Methodik zum ADAC-Kindersitztest

26. Mai 2015
ADAC-Kindersitztest 2015: So haben wir getestet
Der Kindersitz-Vergleichstest wurde vom ADAC gemeinsam mit zwei europäischen
Automobilclubs und der internationalen Verbraucher-Organisationen ICRT (International Consumer Research and Testing) – unter anderem vertreten durch die Stiftung
Warentest – im Lauf des vergangenen halben Jahres durchgeführt. Ziel war es, das
Angebot auf dem Markt möglichst umfassend darzustellen, wobei die Vielzahl der
Produkte eine Vorauswahl durch die Testpartner erforderlich machte. Die Produktauswahl im Kindersitztest 2015 bezog sich auf Modelle aller Gewichtsklassen
mit ECE-R 44 Zulassung und nach ECE-R 129 zugelassene Sitze. Aufgrund verschiedener Änderungen im Test (z. B. neuer Q10-Dummy, der das Vorgängermodell
P10 ersetzt) sind die Ergebnisse nicht direkt mit denen der Vorjahre vergleichbar.
30 Produkte – 23 davon sind in Deutschland erhältlich – wurden ausgewählt und
nach den Kriterien Sicherheit (Frontal- und Seitenaufprall, Sitzkonstruktion), Bedienung (Sitzeinbau, Anschnallen des Kindes, Größenanpassung, Bedienungsanleitung,
Fehlbedienungsgefahr, Reinigung & Verarbeitung), Ergonomie (Platzangebot &
Komfort fürs Kind, Platzbedarf im Fahrzeug, Sitzposition) sowie Schadstoffgehalt
getestet. Die Tests zur Ermittlung des Kinderschutzpotenzials bei einem Unfall wurden im Rahmen von Frontal- und Seitenaufpralltests vom ADAC im ADACTechnik-Zentrum in Landsberg durchgeführt. Die Automobilclubs aus Österreich
(ÖAMTC) und der Schweiz (TCS) überprüften die Handhabung der Kindersitze. Die
Schadstoffprüfungen wurden von einem externen Labor im Auftrag der Stiftung Warentest übernommen, die die Ergebnisse selbst ausgewertet hat.
Die Kindersitze der Modelljahre 2015 wurden gemeinsam von allen Partnern in verschiedenen Ländern anonym bei Fachhändlern eingekauft. Sie mussten den gesetzlichen Regelungen ECE-R 44-04 oder ECE-R 129 entsprechen. Deckt ein Sitz mehrere
ECE-Klassen bzw. Einbauarten ab, wurden diese getrennt getestet.
Für die Bewertung der Sitze wurde das jeweils schlechteste Ergebnis herangezogen,
das in einer einzelnen Gewichtsklasse bzw. Einbauart erzielt worden war. Denn sofern ein Sitz für mehrere Gewichtsklassen bzw. Einbauarten ausgelegt ist, muss er
dem größer werdenden Kind während der gesamten Gebrauchszeit maximale Sicherheit bieten.
ADAC Pressestelle
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Leitung Pressestelle
Christian Garrels
Testkriterien und -methodik: Um die Kindersitze in puncto Sicherheit zu prüfen,
wurden sie einem Frontalaufprall (in Anlehnung an die Zulassungsversuche nach
ECE-R 44, jedoch bei höherer Unfallschwere) und einem Seitenaufprall unterzogen.
Dabei wurden unterschiedlich große Dummys in Sitz- und Ruheposition eingesetzt.
Die Sitze wurden auf einen Prüfschlitten montiert, auf dem eine Karosserie eines
fünftürigen VW Golf VI angebracht worden war. Der Frontalaufprall wurde mit 64
km/h, der Seitenaufprall mit 50 km/h simuliert.
Beim Frontalaufprall wurden Kinderdummys aus der Q-Serie eingesetzt. Die QDummys sind die Nachfolgebaureihe der P-Dummys. Nach hinten gerichtete Sitze
wurden mit dem größtmöglichen Dummy geprüft, nach vorne gerichtete Sitze mit
dem kleinst- und größtmöglichen Dummy. Der Grund: Der kleine Dummy liefert in
rückwärtsgerichteten Kindersitzen keine neuen Erkenntnisse, in vorwärtsgerichteten
jedoch schon.
Für die Frontalaufprallversuche wurden die Kindersitze auf der FahrzeugRücksitzbank einer VW-Golf-VII-Karosserie montiert. Beim Seitenaufprall waren
die Sitze auf einer Testbank mit eindringender Türe montiert. Vier Hochgeschwindigkeitskameras hielten die Crashversuche im Film fest. Die Anforderungen dieser
Prüfungen lagen deutlich über den gesetzlichen Mindestanforderungen der Kindersitz-Regelungen ECE-R 44 bzw. ECE-R 129.
Ebenso ging es bei den Tests darum, herauszufinden, wie leicht die Sitze im Fahrzeug eingebaut, wie fest sie installiert und wie sicher die Kinder angeschnallt werden
können. Der Gurt muss sich schließlich optimal an ein Kind anpassen lassen. Für die
Prüfung kamen erfahrene Tester sowie Laien zum Einsatz.
Die Prüfer nahmen den Gurtverlauf, die Größenanpassung, die Standfestigkeit auf
dem Fahrzeugsitz und die Kopfabstützung unter die Lupe. Ebenso wurde geprüft, wie
ergonomisch ein Sitz gestaltet ist, also wie viel Platz ein Kind beim Sitzen hat, wie
viel Platz der Sitz im Fahrzeug benötigt und wie gut Sitzposition sowie Komfort sind.
Die Sitze wurden für diesen Zweck in einem drei- und fünftürigen Fahrzeug und in
einem Van eingebaut (Opel Adam dreitürig, Golf VII fünftürig, Ford C-Max). Auch
wurde der Frage nachgegangen, wie leicht ein Bezug abzunehmen und zu waschen
war. Gecheckt wurde die Verarbeitung hinsichtlich sicherheitsrelevanter Mängel, etwa scharfer Kanten.
Seit 2011 werden auch die Schadstoffe eines Kindersitzes geprüft. Dabei geht es um
jene Teile, mit denen ein Kind in Kontakt kommt, etwa der Sitzbezug. Angelehnt an
die GS-Prüfung, die „REACH“-Richtlinie, „Ökotex 100“, die EN 71 u. a. wird z. B.
der Gehalt an Weichmachern, Flammschutzmitteln, Formaldehyd und Phenolverbindungen überprüft.
Die Ergebnisse: Die Test-Ergebnisse der einzelnen in Deutschland erhältlichen Modelle wurden in einer Tabelle zusammengestellt. Jedes einzelne Produkt wurde in den
einzelnen Kategorien beurteilt und mit Informationen versehen (Beschreibung, Montage, Preis) sowie mit Angaben zu dessen Stärken und Schwächen. In der ECE-R 44
sind die Kindersitze in fünf Gewichtsklassen eingeteilt (0, 0+, I, II, III). Es gibt aber
auch Sitze, die mehrere Gewichtsklassen abdecken (z. B. 0/I, I/II/III, II/III) und Modelle, die nach ECE-R129 zugelassen sind und deren Kategorisierung anhand von
Größenangaben erfolgt. In der Tabelle sind jeweils die vergleichbaren Sitze in sieben
Gruppen zusammengefasst.
Das Testurteil ergibt sich aus den Ergebnissen der Kriterien „Sicherheit“, „Bedienung“ sowie „Ergonomie“. Ein erhöhter Schadstoffgehalt führt zu einer Abwertung.
Die Benotung erfolgt in fünf Stufen, von „sehr gut“ bis „mangelhaft“. Bei sicherheitsrelevanten und besonders wichtigen Kriterien (z. B. Gefahr der Fehlbedienung)
können schlechte Einzelnoten zur Abwertung der übergeordneten Bewertung bzw.
des ADAC Urteils führen. Details zur Ermittlung des ADAC Urteils sind auf der Internetseite des Kindersitztests unter „Methodik und Hintergrund“ zu finden.
Die Anforderungen im ADAC-Kindersitztest sind höher als bei der amtlichen Zulassung. Diese ist in der EU-Regelung ECE-R 44-04 und ECE-R 129 beschrieben. Während die amtliche Zulassung eine Mindestanforderung darstellt, stellt der ADAC
beim Kindersitztest schon seit Jahren deutlich höhere Anforderungen. So gehört
schon seit 2001 ein Seitencrash zum Testprogramm des ADAC. Dieser Teil des Kindersitztests ist besonders wichtig, weil durch die geringe Knautschzone das Verletzungsrisiko deutlich höher ist als bei den häufigeren Frontalkollissionen. Im Rahmen
der 2013 erschienenen ECE-R 129 gibt es einen Seitencrashtest, diese ist aber noch
nicht für alle neuen Produkte zwingend vorgesehen bzw. gültig.
Qualitätssicherung: Seit 2003 wird der Kindersitztest von einem Konsortium aus
europäischen Automobilclubs und Verbraucherschutzorganisationen durchgeführt,
ausgewertet und veröffentlicht. Die Durchführung und Bewertung der Tests wird regelmäßig an den aktuellen Stand der Technik angepasst. Die Testergebnisse der Jahre
2007 bis 2010 und 2011 bis 2014 sind direkt vergleichbar. In diesem Jahr wurde der
Test wiederum überarbeitet, so dass die Ergebnisse nicht mehr direkt mit denen der
Vorjahre vergleichbar sind.
Grundlage für die Versuchsabläufe waren interne Qualitätssicherungsmaßnahmen,
etwa eine Checkliste zur Untersuchungsdurchführung sowie Prüf- und Kalibrierungsanweisungen und Handbücher zur QM. Diese werden regelmäßig von externen Auditierungsunternehmen überprüft. Bei der Versuchsauswertung wurden alle Messdaten
und Videos von mehreren Mitarbeitern unabhängig auf Plausibilität überprüft. Zudem übermittelt die Stiftung Warentest den Herstellern bzw. den Importeuren die in
den Versuchen ermittelten Messwerte im Rahmen der Anbieter-Vorinformation zur
Prüfung.
Pressekontakt:
Katharina Lucà
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