SERVICE - Actimonda krankenkasse

Ausgabe 2/2015
SERVICE
Der Mindestlohn
in der Praxis –
erste Erfahrungen
11 Beschäftigung von Rentnern
14 Sabbaticals – Auszeit vom Job
26 Qualifizierte Azubis finden und gewinnen
EDITORIAL
Beschäftigte Rentner und Praktikanten
In diesem Heft wollen wir Ihnen schwerpunktmäßig Informationen zu Ihren Fragen
zu den Themen Rentner und Praktikanten in einer Beschäftigung geben.
Was ist bei der Beschäftigung von Rentnern zu beachten? Wie unterscheiden
sich die einzelnen Praktika? Wie sind diese in Bezug auf die Versicherungspflicht zu
behandeln? Die Antworten finden Sie auf den Seiten 8 bis 13 in dieser Ausgabe.
Gerne beraten wir Sie auch persönlich, wenn Sie noch weitere Fragen zu diesen
Themen haben.
Josef Alt, Vorstand der
actimonda krankenkasse
Mit freundlichen Grüßen
Kontakt
actimonda krankenkasse
52047 Aachen
Fon 0241/900 66-0
Fax 0241/900 66-9100
[email protected]
www.actimonda.de
SCHWERPUNKT
4 Der Mindestlohn in der
Praxis − erste Erfahrungen
KURZ UND KNAPP
ARBEITSRECHT
3
14 Sabbaticals –
Auszeit vom Job
Kurzmeldungen
SCHWERPUNKT
4
Der Mindestlohn
in der Praxis −
erste Erfahrungen
18 Aktuelle Urteile
STEUERRECHT
19 Rabattgewährung von
Dritten an Arbeitnehmer
SOZIALVERSICHERUNG
8
Beschäftigung von
Praktikanten − hierauf
müssen Sie achten
11 Noch nicht zum alten Eisen –
Beschäftigung von Rentnern
2
SERVICE 2/2015
24 Sucht am Arbeitsplatz:
Kein Thema für Vorgesetzte?
PERSONALMANAGEMENT
26 Qualifizierte Azubis
finden und gewinnen
28 Generation Y – die
leistungsbereiten Sinnsucher
SCHLUSSPUNKT
GESUNDHEIT IM BETRIEB
22 Rauf aufs Rad –
gesünder zur Arbeit
30Kurzmeldungen
31 Vorschau, Impressum
KURZ UND KNAPP
Mehr Unterstützung für
die betriebliche Berufsausbildung
Der Deutsche Bundestag hat am 26. Februar 2015 eine Gesetzesänderung zur
Assistierten Ausbildung und zu mehr ausbildungsbegleitenden Hilfen beschlossen.
Er erfüllt damit eine Zusage aus der Allianz für Aus- und Weiterbildung. Ein wichtiges Ziel des Gesetzes ist es, die hohe Abbrecherquote der Berufsausbildungen zu
verringern, die vor allem für die Betriebe mit hohen Kosten verbunden ist.
Bereits ab dem kommenden Ausbildungsjahr 2015/2016 sollen so mit staatlicher Förderung mehr benachteiligte junge Menschen intensiv auf eine betriebliche
Berufsausbildung vorbereitet und zum erfolgreichen Abschluss dieser Ausbildung
geführt werden. Dies soll auch jungen Menschen, die bisher nur außerbetrieblich
ausgebildet werden konnten, neue betriebliche Perspektiven bieten.
Ausbildungsbegleitende Hilfen bieten Auszubildenden während ihrer Ausbildung zum Beispiel Hilfe zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten und zur Förderung der Fachtheorie sowie sozialpädagogische Begleitung. Die Ausbildungsbetriebe sollen in die Unterstützung eng mit einbezogen sein. Sie können zudem
administrative und organisatorische Hilfen erhalten. Damit sollen nicht nur mehr
Jugendliche in Ausbildung gebracht, sondern zudem mehr Betriebe dafür gewonnen werden, sich auch an die Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher heranzutrauen. Weitere Informationen unter: http://bit.ly/1GUsUZu.
Neue Broschüre zum
Wertguthaben-Modell
Flexible und familienfreundliche Arbeitszeitmodelle werden zur Findung und
Bindung von Fachkräften immer wichtiger. Eine Option sind sogenannte Wertguthaben. Man spart einen Teil der Arbeitszeit oder des Arbeitsentgelts an, um
später bei Bedarf darauf zurückzugreifen. Das Bundesarbeitsministerium (BMAS)
hat neue Hilfestellungen zu dem Modell veröffentlicht, die Arbeitgeber bei der
Umsetzung unterstützen.
„Wertguthaben verschaffen den Beschäftigten mehr Freiheit und Flexibilität bei
der Lebensplanung”, heißt es in der neuen Broschüre. Unternehmen würden
gleichfalls profitieren, da sie sich als attraktive Arbeitgeber positionieren können.
Das Besondere an dem Modell ist, dass der Sozialversicherungsschutz während
der Freistellungsphase erhalten bleibt.
Nach einer Vorstellung des Modells geht die Broschüre getrennt auf die Fragen
und Anforderungen von Arbeitgebern und Beschäftigten ein. Sie können darin beispielsweise nachlesen, wie Wertguthaben richtig angelegt, zuverlässig verwaltet
und steuerlich behandelt werden. Ihre Arbeitnehmer erfahren unter anderem, wie
sie Wertguthaben, etwa bei einem Stellenwechsel, übertragen können. Eine Vielzahl an Praxisbeispielen rundet den Ratgeber ab.
Die Broschüre zum Wertguthaben können Sie als PDF-Datei herunterladen
unter http://bit.ly/1GI55nF.
+++ Neue Jobbörse für den Bereich
der Eingliederungshilfe
Ein neues Job-Portal richtet sich speziell an
Arbeitsuchende aus sozialen, therapeutischen und pädagogischen Berufen, die mit
behinderten Menschen arbeiten wollen, sowie an Arbeitgeber aus diesen Bereichen.
Unter www.jobs-eingliederungshilfe.
de können Unternehmen Stellenanzeigen
schalten oder sich als Arbeitgeber vorstellen. Dort können Jobsuchende die Stellenangebote nach Berufsfeld oder Region
filtern. Auch die Suche nach Ausbildungsplätzen und ehrenamtlichen Tätigkeiten im
Bereich der Eingliederungshilfe ist möglich.
+++ BMAS-Ratgeber zum neuen
Pflege-Mindestlohn
Vor dem Hintergrund des neuen flächendeckenden Mindestlohns hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
eine Broschüre mit Antworten auf wichtige Fragen zum Pflege-Mindestlohn aufgelegt. Deren Inhalt befasst sich insbesondere mit der erfolgten Anhebung und
der damit einhergehenden Angleichung
der Löhne zwischen Ost und West. Vom
1. Oktober 2015 an wird die Gültigkeit des
Pflege-Mindestlohns auch auf Betreuungskräfte von dementen Personen, Alltagsbegleiter sowie Assistenzkräfte ausgeweitet, die in Pflegebetrieben beschäftigt
sind. Die BMAS-Broschüre „Mindestlohn
in der Pflege” können Sie unter http://bit.
ly/1Aa0L9o herunterladen.
+++ Studenten planen Wohnortwechsel bei Berufseinstieg ein
Viele Berufsanfänger in Deutschland rechnen damit, bei ihrem Berufseinstieg umziehen zu müssen. Das hat eine Befragung des
Marktforschungsinstituts Research Now im
Auftrag der Unternehmensberatung Ernst
& Young unter 4.300 Studenten ergeben.
In Ostdeutschland rechnen 40 Prozent fest
damit, dass sie nach dem Studienabschluss
innerhalb Deutschlands umziehen werden.
In Westdeutschland sind es ähnlich viele
(37 Prozent). Weitere 37 Prozent in Ost- und
39 Prozent in Westdeutschland halten es für
„eher wahrscheinlich”, dass ein Umzug ansteht.
Studenten beurteilen allerdings unterschiedlich, wohin sich ein Umzug lohnt:
Zwei von drei Befragten (62 Prozent) sind
zum Beispiel der Meinung, dass Bayern ihnen die besten Karriereperspektiven bietet.
SERVICE 2/2015
3
SCHWERPUNKT
Der Mindestlohn in der Praxis –
erste Erfahrungen
Im Umgang mit den
neuen Vorschriften zum
Mindestlohn gibt es
zahlreiche Unsicherheiten.
W
enn ein neues Gesetz in Kraft tritt,
wird üblicherweise nach 100 Tagen eine erste Bilanz gezogen. Das Gesetz
zum Mindestlohn (Mindestlohngesetz –
MiLoG) gilt erst seit wenigen Wochen, weshalb es für eine erste Bewertung eigentlich
zu früh ist. Wären da nicht die zahlreichen
Unsicherheiten im Umgang mit den neuen Vorschriften. Erste kleinere Änderungen
gibt es bereits, aber in zahlreichen Branchen
wünschen sich Betriebe und Unternehmen
mehr Klarheit und vor allem mehr Rechtssicherheit.
Was zählt zum gesetzlichen
Mindestlohn?
Der Gesetzgeber hat es sich einfach gemacht: Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssen seit 1. Januar 2015 mindestens
8,50 EUR pro Stunde gezahlt werden, sofern nicht eine festgelegte Ausnahmeoder Übergangsregelung besteht. Weitere Vorgaben enthält der Gesetzestext nicht.
Aber wie sollen Arbeitgeber vorgehen, deren Mitarbeiter nicht allein oder sogar kaum
nach Arbeitsstunden bezahlt werden, weil
Der Mindestlohn
Für diese Gruppen gelten besondere Regeln
Der Mindestlohn gilt für alle in Deutschland beschäftigten
Arbeitnehmer. Fünf Gruppen können nicht oder nur unter
bestimmten Bedingungen vom Mindestlohn profitieren.
4
SERVICE 2/2015
sie zum Beispiel Provisionen erhalten? Häufig stellen sich dann solche Fragen: Ist es
mit dem MiLoG vereinbar, wenn der Mitarbeiter ohne Provision weniger als 8,50 EUR
pro Stunde verdient, mit Provisionen aber
deutlich mehr? Sind diese umsatzabhängigen Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn anzurechnen oder nicht?
Nach dem Wortlaut des Gesetzes
scheint dies nicht der Fall zu sein, die Vorgabe einer Mindeststundenvergütung ist
zunächst eindeutig formuliert. Jedoch wird
das Gesetz immer öfter so ausgelegt, dass
beide Lohnbestandteile addiert werden dürfen. Es wird für zulässig erachtet, wenn sich
auf diese Weise wenigstens 8,50 EUR pro
Stunde für den Mitarbeiter ergeben.
Ob diese Auffassung jedoch auch vor
den Arbeitsgerichten Bestand haben wird,
bleibt abzuwarten. Das Arbeitsgericht Berlin
hat bereits entschieden, dass der Mindestlohn Arbeitsleistung unmittelbar abgelten
soll, deshalb dürften Urlaubsgeld und weitere Sonderzahlungen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden (ArbG Berlin,
4. März 2015 – 54 Ca 14420/14).
JUGENDLICHE <18
AUSZUBILDENDE
Personen im Sinne von
§ 2 Absatz 1 und 2 des
Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne abgeschlossene Berufsausbildung
gelten nicht als Arbeitnehmer im Sinne des
Gesetzes.
Das Gesetz regelt
nicht die Vergütung
von Personen, die zu
ihrer Berufsausbildung
beschäftigt
werden.
Das Bundesarbeitsministerium hat zur Klärung zahlreicher noch immer offener Fragen zwar eine Hotline eingerichtet. Jedoch
dürfte zweifelhaft sein, ob man dort immer
eine rechtsverbindliche Auskunft erhält.
Nicht auf den Mindestlohn angerechnet
werden Vergütungszulagen für Arbeit zu besonderen Zeiten, wie zum Beispiel Nacht-,
Wochenend- oder Feiertagszuschläge.
Mindestlohn-Telefonhotline:
030 – 60 28 00 28
(Mo. – Do. von 8 – 20 Uhr)
Beispiel
Praxishinweis:
Damit Sie als Arbeitgeber nicht
Gefahr laufen, bei der nächsten Überprüfung Ihres Betriebes
mit Forderungen wegen Verstoßes gegen das MiLoG belastet zu
werden, kann eine Nachfrage bei
der zuständigen Zollbehörde hilfreich sein.
Momentan verfahren die Zollbehörden wie
folgt: Gehören Zuschläge und Zulagen zur
üblichen Arbeitsvergütung Ihres Mitarbeiters, werden sie auf den Mindestlohn angerechnet, andere Zulagen jedoch nicht.
Auch bei einer Stücklohn- oder Akkordvergütung werden die gezahlten Zuschläge
auf den Mindestlohn angerechnet, wenn
sie der Mitarbeiter bei durchschnittlicher
Leistungserbringung erzielen kann.
Auch Einmalzahlungen wie zum Beispiel Weihnachts- oder Urlaubsgeld rechnen die Zollbehörden nach eigenen Angaben auf den Mindestlohn an, jedoch nur in
dem Monat, in dem die Zahlung tatsächlich
und unwiderruflich erfolgt.
Erhält ein Mitarbeiter 10,00 EUR
pro Stunde, von denen aber
2,00 EUR als Feiertagszuschlag
gezahlt werden, liegt die Vergütung pro Stunde mit 8 EUR unter
dem gesetzlichen Mindestlohn.
Lohnaufschläge für besondere Arbeitserschwernisse wie zum Beispiel Schmutzoder Gefahrenzulagen oder für Arbeiten
mit Atemschutz und besondere Erfolgsprämien zählen nicht zur Mindestlohnvergütung. Gleiches gilt auch für Trinkgeld, das
generell nicht zur Arbeitsvergütung gehört,
die der Arbeitgeber zu zahlen hat.
Wer erhält den Mindestlohn?
Anhand des Gesetzestextes lässt sich
diese Frage ganz einfach beantworten: Alle
Arbeitnehmer und alle Praktikanten, sofern
nicht die Ausnahmeregelungen greifen, bekommen 8,50 EUR pro Arbeitsstunde. Soweit die Theorie. In der Praxis jedoch gibt
es einige Grauzonen, in denen nun erhebliche Unsicherheit herrscht.
PRAKTIKANTEN
LANGZEITARBEITSLOSE
EHRENAMTLICHE
Für ein (Pflicht-)Praktikum im
Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium, wird
kein Mindestlohn gezahlt.
Auch freiwillige Praktika mit
einer Dauer von bis zu drei
Monaten, die zur Orientierung
bei
der
Berufs- oder Studienwahl dienen oder
studienbegleitend
absolviert werden,
sind vom Mindestlohn ausgenommen.
Bei Personen, die zuvor
langzeitarbeitslos nach § 18
Absatz 1 des Dritten Sozialgesetzbuches waren, kann in
den ersten sechs Monaten
vom Mindestlohn abgewichen werden. Beschäftigte,
für die ein Tarifvertrag gilt,
werden nach
Tariflohn bezahlt.
Eine echte ehrenamtliche Tätigkeit stellt
keine Arbeit im Sinne
dieses Gesetzes dar.
© Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2014
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SCHWERPUNKT
Die Stellungnahme des BMAS finden
Sie unter http://bit.ly/1zJSRTW.
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Sportler, Trainer und Übungsleiter beispielsweise von Sportvereinen, die nicht im Profibereich tätig sind, erhielten bisher überwiegend im Rahmen eines geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisses eine Pauschale von maximal 450 EUR. Auch dieser Personenkreis müsste nun 8,50 EUR in
der Stunde erhalten. Wer jedoch regelmäßig trainiert, Übungsgruppen leitet und am
Wochenende aktiv spielt, kommt im Monat
leicht über 53 Arbeitsstunden. Damit wäre
die 450-EUR-Grenze überschritten – oder
die Mindestlohngrenze unterschritten.
Noch größere Schwierigkeiten bereitet die Frage, was in diesen Fällen überhaupt zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehört. Müssten beispielsweise neben
Training und Spiel auch die Erstellung von
Trainingsplänen, Mannschaftsbesprechungen, Massage- und physiotherapeutische Termine nach der sportlichen Betätigung oder die
Anreise zu Ligaspielen am Wochenende mit
8,50 EUR vergütet werden? Aus arbeitsrechtlicher Sicht spricht einiges dafür. Dies hätte
für viele Breitensportvereine dramatische
Folgen.
Das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales hat aktuell zu dieser Problematik
Stellung bezogen. Demnach sollen Vertragsamateure nicht unter das Mindestlohngesetz
fallen, da das zeitliche und persönliche Engagement dieser Sportler zeige, dass nicht die
finanzielle Gegenleistung, sondern die Förderung des Vereinszwecks und der Spaß am
Sport im Vordergrund stehen. Somit ist davon auszugehen, dass es sich trotz Minijob
nicht um ein Arbeitnehmerverhältnis handelt
und der Mindestlohn keine Anwendung findet. Darüber hinaus soll die Zahl der Minijobs
im ehrenamtlichen Bereich bei anderen Tätigkeiten (zum Beispiel Übungsleiter, Platzwarte) reduziert werden, etwa durch die Nutzung von Aufwandsentschädigungen und
Auslagenersatz.
Auch im sozialen und kulturellen Bereich
ist man vielerorts mit der aktuellen Situation unzufrieden. Personen, die ein
freiwilliges soziales Jahr oder
den Bundesfreiwilligendienst ableisten, haben
keinen Anspruch auf
den Mindestlohn.
Jedoch sind in
vielen Einrichtungen zahlreiche ehrenamtliche Helfer tätig, die
häufig eine geringe Aufwandsentschädigung erhalten.
Diese Vorgehensweise dürfte nun nicht
mehr zulässig sein, weil das MiLoG für diese Tätigkeitsbereiche keine Ausnahmeregelung vorsieht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat bisher, anders als bei
den oben angesprochenen Sportlern, auch
nicht zu erkennen gegeben, dass sich daran etwas ändern soll. Die überwiegende Anzahl der sozialen Einrichtungen wird jedoch
diesen Helfern keine 8,50 EUR in der Stunde zahlen können, was dazu führt, dass die
„guten Geister” einer Einrichtung nicht einmal eine kleine Anerkennung für ihr Engagement erhalten werden.
Die Forderungen nach weiteren Ausnahmeregelungen werden lauter.
Praxishinweis:
Solange die bestehenden Bestimmungen nicht gelockert sind,
sollten Sie allen Personen, die
nicht unter die gesetzlichen
Ausnahmeregelungen fallen,
8,50 EUR pro Stunde zahlen.
Arbeitsrechtliche Besonderheiten für
bestimmte Maßnahmen
Freiwillige Leistungen können Sie kürzen
oder auch ganz streichen, aber nur, wenn diese nicht durch mehrmalige vorbehaltlose und
unveränderte Gewährung zu einer betrieblichen Übung geworden sind. Die einseitige
Kürzung von Urlaubstagen ist dagegen nur
sehr selten zulässig. Auch andere vertragliche Leistungen können nicht ohne Weiteres
und schon gar nicht einseitig gestrichen werden. Allenfalls können Sie eine Änderungskündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist aussprechen.
Vertragliche Vereinbarungen, nach denen ein Stundenlohn von beispielsweise
7,50 EUR durch zusätzliche Sachleistungen
eigener Produkte oder durch Gutscheine aufgestockt wird, dürften unzulässig sein, denn
der gesetzliche Mindestlohn ist als Barlohn
konzipiert. Deshalb darf auch Kost und Logis
nur bei Saisonarbeitskräften und nach streng
geregelten Vorgaben auf den Mindestlohn
angerechnet werden.
Wenig Erfolg versprechend ist es auch,
den Mitarbeitern eine Art Abnutzungsgebühr
für den Gebrauch von Arbeitsmitteln vom
Lohn abzuziehen – vor einem Arbeitsgericht
wird diese Methode der Lohnkostensenkung
kaum Bestand haben.
Nicht nur unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten interessant sind vertragliche
Vereinbarungen, nach denen die Arbeitszeit
eines Mitarbeiters als Bereitschaftszeit eingestuft wird, zum Beispiel wenn der Mitarbeiter eine bestimmte Zeitspanne, beispielsweise länger als 15 Minuten, zwar am
Arbeitsort ist, aber nicht aktiv tätig wird (eine Verkäuferin wartet auf Kunden oder ein
Kellner wartet auf Gäste). Bereitschaftszeiten müssen nämlich nicht mit mindestens
8,50 EUR vergütet werden. Ob diese Vorgehensweise zulässig ist oder nicht, lässt sich
pauschal kaum beantworten, denn einige
Branchentarifverträge enthalten sehr weitgehende Definitionen von Bereitschaftszeiten. Auch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist in diesem Punkt nicht einheitlich,
allerdings deutet eine aktuelle Entscheidung des BAG sehr stark darauf hin, dass
diese Vorgehensweise unzulässig ist (BAG,
19. November 2014 – 5 AZR 1101/12). Nach
dieser Entscheidung müssen alle Zeiträume,
in denen sich der Arbeitnehmer an einem
vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten muss, um im Bedarfsfalle unverzüglich
die Arbeit aufzunehmen, wie reguläre Arbeitszeit vergütet werden. Das Urteil wurde
zwar vor Einfühung des MiLoG erlassen, jedoch wird der Spruch der Richter kaum an-
ders auszulegen sein, als dass auch sogenannte Bereitschaftszeiten mit 8,50 EUR
pro Stunde vergütet werden müssen. Ob
sich der Verwaltungsaufwand aus solchen
Regelungen tatsächlich lohnt, dürfte ohnehin zu bezweifeln sein.
Klauseln in Arbeitsverträgen, die einen
festen Arbeitszeitbestandteil pauschal als
Bereitschaftszeit aufführen, werden einer
gerichtlichen Überprüfung wahrscheinlich
kaum standhalten können.
Grundsätzlich zulässig ist es, wenn Mitarbeitern für die zu erbringende Leistung eine Stundenvorgabe gemacht wird. Kritisch
wird es, wenn der Arbeitslohn nach der erteilten Vorgabe ausgezahlt wird, auch wenn
der Mitarbeiter tatsächlich mehr Zeit benötigt. Die Zollbehörden haben bereits angekündigt, diese Zeitvorgaben genau zu
überprüfen. Sollte sich dabei herausstellen, dass die Mitarbeiter die Zeitvorgaben
gar nicht einhalten können, drohen Nachzahlungen.
Ob und welche Möglichkeiten Sie als Arbeitgeber haben, die wirtschaftlichen Belastungen durch den Mindestlohn in Grenzen zu halten, werden wohl in nächster Zeit
die Gerichte klären müssen. Bis dahin sollten Sie die neuen Vorgaben möglichst genau einhalten, damit es nach einer Überprüfung durch die Zollbehörden nicht zu
Nachforderungen kommt. W
Fragen und Antworten des
BMAS zum Mindestlohn:
www.bit.ly/1JPoTI0
„Durch den Mindestlohn
erhalten 3,7 Millionen
Menschen in Deutschland
mehr Lohn. Viele können
dadurch aus der Abhängigkeit von staatlichen
Transferleistungen rauskommen.“
Andrea Nahles,
Bundesministerin
für Arbeit und Soziales
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SOZIALVERSICHERUNG
Beschäftigung von Praktikanten –
hierauf müssen Sie achten
Praktikanten haben unter bestimmten Umständen auch
einen Mindestlohnanspruch.
A
m Lernort „Hochschule“ wird in erster
Linie Theorie vermittelt. Immer mehr
Hochschulen versuchen zwar, die betrieblichen Anforderungen in Seminaren und Projektarbeiten zu simulieren. Es wurde jedoch
erkannt, dass dies die Praxis am Lernort „Betrieb“ nicht ersetzen kann.
Da der akademische Abschluss ein berufsqualifizierendes Reifezeugnis darstellt,
muss der Transfer der Theorie in die Praxis gewährleistet sein. In aller Regel soll dies durch
die Ableistung eines Praktikums erreicht
werden.
Der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung gilt als Beschäftigung
im Sinne der Sozialversicherung. Praktika
mit diesem Ziel unterliegen daher grundsätzlich den jeweiligen Vorschriften für die einzelnen Sozialversicherungszweige der Versicherungspflicht.
Anspruch auf Mindestlohn
Seit dem 1. Januar 2015 haben alle Praktikanten, die kein Pflichtpraktikum im Rahmen ihrer Ausbildung oder zur beruflichen
Förderung und Orientierung ableisten, Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.
Aber auch hier gibt es Ausnahmen:
Keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben
Praktikanten, die
bb aufgrund ihrer Schul-, Ausbildungs- oder
Studienordnung ein Pflichtpraktikum
ableisten müssen (§ 22 Absatz 1 Ziffer 1 Mindestlohngesetz – MiLoG). Gleiches gilt für eine Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie. Das
Pflichtpraktikum wird in diesen Fällen der
jeweiligen Ausbildung zugerechnet,
bb ein maximal dreimonatiges Vorbereitungspraktikum zur Orientierung für eine spätere Berufsausbildung oder ein
Studium absolvieren (§ 22 Absatz 1 Ziffer 2 MiLoG) – was im Detail der beruflichen Orientierungssuche dient, hat der
Gesetzgeber offen gelassen,
bb parallel zu ihrem Studium oder ihrer Berufsausbildung ein maximal dreimonati-
8
SERVICE 2/2015
ges Praktikum ableisten, das inhaltlichen
Bezug zur jeweiligen Ausbildung hat.
Zu beachten ist auch eine Erweiterung des
in der Praxis oft nicht berücksichtigten Nachweisgesetzes. Danach haben Praktikanten,
die Anspruch auf den Mindestlohn haben,
einen Anspruch auf die schriftliche Niederlegung der wesentlichen Vertragsbedingungen. Vor Aufnahme der Praktikumstätigkeit
müssen diese Bedingungen dem Praktikanten unterschrieben ausgehändigt werden.
Verschiedene Formen der Praktika
Bei den Praktika wird zwischen vorgeschriebenem und nicht vorgeschriebenem sowie
nach Zwischen-, Vor- und Nachpraktikum
unterschieden.
Vorgeschriebene Praktika
Vorgeschriebene Praktika liegen nur dann
vor, wenn sie durch eine Ausbildungs-, Studien- oder Prüfungsordnung begründet sind.
Die Verpflichtung zur Ableistung des Praktikums ist nachzuweisen. Bei den vorgeschriebenen Praktika unterscheiden Sie Vor-,
Zwischen- und in seltenen Fällen auch Nachpraktikum.
Zwischenpraktikum
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentlich Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung
dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, sind krankenversicherungsfrei. Entsprechendes gilt für die Pflege- und
in der Arbeitslosenversicherung. Denn diese Praktikanten bleiben, wenn und solange
sie an einer Hochschule beziehungsweise
Fachhochschule immatrikuliert sind, ihrem
Erscheinungsbild nach Studenten. Die Dauer des Praktikums, die wöchentliche Arbeitszeit sowie die Höhe des während des Praktikums erzielten Arbeitsentgelts spielen dabei
keine Rolle. Auch in der Rentenversicherung
besteht unabhängig von der wöchentlichen
Arbeitszeit und dem monatlichen Entgelt Versicherungsfreiheit, und zwar kraft Gesetz.
Vorpraktika/Nachpraktika
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebene berufspraktische
Tätigkeit verrichten, unterliegen der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Dabei ist zu unterscheiden, ob die
vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit
mit oder ohne Arbeitsentgelt ausgeübt wird.
Vorgeschriebene Praktika gehören zu
den Beschäftigungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung. Versicherungsfreiheit
aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung
kommt für solche Beschäftigungen nicht in
Betracht.
Wird während des vorgeschriebenen
Praktikums Arbeitsentgelt erzielt, besteht
Versicherungspflicht in der Kranken- und
Pflegeversicherung wie bei Arbeitnehmern.
Wird das vorgeschriebene Praktikum ohne
Arbeitsentgelt ausgeübt, besteht zwar ebenfalls Versicherungspflicht in der Kranken- und
Pflegeversicherung, aber nach anderen Vorschriften. In diesem Fall kann aber eine eventuell bestehende Familienversicherung in der
Kranken- und Pflegeversicherung vorrangig
vor der Versicherung als Praktikant durchzuführen sein. Besteht keine Familienversicherung, sollte der Praktikant sich umgehend mit
seiner Krankenkasse in Verbindung setzen.
In der Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht Versicherungspflicht, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt bezogen wird
oder nicht. Die Vorpraktikanten unterliegen
auch dann der Versicherungspflicht in der
Renten- und Arbeitslosenversicherung, wenn
das Praktikum nicht länger als drei Monate
dauert.
Für Praktikanten, die kein Arbeitsentgelt
erhalten, ist für die Berechnung der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt
im Monat ein Betrag in Höhe von einem Prozent der monatlichen Bezugsgröße zugrunde
zu legen. Dieser Beitrag (2015 = 28,35 EUR
West/24,15 EUR Ost) ist allein vom Arbeitgeber zu tragen.
Geringverdienergrenze
Seit dem 1. August 2003 beträgt die Geringverdienergrenze 325 EUR. Sie gilt einheitlich
im gesamten Bundesgebiet und nur noch für
Versicherte, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Vorgeschriebene Praktika gehören zu den Beschäftigungen im Rahmen
einer Berufsausbildung.
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SOZIALVERSICHERUNG
Durch die Regelungen für Geringverdiener
soll sichergestellt werden, dass Personen
mit einem ohnehin geringen Arbeitsentgelt nicht noch mit Beitragsanteilen belastet werden. Daher trägt der Arbeitgeber die
Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung in voller Höhe.
Keine Ausnahme von der alleinigen Beitragstragung bei einem Verdienst von nicht
mehr als der Geringverdienergrenze stellt der
Beitragszuschlag für Kinderlose zur Pflegeversicherung dar. Arbeitgeber übernehmen
für Auszubildende, die das 23. Lebensjahr
vollendet haben und kinderlos sind, diesen
Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Prozent
komplett allein.
Übersteigt das Arbeitsentgelt eines
Arbeitnehmers in einem Abrechnungszeitraum den Grenzwert von 325 EUR, so sind
für diesen Abrechnungszeitraum die Beiträge aus dem gesamten Entgelt grundsätzlich
je zur Hälfte von Ihrem Arbeitnehmer und Ihnen aufzubringen. Der Beitragszuschlag zur
Pflegeversicherung für Kinderlose, die das
23. Lebensjahr vollendet haben, ist von dem
325 EUR übersteigenden Betrag allein von
Ihrem Arbeitnehmer zu tragen.
In der Krankenversicherung tragen Sie als
Arbeitgeber auch die Beiträge, die sich aus
dem durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz
ergeben.
Nicht vorgeschriebene Praktika
Beispiele zu beschäftigten Praktikanten finden Sie im Internet unter
www.bkk-dv.de/service150201.
Nicht vorgeschriebene Praktika, die im Zusammenhang mit dem Studium aus Zweckmäßigkeitsgründen abgeleistet werden, unterscheiden sich in der Ausgestaltung nicht
von den Praktika, die in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschrieben sind. Aller-
dings besteht keine Verpflichtung, im Rahmen der Gesamtausbildung die Ableistung
des Praktikums nachzuweisen. Bei diesen
Praktika sind die Regelungen über den Mindestlohn zu beachten.
Zwischenpraktika
Die versicherungsrechtliche Beurteilung
von nicht vorgeschriebenen Zwischenpraktika, die gegen Arbeitsentgelt ausgeübt werden, ist für die Kranken-, Pflege- sowie für
die Arbeitslosenversicherung entsprechend
der versicherungsrechtlichen Beurteilung
für die Personen vorzunehmen, die während
der Dauer ihres Studiums als ordentlich Studierende einer Hochschule (oder einer der
fachlichen Ausbildung dienenden Schule) eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausüben. Versicherungsfreiheit kommt für die
Studierenden in Betracht, deren Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium
in Anspruch genommen werden. Für diejenigen, die ihrem Erscheinungsbild nach als
Arbeitnehmer anzusehen sind, gelten die
allgemeinen Regelungen über die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
In der Rentenversicherung unterliegen diese Zwischenpraktika der Versicherungspflicht. Versicherungsfreiheit besteht
nur dann, wenn die Beschäftigung im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung (geringfügig entlohnt = monatliches Entgelt bis
450 EUR und Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beziehungsweise kurzfristig
= auf maximal drei Monate in einem Kalenderjahr befristet) ausgeübt wird.
Vor- und Nachpraktika
Für nicht in Studien- oder Prüfungsordnungen
vorgeschriebene Vor- oder Nachpraktika bestehen hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung keine Sonderregelungen.
Personen, die nicht vorgeschriebene Praktika gegen Arbeitsentgelt ausüben, sind daher
versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Da diese Praktika nicht zu den Beschäftigungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung gehören, kann Versicherungsfreiheit
wegen einer geringfügigen Beschäftigung in
Betracht kommen. W
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SERVICE 2/2015
Noch nicht zum alten Eisen
Beschäftigung von Rentnern
Bei der Beschäftigung
von Rentnern gelten
besondere Regelungen
in der Sozialversicherung.
N
icht jeder kann oder will sich als Rentner ganz zur Ruhe setzen. Dafür gibt
es die verschiedensten Gründe. Wenn ein
Rentner bei Ihnen eine Beschäftigung aufnehmen möchte, dann raten Sie ihm, sich
vorab von seinem Rentenversicherungsträger über die geltenden Hinzuverdienstmöglichkeiten und -grenzen beraten zu lassen.
Denn es gibt ein paar Regeln, die Ihr beschäftigter Senior beachten muss.
Wie viel Ihr neuer Mitarbeiter zu seiner
gesetzlichen Rente hinzuverdienen darf, ohne seinen Rentenanspruch zu gefährden,
hängt vom Lebensalter ab. Wenn Ihr beschäftigter Rentner bereits die Regelaltersgrenze erreicht hat, darf er unbegrenzt hinzuverdienen. Seine Beschäftigung muss er
dann auch nicht mehr bei seinem zuständigen Rentenversicherungsträger melden.
Für vor dem 1. Januar 1947 geborene Arbeitnehmer liegt die Regelaltersgrenze bei
65 Jahren. Für seitdem Geborene wird die
Regelaltersgrenze schrittweise auf 67 Jahre angehoben.
Hinzuverdienst vor der
Regelaltersgrenze
Beabsichtigen Sie, einen Altersvollrentner
schon vor Erreichen seiner Regelaltersgrenze zu beschäftigen, gelten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze besondere Hinzuverdienstregelungen bei
bb Altersrente für schwerbehinderte
Menschen,
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11
SOZIALVERSICHERUNG
bb Altersrente für langjährig Versicherte
bb
bb
bb
bb
(35 Beitragsjahre),
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder
nach Altersteilzeitarbeit,
Altersrente für Frauen,
Altersrente für besonders langjährig
Versicherte (45 Beitragsjahre) oder
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute.
PRAXISHinweis:
Hat Ihr beschäftigter Rentner noch
nicht die Regel­altersgrenze erreicht, empfehlen Sie ihm, dass
er seine Erwerbs­tätigkeit dem
Renten­versicherungsträger meldet.
Diese informiert ihn darüber, ob
sein Verdienst innerhalb der rentenunschädlichen Grenzen liegt, und
zeigt auf, welche Einkommens­
arten als Hinzuverdienst gelten.
Abhängig vom Hinzuverdienst wird die Altersrente in voller Höhe oder vermindert – als sogenannte Teilrente – gezahlt. Unter Umständen kann die Rente sogar ganz entfallen. Je
mehr Ihr beschäftigter Rentner hinzuverdient,
desto niedriger ist der Anteil der Rente. Die
Altersrente können Personen erhalten als:
bb Vollrente (also in voller Höhe),
bb Zwei-Drittel-Teilrente (also in Höhe von
zwei Dritteln der Vollrente),
bb Ein-Halb-Teilrente (also in Höhe der
Hälfte der Vollrente) oder
bb Ein-Drittel-Teilrente (also in Höhe von
einem Drittel der Vollrente).
Als Hinzuverdienst gilt neben dem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt auch der monatliche steuerrechtliche Gewinn (Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger
Arbeit und aus Land- und Forstwirtschaft)
sowie vergleichbares Einkommen wie zum
Beispiel Vorruhestandsgeld.
Hinzuverdienstgrenzen
Eine Übersicht mit den Renten-­
Hinzuverdienstgrenzen finden Sie
im Internet unter www.bkk-dv.de/
service150202.
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SERVICE 2/2015
Bei vorzeitigen Altersrenten und Erwerbsminderungsrenten sind Hinzuverdienstgrenzen zu beachten. Werden diese
überschritten, wird die Rente nur als Teilrente gezahlt. Bei Hinterbliebenen- und Erziehungsrenten wirkt sich ein Hinzuverdienst
im Rahmen der Einkommensanrechnung
aus. Erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze kann zu einer Altersrente unbeschränkt hinzuverdient werden.
Zulässiges Überschreiten der
Hinzuverdienstgrenze
Die maßgebende Hinzuverdienstgrenze
darf im Laufe eines jeden Kalenderjahres
in zwei Monaten bis zum Doppelten des für
einen Monat geltenden Wertes überschritten werden. Dadurch können zum Beispiel
Urlaubs- oder Weihnachtsgeld gezahlt oder
Überstunden vergütet werden, ohne rentenschädlich zu sein. Voraussetzung dafür ist,
dass jeweils die Hinzuverdienstgrenze des
Vormonats eingehalten wurde.
Beschäftigte Rentner in der
Sozialversicherung
Altersvollrente
Krankenversicherung
Wird eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, besteht für den Rentner
kein Anspruch auf Krankengeld. Deshalb ist
für die Dauer der Beschäftigung der ermäßigte Beitragssatz für die Beiträge aus dem
Arbeitsentgelt heranzuziehen (Beitragsgruppe „3000”). Der Bezug der Teilrente
schließt einen Krankengeldanspruch nicht
aus. Deshalb ist für die Beiträge aus dem
Beschäftigungsverhältnis der allgemeine
Beitragssatz (Beitragsgruppe „1000”) maßgebend.
Pflegeversicherung
Der Bezug einer Altersrente wirkt sich nicht
auf das Versicherungsverhältnis oder den
anzuwendenden Beitragssatz aus. Es gelten daher die allgemeinen Regelungen.
Rentenversicherung
In der Rentenversicherung sind Bezieher einer Vollrente wegen Alters versicherungsfrei. Allerdings haben Sie als Arbeitgeber
aus dem Arbeitsentgelt den halben Rentenversicherungsbeitrag zu zahlen (Beitragsgruppe „0300”).
Beim Bezug einer Teilrente wegen Alters
tritt keine Versicherungsfreiheit ein. Von
dem Arbeitsentgelt werden Arbeitgeberund Arbeitnehmeranteile (Beitragsgruppe
„0100”) gezahlt.
Bei einer geringfügig entlohnten
Beschäftigung als Minijobber (auch im
Privathaushalt) zahlen Sie nur den Pauschalbeitrag (Beitragsgruppe „0500”) i.H.v. 15
Prozent beziehungsweise fünf Prozent des
Arbeitsentgelts aus dieser Beschäftigung,
da Bezieher einer Altersvollrente in der
Rentenversicherung versicherungsfrei sind.
Arbeitslosenversicherung
In der Arbeitslosenversicherung bewirkt der
Bezug einer Altersrente keine Änderung der
versicherungsrechtlichen Beurteilung. Hier
wird der Arbeitnehmer erst mit Ablauf des
Monats, in dem er das Regelrentenalter vollendet, versicherungsfrei. Ab diesem Zeitpunkt hat der Beschäftigte keine Beiträge
zur Arbeitslosenversicherung mehr zu entrichten. Sie als Arbeitgeber haben allerdings
weiterhin Ihren Beitragsanteil abzuführen
(Beitragsgruppe „0020”) – siehe Beispiel 1.
Beispiel 1
Sachverhalt:
Der Arbeitnehmer Justus Baum ist am 20. Juli 1950 geboren und bezieht eine Altersvollrente. Für ihn gilt eine Regelaltersgrenze von 65
Jahren und 4 Monaten. Das 65. Lebensjahr wird rechtlich mit dem
Tag vor dem Geburtstag vollendet (hier: 19. Juli 2015). Die Regelaltersgrenze wird demnach mit Ablauf des 19. November 2015 erreicht.
ALV-Versicherungsfreiheit besteht ab 1. Dezember 2015.
Beurteilung:
Der Arbeitgeber hat ab dem 1. Dezember 2015 aus dem Arbeitsentgelt den halben Arbeitslosenversicherungsbeitrag zu zahlen.
PGR
119
BGR
3321
Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit
Rentner in Minijobs
Krankenversicherung
In der Krankenversicherung hat der Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (einschließlich einer Erwerbsunfähigkeitsrente) Auswirkungen auf den
maßgebenden Beitragssatz. Wird eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, besteht für den Rentner kein Anspruch
auf Krankengeld. Deshalb ist für die Dauer
der Beschäftigung der ermäßigte Beitragssatz für die Beiträge aus dem Arbeitsentgelt
heranzuziehen (Beitragsgruppe „3000”).
Pflege- und Rentenversicherung
Der Bezug einer Erwerbsminderungsrente
wirkt sich in der Pflege- und Rentenversicherung nicht auf das Versicherungsverhältnis oder den anzuwendenden Beitragssatz
aus.
Geringfügige Beschäftigungen von Rentnern sind versicherungsrechtlich nach den
allgemeingültigen Grundsätzen zu beurteilen. Wie bei allen geringfügig Beschäftigten sind gegebenenfalls Pauschalbeiträge
zur Kranken- und Rentenversicherung zu
zahlen. Bei beschäftigten Rentnern mit einer Vollrente, die als Minijobber tätig sind,
gilt jedoch die Besonderheit, dass sie nicht
versicherungspflichtig in der Rentenversicherung sind. Für diese Beschäftigten
werden ausschließlich Pauschalbeiträge
zur Rentenversicherung abgeführt – siehe
Beispiel 2.
Bitte beachten Sie, dass auch der Bezug
von Renten aus dem Ausland von Bedeutung sein kann. Bei Fragen zu dieser Thematik wenden Sie sich bitte an uns oder die
Deutsche Rentenversicherung. W
Eine tabellarische Übersicht zu
Beiträgen und Beitragsgruppen bei
verschiedenen Rentenarten finden
Sie im Internet unter www.bkk-dv.
de/service150203.
Arbeitslosenversicherung
In der Arbeitslosenversicherung bewirkt der Bezug einer Rente wegen voller
Erwerbsminderung (einschließlich einer
Erwerbsunfähigkeitsrente) Versicherungsfreiheit in der Beschäftigung.
Hinterbliebenenrente
(Rente wegen Todes)
Der Bezug einer Hinterbliebenenrente wirkt
sich in keinem Versicherungszweig auf die
Versicherungspflicht des Beschäftigungsverhältnisses aus. Eine mehr als geringfügig
ausgeübte Beschäftigung neben einer Hinterbliebenenrente ist daher sozialversicherungspflichtig. Die Beiträge sind wie für alle anderen Arbeitnehmer zu berechnen und
abzuführen.
Beispiel 2
Sachverhalt:
Der 69-jährige Altersrentner Bernd Schnell arbeitet acht Stunden
wöchentlich gegen ein Monatsentgelt in Höhe von 450 EUR.
Beurteilung:
Herr Klein ist in dieser Beschäftigung in der Kranken- und Rentenversicherung versicherungsfrei. Der Arbeitgeber hat für ihn ungeachtet
des Rentenbezugs und des Alters die Pauschalbeiträge zur Rentenversicherung zu zahlen. Sofern eine Versicherung zu einer gesetzlichen
Krankenversicherung besteht (eigene Mitgliedschaft oder Familienversicherung), sind Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung abzuführen.
PGR
109
BGR
6500
SERVICE 2/2015
13
ARBEITSRECHT
Sabbaticals – Auszeit vom Job
Eine Auszeit vom Job kann
für den Arbeitnehmer und
den Betrieb Vorteile bringen.
14
SERVICE 2/2015
E
ine längere Auszeit von der Arbeit – wer
träumt nicht davon? Zeit für einen längeren Urlaub, zur Erledigung größerer privater
Projekte (zum Beispiel Hausbau), zur Pflege von Angehörigen oder einfach nur zum
Energie tanken. Tatsächlich kann ein solches
Sabbatical (englische Kurzform für „Sabbatjahr“) für alle Beteiligten Vorteile bringen,
wenn man einige Dinge dabei beachtet.
Dem Wunsch nach einem Sabbatical
begegnet oftmals das Umfeld des Mitarbeiters mit zahlreichen Vorurteilen und Vorbehalten: Der Mitarbeiter steht kurz vor
dem Burnout, ist nicht leistungsfähig, hat
sein Leben nicht im Griff, ist mit seinem
Kopf woanders, ist unzufrieden im Job,
lässt seine Kollegen im Stich und ist egoistisch, weil er nur an sich denkt.
Sabbatical als Win-Win-Situation
Selbst und gerade wenn solche Umstände
im konkreten Einzelfall tatsächlich vorliegen, ist ein Sabbatical genau das Richtige.
Denn mit dieser längeren Auszeit werden
Grundbedürfnisse des Mitarbeiters befriedigt und ihm wird individuelle Wertschätzung entgegengebracht. In der Regel zahlt
er dies durch größere Jobzufriedenheit,
höhere Leistungsfähigkeit und stärkere
Bindung an Ihr Unternehmen zurück. Gleichzeitig können Sie sich damit als familien- und
mitarbeiterfreundliches Unternehmen mit
einem Konzept für eine bessere Work-LifeBalance nach außen darstellen und dadurch im Wettstreit um die besten Nachwuchskräfte punkten.
bb genauer Beginn und genaues Ende des
Sabbaticals,
bb konkrete Durchführung des Sabbaticals,
bb Regelung zur Vergütung des Mitarbeiters,
bb Auswirkungen
bb
bb
bb
bb
bb
auf den Urlaubsanspruch des Mitarbeiters,
Folgen bei Krankheit des Mitarbeiters,
sozialversicherungsrechtliche Fragen,
Folgen für betriebliche Altersversorgung,
Auswirkungen auf andere Sonderleistungen von Ihnen und
Aufgaben und Position des Arbeitnehmers nach seiner Rückkehr.
Besonderheiten ja nach Modell
Kein gesetzlicher Anspruch
Trotz dieser vielen Vorteile gibt es bisher
keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatical. Das Arbeitsrecht ermöglicht eine
Auszeit insbesondere nur über den allgemeinen Urlaubsanspruch. Abhängig von
der besonderen Situation des Mitarbeiters gibt es das noch in Form von Elternzeit, Freistellung im Falle kranker Kinder,
Pflegezeit, Familienpflegezeit und Sonderurlaub. Eine alternative Möglichkeit bietet
der Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz. Hierzu haben einige Gerichte
entschieden, dass Arbeitnehmer eine Arbeitszeitverringerung grundsätzlich auch
als Reduzierung ihrer Jahresarbeitszeit mit
einer verblockten unbezahlten Freistellung
beanspruchen können (zum Beispiel LAG
Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2011,
AZ: 11 Sa 360/11). Problematisch daran ist,
dass der Anspruch nur besteht, soweit betriebliche Gründe dem nicht entgegenstehen. Das bedeutet, dass der Anspruch für
den Mitarbeiter von vornherein nicht eindeutig besteht und häufig erst im Wege einer Klage durchgesetzt werden muss, wodurch das Arbeitsverhältnis belastet wird.
Sabbatical schriftlich vereinbaren
Daher sollte ein Sabbatical besser einvernehmlich zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitnehmer geregelt werden. Die Vereinbarung
sollte aus Nachweisgründen in jedem Fall
schriftlich in Form eines Zusatzvertrages
zum Arbeitsvertrag getroffen werden und
alle wesentlichen Punkte enthalten, wie
etwa
Da für ein Sabbatical grundsätzlich mehrere
Modelle in Frage kommen, müssen hierbei
gegebenenfalls noch weitere Besonderheiten beachtet werden:
bb Beim Teilzeitmodell reduziert der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit dahingehend, dass er blockweise voll und
blockweise gar nicht arbeitet. Hierbei
wird durchgehend das Gehalt des Mitarbeiters gezahlt und die Sozialabgaben abgeführt, allerdings auf dem Niveau einer Teilzeitkraft.
bb Beim Ansparmodell spart der Arbeitnehmer Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum auf einem Langzeitkonto an. Anschließend verwendet er das
angesparte Arbeitszeitguthaben für eine längere Auszeit von der Arbeit. Während der befristeten Auszeit erhält der
Mitarbeiter das volle monatliche Arbeitsentgelt, das er durch Vor- bzw.
Nacharbeit erwirtschaftet hat. Auch
die Sozialversicherung bleibt unverändert bestehen.
bb Beim Freistellungsmodell vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein
befristetes Ruhen des Arbeitsverhältnisses für die Dauer des Sabbaticals.
Sofern nichts anderes vereinbart wird,
erfolgt dies in Form einer unbezahlten
Freistellung. Nachteilig hierbei ist, dass
sich der Mitarbeiter neben dem Wegfall
des Gehalts auch oftmals selbst um seine Sozialversicherung kümmern muss.
SERVICE 2/2015
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ARBEITSRECHT
Sabbatical im
Sozialversicherungsrecht
Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses in der Sozialversicherung
Während eines Sabbaticals besteht das
versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung
durchgehend fort, wenn die Freistellung von
der Arbeitsleistung
bb mit Bezug von Arbeitsentgelt und
bb aufgrund einer Wertguthabenvereinbarung nach § 7b SGB IV in Anspruch genommen wird.
Basiert das Sabbatical nicht auf einer Wertguthabenvereinbarung, endet das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis
spätestens drei Monate nach dem Beginn
der Freistellung – also zum Beispiel, wenn
der Arbeitnehmer für die Freistellung angespartes Arbeitszeitguthaben aus einer
sonstigen Arbeitszeitregelung zur flexiblen
Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder zum Ausgleich von
betrieblichen Produktions- oder Arbeitszyklen (wie Gleitzeitguthaben) verwendet.
Sofern Ihr Arbeitnehmer für sein Sabbatical unbezahlten Urlaub nimmt, endet das
versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis spätestens einen Monat nach Beginn
der Freistellung.
Beispiel
Sachverhalt:
Der versicherungspflichtige Arbeitnehmer Till Plass lässt sich von seinem Arbeitgeber Allfinanz ab dem 1. Juni 2015 für sechs Monate beurlauben. Herr Plass verwendet für die ersten drei Monate der Freistellung ein vorhandenes Gleitzeitguthaben, ab Beginn des vierten Monats
bis zum Ende seiner Freistellung erhält er keine Vergütung mehr.
Beurteilung:
Das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis endet nach
vier Monaten am 30. September 2015. Zunächst bleibt das Beschäftigungsverhältnis von Herrn Plass bis zum Ablauf der Drei-Monatsfrist
und anschließend noch für einen weiteren Monat wegen unbezahlten
Urlaubs erhalten.
Versicherungsrechtliche Regelungen
Ihr Arbeitnehmer ist während des Sabbaticals, solange ein Beschäftigungsverhältnis
besteht, weiterhin versicherungspflichtig in
allen Zweigen der Sozialversicherung. Überschreitet das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt Ihres Arbeitnehmers auch während des
16
SERVICE 2/2015
Sabbaticals die Jahresarbeitsentgeltgrenze
in der Krankenversicherung, ist er krankenversicherungsfrei.
Beitragsrechtliche Regelungen
Die Sozialversicherungsbeiträge werden
während der Freistellung aus dem gezahlten
Arbeitsentgelt – konkret dem verwendeten
Wertguthaben – entrichtet. Fällig werden die
Beiträge im Rahmen von flexiblen Arbeitszeitregelungen erst mit der Auszahlung des
Arbeitsentgelts. Sie werden mit den zum
Zeitpunkt der Auszahlung maßgebenden Rechengrößen berechnet. In der Krankenversicherung wird der allgemeine Beitragssatz
angewendet. Hier wird davon ausgegangen,
dass Ihr Arbeitnehmer nach dem Sabbatical
die Beschäftigung wieder aufnehmen wird
und er deshalb den Krankengeldanspruch
nur vorübergehend nicht realisieren kann.
Beiträge aus dem Wertguthaben fallen auch
an, wenn das Wertguthaben aus Arbeitsentgelt herrührt, das zum Zeitpunkt seiner Erwirtschaftung in der Ansparphase die Beitragsbemessungsgrenze überschritten hat.
Melderechtliche Regelungen
Während des Sabbaticals geben Sie dieselben Meldungen nach der DEÜV ab wie bei
einer laufenden Beschäftigung. Besonderheiten sind zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer
bb sowohl im Rechtskreis Ost als auch im
Rechtskreis West Wertguthaben gebildet hat und
bb während des Sabbaticals ein Wechsel
des Rechtskreis-Wertguthabens vorzunehmen ist, aus dem das Arbeitsentgelt
für das Sabbatical entnommen wird.
In diesem Fall melden Sie den Wechsel des
Wertguthabens taggenau. Es ist eine Abmeldung (Abgabegrund „33”) und zum Folgetag
eine Anmeldung (Abgabegrund „13”) vorzunehmen.
Wenn Sie weitere Fragen zu versicherungs-, melde- und beitragsrechtlichen Regelungen während eines Sabbaticals haben,
dann wenden Sie sich gern an uns. W
SERVICE 2/2015
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ARBEITSRECHT
Aktuelle Urteile
 Kein doppelter Anspruch
auf Urlaub
Wechselt ein Arbeitnehmer während des
laufenden Kalenderjahres die Beschäftigung und verlangt vom neuen Arbeitgeber eine Urlaubsabgeltung, muss er
nachweisen, dass sein Urlaubsanspruch
vom alten Arbeitgeber noch nicht vollständig erfüllt wurde. Doppelansprüche
seien nämlich gesetzlich ausgeschlossen, so das BAG.
Geklagt hatte ein Mann, der seit
April 2010 bei einem Lebensmittelmarkt
beschäftigt war. Nach der Beendigung
dieses Arbeitsverhältnisses verlangte er
von seinem ehemaligen Arbeitgeber die
Abgeltung seines Urlaubs. Dieser lehnte
das jedoch mit der Begründung ab, dass
dem Arbeitnehmer für das Jahr 2010
schon von seinem vorherigen Arbeitgeber Urlaub gewährt worden sei. Eine
Urlaubsbescheinigung legte der Mitarbeiter nicht vor. In seinem Arbeitsvertrag
war zudem eine Ausschlussfrist von drei
Monaten nach Fälligkeit vereinbart.
Das LAG Berlin-Brandenburg wies die
Klage ab, da die vertragliche Ausschlussfrist verfallen sei. Die Revision vor dem
BAG war erfolgreich: Die Ausschlussfrist
sei zwar gewahrt, allerdings wurde die
Sache an das LAG zurück verwiesen. Der
Mitarbeiter hat mit einer Urlaubsbescheinigung nachzuweisen, dass sein früherer
Arbeitgeber seinen Urlaubsanspruch für
das Jahr 2010 noch nicht erfüllt hat. Wenn
dieser Nachweis vorliegt, hat der Lebensmittelmarkt den Urlaub abzugelten.
BAG vom 16.12.2014 – 9 AZR 295/13
 Betriebsrente erst mit
gesetzlicher Altersrente
Einem Arbeitnehmer stehen Ansprüche
aus der betrieblichen Altersversorgung
erst ab dem Zeitpunkt zu, ab dem er die
gesetzliche Altersrente beansprucht. Im
konkreten Fall arbeitete eine 56-Jährige
seit 1991 bei ihrer Arbeitgeberin. Diese
sagte ihr eine betriebliche Altersversorgung zu, die sich nach den „Regelungen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung“ (AHV) richtete. Die AHV in der
Fassung vom 5. November 1991 (AHV
18
SERVICE 2/2015
1991) sehen eine Wartezeit von fünf Jahren vor. Voraussetzung: Die Arbeitnehmerin scheidet erst nach Vollendung des
60. Lebensjahres aus dem Unternehmen
aus (Männer ab dem 63. Lebensjahr)
oder ist schon vorher dienstunfähig. Außerdem verringert sich die Betriebsrente
um die gesetzlichen Rentenbeiträge.
Der Arbeitnehmerin wurde Ende 2010
mitgeteilt, dass Mitarbeiter ab Jahrgang
1952 – aufgrund der geänderten Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung – die Betriebsrente frühestens
ab dem 63. Lebensjahr erhalten könnten.
Dagegen klagte die Mitarbeiterin erfolglos. Begründung: Die AHV 1991 lege keine „feste“, sondern eine „flexible“ Altersgrenze auf das 60. Lebensjahr fest und
setze den Bezug von Altersrente aus der
gesetzlichen Rentenversicherung voraus.
BAG vom 13.1.2015 – 3 AZR 894/12
 Mobbing: Opfer können mit
Klage warten
Der Schmerzensgeldanspruch wegen
Mobbings (vgl. §§ 823 Absatz 1, 253 Absatz 2 BGB i.V.m. Artikel 1 Absatz 1, 2
Absatz 1 GG) kann zwar verwirkt werden, dafür genügt jedoch ein bloßes „Zuwarten“ oder die Untätigkeit des Anspruchstellers nicht. So lautet ein Urteil
des BAG im Fall eines Arbeitnehmers,
der gegen seinen früheren Arbeitgeber
einen Schmerzensgeldanspruch wegen
Verletzung der Gesundheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend
machte – fast drei Jahre nach dem letzten Vorfall. Er gab an, in den Jahren 2006
bis 2008 mehrmals schikaniert worden
zu sein. Der letzte Vorgang habe sich im
Februar 2008 ereignet. Danach war der
Arbeitnehmer unter anderem wegen
Depressionen nahezu durchgehend arbeitsunfähig.
Seine Klage ging erst Ende Dezember 2010 bei Gericht ein. Wegen dieser
Zeitspanne war das Landesarbeitsgericht
(LAG) Nürnberg der Auffassung, dass
mögliche Ansprüche verwirkt seien. Das
BAG hob diese Entscheidung auf und definierte die Voraussetzungen an eine Verwirkung genauer. Danach sei diese nur
unter „ganz besonderen Umständen“ zu
bejahen. Ein bloßes „Zuwarten” sei nicht
als „treuwidrig“ anzusehen. Dass der Arbeitnehmer erst nach Jahren die Klage
eingereicht hatte, könnte nur dann von
Bedeutung sein, wenn besondere Umstände vorlägen und daher eine Pflicht
zur zeitnahen Geltendmachung bestünde. Alles andere würde nur dazu führen,
dass die gesetzliche Verjährung unterlaufen werde.
BAG vom 11.12.2014 – 8 AZR 838/13
STEUERRECHT
Rabattgewährung von Dritten
an Arbeitnehmer
Ein neuer Erlass bringt
Klarheit, ob Rabatte von
Fremdfirmen steuerpflichtiger Arbeitslohn sind.
O
ftmals erhalten Arbeitnehmer von Lieferanten oder Kunden ihres Arbeitgebers Rabatte auf deren Waren oder Dienstleistungen. Erhält ein Arbeitnehmer solche
Rabatte, so ging die Finanzverwaltung in der
Vergangenheit regelmäßig davon aus, dass
der hierin liegende geldwerte Vorteil lohnsteuer- und in der Folge sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn darstellt. Preisvorteile eines Dritten zählen insbesondere dann
zum Arbeitslohn, wenn ein konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen der
Vorteilsgewährung und der Arbeitsleistung
Ihres Arbeitnehmers vorliegt. Die Finanzverwaltung hat sich nun in einem aktuellen
Verwaltungserlass konkret dazu geäußert,
unter welchen Voraussetzungen Rabatte
von Dritten einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil für Arbeitnehmer darstellen
(BMF-Schreiben vom 20. Januar 2015
(Az. IV C 5 – S-2360/12/10002). Demnach
wird die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) anerkannt, der zuletzt in mehreren Urteilen entschieden hat, dass Rabatte
von Dritten nur unter bestimmten Voraussetzungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn
zu werten sind.
Finanzverwaltung folgt der
BFH-Rechtsprechung
Nach der ständigen Rechtsprechung des
BFH werden Bezüge oder Vorteile für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch
das individuelle Dienstverhältnis veranlasst
SERVICE 2/2015
19
STEUERRECHT
worden sind. Erforderlich ist nicht, dass sie
eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Leistung des Arbeitnehmers sind.
Steuerpflichtiger Arbeitslohn kann daher
auch bei einer Zuwendung in Form eines
Rabatts anzunehmen sein, den ein Dritter
eigenen Arbeitnehmern einräumt. Voraussetzung ist, dass der Rabatt für den Arbeitnehmer aus seiner Arbeit für den Arbeitgeber erwächst und im Zusammenhang mit
dem Dienstverhältnis steht.
Der BFH hat mit Urteil vom 18. Oktober
2012 (VI R 64/11) allerdings entschieden,
dass eine Mitwirkung des Arbeitgebers an
der Verschaffung von Rabatten nicht in jedem Fall ausreiche, Arbeitslohn beim Arbeitnehmer anzunehmen.
In einer weiteren Entscheidung vom 10.
April 2014 (VI R 62/11) hat der BFH klargestellt, dass es sich nicht um einen steuerpflichtigen Rabatt von dritter Seite handelt,
wenn der Dritte entsprechende Rabatte
sowohl Arbeitnehmern des Arbeitgebers
20
SERVICE 2/2015
als auch einem weiteren Personenkreis
einräumt. In dem Entscheidungsfall wurden Rabatte beim Abschluss von Versicherungsverträgen sowohl Arbeitnehmern von
Geschäftspartnern als auch einem weiteren Personenkreis (Angehörige der gesamten Versicherungsbranche, Arbeitnehmern
weiterer Unternehmen) eingeräumt. Der
BFH hat entschieden, dass hierin kein steuerpflichtiger Arbeitslohn anzunehmen ist.
Arbeitgeber müssen aktiv an
Rabattgewährung mitwirken
Die Finanzverwaltung hat sich mit
BMF-Schreiben vom 20. Januar 2015 (Az.
IV C 5 – S-2360/12/10002) dazu entschlossen, die neuen Rechtsprechungsgrundsätze des BFH allgemein anzuwenden. Auf
Grundlage der BFH-Rechtsprechung konkretisiert die Finanzverwaltung in dem
BMF-Schreiben, wann von einer steuerpflichtigen Rabattgewährung eines Dritten
auszugehen ist.
bb Angebote Dritter an die Arbeitnehmer
seines Betriebes und eventuell damit
verbundene Störungen des Betriebsablaufs zu dulden oder
bb die Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer zu bescheinigen oder
bb Räumlichkeiten für Treffen der Arbeitnehmer mit Ansprechpartnern des Dritten zur Verfügung zu stellen.
Auch die Mitwirkung des Betriebsrats
oder Personalrats an der Verschaffung von
Preisvorteilen durch Dritte ist für die steuerliche Beurteilung dem Arbeitgeber nicht
zuzurechnen und führt allein nicht zur Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn.
Allgemeine Mengen- oder Großabnehmerrabatte sind unschädlich
Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist anzunehmen, wenn der Arbeitgeber aktiv mitgewirkt hat, die Preisvorteile zu verschaffen.
Eine aktive Mitwirkung des Arbeitgebers in
diesem Sinne liegt vor, wenn
bb aus dem Handeln des Arbeitgebers ein
Anspruch des Arbeitnehmers auf den
Preisvorteil entstanden ist oder
bb der Arbeitgeber für den Dritten Verpflichtungen übernommen hat, zum
Beispiel Inkassotätigkeit oder Haftung.
Steuerpflicht liegt auch dann nicht vor,
wenn und soweit der Preisvorteil auch anderen fremden Dritten üblicherweise im
normalen Geschäftsverkehr eingeräumt
wird (zum Beispiel allgemeine Mengenoder Großabnehmerrabatte). Soweit solche üblichen Rabatte also auch den eigenen Arbeitnehmern eingeräumt werden,
sind diese nicht als Vorteil für deren Beschäftigung anzusehen.
Im Gegenschluss ist dann von einem
steuerpflichtigen Arbeitslohn auszugehen, wenn Sie und der Dritte besondere Vereinbarungen geschlossen
haben und die darin geregelten
Preisvorteile einem fremden Personenkreis nicht offenstehen. W
Keine aktive Mitwirkung
des Arbeitgebers
Eine aktive Mitwirkung des Arbeitgebers
an der Verschaffung von Preisvorteilen ist
jedoch nicht anzunehmen, wenn sich seine
Beteiligung darauf beschränkt,
bb Angebote Dritter in seinem Betrieb
zum Beispiel am „schwarzen Brett”,
im betriebseigenen Intranet oder in einem Personalhandbuch bekannt zu machen oder
SERVICE 2/2015
21
GESUNDHEIT IM BETRIEB
Rauf aufs Rad –
gesünder zur Arbeit
Sie können Ihre Mitarbeiter
dabei unterstützen, öfter mit
dem Rad zur Arbeit zu fahren.
S
ie wünschen sich mehr Leistungsbereitschaft, einen geringeren Krankenstand,
mehr Motivation und Dynamik in Ihrem
Unternehmen? Dazu vielleicht noch eine verringerte Umweltbelastung? Dann könnten
Sie Ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, ihren
Arbeitsweg mit dem Fahrrad zurückzulegen.
Denn schon täglich eine halbe Stunde auf
dem Fahrrad reduziert die Risiken, krank zu
werden. Das betrifft in erster Linie die sogenannten Zivilisationskrankheiten, die durch
einen bewegungsarmen Alltag und ein Zuviel an Stress verursacht werden.
Wie fahrradfreundlich ist Ihr Betrieb?
Damit möglichst viele Mitarbeiter ihren Arbeitsweg per Fahrrad zurücklegen, müssen
auch einige Voraussetzungen im Betrieb gegeben sein. Das beginnt mit ausreichenden
und vor allem zweckmäßigen – etwa überdachten – Abstellplätzen für die Räder und
endet mit Möglichkeiten zum Umkleiden
und Frischmachen, im günstigsten Fall sogar Duschen.
Zertifizierung „Fahrradfreundlicher
Betrieb“
Informationen zur
ADFC-Betriebs­beratung:
Allgemeiner Deutscher
Fahrrad-Club e.V. (ADFC)
ADFC-Bundesgeschäftsstelle –
Betriebsberatung
Friedrichstr. 200
10117 Berlin
Tel.: (030) 209 1498-0
www.adfc.de
Verkehrssicherheitsseminare:
Deutscher Verkehrssicherheitsrat
e.V. (DVR)
Tel.: (0228) 40001-0
www.dvr.de
22
SERVICE 2/2015
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V.
(ADFC) kann ein Ansprechpartner für Sie
sein, wenn Sie Ihre Mitarbeiter zu mehr Alltagsaktivität animieren wollen. Bei einem
gründlichen Check-Up wie auch bei der Planung sinnvoller Maßnahmen können Sie sich
Unterstützung von einem ADFC-Betriebsberater holen. Er wird vor Ort anhand eines speziell entwickelten, bundeseinheitlichen Kriterienkatalogs die Fahrradfreundlichkeit Ihres
Betriebes beurteilen und mit Ihnen besprechen, wie Sie gezielt eine fahrradfreundliche
Infrastruktur auf- oder ausbauen können.
Bewertet der ADFC-Berater Ihren Betrieb positiv, kann Ihnen das geschützte Zertifikat „ADFC-zertifizierter fahrradfreundlicher Betrieb“ verliehen werden. Mit dieser
Auszeichnung verhelfen Sie Ihrem Unternehmen zu einem positiven Firmenimage,
indem Sie sich intern und extern als innovatives, gesundheitsbewusstes Unternehmen
darstellen.
Zum Radfahren motivieren
Um Ihre Mitarbeiter zum Radfahren zu motivieren, können Sie auch – neben einer
passenden „Infrastruktur“ – neue Ideen
entwickeln, damit mehr Mitarbeiter ihren Arbeitsweg mit dem Rad zurücklegen. Hier einige Anregungen:
bb Codierung gegen Fahrradklau: Führen
Sie einen betrieblichen Aktionstag durch,
bei dem Ihre Mitarbeiter ihr Fahrrad diebstahlsicher machen können: eine Registrierungsaktion bei der Polizei oder eine
Codierungsaktion, bei der die von der
Polizei empfohlene ADFC-Fahrradcodierung in das Sattelrohr des Rahmens eingraviert wird. Der Zahlen- und Buchstabencode enthält verschlüsselt Adresse
und Initialen des Eigentümers. Das
macht es der Polizei leichter, das Fahrrad zuzuordnen.
bb Verkehrssicherheitsseminar: Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat e.V. (DVR)
bietet bundesweit Fahrradseminare in
Betrieben an. Die Inhalte der angebotenen Halbtages- oder Tagesseminare
– bestehend aus einem theoretischen
und einem praktischen Teil – werden auf
die Bedürfnisse Ihres Betriebes zugeschnitten.
bb Radler-Jackpot: Aus der Mitarbeiterdatenbank wird nach dem Zufallsprinzip
pro Woche ein Kollege ausgelost. Ist er
an dem betreffenden Tag mit dem Rad
zur Arbeit gekommen, gewinnt er einen Preis, der vorher in der Firmenzeitung oder im Intranet bekannt gegeben
wurde.
Geringe Kosten – großer Nutzen
Natürlich erfordert es einigen Aufwand und
auch Kosten, den Betrieb fahrradfreundlich
zu machen. All das wird sich aber in gesün-
Checkliste: Fahrradfreundlicher Betrieb
99
99
99
99
99
99
99
99
99
Gibt es funktionale Fahrradabstellanlagen auf dem Betriebsgelände? Sind sie überdacht und
eventuell sogar beleuchtet?
Reicht die Anzahl der Fahrradabstellplätze aus? Sind sie günstiger platziert als Kfz-Parkplätze?
Gibt es Umkleideräume und Spinde, um Fahrrad- und Dienstkleidung wechseln zu können?
Gibt es Duschen oder zumindest Handwaschbecken, wo sich die Radler frischmachen können?
Gibt es unter den leitenden Angestellten Vorbilder, die täglich mit dem Rad zur Arbeit fahren?
Gibt es kleine Aktionen oder Belohnungsmodelle für Alltagsradler?
Werden betriebliche Freizeitaktivitäten wie Betriebsausflüge mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, beispielsweise mit dem Rad, durchgeführt?
Gibt es im Betrieb einen Ansprechpartner für Fahrradfragen?
Stehen Hilfsmittel für Radfahrer zur Verfügung, wie Fahrradflickzeug, Luftpumpe, passende
Schraubenschlüssel?
deren und leistungsfähigeren Mitarbeitern
auszahlen. Denn dies sind nur einige der erwiesenen Effekte regelmäßigen Radfahrens:
bb Herz-Kreislauf-Prophylaxe: Das Herzvolumen nimmt zu, Ruhepuls und Blutdruck sinken, die Blutgefäße werden elastischer. Das Herz arbeitet ökonomischer.
bb Fettabbau: Der Stoffwechsel wird angekurbelt und der Grundumsatz bleibt
noch Stunden nach dem Radfahren
deutlich erhöht („Afterburn”). Die Energie dafür gewinnt der Organismus aus
dem Körperfett. Auch gegen hohe Cholesterinwerte hilft das Radeln – die Konzentration des gefäßschädigenden
LDL-Cholesterins wird gesenkt, die des
gefäßschützenden HDL-Cholesterins
steigt.
bb Blutzuckersenkung: Durch die Bewegung wird mehr Zucker verbrannt und es
werden neue Muskelfasern gebildet, die
den Zuckerstoffwechsel verbessern.
bb Stressabbau: Der Level des Stresshormons Cortisol sinkt, stattdessen wird
das Glückshormon Endorphin freigesetzt. Außerdem werden die Durchblutung des Frontalhirns und die Neubildung von Nervenzellen angeregt. Das
fördert das Denkvermögen, hilft beim
Stressabbau und macht wacher.
Natürlich werden Sie nicht nur gesündere,
sondern auch motiviertere Mitarbeiter haben, wenn diese sehen, dass ihre Bedürfnisse dem Unternehmen am Herzen liegen. W
SERVICE 2/2015
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GESUNDHEIT IM BETRIEB
Sucht am Arbeitsplatz:
Kein Thema für Vorgesetzte?
Jeder Betrieb sollte klare
Regeln beim Umgang mit
Suchterkranken aufstellen.
24
SERVICE 2/2015
S
uchterkrankungen sind oft ein Tabuthema – aber Wegsehen ist kontraproduktiv. Weit über sieben Millionen Deutsche, so wird geschätzt, missbrauchen
legale oder illegale Substanzen – unter
ihnen auch viele Arbeitnehmer. Ab einer bestimmten Intensität ist Sucht keine
Privatsache mehr, sondern kann auch
unter Ihre Fürsorgepflicht als Arbeitgeber fallen. Suchterkrankte gefährden sich
selbst und fügen damit Ihrem Unternehmen Schaden zu. Leider gibt es in vielen
Unternehmen keine Regeln zum Umgang
mit Suchterkrankten. Denkwürdig ist etwa
der Fall eines alkoholkranken LKW-Fahrers,
der im Sommer 2014 mit 0,64 Promille mit
seinem Firmen-LKW einen schweren Auffahrunfall verursachte.
Wie definiert sich „süchtig“?
Ob Richtfest, Geburtstag, Firmenjubiläum
oder Weihnachtsfeier – Alkoholkonsum
auch im Arbeitszusammenhang ist normal.
Rituale wie „Anstoßen“, „Kindpinkeln“,
das Feierabendbier, aber auch die gemeinsame Zigarette wirken gruppenbildend –
das gilt für jede Droge. Der Übergang zu
Missbrauch und Sucht ist fließend. Die offizielle Definition von Sucht ist laut Weltgesundheitsorganisation WHO die „periodische oder chronische Vergiftung [...]
mit natürlichen oder synthetischen Drogen“. Zu den Kennzeichen gehören dabei
auch das unbezwingbare Verlangen nach
dem Suchtmittel, die Tendenz zur Dosissteigerung und die Abhängigkeit von der
Wirkung der Droge trotz des Wissens um
ihre Schädlichkeit.
Beim Alkohol und beim Rauchen ist die
Affinität oder Sucht der Betroffenen ihrer
Umgebung zumeist bekannt, wird aber
gern verharmlost oder sogar gedeckt. Hingegen bleiben Medikamentensüchtige, die
sich mit Aufputsch- und Schlafmitteln in einen bestimmten Lebens- und Leistungsrhythmus zwingen, oft jahrzehntelang unerkannt.
Wann müssen Sie als Arbeitgeber
eingreifen?
Wenn Sie feststellen, dass ein Mitarbeiter berauscht zur Arbeit erscheint, im Unternehmen Depots (etwa Alkoholvorräte
im Spind) anlegt oder auffällig oft kurzfristig von seinen Angehörigen mit Eintageserkrankungen entschuldigt wird, sollten Sie
das Gespräch suchen.
Es gehört zu Ihrer Fürsorgepflicht, den
Mitarbeiter und auch alle, mit denen er
beruflich in Kontakt tritt, vor den Auswirkungen des Drogenkonsums zu schützen
– hierzu gehört auch die verringerte Leistungsfähigkeit, Fremd- und Eigengefährdung, Unzuverlässigkeit oder ein schlechtes Image Ihres Betriebes. Beispielsweise
sollten Sie einen alkoholisierten Mitarbeiter
nicht nur nach Hause schicken, sondern ihn
bis hinter seine Haustür begleiten lassen,
um Verkehrsunfällen vorzubeugen.
PRAXISHinweis:
Bei Suchterkrankten muss auch
nach Jahrzehnten noch mit Rückfällen gerechnet werden. Hier
kommt eher die seelische als die
körperliche Abhängigkeit zum
Tragen, der Rückfall wird nicht
selten durch eine als ähnlich
empfundene Gefühls- oder
Problemlage hervorgerufen.
pflichten oder Alkohol aus dem gesamten
Betriebsumfeld zu verbannen – sowohl
aus den Gebäuden als auch aus den Fahrzeugen.
Zudem sollte ein Handlungsrahmen
aufgestellt werden, der in drei bis sieben
Eskalationsstufen Gesprächsangebote der
Vorgesetzten vorsieht – vom vorsichtigen
Erfragen der Suchtproblematik über die
Hinweise auf Entzugsangebote bis hin zur
Kündigung. Diese sollte jedoch nicht Ziel
der Gespräche sein, sondern nur das allerletzte Mittel, wenn der Mitarbeiter sein
Verhalten nicht ändert.
Gesprächsführung bei
Suchtverdacht
Die Gesprächsführung mit Suchterkrankten ist oft nicht einfach und erfordert viel
Fingerspitzengefühl. Am wichtigsten ist
es, authentisch, konsequent und sachlich zu bleiben, keine Diagnosen zu stellen
und belegbare Beobachtungen im Betrieb
in Ich-Botschaften zu schildern. Der Mitarbeiter muss die Möglichkeit erhalten, seine
Sicht darzustellen und auch den Suchtverdacht zu widerlegen. Gelingt ihm dies nicht
oder stellen Sie später erneut Auffälligkeiten fest, sollten Sie ihm im nächsten Eskalationsgespräch professionelle Hilfsangebote nahelegen.
Ziel: Suchtfrei
Klare Regeln und ein
Stufenverfahren
Jeder Betrieb kann Regeln und Verfahrensweisen zum Umgang mit Suchterkrankten aufstellen – etwa in Form einer Betriebsvereinbarung. Das zeigt nicht nur,
dass sich das Unternehmen der Problematik bewusst ist, sondern nimmt auch
alle Arbeitnehmer in die Pflicht. Es empfiehlt sich zum Beispiel, alle Fahrzeuglenker auf eine Null-Promille-Regelung zu ver-
Die Erkenntnis, dass er abhängig ist und
diese Hilfe benötigt, muss der Betreffende jedoch selbst treffen und dann
die passenden Angebote aufsuchen.
Hierüber könnten Sie als Arbeitgeber eine Zielvereinbarung treffen, die der Mitarbeiter unterschreibt. Darin können Sie zum
Beispiel Bescheinigungen der besuchten
Beratungsstelle einfordern, um die Zielerreichung zu prüfen. W
Alle Beratungsstellen sind bei den
jeweiligen Landesstellen Sucht über
www.dhs.de/einrichtungssuche
abrufbar. Auch wir helfen Ihnen bei
einer betrieblichen Suchtentwöhnung gern weiter.
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PERSONALMANAGEMENT
Qualifizierte Azubis finden
und gewinnen
Für Betriebe ist es zunehmend eine Herausforderung,
qualifizierte Azubis zu finden.
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SERVICE 2/2015
W
er qualifizierten Nachwuchs gewinnen will, muss rechtzeitig damit anfangen, Kontakte in die Zielgruppe aufzubauen. Dabei sollten möglichst viele
Kommunikationswege genutzt werden.
Viele Unternehmen klagen über den
Fachkräftemangel und übersehen dabei,
dass dies teilweise ein hausgemachtes
Problem ist. Wer sich rechtzeitig um „seinen” Nachwuchs kümmert und ihn an das
Unternehmen bindet, kann dieses Problem
zumindest teilweise „umschiffen”. Allerdings ist mittlerweile auch um gute Auszubildende ein „war of talents“ entbrannt,
deshalb kann man gar nicht früh genug mit
der Kontaktpflege anfangen.
Die heutigen Schulabgänger wissen,
dass sie in den Unternehmen begehrt sind,
wenn sie gut und qualifiziert sind. Eine Studie, die von der Hochschule Heilbronn wissenschaftlich begleitet wurde, ergab, dass
54 Prozent der befragten Auszubildenden
und Schüler der Aussage „Ich informiere
mich im Vorfeld und weiß genau, was ich
will“ zustimmten. Nur 17 Prozent gaben
an, „Ich bin froh, wenn ich überhaupt einen
Ausbildungsplatz bekomme“ und 24 Prozent fanden, „Unternehmen und Bewerber
begegnen sich auf Augenhöhe“. Dies gibt
realistisch die Situation wieder, in der sich
die Firmen heute befinden, wenn sie Auszubildende für sich gewinnen wollen.
Viele Ausbildungsberufe sind
unbekannt
Das größte Problem dabei ist, dass viele
Schüler die meisten der rund 350 Ausbildungsberufe, die es in Deutschland gibt,
gar nicht kennen und sich deshalb auf einige wenige konzentrieren. Wer also Nachwuchs für einen relativ seltenen Beruf
sucht, sollte besonders früh starten, wenn
seite aufbauen will, sollte man sich allerdings vorher genau überlegen, ob man wirklich die Zeit und das Personal hat, um sie
regelmäßig zu pflegen, ständig neue Informationen einzustellen und schnell und flexibel auf Anfragen zu reagieren.
Persönliche Kontakte aufbauen
er nicht das Nachsehen haben will. Auch in
Zeiten der sozialen Netzwerke ist der klassische Ort dafür die Schule – Kooperationen mit Schulen machen nach wie vor für
Betriebe aller Größenordnungen Sinn.
Durch Praktika Kontakte aufbauen
Über Praktika können die zukünftigen Auszubildenden einen realistischen Eindruck
von der Arbeit im Unternehmen bekommen und manch einer wird dadurch einen
Beruf entdecken, von dem er vorher noch
nichts gehört hatte. Das Unternehmen sollte diesen Kontakt für größtmögliche Transparenz nutzen und den offenen Meinungsund Erfahrungsaustausch mit den jungen
Menschen suchen. Ihr unvoreingenommener Blick auf die Arbeit kann dabei helfen,
Schwachstellen zu erkennen, und umgekehrt wird ein Unternehmen eher als zukünftiger Arbeitgeber in Betracht kommen,
wenn sie sich als junge Persönlichkeiten
ernst genommen fühlen. Gleichzeitig bietet
diese Kooperation mit der Schule die Möglichkeit, die eigenen Ausbildungs- und Weiterbildungsprogramme vorzustellen und für
sie zu werben.
90 Prozent der Schüler und Studenten sind in den sozialen Netzwerken aktiv
– deshalb ist es für Personalverantwortliche heute unverzichtbar, sich damit zu beschäftigen. Wenn man dort eine Karriere-
Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sollten vor allem auf die Ansprache
der unmittelbaren Kontaktpersonen ihrer
zukünftigen Auszubildende setzen – schon
deshalb, weil sie in der Regel einen Ausbildungsplatz suchen, der maximal zehn Kilometer von ihrem Wohnort entfernt ist. Für
einen kleinen Betrieb ist es daher wenig effizient, über soziale Medien weit entfernt
wohnende junge Menschen anzusprechen;
für einen Großbetrieb mit vielen Niederlassungen sieht das sicher anders aus.
Neben den Schulen und den Lehrern
sind die Eltern die wichtigsten Multiplikatoren. Wenn sie von einem Betrieb und
einem Berufsbild überzeugt sind, ist es
leichter, auch die jungen Menschen zu erreichen. Deshalb sollten Unternehmen mit
Tagen der offenen Tür und anderen Informationsveranstaltungen alle Alters- und
Bevölkerungsschichten auf sich aufmerksam machen und auch auf Ausbildungsmessen präsent sein. Das gilt gerade auch
für kleinere Firmen, die dagegen ankämpfen müssen, dass viele Eltern für ihr Kind
einen Ausbildungsplatz in einem großen
Unternehmen wünschen, weil sie glauben, dass dort die Arbeitsplätze langfristig
sicherer und finanziell attraktiver sind.
Eigene Azubis als Multiplikatoren
Die besten Multiplikatoren sind aber die eigenen Altersgenossen. Deshalb sollte jeder,
der erfolgreiches Auszubildenden-Marketing betreiben will, die eigenen Auszubildenden dabei einbeziehen, beispielsweise,
indem sie in Imagefilmen die Vorzüge der
Ausbildung darstellen oder auf Messen als
Ansprechpartner für ihre potentiellen Nachfolger fungieren. Auch bei Aktivitäten des
Unternehmens in den sozialen Netzwerken
werden sie den richtigen Ton leichter finden als die meist wesentlich älteren Ausbilder und glaubwürdiger auf die Mitglieder wirken. Dabei gilt es abzuwägen, wie
viel Kontrolle notwendig und wie viel Freiheit möglich ist – je unbefangener die Auszubildenden sich austauschen können, umso echter wirken sie auf ihre Zielgruppe. W
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PERSONALMANAGEMENT
Generation Y –
die leistungsbereiten Sinnsucher
Unternehmen sollten sich auf
die veränderten Ansprüche
der Generation Y einstellen.
M
it der Generation Y startet jetzt eine Generation ins Arbeitsleben, deren Werte
und Erfahrungen sich deutlich von denen ihrer Eltern und Großeltern unterscheiden. Angesichts eines steigenden Fachkräftemangels werden die Unternehmen sich darauf
einstellen müssen.
Bereits seit einigen Jahren haben es die
Personalverantwortlichen in Betrieben aller
Größenordnungen mit einer ganz neuen Generation von Bewerbern zu tun, die sich oftmals schon durch ihr Auftreten von ihren Vorgängern unterscheidet.
Neue Werte
Es ist die erste Generation, die den Umgang
mit den digitalen Medien nicht erst im mehr
oder weniger fortgeschrittenen Alter gelernt
hat, sondern damit aufgewachsen ist. Die
Verknüpfung von virtueller und realer Welt
ist ebenso Teil ihres Lebens wie der selbstverständliche Umgang mit den verschiedenen Kanälen der sozialen Netzwerke. Die Vertreter älterer Generationen mag es irritieren,
dass viele der jungen Menschen ständig online sind und selbst im Gespräch nicht auf den
Blick aufs Smartphone verzichten können.
Andererseits müssen sie zugeben, dass sich
durch die totale Öffnung der Welt durch die
Nutzung des Internets früher unvorstellbare
neue Möglichkeiten ergeben haben, die von
vielen Vertretern der Generation Y virtuos genutzt werden.
Ihr Horizont beschränkt sich nicht auf
ihre unmittelbare Umgebung, sondern kann
Der Begriff „Generation Y”
Als „Generation Y“ werden die jungen Erwachsenen bezeichnet, die
zwischen 1980 und 1995 geboren wurden und die um die Jahrtausendwende zu den Teenagern zählten. Der Buchstabe „Y“ wird im
Englischen wie das Fragewort „why“ (= warum?) ausgesprochen, was
auf das charakteristische Hinterfragen durch diese Generation verweisen soll.
Die „Generation Y” gilt als Nachfolger der „Generation X“, also der
Jahrgänge zwischen 1960 und 1980. Die Generationen davor bezeichnet man als „Baby-Boomer-Generation” (1955 bis 1960) und „Nachkriegsgeneration” (1945 bis 1955).
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SERVICE 2/2015
die ganze Welt umfassen – es ist problemlos möglich, mit Gleichaltrigen in anderen
Ländern der Welt zu kommunizieren und an
ihrem Leben teilzuhaben. Ausgedehnte Auslandsreisen und Praktika in fernen Ländern
sind für die Generation Y fast schon selbstverständlich – ihre Heimat ist die ganze
Welt. Dazu gehört auch die Verständigung in
Fremdsprachen. Das dazu nötige Selbstbewusstsein hat die Generation Y von Zuhause mitbekommen. Ihre Eltern gehören der
Baby-Boomer-Generation an, die zunächst
hart arbeiten musste, um sich beruflich und
materiell etwas aufzubauen. Sie konnte es
sich dann aber leisten, ihre Kinder zu verwöhnen und ihnen das Gefühl zu vermitteln,
dass sie etwas ganz Besonderes sind. Dies
gilt in erster Linie natürlich vor allem für das
Viertel der Gesellschaft, das die finanziellen
Möglichkeiten dazu hat, beeinflusst aber das
Lebensgefühl der gesamten Generation.
Geprägt von diesen vielfältigen Erfahrungen gehen die 20- bis 30-Jährigen nun mit
deutlich anderen Erwartungen in die Arbeitswelt als frühere Generationen. Sie haben
durch ihre Weltoffenheit eine Vielzahl anderer Lebensformen und -entwürfe kennengelernt und wollen sich nicht vorschnell auf ein
Modell festlegen. Sie bieten ein hohes Maß
an Flexibilität und Einsatzbereitschaft, erwarten aber auf der anderen Seite, dass sich ihr
Engagement auch lohnt und ihnen Spaß und
Selbstbestimmung ermöglicht.
Neue Spielregeln bei der Suche
nach Fachkräften
Dabei hat die Generation Y einen starken Verbündeten auf ihrer Seite: die demografische
Entwicklung. Seit den frühen 70er Jahren
ist die Bevölkerungsentwicklung in allen Industrieländern rückläufig. Eine Prognos-Studie geht davon aus, dass sich die Zahl der Erwerbstätigen bis 2030 um 7,5 Prozent auf gut
38 Millionen verringern wird. Bereits heute
zeichnet sich ein Fachkräftemangel in fast allen Bereichen ab.
Dadurch verändern sich auch die Spielregeln bei der Suche nach neuen Mitarbei-
tern. Immer häufiger ist es nicht der Bewerber, der dem Unternehmen vermitteln muss,
warum es ihn einstellen sollte, sondern umgekehrt muss das Unternehmen ihm deutlich machen, warum es sich lohnt, bei ihm zu
arbeiten.
Work-Life-Balance wichtig
Die Anreize, die in früheren Zeiten dabei besonders wichtig waren, sind heute von eher
untergeordneter Bedeutung. Natürlich muss
die Bezahlung stimmen, aber ein PS-starker
Dienstwagen hat in Zeiten von Carsharing
seine Bedeutung als Statussymbol verloren.
Viel wichtiger ist es dem Vertreter der Generation Y, dass er die Verfügung über seine Zeit
und seine Lebensplanung nicht an einen anonymen Apparat abgeben muss – er geht ohnehin nicht davon aus, dass er sein ganzes
Leben bis zur Rente bei diesem einen Unternehmen verbringen wird.
Er will nicht weniger arbeiten als seine Eltern, aber er möchte gleichzeitig auch seine
Kinder aufwachsen sehen – die Gestaltung
der Arbeitszeit muss ihm genügend Freiraum
Das macht Unternehmen für Fachkräfte
der Generation Y attraktiv:
99
99
99
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99
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individuell zugeschnittene Arbeitszeitmodelle
hohe Flexibilität, Selbstbestimmung
gute Work-Life-Balance
inhaltlicher Anspruch der Arbeit, Coaching
flache Hierarchien
mitarbeiterorientierte Führung
gute Arbeitsatmosphäre
lassen zu entscheiden, wann und wo er arbeiten will. Schuften bis zum Herzinfarkt oder
jahrzehntelanges „Sich-Durchwursteln” trotz
innerer Kündigung wird es in dieser Arbeitnehmer-Generation wahrscheinlich seltener geben als bei früheren Generationen –
sie ist es gewohnt, in einer Welt voller Krisen
und Unsicherheiten zu leben, und wird sich
eher auf etwas Neues einlassen als althergebrachte Spielregeln akzeptieren, die für sie
keinen Sinn mehr machen. W
Faktoren bei der Bewertung von Arbeitgebern
Bei männlichen und weiblichen Studenten sind Jobsicherheit, ein gutes Gehalt und die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf die wichtigsten Faktoren bei der Bewertung von Arbeitgebern.
Quelle: Ernst & Young, Studentenstudie 2014
60 %
66 % 65 %
57 %
56 %
48%
39 %
Selbständiges Arbeiten
34 %
Flexible Arbeitszeiten
Gehalt/Gehaltssteigerung
Vereinbarkeit Familie & Beruf
Jobsicherheit
39 %
Aufstiegschancen
Flexible Arbeitszeiten
Vereinbarkeit Familie & Beruf
Jobsicherheit
Gehalt/Gehaltssteigerung
42 %
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SCHLUSSPUNKT
Luxemburger Deklaration:
Betriebliche Gesundheitsförderung in der EU
Gesunde Mitarbeiter in erfolgreichen Unternehmen – Manager in der EU haben längst erkannt, dass Investitionen in sichere Arbeitsplätze und für die Gesunderhaltung der Belegschaften ein wichtiger Faktor für Erfolg im globalen Wettbewerb sind. Auch kleine und mittelgroße Betriebe sollen davon profitieren. Wenn es gelingt, in den Schlüsselpositionen
eines Unternehmens die Übernahme von mehr Verantwortung für Gesundheit als Teil der
Unternehmenskultur zu verankern, ist ein wichtiger Schritt getan. Das kann eine Firma nach
außen kommunizieren, indem sie der Luxemburger Deklaration beitritt.
Bereits 1997 verabschiedete das Europäische Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) die Luxemburger Deklaration. Mit diesem gemeinsamen Bekenntnis zur
Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) haben Organisationen aus 27 Mitgliedstaaten
der Europäischen Union und der Schweiz den Grundstein dafür gelegt, dass gemeinsame
Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und der Gesellschaft zur Verbesserung der
Gesundheit und des Wohlbefindens am Arbeitsplatz einen höheren Stellenwert erhielten.
Auch 18 Jahre nach ihrer Entstehung sind die europaweit anerkannten Grundsätze der
Luxemburger Deklaration immer noch von Bedeutung. Denn die Bedingungen, auf die sich
Unternehmen und Beschäftigte einstellen müssen, verändern sich stetig: Neue Beschäftigungsverhältnisse und -formen (zum Beispiel befristete Arbeitsverträge, Teilzeitarbeit,
Home-Office) entstehen. Immer mehr Menschen arbeiten im Dienstleistungssektor. Neue
Informationstechnologien bringen Erleichterungen, erhöhen aber auch die Informationsdichte und durch die ständige Erreichbarkeit verwischen die Grenzen zwischen Berufs- und
Privatleben. Auch der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit wird durch die Verlängerung der
Lebensarbeitszeit in Folge der demografischen Entwicklung und vor dem Hintergrund der
Zunahme chronischer Erkrankungen nicht nur für die Beschäftigten selbst, sondern auch für
die Arbeitgeber immer wichtiger.
Mit folgenden Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung können Arbeitgeber
ihren Teil dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit und Motivation der Beschäftigten zu erhöhen und darüber hinaus ihren wirtschaftlichen Erfolg langfristig zu sichern:
bb Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen,
bb Förderung einer aktiven Mitarbeiterbeteiligung,
bb Stärkung der fachlichen, persönlichen und gesundheitlichen Kompetenzen.
Bis heute haben mehr als 200 Unternehmen unterschiedlichster Branchen die Luxemburger Deklaration zur Betrieblichen Gesundheitsförderung unterzeichnet. Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.bkk-dachverband.de/gesundheit/luxemburgerdeklaration.
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Betriebliche Altersversorgung:
Arbeitgeber verschenken Potenziale
Sie ist beliebt und für mehr als die Hälfte der Beschäftigten relevant für die Wahl
des Arbeitgebers – und doch führt die betriebliche Altersversorgung (bAV) ein
Schattendasein. Einer repräsentativen Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) zufolge liegt das vor allem an fehlenden Angeboten und
unzureichenden Informationen durch die Unternehmen.
Für die Studie wurden insgesamt 1.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland befragt. Von ihnen glauben nur zwei Prozent, dass die gesetzliche
Rente im Alter ihr benötigtes Einkommen abdecken wird. 58 Prozent haben für eine weitere Absicherung jedoch noch nichts unternommen. Die bAV wäre eine Option: Mit 43 Prozent ist sie PwC zufolge die beliebteste Form der Vorsorge, gefolgt
von der Riester-Rente und der privaten Lebensversicherung.
Wie die Studie zeigt, klafft eine große Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit.
Drei Viertel der Arbeitnehmer würden sich für eine bAV entscheiden, tatsächlich
machen nur 30 Prozent von ihr Gebrauch. 61 Prozent der Befragten, die keine Entgeltumwandlung nutzen, gaben an, „schlicht zu wenig” darüber zu wissen. Auch
glaubte mehr als die Hälfte der Befragten, dass ihr Arbeitgeber kein Angebot bereithalte – obwohl es einen gesetzlichen Anspruch darauf gibt.
Der Sparaufwand wird meist viel zu hoch eingeschätzt, während die Beratungskosten oft unterschätzt werden. Da die bAV für mehr als die Hälfte der Befragten
relevant für die Arbeitgeberwahl ist, könnten sich Unternehmen mit einer umfassenden und nutzenorientierten Beratung zum Thema Vorsorge positiv abheben. Hier
sei der direkte Weg etwa über Beratungsgespräche oder Informationsveranstaltungen am besten, so die Berater.
Die Kernergebnisse der PwC-Studie können Sie als PDF-Datei herunterladen
unter http://pwc.to/1Gxiv5P.
Vorschau
Für die nächste
Ausgabe ist geplant

Pflegezeit und Co.
Vereinbarkeit von Beruf und Pflege

Mitarbeiterüberwachung:
Was dürfen Sie als Arbeitgeber?
Impressum
Herausgeber:
BKK Dachverband e.V.
Mauerstraße 85, 10117 Berlin
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nur mit Genehmigung des Herausgebers erlaubt.
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Verantwortlicher Redakteur: Stefan Allary
Kontakt zum Herausgeber:
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Redaktion: Axel-Friedrich Foerster, Susanne Görsdorf-Kegel,
Sigrun Knoche, Dirk Lenzing, Agnes Mehringskötter,
Ingo Mrowka, Inken Roeder
Layout: Nancy Stickel
Redaktionsschluss: 16.3.2015
Verlag:
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Feldstiege 100, 48161 Münster
Druck: Fromm GmbH & Co. KG, Osnabrück
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online-umfrage auszufüllen. Falls Sie weitere Wunschthemen oder Anregungen haben, teilen Sie uns diese doch gern mit – wir werden versuchen,
sie in den nächsten Ausgaben umzusetzen.
„Denke nicht so oft an das,
was dir fehlt, sondern an
das, was du hast.“
Marc Aurel (121-180)
ISSN 2192-788X
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Aus Gründen der Lesbarkeit werden im SERVICE durchgehend
die männlichen Wort­formen verwendet, auch wenn geschlechts­
neutrale Aus­sagen getroffen werden sollen.
SERVICE 2/2015
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