FAHRRAD Berlin und Umland A EXTR TE R A K URG RA D ENB D BRAN CHEN AKTIS IM PR AT ZUM FORM EHMEN N RAUS DIE 30 BESTEN RADTOUREN ANS MEER DIE SCHÖNSTEN RADWEGE AN DIE OSTSEE AUF DIE STRASSE VISIONEN FÜR EINE BESSERE FAHRRADPOLITIK SELBER MACHEN DER PERFEKTE TECHNIK-CHECK 7,90 € 01 4 190132 107909 Liebe Radfreunde, wir sind überall und wir werden immer mehr. In Berlin sitzen etwa doppelt so viele Menschen auf dem Rad als noch vor 20 Jahren. Andere Städte ziehen nach. Ob London oder Paris – die dortigen Bürgermeister bekennen sich zum Fahrrad und nehmen im Kampf gegen verstopfte Innenstädte, schlechte Luft und chronische Parkplatznot Millionensummen in die Hand. Sie haben erkannt: Dem Rad gehört die Zukunft im urbanen Mobilitätsmix. Wir lieben Radfahren. Seit vielen Jahren. Und wir schätzen Menschen, die sich für diese Form der Fortbewegung starkmachen. Wie der Radio-Eins-Experte Benno Koch, der unermüdlich für eine bessere Radinfrastruktur unterwegs ist. Oder der an Krebs erkrankte Sven Marx, der mit dem Radfahren eine neue Lebensaufgabe gefunden hat. Oder die Fotografin und Fahrradkurierfahrerin Lisa Wassmann, die einen Kollegen im Winter begleitet hat. Oder die Selbsthilfewerkstatt in der Regenbogenfabrik, die uns und Ihnen hilft, den geliebten Drahtesel wieder flottzumachen. All diese Beispiele zeigen: Radfahren verbindet. Radfahrer gehören zu einer immer größer werdenden Gemeinschaft, die sich gegenseitig hilft und unterstützt. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen! FOTO MARTI N HILDEBRAN DT COVERFOTO LIS A WAS SMANN MO DE L COSI MA SCHÖ N FAHRRAD R AKE TE BERLIN Umso erstaunlicher ist es, wie wenig der Berliner Senat, aber auch die Bundesregierung derzeit für Radfahrer in die Wege leiten. Auch viele Medien scheinen den Trend zu verschlafen. Berichtet wird meist in dem Ressort Auto & Verkehr. Es sei denn, die Rüpelradler sind unterwegs. Dann schaffen es die bösen Radfahrer auch auf die Titelseite. Martin Hildebrandt FAHRRAD 3 4 FAHRRAD F OTO IMAGO / M.ZET T LE R INHALT 6 12 20 58 60 Dossier von Urbanist-Magazin.de Beitrag zur Sicherheit von Radfahrern 68 24 Fotoreportage Unterwegs mit einem Fahrradkurier 70 32 80 Geile Teile Produkte rund ums Rad Puzzlespiel Radpolitik Fazit von Benno Koch mit Stil Fahrrad-Mode Funktionale Kleidung 38 Das perfekte Reiserad Ratgeber zum Rad Fernradwege Die besten Wege an die Ostsee Tourenverzeichnis Die 30 besten Touren in Berlin-Brandenburg Wellness-Touren Fünf Touren für Entspannungssuchende Familien-Touren Fünf Touren für Groß und Klein Probefahrt Unterwegs mit einem S-Pedelec 90 42 46 100 Selbsthilfe Fahrrad flottmachen BUGA 2015 Das Konzept der Fahrradstation 52 Kampf gegen Krebs Reportage über den Weltenbummler Sven Marx Picknick-Touren Fünf Touren für Genießer Camping-Touren Fünf Touren für Zeltfreunde 110 Badesee-Touren Fünf Touren zu den schönsten Seen 120 Berlin-Touren Fünf Touren durch 130 Impressum Wir für Sie die Stadt FAHRRAD 5 BERLINER RADPOLITIK PUZZLESPIEL RADPOLITIK Berlin ist weit davon entfernt, Fahrradhauptstadt zu werden. Eine Analyse des ehemaligen Fahrradbeauftragten des Senats Text Benno Koch 12 FAHRRAD F OTO WW W.CRI TICAL- MAS S -BE RLI N.DE BERLINER RADPOLITIK Als das Berliner Abgeordnetenhaus Anfang Juni 2014 die Chancen einer Fahrradstadt diskutiert, brechen plötzlich alle beschlossenen Radverkehrsstrategien des Senats zusammen: „Wir werden den alten Fehler einer autogerechten Stadt nicht durch den neuen Fehler einer fahrradgerechten Stadt wiederholen“, wird Michael Müller später verkürzt in den Zeitungen dieser Stadt zitiert. Müller hat sich als Stadtentwicklungssenator in der Fahrradszene keinen guten Namen gemacht. Jetzt ist er Regierender Bürgermeister von Berlin. Und im Frühjahr 2015 kochen die Emotionen in der Bloggerszene wieder hoch: „Zurzeit erinnert die Art und Weise, wie man sich um das Rad als Verkehrsmittel ,bemüht‘, eher an Bekämpfung als an Förderung.“ Oder: „Wer eine angebliche Gefahr einer ,fahrradgerechten Stadt‘ suggeriert, meint eindeutig: Die allgegenwärtige Dominanz des motorisierten Verkehrs darf allenfalls angekratzt werden.“ Im Radspannerei-Blog, dem ältesten Fahrradblog Berlins, wird Müllers Aussage ein Jahr später zwei aktuellen Ankündigungen der Bürgermeister von London und Paris gegenübergestellt. Boris Johnson zeigt sich gerne auf dem Rennrad und ist seit sieben Jahren Londoner Bürgermeister. Anfang März 2015 fuhr Johnson persönlich mit dem Bagger vor, um den ersten Schaufelstich für vier neue Radschnellwege („Cycle Superhighways“) quer durch London zu setzen. Bis Ende 2016 sollen dafür 160 Millionen Britische Pfund (222 Millionen Euro) investiert werden. Insgesamt ist sogar die Rede von einer Milliarde Euro innerhalb der nächsten Jahre. FAHRRAD 13 Critical Mass – Tausende treffen sich jeden letzten Freitag im Monat zu einer „spontanen“ Protestfahrt durch die Innenstadt. Einige Autofahrer reagieren auf die Aktion genervt, andere gelassen › 20 FAHRRAD GASTBEITRAG urbanist magazin FÜRCHTET EUCH NICHT Berlin auf dem Rad zu erfahren, ist im Vergleich zu früher sicherer geworden. Dennoch gibt es weiterhin zu viele Unfälle. Dagegen wird einiges getan. Leider häufig das Falsche Text Ulrike Heringer, Kevin Schön, Till Runge Illustrationen Roland Brückner Auf dem Rad ist man schnell unterwegs, unabhängig – und sieht dabei auch noch gut aus. Ein Fahrrad braucht wenig Platz, die dazugehörige Infrastruktur ist günstig zu errichten und zu unterhalten. Es macht keinen Lärm und stinkt nicht. Weltweit haben viele Städte die Vorzüge des Fahrrads längst erkannt und investieren fleißig in die Radverkehrsförderung. Auch viele Berliner haben das Rad für sich entdeckt, wie man tagtäglich auf den Straßen sieht. Radfahren ist zudem in den letzten 20 Jahren viel sicherer geworden. Die Zahl der tödlichen Unfälle ist bundesweit um mehr als die Hälfte gesunken, trotz einer erheblichen Steigerung des Radverkehrsaufkommens. Dennoch sorgt der Autoverkehr weiterhin wie unter allen Straßenverkehrsteilnehmern auch unter Radfahrern für Tote und Verletzte. Jeder Unfall ist einer zu viel. Daher wird viel unternommen, um Unfälle zu verhindern oder zumindest ihre Folgen einzudämmen. Doch allein der gute Wille, Unfälle verhindern zu wollen, führt noch nicht zu guten Maßnahmen. Was läuft falsch und was macht den Radverkehr wirklich sicherer? Mehr Sicherheit durch souveränes Fahren Radfahren ohne Licht ist eine der meistbeklagten Ordnungswidrigkeiten von Radfahrern, aber als Unfallursache so irrelevant, dass es in den einschlä- gigen Statistiken teilweise gar nicht aufgeführt wird. Dennoch testet die Polizei bei fast jeder Kontrolle von Radfahrern als Erstes, ob deren Fahrradlicht funktioniert. Bei einer „Schwerpunktaktion zur Sicherheit des Radfahrverkehrs“ verhängte die Berliner Polizei 902 Ordnungswidrigkeitsanzeigen gegen Radfahrer – zu einem Teil aufgrund „technischer Mängel“, worunter mangelndes Licht geführt wird. Selbstverständlich müssen sich Radfahrer genau wie alle anderen Menschen auch an Gesetze halten. Allerdings sollte man derartige Kontrollen dann als „Maßnahme zur Erhöhung der Gesetzestreue“ betrachten, nicht als Aktionen, die die Sicherheit der Radfahrer erhöhen. Zumal, wenn diejenigen Situationen, die für das Leben von Radfahrern wirklich gefährlich werden können, kaum geahndet werden. Das gilt besonders für Abbiegevorgänge von Autos, welche die Vorfahrt der geradeaus fahrenden Radfahrer missachten. Zum Vergleich: Bei der gesamten oben angeführten „Schwerpunktaktion zur Sicherheit des Radfahrverkehrs“ hat die Polizei gegen zwölf Autofahrer eine Ordnungswidrigkeit verhängt, dabei ist es die häufigste Unfallursache bei Radfahrern. Es gilt vielmehr festzuhalten, dass gesetzestreues Verhalten von Radfahrern im Straßenverkehr nicht automatisch sicheres Verhalten bedeutet. Wichtig ist vielmehr souveränes Verhalten. Das bedeutet, Situationen richtig einFAHRRAD 21 schätzen zu können und danach zu handeln, statt sich blind an Regeln zu halten. Gefahren gehen nicht von roten Ampeln aus, sondern von Fahrzeugen. Viele Radfahrer halten an jeder roten Ampel und bewegen sich auch ansonsten unauffällig durch die Straßen. Sie fahren nur eng am rechten Fahrbahnrand, oft aus Furcht oder weil es sich richtig anfühlt. Leider führt das dazu, dass sie dicht überholt werden und häufig von unachtsam geöffneten Autotüren parkender Autos getroffen werden. Wer hingegen nahezu in der Mitte der Fahrspur Fahrrad fährt, hat diese Probleme deutlich seltener. Wer souverän fährt, fährt sicherer und komfortabler. Mehr Sicherheit durch kluge Infrastruktur Die Deutsche Polizeigewerkschaft schaffte es Anfang dieses Jahres in die Schlagzeilen: Sie forderte allen Ernstes eine Warnwestenpflicht für Menschen, die bei Dunkelheit Rad fahren. Die Logik dahinter klingt auf den ersten Blick bestechend: Wenn Radfahrer besser gesehen werden, gibt es auch weniger schwere Unfälle. Dabei hat die Gewerkschaft allerdings nicht in die Statistiken geschaut. Denn gerade die Situationen sind für Radfahrer am gefährlichsten, in denen sie gar nicht erst in den Blickwinkel der Autofahrer geraten. Egal ob mit schwarzer oder neongelber Bekleidung. Häufige Unfälle sind diejenigen, bei denen rechts abbiegende Autofahrer › FERNRADWEGE BERLIN-ROSTOCK Faktencheck Unsere Wertung Länge: 620 km (bis Rostock 295 km) Ungefähre Fahrzeit: 5 Tage bis Rostock Geeignet für: Familien, Wasserratten Vorteile: Sehr abwechslungsreich mit sehenswerten Etappenzielen, viele Seen mit Zeltplätzen und Badestränden, gute Infrastruktur, da touristische Region Nachteile: Strecke führt über Umwege an die Ostsee, in der Mecklenburgischen Seenplatte im Sommer oft ausgebucht, ein Teil nicht mit Anhänger befahrbar Sehenswürdigkeiten: Ziegeleipark Mildenberg, Weihnachtshaus in Himmelpfort, Gedenkstätte Ravensbrück, Nationalpark Mecklenburgische Seenplatte, Müritz, Jabel, Schloss Güstrow, Altstadt Rostock D er Berlin-Kopenhagen-Radweg weckt Fernweh und Furcht zugleich. „Nach Kopenhagen mit dem Rad – das ist doch viel zu weit“, glauben viele, die bislang nur um den Müggelsee geradelt sind. Aber Radfahrer sind flexibel: Bis Rostock beziehungsweise Warnemünde reicht ja aus. Das sind dann knapp 300 Kilometer, was weniger beängstigend klingt. Und für diese Strecke darf man sich Zeit nehmen. Der Fernradweg wurde nicht für Schnellfahrer geplant, die einfach nur Strecke machen wollen. Er führt quer durchs Land, macht hier einen Bogen, dort eine Schleife. Dadurch ist er etwas länger, aber fast nie langweilig. Jede Etappe bringt eine neue Sehenswürdigkeit. Schon in Berlin 62 zeigt sich mit dem Spandauer Schifffahrtskanal eine ungewöhnliche Seite der Stadt. Und so geht es fröhlich an der Havel weiter zum Ziegeleipark Mildenberg, einem spannenden Industriemuseum mit moderner multimedialer Umsetzung. An diesen Orten lohnt es sich für einen halben Tag zu bleiben, wie auch in Himmelpfort, an der Gedenkstätte Ravensbrück oder im Nationalpark Mecklenburgische Seenplatte. Tipp: Der Berlin-Kopenhagen-Radweg führt um den Nationalpark herum. Die Kieswege im Nationalpark sind aber gut zu befahren und interessanter. Auch hinter Warnitz, dem touristischen Zentrum an der Müritz, bleibt es abwechslungsreich. Jabel, Krakow oder Güstrow – viele niedliche Städt- FAHRRAD F OTO MART IN HI LDEBRANDT; I MAGO / MARI A G ÄNS SLE R Dieser Plattenweg sieht holpriger aus, als er ist. Klosterruine in Himmelpfort. FERNRADWEGE Auf nach Auf Lieb nac Sonnenuntergang an der Müritz Nur unweit vom Radfernweg Berlin – Kopenhagen laden wir Sie zu einer kulinarische Sinnesreise ein. Anschließend können Sie hausgemachte Produkte im Gutshofladen kaufen, und damit ein Stück Liebenberg mit nach Hause nehmen. Informieren Sie sich auf unserer Webseite über die aktuellen Veranstaltungen. Bett & Bike TAG 1 Gasthaus Alter Hafen Ziegelei 11, 16792 Zehdenick, Tel. 0330730 18 70, www.gasthausalter-hafen.de Schloss & Gut Liebenberg Parkweg 1 a | 16775 Löwenberger Land | OT Liebenberg Tel.: 033094 7000 | [email protected] www.schloss-liebenberg.de RAUS AUFS LAND! TAG 2 Pension Fischerhaus Blankenförde-Fischerhaus 1, 17252 Mirow , Tel. 039829-202 12, www.pensionfischerhaus.de F OTO I MAGO / BILDFUNKMV; MARTI N HI LDEBRANDT TAG 3 Gutshaus Zietlitz Serrahner Straße 2, 18292 Zietlitz, Tel. 038457222 43, www.gutshaus-zietlitz.de TAG 4 Gästehaus am Schlosspark Güstrow Neuwieder Weg, 18273 Güstrow, Tel. 03843-24 59 90, www.gaestehausguestrow.de HotelHotel ! Rest Mit dem original zitty Spezial Brandenburg Geschafft: Ankunft am Strand PLUS: ATLAS Karten mit allen Highlights zum Herausnehm en chen liegen an der Strecke. Und man hat kaum Probleme, Zeltplätze oder Unterkünfte zu finden. Doch auch wenn etliche Dinge Lob verdienen, Kritik ist ebenfalls angebracht. Nicht immer kann sich der Radfahrer auf einen guten Untergrund verlassen. Das betrifft insbesondere den katastrophalen Abschnitt zwischen Strasen und Wesenberg. Dort hilft teilweise nur Schieben oder eine Umfahrung auf der Landstraße. Mit der Liebe zum Rad lässt sich das dann auch nicht mehr schönreden. Aber was soll das Gemecker: Die Strecke ist ein Traum. www.zitty.de/touren2015-31 FAHRRAD 63 8,90 Euro zzgl. Versand Im Handel oder online bestellen unter zitty.de/brandenburg FOTO OLIVER BASCH PHOT OGRAPHY 2014 TOUR 9 – FÜR DIE GANZE FAMILIE Inseln machen glücklich, die in Kyritz ganz besonders 86 FAHRRAD FÜR DIE GANZE FAMILIE – TOUR 9 VOM PFERDESCHLOSS ZUM INSELTRAUM Staunen und spielen: In Neustadt (Dosse) steht ein Schloss für Pferde und auf der Insel in Kyritz toben sich Piraten aus Text Martin Hildebrandt Die Tour finden Sie online und zum Download auf www.zitty.de/touren2015-9 Es mag wie eine Floskel wirken, aber wer nach Brandenburg fährt, kommt manchmal aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das gilt für diese Radtour ganz besonders, denn sie verbindet zwei sehr ungewöhnliche Orte: eine Schlossanlage für Pferde und die „Insl“ in Kyritz. Ein Manko ist die sehr unterschiedliche Beschaffenheit der Wege. Rennradtauglich ist diese Tour nicht. Und auch der Autoverkehr stört mal mehr, mal weniger. Gleich zu Beginn müssen wir uns durch Neustadt an der Dosse quälen. „Stadt der Pferde“ nennt sich die Gemeinde, aber die Gegend rund um den Bahnhof hat mit einem Ponyhof wenig gemein. Die Gaststätte ist geschlossen, der Bahnhof verfallen. Doch ein Schild weist den Weg aus der Einöde: Brandenburgisches Haupt- und Landgestüt. Die Pferdezuchtanlage trägt auch den Namen „Sansoucci der Pferde“, und das völlig zu Recht. Friedrich Wilhelm II. ließ das Gestüt 1788 erbauen. Das Ziel: eigene Pferde für das preußische Militär züchten. Die streng geometrische Anlage beeindruckt noch heute und auch ihre Offenheit. Das Betreten der Ställe ist ausdrücklich gestattet. 9 Ziel Kyritz Neuruppin Start Neustadt Berlin Start: Neustadt (Dosse) Ziel: Kyritz Länge: 19,6 km Dauer: 2 Stunden Anspruch: leicht FAHRRAD 87 Ein kleines Museum klärt über die Geschichte auf. Über eine Allee mit Kastanien radeln wir zum Landgestüt, wo ebenfalls Pferde gestreichelt werden können. Über eine Nebenstraße schlängeln wir uns zum Flüsschen Dosse durch. Auf einer wunderschönen, autofreien Allee gleiten wir vier Kilometer Richtung Wusterhausen und dort über den hübschen Marktplatz mit Fachwerkhäusern. Ein kurzer Stopp für ein Eis und weiter geht es zum Klempowsee nördlich von Wusterhausen. Dieser gehört zur Kyritzer Seenkette, die künstlich aufgestaut wurde. Wir radeln durch den Wald immer am Wasser zum Strandbad Kyritz. Und zum Fährmann, der auf unkonventionelle Art und Weise benachrichtigt wird. An der Steganlage hängt ein Topf, auf den wir nun kräftig schlagen. Und siehe da, auf der Insel steigt jemand in einen Kutter und fährt zu uns herüber. Auf der „Insl“ wacht Rosemarie über das Geschehen. Zusammen mit Kai und Lars kümmern sie sich um das Eiland mit Gasthaus. Junge Berliner, die mit viel Witz und vor allem viel Liebe einen ganz besonderen Ort erschaffen haben. Kindgerecht, aber ebenso für Erwachsene erholsam. Ab und an feiern die Insulaner lustige Feste, Piratenfeste und Hochzeitspartys. Das Gemeinschaftsgefühl soll gestärkt werden. Zurück geht es – logisch – mit der Fähre und dann einige Kilometer durch Kyritz zum Bahnhof. Dieser Teil ist leider mehr Pflicht denn Kür. Aber das schreckt am Ende keinen Piraten. TOUREN IN BERLIN – TOUR 26 RADTOUR AUF DEM MAUERRADWEG I Im ersten Teil erkunden wir den Mauerradweg in Richtung Norden, auf der Strecke: Zierkirschen und Zeugnisse der Vergangenheit Text Sarah-Charline Meiners Die Tour finden Sie online und zum Download auf www.zitty.de/touren2015-26 Die Berliner Mauer, auch wenn sie gar nicht mehr existiert, ist ein Touristenmagnet. Wer die Teilung nicht persönlich miterlebt hat und sie nur aus Erzählungen kennt, dem fällt es schwer, sich diese undurchdringbare Grenze vorzustellen. Um der Berliner Mauer nachzuspüren, bietet sich eine Radtour auf dem Mauerweg an. Die Route vom U-Bahnhof Eberswalder Straße führt aus dem Touristentrubel der Innenstadt heraus Richtung Norden nach Frohnau. Der Verlauf des Mauerwegs ist dabei durchgängig durch graue Hinweisschilder gekennzeichnet. Wir stoßen an der Bernauer Straße zum ersten Mal auf die ehemalige Grenze. Links befindet sich die Gedenkstätte Berliner Mauer mit original Grenzanlage und Todesstreifen. Geradeaus über die Bernauer Straße geht es in den Mauerpark, in dem noch heute Teile der Hinterlandmauer stehen. Weiter durch den Mauerpark hindurch kommen wir über den Schwedter Steg zur Norweger Straße, an dessen Ende der Bahnhof Bornholmer Straße liegt. Hier fahren wir unter der Bösebrücke hindurch, dem ersten Grenzübergang, der in der Nacht des 9. November 1989 geöffnet 26 Ziel Frohnau Start Eberswalder Straße Berlin Start: Eberswalder Straße Ziel: Frohnau Länge: 20,7 km Dauer: 2 Stunden Anspruch: leicht FAHRRAD 121 wurde. Nun führt die Strecke durch eine sehr schöne, lange Allee, gesäumt von japanischen Zierkirschen. Nachdem wir unter den Bahngleisen hindurch sind, geht es in ein Wohngebiet hinein. Auf dem Radweg geht es am Bürgerpark Pankow und an einem Friedhof vorbei. Ab der Klemkestraße folgen wir wieder den grauen Hinweisschildern, die auf einen Weg parallel zu den Bahngleisen weisen. Der Asphalt ist teilweise sehr holprig und uneben, dafür ist der ehemalige Todesstreifen hier besonders gut sichtbar: Die noch unbebaute, mit Birken bewachsene Fläche, die heute zum Spazieren und Picknicken einlädt, war früher Niemandsland. Der Weg zieht sich weiter am Bahnhof Wilhelmsruh vorbei bis zum Nordgraben. An diesem tief gelegenen Wassergraben stoßen wir auf die Gleise der Heidekrautbahn, denen wir nun folgen. Links steht das Märkische Viertel mit seinen Hochhäusern, rechts liegt der Bezirk Pankow. Nachdem wir den Wilhelmsruher Damm überquert haben, fahren wir zwischen Schrebergärten und Einfamilienhäusern um den Erholungspark Lübars herum, dessen Rodelberg besonders gut zu sehen ist. Danach erreichen wir das Tegeler Fließ mit seinen Mooren. In Reinickendorf ist der genaue Verlauf der Mauer nur schwer nachzuvollziehen, da in diesem Wohngebiet nach der Wende viele neue Häuser gebaut wurden. Von der B 96 geht auf der linken Seite die Sackgasse Am Sandkrug ab. Zu Mauerzeiten wurde dieser Weg, der zur DDR gehörte und nach West-Berlin reinragte, aufgrund seiner Form „Entenschnabel“ genannt. Heute erinnern eine orange Stele und zwei Mauersegmente an die außergewöhnlichen Lebensumstände der damaligen Bewohner. Auf der B 96 Richtung Norden kommen wir nach Frohnau, wo wir den Mauerweg verlassen und über den Edelhofdamm den S-Bahnhof Frohnau erreichen. Hier endet unsere Fahrradtour. Wer den Mauerweg weiterverfolgen möchte, kann unsere zweite Mauertour aus diesem Heft (siehe nächste Seite) bis nach Spandau abfahren. FOTO ME TODI PO POW, CAROLA KOS EROWSKY / ALLE IMAGO TOUR 27 – TOUREN IN BERLIN Auf dem Mauerradweg: Zierkirschen als Zeichen des Friedens 122 FAHRRAD UNTERRUBRIK RUBRIK Sassnitz Ostseebad Zingst Bergen auf Rügen Stralsund Ribnitz-Damgarten Peenemünde Rostock Greifswald Tribsees Wolgast Dziwnów Gnolen Schwaan Swinemünde Demmin Usedom Anklam Bützow Wolin Berlin-Rügen Güstrow Ückermünde Altentreptow Krakow am See Torgelow Berlin-Kopenhagen Neubrandenburg Waren (Müritz) Pasewalk Burg Stargard Berlin-Usedom Röbel/Müritz Szcecin Neustrelitz Prenzlau Mirow Gryfino Fürstenberg/Havel Berlin-Stettin Rheinsberg Schwedt/Oder Angemünde Zehdenik Joachimsthal Liebenwalde Oderberg Eberswalde Biesenthal Oranienburg Wrietzen Bernau bei Berlin Henningsdorf Buckow (Märkische Schweiz) Berlin 60 FAHRRAD FERNRADWEGE KARTE PO NKE GRAB O FOTO MARCUS LORE NZ / QUERBLICK Nach vier Tagen auf dem Rad ist das Meer in Sicht KOMM, WIR FAHREN AN DIE OSTSEE! Berlin liegt fast am Meer. Man muss nur auf das Fahrrad steigen und hinfahren. Und bis dahin verzaubert einen eine wundervolle Landschaft, die schon manchen Radler hat stranden lassen. Doch welcher Weg ist für wen geeignet? Die besten Radwege an die Ostsee im Überblick Text Martin Hildebrandt FAHRRAD 61
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