Formeln - am Institut für Mathematik der Universität Augsburg

Literatur
Didaktik der Algebra
und Gleichungslehre
Dr. Christian Groß
Lehrstuhl Didaktik der Mathematik
Universität Augsburg
Sommersemester 2008
• Appell, K., Appell, J.: Mengen – Zahlen – Zahlbereiche,
Spektrum, Heidelberg, 2005
• Buth, M.: Einfache Gegenstände und Probleme der
klassischen und modernen Algebra, Franzbecker, Bad
Salzdetfurth, 1997
• Gerster, H.-D.: Aussagenlogik, Mengen, Relationen,
Freiburg, 1972 (für die Grundlagen; neue Auflage bei
Franzbecker, Bad Salzdetfurth)
• Malle, G.: Didaktische Probleme der elementaren Algebra,
Braunschweig, 1993
• Schafmeister, O., Wiebe, H.: Grundzüge der Algebra,
Stuttgart, 1978
• Schwartze, H.: Elementarmathematik aus didaktischer
Sicht, Arithmetik und Algebra, Bochum, 1980
• Vollrath, H.-J., Weigand, H.-G.: Algebra in der
Sekundarstufe, Spektrum, Heidelberg, 2006 (ältere
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Auflagen nur von H.-J. Vollrath)
Die binomischen Formeln
Formeln
• Piano Paul, ein Kabarettist mit Promotion
in Mathematik, meint, man solle
(a+b)² = a² + b²
• festlegen, denn die eigentliche Formel
(a+b)² = a² + 2ab + b² sei viel zu
kompliziert.
• Können Sie zeigen, dass die Formel ganz
einfach zu verstehen ist?
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Die binomischen Formeln
1. Herleitung über Rechengesetze
Die binomischen Formeln
2. grafische Herleitung
(a+b)² =
= (a+b) ÿ (a+b)
= a ÿ (a+b) + b ÿ (a+b) (Distributivgesetz)
= a ÿ a + a ÿ b + b ÿ a + b ÿ b (nochmals
Distributivgesetz)
= a ÿ a + a ÿ b + a ÿ b + b ÿ b (Kommutativgesetz)
= a² + ab + ab + b²
= a² + 2ab + b².
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Die binomischen Formeln
Formel 10. Bamberg / Stuttgart: C.C.Buchner / Klett, 2002 (S. 59).
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Die binomischen Formeln
Formel 10. Bamberg / Stuttgart: C.C.Buchner / Klett, 2002 (S. 59).
Formel 10. Bamberg / Stuttgart: C.C.Buchner / Klett, 2002 (S. 60).
• Übung: Leiten Sie in ähnlicher Weise die 2. und
3. binomische Formel auf zwei Arten her!
• Übung: Betrachten Sie (a+b)3, (a+b)4, (a+b)5, ...,
(a+b)n ! Welche Formel bekommt man? Warum?
7
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Formeln im Mathematikunterricht der
Hauptschule
Was sind Formeln?
„Formeln sind aus Sicht der Algebra Gleichungen mit
mehreren Variablen, die in der Regel für Größen
stehen.“
Vollrath (1999)
– Bestimmung des Umfangs ebener Flächen:
• U=4a, U=a+b+c, U=2(a+b);
ab Klasse 5
– Bestimmung ihres Flächeninhalts:
• Die Begriffe „Gleichung“ und „Variable“ werden
später genauer definiert.
• Es gibt auch Ausnahmen von dieser Definition:
1
• A= 2 gÿh, A=aÿb, A=a², A=gÿh;
ab Klasse 5
– Bestimmung der Oberfläche räumlicher Körper:
• O=G+M, O=2G+M, O=6a²;
– trigonometrische Formeln:
(sin α)²+(cos α)²=1, tan α = sin α / cos α;
iπ
– Eulersche Formel: e = −1.
ab Klasse 6
– Bestimmung ihres Volumens:
1
• Diese spielen aber im Mathematikunterricht der
Hauptschule keine Rolle.
• V=Gÿh, V= 3 Gÿh, V=abc, V=a³;
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Umgang mit Formeln
• Formeln im Sachrechnen:
P = p ⋅G
ab Klasse 7
100
p , Z =K⋅ p ⋅ t
– Zinsrechnung: Z = K ⋅
Klasse 9
100 360
100
– Prozentrechnung:
ab Klasse 7
• algebraische Formeln:
– (Rechengesetze: a + b = b + a) (Klasse 5)
Klasse M10
– binomische Formeln
– Lösungsformel quadratischer Gleichungen Klasse M10
• Einsatz der Formelsammlung ab Klasse 8; in
Klasse 9 auch in Leistungsnachweisen
ab Klasse 6
– Satz des Pythagoras: a² + b² = c². Klasse 9
Formeln im Mathematikunterricht der
Hauptschule
• physikalische Formeln: s = v ÿ t
• Formeln in der Geometrie:
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Bei der Behandlung von Formeln im Unterricht
ergeben sich folgende Aspekte (Schritte):
– Aufstellen bzw. Herleitung der Formel
– Anwendung der Formel (Einsetzen)
– Umstellen der Formel (Auflösen nach
verschiedenen Variablen)
– Interpretation der Formel (Untersuchung
funktionaler Zusammenhänge)
vgl. Vollrath (1999), Algebra in der Sekundarstufe, S. 229
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Beispiel „Quadratische Gleichungen“
Herleitung der Lösungsformel
Beispiel „Kreisfläche“
Herleitung der Formeln
• Wie lassen sich die Formeln für Kreisumfang und
Flächeninhalt schülergerecht herleiten?
• Die Formel für den Kreisumfang gewinnt man durch
Messungen und Abrollexperimente.
• Wie kann danach die Formel für den Flächeninhalt
des Kreises hergeleitet werden?
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Formel 10. Bamberg / Stuttgart: C.C.Buchner / Klett, 2002 (S. 73).
Formel 8. Bamberg / Stuttgart: C.C.Buchner / Klett, 2006 (S. 60).
Beispiel „Quadratische Gleichungen“
Anwendung der Lösungsformel
Beispiel „Prozentrechnung“
Umstellen der Lösungsformel
• Zu den Grundaufgaben der Prozentrechnung
zählen die Bestimmung des Prozentwerts,
des Prozentsatzes und des Grundwerts.
• Je nach betrachteter Grundaufgabe wird die
p ⋅G
Formel P = 100
entsprechend umgestellt:
P = p ⋅G
100
P
– Bestimmung des Prozentsatzes: p = ⋅100
G
G = P ⋅100
– Bestimmung des Grundwerts:
p
Meist fällt es Schülern leichter, vor dem Umstellen
der Formel erst die gegebenen Größen einzusetzen!
– Bestimmung des Prozentwerts:
Formel 10.
Bamberg / Stuttgart:
C.C.Buchner / Klett,
2002 (S. 73).
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Beispiel „Quadratische Gleichungen“
Umstellen der Lösungsformel
Beispiel „Prozentrechnung“
Interpretation der Lösungsformel
p
Die Formel P = 100 ⋅ G beschreibt verschiedene
funktionale Zusammenhänge:
P
Formel 10.
Bamberg /
Stuttgart:
C.C.Buchner
/ Klett, 2002
(S. 75).
– Ist p konstant, so ist P proportional
zu G.
p hat dabei die Rolle des
Proportionalitätsfaktors.
– Entsprechendes gilt, wenn G konstant ist.
p
– Ist P konstant, so ist p indirekt
proportional zu G.
P (bzw. 100 P) hat dabei die Rolle
des konstanten Produkts (pÿG).
Übung: Beweisen Sie den Satz des Vieta durch Auflösen der Lösungsformeln für x1 und x2 nach p und q!
Beispiel „Quadratische Gleichungen“
Interpretation der Lösungsformel
Übung: Interpretieren
t
Z =K⋅ p ⋅
100 360
Sie analog die Formel
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Umgang mit Formeln
• Der Term unter der Wurzel heißt Diskriminante.
Das Vorzeichen der Diskriminante entscheidet
über die Zahl der Lösungen:
• Die verschiedenen Aspekte des Umgangs
mit Formeln sollten immer wieder geübt
werden, z.B. mit Aufgaben wie folgenden:
• Welches ist die richtige Formel?
o
o
o
o
Formel 10. Bamberg / Stuttgart: C.C.Buchner / Klett, 2002 (S. 74).
G
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A=2ÿa–dÿπ
A = a² – 2 ÿ π ÿ r
A = a² – r² ÿ π
A=2ÿa–rÿπ
r
a
• Finde eine Aufgabe zur Formel A=½ l ÿ b!
(Als Differenzierung
b
für stärkere Schüler)
l
l
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G
Wozu braucht man Formeln?
Wozu braucht man Formeln?
• Mit Formeln kann man innermathematische
Prozesse und Gesetzmäßigkeiten allgemein
beschreiben.
• Formeln können Modelle für Situationen außerhalb
der Mathematik sein.
• Formeln können die Exploration von Situationen
unterstützen.
• Formeln ermöglichen allgemeine Problemlösungen.
• Mit Formeln kann man allgemeingültig
argumentieren.
• Durch Formeln kann man auf einer abstrakten
Ebene kommunizieren.
G. Malle (1993). Didaktische Probleme der elementaren Algebra
• Mit Formeln kann man innermathematische
Prozesse und Gesetzmäßigkeiten allgemein
beschreiben.
– Beispiel:
Berechne möglichst geschickt: 372 – 91 – 9 = !
Beschreibe den Rechenweg mit Variablen.
– Lösung: 372 – 91 – 9 = 372 – 100 = 272, denn
es gilt allgemein:
a – b – c = a – (b + c)
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Wozu braucht man Formeln?
Wozu braucht man Formeln?
• Formeln können Modelle für Situationen
außerhalb der Mathematik sein.
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Formel 8. Bamberg / Stuttgart: C.C.Buchner / Klett, 2006 (S. 77).
– Beispiel:
Für eine Taxifahrt gilt ein Grundgebühr von 3,20€
und ein Kilometerpreis von 1,50€. Eine Formel
kann den Preis in Abhängigkeit von der
Entfernung beschreiben.
– Lösung (Maßzahlen): P = 3,2 + 1,5 ÿ s
– Beispiel: Berechnung der Pension W einer Witwe
aus der Pension M ihres verstorbenen Mannes:
W = 0,6 ÿ M
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Wozu braucht man Formeln?
Wozu braucht man Formeln?
• Formeln ermöglichen allgemeine
Problemlösungen.
• Formeln können die Exploration von
Situationen unterstützen.
– Beispiel:
Ein Handwerker erhöht den Preis von netto
42,50€ auf netto 45,50€ für eine Arbeitsstunde.
Welche Konsequenz hat die Erhöhung für den
Kunden?
– Lösung: ist h die Zahl der Arbeitsstunden, so gilt:
Netto-Mehrkosten N = 3 € ÿ h
Brutto-Mehrkosten B = 3 € ÿ h ÿ (1 + p%)
– Beispiel 1:
Man kann zum Preis a einer Ware zuerst p%
Umsatzsteuer addieren und dann q% Skonto
abziehen. Man kann aber auch von a zunächst
q% Skonto abziehen und dann p% Umsatzsteuer
hinzu rechnen. Was ist für den Händler, was für
den Kunden und was für den Staat die günstigste
Lösung?
– Lösung: Übung!
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Wozu braucht man Formeln?
– Beispiel 2:
Es gibt Paare von zweistelligen Zahlen, deren
Produkt unverändert bleibt, wenn man bei beiden
Zahlen die Ziffern vertauscht, z.B. 39 • 62 = 93 • 26.
Geben Sie weitere Zahlenpaare dieser Art an.
– Lösung: Triviale Zahlenpaare unterscheiden sich nur
in der Reihenfolge ihrer Ziffern: 17 • 71 = 71 • 17.
Ohne eine Formel werden Sie kaum nichttriviale
Zahlenpaare finden. Mit einer Formel können Sie
weitere Fragen untersuchen, wie z.B.: Gibt es ein
nichttriviales Zahlenpaar, bei dem die Zehnerziffern
oder die Einerziffern untereinander gleich sind?
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– Übung!
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Wozu braucht man Formeln?
• Mit Formeln kann man allgemeingültig
argumentieren.
– Beispiel:
Zeigen Sie, dass das Quadrat jeder natürlichen
Zahl n > 1 um 1 größer ist als das Produkt ihrer
Nachbarzahlen. Kann man das auch ohne eine
Formel einsehen?
– Lösung: 3. binomische Formel!
(n – 1) ÿ (n + 1) = n² – 1
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Wozu braucht man Formeln?
Funktionen von Formeln
Vollrath/Weigand unterscheiden folgende Funktionen von
Formeln:
• Durch Formeln kann man auf einer
abstrakten Ebene kommunizieren.
• Formeln als Träger einer Idee
– Das betrifft nicht nur die Kommunikation mit
Menschen (evtl. anderer Sprachen), sondern
auch mit Maschinen:
– Die Formel A=aÿb ist Träger der Idee, ein Rechteck mit a
Reihen von je b Einheitsquadraten auszulegen.
h
g
– Jede der Formeln A = g⋅ 2 , A = ⋅h , A = g⋅h für den
2
2
Flächeninhalt A eines Dreiecks mit Grundseite g und
Höhe h drückt eine bestimmte geometrische Einsicht aus:
• INPUT a, b
• A=aÿb
• PRINT A
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Funktionen von Formeln
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Funktionen von Formeln
• Formeln vermitteln Erkenntnis
– Aus der Formel für den Flächeninhalt eines Dreiecks kann
man entnehmen, dass alle Dreiecke mit der gleichen
Grundlinie und der gleichen Höhe gleichen Flächeninhalt
haben. So gewinnt man geometrische Erkenntnis aus
einer algebraischen Formulierung.
– Die Schüler sollen lernen, Formeln zu interpretieren.
– Die Schüler sollen lernen, Formeln selbst zu finden.
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• Formeln als Werkzeug zur Lösung von
Sachaufgaben
– Kennt man eine Formel für den Zusammenhang zwischen
Größen, so kann man eine unbekannte Größe aus
bekannten bestimmen. Dafür gibt es zwei Wege:
• Man löst die Formel nach der unbekannten Größe auf und setzt
dann ein.
• Man setzt die bekannten Größen ein und löst dann nach der
unbekannten Größe auf.
– Der erste Weg ist der elegantere, der zweite der weniger
anspruchsvolle.
– Die Schüler sollen lernen, Sachaufgaben mit Formeln zu
lösen.
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