Status quo und Trends am Beispiel der Milchproduktion

Wachstum und Spezialisierung in der
österreichischen Landwirtschaft: Status
quo und Trends am Beispiel der Milchproduktion
Leopold Kirner
Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik
Institut für Unternehmensführung,
Forschung und Innovation
[email protected]
20. Mai 2015, ÖKL-Vollversammlung an der HAUP
Agrarstruktureller Wandel in Österreich
Begründungen für Wachstum und Spezialisierung
Folgen des Wachstums und der Spezialisierung
Trends für die Zukunft
Fotos: L. Kirner und A. Strauss
Meine Themen für heute
Agrarstruktureller Wandel
„Immer weniger Betriebe produzieren
immer mehr!“
gestern,
heute,
morgen!
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe
nach Erwerbsarten von 1995 bis 2013
Quelle: Kirner nach Statistik Austria 2014
Landwirtschaftliche Betriebe (144.886 in 2013)
nach Größenklassen, Erwerbsarten und natürlicher Erschwernis
Abk.:
PG=Personengesellschaften
BjP = Betr. jur.
Personen
BHK=Berghöfekataster
Quelle: Kirner nach Statistik Austria 2014
Rinderhaltung in Österreich
Rinderhalter und Rinder je Betrieb
Milchbetriebe: von rd. 78.000 (1995/96) auf
ca. 32.000 Betriebe (2014/15);
=> minus 2.400 oder 3% pro Jahr
Quelle: Kirner nach Statistik Austria 2014
Schweinehaltung in Österreich
Schweinehalter und Schweine je Betrieb
Quelle: Kirner nach Statistik Austria 2014
Theoretische Fundierung
„Wachstum und Spezialisierung haben
viele Gründe. Das gilt auch für die
Landwirtschaft!“
Welche
Strategie soll
es auf meinem
Betrieb sein?
Welche Strategie will ich verfolgen?
in Anlehnung an Porter 1992
Mehr Menge (Kostenführerschaft)
Betriebliches Wachstum, technologischer Fortschritt
Wettbewerb wird auf der Kostenseite entschieden!
Stagnierende bis tendenziell sinkende (real) Produktpreise!
Besondere Produkte, Nischen (Differenzierung)
Fokussierung auf bestimmte Märkte und/oder Abheben von der
Konkurrenz (Biomilch, Heumilch etc.)
Nur diese Strategie sichert höhere Produktpreise!
Mehrere Standbeine (Diversifizierung)
Kombinationen innerhalb und außerhalb des Betriebs
Auslöser für Wachstum und Spezialisierung
Mengeneffekt
Eine Kuh erwirtschaftet einen DB von x, zwei Kühe von 2 mal x usf.
Kosteneffekt (Skaleneffekt)
Fixe Kosten verteilen sich auf mehr Einheiten => Fixkostendegression
Technologischer Fortschritt
Anbindestall, Handvorlage, Eimermelkanlage: 150-200 AKh/Kuh, Jahr
Laufstall, Futtermischwagen, Melkstand (6): 44 AKh/Kuh, Jahr
Wachstumsbasiertes Wirtschaftssystem
Änderungen der (Agrar)politik (GAP, Einheitsbewertung etc.)
Menschlicher Ehrgeiz
…
Erklärungen für das Wachstum
Lineare Kostenfunktionen
Erklärungen für das Wachstum
Sprungfixe Kosten
Folgen von Wachstum und
Spezialisierung
„Mehr Einkommen, weniger
Lebensqualität?“
Wie lässt sich
Betriebserfolg,
Lebensqualität
und gesellschaft.
Akzeptanz
vereinbaren?
Einkommen und Kosten
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
in Euro je Betrieb
Quelle: nach
LBG 2013
Arbeitseffizienz
betriebliche Arbeitskräfte je 100 ha LF
Quelle: nach
LBG 2013
Bedeutung der Abschreibungen
Anteil der Abschreibungen am Aufwand in Prozent
Quelle: nach
LBG 2013
Kurz- und langfristige Kosten von
Milchviehbetrieben
Quelle:
Kirner 2015
nach topagrar
3/2015
Arbeit und Freizeit
Einschätzungen zu den Auswirkungen
des Wachstums (Befragung Milchviehbetriebe 50+)
Quelle:
Kirner et al.
2015, Online
Befragung
n = 252
Auswirkungen des Wachstums nach AMS
Befragung der Milchviehbetriebe 50+
Hinweis:
obere Säule:
Betriebe mit
AMS;
untere Säule:
Betriebe ohne
AMS
Quelle:
Kirner et al.
2015, Online
Befragung
n = 252
Einschätzung zur Änderungen der Stallarbeitszeit je nach AMS (Milchviehbetriebe 50+)
Quelle:
Kirner et al.
2015, Online
Befragung
n = 252
Einschätzungen zu den Herausforderungen
des Wachstums (Befragung Milchviehbetriebe 50+)
Quelle:
Kirner et al.
2015, Online
Befragung
n = 252
Gesellschaftliche
Akzeptanz und
Tierwohl
Mögliche Zusammenhänge zwischen
Bestandsgrößen und Tierwohl
Haltungsumwelt
Weniger Bio-Milchviehbetriebe mit über 200t: 3,6 vs. 6,4 %;
Mehr Laufställe in großen Betrieben
Abweichende Hinweise in der Literatur zu
Sozialverhalten bei größeren Beständen
Weniger Weide/Alm in größeren Betrieben
Mensch-Tier-Beziehung
u.a. Kirner
u. Krammer
2007
u.a.
Trimmel u.
Kirner 2011,
Kirner 2012
Größeres Potenzial für den Aufbau einer
guten Mensch-Tier-Beziehung in kleineren Herden; Weiblinger u. Menke 1999
Hinweise auf höhere Verlustraten bei Betreuung in größeren
Betrieben; Blom 1982, Wöckinger 2012
Fazit aus bisherigen Untersuchungen zum
Tierwohl
Bestandsgrößen stellen keinen geeigneten Indikator für die
Einschätzung des Tierwohls dar; Winckler und Leeb 2010
Größere Bestände gehen häufig mit Professionalisierung und neuen
technischen Lösungen einher, aber auch mit weniger
Betreuungsintensität
=> Kapital ersetzt Arbeit: Wie können technische Lösungen die
geringere menschliche Betreuung kompensieren?
Druck der Gesellschaft auf größere, Tiere haltende Betriebe, belastet
zunehmend die Landwirte bzw. Landwirtinnen; Kirner et al. 2015
Einschätzungen zur
Zukunft
Einschätzungen zu Strategien bis 2020
Zustimmung in Prozent (Milchviehbetriebe 50+)
Quelle:
Kirner et al.
2015, Online
Befragung
Kernaussagen Experteninterviews zur GAP
Milchviehhaltung bis 2020
Generell: Professionalisierung (durch GAP noch etwas verstärkt)
Gunstlage: Professionalisierung, Spezialisierung, Wachstum; GAP spielt
hier eine untergeordnete Rolle
Berggebiet: mehr Fläche bei niedrigen Pachtpreisen, Extensivierung,
Optimierung der öffentlichen Gelder, Nischenproduktion, Ausstieg
Rindermast bis 2020
Professionalisierung (Futter, Kälber, Qualitätsproduktion) und
regionale Spezialisierung: Ackerbau / Grünland
Spezialisierung: Milchbetriebe mit Stiermast werden sich halbieren
Spezialisierte Stiermäster: Wachstum von 80-150 auf 200-250 Plätze
Spezialisierung in der Produktionskette: Kälber - Fresser - Jungstiere
Vier Thesen am Schluss
Der Strukturwandel wird in den kommenden Jahren eher
zunehmen als abnehmen!
Alles hat seinen Preis: Mehr Einkommen gibt es nicht zum
Nulltarif! => welche Strategie passt für mich/uns?
Arbeitsorganisation ist Schlüssel für Lebensqualität in
größeren Betrieben!
=> mehr Technik oder mehr Arbeitskräfte?
Eingetretene Pfade werden fortgesetzt, aber noch
professioneller (Pfadabhängigkeit)!
=> Sehen wir noch die Alternativen?