Faltblatt zur Ausstellung - Lindenau

Altenbourg im Dialog III
ALTENBOURG im Dialog III
Julius Bissier (1893 – 1965)
Gerhard Altenbourg: die da, der da; wo da?
Chinesische Tusche auf gelblichem Karton, 1957
19,7 x 14,5 cm, Lindenau-Museum Altenburg
Julius Bissier
(Freiburg im Breisgau 1893 – 1965 Ascona)
25. April bis 19. Juli 2015
Lindenau-Museum
ALTENBURG
Altenbourg im Dialog III ist Julius Bissier gewidmet, dessen 50. Todestag 2015 zu gedenken ist. Julius Bissiers
internationaler Durchbruch geschah, als er bereits
65 Jahre alt war. Nach der großen Schau von 1958 in
der Kestner-Gesellschaft in Hannover folgte in den
letzten Lebensjahren die Teilnahme an den Biennalen
in Venedig und São Paulo und an der documenta in
Kassel.
Auch nach Bissiers Tod fanden Ausstellungen in
Galerien und Museen in Europa, Amerika und Asien
statt. In Deutschland waren seine Werke regelmäßig
in seiner Heimatstadt Freiburg oder in Düsseldorf,
wo die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen einen
größeren Werkbestand beherbergt, zu sehen. In Berlin
wurde sein Werk zuletzt 1993 in der Galerie Brusberg
präsentiert. 2008 veranstaltete das Kunstmuseum
Bochum eine große Retrospektive.
So ist es höchste Zeit, dass Julius Bissier in einem
Museum in Ostdeutschland ausgestellt wird. Die
Ausstellung beschränkt sich daher nicht nur auf den
Dialog der Tuschezeichnungen von Julius Bissier und
Gerhard Altenbourg, in denen sich beide Künstler
formal überraschend nahe kommen. Sondern Altenbourg
im Dialog III – Julius Bissier zeigt zudem einen kleinen
Querschnitt durch das Œuvre des Einzelgängers
Bissier, der ähnlich wie Altenbourg den widrigen Zeitumständen zum Trotz seinen künstlerischen Weg
verfolgte.
In die Werkauswahl, die dank mehrerer Leihgeber
Arbeiten von 1939 bis 1964 umfasst, wurden Holzschnitte, Monotypien und Aquarelle einbezogen.
Bissier selbst schätzte seine von ostasiatischer Kunst
beeinflussten Tuschezeichnungen zeitlebens am höchsten ein. Die schwarzen Tuschen enthalten Schriftzeichen wie die Zeichnungen in Japan und China, der
Künstler band seine Pinsel selbst und verwendete
einen runden Stempel wie die ostasiatischen Maler.
Berühmt wurde Bissier Ende der 1950er und zu Beginn
der 1960er Jahre mit seinen farbigen, kostbar wirkenden Eiöltempera-Bildern, seinen »Miniaturen«, die
der Künstler selbst als »Lieder« bezeichnete. Bis zum
Lebensende entstanden jedoch weiterhin Tuschezeichnungen. Die Stille und Konzentration, die sie ausstrahlen, laden ein zu Versenkung und Meditation.
Gerhard Altenbourg und Julius Bissier kannten sich
nicht persönlich. In Altenbourgs Bibliothek haben sich
einige Kataloge zu Bissier erhalten, beide stellten auf
der documenta II aus. Bei seinem Besuch 1959 in Kassel
hat Altenbourg Bissier-Originale gesehen. Eines der
damals ausgestellten Werke von Julius Bissier erwarb
der Schriftsteller Erhart Kästner (1904 –1974); es ist in
der Ausstellung zu sehen (siehe Abb. unten).
Altenbourg und Bissier verband ein tiefgehendes
Interesse für Kunst und Philosophie Ostasiens. In den
Tuschezeichnungen beider Künstler spiegelt sich vor
allem die Faszination von japanischer Kalligraphie,
Zen und Taoismus wider. Selten zeichnete Gerhard
Altenbourg vollkommen abstrakt, wohingegen Bissier
seit 1930 fast ausschließlich ungegenständlich arbeitete.
Die Ausstellung lädt ein, diese Verwandtschaften
zu entdecken und in einer konzentrierten Auswahl
einen der eigenständigsten (west-)deutschen Künstler
kennenzulernen: Julius Bissier.
Altenbourg im Dialog
Die Ausstellungsreihe setzt Werke von Gerhard
Altenbourg in Bezug zu denjenigen anderer Künstler –
Anreger, Weggefährten, Zeitgenossen. Auch innere
Verwandtschaften spielen eine Rolle. Die Künstler müssen sich nicht persönlich begegnet sein. So ergeben sich
neue und spannende Perspektiven auf die ausgewählten
Arbeiten. »Altenbourg im Dialog« lädt dazu ein, sie in
einem anderen Kontext und aus einem neuen Blickwinkel heraus zu betrachten.
Julius Bissier: 21. 10. 48, 1948, Monotypie,
16 x 25 cm, Museum für Neue Kunst, Freiburg
Julius Bissier: 21. III. 64 JB, 1964, Tusche auf weißem Ingrespapier,
Galerie Carzaniga, Basel
Julius Bissier: 18 Febr. 59 M, 1959, Eiöltempera auf Baumwolle,
17,5 x 23,5 cm, Privatsammlung Süddeutschland
ALTENBOURG im Dialog III
Gerhard Altenbourg (1926 – 1989)
Julius Bissier (1893 – 1965)
1926 1893
1913 /14
Geboren am 22. November in Rödichen-Schnepfenthal bei Gotha als Gerhard Ströch, Sohn eines
Baptistenpredigers.
1929 Übersiedlung der Familie nach Altenburg.
1944 /45 Kriegsdienst, Lazarettaufenthalt.
1946 – 1948 Malunterricht bei Erich Dietz, Altenburg.
1948 – 1950 Studium an der Hochschule für Baukunst und
bildende Kunst, Weimar, bei Hanns HoffmannLederer. Ab 1949 Lithographien.
Um 1955 Nimmt den Künstlernamen »Altenbourg« an.
1956 Das Lindenau-Museum Altenburg kauft als
erstes Museum zwei Zeichnungen an. Erste
Einzelausstellung in der Galerie Rudolf Springer,
Berlin (West).
1959 Erste Holzschnitte. Teilnahme an der documenta II
in Kassel.
1961 Gastatelier an der Akademie der Künste in
Berlin (West).
1969 Erste große Gesamtschau in der Galerie
Brusberg, Hannover, und in anderen Städten
(Œuvre-Katalog).
1986 Erste offizielle Ausstellungen in der DDR in
Berlin, Dresden und Leipzig.
1989 Gestorben am 30. Dezember an den Folgen
eines Autounfalls.
Geboren am 3. Dezember in Freiburg im Breisgau.
Studiert kurzzeitig Kunstgeschichte in Freiburg
und Malerei in Karlsruhe.
1919
Beginn der Freundschaft mit dem Sinologen
Ernst Grosse, der Bissier in die Kultur Ostasiens
einführt.
1923 – 1929 Neusachliche Gemälde, erste Ausstellungserfolge.
Ab 1929 allmählicher Übergang zur ungegenständlichen Malerei.
1930
Erste Symbol-Tuschen. Bis 1947 überwiegend
Tuschmalerei.
1933 – 1945 Keine Ausstellungsmöglichkeiten. Lebt ab 1939
zurückgezogen in Hagnau am Bodensee.
1934
Beim Brand der Freiburger Universität Zerstörung fast aller Frühwerke.
1947 – 1955 Farbige Monotypien, Holzschnitte.
1955 /56 Beginn der farbigen »Miniaturen« in Eiöltempera,
Aquarelle.
1958
Erste große Retrospektive in der Kestner-Gesellschaft, Hannover. Wachsender internationaler
Erfolg.
1959 /1964 Teilnahme an documenta II und III.
1961
Mitglied der Akademie der Künste Berlin (West).
1963
Umfassende Retrospektive in den USA.
1965
Stirbt am 18. Juni in Ascona.
In Gerhard Altenbourgs Nachlass fand sich eine originale Tuschezeichnung des japanischen Sho-Meisters
Morita Shiryu- (1912–1998), die erstmals seit 1970 ausgestellt wird. Shiryu- gab die Zeitschrift Bokubi (Schönheit
der Tusche) heraus. Schrift taucht in Bissiers Eiöltemperas auf, ebenso wie chiffren- und symbolhafte Zeichen.
Dies trifft auch auf einige Arbeiten Altenbourgs zu.
Morita Shiryū (1912–1998):
Ki (Baum), 1970,
Tusche auf weißem Papier,
70 x 48 cm,
Stiftung Gerhard Altenbourg,
Altenburg
Lesung
Donnerstag, 18. Juni, 18.30 Uhr
Wege und Umwege – Lesung zum 50. Todestag von Julius Bissier
mit Alfred Herms, Schauspieler, Leipzig
Makiko Takeda-Herms, Leipzig, spielt Klavierwerke von Eric Satie,
Paul Hindemith, Tōru Takemitsu, Siegfried Thiele und Johannes Brahms
Vortrag
Donnerstag, 9. Juli, 18.30 Uhr
»Kosmos Bissier«
Dr. Jochen Ludwig, ehem. Direktor des Museums für Neue Kunst, Freiburg
Änderungen vorbehalten.
© Stiftung Gerhard Altenbourg, Altenburg und VG Bild-Kunst Bonn 2015/
Archivio Bissier, Ascona, für die Werke von Gerhard Altenbourg und
Julius Bissier
Herzlicher Dank an die Leihgeber:
Fotos: Bernhard Strauss, Freiburg; PUNCTUM/Bertram Kober, Leipzig
Museum für Neue Kunst, Städtische Museen Freiburg im Breisgau
Titelabb.: Gerhard Altenbourg: GING GANZ, 1958, Chinesische Tusche, Aquarell
und Bleistift auf Kanzlei-Bütten, Lindenau-Museum Altenburg, ehemals Slg. Rugo
Galerie Carzaniga, Basel
Privatsammlung Süddeutschland
Titelabb.: Julius Bissier: 20. 2. 55, 1955, Tusche auf dünnem Japanpapier
20,8 x 29,8 cm, Galerie Carzaniga Basel
Hinweise:
Mehr Werke von Gerhard Altenbourg sehen Sie in der Ausstellung
Gerhard Altenbourg. Das gezeichnete Ich im Kupferstichkabinett Berlin vom
20.3. bis 7.6.2015.
Julius Bissier: Fische, um 1939, Tusche auf Japanpapier,
15,8 x 24,0 cm, Museum für Neue Kunst, Freiburg
Samstag, 2. Mai, 16 Uhr
Sonntag, 17. Mai, im Rahmen des Internationalen Museumstages
Samstag, 13. Juni, im Rahmen der XVI. Altenburger Museumsnacht
Samstag, 27. Juni, 16 Uhr
Samstag, 18. Juli, 16 Uhr
Im Gespräch: Pedro Riz à Porta, Archivio Bissier, Ascona, Enkel von
Julius Bissier, Isabel Herda, Kuratorin am Museum für Neue Kunst,
Freiburg, und Dr. Julia M. Nauhaus, Direktorin des Lindenau-Museums
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
Gerhard Altenbourg: [Hügel-Melodie], undatiert, Chinesische Tusche und Aquarell
auf graubraunem Papier, 18,0 x 64,0 cm, Lindenau-Museum Altenburg
Führungen durch die Ausstellung:
Finissage
und an den Förderer:
Lindenau-Museum
ALTENBURG
Begleitprogramm
Mehr Werke von Julius Bissier sehen Sie in der Kabinettausstellung
JULIUS BISSIER_6. AUFZUG Späte Werke im Museum für Neue Kunst,
Städtische Museen Freiburg im Breisgau vom 11.6. bis 25.10.2015.
L I N D E N AU - M U S E U M A LT E N B U RG
Gabelentzstraße 5 | 04600 Altenburg/Thür.
Tel.: 03447 / 89 55 3
Öffnungszeiten:
[email protected] Dienstag bis Freitag: 12 –18 Uhr
www.lindenau-museum.de Samstag, Sonntag und feiertags: 10 –18 Uhr
Das Lindenau-Museum wurde 2001 in das Blaubuch der 23 national
bedeutsamen Kulturinstitutionen im Osten Deutschlands aufgenommen
und ist seit 2002 Mitglied der Konferenz nationaler Kultureinrichtungen.
www.konferenz-kultur.de
Mehr zu Kunst auf Papier unter:
www.netzwerk-graphische-sammlungen.com