- VVN-BdA

Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (Berliner VVN-BdA) e.V.
Ausgabe 59 – Mai 2015
Inhalt
»Wer nicht feiert, hat
verloren«: Volksfest
am 9. Mai in Treptow
Friedensbewegung
und »Montagsmahnwachen«: Eigene
Standortbestimmung
Wann wird der 8. Mai
ein Gedenktag in der
BRD?
Verlegung von Stolpersteinen: Ehrung
für Gruppe Mannhart
21. Juni: Gedenkstättenfahrt der VVN-VdA
Befreiungsfeiern im
Haus Schulenburgring 2
Delegation polnischer
Befreierinnen und
Befreier in Berlin
Todesmarsch und
Befreiung: Sachsenhausenhäftling Wolfgang Szepansky
Zwischen Krieg und
Frieden: Schüleraufsätze zum Kriegsende
Neonazi-Aktivitäten in
Berlin-Buch: Rassistische Mobilisierung im
Mittelpunkt
»Zur Verteidigung der
Kultur«: Schriftstellerkongress vor 80
Jahren in Paris
70 Jahre Befreiung vom Faschismus
9. Mai – wer nicht feiert, hat verloren! Dank an die Befreier und Befreierinnen
Vor zehn Jahren hätten wir wirklich
nicht gedacht, dass unsere Idee, auch
in Berlin den 9. Mai als Tag des Sieges
über den Faschismus zu feiern, so erfolgreich sein könnte. Was als kleines,
beinahe privates, Fest begann, ist heute ein großes fröhliches Volksfest mit
großem Zuspruch gerade auch aus der
russischsprachigen Community in Berlin. Hier wird »Völkerfreundschaft« beim
Wort genommen! Und so wimmelt es auf
unserem Fest von Menschen aus aller
Welt, die gemeinsam essen, trinken, feiern und nicht zuletzt der Befreiung vom
Faschismus und der vielen Opfer, die
Neben Informations- und Bücherständen, Führungen zum Sowjetischen Ehrenmal, einem Kinderfest und russischer
Küche wird es ein deutsch-russisches
Kulturprogramm geben: mit der Internationalen Musik- und Singegruppe
Impuls Gropiusstadt, Trio Scho? (Russian Swing aus Berlin und Odessa), Trio
»Dawaj Walja«, Knoblauch Klezmerband
(Russland, Israel, Frankreich, Schottland
und Deutschland), Mirmix Orchesta (Kirgistan, Germany, Russia, Kazachstani,
Italy), der Bolschewistischen Kurkapelle
Schwarz rot (Blascore, »Casatschok on
speed«) und Polkageist (Ska, Klezmer,
Polka!).
Wir freuen uns, auf unserem Fest Zeitzeuginnen aus Russland, Polen und
Deutschland begrüßen zu können, die
für die Befreiung vom Faschismus gekämpft haben.
Zuletzt wollen wir noch zur Uraufführung des Films »Vergesst nicht unseren
Kampf! Die polnischen Befreierinnen
und Befreier vom Faschismus« (2015)
einladen.
BO 8. Mai der Berliner VVN-BdA
9. Mai 2015, ab 11 Uhr
Treptower Park, Puschkinallee, Parkplatz Rosengarten, in der Nähe des
Sowjetischen Ehrenmals
[email protected]
Faschismus!« zu der neuen Protestbewegung verhalten? Am Donnerstag,
dem 9. April 2015, lud die Berliner VVNBdA zu einer Abendveranstaltung in das
Haus der Demokratie und Menschenrechte ein. Ziel der verbandsinternen
Veranstaltung, an der rund 25 Mitglieder
teilnahmen, war, in einen Austausch
zu kommen, welche Standpunkte und
Positionen die Berliner VVN-BdA als
antifaschistische Organisation gegenüber den »Montagsmahnwachen« und
dem »Friedenswinter« vertritt. Begonnen wurde das Treffen mit einem Vortag
von Benjamin Steinitz von der »Berliner
Recherche- und Informationsstelle zu
Antisemitismus«. Er informierte über
antizionistisch-antisemitische und verschwörungstheoretische Argumentationen, die er bei seinen Besuchen auf
den Mahnwachen dokumentierte.
Die Diskussion nach dem Vortrag war
kontrovers. So wurde kritisiert, die neue
Protestbewegung nicht als Ganzes zu
verurteilen. Insgesamt bleibt ein ambivalenter Eindruck. Die heterogene Zusammensetzung der Demonstrierenden auf
den Mahnwachen führt zu widersprüchlichen Wahrnehmungen und Sichtweisen
auch innerhalb der VVN-BdA. Es werden
weitere Diskussionen zu diesem Thema
folgen müssen.
Bianca Stern
Veranstaltung zu
»Montagsmahnwachen«
gerade die Menschen der Sowjetunion
dafür bringen mussten, gedenken. Der
9. Mai 1945 war in Deutschland der erste
Tag des Friedens.
Im letzten Jahr haben wir ein großes
Banner auf Russisch, Ukrainisch und
Deutsch über den Eingang unseres Festes gehängt: »Solidarität statt Nationalismus!« Das soll auch in diesem Jahr eines
unsere Leitmotive sein: »Besinnt Euch!
Erstickt Euren Hass, redet miteinander
statt aufeinander zu schießen! Hört auf
uns, die in faschistischen Lagern das
wenige Brot miteinander teilten.« Dieser
Appell ehemaliger sowjetischer Kriegsgefangener an die Bürgerkriegsparteien
in der Ukraine hat uns tief beeindruckt.
Seit März 2014 bildete sich angesichts
der kriegerischen Eskalation in der Ukraine-Krise eine neue Protestbewegung in
der BRD. Die »Montagsmahnwachen für
den Frieden«, die in Berlin ihren Anfang
genommen hatten, breiteten sich schnell
in der gesamten Republik aus. Während
Teile der Linken und der Friedensbewegung die Montagsmahnwachen als
Querfront-Strategie kritisieren und sich
von ihnen distanzieren, sagen einige
bekannte linke Politiker/-innen und Aktivisten und Aktivistinnen den Montagsmahnwachen ihre Unterstützung zu.
Wie soll sich die VVN-BdA mit ihrer
Losung »Nie wieder Krieg, nie wieder
Nr. 59
Noch immer nicht angekommen
Der lange Weg zur Anerkennung des Tages der Befreiung in der Bundesrepublik
De 8. Mai 1945 wurde in beiden deutschen Staaten unterschiedlich wahrgenommen. Die Volkskammer beschloss
bereits 1950 den Tag der Befreiung als
gesetzlichen Gedenk- und Feiertag in der
DDR. Bis er dann 1967 als Gedenktag im
Rahmen der Einführung der Fünf-TageWoche in einen Werktag umgewidmet
und jeweils zum 30. bzw. 40. Jahrestag
der Befreiung wieder zum arbeitsfreien
Feiertag erklärt wurde. So hinterließ der
Gedenktag durchaus Spuren im Alltag.
Auch wenn in der Umgangssprache Begriffe wie Zusammenbruch und Kapitulation noch benutzt wurden, stand die
»Befreiung vom Faschismus« den DDRBürgern und -Bürgerinnen weitaus näher
als den Westdeutschen.
Dort blieb der Mai 1945 noch lange
als Synonym für Niederlage, Untergang,
Zusammenbruch und Stunde Null im
kollektiven Gedächtnis. Auch nachdem
Richard von Weizsäcker vor 30 Jahren
den 8. Mai 1945 zum »Tag der Befreiung«
kürte, wurde daraus in der bundesdeutschen Erinnerungskultur kein Tag der Erinnerung und Mahnung an die Befreiung
von Faschismus und Krieg. Als Gedenktag hätte er 1990 ein erinnerungspolitisch bedeutsames Zeichen im sich vereinenden Deutschland und ein Signal der
Versöhnung gegenüber der Sowjetunion
und den anderen europäischen Völkern
werden können. Stattdessen geriet der
Tag der Befreiung im öffentlichen Diskurs vielfach zu einem »Volkstrauertag«
für deutsche Opfer von Krieg, Bombenangriffen, Flucht, Vertreibung und Besatzung.
Auch in diesem Jahr weigert sich die
Bundesregierung, den 8. Mai mit eigenen
erinnerungs- und gedenkpolitischen Akzenten zu begleiten und damit den immer
wieder als »historisch« gefeierten Impuls
des Bundespräsidenten von Weizsäcker
politisch zu gestalten. Fehlanzeige auch
bei der Einführung eines gesetzlichen Ge-
Nr. 59
denktages in der Bundesrepublik. Hierzu
hatte nach einem klaren Votum des Berliner Abgeordnetenhauses der rot-rote
Senat 2010 einen Antrag im Bundesrat
eingebracht, der dann – in Ausschüsse
verwiesen – endgültig verschwand.
Bundespräsident Richard v. Weizsäcker
bei seiner denkwürdigen Rede vor dem
Deutschen Bundestag am 8. Mai 1985
Das Europaparlament hatte bereits im
April 2009 für einen neuen historischen
Gedenktag gestimmt. Nicht der 8. Mai
1945, sondern der 23. August 1939, der
Tag der Unterzeichnung des deutschsowjetischen Nichtangriffspakts, ist
der bedenkliche Bezugspunkt. Mit dem
Gedenken »aller Opfer totalitärer und
autoritärer Regime« soll die Totalitarismustheorie einen erinnerungs- und gedenkpolitischen Rahmen für eine europäische Erinnerungskultur schaffen.
Unsere Vereinigung wendet sich entschieden dagegen, den Tag der Befreiung als kollektive europäische Identität
zu entsorgen und die Geschichte des
20. Jahrhunderts in gleichsetzender
Perspektive »totalitärer« Verbrechen von
Kommunismus und Faschismus umzudeuten.
Im Land Brandenburg und im Freistaat
Thüringen zeichnet sich eine parlamentarische Mehrheit ab, den 8. Mai wieder
als gesetzlichen Gedenktag einzuführen.
In Mecklenburg-Vorpommern ist dies
bereits 2002 geschehen. In der »Berliner
Erklärung« (siehe S. 16), die inzwischen
von Gewerkschaften, Parteien, Jugendorganisationen, Verfolgtenverbänden
und Einzelpersönlichkeiten mitgetragen
wird, fordern wir, dass der 8. Mai als
Tag der Befreiung von Faschismus und
Krieg endlich auch in Berlin und in ganz
Deutschland ein offizieller Gedenktag
wird.
Der »Tag der Befreiung« markiert die
damit vor 70 Jahren einhergehende Zeitenwende, die in der Haltung »Nie wieder Faschismus und Krieg« auch heute
eine klare Trennlinie zu Neonazismus, zu
Rassismus in alten und neuen Gewändern, zu Antisemitismus, Antiziganismus
und Islamophobie zieht. 70 Jahre nach
dem Ende des faschistischen Vernichtungskrieges und Völkermordes ist die
deutsche Gesellschaft mit Angriffen auf
Flüchtlingsheime und Morddrohungen
gegen Politiker, die sich für Menschen
in Not einsetzen, konfrontiert. In PegidaDemonstrationen entlädt sich ein dumpfer, oftmals völkischer Nationalismus, der
mit einer mobartigen Hetze gegenüber
Fremden, Anderslebenden und Andersdenkenden einhergeht und von einem
vielfältigen Protest der Zivilgesellschaft
zurückgewiesen wird.
Unsere Vereinigung, in der noch Frauen
und Männer aktiv sind, die als Kinder mit
oder auch ohne ihre Eltern aus Deutschland fliehen mussten, heißt alle Flüchtlinge willkommen. Wir protestieren mit
Tausenden Demonstranten gegen Ignoranz und Vorurteile und kümmern uns mit
anderen zivilgesellschaftlichen Initiativen
um Flüchtlinge und deren Kinder. Auch
mit ihnen werden wir am 9. Mai am Rosengarten im Treptower Park den Sieg
über den Hitlerfaschismus feiern.
Hans Coppi
ist das Informationsblatt der Berliner VVN-BdA und erscheint dreimal
im Jahr. Die Abgabe ist kostenlos.
Anschrift:
Berliner VVN-BdA e.V.,
Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin,
Telefon: 030-29 78 41 78,
Fax: 030-29 78 43 78,
mail: [email protected]
+
Redaktion:
Dr. Hans Coppi
Jutta Harnisch
Satz und Layout:
Juliane Haseloff
Druck:
Union Druckerei Berlin
Millionen Menschen gefallen für nichts
Fotos: Sandra Felden
Ehrung für die hingerichteten und im KZ verstorbenen Widerstandskämpfer der Gruppe Mannhart
Anlässlich der Verlegung von dreizehn
Stolpersteinen am 25. März 2015 an
der Berliner Straße 26 in Tegel für die
bei Rheinmetall-Borsig arbeitende betriebliche Widerstandsgruppe Mannhart
hielt Antje Stoya-Ballantyne für die Geschäftsführung der Borsig GmbH folgende Rede:
Ich spreche heute als Vertreter der Firma Borsig im Namen unseres Geschäftsführers Herrn Michael Fix und möchte
mich in seinem Namen recht herzlich für
die Möglichkeit bedanken, bei der Verlegung der Stolpersteine für die Gruppe
Mannhart dabei sein zu können.
»Liebe Lenchen und Rutchen! Heute
um 12.30 werde ich hingerichtet, nachdem mein Gnadengesuch abgelehnt
worden ist. Man nimmt mir nicht einmal
die Fesseln ab, muss mit schreiben.
Lasst es euch also gut gehen, habe euch
über alles geliebt, bis in den Tod und
darüber hinaus...«
Und weiter »Der Krieg ist auch bald
zu Ende, das ist das Blödsinnigste dabei, man hat doch recht behalten, ich
bin gefasst, es ist doch schön, für meine
Idee zu sterben. Millionen sind an der
Front gefallen, für nichts... Weint nicht
so sehr beide, und tröstet euch mit dem
Gedanken, es ist Schicksal, lässt sich
nichts dran ändern. Bring es Rutchen so
sachte bei, sie soll stark sein wie ihr Va-
ter, und stolz, und du, süßes Weibchen,
sei stark, du hast ja selbst gesagt, die
Liebe höret nimmer auf... Nun Schluss,
den letzten Gruß und Kuss Fritz«
Diese bewegenden Zeilen schrieb
Friedrich Lüben, Mitglied der Gruppe
Mannhart, am Tage seines Todes, dem
25. September 1944 im Zuchthaus
Brandenburg.
Es ist ein sehr persönlicher Brief – keine Abrechnung mit dem großen Ganzen
– ein Brief, der vor allem durch seine Intimität berührt.
Fritz Lüben, Albert Brust, Otto Dressler, Otto Haase, Hugo Härtig, Paul Hinze, Paul Bruske, Rudolf Strauch, Paul
Lehmann, Erich Mammach, Edouard
Tremblay, Paul Bouillot und Paul Frayssinet – sie alle starben, entweder hingerichtet, ermordet im KZ, durch Entkräftung. Sie alle hatten nicht weggeschaut,
nicht geschwiegen, nicht mitgemacht,
sondern sie hatten den Mut, Widerstand
zu leisten und haben dafür ihr Leben
aufs Spiel gesetzt – den höchsten Einsatz, den ein Mensch bringen kann.
Heute, 71 Jahre später, werden für
die­se mutigen Menschen Stolpersteine
verlegt, kleine Quadrate im Boden, die
jeden, der an ihnen vorbeigeht, daran
erinnert, dass dieser Mensch, dessen
Name dort steht, von den Nationalsozialisten umgebracht, ermordet worde-
Der Künstler Günter Demnig bei der
Verlegung der 13 Stolpersteine für die
Mitglieder der Gruppe Mannhart
ist. Diese Menschen sind plötzlich nicht
mehr abstrakte Geschichte, sondern sie
sind konkret und mitten unter uns. Und in
diesem Fall erinnern sie uns, dass auch
Widerstand etwas sehr Persönliches ist.
Es ist die Entscheidung jedes einzelnen
Menschen vor seinem Gewissen. Ertrage
ich das Unrecht, die Barbarei, das Morden oder nicht. Und wenn nicht? Was
bin ich persönlich bereit, zu wagen.
Die Mitglieder der Gruppe Mannhart
hatten ihre Entscheidung getroffen, bei
ihrer Enttarnung immer den sicheren
Tod vor Augen. Borsig war damals ein
bedeutendes Rüstungsunternehmen,
Teil der Hermann-Göring-Werke – ein
Unternehmen, dass die Waffen und Munition – den Schmierstoff für das NSUnrechtsregime – lieferte, das Zwangsund Fremdarbeiter ausbeutete und das,
wie überall in Deutschland, geführt wurde von Tätern, Mitläufern und Schweigenden. Und dann die Gruppe Mannhart
– der Sand im Getriebe – dank ihnen für
uns, die wir heute bei Borsig arbeiten,
die Gewissheit, dass es auch andere
Menschen gab, Menschen, die Widerstand leisteten, die Nein gesagt haben
zu Mord, Terror und Krieg. Es macht
es uns leichter, uns mit der Geschichte
unseres Unternehmens auseinanderzusetzen. Es gab sie auch bei »uns« – die
Aufrechten, die Mutigen.
Die Erinnerung an sie wachzuhalten,
mit der Verpflichtung, uns stets selbst zu
hinterfragen und für die Würde und Freiheit jedes Einzelnen einzutreten – daran
werden uns diese Stolpersteine tagtäglich erinnern.
Nr. 59
Gedenken im Zuchthaus Brandenburg
Gemeinsame Fahrt von VVN-BdA und Sachsenhausen-Komitee 2015 nach Brandenburg an der Havel
Laut Wikipedia ist Brandenburg an der
Havel eine Stadt mit 71.000 Einwohnern und liegt ungefähr 70 km von Berlin
entfernt. Für Antifaschistinnen und Antifaschisten hat der Ort noch eine ganz
andere Bedeutung: als Ort fürchterlicher
faschistischer Verbrechen. Unsere diesjährige Gedenkfahrt, organisiert von der
VVN-VdA zusammen mit dem Sachsenhausen-Komitee in der Bundesrepublik
Deutschland am 21. Juni 2015 soll an
diese Verbrechen erinnern und die Opfer
ehren.
Brandenburg hat eine lange Tradition
als Gefängnisstandort, das bestehende
alte Zuchthaus wurde 1931 geschlossen, als nicht weit entfernt im Stadtteil
Görden ein neues, modernes Gefängnis errichtet wurde, Das alte stand dann
zunächst leer, wurde aber im Sommer
1933 bis zum Februar 1934 als Konzentrationslager genutzt, u. a. war Erich
Mühsam hier zeitweise eingesperrt. Das
neue Zuchthaus, das für etwa 1.800
Insassen konzipiert war, wurde nach
1933 mehr und mehr zu einem Gefängnis für lebenslänglich Verurteilte,
für Sicherheitsverwahrte und vor allem
für politische Gegner des Naziregimes.
Spätestens mit Ausbruch des Krieges
verschlechterten sich, wie in allen Gefängnissen, die Haftbedingungen, wie
Belegung und Ernährung, zunehmend.
Zuletzt waren hier bis zu 4.000 Menschen eingesperrt.
Nr. 59
Traurige Berühmtheit erlangte Brandenburg aber durch die im Sommer 1940
hier eingerichtete Hinrichtungsstätte.
Bis dahin war Plötzensee der einzige Ort
in Berlin und Brandenburg, wo Todesur-
teile vollstreckt wurden. Am 1. August
1940 erfolgte die erste Hinrichtung. Je
näher die Befreiung heranrückte, um so
mehr Urteile wurden vollstreckt. Der letzte Mord erfolgte am 20. April 1945, eine
Woche, bevor die Rote Armee die Insassen befreite. In Sonnenburg hatte die SS
wenige Stunden vor dem Eintreffen der
Roten Armee die verbleibenden 900 Gefangenen ermordet. Den Brandenburgern
blieb dieses Schicksal glücklicherweise
erspart, obwohl die SS dies in Erwägung
gezogen hatte. Die Liste der bekannten
und weniger bekannten Opfer, die unter
dem Fallbeil starben, ist lang. Insgesamt
wurden 2.042 Todesurteile in Brandenburg-Görden vollstreckt. Bernhard Bästlein, Franz Jacob und Anton Saefkow,
die führenden Köpfe einer der großen
Berliner Widerstandsgruppen, und auch
der Ringer und Arbeitersportler Werner
Seelenbinder seien hier stellvertretend
genannt. Es befanden sich sehr viele
Kommunisten unter den Hingerichteten,
aber nicht nur.
Erinnert sei hier ebenfalls an den katholischen Kriegsdienstverweigerer
Franz Jägerstätter oder an den Bibelforscher Heinrich Bayer. Nicht vergessen
sind auch die 560 Gefangenen, die ohne
Todesurteil die Haft nicht überlebten. Sie
starben an Krankheiten und Unterernährung.
Die Liste der Verbrechen der Nazis
in Brandenburg umfasst dabei nicht
nur das Zuchthaus, sondern auch das
Psychiatrische Krankenhaus, offiziell
Landespflegeanstalt oder Irrenanstalt
Brandenburg genannt. Im Rahmen der
sogenannten T4-Aktion, der systematischen Euthanasie, wurden zwischen
Februar und Oktober 1940 insgesamt
9.792 Menschen in Gaskammern ermordet. Die Tötungsanstalt befand sich auf
dem Gelände des alten Zuchthauses.
Aus ganz Nord- und Mitteldeutschland
kamen die Opfer, physisch Kranke und
geistig Behinderte, darunter auch viele
Kinder. Im Oktober 1940 wurde die Tötungsanstalt geschlossen und samt Personal in die neue Tötungsanstalt Bernburg verlegt.
Wir werden die Gedenkstätte für die
Opfer der Euthanasie besuchen und
dann weiter zur Gedenkstätte an der
Hinrichtungsstätte fahren, wo eine Führung durch die Ausstellung erfolgt. Dritter Besichtigungspunkt wird der Friedhof
in Brandenburg-Görden sein, wo 1.700
Urnen mit der Asche von Ermordeten
begraben liegen.
Der Bus wird am Sonntag, den 21. Juni
2015, um 9 Uhr am Ostbahnhof losfahren und voraussichtlich gegen 18 Uhr
wieder dort eintreffen.
Der Fahrpreis liegt bei 20 Euro pro
Person, inkl. Bus und Führung. In Brandenburg machen wir eine längere Mittagspause (Selbstversorger). Wir bitten
um möglichst frühzeitige Anmeldung bei
Edith Pfeiffer (030 7124746) bzw. edith.
[email protected] oder unter [email protected]
Frieder Böhne
Polnische Delegation zu Gast in Berlin
Teilnahme an den Veranstaltungen zum 70. Tag der Befreiung vom Faschismus
Die Berliner VVN-BdA freut sich, anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung
vom Faschismus eine Delegation von
vier ehemaligen polnischen Kombattanten und Kombattantinnen der 1. Polnischen Armee in Berlin begrüßen zu
können.
Insgesamt nahmen im Frühjahr 1945
mehr als 180.000 polnische Soldaten
und Soldatinnen der 1. und 2. Polnischen
Armee (die in der Lausitz kämpfte), an
der sogenannten Berliner Operation teil.
Die Biographien der Gäste spiegeln
die Wirren des Zweiter Weltkrieges, die
komplizierten deutsch-polnischen, aber
auch polnisch-russischen Beziehungen
wider.
Hania Szelewicz wurde im Winter 1940
als 14-Jährige mit mehreren Tausend
anderen Polen nach Irkutsk in Sibirien
deportiert. 1943 wurde sie im Zuge eines
polnisch-sowjetischen Abkommens amnestiert und in die polnische 2. Jan-Henryk-Dabrowski-Infanterie-Division mobilisiert. Diese war Teil der 1. Polnischen
Armee, die in der Sowjetunion formiert
wurde. Sie kämpfte in dieser polnischen
Formation an der Seite der Roten Armee
bei Smolensk, bei der Befreiung des
deutschen Vernichtungslagers Majdanek bis zur Elbe, wo sie das Kriegsende
erlebte. Die 2. Division war an der Befreiung des KZ Sachsenhausen beteiligt.
Henryk L. Kalinowski vom 6. Brückenlege-Bataillon der 1. Polnischen Armee
war einer der ersten polnischen Soldaten, die im Frühjahr 1945 in Berlin-Tiergarten kämpften. Zeitweise der 1. und 2.
Sowjetischen Gardepanzerarmee unterstellt, war er für den Bau von Brücken in
Berlin zuständig, um den sowjetischen
Panzern den Vorstoß ins Zentrum zu ermöglichen.
Er war u. a. auch an der Entminung der
Bahnbrücke an der Jungfernheide und
bei der Zerstörung der Panzersperren im
Tiergarten beteiligt.
Eugeniusz Skrzypek, Sibirien-Verschleppter, kämpfte in der 1. TadeuszKosciuszko-Division der 1. Polnischen
Armee an der Charlottenburger Marchbrücke und stieß mit seinem Zug Rich-
tung Charlottenburger Tor vor. Dabei war
er an der Befreiung der damaligen Technischen Hochschule (heute Technische
Universität) beteiligt.
Lech Tryuk nahm zunächst als 16-Jähriger in der 104. Kompanie der Syndikalisten innerhalb der Armia Krajowa
(Heimatarmee) am Warschauer Aufstand 1944 teil. Nach dem Scheitern des
Aufstandes setzte er sich an das andere
Weichselufer ab und trat der 1. Tadeusz-Kosciuszko-Division bei, mit der er
an den Straßenkämpfen um den KarlAugust-Platz in Berlin-Charlottenburg
teilnahm.
Wir werden gemeinsam mit unseren
Gästen am 8. Mai ab 12.30 Uhr an der
Kranzniederlegung am Denkmal des
polnischen Soldaten und deutschen Antifaschisten teilnehmen. Die Linke Lädt
um 15.30 Uhr zur »Begegnung mit Gästen« ins Berliner Abgeordnetenhaus.
Am 9. Mai gegen 13.00 Uhr wird die Delegation auf der Bühne beim Fest »Wer
nicht feiert, hat verloren« auftreten.
K.M./J.H.
Seit 70 Jahren herrscht Frieden in Berlin
Im Schulenburgring 2 wurde in den ersten Maitagen des Jahres 1945 Weltgeschichte geschrieben.
Im Erdgeschoss dieses Wohnhauses
befand sich vom 27. April bis zum 4. Mai
der Kommandostab der sowjetischen 8.
Gardearmee. Ihr Chef war der Generaloberst und spätere Marschall Wassili I.
Tschuikow. In der ersten Etage war der
Generalstab der 1. Gardepanzerarmee
untergebracht. Von dort leitete General
Katukow die militärischen Kampfhandlungen zur Einnahme der Reichskanzlei und des Berliner Reichstages (Foto).
Auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof, dessen Rollbahnen begehrte letzte
Fluchtwege waren, wurde am 2. Mai die
Siegesfahne gehisst.
Am 2. Mai 2015 jährt sich der Tag
des Friedens in Berlin zum 70. Male.
Die Vorbereitungsgruppe der Hausgemeinschaft hat aus diesem Anlass für
das Wochenende 2./3. Mai einige Ver-
anstaltungen vorbereitet. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind
dazu herzlich eingeladen. Anmeldungen
– ausgenommen für das Straßenkonzert
vor dem Haus am 2. Mai um 15.00 Uhr
– sind erwünscht unter [email protected] oder Tel. 785 77 39.
Samstag, 2. Mai
15.00 Uhr
Straßenkonzert mit der Gruppe
Klezmorim Sennomaj vor dem Haus
Schulenburgring 2
16.00 Uhr
Kaffeetafel mit historischen Filmaufnahmen vom 2. Mai 1945
19.30 Uhr
Hausfest
Sonntag, 3. Mai
11.00 Uhr
Stadtrundfahrt im Oldtimer-Bus
16.00 Uhr
Lesung mit Margot Friedländer »Versuche, dein Leben zu machen« und
Lore Kujawa »Kriegskinder«
19.30 Uhr
Filmabend »Die letzte Schlacht« darin u.a. mit Stefan Doernberg
Nr. 59
Jugend zwischen Krieg und Frieden
Schüleraufsätze aus dem Berliner Prenzlauer Berg 1946 schildern eigene Erlebnisse
Frühjahr 1945 – trotz der aussichtslosen
Lage befahl die NS-Führung, Berlin zur
Festung auszubauen, um ihre verbrecherische Herrschaft um jeden Preis zu
verlängern. Skrupellos wurden Millionen
Berliner Frauen, Greise und Kinder sowie ausländische Zwangsarbeiterinnen,
Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene
in diesen sinnlosen Endkampf um die
Reichshauptstadt einbezogen. In den
Straßen Berlins gab es massive Panzersperren, Panzerfallen; Fenster wurden in
Schießscharten verwandelt. Gleichzeitig setzte die Nazidiktatur alle Mittel der
Demagogie, skrupellose antisowjetische
Hetze neben blutigem Terror ein, um Soldaten und Zivilisten für die bevorstehende Schlacht zu mobilisieren. Gerüchte
über neue »Geheimwaffen«, die eine
entscheidende Wende bringen würden,
kursierten. Zweifler und Kriegsmüde
wurden von Strafkommandos, Geheimer Feldpolizei und Werwolf-Hitlerjungen gnadenlos ermordet. Tatsächlich
erreichte die faschistische Führungsclique, dass sich die übergroße Mehrheit der Soldaten und ein Großteil der
Zivilbevölkerung zu dem bevorstehenden Opfergang im Frühjahr 1945 treiben
ließ. Tief verwurzelte antisowjetische
Vorurteile und das Wissen, schreckliche
Verbrechen zugelassen zu haben oder
gar an ihnen beteiligt gewesen zu sein,
ließen nicht wenige noch einmal zu willfährigen Handlangern des NS-Regimes
werden. Bereits wenige Tage nach dem
Beginn der Schlacht um Berlin am 16.
April 1945 lag die Stadt am 20. April unter Beschuss weitreichender Artillerie
der Roten Armee. Berlin war unmittelbar
Kriegsschauplatz geworden.
Dieses grauenhafte Ereignis schildern
Kinder und Jugendliche des Stadtbezirks Prenzlauer Berg in Schüleraufsätzen des Jahres 1946. Sie erlebten den
Krieg, der vor ihren Wohnhäusern, Schulen und Kellern sein Ende nahm. Die jungen Menschen waren Zeugen der letzten
sinnlosen Opfer der von der Nazidiktatur
befohlenen Verteidigung der »Reichshauptstadt« bis »zur letzten Patrone,
bis zum letzten Blutstropfen« gewesen.
Diese Erlebnisse prägten ihre Aufsätze.
Evelyn Gitz, Schülerin der 4. Klasse in
der 26. Volksschule Berlin-Prenzlau-
Nr. 59
er Berg, beginnt ihren Aufsatz mit der
Überschrift »Unser Haus brennt«: »Als
ich eines Morgens aufwachte, hörte ich,
wie von Ferne schwere Artillerie schoss.
Ich weckte meine Mutter und rief: ›Mutti,
horch mal, wie die schießen! Die üben
vielleicht.‹ Ich schloss die Augen und
Schüler verfassten auch ein Theaterstück, das an einer Pumpe in der Ostseestr. spielt
schlief weiter. Abermals erwachte ich
vor lauter Schießen, ich weckte meinen Vater, der noch schlief und sagte:
›Vati, horch nur, wie sie schießen!‹ ›Das
ist die Rote Armee die einzieht.‹ ... Wir
zogen uns an und gingen in unseren
Erdbunker. ... Auf einmal sagte mein
Vater: ›Es riecht so brenzlich.‹ ... Da rief
auch schon unser Nachbarjunge Horst,
›unser Haus brennt‹. Wenige Minuten
später fing auch unser Haus Feuer. ...
Wir mussten zusehen, wie unser Haus
und Auto abbrannten. Wir liefen überall
hin, ob wir nicht ein Obdach bekommen
könnten. Wir mussten zwischen den
brennenden Häusern hindurch laufen.
Und die vielen Toten, die da lagen. Es
war schauerlich, dieses mit anzusehen.
Ich werde die Schreckenstage mein Leben lang nicht vergessen.« Harte Kämp-
fe tobten um den Bahnhof Schönhauser
Allee. Christa Ballhausen, Schülerin der
4. Klasse der Mädchenmittelschule II,
schreibt dazu: »Schon pfiffen Granaten
durch die Schönhauser Allee. Da wir am
Brückenkopf Dänenstr. Ecke Schönhauser Allee wohnten, war für uns die
Gefahr am größten. Von deutscher Seite aus sollte unsere Brücke gesprengt
werden, aber die Russen kamen schnell
vorwärts und vereitelten dieses Vorhaben. Am 23. April vormittags trat in unseren dunklen Keller der erste Russe mit
freundlichem ›Guten Tag‹ ein und fragte,
ob sich bei uns Munition befände. Wir
verneinten seine Frage und es geschah
uns nichts.« Ähnliches schreibt Werner
Richter, Schüler der Klasse 3c in der 1.
Knabenmittelschule des Stadtbezirkes
in der Christburger Str. 16 in seinem Aufsatz »Kampf um den Senefelderplatz«,
der mit den Worten endet: »Uns geht ein
Licht auf. Wir sind fürchterlich betrogen
worden. Jetzt ahnen wir, dass auch die
Russen Menschen sind.«
Die Aufsätze entstanden auf Anregung
des 2. Stellvertretenden Bürgermeisters,
des Sozialdemokratischen Reformpädagogen Max Kreuziger. Während des
NS-Regimes aus dem Schuldienst verjagt, war er nach dem 8. Mai 1945 im
Stadtbezirk Berlin-Prenzlauer Berg für
den demokratischen Neubeginn in den
Schulen mitverantwortlich.
Günter Wehner
Aus dem Aufsatz von Ingrid Höll
»Frauen räumen auf und putzen Steine«
Der Marsch in die Freiheit
waren für ihn »dumme Gesichter«. Er gestattete uns nicht, dass wir in den einzelnen Ortschaften Wasser holten.
Am zweiten Abend bekam ich, nachdem ich zwei Stunden im strömenden
Regen gestanden hatte, doch noch
Platz in einer Scheune. Sie hatte wohl
vorher als Kohlenschuppen gedient.
Zitternd vor Kälte, Nässe und Erschöpfung sank ich in den Kohlenstaub und
Fotos: Jutta Harnisch
Am 21. April 1945 morgens um 2.00
Uhr begann die Evakuierung des Lagers Sachsenhausen. Von Seiten der
Lagerleitung war nichts vorbereitet, um
dieses schwierige Unternehmen reibungslos durchzuführen. Es gab keine
Proviantwagen, keine Feldküchen, keine Quartiere und keine Sanitäter, es gab
nicht einmal ein Reiseziel, kein Auffanglager. Für die SS-Lagerführung gab es
nur eins, die Angst, zur Verantwortung
gezogen zu werden für alle Brutalitäten,
die sie sich im Lauf der Jahre aufgeladen
hatte.
So wurden 30.000 Häftlinge, etwa
25.000 Männer und 5.000 Frauen, auf
die Landstraße gejagt, dort dem Hungertode überlassen und die Erschöpften
durch Genickschuss ermordet. Es war
uns klar, diese Evakuierung war ein Vorwand für die SS, sich von dem Fronteinsatz zu drücken.
Die Gruppe, bei der ich mich befand,
bestand aus fünf Hundertschaften. Wir
marschierten um 3 Uhr nachmittags los.
Als Marschverpflegung erhielten wir ein
Brot und 250 Gramm Wurst. Später erfuhr
ich, dass alle die Kolonnen, die nach uns
abmarschierten, keinerlei Verpflegung
mehr bekamen. Bis zum Eintritt der Dunkelheit wurden wir vorwärtsgejagt. In unbekannter Richtung nach Mecklenburg.
In einem Dorf begann nach einem nicht
enden wollenden Zählappell der Kampf
um ein Nachtlager. Eine Scheune, die
etwa 200 Menschen aufnehmen konnte, war für uns vorgesehen; da nicht alle dort unterkamen, musste der größte
Teil draußen schlafen. Am nächsten Tag
wurden wir wieder von Morgengrauen
bis in die Nacht vorwärtsgetrieben.
Der Transportführer war ein Haupt­
sturm­führer Petri. Er erklärte, dass er
keine großen Umstände mit uns machen
werde, eine Maschinengewehr sei rasch
aufgestellt und im Straßengraben genügend Platz für uns.
Dass das keine leere Drohung war,
fanden wir bestätigt. Die Opfer der uns
vorangegangenen Kolonnen lagen zu
beiden Seiten des Weges, durch Genickschuss liquidiert. Ein anderes Mal drohte
Petri, »macht bloß nicht so dumme Gesichter«, unsere hohlen Wangen, unsere
von Fieber und Durst aufgesprungenen
Lippen, unsere anklagenden Blicke, das
Foto:privat
Aus den Erinnerungen von Wolfgang Szepansky
Das Denkmal im Belower Wald, an dem
in jedem Frühjahr der Befreiung der
Häftlinge gedacht wird.
fiel trotz Presskohlen und Koksstücke in
den Schlaf.
Der dritte Marschtag begann, nur langsam ging es weiter. Nur nicht umfallen,
denn das ist der Tod.
Manchmal setzten wir uns alle zugleich
demonstrativ an den Straßenrand. Petri
jagte uns weiter. Da auch die SS-Posten
sehr ermüdet waren, wurde am späten
Nachmitttag der Marsch abgestoppt.
Wir waren völlig fertig. Nun erhielten
wir als erste Verpflegung nach drei Tagen Pellkartoffeln. Viele hatten ihr Brot
schon längst verzehrt. Am nächsten
Morgen ging es weiter, endloses Marschieren, das wenige Gepäck schnitt die
Schultern und drückte wie eine schwere
Zentnerlast – marschieren, immer nur
marschieren.
Die Straßen waren voller Trecks. »Wir
mussten fort, die SS hat uns rausgejagt«, so sagten manche Flüchtlinge,
es waren sicher aber auch Faschisten
unter ihnen. Dann überholte uns plötzlich Berliner Polizei auf Tankautos und
Motorrädern. Wir sagten uns, nun sind
die Russen sicher in Berlin. Das gab uns
neue Kraft.
Eines Tages, der wievielte es war, weiß
ich nicht, kamen wir in den Wald von Below. Dieser Wald wurde für einige Tage
unser Lager und für viele unserer Kameraden ein Massengrab.
Wir bauten aus Laub und Ästen Zelte
und Erdlöcher. Nachdem wir uns eingerichtet hatten, jagte uns die SS in ein anderes Waldstück. Wir hatten unsere Ruheplätze für die SS-Wachmannschaften
gebaut. Neue Lagerstätten und Laubhütten wurden errichtet.
Dann wurde Lagerfeuer gemacht, woran wir uns erwärmen wollten. Das Feuermachen wurde verboten; trotzdem blieben die Feuer. Der Lagerführer Kolb ließ
daraufhin zwei Mann aufhängen, weil
sie das Feuer nicht gelöscht hatten. Es
half nichts, Feuer wurde gemacht, eine
Lagerdisziplin gab es nicht mehr. In diesem Waldstück erhielten wir von der SS
als Verpflegung einmal zwei kleine oder
eine große Pellkartoffel, zweimal einen
Löffel Haferflocken. Das alles in fünf Tagen. – Es blieb uns überlassen, Wurzeln
zu suchen oder Brennnesselsuppe mit
Baumrinde zu kochen. Bald gab es je-
Nr. 59
Im August 1933 wurde Wolfgang
Szepansky das erste Mal verhaftet, als er in Kreuzberg die Parole
»Nieder mit Hitler« an die Wand der
Schultheissbrauerei malte. 69 Jahre später wurde an derselben Stelle eine Gedenktafel an den Widerstandskämpfer und Mahner gegen
das Vergessen enthüllt, gemeinsam
initiiert von der Berliner VVN-BdA
und dem Aktiven Museum Faschismus und Widerstand. 150 Menschen
wohnten der Einweihung damals
bei. Keine drei Jahre konnte die Tafel hier unbehelligt hängen bleiben.
Dann schritten Menschen, denen dies offensichtlich tief zuwider war, zur
Tat. Ende Februar dieses Jahres entdeckten Passanten, dass die Tafel
mutwillig zerstört worden war. Das
war keine spontane Tat und auch
kein Akt gewöhnlichen Vandalismus,
sondern eine geplante und vorbereitete Aktion. Der oder die Täter hatten
Werkzeug dabei, wahrscheinlich sogar ein Stemmeisen, das hinter die
Acryltafel angesetzt wurde, um sie
aus der Verschraubung zu brechen,
dabei ging die Tafel in der Mitte zu
Bruch - die Zerstörung war gelungen. Die Empörung war groß, spontan gingen zahlreiche Spenden für
die Wiederherstellung ein. Am Sonnabend, dem 2. Mai 2015, um 14 Uhr,
wird die neue Gedenktafel aus stabilerem Material enthüllt. Der Termin
ist kein Zufall. Es ist der siebzigste
Jahrestag der Kapitulation Berlins.
Und die fand ganz in der Nähe, im
Haus Schulenburgring 2 statt, wo der
Kommandostab der sowjetischen
Gardearmee seinen Sitz hatte. F.B
doch weder Laub noch Brennnesseln,
denn die Postenkette war eng gezogen.
Das Wasser im Dorf reichte nicht aus,
um den Durst der vielen Tausende – es
waren 18.000 Häftlinge hier zusammengetrieben – zu stillen. Mit Stockhieben
wurden die Wasserholer zurückgejagt.
Am zweiten Tag erkämpften wir uns
den Zugang zu einem Bach. Oberhalb
desselben wusch sich die SS, unterhalb
durften wir das getrübte Wasser als Trinkwasser schöpfen. In unserer größten Not
kamen viele Lastautos des Internationalen Roten Kreuzes, die mit großem Jubel
begrüßt wurden. Wir erhielten mit sechs
Mann ein Paket. Das rettete vielen das
Leben. Aber für viele kam es zu spät.
Nr. 59
Am 11. August 2012 wurde die Gedenktafel für Wolfgang Szepansky eingeweiht,
die jetzt zerstört wurde.
Eines Morgens hatten wir 228 Tote, die
in der Nacht vor Erschöpfung gestorben
waren. Oft fielen Schüsse. Wir machten
uns nichts daraus. Ich weiß nicht, wie
viele erschossen wurden.
Dann kam der Tag, an dem das Artilleriefeuer näher rückte. Es war Musik für
unsere Ohren. Die Rote Armee – wird
sie uns befreien? Sollte unsere Hoffnung
Wahrheit werden? Oder sollten wir nur
sterbend das junge Morgenrot der Freiheit sehen dürfen?
Am nächsten Morgen eine Enttäuschung; weiter marschieren! Also war
der Kessel noch nicht geschlossen.
Die SS hatte es verstanden, durch Lug
und Trug Rot-Kreuz-Pakete für sich zu
ergaunern. Nicht nur, dass sie uns verhungern und verkommen ließen, sie,
die Satten, stahlen uns das, was das Internationale Rote Kreuz uns zugedacht
hatte. Durch unsere Wachsamkeit konnte ein Teil der gestohlenen Pakete durch
das Rote Kreuz noch für uns ausgeteilt
werden. Die abrückenden Marschkolonnen erhielten dann für fünf Mann ein
Paket. Die SS-Lagerführung hatte aber
ihren Begleitmannschaften je ein Mann
ein Paket ausgehändigt!
Die nächsten Tage immer wieder marschieren, hungern, schlafen im nassen
Moos, Krankheiten und Massenausfälle.
Durch das Einschreiten des Internationalen Roten Kreuzes wagten es die SSBanditen nicht mehr, die Erschöpften
umzulegen. Das Internationale Rote
Kreuz sammelt die am Wege Liegengebliebenen auf und transportierte sie mit
Lastwagen fort. Dennoch hörte das Morden nicht auf.
Am 2. Mai 1945, dem Tage der Kapitulation vor Schwerin, wüteten die SSBestien noch; der berüchtigte SS-Obergruppenführer Pohl holte persönlich aus
den einzelnen marschierenden Kolonnen wahllos die Opfer und erledigte sie
durch Genickschuss.
Als eine Kolonne am 2. Mai durch
Crivitz zog und mit Gesang der alten
Lagerlieder die verstopften Straßen
erfüllte, trat ein Angehöriger der Stadtkommandantur, ein Hauptmann der
Luftwaffe, vor diesen Zug und erklärte
die singenden Häftlinge für Meuterer.
Er wollte sofort Befehl zum Erschießen
geben. Das geschah kurz vor der Kapitulation der Wehrmacht!!! Die Marschkolonne, bei der ich mich befand, hatte zur
Bewachung einige Häftlinge, die man in
Sachsenhausen in SS-Uniform gesteckt
hatte. Das war für uns günstig; sie hielten mit uns zusammen.
Am 2. Mai abends, wir waren kurz vor
Schwerin, machten sich unsere Peiniger,
die SS-Banditen, aus dem Staube. Nun
waren wir frei! Wenn auch noch nicht in
sicherer Obhut.
Am 3. Mai erreichten wir die amerikanischen Truppen. Jetzt erst waren wir
uns bewusst, dass wir dem würgenden
Griff dieser Mordbrenner doch noch
glücklich entronnen waren.
Unsere Freude war groß!
Wolfgang Szepansky, Nr. 33527,
niedergeschrieben am 25. Mai 1945
(Der Abdruck erfolgt mit freundlicher
Genehmigung von Regina Szepansky)
Das Jahr 1945
diesem aufwändigen Projekt unterstützt
haben. Korrekturen und Ergänzungen
bitte an [email protected]. Und
nun kann es losgehen unter: www.dasjahr1945.de.
Ausstellung in Mailand
Die Wanderausstellung »Weg mit Hitler
– Schluss mit dem Krieg« über die Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation 19421945 wird vom 25. April bis 2. Mai 2015
in Mailand, Italien, gezeigt. Nachdem
die Ausstellung 2013 bereits in Genua
zu sehen war, wird nun das »Centro Filippo Buonarroti« in Mailand im Haus der
Nationalen Vereinigung der Partisanen
Italiens (A.N.P.I.), in der Via San Marco
49 diese Ausstellung präsentieren. Ein
Power-Point-Vortrag über die illegale
Widerstandsorganisation in den Askania-Werken Berlin als Teil der SaefkowJacob-Bästlein-Organisation gehört
ebenfalls zum Programm in Mailand.
Zum 70. Jahrestag der Befreiung hat
die VVN-BdA eine neue Homepage als
»historisches Projekt« angelegt. Für den
Zeitraum von Oktober 1944 bis Mai 1945
werden etwa 150 lokale Ereignisse in
kurzen Texten dargestellt: die Befreiung
von Städten und Lagern, Kriegsendverbrechen, die Hoffnungen der Befreiten
und die juristische Aufarbeitung. Zugänglich gemacht werden sie u.a. durch
eine Landkarte, die mit einem Zeitschalter gekoppelt ist.
Weiterführende Texte zu Schwerpunktthemen, Links, Fotos und auch
kurze Filme ergänzen die Texte.
Die Homepage richtet sich an Laien
und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die genaue Funktionsweise ist
in einer »Hilfe & Anleitung« nachlesbar.
Wir bedanken uns bei allen, die uns bei
Ich möchte mitmachen!
Ich möchte Mitglied der VVN-BdA werden.
Ich möchte mehr über die VVN-BdA wissen.
Die Geschäftsstelle der Berliner VVNBdA wird im Juni gemeinsam mit der
Bundesgeschäftsstelle der VVN-BdA
umziehen. Der bisherige Standort im
ND-Gebäude am Franz-Mehring-Platz 1
wird zugunsten der Adresse Magdalenenstr. 19 in 10365 Berlin-Lichtenberg
aufgegeben. Die Erreichbarkeit per EMail und Homepage bleibt bestehen,
die Telefonnummer wird sich ändern. Die
neue Telefonnummer stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest.
Wir bedanken uns
Für die umfangreichen Zuwendungen
in Reaktion auf den Jahresendbrief
möchten sich der Vorstand und die
gesamte Berliner VVN-BdA bei allen
Spendern und Spenderinnen sehr
herzlich bedanken. Es sind mehr als
8.000 Euro aus dieser Aktion zusammengekommen. Ein tolles Ergebnis!
Spenden sind steuerlich absetzbar,
aber vor allem eine Investition in eine
antifaschistische Zukunft. Ohne solche
Spenden könnten wir unsere Arbeit in
Intensität, Breite und Öffentlichkeitswirksamkeit nicht aufrecht erhalten.
Neonazis am 8./9. Mai?
Neonazis und andere Rechtsradikale
wollen in Berlin den 8. und 9. Mai wie in
vergangenen Jahren nutzen, um Provokationen zu starten und Gedenkstätten
zu schänden. Die Berliner NPD hat am
8. Mai am Deutsch-Russischen Museum
in Karlshorst in der Zwieseler Str. eine
Kundgebung angemeldet. Dort findet
ein Museumsfest statt.
Auch ein rechter Aufmarsch am 9.
Mai um 15.00 Uhr vor dem Reichstagsgebäude aus dem Spektrum der
»Reichsbürger« und anderer rechtsradikaler Pegida/Bärgida-Abspaltungen ist
im Gespräch. Wir alle sind aufgerufen,
wachsam zu sein und mögliche Naziaufmärsche zu verhindern.
Für Beitritte
Name:
geb. am:
Beruf:
Telefon:
Adresse:
Ich möchte zu Veranstaltungen eingeladen werden.
e-mail:
10
Berliner Büro zieht um
Bitte einsenden an:
Berliner VVN-BdA
Franz-Mehring-Platz 1
10243 Berlin
Nr. 59
Organisierte Neonazis in Berlin-Buch
Rassistische Mobilisierungen gegen Flüchtlinge unter dem Deckmantel des »Bürgerprotestes«
Nr. 59
rinnen und Bürger war es scheinbar egal,
dass sie mit Neonazis auf die Straße gingen. Die Proteste in Buch waren somit
von Anfang an in der Hand der NPD.
Am 17. November folgte eine zweite
Anti-Flüchtlings-Demonstration mit rund
200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Als Demo-Anmelder Christian Schmidt
gegen 22.00 Uhr den Lautstärke-Anweisungen der Polizei nicht Folge leistete,
wurde er festgenommen und die Demonstration beendet.
Am 4. Dezember musste die rassistische Mobilisierung einen weiteren
Rückschlag hinnehmen: Da die lokale
Zivilgesellschaft vorsorglich für jeden
protests«. Nicht nur die Kundgebung
der Bucher Flüchtlingsunterstützer und
-unterstützerinnen am 12. Januar 2015
wurde von etwa 40 Neonazis belagert,
ebenso wurden die Sprechstunden
einer Bezirksstadträtin und des Pankower Bürgermeisters am 14. und am
21. Januar von Neonazis besucht und
bedroht – sie nannten dies den Auftakt
ihrer Jahreskampagne »Feind erkannt
– Feind benannt«. Am 30. Januar folgte
eine NPD-Kundgebung in der Karower
Chaussee – dem Ort der Lichterketten
– an der etwa 30 Neonazis teilnahmen.
Nachdem es anfangs in Buch nur
vereinzelt Proteste gegen die rassisti-
Foto: Sören Kohlhuber
Seit Ende 2012 hat sich die Bucher Neonazi-Szene neu aufgestellt.
»NS-Area«- und »Anti-Antifa«-Schriftzüge, Hakenkreuze und Angriffe auf
Dönerstände: Das waren die ersten
Regungen der jungen Neonazis, die ab
2012 in Buch unter den Bezeichnungen
»Freie Nationalisten Buch« oder »Aktionsgruppe Buch« in Erscheinung traten. 2013 zog der Weißenseer Neonazi
Christian Schmidt nach Buch und nahm
die lokalen Neonazis unter seine Fittiche.
Die gewalttätigen Angriffe nahmen ab
diesem Zeitpunkt zu und im Wahlkampf
gingen die Neonazis dazu über, alle Plakate der demokratischen Parteien zu
entfernen. Schmidt und seine Neonazis
bedrohten vor allem die Betreiber/-innen
anderer Parteistände. Sie versuchten,
eine Neonazi-Dominanz-Zone in Buch
zu errichten. Die etwa zehn Neonazis
haben inzwischen im Pankower NPDVerband, der unter Schmidts Führung
reaktiviert wurde, eine politische Heimat
gefunden.
Zentrales Thema des NPD-Verbands
war die Agitation gegen Flüchtlinge und
ihre Unterkünfte. Mit der Ankündigung
des Baus einer Notunterkunft für Flüchtlinge in Buch am 20. Oktober 2014 sahen
die NPD-Aktivisten und -Aktivistinnen
ihre Chance, größere Kreise der Bevölkerung zu erreichen. Die asylfeindliche
Stimmung in der Bevölkerung sollte der
Neonaziszene endlich Aufwind geben.
Bereits für den 30. Oktober organisierten Bucher Anwohner/-innen eine Kundgebung, bei der Unterschriften gegen die
Containerunterkunft gesammelt werden
sollten. Es fanden sich etwa 100 Menschen ein, darunter mehr als ein Dutzend Neonazis. Zwei Tage später, am 1.
November, folgte eine von der Pankower
NPD organisierte Demonstration.
Am 6. November riefen die Initiatoren
und Initiatorinnen der Facebook-Seite »Kein Asylanten-Containerdorf in
Buch« zu einer Lichterkette in Buch
auf. Schmidts Truppe übernahm relativ schnell die Organisation der AntiFlüchtlings-Proteste. Sie meldeten die
Demonstrationen und wöchentlich donnerstags stattfindenden Lichterketten
an, stellten die Redner/Rednerinnen,
die Ordner/Ordnerinnen und die Anlage.
Einem Teil der demonstrierenden Bürge-
NPD-Kundgebung in Weißensee am 1. November 2014.
Montag im Dezember eigene Demonstrationen angemeldet hatte, musste die
NPD-Montagsdemo auf den Donnerstag ausweichen. Sie sollte in Karow
starten und dann nach Buch laufen. Eine antifaschistische Blockade unter der
Zufahrtsbrücke nach Buch verzögerte
dieses Vorhaben um mehrere Stunden.
Von den etwa 100 Neonazis, Rassisten
und Rassistinnen waren, als die Polizei
die Blockade schließlich geräumt hatte,
nur noch wenige Dutzend übrig.
An den Lichterketten im November
nahmen konstant etwa 50 Personen teil.
Am 11. Dezember waren nur noch 20
Personen anwesend. Die Weihnachtsaktion in Karow am 18. Dezember brachte
ebenfalls nur 20 bis 30 Personen auf die
Straße. Mit dieser Aktion verabschiedete
sich die Bucher Anti-Flüchtlings-Bürgerbewegung in die Winterpause, aus der
sie (bis jetzt) nicht wieder erschien. Ab
Januar 2015 verzichtete die Pankower
NPD auf den Deckmantel des »Bürger-
sche Mobilisierung gab, wurde ab Mitte
November 2014 koordiniert gegen die
NPD-Aktionen vorgegangen.
Diese Aktionen haben dafür gesorgt,
dass der anfängliche Schwung der AntiFlüchtlings-Mobilisierung verloren ging.
Den Rassisten/Rassistinnen und Neonazis wurde der Eindruck vermittelt, dass
sie mit Gegenwehr zu rechnen haben,
wenn sie gegen Flüchtlinge auf die Straße gehen. Die etwa 200 Personen, die
anfangs auf den NPD-Demonstrationen
mitliefen, sind derzeit nicht mehr mobilisierbar.
http://gemeinsam-gegen-rassismus.
net/441/rueckblick-und-einschaetzungzur-rassistischen-mobilisierungen-inbuch-von-oktober-2014-bis-februar2015/
Gastbeitrag der Emanzipativen & Antifaschistischen Gruppe (EAG, pankow.
antifa.cc)
11
Kleinster gemeinsamer Nenner gesucht
Paris: Internationaler Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur, 21. bis 25. Juni 1935
Dieser Schriftstellerkongress war der
erste internationale, der zweite von etwas über 20, die es gegeben hat bisher
insgesamt, und er war ein besonderer.
Standen bei fast allen anderen künstlerische Probleme im Vordergrund, so ging
es hier eindeutig um politische, es ging
eben um die Verteidigung der Kultur.
250 Autoren aus 38 Ländern waren dem
Aufruf der Organisatoren Ilja Ehrenburg,
André Malraux, Jean-Richard Bloch und
Paul Nizan gefolgt, um im Pariser Theatersaal Mutualité an fünf Tagen 89 Reden
anzuhören und darüber zu diskutieren.
Ziel des Kongresses, der die Weltcrème
der Schriftsteller, wie Louis Aragon, Aldous Huxley, Edward Morgan Forster,
Heinrich Mann, Ernst Toller, Anna Seghers, André Breton, Egon Erwin Kisch,
Robert Musil und Bertolt Brecht, als
Teilnehmer aufzuweisen hatte, war ein
möglichst enger Zusammenschluss von
Intellektuellen der verschiedensten politischen Denkrichtungen gegen die seit
zwei Jahren in Deutschland und anderen
Ländern fest im Sattel sitzende Barbarei. Pluralität konnte dem Kongress im
besten Sinne des Wortes nachgesagt
werden und mit ihr eine Fülle von Problemen.
Es ging um das Finden des kleinsten
gemeinsamen Nenners. Beispielhaft in
diesem Sinne Robert Musil. Er hatte z. B.
von sich gesagt, er sei ein ganz unpolitischer Mensch, aber Antifaschist und
natürlich gegen diese Barbarei, die die
Faschisten anstellen, da sei er selbstverständlich ein Feind. Brecht, dessen
Rede, wie meist in seinem Werk, auf den
ökonomischen Hintergrund der sich täglich verstärkenden Misere hinzielte, wurde in der Presse entweder entstellt oder
von der kommunistischen Frankreichs
nicht einmal aufgegriffen. Vielleicht aber
wurde sie in ihrer Brechtschen Zuspitzung gar nicht oder nur wenig verstanden.
»Viele von uns Schriftstellern haben
die Wurzel der Rohheit, die sie entsetzt,
noch nicht entdeckt. Es besteht immerfort bei ihnen die Gefahr, dass sie die
Grausamkeiten des Faschismus als
unnötige Grausamkeiten betrachten.
Sie halten an den Eigentumsverhältnissen fest, weil sie glauben, dass zu ihrer Verteidigung die Grausamkeiten des
12
Gisèle Freund: Internationaler Schriftstellerkongress zur Verteidigung der
Kultur, Saal der Mutualité, Paris 1935
Faschismus nicht nötig sind. Aber zur
Aufrechterhaltung der herrschenden
Eigentumsverhältnisse sind diese Grausamkeiten nötig... Kameraden, sprechen
wir von den Eigentumsverhältnissen!«
Waren diese deutlich antikapitalistischen Ziele von ihm zu hoch gesteckt?
Erinnert sei noch einmal an den Plan der
Organisatoren:
Angesichts der Gefahren, die in einer
Anzahl von Ländern die Kultur bedrohen, haben einige Schriftsteller die Initiative zur Einberufung eines Kongresses
ergriffen, um die Mittel ihrer Verteidigung
zu prüfen und zu diskutieren.
Eine politische Einigung konnte nicht
erreicht werden, die weit auseinander
gehenden Kunstfragen zwischen französischem Surrealismus und sozialistischem Realismus mischten sich ein und
führten sogar zu Handgreiflichkeiten.
Dabei hatte Anna Seghers – Probleme
vorausschauend – ihre Rede so wunderschön eingeleitet mit den Worten:
»Unsere Zusammenkunft in diesen vier
Wänden wird Sinn bekommen, wenn
jede unserer Gruppen ihr Eigentümlich­
stes einbezieht in eine geschlossene,
uns allen gemeinsame Handlung.«
Zu viel verlangt für einen ersten Kongress? Vielleicht. So wichtig Brecht diesen Kongress ansieht, so groß sind seine
Zweifel an dessen politischer Wirksamkeit. Aber er macht was draus, nutzt ihn
zu Materialstudien für seinen Tuiroman
bzw. der Kulturrettung seiner Tuis im
André Malraux auf dem Schriftstellerkongress 1935 in Paris
Stück »Der Kongreß der Weißwäscher«.
Brechts Szenen sind sehr komisch,
aber trotzdem weiß er natürlich um den
Verdienst des Kongresses als Vorläufer
weiterer Bündnisse gegen Nazismus
und Krieg, wie des VII. Weltkongresses
der Kommunistischen Internationale,
die mit ihrer Betonung des Volksfrontgedankens auch den Zweiten Internationalen Schriftstellerkongress 1937 und die
Gründung der Internationalen Schriftstellervereinigung zur Verteidigung der
Kultur beförderten.
Gina Pietsch
Nr. 59
Wir gratulieren!
Unseren Jubilaren gratulieren wir ganz
herzlich zum Geburtstag und wünschen
Gesundheit, Optimismus und Lebensfreude!
Zum 103.
2.9. Prof. Dr. Inge Rapoport
Zum 101.:
8.7. Johanna Seifert, Treptow
Zum 99.:
28.6. Fritz Schmid, Pankow
16.8. Wolfgang Hornung, Marzahn
Zum 85.:
3.5. Prof. Dr. Kurt Pätzold, Treptow
10.6. Eva Senger, Lbg.
2.7. Dorothea Seidler, Treptow
24.7. Prof. Dr. Günter Wendel, Lbg
31.7. Dr. Peter Tichauer, Prenzl. Berg
11.8. Renate Baron, Treptow
17.8. Helga Beich, Treptow
Zum 80.:
8.5. Christa Pantschev, Treptow
30.5. Gisela Sommer, Köpenick
22.7. Maria Lauterbach, Lbg.
Zum 97.:
17.8. Ursula Schüler, Prenzl. Berg
Zum 96.:
12.8. Dorothea Mehnert, Fhain-Krzbg.-Mit.
Zum 95.:
19.5. Dr. Horst Behrendt, Lbg.
31.8. Annemarie Radünz, Lbg.
Veranstaltungen zum 70. Jahrestag der
Befreiung vom Faschismus am 8. Mai
2. Mai, 12 Uhr
BO Prenzlauer Berg und VVN-BdA Pankow, Ehrung mit Blumen an den fünf
Bronzereliefs auf der B-Bahnbrücke
Schönhauser Allee mit dem viersprachigen Text:
»alle, die ihr hier vorübergeht, erweist jenen die ehre, die gefallen sind, damit ihr
leben könnt«
2. Mai, 14.00 Uhr
Berliner VVN-BdA, Aktives Museum,
Einweihung einer neuen Gedenktafel für
Wolfgang Szepansky,
Methfesselstr. 42
Nr. 59
Vorstand:
Dr. Hans Coppi (Vorsitzender),
Gisela Lingenberg (Schatzmeisterin),
Andreas Barth,Klaus-Frieder Böhne,
Anne Hunger, Michael Landmann,
Lisa Seebacher, Mathias Wörsching
Geschäftsführer: Markus Tervooren
Geschäftsstelle:
Berliner VVN-BdA e. V.
Franz-Mehring-Platz 1
10243 Berlin
Telefon: 0 30/ 29 78 41 78
Telefax: 0 30/ 29 78 43 78
E-Mail: [email protected]
Internet: http://berlin.vvn-bda.de
Leitung: Jutta Harnisch
Geschäftszeiten:
Mo - Fr 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr
Die Gliederungen:
als Bezirksorganisationen
BO Mitte
BO Friedrichshain-Kreuzberg-Mitte
BO Prenzlauer Berg
BO Weißensee/Hohenschönhausen
BO Hellersdorf/Marzahn
BO 8. Mai
Zum 90.:
20.6. Elfriede Dengel, Lbg.
3.7. Erika Baum, Lbg.
29.7. Manfred Berger, Köpenick
30.7. Peter Neuhof, VVN-VdA
15.8. Ilse Hünigen, Fhain-Krzbg.-Mit.
2. Mai, 10.30 Uhr
BO Prenzlauer Berg der Berliner VVNBdA, Ehrung an der Gedenktafel für Otto
Schieritz anlässlich des 70. Jahrestages
seiner Ermordung,
Senefelder Str. 33
Die Berliner VVN-BdA
2. Mai, ab 15.00 Uhr
Initiative Schulenburgring 2, Programm
»70 Jahre Frieden in Berlin« am 2. und
3. Mai anlässlich der am 2. Mai im Haus
Schulenburgring 2 vollzogenen Kapitulation der faschistischen Truppen Berlins, beginnend mit einem Straßenkonzert
der Gruppe Klezmorim Sennomaj
6. Mai, 14.30 Uhr
BO Friedrichshain-Kreuzberg-Mitte der
Berliner VVN-BdA, Diskussion zu den
Ergebnissen des Zweiten Weltkrieges,
Nachbarschaftstreff der Volkssolidarität,
Koppenstr. 62
6. Mai, 18.00 Uhr
Kontakte-Kontaktyi e. V., Podiumsdiskussion: Vergessene NS-Opfer. Anerkennung der ehemaligen sowjetischen
Kriegsgefangenen als NS-Opfer! Podiumsdiskussion mit Bundestagsabge-
als Kreisvereinigungen
VVN-BdA Berlin-Pankow e. V.
BdA Hohenschönhausen/
Weißensee e. V.
VVN-BdA Lichtenberg e. V.
BdA Treptow e. V.
VVN-BdA Köpenick e. V.
VVN-VdA e. V. mit den
lokalen Gruppen
Reinickendorf (Nord)
Südwest (Süd)
als korporative Mitglieder
Antifaschistische Initiative Moabit
Antifa Hohenschönhausen
Antifaschistische Initiative NordOst
Förderverein zum Gedenken an die
Naziverbrechen um das und auf dem
Tempelhofer Flugfeld e. V.
Bankverbindung:
Postbank Berlin
IBAN:
DE 18 1001 0010 0315 9041 05
BIC:
PBNKDEFF
13
ordneten, DGB-Haus, Wilhelm-Leuschner-Saal, Keithstr. 1
7. Mai, 18 Uhr
Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde,
Abend der Begegnung anlässlich des
70. Jahrestages der Befreiung, mit ehemaligen Häftlingen des KZ-Außenlagers,
Rathaus Steglitz, Schlossstraße 37,
12163 Berlin
8. Mai, 10.00 Uhr
BO Prenzlauer Berg der Berliner VVNBdA, Gedenkveranstaltung zum 70.
Jahrestag der Befreiung mit Ansprachen und Blumenablage, Gedenkstätte
für den gefallenen Rotarmisten auf dem
Ostseeplatz
8. Mai, 10.00 Uhr
VVN-VdA Gruppe Reinickendorf, Ehrung
mit roten Nelken an den Gräbern sowjetischer Soldaten und der Kinder von
sowjetischen Zwangsarbeiterinnen auf
dem Russischen Friedhof Waldstr.
Wittestr. 37, 13509 Berlin
8. Mai, 10.30 Uhr
Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde,
Ehrung zum Tag der Befreiung, in Anwesenheit ehemaliger Häftlinge, mit
Ansprachen und Blumenniederlegung.
Wismarer Str. an der Eugen-Kleine-Brücke (Säule der Gefangenen),
12207 Berlin-Lichterfelde
8. Mai, 11.00 Uhr
VVN-BdA Lichtenberg, Gedenken an den
1. Stadtkommandanten Berlins nach der
Befreiung vom Faschismus, Nikolai E.
Bersarin,
Gedenktafel an der ehemaligen Stadtkommandantur,
Alt-Friedrichsfelde 1 Ecke Rosenfelder
Str.
8. Mai, 12.30 Uhr
Botschaft der Republik Polen, Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Befreiung,
Denkmal des polnischen Soldaten und
des deutschen Antifaschisten, Volkspark
Friedrichshain
Die Berliner VVN-BdA nimmt mit polnischen Veteranen/Veteraninnen teil.
8. Mai, 15.00 Uhr
BO Weißensee und BdA Hohenschönhausen/Weißensee: Teilnahme an den
Kranzniederlegungen von Bezirksamt
und BVV.
Sowjetisches Ehrenmal in der Küstriner
Straße
14
8. Mai, ab 15.00 Uhr
VVN-BdA Lichtenberg, Gedenken zum
70. Jahrestag der Befreiung am Panzer-Denkmal mit Blumen, DeutschRussisches Museum Berlin-Karlshorst,
Zwieseler Str. 4
tenberg, Treffpunkt: Gedenkstellen für
das Arbeitserziehungslager Wuhlheide
(S-Bhf. Raoul-Wallenberg-Str.)
8. Mai, 16.30 Uhr
Initiativkreis 8. Mai 1945/2015 in Steglitz-Zehlendorf, Kundgebung zur Befreiung an der Stele für den erhängten
Deserteur, Hermann-Ehlers-Platz am
Rathaus Steglitz
9. Mai, 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr
BO 8. Mai der Berliner VVN-BdA, Antifaschistische Initiative Moabit (AIM),
Autonome Antifa Berlin (A2B), Für eine
linke Strömung (FelS), organisiert in der
Interventionistischen Linken (IL), Kollektiv Zielona Gora e. V., 9. Mai – Tag des
Sieges über den deutschen Faschismus:
Wer nicht feiert, hat verloren! Volksfest
zum 70. Jahrestag des Sieges über den
deutschen Faschismus, mit Musik und
Kultur auf der Bühne, Zeitzeuginnen,
Ausstellungen, russischer Küche, Grill,
Kaffee und Kuchen, Kwas, Bier und
Wodka für die Großen, Hüpfburg und
Spielen für die Kleinen sowie Informations- und Bücherständen, Führungen
zum Sowjetischen Ehrenmal.
Parkplatz am Rosengarten, Puschkinallee, gegenüber dem Eingang zum Ehrenmal Treptow.
8. Mai, 17.00 Uhr
VVN-BdA Berlin-Pankow e. V., Befreiungsgedenken in Buch am Sowjetischen
Ehrenmal (Wiltbergstr., am Ausgang SBhf. Buch)
9. Mai, 14.00 Uhr
Jugendbündnis ALKALIJ u. a., Führung durch das Kapitulations-Museum,
Deutsch-Russisches Museum, Zwieseler Str. 4
8. Mai, 18.00 Uhr
Berliner VVN-BdA und Bund der Antifaschisten Treptow, zentrale Kundgebung zum 70. Jahrestag der Befreiung
vom Faschismus. Es spricht: Axel Holz,
Bundesvorsitzender der VVN-BdA, und
Vertreter der Botschaft der Russischen
Föderation sowie der Botschaft von
Belarus, Denkmal »Mutter Heimat« im
Sowjetischen Ehrenmal in Treptow
10. Mai
Berliner Aktionsbündnis »70 Jahre Befreiung«, Friedensdemonstration
8. Mai, 16.00 Uhr
BO Friedrichshain-Kreuzberg-Mitte, gemeinsam mit BVV und Bezirksamt: Gedenken für Nikolai E. Bersarin, Petersburger Str. 86-90 (an der Gedenktafel)
8. Mai, 16.00 Uhr
VVN-BdA Berlin-Pankow e. V. und Antifa-Gruppen, Antifaschistische Kundgebung am Tag der Befreiung, S-Bhf.
Buch
9. Mai, 10 Uhr
BVV Marzahn-Hellersdorf, Teilnahme
der BOen Marzahn und Hellersdorf der
Berliner VVN-BdA, Kranzniederlegung
zum Tag der Befreiung, Parkfriedhof
Marzahn, Wiesenburger Weg 10, 12681
Berlin, um 11.30 Uhr an der Gedenkstätte an der Brodauer Straße, 12621 Berlin
9. Mai, 11.30 Uhr
Jugendbündnis ALKALIJ u. a., Antifa-Fahrraddemo durch Lichtenberg,
Treffpunkt: Frankfurter Allee Ecke Möllendorffstr. (Nähe U-Bhf. Frankfurter
Allee)
9. Mai, 11.30 Uhr
Jugendbündnis ALKALIJ u. a., AntifaFahrraddemo durch Marzahn und Lich-
25. Mai, 14.00 Uhr
THF33-45 e. V., Führung zu Zwangsarbeit und Kriegsproduktion auf dem
Tempelhofer Feld, Treffpunkt: Denkmal
Golßener Str.
Weitere Veranstaltungen
Berliner VVN-BdA
Termine zur Pflege der VdN-Gräber auf
dem Friedhof Friedrichsfelde: 16. Mai
jeweils 13-16 Uhr, Treffpunkt: VdN-Gräberanlage
Jour fixe
immer am 3. Montag im Monat um
18.30 Uhr im Café Sibylle,
Karl-Marx-Allee 72, 10243 Berlin, U5
Strausberger Platz
18. Mai
Uwe-Karsten Heye liest aus seinem
Buch »Eine deutsche Familie – Die Benjamins«.
Nr. 59
15. Juni
Astrid Volpert berichtet über »Bauhauskünstler und -architekten im Widerstand«.
20. Juli
Zum 90. Geburtstag von Mikis Theodorakis: Programm mit Gina Pietsch
17. August
Vera Friedländer: »Die Verbrechen der
Wirtschaft – Der Fall Salamander«
VVN-BdA Lichtenberg e. V.
25. Juni,18.30 Uhr
Gedenken für Dietrich Bonhoeffer,
Kiezspinne, Schulze-Boysen-Str. 38
BdA Treptow e. V.
20. Mai, 18.00 Uhr
Uwe-Karsten Heye liest aus seinem
Buch »Eine deutsche Familie – Die Benjamins«. PRO, Kiefholzstr. 275, 12437
Berlin
12. Juni, 17.00 Uhr
Hoffest aus Anlass des 25-jährigen Bestehens des Bundes der Antifaschisten
Treptow e. V. (im Hof des Schulgebäudes hinter dem PRO)
23. Juni
Verlegung von vier Stolpersteinen in
Berlin-Baumschulenweg
BdA Treptow e. V./
VVN-BdA Köpenick e. V.
30. Mai, 13.00-20.00 Uhr
Beteiligung am Fest für Demokratie,
Bahnhof Schöneweide
VVN-BdA Köpenick
21. Juni
Gedenken an den 82. Jahrestag der Köpenicker Blutwoche, Denkmal auf dem
Platz des 23. April
BO Friedrichshain-KreuzbergMitte
Nachbarschaftstreff der Volkssolidarität,
Koppenstr. 62
6. Mai, 14.30 Uhr
Diskussion zu den Ergebnissen des
Zweiten Weltkrieges und seinen Nachwirkungen
Nr. 59
3. Juni, 14.30 Uhr
Wolfgang Grabowski zur Situation Russland/Ukraine
BO Prenzlauer Berg
3. Mai, 10.30 Uhr
Öffentliche Ehrung am Straßenschild für
Rudi Arndt anlässlich des 75. Jahrestages seiner Ermordung, Rudi-Arndt-Str.
Ecke Danziger Str.
20. Mai, 14.30 Uhr
»Historische und aktuelle Entwicklung in
der Ukraine«, Vortrag von Dr.-Ing. Peter
Tichauer, Seniorenfreizeitstätte Grellstr.
14, 10409 Berlin
17. Juni, 14.30 Uhr
Zu den aktuellen Entwicklungen im Thälmannpark spricht Dr. Markus Seng, Seniorenfreizeitstätte Grellstr. 14, 10409
Berlin
18. August, 10.30 Uhr
Ehrung anlässlich des 71. Jahrestages
der Ermordung Ernst Thälmanns. ErnstThälmann-Denkmal, Berlin-Prenzlauer
Berg
BO Prenzlauer Berg/BdA Hohenschönhausen/Weißensee e. V.
12. Mai
Veranstaltung anlässlich des 110. Geburtstages des antifaschistischen Widerstands- und Spanienkämpfers Artur
Becker, Kurt-Tucholsky-Bibliothek, Esmarchstr. 18, in Zusammenarbeit mit Pro
Kiez Bötzowviertel e. V.
VVN-VdA e. V. und Sachsenhausen-Komitee in der BRD
21. Juni, 9.00 Uhr
Gedenkstätten-Tagesfahrt mit dem
Bus nach Brandenburg/Havel. Abfahrt
ab Ostbahnhof, Ankunft ca. 18.00 Uhr.
Preis: 20 Euro (ohne Mittagessen), Anmeldeschluss: 29. Mai bei Edith Pfeiffer
(030/ 7 12 47 46), edith.pfeiffer@nexgo.
de oder unter [email protected]
Förderverein THF 33-45 e. V.
14. Mai, 19.00 Uhr
Werkstattgespräch:
Die Geschichte des Sports auf dem
Tempelhofer Feld,
Alte Zollgarage im Flughafen Tempelhof
11. Juni, 19.00 Uhr
Werkstattgespräch:
Archäologische Grabungen auf dem
Tempelhofer Feld,
Alte Zollgarage im Flughafen Tempelhof
13. August, 19.00 Uhr
Werkstattgespräch:
Sowjetische Kriegsgefangene auf dem
Tempelhofer Feld,
Alte Zollgarage im Flughafen Tempelhof
Der Verein lädt zu Führungen auf dem
Tempelhofer Feld ein zu den Themen:
• KZ Columbia-Haus
• Militär- und Zivilgeschichte des Tempelhofer Feldes
• Zwangsarbeiterlager 1940-1945 auf
dem Feld
jeweils am 2. und 4. Samstag im Monat,
13-15 Uhr
Treffpunkt: Mahnmal, Columbiadamm
Ecke Golßener Str. (Haltestelle Bus 104)
Bitte um Anmeldung unter Tel.: 030 69
00 48 70 oder E-Mail: [email protected] oder [email protected]
Galerie Olga Benario
Richardstr. 104, 12043 Berlin,
(U7 Bhf. Karl-Marx-Str., Ausgang Neuköllner Oper und durch die Passage)
Öffnungszeiten: donnerstags ab 19 Uhr
und auf Anfrage
www.Galerie-Olga-Benario.de, E-Mail:
[email protected]
Fotoausstellung und
Veranstaltungsreihe
»Grenzerfahrungen«
Die Fotoausstellung ab 14. Mai 2015
zeigt die Dialektik der Grenzorte El Paso,
Texas, und Ciudad Juárez, Mexiko, hebt
die Thematik Migration, Frauenmorde,
den mutigen Ansatz von Aktivisten/-innen und der Mütter der verschwundenen
Frauen und die Ambivalenzen zwischen
den zwei Städten an der nordmexikanisch-us-amerikanischen Grenze hervor.
Gruppe Menschenrechte Mexiko in
Kooperation mit kollektiv tonali
14. Mai, 19.30 Uhr
Vernissage:
Dokumentarfilm »Entre el espanto y la
fé – Zwischen dem Schrecken und der
Hoffnung«
15
Berliner Erklärung zum 8. Mai 2015:
8. Mai 1945 – Tag der Befreiung!
Am 8. Mai 1945 wurde nahezu ganz Europa von Faschismus und Krieg befreit.
In Deutschland empfanden vor allem
die Überlebenden des Holocaust, der
Konzentrationslager und Zuchthäuser und ihre Angehörigen, die befreiten
Zwangsarbeiter_innen den 8. Mai als
den lang ersehnten Tag der Befreiung.
Aber auch wir alle, die wir heute leben,
verdanken die Chance eines Lebens in
Frieden, Freiheit und Vielfalt den alliierten Streitkräften. Die Rote Armee und
die sowjetische Bevölkerung hatten die
größte Last des Krieges zu tragen. Mit
besonderer Dankbarkeit erinnern wir
an die Befreierinnen und Befreier, die
Soldatinnen und Soldaten der Roten
Armee, die gemeinsam mit polnischen
Kombattantinnen und Kombattanten
Berlin befreiten. Unvergessen bleibt der
Beitrag, den der deutsche antifaschistische Widerstand in Deutschland, in der
Emigration, in Partisanenverbänden und
in den Streitkräften der Antihitlerkoalition
geleistet hat. Wir erinnern auch an jene
Berlinerinnen und Berliner, die sich z.B.
mit dem Hissen von weißen Fahnen der
Aufforderung zum Endkampf entzogen.
Mehr als 55 Millionen Menschen fielen
Naziterror, Holocaust und Vernichtungskrieg zum Opfer. Sie bezahlten den deutschen Griff nach der Weltherrschaft mit
unvorstellbarem Leid und ihrem Leben.
Für die Befreiung Berlins gaben noch
über 50.000 Rotarmisten ihr Leben.
Bis zur bedingungslosen Kapitulation am 2. Mai erschossen im Berliner
Stadtgebiet Wehrmacht, Gestapo und
SS politische Häftlinge, Deserteure und
»Verräter«. Zuvor waren Zehntausende
Insassen der Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück und ihrer
Außenlager auf Todesmärsche geschickt
worden.
In nahezu allen von Nazideutschland
besetzten Ländern wurden der 8. und/
oder 9. Mai gesetzliche Feiertage, dies
war auch in der DDR der Fall. 40 Jahre
hat es gedauert, bis ein Präsident der
Bundesrepublik den 8. Mai als Tag der
Befreiung anerkannt und gewürdigt hat.
Bis dahin hatte die Sicht der Nazis, der
Profiteure, Mitläufer und Zuschauer das
offizielle Vokabular geprägt: Zusammenbruch, Kapitulation, Niederlage,
Besatzung, Stunde Null, Neubeginn. Mit
Weizsäckers Rede wurde die Perspektive der Verfolgten des Naziregimes »gesellschaftsfähig«. Ein Tag der Erinnerung
und Mahnung wurde der 8. Mai jedoch
in der Bundesrepublik nicht. Auch in
diesem Jahr weigert sich die Bundesregierung, den 8. Mai als staatlichen
Gedenktag zu begehen, der in Mecklenburg-Vorpommern bereits Realität
ist und in Brandenburg 2015 eingeführt
werden soll.
Wir fordern, dass der 8. Mai als Tag
der Befreiung von Faschismus und
Krieg endlich auch in Berlin und in ganz
Deutschland ein offizieller Gedenktag
wird, um den Tag zu feiern, den der als
Jude und Kommunist verfolgte Kämpfer
der Résistance, Peter Gingold, 1945 in
Paris als »Morgenröte der Menschheit«
erlebt hat.
Wir verlangen, dass die hoch betagten
sowjetischen Kriegsgefangenen und die
Opfer von Wehrmachtsmassakern entschädigt und die letzten noch lebenden
deutschen Kriegsverbrecher angeklagt
und verurteilt werden.
Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und gesellschaftliche Ausgrenzung haben Konjunktur. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen
Übergriffen auf Flüchtlinge. Zugleich
wird antifaschistische Gegenwehr kriminalisiert. Der rasante Aufstieg neofaschistischer und rechtspopulistischer Kräfte
in nahezu allen europäischen Ländern
verlangt entschiedenen Widerstand.
Der Wiedereintritt Deutschlands in die
Reihe kriegführender Länder stellt einen
Bruch mit dem Nachkriegskonsens »Nie
wieder Krieg von deutschem Boden« dar
– der wichtigsten Lehre aus der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert.
In vielen Ländern der Welt toben Kriege,
sind gegen den Willen der Mehrheit der
Bevölkerung deutsche Waffen – und oft
auch deutsches Militär – beteiligt.
Wir erinnern am 8. Mai an die Hoffnung
der Befreiten auf eine Welt ohne Kriege, Elend und Unterdrückung und treten
für eine neue Welt des Friedens und der
Freiheit ein, wie es die befreiten Häftlinge
von Buchenwald geschworen haben:
Nie wieder Faschismus – nie wieder
Krieg!
Wir unterstützen den Friedensappell
ehemaliger sowjetischer Kriegsgefangener vom 1. September 2014, die zur
Versöhnung zwischen Ukrainern und
Russen aufrufen: »Besinnt Euch! Erstickt
Euren Hass, redet miteinander statt aufeinander zu schießen! Hört auf uns, die
in faschistischen Lagern das wenige
Brot miteinander teilten. Benehmt Euch
wie Mitglieder einer Familie, in der man
sich streitet im Bewusstsein gegenseitigen Respekts und sich wieder verträgt.
Macht endlich Frieden miteinander!«
Die zentrale Kundgebung der Berliner
VVN-BdA zum Tag der Befreiung vom
Faschismus findet am
8. Mai 2015 um 18.00 Uhr am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park
statt.
Wir bitten, antifaschistische Mahnmale, Erinnerungsstätten und Stolpersteine
am 8. Mai mit Blumen zu schmücken.
März 2015, Berliner Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes – Bund der
Antifaschistinnen und Antifaschisten
e. V. (Berliner VVN-BdA)