STATISTIK: STAMM - Beratungs- und Sachverständigenbüro | Münster

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Projekte & Positionen
Ratgeber Betriebswirtschaft
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Statistik: Stamm- und LeihKräfte
Belegungsschwankungen
führen zu einem Bedarf an
flexibel einsetzbaren Mitarbeitern. Heime greifen daher
kurzfristig auf Mitarbeiter
von Leiharbeitsfirmen zurück. Sie kalkulieren fixe Personalkosten für einen festen
Stamm von Mitarbeitern und
variable Personalkosten für
Leih-Mitarbeiter. So werden
Auslastungsspitzen abgefangen, Ausfälle ausgeglichen
und Personalüberhänge vermieden.
Leihkräften wird die
Abwesenheitszeit bezahlt
Probleme treten bei einem
solchen Personalmix auf,
wenn die Vollkräftestatistik
des Heimes erstellt wird. Die
Statistik wird nicht nur für
einen Personalabgleich nach
§ 80a Abs. 5 SGB XI benötigt,
auch für die interne Steuerung werden die Summen der
Soll- und Ist-VK (Vollkraft)
zeitnah verglichen. Dabei tritt
das Problem auf, Leihmitarbeiter unter der Messgröße
„Vollkräfte“ zu zählen. Nachfolgendes Beispiel soll das
Problem verdeutlichen:
Heim B. hatte in den letzten Monaten starke Veränderungen der Belegungs-
struktur. Daraus resultierte
eine schwankende Höhe der
Erlöse bei fixen Personalkosten für angestellte Pflegekräfte. Als der Arbeitsvertrag über eine halbe Stelle in
der Pflege auslief, beschloss
der Heimleiter, keinen neuen
lung des monatlichen SollIst-Vergleichs: Der Heimleiter
hatte von der Personalstelle
die Anzahl der Ist-VK auf Basis der Lohnabrechnung erhalten. Von der Finanzbuchhaltung erhielt er Kopien der
Leihfirmen. Einen Wert VK
Anteile von Anwesenheitstagen w
Arbeitstage Prozent
Arbeitstage pro Jahr
261
100%
davon Abwesenheitstage wegen:
gesetzlicher Feiertage
10
3,8%
Krankheit oder Kur
13,75
5,3%
Urlaub und ganztägiger Arbeitsbefreiung
31,8
12,2%
Abwesenheitstage gesamt
Anwesenheitstage
56
21,3%
205,5
78,7%
Die Tabelle lehnt sich an eine Berechnung der Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung an (Arbeitszeit
einer Normalarbeitskraft). Abwesenheitsquote: 21,3 Prozent.
Vertrag abzuschließen und
so die Anzahl seiner StammMitarbeiter zu reduzieren. Er
setzte stattdessen Leihkräfte
ein. Nun steht er vor der Frage: Zählen die von der Leiharbeitsfirma abgerechneten
19,25 Stunden pro Woche
auch als 0,5 Vollkraft? Diese
Frage entstand bei Erstel-
enthielten diese Rechnungen
nicht. Sie wiesen die geleisteten Stunden multipliziert
mit dem Preis pro Stunde aus
und den Netto-Rechnungsbetrag als Produkt.
Zur Lösung des Problems
macht der Heimleiter folgende Überlegungen: Die
Soll-VK errechnet er aus
den Grundlagen seiner Vergütungsvereinbarung. Dort
bezieht sich der Wert VK
auf die arbeitsvertraglich
vereinbarte Arbeitszeit, hier
38,5 Wochenstunden. Die in
den Rechnungen der Leiharbeitsfirma ausgewiesenen
Stunden sind also nicht ohne
Weiteres in die Anzahl von
Ist-Vollkräften umzurechnen.
Er hat Recht! Die arbeitsvertraglich
vereinbarten
Stunden der Stamm-Mitarbeiter beinhalten sowohl
Anwesenheits- als auch Abwesenheitszeiten. Die abgerechneten Stunden der Leihmitarbeiter benennen reine
Anwesenheitszeiten im Heim.
Gleichwohl erhalten Mitarbeiter einer Leiharbeitsfirma
bezahlte Abwesenheitszeiten.
Die Kosten dafür sind im abgerechneten Stundensatz für
geleistete Arbeit enthalten.
Um eine Vergleichbarkeit
der Anzahl der Vollkräfte
für Stamm- und Leihmitarbeiter zu erreichen, ist es
notwendig, die von der Leiharbeitsfirma abgerechneten
Stunden um Abwesenheitszeiten zu bereinigen. Beträgt
der Divisor zur Errechnung
der Anzahl VK für StammMitarbeiter 38,5 Stunden, so
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muss der Divident für Leihmitarbeiter um die Stundenzahl für Ausfallzeiten, die
in diesen 38,5 Stunden enthalten sind, erhöht werden.
Abwesenheitszeiten
fallen
an für gesetzliche Feiertage,
Krankheit oder Kuren der
Mitarbeiter, Urlaub usw. Ihre
Höhe ist abhängig von vielen
Faktoren, zum Beispiel von
dem jeweiligen Tarifvertrag,
dem Bundesland, dem Krankenstand.
Die Frage des Heimleiters
in unserem obigen Beispiel
lässt sich also wie folgt beantworten: Bei Anwendung
einer Quote von 21,3 Prozent
für Abwesenheiten ergeben
sich 78,7 Prozent für tatsächlich geleistete Stunden
seiner
Stamm-Mitarbeiter.
Diesen entsprechen abgerechnete, geleistete Stunden
der Leihmitarbeiter im Heim,
in diesem Fall 19,25 Stunden.
Erhöht um 5,21 Stunden, das
sind 21,3 Prozent, ergeben
sich 24,46 Stunden. Beachten Sie dabei, dass dies eine
Vom-Hundert- (19,25 : 78,7
x100) und keine Im-HundertRechnung (also 19,25 x1,213)
ist. Die so an die Stundenberechnung der Stamm-Mitarbeiter angepasste Stundenzahl wird dividiert durch
die Wochenstunden für eine
Vollkraft laut Tarifvertrag von
38,5. In seine Vollkräftestatistik kann der Heimleiter des
Heimes B. demnach 0,64 VK
(24,46 : 38,5) einsetzen.
Für ein aussagekräftiges
Personalkosten-Controlling
ist diese Rechnung unverzichtbar. Kosten pro Stunden
für Leih-Mitarbeiter ergeben
so eine Größe, die mit den
Kosten für die eigenen Mitarbeiter vergleichbar sind.
Nicht zuletzt sind diese Berechnungen wichtig, da zur
Berechnung des zukünftigen
Bedarfs an Personal Erfahrungswerte
herangezogen
werden. ¬
Gertrud Maria
Weber ist Dipl.Betriebswirtin
und betreibt ein
Beratungs- und
Sachverständigenbüro in Münster.
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