow. links (Bürgen müssen bei einfachen Verfahren keine personenbezogenen Dokumente mitbringen). Gleichzeitig sollen die Prozesse für Services für Bürger und Unternehmen vereinheitlicht und standardisiert werden. Das neue System wurde im Februar 2013 gestartet und soll am 01.03.2015 freigeschalten werden. (1) https://ec.europa.eu/digital-agenda/en/scoreboard/poland (2) h ttps://joinup.ec.europa.eu/sites/default/files/cd/0c/f3/ eGov%20in%20PL%20-%20March%202014%20-%20 v.16.0.pdf (3) h ttps://joinup.ec.europa.eu/sites/default/files/00/64/f5/ eGov%20in%20AT%20-%20April%202014%20-%20 16.0.pdf (4) h ttps://joinup.ec.europa.eu/sites/default/files/e8/da/ 6d/eGov%20in%20DE%20-%20April%202014%20-%20 v.16.0.pdf (5) h ttp://postandparcel.info/63656/news/it/polish-postlaunches-first-e-government-service/ | 9 10 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 fachartikel TosiT – Werkzeuge für offene gesellschaftliche Innovation abstract Celina Raffl I Jörn von Lucke Für innovative Impulse stehen Projekten eine Reihe an IKT-Werkzeugen, Social Software-Anwendungen, mobile Apps und Portale zur Verfügung. Doch welche Angebote zur Innovation eignen sich für Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft? In der TosiT (The Open Societal Innovation Toolbox: http://www.tosit.org) – dem Werkzeugkasten für offene gesellschaftliche Innovation – wurden rund 170 marktreife IKT-Werkzeuge vor dem Hintergrund dieser Frage strukturiert erfasst, systematisch evaluiert und mit ausgewählten Anwendungsbeispielen versehen. Im vorliegenden Beitrag wird die TosiT vorgestellt. Zugleich werden interessierte Akteure zur Nutzung eingeladen. Offene Innovation für Politik, Verwaltung und Gesellschaft. Wie kann die Innovationskraft sämtlicher gesellschaftlicher Akteure – aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft – nachhaltig freigesetzt werden? Wie können diese Akteure mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zusammenarbeiten und sich gemeinsam gesellschaftlichen Herausforderungen stellen? Welche (IKT-)Werkzeuge, Software-Programme, Online-Portale, Plattformen und mobile Applikationen stehen zur Verfügung? Diese Fragen wurden im Rahmen des internationalen Forschungsprojektes „eSociety Bodensee 2020“1 behandelt. Im Zentrum des Projektes stand die Frage, wie offene Innovation zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderung, insbesondere in der Vierländer-Region Bodensee (Österreich, Deutschland, Schweiz, Liechtenstein), beitragen kann. Offene gesellschaftliche Innovation (OGI) beschreibt die vorsichtige Übersetzung und Anwendung von dem in der Betriebswirtschaft gängigen Ansatz der „Open Innovation“ mit dem Ziel, gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Neben der Identifikation relevanter Akteure wurden Leuchtturmprojekte evaluiert und Pilotprojekte initiiert. Schwerpunkt der Forschungstätigkeit bildete die systematische Erhebung und strukturierte Evaluierung relevanter IKT-Werkzeuge. Im betriebswirtschaftlichen Kontext stehen bereits eine Reihe von Plattformen, Portale, Software und Applikationen zur Verfügung. Doch welche Angebote eignen sich für die Realisierung von innovativen Projekten in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft? Welche Werkzeugklassen lassen sich besonders gut übertragen? Adäquate Werkzeuge wurden hierfür in einer Datenbank gesammelt. Sie stehen im „Werkzeugkasten für offene gesellschaftliche Innovation“, der TosiT (Toolbox for Open Societal Innovation: http://www.tosit.org) zur freien und kostenlosen Nutzung zur Verfügung. Die TosiT soll es Akteuren aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft ermöglichen, einfach per Knopfdruck die geeigneten Werkzeuge für eigene, innovative Projektvorhaben zu finden. Der vorliegende Beitrag stellt die TosiT interessierten Akteure aus Österreich, Deutschland, Liechtenstein und der Schweiz vor und möchte zur Nutzung der Datenbank einladen. Werkzeugkasten für offene gesellschaftliche Innovation. Zur Unterstützung von Innovationsprozessen in Betrieben und Behörden eignen sich zahlreiche Werkzeuge des Innovationsmanagements. Sie waren jedoch nicht Gegenstand der Erhebung. Der Fokus wurde vielmehr auf jene IKT-Werkzeuge gelegt, die den besonderen Aspekt der Offenheit sowie des gesellschaftlichen Mehrwerts gleichermaßen berücksichtigen. In einem iterativen Prozess wurden so acht Werkzeugklassen identifiziert, die nachstehend kurz beschrieben werden. Die Tabelle 1 bietet einen Überblick zu den OGI-Werkzeugklassen, eine kurze Beschreibung ihres Einsatzgebietes sowie ausgewählte Anwendungsbeispiele. Erfasst wurden erstens Werkzeuge zur Sammlung und Bewertung von Ideen und Vorschlägen. Hierzu zählen Software, Cloud-Plattformen und mobile Apps zum Ideenmanagement, zum kooperativen Mindmapping und zum gemeinsamen Brainstorming. In der zweiten Kategorie finden sich Werkzeuge, die das Sammeln von Problemen, Anliegen und Beschwerden erleichtern. Dazu zählen etwa Mängel- und Schlaglochmelder. Drittens wurden Angebote erfasst, die das gemeinsame Lösen konkreter Probleme erleichtern. In diesem Zusammenhang sind Kollaborationsplattformen, Expertengemeinschaften, Ehrenamtsportale und Freiwilligenbörsen zu erwähnen. Viertens wurden Werkzeuge zur gemeinsamen Gestaltung von Objekten und Artefakten zusammengetragen. Im Prinzip geht es dabei um die kreative Gestaltung von Inhalten, Beiträgen, Logos und sonstigen Objekten und Artefakten, die entweder kollaborativ oder im Wettbewerb angelegt sind. Hierzu zählen Ideenplattformen, Designplattformen und Designwettbewerbe. Zur fünften Gruppe gehören Werkzeuge, die den gesamten Innovationsprozess organisieren und diesen professionell unterstützen, von der Ideenfindung über Bewertung und Selektion der Ideen bis zu deren Umsetzung. Die nächste Kategorie umfasst Plattformen zur Speicherung von offenen Daten, öffentlichen Informationen und freier Software. Hierbei geht es um Register, Datenkataloge, Datenbanken, Datenportale, kollaborative Textverarbeitungen, Dokumentensafes, kollaborative Geoinformationssysteme, Software-Repositories und Open Source-Portale, die auch im Kontext von Big Data, Linked eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 fachartikel Werkzeugklasse Ideen Icon Beschreibung und Werkzeug Anwendungsbeispiele • Werkzeuge zum gemeinsamen Sammeln und Bewerten von Ideen und Vorschlägen Ideen- und Innovationsplattformen • • • Atizo Community Dialogue App IdeaScale Werkzeuge zum Sammeln & Bewerten von Problemen, Schäden, Herausforderungen und Beschwerden Mängel- und Schlaglochmelder • • • Sag‘s doch Friedrichshafen & Bodenseekreis Schau auf Dornbirn Züri wie neu Werkzeuge zur Lösung konkreter Probleme durch große, verteilte Gruppen und Expertennetzwerke Ehrenamts- und Freiwilligenbörsen • • • Freiwilligenbörse Friedrichshafen & Ravensburg OneBoat StreetBumpApp Werkzeuge zur gemeinsamen Gestaltung von Objekten und Artefakten Ideen- und Kreativwettbewerbe • • • eSociety- und TosiT-Logo EuroCoin Competition Logo für Liechtenstein • Problemsammlung • • Problemlösung • • Design • • Innovationsmanagement • Unterstützung des gesamten Innovationsprozesses, von der Ideengenerierung über die Konzeption bis zur Umsetzung • • • Aufbruch Bayern Denk mit! (Kanton Aargau) EC Digital Agenda Assembly Daten • Plattformen zur Zusammenführung, Bereitstellung und Analyse von Daten Kartenmaterial, Cloudspeicher & kollaborative Textverarbeitung • • • Map-it Ulm Service-bw Wheelmap • Zukunftsfragen • Methoden, Prozesse und Werkzeuge zur langfristigen und strategischen Zukunftsforschung • • • BMBF Foresight-Prozess Zukunftsdialog Foresight-Platform EU Soziale Medien • Werkzeuge zur gemeinsamen Erstellung, Bewertung, Kommentierung und Verbreitung medialer Inhalte • • • Du bisch dra! (Liechtenstein) Kurzfilmwettbewerb „Mein bayrisch Untermain“ MCI Bogotá | 11 Tab. 1: OGI - Werkzeugklassen, Beschreibung & Anwendungsbeispiele Die TosiT wartet auf ihre Nutzung. Insgesamt wurden rund 170 Werkzeuge in verschiedenen Kategorien erhoben, die nach unterschiedlichen Klassen und Kategorien gefiltert werden können – neben der Werkzeugklassen etwa nach dem Grad der gewünschten Interaktion (Information, Kommunikation, Koordination oder Kollaboration) oder dem Fortschrittsstand innerhalb eines Vorhabens (Idee, Konzept, Konzeptbewertung und -selektion sowie Umsetzung). Auch Informationen zur Verfügbarkeit der Werkzeuge, ob als (selbst- oder fremd)programmierte Software, als Cloud-Lösung oder in Zusammenarbeit mit Intermediären, sind in der Datenbank hinterlegt. In der Detailansicht der Werkzeuge finden sich zudem Informationen, ob ein Werkzeug kostenlos zur Verfügung steht. Besonderer Mehrwert liegt in der Verknüpfung mit regionalen wie auch internationalen Anwendungsbeispielen, die interessierten Nutzern als Inspiration dienen können. Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sollen einen einfachen und strukturierten Zugang zu den vorhandenen und bereits marktreifen Angeboten für innovative Impulse erhalten. Aus der TosiT-Datenbank können individuelle Übersichten rasch und kostenlos generiert werden. Im Interesse von Staat und Gesellschaft sollten diese Angebote auch genutzt werden, denn mit den Methoden, Formaten und Werkzeugen offener Innovation können echte gesellschaftliche Mehrwerte erzeugt werden. Mag. Celina RAFFL Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Zeppelin Universität; [email protected] 1 Das Forschungsprojekt wurde von der Internationalen BodenseeHochschule (IBH: http://www.bodenseehochschule.org) zwischen Juni 2012 und Dezember 2014 gefördert. In einem grenzüberschreitenden Forschungsteam arbeiteten die Projektpartner der Zeppelin Universität rund um Prof. Dr. Jörn von Lucke (Projektleitung) und Mag. Celina Raffl (Projektkoordination und -durchführung), unterstützt von bis zu sieben wissenschaftlichen Hilfskräften, zusammen mit Dr. Oliver Müller und Prof. Dr. Jan vom Brocke von der Universität Liechtenstein sowie Dr. Hans-Dieter Zimmermann von der Hochschule für angewandte Wissenschaften in St. Gallen (FHS St. Gallen). literatur & links Data und Open Data eingesetzt werden können. In der siebten Kategorie „Zukunftsfragen“ werden Werkzeuge zur gemeinsamen Erstellung von Prognosen oder Trends zusammengefasst, etwa Foresight-Prozesse und das SocialForecasting, bei denen das Wissen einer Gruppe genutzt wird, um künftige Entscheidungen und Ereignisse gedanklich vorwegzunehmen und Organisationen in ihren strategischen Entwicklungen zu unterstützen. Darüber hinaus sind in der TosiT-Datenbank auch die gängigen Web 2.0-Plattformen erfasst, die sich durch einfache Erweiterungen oder gezieltem Einsatz auch zur Durchführung von offenen gesellschaftlichen Innovationsprozessen eignen. Denkbar wären zum Beispiel Foto- oder Kurzfilmwettbewerbe über entsprechende Bild- oder Videoplattformen (etwa Flickr, Pinterest oder Youtube). Add-ons und Plug-ins über Facebook ermöglichen Ideen- oder Kreativwettbewerbe und unterstützen Organisatoren in der Evaluierung der Einreichungen. Raffl, C., von Lucke, J., Müller, O., Zimmermann, H.-D., & vom Brocke, J. (2014). Handbuch für offene gesellschaftliche Innovation. TOGI-Schriftenreihe (11. Band). Berlin: ePubli. ISBN: 978-3-7375-2027-0. Raffl, C., von Lucke, J., Müller, O., Zimmermann, H.-D., & vom Brocke, J. (2014). TosiT – The Open Societal Innovation Toolbox. Werkzeuge für offene gesellschaftliche Innovation. TOGISchriftenreihe (10. Band). Berlin: ePubli. ISBN: 978-3-7375-1657-0. TosiT - The Open Societal Innovation Toolbox. Verfügbar unter: http://www.tosit.org. eSociety Bodensee 2020. Offene gesellschaftliche Innovation in der Bodensee-Region. Verfügbar unter: http://esocietybodensee2020.org. Prof. Dr. Jörn VON LUCKE Professor für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik, Zeppelin Universität; [email protected] 12 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 fachartikel Nutzung von Open Government Data – Erfahrungen aus einem Interreg-Projekt abstract Josef Johann Bernhart I Peter Decarli I Kurt Promberger I Markus Zanker Gemeinden und Regionen stehen im nationalen und internationalen Wettbewerb miteinander: als interessanter Wirtschaftsstandort für Unternehmen(1), als attraktiver Wohnort für Bürger und als moderne und zeitgemäße Urlaubs- und Feriendestination für Gäste. Dabei können moderne Dienste und Leistungen der lokalen Verwaltungen in der Region den entscheidenden Mehrwert beisteuern. Im Sinne des eGovernment und Open Government sollten Gemeinden und Regionen digitale Dienste anbieten und den Zugriff auf Informationen und Daten ermöglichen. Dadurch schaffen sie einen direkten Mehrwert für Bürger, Wirtschaftstreibende und Gäste oder ermöglichen anderen, dies zu tun. Ein besonderer Stellenwert kommt dabei Geoinformationssystemen und insbesondere WebGIS-Anwendungen zu. Interaktive Karten und Geo-Daten werden in verwaltungsinternen Fachabteilungen bereits häufig eingesetzt, meist fehlt allerdings noch die Öffnung dieser Informationspools für die Allgemeinheit(2). Ein Interreg-Projekt hatte die Nutzung von Geo-Daten und GIS-Technologien zur Unterstützung von Freizeitaktivitäten in alpinen Regionen zum Ziel. Das Phänomen Open Data, also frei verfügbare Daten und Informationen in maschinenlesbarer Form, die insbesondere von Regierungen und Verwaltungen bereitgestellt werden, hat für große Aufmerksamkeit gesorgt. Open Data hat das Potenzial, die Bürger zu stärken und ihnen durch den Zugang zu Informationen mehr Mitsprache zu ermöglichen, die Arbeits- und Funktionsweise von Regierungen und Verwaltungen grundlegend zu reformieren und öffentliche Dienste und Leistungen entscheidend zu verbessern. Darüber hinaus entsteht aus dem freien Zugang zu Daten und Informationen immenser wirtschaftlicher Mehrwert: Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass durch Open Data ein jährlicher weltweiter Mehrwert von mehr als drei Billionen Dollar generiert werden kann.(3) Die lokalen Regierungen und Verwaltungen in Kärnten und Südtirol (Italien) haben diesen Trend erkannt und fördern Open Data Initiativen und die freie Verfügbarkeit von öffentlichen Daten und Informationen. Dies gilt insbesondere für geografische Daten und Geoinformationssysteme (GIS) wie beispielsweise Karten, Orthofotos und Hausnummern. Mehrwert entsteht aber erst, wenn die so verfügbaren Daten und Informationen auch genutzt werden, beispielsweise, um private und öffentliche Dienste zu verbessern, oder aber neue und innovative Angebote zu realisieren. Ein grenzüberschreitendes Forschungsprojekt hatte ebendiese Nutzung von Geo-Daten und GIS-Technologien zur Unterstützung von Freizeitaktivitäten in alpinen Regionen zum Ziel.(4) Das Interreg-Projekt O-STAR entstand aus der Zusammenarbeit der Universität Klagenfurt, der Freien Universität Bozen und der Europäischen Akademie Bozen (EURAC) sowie der Viva Latsch GmbH (Gemeinde Latsch, Südtirol) und der Bad Kleinkirchheimer Tourismus Marketing GmbH (Gemeinde Bad Kleinkirchheim, Kärnten) als Anwendungspartner. O-STAR steht für die Entwicklung eines innovativen Online-Systems für individuelle Touren- und Routenempfehlungen in alpinen Regionen – auf Grundlage frei verfügbarer öffentlicher Daten. Der Internetnutzer sieht sich aktuell mit einem Überangebot an Informationen konfrontiert und ist oft mit der Entscheidungsfindung überlastet. Innovationen im Informations- und Kommunikationsbereich können einen wesentlichen Beitrag leisten, um Entscheidungsfindungen für beispielsweise Freizeitaktivitäten zu vereinfachen und gleichzeitig strukturschwache Gebiete besonders in diesem Marktsegment (Freizeitwirtschaft) besser zu positionieren. Die Universität Klagenfurt verfügt über Expertise und erprobte Systeme zur Generierung von personalisierten Empfehlungen (ein System, das dem Nutzer Hilfe bei der Entscheidungsfindung im Internet bietet) und die Universität Bozen über Erfahrungen im Bereich von räumlichen Datenbanken und Isochronen (diese geben an, wie viele Punkte im selben Radius – Minuten/Km – von einem gewählten Standpunkt aus erreichbar sind). Zielsetzung des O-STAR-Projektes war daher die Weiterentwicklung der Technologie zur Generierung von Empfehlungen, sodass diese räumliche Aspekte und geografische Informationen mitberücksichtigt und dem Nutzer personalisierte Routenvorschläge unterbreitet werden können. Die im Rahmen des Projekts entwickelten technischen Lösungen demonstrieren die Nutzung von Geo-Daten eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 fachartikel Mag. Dr. Josef Johann BERNHART Stellvertretender Leiter, Institut für Public Management der Europäischen Akademie Bozen (EURAC research), Italien; [email protected] Abb. 1: Messen mit den Profis: Die „Ö-Tour Challenge Kärnten“-App 1. 2. 3. Öffentlich verfügbare und mobile Apps für zwei regional bedeutsame Radstrecken, welche es dem Nutzer erlauben, sich mit Radprofis zu messen. Dabei handelt es sich um die „Giro Challenge Martelltal“App, welche den Zielanstieg in das Martelltal im Rahmen der Südtirol-Etappe des Giro d’Italia 2014 abbildet, und die „Ö-Tour Challenge Kärnten“-App für die Strecke auf den Dobratsch in Kärnten, welcher das Ziel der 6. Etappe der 66. Internationalen Österreich Rundfahrt war. Diese beiden Anwendungen verbinden den Trend zum Quantified Self, d.h. der Selbstvermessung von sportlichen Leistungen, mit der Anwendung spieltypischer Elemente (engl. Gamification) wie einer öffentlichen Ergebnisliste und einer vergleichenden Simulation des eigenen Fortschritts mit anderen, um Nutzer zur wiederholten Teilnahme zu motivieren. Die Errechnung von individualisierten Ankunftszeiten auf Basis des bisherigen Fortschritts war eine weitere forschungsrelevante Fragestellung im Rahmen des Projekts, welche unter anderem zu einer Publikation auf der internationalen Hauptkonferenz für IT & Tourismus geführt hat.(5) Öffentlich verfügbare GIS-Daten und Mehrwertservices, welche durch das Amt für raumbezogene und statistische Informatik der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol zur Verfügung gestellt werden und die Basis für eine Vielzahl von individuellen GeoAnwendungen zur Routenplanung oder zur räumlichen Datenanalyse bilden.(6) Weiterentwicklung der aktuellen Technologien zur Routenplanung, sodass diese auch verschiedene Kategorien von unterschiedlich gewichteten Points-of-Interest und Einschränkungen auf diesen berücksichtigen können. Die Planung dieser personalisierten Routen ist vor allem aufgrund der Berechnungskomplexität kein triviales Problem und hat daher die Entwicklung spezieller Heuristiken erfordert. Ein Forschungsprototyp(7), welcher auf Basis des Wegenetzes der Gemeinden Latsch und 4. Bad Kleinkirchheim arbeitet, ist online verfügbar. Weiters konnten in diesem Projekt eine Reihe zusätzlicher Forschungsergebnisse erzielt werden, welche sowohl algorithmische Verbesserungen gängiger Empfehlungs- und Planungsverfahren darstellen, als auch neue Erkenntnisse bezüglich der Interaktion von Nutzern mit solchen Systemen betreffen. Beispielsweise kommt der Erläuterung von Empfehlungen, welche den Nutzern den Vorschlagsprozess selbst transparent machen und den Vorschlag begründen können, eine besondere Bedeutung für die Interaktion zu. Peter DECARLI, MSC Researcher, Institut für Public Management der Europäischen Akademie Bozen (EURAC research), Italien; [email protected] Neben dem unmittelbaren Mehrwert durch zusätzliche und verbesserte Angebote für die beteiligten Gemeinden und Regionen soll insbesondere auch das enorme Potential von Open Data aufgezeigt werden. Es bleibt zu hoffen, dass die im Projekt gezeigte innovative Nutzung und Kombination von bereits heute frei verfügbaren Daten der öffentlichen Verwaltung zu weiteren neuen und verbesserten Diensten und Services führt. literatur & links für ein breites Einsatzspektrum in der Freizeitwirtschaft und liefern Beiträge auf verschiedenen Ebenen: | 13 (1) Promberger, K., Bernhart, J., & Gander, H. (2008). Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Südtirol. Bozen: Athesia Spectrum. (2) Czeranka, M. (2002). Erfolgreiches E-Government mit WebGIS. In: J. Strobl, T. Blaschke, & G. Griesebner (Hrsg.), Angewandte Geographische Informationsverarbeitung XIV. Beiträge zum AGIT-Symposium Salzburg (S. 70-76). Heidelberg: Wichmann Verlag. (3) Manyika, J., Chui, M., Groves, P., Farrell, D., Van Kuiken, S., & Almasi Doshi, E. (2013). Open data: Unlocking innovation and performance with liquid information. McKinsey&Company. (4) Bernhart, J., Decarli, P., & Merl, A. (2014). eDestination Kärnten: Wettbewerbsfähigkeit durch innovative Angebote. In: K. Anderwald, P. Filzmaier, & K. Hren (Hrsg.), Kärntner Jahrbuch für Politik 2014 (S. 183-194). Klagenfurt: Hermagoras Verlag/Mohorjeva založba. (5) Pitman, A., Bernhart, J., Posch, C., Zambaldi, D., & Zanker, M. (2013). Time-of-Arrival Estimation in Mobile Tour Guides. In: Information and Communication Technologies in Tourism 2013 (S. 70-81). Heidelberg: Springer. (6) http://sdi.provinz.bz.it/touring/ (7) http://ostar.unibz.it/ A.Univ.-Prof. Dr. Kurt PROMBERGER Leiter des Lehr- und Forschungsbereichs für Verwaltungsmanagement, Institut für Strategisches Management, Universität Innsbruck; kurt.promberger@uibk. ac.at Assoc. Prof. Dr. Markus ZANKER Institut für Angewandte Informatik, Alpen-AdriaUniversität Klagenfurt; [email protected] 14 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 fachartikel Einheitliche Ansprechpartner 2.0: IAF-Konzept auf Bundesebene aufgegriffen abstract David H. Fenner I Volkmar Kese Die im Rahmen der EU-Dienstleistungsrichtlinie umgesetzten Einheitlichen Ansprechpartner veranstalten regelmäßige Konferenzen zum Erfahrungsaustausch. Schwerpunkt war im Jahr 2014 die Schaffung einer zweiten Generation Einheitlicher Ansprechpartner, die umfassendere Leistungen anbietet und das von den Autoren entwickelte Konzept des „EA 2.0“ nachbildet. Die Weiterentwicklung wird von Unternehmen und der Europäischen Kommission gefordert, die in der Umsetzung in Deutschland bedeutendes Optimierungspotenzial sehen. Der Beitrag wird die aktuellen Probleme, die Aktualität der Lösungen der Autoren und den weiteren Forschungsbedarf aufzeigen. Einführung. Mehr als fünf Jahre nach Umsetzung der EU- Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) weist die Implementierung der Einheitlichen Ansprechpartner (EAs) noch viele Mängel auf. Zugleich fordert die EU-Kommission mit immer stärker werdendem Nachdruck, dass die bestehenden technischen und organisatorischen Probleme beseitigt werden. Dieser Beitrag wird sich mit den Problemen und dem im Jahr 2013 vom Institut für Angewandte Forschung (IAF) erarbeiteten Optimierungsmodell „EA 2.0“ beschäftigen. Letzteres ist im Jahr 2014 auf Bundesebene aufgegriffen worden und wird seitdem durch ein Forschungsprojekt vorangetrieben. Aktueller Umsetzungsstand der EU-DLR. Die EU-DLR fordert verbindlich, dass es die Aufgabe des EA ist, Dienstleistungsunternehmen den Zugang zu Informationen maßgeblich zu vereinfachen und eine den Unternehmer entlastende Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung zu gewährleisten. Diese Entlastung kann erst dann entstehen, wenn bestehende technische und organisatorische Hindernisse beseitigt und die elektronischen Kommunikations- und Transaktionsprozesse optimiert worden sind. Aktuell wird dies nicht gewährleistet. Es bestehen weiterhin dieselben Barrieren, die seit Ablauf der Umsetzungsfrist im Jahr 2009 die Inanspruchnahme der durch die EU-DLR festgelegten Leistungen durch die Unternehmen maßgeblich erschweren.(1)(2)(3) Es fehlt an funktionsfähigen E-Government-Lösungen und an adressatenorientierten mehrsprachigen Informationsangeboten. Dies verhindert die Abwicklung der Verfahren über die EAs – insbesondere von EU-ausländischen Un- ternehmern. Dieses Problem wird durch den mangelnden Bekanntheitsgrad der EAs verschärft. Aktuelle Vorhaben auf Bundesebene. Auf einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) organisierten Konferenz „Einheitlicher Ansprechpartner 2.0 als Beitrag zu einer unternehmensfreundlichen digitalen Verwaltung“ im Oktober 2014 wurden Vorhaben vorgestellt, die die bestehenden Barrieren beseitigen und optimierte Leistungsangebote erarbeiten sollen.(2) Insbesondere spielt dabei das Anfang 2014 lancierte Projekt „EA 2.0“ eine bedeutende Rolle.(4) Ziel ist es, bis Ende nächsten Jahres ein länderübergreifendes Konzept für einen modernen, auf e-Government-basierten und an den Bedürfnissen der Unternehmen ausgerichteten EA zu schaffen. Das Vorhaben deckt sich mit Forderungen der Kommission aus dem Jahr 2012, die eine zweite EAGeneration von „voll funktionsfähigen E-GovernmentInstrumenten“ schaffen will, die alle Verfahren im Laufe des Unternehmenszyklus abdecken und mehrsprachige nutzerfreundliche Dienstleistungen anbieten.(5) Angestoßen durch diese Mitteilung entwickelten die Autoren bereits Anfang 2013 das Konzept „EA 2.0“.(1) Das IAF-Konzept „EA 2.0“. Zur Erfüllung der EU-DLR-Vor- gaben wurden vier Optimierungsfelder identifiziert: 1. Kommunikation. Um einen optimierten Kommunikati- onsprozess in der Verwaltung zu ermöglichen, sollte eine umfassende technische Back-Office-Integration erfolgen. Durch die elektronische Verknüpfung der EAs (Front-Of- fices) mit den für die Verfahrensabwicklung zuständigen Behörden (Back-Offices) wird nicht nur auf eine erhöhte Kundenorientierung hingewirkt, sondern der Verwaltung auch selbst die Möglichkeit geboten, Prozesse transparenter zu gestalten und zu beschleunigen und dem EA zur vollen Wirksamkeit zu verhelfen. Die Kommunikation muss den ausländischen Unternehmern durch ein verbessertes, adressatenorientiertes Fremdsprachenangebot vereinfacht werden. Auch Benutzerfreundlichkeit und Gebrauchstauglichkeit der EA-Portale sollten erhöht werden. 2. Öffentlichkeitsarbeit. Verbesserte Kommunikation kann zur Erhöhung der Inanspruchnahme beitragen. Die Autoren konnten aber auch aus den Zielen der EU-DLR und aus Effektivitäts- und Effizienzgründen eine Pflicht zur Bekanntmachung des EA unter den ausländischen Unternehmen begründen. Erst, wenn die Begünstigten über ihre Rechte und Möglichkeiten aufgeklärt, von den Neuerungen Gebrauch machen, und so zu einem besseren Funktionieren des Binnenmarkts beitragen, kann das Potenzial der EU-DLR tatsächlich ausgeschöpft werden. Ferner kann der bereits getätigte Ressourceneinsatz erst durch eine bedeutende Inanspruchnahme des EA gerechtfertigt werden.(1) Dazu könnten die aktive länderinterne Bekanntmachung, die Erhöhung der medialen Präsenz des EA, der Einsatz von Erfolgskontrollen und die Erarbeitung eines Kommunikationskonzepts beitragen. Auch müsste die Zusammenarbeit auf Bund-LänderEbene gestärkt, der Adressatenkreis auf ausländische Unternehmer ausgeweitet und die Bekanntmachung einheitlich gestaltet werden. 3. E-Government. Die funktionsfähige grenzüberschrei- tende Verfahrensabwicklung muss auch gewährleistet werden. In dem EAs aktiv bei EU-weiten Projekten zur Schaffung der Kompatibilität technischer Lösungen mitwirken und die Nutzung des bereits existierenden Binnenmarktinformationssystems als grenzüberschreitendes kompatibles Kommunikationsinstrument vorantreiben, können die Barrieren zur Inanspruchnahme mittelfristig abgebaut werden. eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 könnten z. B. eine grenzüberschreitende Verfahrensabwicklung im Auftrag ausländischer Unternehmen oder die gegenseitige Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit sein. Durch eine Bottom-up-Generierung wären diese Netzwerke leistungsstark, flexibel und entsprächen den örtlichen Umständen. Nur so können die noch bestehenden Praxisprobleme bewältigt werden. Die verbesserte Kommunikation, die adressatenorientierte Öffentlichkeitsarbeit mithilfe eines Kommunikationskonzepts und die Nutzung von bestehenden E-Government-Lösungen sind dabei für die Verwirklichung des Netzwerks eine Grundvoraussetzung. Im Gegenzug kann die Netzwerkstruktur diesen Lösungsansätzen erst richtig zur vollen Wirkung verhelfen und ressourcensparende Potenziale entfalten lassen. Fazit. Der EA 2.0 würde den aktuellen Forderungen der Kommission in vollem Maße entsprechen. Auch würde die stärkere Vernetzung den weiteren E-GovernmentStrategien und Forderungen der EU Rechnung tragen. Positiv ist, dass der Bund nun auch aktiv geworden ist und beim Versuch der Erfüllung der EU-DLR-Vorgaben eine koordinierende Rolle einnimmt. Zugleich ist die Kommission mit ihren Forderungen bereits einen Schritt weiter: Auf der oben genannten Bundeskonferenz wurde vom Kommissionsvertreter die Möglichkeit einer zweiten EU-DLR angekündigt. Es besteht somit weiterer Forschungsbedarf in Hinblick auf die noch zu bewältigende Optimierung der Strukturen und Prozesse vor dem Hintergrund zu erwartender neuer Anforderungen. literatur fachartikel (1) Kese, V., & Fenner, D.-H. (2013). Modernisierungschancen der Wirtschaftsverwaltung nach Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie. Aachen: Shaker Verlag. (2) Müller, H. (2014, Oktober). Potentiale und Gestaltungsoptionen für den Einheitlichen Ansprechpartner 2.0. Konferenz „Einheitlicher Ansprechpartner 2.0“ beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Berlin. (3) T iedje, J. (2014, Oktober). Einheitliche Ansprechpartner der 2. Generation – Türöffner zum europäischen Binnenmarkt. Konferenz „Einheitlicher Ansprechpartner 2.0“ beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Berlin. 4. Vernetzung. Von besonderer Bedeutung ist auch die (4) Bildung eines EA-Netzwerks. Dabei sollten die EAs sich nicht nur mit Back-Offices besser verknüpfen. Auch könnten die aus grenzüberschreitenden EA-Kooperationen zu erwartenden Synergien genutzt werden. So könnte ein EA, der sich ein Netzwerk von anderen EAs in ganz Europa und von zuständigen Behörden im Inland geschaffen hat, konkrete Einzelkooperationen durchführen. Diese Bergmann, J. (2014, Oktober). Neuausrichtung des Einheitlichen Ansprechpartners (EA 2.0) - Ein Idealszenario. Konferenz „Einheitlicher Ansprechpartner 2.0“ beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Berlin. (5) Europäische Kommission (2012, Juni). Mitteilung der Konferenz vom 8. Juni 2012, zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie: Eine Partnerschaft für neues Wachstum im Dienstleistungssektor 2012-2015. | 15 David H. FENNER, M.A. Wissenschaftlicher Referent, Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg; fenner@hs-ludwigsburg. de Prof. Dr. Volkmar KESE Dekan der Masterstudiengänge „Public Management“ und „European Public Administration“, Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg; [email protected] eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 fachartikel Fortgeschrittene PDF Signaturen mit PAdES Andreas Fitzek I Christian Maierhofer I Arne Tauber I Bernd Zwattendorfer abstract 16 | Fortgeschrittene PDF Signaturen sind sowohl im behördlichen als auch im privatwirtschaftlichen Bereich essentiell, wenn die Gewährleistung der Authentizität und Unversehrtheit von PDF Dokumenten gefordert ist. Österreich hat bereits 2006 in Eigenentwicklung das Signaturformat PDF-AS (PDF Amtssignatur) für fortgeschrittene PDF Signaturen eingeführt. Das PDF-AS Signaturformat entspricht allerdings keinem internationalen Standard, womit der zunehmenden Notwendigkeit der grenzüberschreitenden Akzeptanz von signierten PDF Dokumenten nicht nachgekommen werden kann. Aus diesem Grund setzt Österreich ab sofort nicht mehr auf PDF-AS, sondern auf den auch von der EU Kommission rechtlich abgesegneten Standard PAdES. Im Rahmen dieses Beitrags wird die aktuelle Open Source Library PDF-AS 4 vorgestellt, die anstatt des Signaturformats PDF-AS nur mehr den Standard PAdES implementiert. Zusätzlich werden konkrete Anwendungen der neuen PDF-AS Bibliothek aufgezeigt. Einleitung. Digitale Signaturen garantieren Authentizität und Unversehrtheit von elektronischen Dokumenten. Österreich hat in seiner E-Government Voreiterrolle bereits früh mit der Einführung von digitalen Signaturen sowohl im behördlichen als auch im privaten Umfeld begonnen. Um die rechtlichen Anforderungen hinsichtlich Rückführbarkeit von ausgedruckten amtssignierten Dokumenten, speziell jenes des bekanntesten Dokumentenaustauschformats PDF, zu erfüllen, wurde 2006 im österreichischen E-Government das Signaturformat PDF-AS (PDF Amtssignatur) eingeführt. PDF-AS ist eine österreichische Eigenentwicklung, bei der das PDF Dokument mit einer fortgeschrittenen XML Signatur gemäß Signaturgesetz(1) versehen wurde, welche einerseits die Rückführbarkeit von Ausdrucken als auch die einfache visuelle Darstellung eines Signaturblocks ermöglicht. Das PDF-AS Signaturformat entspricht allerdings keinem internationalen Standard. Somit können mittels PDF-AS vom Bürger signierte oder von der Verwaltung amtssignierte Dokumente nur mit spezieller Software oder über spezielle Services geprüft werden, z.B. über das offizielle Signaturprüfservice der RTR(2). Digital signierte Dokumente sollten aber nicht nur im eigenen Land, sondern möglichst überall und mit jeder Standardsoftware prüfbar sein. Dies ist auch ein großes Anliegen der EU Kommission, die bereits 2011 den rechtlichen Rahmen(3) für die Verarbeitung von Dokumenten mit standardisierten Signaturformaten im Rahmen der EU Dienstleistungsrichtlinie geschaffen hat. Dabei handelt es sich um die fortgeschrittenen Signaturformate XAdES, CAdES und PAdES (XML-, CMS- bzw. PDF-Advanced Electronic Signatures), die von dem European Telecommunications Standard Institute (ETSI) standardisiert wurden und den Anforderungen an fortgeschrittene Signaturen gemäß EU Signaturrichtlinie entsprechen. Mit der kürzlich in Kraft getretenen EU Verordnung über elektronische Identifikation und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS Verordnung)(4) wird der Einsatz dieser Formate aller Voraussicht nach auch über entsprechende delegierte Rechtsakte eine rechtliche Basis für sämtliche Transaktionen mittels elektronischer Signaturen im EU Raum erhalten. PDF-AS vs. PAdES. PDF-AS basiert auf einer fortgeschrittenen XML-Signatur, wobei nicht die ganze Signatur, sondern nur die essentiellen Informationen der Signatur in ein spezielles PDF-Objekt in Dokument eingebettet werden. Für die Signaturprüfung wird die vollständige XML-Signatur auf Basis von „Templates“ und den im PDF-Objekt enthaltenen Informationen rekonstruiert und anschließend geprüft.(5) PAdES ist ein Profil der in ISO 32000-1 (PDF Standard)(6) spezifizierten PDF-Signatur. PAdES basiert im Gegensatz zu PDF-AS auf einer binären CMS-Signatur (PKCS7). Dabei wird die CMS-Signatur direkt in das PDFDokument eingebettet und eine Rekonstruktion ist für eine Signaturprüfung nicht mehr notwendig.(7) PDF-AS 4. Mit PDF-AS wird jedoch nicht nur das in Österreich spezifizierte Signaturformat bezeichnet, sondern auch eine Open Source Software, die das Anbringen von PDF Signaturen auf Dokumenten erleichtert. Um ein hohes Level an Interoperabilität zu gewährleisten, wird mit der kürzlich erschienenen Version 4 der Open-Source Bibliothek PDF-AS(8) nicht mehr auf das veraltete und proprietäre Signaturformat PDF-AS, sondern auf den europäischen Signaturstandard PAdES im BES (Basic Electronic Signature) Profil gesetzt. Bekannte und positiv aufgenom- fachartikel eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 | 17 DI Andreas FITZEK Wissenschaftlicher Mitarbeiter, E-Government Innovationszentrum (EGIZ); [email protected] Abb. 1: PDF-AS 4 Architektur Anwendungen. Konkrete Anwendung findet die neue PDF- AS Bibliothek sowohl im Rahmen der Amtssignatur in der öffentlichen Verwaltung als auch in Applikationen für BürgerInnen und Unternehmen. Ein Beispiel ist die Javabasierte Anwendung PDF-Over(10). Bei PDF-Over handelt es sich um eine Java-Applikation zum Signieren von PDFDokumenten unter Verwendung der österreichischen Bürgerkarte via Smartcard (z.B. eCard) oder Handy-Signatur. PDF-Over bietet die Möglichkeit, den Signaturblock in einer Voransicht beliebig zu platzieren und anschließend das Dokument zu signieren. Des Weiteren bietet PDF-Over umfangreiche Konfigurationsmöglichkeiten, wie die automatische Signaturblockplatzierung oder eine individuelle Gestaltung des visuellen Signaturblocks. PDF-Over wird vom E-Government Innovationszentrum (EGIZ) entwickelt und ist für die Betriebssysteme Linux, Windows und MacOS verfügbar. Ebenfalls verwendet wird PDF-AS 4 im webbasierten Signaturservice auf Bürgerkarte.at, welches auf der PrimeSign Technologie(11) basiert. links mene Features von PDF-AS, wie z.B. der visuelle Signaturblock, bleiben auch weiterhin erhalten. Die Open-Source Bibliothek PDF-AS wurde dazu von Grund auf neu entwickelt. Es wurde darauf geachtet PDF-AS möglichst modular und erweiterbar zu entwickeln. Abbildung 1 zeigt die Architektur von PDF-AS 4. Durch die starke Modularisierung wird nicht nur die einfache Erweiterbarkeit sichergestellt, sondern auch die Codegröße verkleinert. Dies hat den Vorteil, dass, je nach Anwendungsfall, nicht alle Komponenten eingebunden und somit zur Laufzeit nicht zur Verfügung stehen müssen. Dies reduziert auch die Anzahl der Abhängigkeiten zu externen Software Bibliotheken. Eine kleinere Codebasis bietet neben geringerer Fehleranfälligkeit auch den Vorteil von weniger potenziell angreifbaren Komponenten. Die Kernfunktionalität wurde in der PDF-AS LibraryKomponente zusammengefasst. Die verwendeten Komponenten implementieren fest definierte Schnittstellen, wodurch sich konkrete Implementierungen einfach austauschen lassen. Die Kernfunktionalität gemäß der Signaturstandards PAdES und PKCS7 wird über eine öffentliche API angeboten. Anwendungen sollten ausschließlich diese API verwenden. Mit PDF-AS 4 werden zwei Anwendungen ausgeliefert. Eine kommandozeilenbasierte Anwendung (PDF-AS Command-Line) und eine webbasierte Anwendung (PDF-AS Web-Frontend). Mit beiden Anwendungen können PDF-Dokumente unterschrieben und verifiziert werden. Um den Umstieg auf die neue Version zu erleichtern wurde auch eine Legacy-Library entwickelt, welche die API von PDF-AS 3 auf die API von PDF-AS 4 übersetzt. Da sich die Signaturformate PAdES und PDFAS allerdings stark voneinander unterscheiden, ist eine vollständige Übersetzung der APIs nicht möglich. Es wird daher empfohlen, dass Anwendungen, die bereits PDF-AS 3 verwenden, auf die API von PDF-AS 4 portiert werden. Die Signaturerstellung via PDF-AS Library kann entweder durch eine Bürgerin bzw. einen Bürger initiiert werden (via Bürgerkarte bzw. Handy-Signatur) oder über eine serverseitige Applikation wie MOA-SS (Modul für Online Applikationen – Server-Signatur)(9). (1) https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage= Bundesnormen&Gesetzesnummer=10003685 (2) https://www.signaturpruefung.gv.at (3) http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/ ALL/?uri=CELEX:32014D0148 (4) http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri= uriserv:OJ.L_.2014.257.01.0073.01.ENG (5) http://git.egiz.gv.at/pdf-as-3/plain/dok/Spezifikation/ PDF-AS-Spezifikation-2.3.pdf (6) http://www.adobe.com/devnet/acrobat/pdfs/ PDF32000_2008.pdf (7) http://www.etsi.org/deliver/etsi_ts/102700_102799/ 10277801/01.01.01_60/ts_10277801v010101p.pdf (8) https://joinup.ec.europa.eu/software/pdf-as/home (9) https://joinup.ec.europa.eu/software/moa-idspss/home (10) http://webstart.buergerkarte.at/PDF-Over/index.html (11) https://www.prime-sign.com/ DI Christian MAIERHOFER Wissenschaftlicher Mitarbeiter, E-Government Innovationszentrum (EGIZ); Christian.Maierhofer@ egiz.gv.at Dr. Arne TAUBER Wissenschaftlicher Leiter, E-Government Innovationszentrum (EGIZ); [email protected] Dr. Bernd ZWATTENDORFER Wissenschaftlicher Mitarbeiter, E-Government Innovationszentrum (EGIZ); Bernd.Zwattendorfer@ egiz.gv.at 18 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 fachartikel Open Data: Versunkene Schätze oder digitaler Datenmüll? abstract Sirko Hunnius I Bernhard Jäger Open Data ist weltweit ein emergentes Phänomen. Dabei verlieren Nutzer oftmals den Überblick, welche Daten es wo überhaupt gibt. Das von der Europäischen Kommission geförderte FP7-Projekt OpenDataMonitor entwickelt derzeit eine Web-Plattform, welche darüber Aufschluss geben wird, wo qualitativ hochwertige offene Daten auffindbar sind, wodurch sich diese auszeichnen und wie offene Daten für eine bessere Nutzung harmonisiert werden können. Der Artikel beschreibt die methodische Vorgehensweise im Projekt und stellt erste Analyseergebnisse dar. In den letzten Jahren hat das Thema “Open Data” zuneh- mend Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Immer mehr Kommunen, Länder und Staaten begannen, Teile ihrer Datenbestände zu veröffentlichen.(2) Dadurch ist allerdings eine zunehmende Unübersichtlichkeit entstanden, welche Daten wo überhaupt verfügbar sind.(3) Nationale oder europäische Portale sind nur sehr eingeschränkt in der Lage, diese Vielfalt zu konsolidieren.(4) Bisherige Ansätze, Open Data zu ordnen und zu analysieren, wie der Open Data-Index(5) oder das Open Data-Barometer(6), sind zeitpunktbezogene Betrachtungen, die der dynamischen Entwicklung von Open Data kaum gerecht werden. Hinzu kommt, dass diese Erhebungen vielfach auf Expertenschätzungen beruhen, deren Validität unklar ist. (1) Im Rahmen des von der Europäischen Kommission geförderten OpenDataMonitor(ODM)-Projektes entwickelt ein Konsortium um das österreichische Technologieunternehmen SYNYO GmbH, das Potsdamer Institute for eGovernment (IfG.CC) und die Landeshauptstadt München eine Plattform, die eine umfassende Übersicht über bestehende Open Data Ressourcen liefert und zugleich Daten aus existierenden Katalogen analysiert und visualisiert.(7) Über Metadaten, Parameter und Indikatoren werden Open Data-Ressourcen differenziert analysiert und bewertet. Durch das ODM Projekt wird so eine dynamische Analyse und Beobachtung von Open Data ermöglicht, mit automatisierten Methoden zum Absuchen von Datenkatalogen, zur Analyse von Metadaten und zur intuitiven Darstellung sowie dem Vergleich von offenen Daten. Das Monitoring von Open Data liefert sowohl Nutzern offener Daten als auch Politik und Verwaltung selbst wert- volle Informationen: So erfahren Nutzer von Open Data, in welchen Datenportalen besonders hochwertige Datensätze bereitgestellt werden, in welchem Umfang Daten insgesamt nutzbar sind und inwieweit vergleichbare Datensätze europaweit vorliegen. Politik und Verwaltung liefert ein solches Monitoring Hinweise darauf, welche Datensätze andere Verwaltungen bereitstellen und in welcher Form diese Datensätze bereitgestellt werden (Formate, Metadaten, Datenstrukturen, Lizenzen uvam.). Der Open DataMonitor schafft so mehr Transparenz über offene Daten und kann als Voraussetzung für eine Harmonisierung von Open Data in Europa dienen. Die methodische Herangehensweise an das Monitoring von Open Data knüpft an den „semantics web approach“(8) an. Demnach werden Ressourcen im Internet nach vordefinierten Schemata beschrieben, damit Maschinen in der Lage sind, diese zu lesen und zu verstehen.(9) Diese Beschreibungen werden als Metadaten bezeichnet. Sie geben beispielsweise Auskunft darüber, wer wann einen Datensatz erzeugt hat, auf welches geografische Gebiet sich die Daten beziehen, wie häufig und wann zuletzt ein Datensatz aktualisiert wurde uvam. Der Open Data-Monitor sammelt all diese Metadaten, harmonisiert diese und kann so Aussagen über Umfang, Aktualität, Abdeckung und Qualität der verfügbaren offenen Daten treffen. Damit über eine solche enorme Datenmenge (über 200 Datenportale mit jeweils mehreren tausend Datensätzen, die jeweils mit einer Vielzahl von Merkmalen beschrieben sind) Aussagen getroffen werden können, wurden Metriken entwickelt, die beispielsweise die Zeitdimension von Datensätzen analysieren.(10) Hierfür wurden im Rahmen von Interviews Sichtweisen und Interessen der an Open Data beteiligten Akteure erhoben und analysiert.(11) Anschließend wurden diese Erkenntnisse durch eine großzahlige, quantitative Befragung validiert. Ende Januar 2015 wurde ein Demonstrator online gestellt, der erste Analysen ermöglicht. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Qualität der Metadaten höchst unterschiedlich ist. So werden die Metadaten nicht nur variantenreich beschrieben; auch die Qualität der Eingaben erweckt häufig den Eindruck von Sorglosigkeit. Dies hängt mit Open Data-Policies zusammen, die unterschiedlich konkret und verbindlich sind,(4) jedoch auch mit der organisatorischen Gestaltung und wie die Verantwortlichkeiten für Open Data zugewiesen werden. Hierbei wurden häufig die Interessen derjenigen, die offene Daten erzeugen wenig beachtet.(12) Diesen entsteht oftmals tatsächlich ein hoher Aufwand (siehe auch (13), (14)), weil selten konkrete Standards die manuelle Arbeit informieren oder gar „open by design“-Systeme die manuelle Arbeit ersetzen. Hier zeigt sich, dass Open Data Ressourcenaufwand verursacht und Aufmerksamkeit absorbiert und kein Selbstläufer ist, was in euphorischen Glaubensbekenntnissen häufig vernachlässigt wird. Aktuell richtet sich die Aufmerksamkeit der Verantwortungsträger maßgeblich darauf, ein eigenes Datenportal mit möglichst vielen Datensätzen aufzubauen. Bei der Auswahl der Datensätze dominiert zumeist der „Verfügbarkeits-Ansatz“(4), wonach online gestellt wird, was gerade da ist: Möglichst mit geringem Aufwand, schlecht beschrieben und wenig politisch sensitiv. Dies führt letztlich dazu, dass die vielversprechenden Datenschätze zwischen dem digitalen Datenmüll kaum auffindbar sind und verschollen zu bleiben drohen. Für die Legitimation von Open Data kann dies nach der anfänglichen Euphorie und dem Aktivismus zu einem ernsthaften Problem werden, weil so niemand die verfügbaren offenen Daten nutzen kann. Das OpenDataMonitor-Projekt soll dabei helfen, hierfür ein stärkeres Bewusstsein zu schaffen, Wege zur Harmonisierung aufzuzeigen und den ein oder anderen Datenschatz zu Tage fördern. eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 literatur & links fachartikel (1) Meijer, A. J., de Hoog, J., Van Twist, M., van der Steen, M., & Scherpenisse, J. (2014). Understanding the Dynamics of Open Data: From Sweeping Statements to Complex Contextual Interactions. In M. Gascó-Hernandez (Hrsg.), Open Government. Opportunities and Challenges for Public Governance (S. 101-114). New York: Springer. (2) Heimstädt, M., Saunderson, F., & Heath, T. (2014). From Toddler to Teen: Growth of an Open Data Ecosyste. eJournal of eDemocracy & Open Government JeDEM. 6 (2), 123-135. (3) Janssen, M., Charalabidis, Y., & Zuiderwijk, A. (2012). Benefits, Adoption Barriers and Myths of Open Data and Open Government. Information Systems Management, 28 (4), 258-268. (4) Hunnius, S., Krieger, B., & Schuppan, T. (2014, September). Providing, Guarding, Shielding: Open Government Data in Spain and Germany. In 2014 EGPA Annual Conference, Speyer, Deutschland. (5) O pen Knowledge Foundation. Open Data Index. 2013. (2014, Juli). Verfügbar unter: https://index.okfn.org/country (6) Davies, T. (2013) Open Data Barometer. 2013 Global Report, London. (7) OpenDataMonitor. (2015, Jänner). Verfügbar unter: http://project.opendatamonitor.eu (8) Berners-Lee, T., & Hendler, J. (2001). Publishing on the semantic web. Nature, 410, 1023–1025. (9) Shadbolt, N., Hall, W., & Berners-Lee, T. (2006). The Semantic Web Revisited. Intelligent Systems IEEE. 21(3), 96–101. (10) A tz, U. (2014). The Tau of Data: A New Metric to Assess the Timeliness of Data in Catalogues. Proceedings of the International Conference for E-Democracy and Open Government (CeDEM2014), 2014. (11) penDataMonitor Project. (2014). D2.4 Open Data StakeholO der Requirement Report 1, Vienna. (12) Hunnius, S., & Krieger, B. (2014, August). The Social Shaping of Open Data through Administrative Processes. Proceedings of the 10th International Symposium on Open Collaboration OpenSym, Berlin, Deutschland. (13) Barry, E., & Bannister, F. (2014). Barriers to open data release: A view from the top. Information Polity, 19, 129–152. (14) Zuiderwijk, A., Janssen, M., Choenni, S., Meijer, R., & Alibaks, R. S. (2012). Socio-technical Impediments of Open Data. Electronic Journal of e-Government. 10 (2), 156–172. | 19 Sirko HUNNIUS, Dipl.-Kfm. (FH) Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institute for eGovernment (IfG.CC); [email protected] Mag. Bernhard JÄGER Research Manager/OpenDataMonitor Projektkoordinator, SYNYO GmbH; bernhard.jaeger@synyo. com 20 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 fachartikel Bürgerkarte und Handy-Signatur in der Privatwirtschaft abstract Klaus Stranacher I Thomas Rössler E-Government Technologien sind inzwischen in vielen behördlichen Applikationen nicht mehr wegzudenken. Die Einbindung in privatwirtschaftliche Anwendungen sehen wir hierbei als einen wichtigen Schritt zur Akzeptanz und Verbreitung dieser Technologien. Aus diesem Grund stellen wir eine konkrete Umsetzung für eine vollelektronische Online-Bankkontoeröffnung mittels österreichischer Bürgerkarte bzw. Handy-Signatur und ausländischen elektronischen Identitäten vor, die im EU Large Scale Pilotprojekt STORK 2.0 für grenzüberschreitende Prozesse pilotiert wurde. E-Government Technologien, wie elektronische Signaturen und elektronische Identitäten, sind Teil vieler behördlicher Anwendungen und Applikationen. Dennoch liegen die Nutzerzahlen bisher hinter den Erwartungen. Einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Akzeptanz und Verbreitung dieser Technologien sehen wir in der Einbindung in privatwirtschaftliche Anwendungen. Einerseits kann die privatwirtschaftliche Seite von den entwickelten und einsatzbereiten Technologien profitieren. Andererseits werden durch die vermehrte Verfügbarkeit von entsprechenden privatwirtschaftlichen Anwendungen (wie die rechtsichere elektronische Unterzeichnung von Verträgen, die Online-Anmeldungen und Registrierungen basierend auf hochqualitativen Identitätsdaten oder der elektronischer Zustellung von Schriftstücken in RSa-Qualität), die Leute dazu animiert, diese auch unter Verwendungen der E-Government Technologien zu nutzen. Um diese Synergien zu nutzen, haben wir den Bankensektor und die Finanzdienstleistungsbranche ausgemacht, die – nicht zuletzt aufgrund der Rechtsicherheit der E-Government Technologien – stark von deren Einsatz profitieren kann. Aus diesem Grund stellen wir eine konkrete Umsetzung für eine vollelektronische Online-Bankkontoeröffnung mittels österreichischer Bürgerkarte bzw. Handy-Signatur vor. Unsere Umsetzung basiert auf einem von uns entwickelten Online-Signaturdienst PrimeSign(1) mit dem online rechtsverbindliche Verträge abgeschlossen werden können. Dieser Dienst wurde von uns erweitert, um eine Online-Kontoeröffnung gemäß dem Bankwesengesetz (BWG)(2) zu ermöglichen. Konventionelle Kontoeröffnungsverfahren, die auf der Webseite der Bank bzw. des Finanzdienstleister angestoßen werden, weisen dabei zwei entscheidende Nachteile auf: (a) Solche Verfahren nehmen im Allgemeinen mehrere Tage in Anspruch und (b) weisen eine bis zu 70%ige Abbruchrate durch die Kundin oder den Kunden auf. Die Online-Kontoeröffnung zielt darauf ab, diese Nachteile zu umgehen. Abb. 1: Umsetzungsskizze Online-Kontoeröffnung Abbildung 1 skizziert die gesamte Umsetzung der Online-Kontoeröffnung. In Schritt 1 veröffentlicht die Bank auf ihrer Webseite den Kontoeröffnungs-Antrag üblicherweise als PDF Dokument oder PDF Formular. Anschließend lädt die Kundin oder der Kunde den Kontoeröffnungs-Antrag herunter und füllt die benötigten Informationen aus (Schritt 2). Alternativ kann die Bank auch dynamisch ein PDF Dokument generieren, das bereits einige vorausgefüllte Formulardaten der Kundin oder des Kunden beinhaltet. In Schritt 3 erfolgt die Weiterleitung zu PrimeSign inkl. dem Kontoeröffnungs-Antrag. PrimeSign ermittelt daraufhin die (von der Stammzahlenregisterbehörde signierten) Identitätsdaten der Kundin bzw. des Kunden mittels Bürgerkarte oder Handy-Signatur (Schritt 4). Dann erfolgt eine Prüfung der Authentizität der Identitätsdaten im Schritt 5. Anschließend können –im späteren Bankenprozess benötigte – Beilagen hinzugefügt werden (Schritt 6). In Schritt 7 signiert die Kundin bzw. der Kunde den Kontoeröffnungs-Antrag. Zur Erstellung der Signatur werden wiederum Bürgerkarte oder Handy-Signatur verwendet. Im nächsten Schritt erfolgt eine authentische Identitätsfeststellung (Schritt 8), die prüft, ob die identifizierte Person mit der unterschreibenden Person ident ist. An dieser Stelle ist optional auch die Abfrage weiterer Personenregister möglich, um die Identität der Person zu gewährleisten, oder, um weitere Personendaten zu ergänzen. Die erzeugte Signatur wird anschließend in Schritt 9 in den Kontoeröffnungs-Antrag eingebettet. Darauf folgend kann die Kundin bzw. der Kunde wahlweise weitere MitkontoinhaberInnen bestimmen (Schritt 10). Um die Prozessbeschreibung einfach zu halten, ist dieser Schritt in der vorliegenden Abbildung nur angedeutet. Möchte die Kundin oder der Kunde den Antrag abschließen, d.h. keine (weitere) MitkontoinhaberIn angeben, so wird in Schritt 11 eine Signaturprüfung des Kontoeröffnungs-Antrags und aller allfälligen noch signierten Daten vorgenommen. In Schritt 12 werden abschließend von PrimeSign sämtliche Daten, wie beispielsweise signierter Kontoeröffnungs-Antrag, Prüfberichte der signierten Daten, allfällige Beilagen, etc., an die Bank übergeben. Diese Daten werden von der Bank empfangen und auf Ihre Korrektheit entsprechend der bankinternen Richtlinien geprüft (Schritt 13). Diese Prüfung bildet die Grundlage für die Entscheidung der Bank, ob ein Konto eröffnet werden kann oder nicht (Schritt 14). Im Erfolgsfall kann im Schritt 15 die antragstellende Kundin bzw. der antragstellende Kunde auf das neu eröffnete Bankkonto zugreifen. Die gerade skizzierte Umsetzung einer Online-Kontoeröffnung wurde in einer weiteren Projektphase erweitert um auch eine grenzüberschreitenden Online-Kontoeröffnung zu ermöglichen. Rechtliche Basis dafür bildet die vor kurzem in Kraft getretene eIDAS Verordnung (5), die die gegenseitige Anerkennung von elektronischen Identitäten und elektronischen Signaturen im europäischen Umfeld regelt. Die technische Basis für die weitere Umsetzung bildet das EU Large Scale Pilotprojekt STORK 2.0 (3). STORK 2.0 liefert dabei das technische Rahmenwerk für eine Interoperabilität zwischen verschiedenen nationalen elektronischen Identitäten. Basierend auf zwei Authentifizierungsmodellen (PEPS, MW) wurden Interoperabilitätsmodelle (4) umgesetzt, die in mehreren Pilotanwendungen im Echtbetrieb getestet werden. Eine dieser Pilotanwendungen ist dabei die grenzüberschreitende Online-Kontoeröffnung. Die erweiterte Umsetzung der Online-Kontoeröffnung bindet dabei die Authentifizierungsmethoden, die von eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 | 21 Abb. 2: Screenshot von PrimeSign zur grenzüberschreitenden Online-Kontoeröffnung STORK zur Verfügung gestellt werden, ein und ermöglicht so auch die eindeutige Identifikation ausländischer Personen. Dieses System wurde – im Zuge der STORK Pilotierung – bei der Zveza Bank(6) umgesetzt und ermöglicht eine durchgängige, rechtsverbindliche Kontoeröffnung innerhalb weniger Minuten – sowohl für österreichische als auch ausländische KundInnen (siehe Abbildung 2). Ein entscheidender Vorteil dieses System ist – neben der Öffnung des europaweiten Marktes und der raschen Möglichkeit der Kontoeröffnung – dass dabei bestehende Prozesse von Banken und Finanzdienstleistern nicht geändert oder neue rechtliche Betriebsverantwortungen eingeführt werden müssen. Dr. Klaus STRANACHER Lead Business Development, Datentechnik Innovation GmbH; k.stranacher@ datentechnik-innovation. com Die vorgestellte Umsetzung ist auch ein gutes Beispiel, wie (a) E-Government Basistechnologien, wie elektronische Identitäten und elektronische Signaturen, in privatwirtschaftlichen Anwendungen eingesetzt werden können und wie (b) eine grenzüberschreitende Anwendung umgesetzt werden kann, die vor dem Inkrafttreten der eIDAS Verordnung nicht oder nur schwer möglich war. literatur & links fachartikel (1) P rimeSign GmbH. Verfügbar unter: https://www.prime-sign. com/ Bundesgesetz über das Bankwesen (Bankwesengesetz BWG), letzte Änderung: BGBl. I Nr. 18/2015 (2) STORK 2.0. Verfügbar unter: https://www.eid-stork2.eu (3) Leitold, H., & Zwattendorfer (2010). STORK: Architecture, Implementation and Pilots. In Pohlmann, N., Reiner, H., & Schneider, W. (Hrsg), ISSE 2010 Securing Electronic Business Processes, Hilghlights of the Information Security Solutions Europe 2010 Conference (S. 131-142). Wiesbaden: Springer. (4) Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (5) (6) Zveza Bank. Verfügbar unter: https://www.zvezabank.com/ Dr. Thomas RÖSSLER Managing Director, Datentechnik Innovation GmbH; [email protected] 22 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 fachartikel Untersuchung des Formularangebots von Bundesdienststellen abstract Kurt Waldherr Zwischen August 2014 und Oktober 2014 wurden 82 Organisationen aus dem Bereich der ausgelagerten und nachgeordneten Dienststellen(1) des Bundes untersucht. Ziel der Untersuchung war es, Aufschluss über die Quantität und Qualität des Formularangebots zu erhalten. Der Großteil der über 1.000 Formulare besteht aus PDF- und Word-Formularen. Online-Formulare stellen mit knapp 8% eine Ausnahme dar. Normen, Standards und Empfehlungen werden kaum eingehalten – gesetzliche Vorgaben wie die Barrierefreiheit finden ebenfalls wenig Beachtung. Die Untersuchung. Für die Untersuchung des Formular- Ergebnisse der Untersuchung – qualitativ. Der erste Teil bestands wurde ein Kriterienkatalog entwickelt. Zweck des Kriterienkatalogs war die rasche Erfassung und Beurteilung vieler Formulare unterschiedlicher Organisationen und der organisationsübergreifende Vergleich der Ergebnisse. Der Zeitaufwand für die Untersuchung hat je Organisation zwischen 30 Minuten und 1h 30 Minuten betragen. Die Anzahl der zu untersuchenden Formulare wurde aus ökonomischen Gründen eingeschränkt. Insgesamt wurden 123 Stunden für die Durchführung der Untersuchung benötigt. Nicht inkludiert ist in dieser Zeit die Entwicklung des Kriterienkatalogs sowie die Zusammenführung der 82 Kriterienkataloge, deren Auswertung und Interpretation. Je Kriterium wurden bis zu 6 Formulare untersucht (maximal 3 Vordrucke und maximal 3 Online-Formulare). Vordrucke(2) sind in diesem Zusammenhang Formulare, die ausgefüllt als Dokument übermittelt werden (egal ob physisch oder digital). Bei Online-Formularen(3) werden nur die Formulardaten übertragen. der qualitativen Untersuchung ist unabhängig davon, ob Vordrucke oder Online-Formulare beurteilt werden. Dieser allgemeine Teil fällt mit einer durchschnittlichen Note von 2,4 (Skala 1 - 3 - 5, wobei 1 sehr gut/gut und 5 mangelhaft entspricht) befriedigend aus. Ergebnisse der Untersuchung – quantitativ. Im Rahmen der Untersuchung wurden bei den 82 Organisationen insgesamt 1.087 Formulare gefunden. Je Organisation wurden im Durchschnitt 15 Minuten für die Suche nach Formularen verwendet – es kann daher sein, dass manche Organisationen mehr Formulare anbieten, diese aber nicht innerhalb von maximal 15 Minuten auffindbar sind. Bei 34 Organisationen konnten keine Formulare gefunden werden (Kontaktformulare wurden nicht berücksichtigt). Nur 7,8% der gefunden Formulare (85 Stück von 1.087 Stück) sind Online-Formulare, der Großteil der Formulare (92,2% bzw. 1.002 Stück von 1.087) sind PDF-, bzw. Word/Office Formulare, bei denen ein Absenden der Daten nicht möglich ist. Verbesserungsbedarf besteht bei den Leittexten der Felder. Laut Untersuchung sind Leittexte auffallend oft nicht einheitlich vergeben und Pflichtfelder werden nicht gekennzeichnet. Die Vordrucke wurden hinsichtlich ihrer Entsprechung der ÖNORM A1021 bewertet. Die ÖNORM A1021 gibt wertvolle Anregungen für die Gestaltung von Vordrucken. Zur Beurteilung der OnlineFormulare wurde die Entsprechung des Styleguide für e-Government-Formulare geprüft. Zusammenfassung und Interpretation. Die Untersuchung zeigt, dass 21% (also 17) der Organisationen OnlineFormulare anbieten (n=82). Nur 85 von insgesamt 1.087 Formularen (also nur etwas mehr als 8%) der Formulare sind Online-Formulare. Die elektronische Übermittlung und Weiterverarbeitbarkeit scheint für die aus- und nachgeordneten Dienststellen des Bundes eine untergeordnete Rolle zu spielen. Folgende mögliche Gründe können dafür in Frage kommen: Die Organisationen • kennen die Potentiale von E-Government nicht, • sind unzureichend über die Möglichkeiten von Online-Formlaren informiert, • beschäftigen Personen, die sich durch E-Government bedroht fühlen, • überschätzen die Kosten, weil ihnen kein geeigneter Anbieter bekannt ist, bzw. das Gespräch nicht gesucht wird, • haben so geringe finanzielle Mittel, dass keine Investitionen möglich sind, • haben so wenige Transaktionen je Verfahren, dass eine elektronische Abwicklung kaum wirtschaftlich sein kann, • haben so komplexe und/oder unterschiedliche Verfahren, dass eine elektronische Abwicklung kaum wirtschaftlich sein kann. 34 Organisationen (41%) bieten keine Formulare an. Aus Sicht des Autors kann nicht davon ausgegangen werden, dass so viele Organisationen keinen Bedarf an Formularen haben. Das durchwegs schlechte Abschneiden bei der ÖNORM A1021 (Durchschnittsnote 3,9) lässt den Schluss zu, dass die ÖNORM A1021 nicht bekannt ist. Auf den ersten Blick ist die Beurteilung der Online-Formulare mit einer Durchschnittsnote von 2,8 besser, als die Beurteilung der Vordrucke. Der Styleguide scheint bekannter zu sein oder die Vorgaben des Styleguide entsprechen eher dem Hausverstand, dem „common sense“ jener Personen, welche für die Formularerstellung verantwortlich sind. Im Detail treten Mängel zu Tage. Nur 4 Organisationen erfüllen mit Ihren Formularen die gesetzliche Vorgabe, die Angebote zumindest entsprechend der WCAGRichtlinie Stufe A (also grundsätzliche Barrierefreiheit) zu gestalten (E-Government-Gesetz 1. Abschnitt §1 Absatz (3)). Die Organisationen verstoßen damit auch gegen das Behindertengleichstellungsgesetz, da die Erstellung von barrierefreien Formularen nur sehr geringen Mehraufwand bedeutet und somit von einer Diskriminierung im Sinne das §5 Absatz 2 auszugehen ist. Nur zwei Organisationen mit Online-Formularen bieten Kontroll- und Abschlussseiten entsprechend Styleguide an. Gerade die Kontroll- und Abschlussseite sind eine wesentlich Eigenschaft von styleguidekonformen Formularen, die sowohl Vorteile für die Nutzerinnen und Nutzer von Formularen, als auch Vorteile für die Verwaltung bietet. Aufgrund dieser Ergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass der Styleguide (wie die ÖNORM A1021) entweder nicht bekannt ist oder missachtet wird. eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 Ausblick. Ein Auszug des Untersuchungsergebnisses wurde im Rahmen einer Veranstaltung präsentiert. Eingeladen waren Personen aus dem Bereich der aus- und nachgeordneten Dienststellen des Bundes. Die insgesamt mehr als 30 Teilnehmer haben großes Interesse am Thema gezeigt. Neben der Präsentation des Untersuchungsergebnisses, gab es auch eine Präsentation des Bundeskanzleramts. Es ging dabei um die mögliche Unterstützung der Organisationen durch das Bundeskanzleramt. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch einen Vortrag des österreichischen Patentamts. Das Patentamt gehört zu dem Bereich der aus- und nachgeordneten Dienststellen des Bundes, und setzt seit 2013 verstärkt auf E-GovernmentLösungen. Vorgestellt wurden Projekte wie die OnlineMarkenanmeldung sowie die Erfahrungen, die mit den ersten E-Government-Projekten gemacht wurden. Insgesamt war das Echo so positiv, dass beschlossen wurde, im Jahr 2015 eine weitere Untersuchung vorzunehmen. Derzeit ist geplant, die Untersuchung in gleicher Weise durchzuführen, um eine gute Vergleichbarkeit mit dieser Untersuchung zu gewährleisten. Diese Untersuchung soll zeigen, ob es Veränderung im Jahresabstand gibt und falls ja, was sich verändert. * Die Untersuchung fand im Rahmen der Masterthese von Kurt Waldherr statt, die von der aforms2web solutions & Services GmbH in Auftrag gegeben wurde. Die Masterthese ist online unter http://www.aforms2web.com/masterthese abrufbar. literatur & links fachartikel (1) Bundeskanzleramt Österreich. Ausgelagerte und nachgeordnete Dienststellen des Bundes. Verfügbar unter: https://www.oeffentlicherdienst.gv.at/fakten/ organisation/ressorts/ministerien_und_nachgeordnete_dienststellen.html (2) ÖNORM A1021, Formulare Grundsätze für die formale und inhaltliche Gestaltung, Wien: Österreichisches Normungsinstitut, 2006. (3) eGovernment Bund-Länder-Gemeinden. Unterscheidung zwischen Vordrucken und Online-Formularen im E-Government Styleguide für E-Formulare Version 2.1.1. Verfügbar unter: http://reference.e-government.gv.at/ uploads/media/sg-stg_2_1_1_2010-06-24_01.pdf | 23 Mag. Kurt Michael WALDHERR MSc. MBA. Geschäftsführer der aforms2web solutions & services GmbH, Wien; kurt.waldherr@ aforms2web.com 24 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 service E-Government Tagungen, Konferenzen und Messen februar 2015 Internationales Rechtsinformatik Symposion (IRIS) märz 26.–28. Februar 2015 Salzburg, Österreich Swiss eGovernment Forum 3.–4. März.2015 Bern, Schweiz Swiss eHealth Forum 5.–6. März.2015 Bern, Schweiz Central and Eastern European e|Dem and e|Gov Days 2015 Tagung mit Schwerpunkt Rechtsinformatik und starkem Bezug zu E-Government. Es finden wieder Workshops zu E-Government, E-Democracy und E-Procurement statt. http://www.univie.ac.at/RI/IRIS15/ CeDEM 2015: International Conference for eDemocracy & Open Government Themenschwerpunkte: Agile Verwaltung – flexibel, reaktionsfähig und bürgerfokussiert. http://www.infosocietydays.ch/ 20.–22. Mai.2015 Krems, Österreich Themenschwerpunkte: Integrierte Versorgungsmodelle – Rahmen, Erfolgsfaktoren und Umsetzung. ICEDEG 2015 08.–10. April 2015 Quito, Ecuador Vertraulichkeit, Unverfälschtheit und Verfügbarkeit digitaler Daten kostengünstig und effizient gewährleisten http://www.adv.at/Events/Event-Items/ Digitale-Langzeitarchivierung-(3) 2nd International Conference on eDemocracy & eGoverment. Scherpunktthemen: eSociety, eGovernance, eParticipation, eDemocracy, eGovernment and eHealth mai https://edem-egov.org/ICEDEG-2015 Effizienter Staat 2015 5.–6. Mai 2015 Berlin, Deutschland Der Cloud-Faktor – Staatsmodernisierung neu denken. http://www.effizienterstaat.eu/Kongress/ Schwerpunkte: E-Demokratie, E-Partizipation, Open Government http://www.donau-uni.ac.at/en/ department/gpa/telematik/edemocracyconference/edem/vid/20773/index.php? URL=/en/department/gpa/telematik/ edemocracy-conference/20773 e-Health Konferenz 2015 Schwerpunkt: gesundheitsbezogene Anwendungen auf Smartphones 21. Mai 2015 Wien, Österreich http://www.adv.at/Events/Event-Items/ E-Health-Konferenz-2015 dg.o 2015 - 16th Annual International Conference on Digital Government Research Digital Government and Wicked Problems; Climate Change, Urbanization and Inequality http://dgsociety.org/ 27.–30. Mai 2015, Phoenix, USA juni april 23. April 2015 Wien, Österreich http://eeegov.ocg.at/ 7.–8. Mai 2015 Budapest, Ungarn http://www.infosocietydays.ch/ Tagung – Digitale Langzeitarchivierung Independence Day: Time for a European Internet? Fachforen zu den Themen: Mobiles und agiles neueVerwaltung, 16. Kongress mit Fach- E-Government, Kommunen im Netzwerk, Digitale Vewaltung messe eGovernment 2.–3. Juni 2015 Leipzig, Deutschland http://www.neue-verwaltung.de/ eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 service | 25 Schwerpunkte: Applications of E-Government, 15. European Conference on eGovernment Challenges to E-Government, Interoperability, e-Government 2.0 (ECEG 2015) 4. OGD D-A-CH-LI Konferenz - Open X 24. Juni 2015 Wien, Österreich Konferenz zur länderübergreifenden Zusammenarbeit Deutschland - Österreich Schweiz - Liechtenstein im Bereich Open Government Data (OGD D-A-CH-LI) august http://www.adv.at/Events/Event-Items/ 4-OGD-D-A-CH-LI-Konferenz e-Government Konferenz 2015 eGovernment im föderalen Bundesstaat – Kooperationen für die Zukunft. 24.–25. Juni 2015 Wien, Österreich http://www.adv.at/Events/Event-Items/ e-Government-Konferenz-2015 14th IFIP Electronic Government (EGOV) and 7th Electronic Participation (ePart) Conference 2015 Zentrale Konferenz mit Tracks zu E-Government, E-Participation, Open Government & Open and Big Data, Policy Modeling & Policy Information, Smart Government september 30. August– 03. September 2015 Thessaloniki, Griechenland EGOVIS 2015 01.–04. September 2015 Valencia, Spanien ICEGOV 2015 20.–22. Oktober 2015 Tunesien 9th International Conference on Theory and Practice of Electronic Governance http://icegov.org/ http://academic-conferences.org/eceg/ eceg2015/eceg15-home.htm http://www.egov-conference.org/ egov-2015 4th International Conference on Electronic Government and the Information Systems Perspective (Teil des DEXA Konferenz Clusters) http://www.egov-conference.org/ egov-2015 dezember november 18.–19. Juni 2015 Portsmouth, UK oktober 2015 Tagung – Verwaltungsinformatik 2015 19. November 2015 Wien, Österreich 6th International Conference on e-Democracy 10.–11. Dezember 2015 Athen, Griechenland Governance und Big Data http://www.adv.at/Events/Event-Items/ Verwaltungsinformatik-2015 e-Democracy 2015: Citizen rights in the world of the new computing paradigms http://www.edemocracy2015.eu/ 26 | eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 service bücher E-Government Publikationen Stefanie Köhl, Klaus Lenk, Löbel Stephan, Tino Schuppan, Anna-Katharina Viehstädt Mike Friedrichsen (Hrsg.) Stein-Hardenberg 2.0: Architektur einer vernetzten Verwaltung mit E-Government Springer Verlag, ISBN-13: 978-3658065706, November 2014 edition sigma, ISBN-13: 978-3894048457, August 2014 Andreas Engel (Hrsg.) Timo Rinke IT-Governance in Staat und Kommunen. Vernetzung, Zusammenarbeit und die Steuerung von Veränderungsprozessen in der öffentlichen Informationstechnik. Open Aid: Neue Wege der Transparenz, Partizipation und Kooperation in der Entwicklungszusammenarbeit Taschenbuch – 26. August 2014 Digitale Politikvermittlung edition sigma, ISBN-13: 978-3894048464, Dezember 2014 epubli GmbH, ISBN-13: 978-3737502245, August 2014 Peter Parycek, Bettina Rinnenbauer, Peter Kustor, Peter Reichstädter Shannon E. Martin E-Government auf kommunaler Ebene: Ein rechtlich-technischer Leitfaden zur Umsetzung von E-Government Social Media and Participatory Democracy: Public Notice and the World Wide Web Peter Lang Publishing Inc., ISBN-13: 978-1433123023, August 2014 MANZ Verlag Wien, ISBN-13: 978-3214025595, Dezember 2014 Mario Martini, Georg Thiel, Astrid Röttgen (Hrsg.) Imed Boughzala, Marijn Janssen, Sd Assar (Hrsg.) Case Studies in e-Government 2.0: Changing Citizen Relationships Springer, ISBN-13: 978-3319080802, August 2014 Andrea Ko, Enrico Francesconi (Hrsg.) Electronic Government and the Information Systems Perspective: Third International Conference, EGOVIS 2014 Springer, ISBN-13: 978-3319101774, August 2014 Marijn Janssen, Hans Jochen Scholl, Maria A. Wimmer, Frank Edward Bannister (Hrsg.) Electronic Government: 13th IFIP WG 8.5 International Conference, EGOV 2014 Springer, 978-3662444252, September 2014 Jörn von Lucke (Hrsg.) Gute E-Government-Forschung: Wissenschaftliches Symposium der Wissenschaftlichen Gesellschaft Digital Government Deutschland (WiDiGo) e.V. Epubli, GmbH ISBN-13: 978-3737507110, September 2014 United Nations United Nations E-Government Survey 2014 E-Government for the Future We Want United Nations Pubn, ISBN-13: 978-9211231984, Oktober 2014 Geodaten und Open Government: Perspektiven digitaler Staatlichkeit Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer, ISBN-13: 978-3941738188, Dezember 2014 eGovernment Review | www.egovernment-review.org | Nr. 15 | Januar 2015 | 27 eGovernment Review Fachhochschule Kärnten Studienbereich Wirtschaft & Management Europastraße 4 A - 9524 Villach Tel.: +43 (0)5 90500-1201 Fax: +43 (0)5 90500-1210 E-Mail: [email protected] www.fh-kaernten.at Fachzeitschrift des Studienbereichs Wirtschaft & Management der Fachhochschule Kärnten Herausgeber: FH-Prof. Dr. Wolfgang Eixelsberger 8. Jahrgang Redaktion: Selvana Disho, Bakk. erscheint halbjährlich in einer Auflage von 1000 Exemplaren ISSN 1997-4051 (gedruckte Ausgabe) Design: designation - Strategie | Kommunikation | Design, www.designation.at Druck: KREINER DRUCK, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H. & CO. KG, Villach Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes bedarf der Zustimmung des Herausgebers. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Für Satz- und Druckfehler kann keine Haftung übernommen werden. Sämtliche Rechte vorbehalten.
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