Pressespiegel 11_15 vom 14.03. bis 20.03.2015

Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Loëstrasse 60
7000 Chur
081 257 11 00
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Pressespiegel 11/2015
14.3. bis 20.3.2015
Kontakt:
Stefan Hügli
[email protected]
Inhalt
1.
Bündner Tageszeitungen
mit reformierter Brille gelesen
2.
ausgewählte Kolumnen
aus den Bünder Lokal- und Regionalzeitungen
3.
Themen aus überregionalen Zeitungen
NZZ, RP und Zeit
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
1.
Bündner Tageszeitungen
mit reformierter Brille gelesen
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nuar und Februar auf 7,3 Milliarden
Euro. Das waren etwa 14 Prozent
weniger als angestrebt.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz bot Tsipras an, dessen Regierung bei der Entwicklung einer
Strategie für mehr Wachstum und
Beschäftigung zu unterstützen.
Das EU-Parlament sei bereit, so
schnell wie möglich mit der griechischen Regierung und mit der EUKommission zu sprechen, um Geld
(...) für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland zu
mobilisieren», sagte der Deutsche.
Aus dem Sechs-Milliarden-EuroTopf des sogenannten Jugendgarantie-Programms der EU seien
noch viele Mittel verfügbar.
PANORAMA
Lehrerinnen dürfen Kopftuch tragen
Der Staat darf muslimischen Lehrerinnen in
Deutschland das Tragen von Kopftüchern nicht
länger pauschal und vorsorglich verbieten. Das hat
das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
entschieden. Für Verbote müssen demnach
künftig konkrete Gründe vorliegen, etwa eine
Gefahr für das friedliche Zusammenleben an
bestimmten Schulen. Die Grundsatzentscheidung
betrifft acht Bundesländer, in denen entsprechende Verbotsgesetze gelten. Das Gericht
korrigiert damit sein sogenanntes Kopftuchurteil
von 2003. Damals hatte es den Ländern vorsorgliche Verbote noch erlaubt.
Durchbruch im Fall Assange
Im Fall des seit Jahren in Ecuadors Botschaft in
London festsitzenden Wikileaks-Gründers Julian
Assange zeichnet sich ein Durchbruch ab. Die
schwedische Staatsanwältin Marianne Ny fragte
bei den Verteidigern des 43-jährigen Australiers an,
ob sie mit einer Befragung in London einverstanden seien. Diese nahmen das Angebot an.
Schweden fordert seit dem Jahr 2010 die
Auslieferung Assanges, um ihn zu Vorwürfen des
sexuellen Missbrauchs und der Vergewaltigung zu
verhören.
Um Beruhigung bemüht
Nach der verbalen Konfrontation
zwischen Athen und Berlin in den
vergangenen Tagen haben sich beide Seiten am Freitag um Mässigung
bemüht. «Wir wollen Griechenland
ein guter Freund und Partner sein»,
sagte in Berlin der Sprecher der
Bundesregierung, Steffen Seibert.
Es bleibe politisches Ziel, dass
Griechenland in der Euro-Zone bleibe, sagte Seibert weiter. Es gebe
kein bilaterales Problem zwischen
Berlin und Athen und keine Fehde
zwischen Schäuble und dessen
griechischem Amtskollegen Gianis
Varoufakis.
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Bündner Tagblatt
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parlament im Januar verabschiedete Gesetz sieht vor, dass der Bau von
neuen religiösen Einrichtungen
starken Einschränkungen unterzogen wird. Damit soll vor allem der
Bau von Moscheen in der Region gestoppt werden. Das Gesetz wurde
vor allem mit Stimmen der Lega
Nord und anderer Rechtsparteien
durchgesetzt und war von islamischen Verbänden als verfassungswidrig kritisiert worden. (SDA)
B Ö R S E N KO M M E N TA R
Der achte Wochengewinn in Folge
Der Schweizer Aktienmarkt hat auch gestern
zugelegt.
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ährend der SMI aufgrund der
Dividendeneinrechnung eine
schwächere
Entwicklung
zeigte, hat der SPI einen neuen Höchststand
erreicht. Insgesamt halten sich die Ausschläge
aber in engen Grenzen. So waren es beim SMI
lediglich 30 Punkte zwischen Hoch und Tief.
Auffallend war in der vergangenen Woche aufgrund der Euro-Schwäche das Auseinanderdriften zwischen den US-Indizes und den
wichtigsten europäischen Indizes. Neben steigenden Zinssorgen in den USA und der Währungskorrelation mit Exportchancen für deutsche Unternehmen hat offenbar auch der Beginn der EZB-Anleihekäufe den Aktienhunger
der Investoren angeheizt. Der Swiss Market Index (SMI) schloss 0,40 Prozent höher auf
9156,02 Punkten. Das Wochenplus beträgt damit 0,8 Prozent. Kurz vor Handelsende wurde
bei 9158 Punkten der höchste Stand seit dem
SNB-Entscheid von Mitte Januar erreicht. Der
Pressespiegel
breite Swiss Performance
Index (SPI) legte 0,46
Prozent
auf
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Evangelisch-reformierte
Landeskirche
Graubünden
wichtigsten Aktien schlossen 26 im Plus und
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Bündner Tagblatt vom 14.3.2015, Seite 8.pdf
GRAUBÜNDEN
B ü n d n e r Ta g b l a tt
Samstag, 14. März 2015
150 JAHRE KLOSTER ILANZ (2)
«Den Geist des heiligen Dominikus wachhalten»
Schwester Columbana hatte im Kloster Ilanz bereits verschiedene Ämter inne. Sie kennt das Ordensleben somit aus verschiedenen Perspektiven. Das gemeinsame
Gebet und die innere Klausur sind für sie zentral, um in der Balance zu bleiben, die wesentlich zur Spiritualität des heiligen Dominikus gehört.
«Den Ausgleich zwischen Aktion und Kontemplation zu finden, ist nicht einfach»: Schwester Columbana vor einem Porträt des Heiligen Dominikus. (FOTO OLIVIA ITEM)
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▸ S A B I N E - C L AU D I A NO L D
«Der Schwerpunkt des Dominikanerordens ist die Verkündigung, Dominikus
war ein Mann des Evangeliums», skizziert Schwester Columbana Hüppi den
zentralen Inhalt des Predigerordens
und seinen Gründer. «Dominikus hat
sein gesamtes Predigtwerk Jesu Christi
gewidmet. Durch unsere Berufung stehen wir im Sendungsauftrag des Evangeliums.» Schwester Columbana erzählt anschaulich und es fällt leicht,
sich vorzustellen, wie sie vor vielen
Jahren als Novizenmeisterin ihren jungen Novizinnen in einfachen, klaren
Sätzen die dominikanische Lebensweise und Spiritualität näher brachte. «Ich
habe gegenüber den Novizinnen immer
betont, dass ich vielmehr eine ‘Lebensmeisterin’ als eine Novizenmeisterin
bin – und so sehe ich mich auch heute
noch», wehrt sie ab.
Einen Satz, den sie als junge Schwester von einer älteren Mitschwester gesagt bekommen habe, sei ihr sehr wichtig geworden und diesen habe sie auch
ihren Novizinnen weitergegeben: «Lass
Dir nie von einem Oberen die Freude an
der Berufung nehmen.» Schwester Columbana lächelt verschmitzt. «Ich habe
eine wunderschöne Zeit im Orden erlebt: Als ich mit 18 Jahren eintrat, waren
viele Reformen und Aufbrüche im Gange, Schwestern aus verschiedenen Nationalitäten lebten hier und es herrschte eine offene Atmosphäre.»
Aber Schwester Columbana will darüber nicht die Realität schönreden: «Es
ist ganz klar, die Gemeinschaft trägt
zwar die einzelne Schwester, sie ist aber
zugleich auch die grosse Herausforderung. Wir alle sind Menschen und es
geht nicht ohne Barmherzigkeit und
Grosszügigkeit. Jede Schwester muss
daran arbeiten, denn es gibt immer wieder Spannungen untereinander.»
Das Gleichgewicht finden
Sie sehe sich selbst im Sendungsauftrag
des Heiligen Dominikus und sei langsam in die Spiritualität des Dominikanerordens hineingewachsen, erzählt
Schwester Columbana. «Was mir seit
jeher gefällt sind die Werte unseres Ordens, das Dynamische und das Kontemplative, die unmissverständliche
Aufforderung, die Nöte der Menschen
und die Zeichen der Zeit zu erkennen
und hinaus in die Welt, zu den Menschen, zu gehen.» Es wäre manchmal
leichter in einem geschlossenen Kloster, in einer Welt für sich zu leben, meint
Schwester Columbana.
«Es ist nie einfach, den Ausgleich
zwischen Aktion und Kontemplation,
zwischen Aussen und Innen zu finden.»
Schwester Columbana kennt um diese
Mühe, nicht nur aus der Theorie: «Als
junge Schwester unterrichtete ich
Hauswirtschaft – am Montag, nach der
Ort der Ruhe, der Stille und des Lichts: Täglich versammeln sich die Schwestern
in der Kirche zum gemeinsamen Gebet. (FOTO SABINE-CLAUDIA NOLD)
Frühmesse, ass ich mein Frühstück und
dann startete ich zu meinen Unterrichtsorten. Ich kam an die Schulen in
Safienplatz, Vrin, Trun... talauf und talab.»
Nicht immer konnte sie am Abend
zurück in die Gemeinschaft kommen.
Doch dieses Leben habe ihr sehr gut gefallen. «Um die Berufung nicht zu verlieren, ist es jedoch wichtig, das Gleichgewicht zu halten. Für mich war das gemeinsame Gebet zentral, an ihm nahm
ich nach Möglichkeit immer teil. Konn-
Serie 150 Jahre Kloster Ilanz
te ich nicht anwesend sein, so wusste
ich mich im Gebet mit der Gemeinschaft verbunden und getragen.» Die
Disziplin bringe Ruhe, «aber man muss
sie üben», weiss Schwester Columbana
im Rückblick.
«Einheit schafft Vielfalt»
Zur Ruhe und Ordnung gehöre aber immer auch Freiheit, betont Schwester
Columbana. «Wir sind frei in der Gnade,
nicht Sklavinnen der Gesetze.» Die
einen lebten die Gesetze so, die anderen
etwas anders. «Wenn wir miteinander
leben, dann im Vertrauen auf Gott als
Zentrum.» Mit 41 Jahren wurde Schwester Columbana Generalpriorin und
stand vor der grossen Aufgabe einer jeden Generalpriorin: dafür zu sorgen,
dass innerhalb der Gemeinschaft in
Fragen von Tradition und Reformen die
Waage gehalten wird und die Gemeinschaft nicht auseinanderbricht. «Mit
dem Zweiten Vatikanischen Konzil sind
viele Veränderungen gekommen», erinnert sie sich. «So mussten wir beispielsweise lernen, in einen echten Dialog zu kommen. Viele Schwestern haben den Orden leider verlassen und es
wurde plötzlich schwieriger, genügend
Führungskräfte zu finden.»
Aber auch Fragen des Alltags zur Gemeinschafsstruktur,
Tagesordnung
oder Kleidung seien auf den Tisch gekommen – Themen, die teilweise bis
heute die Gemüter bewegten. «Es
braucht eine starke Einheit, damit darin
die Vielfalt leben kann», weiss Schwester Columbana. «Der Dominikanerorden hat immer um diese Einheit gekämpft – und er ist bis heute einer der
wenigen Orden, der sie bewahren konnte. Die Einheit schafft Vielfalt, aber die
Vielfalt noch keine Einheit.»
Aus der Tiefe der eigenen Mitte leben
«Die dominikanische Spiritualität beruht auf der bereits erwähnten Einheit
von Aktion und Kontemplation», beginnt Schwester Columbana zu erklären. «Was unter Aktion zu verstehen ist,
ist einfacher zu umschreiben: Es geht
um die Verkündigung des Evangeliums.
Es geht darum, für die Menschen da und
bei ihnen zu sein, mit ihnen zu leben
und durch dieses Leben das Wort Gottes
erfahrbar zu machen – in Wort und Tat.
Das notwendige Gegenstück, ohne das
die Verkündigung nicht möglich ist, ist
die Kontemplation, die wesentlich
schwieriger zu beschreiben ist», fährt
Schwester Columbana fort. «Kontemplation beinhaltet, das Wort Gottes zu
betrachten, die Heilige Schrift zu studieren aber auch zu wissen, was in der
Gesellschaft abläuft.» Es brauche Geduld, das empfangene Wort zu verinnerlichen. «Die Betrachtung des Wortes
führt zur Gotteserkenntnis – und dadurch zwingend auch zur Selbsterkenntnis.» Kontemplation ist also
immer auch eine Gottesbegegnung.
Schwester Columbana sucht nach einer
anschaulichen Erklärung: «Die Kontemplation ist das grosse Thema der
mittelalterlichen Mystiker: Es geht immer um die Mitte. Aus der Mitte sollen
wir leben, aus den Tiefen der eigenen
Mitte, in der wir Gott begegnen.» Für die
Kontemplation sei die Klausur (abgeschlossener, privater Teil des Klosters)
sehr wichtig. «Ich meine in erster Linie
die innere Klausur, einen inneren Rückzugsort, wie er bei Katharina von Siena,
einer Dominikanerin, beschrieben ist»,
erläutert sie. «Die äussere Klausur ist
für die Kontemplation sicher hilfreich,
aber schlussendlich ist jede Person
selbst verantwortlich für das, was in
ihre innere Klausur kommt.»
Schwester Columbana betont, dass
Fernsehen, Computer und Internet zum
heutigen Leben und Arbeiten gehörten
und sich die Klöster davor nicht verschliessen könnten. «Aber das alles
brauchen wir nicht in unserem Ort der
Stille und Ruhe. Denn nur in der Stille
und Ruhe können wir zum Wesentlichen kommen.» Sie glaube zu spüren,
ob eine Person aus ihrer Mitte lebt, lächelt Schwester Columbana. Denn: «Jede Person, die in sich selber ist, strahlt
das auch aus.»
Seit 150 Jahren lebt und wirkt die Ilanzer
Schwesterngemeinschaft in der Surselva.
Anlässlich des Jubiläumsjahres gibt das
BT regelmässige Einblicke in ihre
Geschichte und in die heutige Tätigkeit
der Schwestern. Heute erscheint der
zweite Teil.
«Es braucht eine starke Einheit, damit darin die Vielfalt leben kann.» Schwester
Columbana Hüppi aus dem Kloster Ilanz. (FOTO OLIVIA ITEM)
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Nachtrag_Bündner Tagblatt vom 14.3.2015, Seite 9.pdf
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Samstag, 14. März 2015
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Angeregte Diskussion im Wissenschaftscafé Chur: Über 100 Gäste folgten aufmerksam der Diskussion.
Hoffnungen und Vorstellungen
über den Tod und das Jenseits
Am Wissenschaftscafé Chur diskutierten Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionen über die Hoffnungen
und Vorstellungen nach dem physischen Tod. In einem Punkt waren sich alle einig: Der Tod ist nicht das Ende.
▸ S A B I N E - C L AU D I A N O L D
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Zum ersten Wissenschaftscafé Chur
in diesem Jahr trafen sich am Donnerstagabend rund 100 Personen im
Café «Merz». Unter der Leitung der
promovierten
Religionswissenschaftlerin Brigitta Rotach, tätig im
Haus der Religionen in Bern, unterhielten sich Professorin Eva-Maria
Faber, Rektorin der Theologischen
Hochschule Chur, der hinduistische
Priester Sasikumar Tharmalingam
vom Haus der Religionen in Bern,
der Judaist und Rabbiner Jehoschua Ahrens, der in einigen Tagen
die israelitische Kultusgemeinde in
Düsseldorf übernehmen wird, und
Elvira Truttmann, Gründerin der
Medialen Akademie und Medium
über den Tod und die Hoffnungen,
die mit dem Jenseits verbunden
sind. Einig waren sich alle Teilnehmenden, dass der physische Tod
nicht das Ende bedeutet.
fängt.» Ahrens betonte, dass der Fokus im Judentum stark auf dem Leben liege. «Im Judentum wird weniger stark darüber nachgedacht, was
nach dem Tod passiert, der Fokus
liegt auf dem Leben. Ähnlich wie im
Christentum sind wir der Überzeugung, dass es nach dem Tod weitergeht. Über das wie und wo, gibt es
zahlreiche Diskussionen, aber keine
einheitliche Meinung.»
Tharmalingam skizzierte die Lehre
der Reinkarnation (Wiedergeburt):
Die guten oder schlechten Taten
eines Menschen (Karma) entscheiden über seine nächste Reinkarnation. «Es gibt kein Ende. Das Ziel ist
die Vereinigung mit Gott. Wir glauben, dass wir alle ein Teil der göttlichen Energie sind. Alles Getrenntsein ist eine Illusion.»
Truttmann erzählte von ihren
Erfahrungen im Kontakt mit Verstorbenen. «Mit dem Tod ist keines-
falls alles aus. Wenn wir in die geistige Welt eintreten, fängt das Leben
erst richtig an. Ich bin überzeugt,
dass wir beim Tod von Menschen
abgeholt werden, die uns lieben.»
Eine Zeit der Reflexion
Truttmann erklärte, dass Sie von bereits Verstorbenen die Information
erhalten habe, dass es nach dem
physischen Tod eine Phase der Reflexion gebe. Diese Phase findet sich
auch im Christentum, Judentum
und Hinduismus. Im Laufe der jeweiligen Religionsgeschichte wurde diese Reflexionszeit verschieden
gedeutet und teilweise wurde auch
versucht, die Phase in eine uns Menschen bekannte und exakte Zeitspanne zu fassen.
Der zweite Teil der Diskussion
widmete sich den verschiedenen
Bestattungsformen und den dahinterstehenden Gebräuchen, den
unterschiedlichen Vorstellungen
von Auferstehung und dem Umgang mit den Hinterbliebenen.
Auch aus dem Publikum kamen etliche Anregungen und Inputs. Auf
die Frage aus dem Plenum, weshalb
keine Vertreter des Islam, des Buddhismus und des Atheismus anwesende waren, erklärte die Moderatorin, dass die Organisatoren der
Ansicht waren, dass mit mehr als
vier verschiedenen Religionen an
einem Tisch, das Gespräch nicht
mehr möglich gewesen wäre.
Organisiert wurde der Anlass
von der Theologischen Hochschule
Chur (THC). Mitveranstalter der gesamten Reihe sind die HTW Chur,
die Pädagogische Hochschule Graubünden, die psychiatrischen Dienste Graubünden, die Academia Rætica, die Graduate School Graubünden, sowie die Stiftung Science et
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Der Tod ist nicht das Ende
Faber zeigte auf, dass im Christentum das Vertrauen auf Gott, und
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wird, massgebend ist. «An die Auferstehung glauben, heisst nicht,
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Die Podiumsteilnehmenden: Eva-Maria Faber, Sasikumar Tharmalingam, Brigitta Rotach (Moderation),
Jehoschua Ahrens, und Elvira Truttmann (v.l.). (FOTOS SABINE-CLAUDIA NOLD)
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Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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Eindrücklich, innovativ, bewegend
Mit so vielen Menschen gefüllt ist die Churer Heiligkreuzkirche selten: Am Sonntagabend kamen dort
zwei sakrale Werke für Soli, Chor und Orchester zur Zweitaufführung.
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Ein grosses Publikum hörte sich die Zweitaufführung von «Ut unum sint» am Sonntagabend in der Heiligkreuzkirche in Chur an. (FOTO MARCO HARTMANN)
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«Ut unum sint» – dass sie (die Menschen) eins seien: Der Spruch auf
der tiefsten Glocke des Klosters Disentis, nahe der Quelle des Rheins
gelegen, ist eine Friedensbotschaft,
die 70 Jahre nach dem Friedensschluss von 1945 am Ende des Zweiten Weltkrieges wichtiger ist denn
je. Das ist Anliegen und Grund, weshalb sich die Verantwortlichen und
der Chor des Gymnasiums und Internates des Klosters Disentis auf
eine Reise als Friedensbotschafter
begeben. In acht Städten entlang
des Rheins, von Disentis über Basel,
Breisach, Speyer und Mainz bis zum
Schlusskonzert im Kölner Dom erklingen zwei eigens für diesen Anlass komponierte oder arrangierte
Werke. Mit in dieses gross angelegte
Projekt hinein schwingt letztlich
auch das 1400-Jahr-Jubiläum des
Klosters Disentis.
Eröffnet wurde das Konzert mit
dem «Magnificat para el papa Francisco» von Ursin Defuns. Unter dem
Eindruck der Papstwahl am 13. März
2013 und dem einfachen Grusswort
«Buona sera» aus dem Munde des
Pontifex widmete Defuns sein eben
fertiggestelltes Werk Papst Franziskus. Das Loblied Marias schraubt
sich dabei musikalisch oftmals in
eine hymnische Fulminanz von erhebender Grösse und Eindrücklichkeit hoch. Daneben erscheinen
manche der Verse in besinnlicherem Duktus. Der Komponist bedient sich dabei einer traditionellen
Harmonik und Rhythmik mit wenigen hierin eingewobenen Modernismen.
Ausgewählte Psalmausschnitte
Das zweite Werk des Abends mit
dem Titel des Spruches auf der grossen Disentiser As-Glocke «Ut unum
sint» stammt vom 1977 geborenen
deutschen Komponisten Lorenz
Dangel. Als Schöpfer von Werken
für das Kulturfestival Origen ist er in
Graubünden ein nicht ganz Unbekannter. In seinem neuesten Opus
verwendet er quasi im Sinn einer
Vesper ausgewählte Psalmausschnitte, die den Frieden thematisieren. Sie erklingen in Deutsch
oder Lateinisch, wobei die lateinischen Texte die Momente von Harmonie, Frieden und Hoffnung beschreiben, während die Teile in
deutscher Sprache von Hoffnungslosigkeit, Leid und Zweifel erzählen.
Die sieben Teile des bewegenden Werkes sind den sieben Glocken der Klosterkirche zugeordnet;
diese erklingen denn während der
Aufführung auch in Einspielungen.
Jeweils eingeleitet von einstimmiger Gregorianik – vom Herren-Vokalensemble deCanto mustergültig
vorgetragen – folgen die sieben Teile einer inneren Dramaturgie: Ausgehend vom hoffnungsvollen Heilspsalm der Korahiten verfinstern
sich Textinhalte und Musik zunehmend, um sich aus dem Tiefpunkt
zum glanzvollen und hier finalen
Psalm Davids emporzuschwingen.
Lorenz Dangels Musik bewegt sich
äusserst hart entlang des Textes,
übersetzt diesen nicht nur musikmalerisch, sondern gleichzeitig in
eine Musiksprache, die sich verschiedenster Stilismen bedient. Der
solcherart gespeiste Schmelztiegel
erheischt nicht nur von den Ausführenden Identifikation, sondern
auch vom Auditorium Interesse
und Konzentration für und auf das
Neue.
Eine Aufgabe der besonderen Art
Die in diesem Sinn gesetzten Parameter von Text und Komposition
den jugendlichen Sängerinnen und
Sängern im Chor zu vermitteln, ist
eine Aufgabe der besonderen Art.
Sie steht ausserhalb der eigentlichen musikalischen Arbeit, aber beeinflusst diese in erheblichem Mass.
Wenn sich ein jugendlicher Laienchor wie hier gehört an Klänge
wagt, die nebst der Achtstimmig-
keit auch Clusterbildungen, improvisatorische Elemente und anspruchsvolle rhythmische Strukturen beinhalten, dann ist dies innovativ. Kapellmeister Clau Scherrer
und seinen musikalischen Mithelfern ist damit Bemerkenswertes
gelungen, das höchste Beachtung
verdient. Dass er sich mit dem Orchester Desertina und mit seinen
beiden Schwestern und Solistinnen
Letizia und Judit Scherrer auf bewährte Stützen verlassen kann, bedarf schon fast keiner besonderen
Erwähnung mehr: Da sind professionelle Perfektionisten am Werk,
wie er selbst ein solcher ist.
Dass solches Wirken auch über
die Kantonsgrenzen Graubündens
hinaus bekannt ist, Würdigung und
Anerkennung findet, ist beachtenswert. So überreichte Stiftungsrätin
Marianne Kleiner-Schläpfer zu
Beginn des Konzertes den Lily Waeckerlin-Preis für Jugend und Musik
für das Jahr 2015. Der mit über
60 000 Franken dotierte Preis wurde dem Chor Gymnasium & Internat Kloster Disentis mit seinem
Projekt «Ut unum sint» zugesprochen.
Am kommenden 21. März schiffen sich Solisten, Chor und Orchester auf dem Rhein als Friedensbotschafter ein und werden am 27. März
im Dom zu Köln ihr achtes Konzert
geben.
Ex-Toto-Bassist
Sechs JahreEvangelisch-reformierte
Haft fürPressespiegel
Kunstberater
Landeskirche GraubündenMike Porcaro tot
Der Düsseldorfer Kunstberater Helge Achenbach ist wegen Betrugs an reichen Kunden –
darunter Aldi-Erbe Berthold Albrecht – zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden.
USA Der frühere Bassist der USBand Toto, Mike Porcaro, ist tot. Er
sei an den Folgen der schweren Ner-
GRAUBÜNDEN
Bündner Tagblatt vom 17.3.2015, Seite 5.pdf
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Schwankende Belegung im Containerdorf
Obwohl das Transitzentrum «Rustico» in Laax bereits seit einem Monat in Betrieb ist, dient das Minimalzentrum
Waldau immer noch als Ausreisezentrum. Der Zeitpunkt für die Aufhebung der Containersiedlung steht noch aus.
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treffende Person wieder auf Nothilfe angewiesen, so muss diese
erneut beim kantonalen Amt für
Migration beantragt werden.
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Dem Platzmangel vorbeugen
Anlässlich eines BT-Besuchs Mitte
Februar in der Nothilfestruktur
Waldau in Landquart waren dort
18 Männer mit einem abschlägigen Asylentscheid untergebracht.
Die Containersiedlung war mit
dieser Belegung komplett ausgebucht. Gestern Montag waren der
Waldau noch 15 Personen zugewiesen. «Zwischenzeitlich war die
Anlage aber auch von nur noch
neun oder zehn abgewiesenen
Asylbewerbern bewohnt», erklärte Georg Carl, Abteilungsleiter Asyl
und Vollzug beim kantonalen Amt
für Migration und Zivilrecht. Eine
Person galt gestern als abgemeldet, was bedeutet, dass sich der
Mann eine Woche lang nicht mehr
zur täglichen Abgabe der ihm zustehenden 7,60 Franken eingefunden hat.
Es komme immer wieder vor,
dass sich zu den jeden Tag um die
gleiche Zeit stattfindenden Auszahlungen nicht alle Bewohner Notdürftiger Platz an der Sonne: Die Containersiedlung Waldau in Landquart
der Waldau einfänden. «Zwei bis dient nach wie vor als Ausreisezentrum. (FOTO MARCO HARTMANN)
drei Personen fehlen sogar meistens», so Carl. Zuweilen lasse sich zu, dann wird der Bewohner abge- nen unterstützt, sodass sie nicht
ein Bewohner auch mehrere Tage meldet.» Zuweilen würden abge- mehr auf die Nothilfe des Kantons
lang nicht blicken. «Eine Woche wiesene Asylbewerber von Ange- angewiesen seien. Ist jene Hilfe
lang warten wir in solchen Fällen hörigen, Kollegen oder Institutio- aber nicht von Dauer und die be-
Die zwei Listen der FDP stehen
«Volle Kraft voraus», so lautet das
Motto von Kapitän Bruno Claus,
aus dem er nie einen Hehl machte. «Wir wollen unseren Sitz in
Bern zurück», sagt der Präsident
der Bündner FDP. Claus und der
Geschäftsleitung ist gelungen,
was viele Politiker hinter vorgehaltener Hand nicht geglaubt
hatten – die FDP geht mit zwei
Listen in den Nationalratskampf.
Zwar weisen die Bündner Liberalen offenkundig keinen personellen Engpass wie andere Bündner
Parteien auf, dennoch war die Besetzung von zwei Listen mit bekannten Persönlichkeiten ein
«hartes Stück Arbeit».
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Nun ist die Katze aus dem Sack: Angela Casanova und
Hans Peter Michel führen die zwei Listen der Bündner Liberalen an.
▸ LARISSA M. BIELER
In Valzeina, wo der Kanton im
Flüeli das eigentliche Ausreisezentrum betreibt, wird die Nothilfe
dann nicht mehr in Form von Geld,
sondern in Lebensmittelrationen
erteilt. Zurzeit wird das Haus im
Prättigauer Bergdorf aber noch als
Transitzentrum (TRZ) genutzt.
Rund die Hälfte der insgesamt 100
Plätze im vor einem Monat eröffneten TRZ «Rustico» in Laax seien
zurzeit belegt. «Kämen jetzt schon
die Bewohner aus dem Flüeli dazu,
hätten wir dort eine Auslastung
von 80 Prozent», so Georg Carl. Die
neue Unterkunft soll jedoch nicht
so schnell mit so vielen Bewohnern belegt werden, «obwohl dies
theoretisch möglich wäre.»
Es gebe jedoch noch einen weiteren Grund, das Flüeli noch einige
Zeit als TRZ zu nutzen. «Sollten die
Asylgesuche plötzlich drastisch ansteigen, könnte es in den anderen
Unterkünften zu Platzproblemen
kommen.» Eine Reserveliegenschaft ist zwar bestimmt und die Eröffnung im Herbst geplant (siehe Titelseite). Das Kommunizieren des
Standorts derselben liege genauso
im Ermessen der Regierung wie das
Bestimmen des Zeitpunkts zur Aufhebung der Waldau.
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Positionen prominent vertre- Die Wasserträger-Funktion für
ten. Michel hatte denn auch andere Parteien wird der FDP
von Beginn weg seine Karten dieses Jahr nicht zukommen.
offen auf den Tisch gelegt und Bei den Kandidaten handelt es
sein Interesse am National- sich um bewährte Kräfte mit
ratsmandat früh bekundet. Wahlerfahrung: Pfäffli, NiederDer Anwärter auf das Bündner berger und Fraktionschef RuBauernpräsidium hat sich für dolf Kunz kandidierten schon
beide Mandate eine aussichts- 2011. Bezüglich Berufe und polireiche Position geschaffen. Mi- tischer Tätigkeit decken die Lischel gilt als volksnah und hat ten ein breites Spektrum ab,
sich jüngst für eine FDP als auch geografisch ist die Abde«freisinnige Volkspartei» – ckung Graubündens gelungen.
Die Frauen sind stark vertreten,
weg von den Eliten – stark ge-Pressespiegel
nicht wie so oft nur als «Alibis».
macht.
Evangelisch-reformierte
Landeskirche Graubünden
Die «Wirtschafts-Liste» wird Mit Kandidat Urs Cadruvi, Gevon Spitzenkandidatin Angela neralsekretär der Lia RumantCasanova angeführt. Die FDP- scha, schielt die FDP zudem in
Grossrätin aus Domat/Ems hat die Stammlande der CVP. Das
Freiheit und Lebe
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www.buendnertagblatt.ch
Bündner Tagblatt vom 18.3.2015,
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9 771424 754008
Was ist los mit
den Christen?
n für Cologna
nden von Davoseto Branschi einen
überreicht
ren von Colognas
jüngsten Erfolgen organisierte Davos
Tourismus eine intime Feier in der
Gondel der Jakobshorn-Bahn.
(FOTO NADJA SIMMEN/SWISS-IMAGE)
C H U R . .............................. Seite 7
m Umwegverkehr
Bau einer zweiten Tunnelröhre am Gotthard.
und der Walliser
ias Reynard haben
ndesrat angefragt,
wegverkehr wähTagen Totalsperre
und im Wallis zu
lva Semadeni fines Bundesrates er-
CHUR Unter dem provokativen Titel «Was ist los mit den Christen?»
referierte Rudolf Bauer, langjähriger
Leiter des Ressorts Innenpolitik der
deutschen Tageszeitung «Rheinische Post», im Rahmen der Tagung
der Pfarreiräte Graubündens. Bauer,
der sich auf Kirchenfragen spezialisiert hat, als Kenner der Deutschen
Bischofskonferenz gilt und Teilnehmer an der Bischofssynode in Rom
war, wagte sich an eine Analyse
der heutigen Katholischen Kirche.
Der Kirchenkenner ist überzeugt:
«Selbst in der heutigen Zeit der Kritik an den Amts- und Würdenträgern überwiegen doch die positiven
Aspekte eines gelebten Christentums im Sinne des wichtigsten Gebotes der Nächstenliebe.» Es liege
an den Gläubigen, den Alltag im
christlichen Geist zu leben und Vorbild zu sein, so Bauers Appell.
Der Kantonale Seelsorgerat
Graubünden hatte kürzlich zu einer
Tagung aller Pfarreiräte Graubündens eingeladen, wie es in einer
Mitteilung heisst. Die Tagung fand
in der Theologischen Hochschule
Chur statt. Dem Kantonalen Seelsorgerat ist es ein Anliegen, das
Laienapostolat auszubauen. (BT)
verkehr gebe es nur, wenn der Gotthard-Strassentunnel ohne zweite
Röhre saniert werde. Dann nämlich
würde während der Sanierungszeit
ein leistungsfähiger Bahnverlad
eingerichtet.
«Wir wollen klar keinen Umwegverkehr und sagen deshalb
Nein zur zweiten Röhre», fordert
Jon Pult, Präsident der Alpeninitiative. (NW)
Wahl in Israel:
Netanyahu und
Herzog gleichauf
PARLAMENTSWAHL
Kopf-anKopf-Rennen bei den vorgezogenen
Parlamentswahlen in Israel: Nachwahlbefragungen der TV-Sender
Channel 1 und 10 zufolge errangen
sowohl der konservative LikudBlock von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als auch das Mitteat verweigere es,
Links-Bündnis unter Führung von
h dem UmwegverArbeitsparteichef Isaac Herzog jentworten, heisst es
g. Keinen Umweg- G R A U B Ü N D E N .. . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3 weils 27 Sitze.
Laut dem Sender Channel 2 erzielte Netanjahus Partei mit 28 Sitzen einen hauchdünnen Sieg. Herzogs Zionistische Union verfügt
demnach über 27 Sitze. Das arabische Parteienbündnis wurde den
nkung der Beiträge in den Nationalen FinanzPrognosen zufolge mit 13 Sitzen
unverändert, sagen die Bündner Ständeräte.
erstmalsPressespiegel
drittstärkste Kraft im Parlament. In die Knesset
werden insEvangelisch-reformierte
Landeskirche
Graubünden
gesamt 120 Abgeordnete entsandt.
Damit ist eine vierte Amtszeit
und ergänzt: «Die sche Motive», so Schmid. Die Fakeuerreform wird ten würden aber klar aufzeigen, des Likud-Vorsitzenden Benjamin
cht an NFA rütteln
lhuhn – ein
er Waldbewohner
ittwoch, 25. März, findet im Kirchtthof in Chur ein Vortrag des Vozum Thema «Das Haselhuhn – ein
bewohner» statt. Referent ist Nin der Schweizerischen VogelwarReferent hat viele Jahre das Haselebensraumansprüche untersucht.
inheimischen Raufusshühner gelmlichsten Vogelarten der Schweiz,
Mitteilung. Selbst für viele erfahreen und Ornithologen sei die Beobselhuhns jedes Mal etwas ganz Beubündens Wäldern ist die Art weit
sind ihre Bestände ausserhalb der
Bündner Tagblatt vom 18.3.2015, Seite 20.pdf
Ilanz ist «Reformationsstadt Europas»
EVANGELISCHE KIRCHE Nach
Zürich im vergangenen Sommer
haben fünf weitere Schweizer Städte von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) den
Titel «Reformationsstadt Europas»
erhalten. Neben Basel, Genf, Neuenburg und St. Gallen ist das auch
Ilanz, die erste Stadt am Rhein. Diese Städte gelten somit als wichtige
Orte reformatorischer Aufbrüche.
An den für 2017 geplanten Feierlichkeiten zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation können diese
Orte ihre touristischen und kulturellen Reichtümer zur Geltung bringen, wie der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) gestern
mitteilte. Städte, die sich um eine
Teilnahme bewerben, müssen zur
Jubiläumsfeier ein attraktives touristisches Rahmenprogramm präsentieren.
In jeder dieser nun ernannten
«Reformationsstädte» lebte mindestens ein Reformator: Calvin in
Genf, Farel in Neuenburg, Commander in Ilanz, Vadian in St. Gallen, Oekolampad in Basel und
Zwingli in Zürich. Das Label bringe
also eine schweizerische Besonderheit zur Geltung, schrieb der SEK.
Das Jahr 1517 gilt für die Protestanten in aller Welt als Beginn der
Reformation durch Martin Luther
(1483–1546) und die Entstehung der
evangelischen Kirche vor fast 500
Jahren. (SDA/BT)
. Der etwas genauere Einblick in
d Ansprüche des Haselhuhns soll
uch aufzeigen, was nötig wäre, um
Aufschwung zu verhelfen.
m Kirchgemeindehaus Titthof behr, der Eintritt ist frei. (BT)
Aussichten heute
Temperaturen:
Nachmittag/Morgen früh
17°/8°
11°/3°
Scuol
Chur
17°/8°
Disentis
Überwiegend s
einigen Quellw
Landquart
Ilanz
Thusis
8°/–2°
Davos
17°/8°
10°/2°
Arosa
10°/2°
Zernez
8°/–2°
17°/8°
Splügen
St. Moritz
11°/3°
Interdiscount:
verwüsten Laden
Sta. Maria
8°/–2°
12°/3°
Mesocco
12°/3°
IGUNG So viel scheint sicher:
amen am Montagmittag in den
m Einkaufzentrum City West in
top umzutauschen. Als die Angette nicht nachkommen, verlieren
er die Beherrschung und verwüsDie genauen Umstände sind aber
Weder die Stadtpolizei Chur noch
ei hat eine Meldung zu dem Vorfall
Auf Nachfrage erklärt Thomas Hoer der Kantonspolizei, man sei an
und eines grösseren Unfalls aus. Zum Tathergang könne er auch
sagen. Nur soviel: Die beiden Vergefasst und hätten die TatbeteiliDer Fall liege nun bei der Staatsanr Churer Interdiscount-Filiale will
Online-Medien nicht kommentieherin Andrea Bergmann bestätigt
Personen seien nicht verletzt woröhe des entstandenen Sachschaeine Angaben machen. (AO)
Ist es das angenehme Domleschger Klim
in der Pferdepension Brunold in Rodels?
Dany, im Tal bekannt als Müschi, ist stol
WETTER
Haselhuhn-Männchen nimmt ein
NIKLAUS ZBINDEN)
Dany alias Müsc
Poschiavo
12°/3°
Aussichten Alpennordseite
Aussichten Alpensüdseite
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
16°/8°
17°/8°
14°/5°
14°/4°
14°/6°
12°/5°
9°/3°
11°/2°
Z I TAT D E S TAG E S
«Politiker und Journalisten teilen
das traurige Schicksal, dass sie
oft heute schon über Dinge reden,
die sie erst morgen ganz verstehen.»
H E L M U T S C H M I D T ( 9 6 ) , D E U T S C H E R B U N D E S K A N Z L E R 1 9 74 – 1 9 8 2
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Aussichten heute Mittwoch
Das Bodendruckfeld zeigt über Mitteleuropa ein flaches Tief. In den
Höhenwetterkarten befinden sich
die Alpen im Sattel zwischen zwei
Tiefs und einer Hochdruckbrücke.
Heute heizt die Sonne ein und begünstigt das Entstehen flacher
Quellwolken. Am
Nachmittag
kommt Talwind auf und führt zusätzlich Feuchte in die Berge. Die
Chance steigt, dass die eine oder andere Quellwolke am Abend zu einzelnen Schauern führen kann. Bevorzugte Gebiete dafür sind Alpstein, Pizol und Flumserberge. Die
Quellwolken zerfallen in der Nacht.
Luftmesswerte im Kanton Graubünden
www.ostluft.ch – www.in-luft.ch – w
COMIC
Die immer raffinierter werdende
Technik ist aber auch das, was Kurti
an der Arbeit als Automobil-Mechatroniker, trotz des erhöhten Leistungsdrucks, reizt. «Wenn man beispielsweise einen Motor eines alten
Autofachbereich. Die Kunden des
Garagenbetriebs sind oft sehr gut
über ihre eigenen Fahrzeuge informiert, was direkte Auswirkungen
auf die Beratungskompetenzen des
Personals hat. «Diese Entwicklung
kann für uns einfacher und schwie-
aber ob die ganzen neuen Systeme
zur Fortbewegung auch wirklich
notwendig sind, ist eine andere Frage.» Am liebsten hätte er in seinem
eigenen Auto «eine Funktion zum
selbstständigen Lenken, damit das
Ausziehen der Jacke während des
Bündner Tagblatt vom 18.3.2015, Seite 7.pdf
Uhr, ausgewählte Modelle. Den
Auftakt macht die Dosch Garage am
Freitag, 20. März, um 18.30 Uhr mit
dem Traditionsanlass «Motorama»,
wie es in einer Mitteilung heisst.
Weitere Infos unter
www.churia-auto.ch. (SE)
Konkurrenzdenken ist hier fehl am Platz
Die Zusammenarbeit von Pfarreiräten und Pfarrpersonen ist nicht immer problemlos. Die Tagung des Kantonalen
Seelsorgerates zeigte anhand von Beispielen auf, dass eine gute Zusammenarbeit möglich ist – zum Wohle der Pfarrei.
Über 40 Vertreter aus mehr als 20
Pfarreien waren kürzlich der Einladung des Kantonalen Seelsorgerates gefolgt und hatten sich in der
Theologischen Hochschule Chur
zum ersten Mal in ihrer Geschichte
zu einem Erfahrungsaustausch getroffen. Dem Kantonalen Seelsorgerat unter dem Präsidium von Wally
Bäbi ist es ein Anliegen, das Laienapostolat auszubauen. Deshalb waren sowohl Kirchgemeinden mit
einem bereits bestehenden Pfarreirat eingeladen, als auch solche, die
sich mit der Schaffung eines Pfarreirats befassen.
Anstoss bereits vor 50 Jahren erfolgt
Beim gegenwärtigen Priestermangel ist es für einen Geistlichen nahezu unmöglich, sich nebst seinem
Kerngeschäft – die Feier der Heilgen
Messe, die Spendung der Sakramente sowie die anfallenden administrativen Arbeiten – noch all den
anderen Aufgaben zu widmen, die
in einer lebendigen Pfarrei anfallen.
Erwähnt seien hier lediglich der Religionsunterricht, die Informations-
pflicht gegenüber den Gläubigen
mittels verschiedener Medienkanäle (Pfarrblatt, Homepage der Pfarrei), die Pflege und der Erhalt der
Ökumene, die Jugendarbeit, die Senioren- und Krankenbetreuung, die
Kontaktpflege zu den katholischen
Vereinen ... Die Liste wäre noch
weitaus länger. Auch wenn der Pfarrer die Verantwortung für das Gedeihen des Pfarreilebens trägt, so
wird von vielen Priestern ein Pfarreirat geschätzt, der ihm beratend
zur Seite steht und ihn bei seinen
täglichen Arbeiten unterstützt.
Die Pfarreiräte setzen sich aus
Laien und Seelsorgenden zusammen und gestalten das Pfarreileben
mit. Bereits das Zweite Vatikanische
Konzil hatte vor 50 Jahren einen Anstoss für diese Gremien gegeben
und erste Richtlinien dazu verfasst.
Oberstes Ziel ist der Geist einer echten Zusammenarbeit zwischen Klerus und den Laien. Diesem Geist
einer echten Zusammenarbeit stehe in der Praxis leider immer wieder
ein Konkurrenzdenken im Wege,
das sich an der Frage entzünde, wer
nun für alles zuständig sein solle,
heisst es in einer Mitteilung.
Mehr Enthusiasmus erwünscht
Der Kantonale Seelsorgerat und der
regionale Generalvikar Andreas
Fuchs sehen mit Sorge, dass aufgrund dieses Konkurrenzdenkens
viele Pfarreiräte resigniert oder ihre
Tätigkeit eingestellt haben. Nur
noch vereinzelt würden Pfarreiräte
sich voller Dynamik für die Umset-
zung kirchlicher Belange einsetzen
oder Enthusiasmus für den Glauben
in die Gemeinde tragen. Für die Anwesenden der Tagung war es deshalb wichtig, an den Beispielen von
Brigels/Danis/Dardin und Davos zu
sehen, dass eine ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen Pfarrer
und Pfarreirat möglich ist und wie
organisatorische oder zwischenmenschliche Probleme gelöst werden können. (BT)
Andreas Fuchs, Regionaler Generalvikar für Graubünden, bei seinem
Einführungsreferat vor den Bündner Pfarreiräten. (ZVG)
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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KULTUR
Bündner Tagblatt vom 19.3.2015, Seite 11.pdf
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Giora Feidman zu Gast in Chur
In der Martinskirche in Chur präsentieren der Klarinettist
Giora Feidman und das Orchester Le Phénix am
kommenden Sonntag, 22. März, um 17 Uhr Klezmer. Zu
hören sein werden Werke von George Gershwin, Samuel
Barber, Astor Piazzolla und traditionelle Klezmer-Melodien.
Giora Feidmans Lebenslauf ist lang. Erlebt hat er schon viel,
überall auf der Welt, und ebenso oft ist er aufgetreten, in
Israel, mit dem Papst vor 800 000 Gläubigen oder in
anderen Ländern rund um den Globus. Schon 2012, beim
ersten Zusammentreffen des Klezmer-Klarinettisten Giora
Feidman mit dem Orchester Le Phénix war laut Mitteilung
klar, dass es nicht bei diesem einen Konzert bleiben würde:
Beide Seiten wünschten sich ein weiteres Projekt, und nun
ist es so weit. Der unverwechselbare Klezmer-Klang von
Feidmans Klarinette verschmilzt mit dem ausdrucksvollen
Spiel des Orchesters. Tickets sind via www.lephenix.ch oder
unter Telefon 076 506 36 18 erhältlich. Die Abendkasse ist
ab 16.15 Uhr geöffnet. (BT/ZVG)
hrung findet am
20 Uhr statt. Tickets:
Pressespiegel
tag, 20. März, um 20 Uhr Gedichte von und den daraus entstehenden sozialen die Raten seines neuen Radios. Die
Evangelisch-reformierte
Landeskirche
Graubünden
Missständen sowie
der (Missachtung
Anna Maria Bacher und Kompositionen
Arbeit in der Heilanstalt macht Schluep
von Martin Derungs, Thüring Bräm und der) Menschenrechte. Ihre Arbeiten auch keine Freude mehr, denn seine
Ulrich Gasser präsentiert, darunter können laut Mitteilung als Mahnmale Kollegen lassen ihn hängen und verzwei Uraufführungen. Mitwirkende oder als Illustration der unbegreifbaren leumden ihn beim Direktor. Anstatt
In der Eingang
Chur findet inm
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Bündner Tagblatt vom 19.3.2015, Seite 3.pdf
Vor über zehn Jahren gegründet: Reto Mischol und Hans Gasser (rechts) erzählen von der Arbeit des Care Teams Grischun. (FOTO OLIVIA ITEM)
«Wir stehen zur Verfügung, drängen
uns aber nicht auf»
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Seit Gründung des Care Teams Grischun gehört Reto Mischol zum Team. Er und seine Kolleginnen und Kollegen
stehen den Menschen besonders in den ersten, schweren Stunden zur Seite und fangen sie auf.
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▸ DENISE ERNI
Ein Tunnelbrand, Zugunglück,
schwerer Verkehrsunfall, Suizid
oder ein Lawinenunglück wie Anfang Februar am Piz Vilan. All das
sind Ereignisse, bei denen neben
der Hilfe von Rettungskräften und
Feuerwehr auch die psychologische
Unterstützung des Care Teams Grischun gefragt ist. Doch wer ist dieses psychologische Notfallteam
eigentlich und was ist ihre Aufgabe?
«Das Care Team Grischun besteht
aus 44 Mitgliedern», erklärt Hans
Gasser, Leiter des kantonalen Amtes
für Militär und Zivilschutz. «Acht
Personen sind derzeit noch in Ausbildung.» Das Care Team besteht
aus Seelsorgern, Sozialarbeitern,
Psychiatern und Psychologen, die
Menschen in Extremsituationen
begleiten und unterstützen. Einer
davon ist Reto Mischol. Der Psychologe und zertifizierte Notfallpsychologe gehört seit der Gründung
des Teams vor gut zehn Jahren dazu.
Er und seine Kolleginnen und Kollegen unterstützen die Rettungsorganisationen bei ihrer Arbeit und stehen den Verletzten und Hinterbliebenen psychologisch zur Seite.
«Unsere Devise lautet: Wir stehen
zur Verfügung, drängen uns aber
nicht auf», sagt Mischol.
Einige Minuten durchatmen
Die Care Giver und Notfallpsychologen, wie sie heissen, werden durch
die Sanitätsnotrufzentrale Telefon
144, Rettungseinheiten und die Polizei aufgeboten. Geschieht irgendwo
im Kanton ein Unglück, wie besagtes Lawinenunglück im Februar,
können die Rettungsorganisationen Unterstützung der psychologischen Experten anfordern. Je nach
Grösse des Unglücks und nach Region wird entschieden, wer und wie
viele Care Giver aufgeboten werden. Die Experten werden direkt
kontaktiert. Und so kann es auch
sein, dass der Angerufene nicht sofort los kann. Wenn aber, dann «sind
wir in der Regel innerhalb von ein
bis zwei Stunden am Einsatzort»,
sagt Mischol. «Es ist ratsam, wenn
möglich zu zweit zu einem Einsatz
zu gehen.» Somit haben auch die
Helfer die Möglichkeit, sich abzuwechseln, auszutauschen und zu
reflektieren. «Ich sage meinen Kolleginnen und Kollegen in der Ausbildung immer, dass sie sich bei der
Ankunft am Unglücksort kurz mental sammeln und durchatmen sollen, um einsatzbereit zu sein», so
Mischol. «Ein Care Giver, der selbst
erregt ist, ist keine grosse Hilfe.»
Maximal 72 Stunden
Welches sind die herausfordernsten
Situationen für die Care Giver? «Suizide sind immer sehr schwierig»,
sagt Mischol, «vor allem, wenn Kinder und Jugendliche betroffen
sind.» Wenn er die Polizei, deren
Aufgabe es ist, bei der Überbringung der Todesnachricht zu den
Hinterbliebenen begleitet, sei das
sehr anspruchsvoll. «Auch Unglücke, bei denen Kinder involviert
sind und Todesfälle, die nicht klar
einzuordnen sind, gehören zu solchen Einsätzen.»
Mischol erinnert sich an das tragische Tunnelunglück im September 2006 im Viamala, als mehrere
Menschen, darunter auch Kinder
ums Leben kamen. «Meine Kinder
waren damals im gleichen Alter wie
die Kinder im Bus», erinnert er sich,
«aus diesem Grund habe ich den
Einsatz einem Kollegen übergeben.» Graubünden sei zudem ein
«kleines Pflaster» und man müsse
als Mitglied des Care Teams Grischun immer damit rechnen, auf
jemanden zu treffen, den man
kennt.
Maximal 72 Stunden, also drei
Tage stehen die Experten des Care
Team Grischun den Verunglückten
und Hinterbliebenen zur Seite. «Wir
machen die psychologische Erstversorgung», sagt Mischol. «Danach vermitteln wir an die ordentlichen Ressourcen weiter, leiten die
Menschen, wenn sie wollen zu Kollegen und Fachorganisationen weiter.» Es gehe darum, die Menschen
in ihrer Not etwas aufzufangen und
ihnen zu verstehen geben, dass das,
was sie gerade erleben und durchmachen, verstehbar ist und zur Bewältigung des ausserordentlichen
Ereignisses dazugehöre. «Wir versuchen ihnen beim Einordnen zu
helfen», so Mischol. Nachher lasse
man die Menschen wieder los.
«Einige der Betroffenen melden
sich später wieder und teilen mit,
wie es ihnen geht, oder bedanken
sich.» Das gehöre zu den schönen
Seiten ihrer Arbeit, sagt der Psychologe.
Klare Grenzen ziehen
Würde er nicht gerne die Menschen,
die er in den Notfallsituationen kennenlernt, länger begleiten und verfolgen, wie sich der Mensch aus dieser Extremsituation erholt? «Ja und
nein», sagt er. «Manchmal kommen
einem die Menschen wieder in den
Sinn und man fragt sich, wie es ihm
oder ihr wohl geht.» Aber es sei seine und die Aufgabe seiner Kolleginnen und Kollegen, die Grenzen klar
zu ziehen. «Wir sind in diesem Moment ganz klar im Kurzeinsatz und
nicht Therapeuten.»
Neues Bundesgesetz
2004 wurde das Care Team Grischun gegründet. «2003 trat ein
neues Bundesgesetz in Kraft, welches den Kantonen erlaubt, Formationen mit Defiziten im Bereich Bevölkerungsschutz zu bilden», erklärt Hans Gasser. Und so rief man
das Care Team Grischun ins Leben,
begann mit Mischol, der zusammen
mit zwei Kollegen der Bündner Vereinigung für Psychotherapie ein
entsprechendes Expertenteam gegründet hatte, zusammenzuarbeiten. Die Mitglieder des Teams sind
Schutzdienstpflichtige und erhalten vom Kanton einen täglichen
Sold und Erwerbsersatzleistungen.
Sofort Hilfe in Anspruch nehmen
Gasser hat buchstäblich am eigenen
Leib erfahren, was es heisst, wenn
der Körper auf psychischen Stress
reagiert. «Beim Unwetter 2002 in
Schlans war ich in der Funktion als
Stabschef des kantonalen Führungsstabs Tag und Nacht im Einsatz, stand 24 Stunden unter Strom»,
erinnert er sich. «Als sich die Lage
wieder beruhigt hatte und einige
Wochen ins Land gezogen waren,
erwachte ich jede Nacht schweissgebadet.» Die Folgen des Einsatzes
kamen zum Vorschein. «Ich dachte,
das sei nichts Schlimmes. Das gehört zu meinem Job und muss ein
Mann doch aushalten können.» Erst
mit der Zeit habe er gespürt, wie
sehr ihm der Einsatz und vor allem
die Schicksale der Menschen zu
schaffen gemacht haben und wie
wichtig es gewesen wäre, wenn damals schon ein Care Team Grischun
bestanden hätte. «Heute würde ich
ihre Hilfe sofort in Anspruch nehmen», sagt Gasser.
Er freut sich, dass ein so motiviertes Team von Seelsorgern, Sozialarbeitern, Psychiatern und Psychologen da ist und bei Unglücken
jederzeit aufgeboten werden kann.
«Mein Ziel ist es, dass wir den Bestand von rund 50 Mitgliedern halten können», sagt er. Er könne dazu
aber nicht viel beitragen, das seien
die Care Team Grischun Mitglieder
selber, die um den Nachwuchs besorgt sind. Doch Mischol ist guten
Mutes, dass diese Zahl gehalten
werden kann. Und so auch in Zukunft die Rettungskräfte vor Ort auf
die Hilfe der psychologischen Experten zurückgreifen können.
Infoflyer
für
Betroffene,
Angehörige und Freunde
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) und die Föderation
Schweizer Psychologinnen und
Psychologen (FSP) haben mit
Unterstützung des nationalen
Netzwerks psychologischer
Nothilfe (NNPN) einen Infoflyer
zusammengestellt, der sich an
Personen richtet welche Opfer
eines traumatischen Ereignisses
wurden. Darin sind verschiedene
Reaktionen aufgezeigt, die nach
einem belastbaren Ereignis auftreten können. Mit Tipps, was man
für sich selber tun kann, welche
normalen Reaktionen bei Kindern
auftreten können, sowie Tipps für
Angehörige und Freunde. (DNI)
Infoflyer und weitere Infos unter:
www.nnpn.ch.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Stimmt über das Kleinwa
ab: die Gemeinde St.Ant
durch die Rechnung ma
die Fusion», so Flütsch
Kraftwerk-Projekt ausw
des Kraftwerks würden
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Punkt», schreibt Gros
(parteilos, San Vittore)
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schutzbehörden (Kesb)
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schwierig unter Betrieb zu realisie- Bahnhofgebäudes wären einfach
ren und aus Sicht der Finanzierbar- möglich, nicht aber auf der gegenkeit vermutlich unverhältnismäs- überliegenden Seite, da das Perron
dort aufgrund des Dreischienensig teuer.»
In Leserbriefen wurde auch gleises
B ü n(RhBd n e rund
Ta SBB-Gleis)
g b l a tt nicht
schon eine Optimierung der erhöht werden könne. Verwiesen
Schliesszeiten verlangt. Die Schran- wird derzeit auf die beiden behinken sollen nicht so lange unten blei- dertengerechten Bahnübergänge
ben: «Es können punktuell feine an den Enden, bei der oberen und
Verbesserungen erzielt werden», unteren Bahnhofstrasse …
Die Gemeinde ist bei diesem
ter- erklärt Rageth dazu. Der Lieferant
he- der Barrierensteuerung analysiere Dauerbrenner der Dorfpolitik stets
ge- die Situation, erste Ergebnisse lägen gefordert. Für das Jahr 2016 sei ein
Mit der derzeit
UNO-Weltwasserwoche
in Scuol
hat
sen vor. Die RhB gehe deshalb
Ideenwettbewerb
«Unterführung
Wasserbotschafter
Ernst Bromeis
buchstäblich
kla- davon aus, dass «kleinere
geplant,
mit AusfühOpti- Bahnhof»
mierungen umgesetzt»
in einrungskosten
von
1,4 Millionen
vielund
in Fluss
gebracht.
Die dritte
Auflage
steht Franzelnen Fällen die Bahnschranke
zuken,
erklärte
Gemeindepräsidentin
unter dem Motto «Nichts verbindet (und trennt?)
sätzlich geöffnet werden könne.
Baselgia. Die statistischen Angaben
uns mehr als das Wasser.»
hon
betreffen den Personenverkehr.
Bahnhof nicht behindertengerecht
die
Welche Auswirkungen eine ZunahSCUOL Wasser ist für Scuol wie ein Lebenselixier.
n zu Während sich hier allgemein etwas me des Güterverkehrs hätte, falls
Von Samstag, 21. März bis Freitag, 27. März steht nun
im bewegt, gibt es wenig Neues beim das Sägewerk den Betrieb wieder
das Unterengadin ein weiteres Mal ganz im Zeichen
ine Problem einer behindertengerech- aufnähme, wäre wiederum eine andes Wassers. Als «verbindendes» und «trennendie ten Unterführung beim Bahnhof, dere Frage.
des» Element wird es in der 3. UNO-Weltwasserwoche aus ethischer, kultureller oder weltpolitischer
Sicht thematisiert. Insgesamt elf öffentliche Veranstaltungen stehen im Wochenprogramm. Unter anderem wirken in diesem Jahr Anja Klug vom UNFlüchtlingskommissariat UNHCR und Alt-Bundesrat Moritz
Leuenberger
mit. Switzerland (YES).
weizer Sieg am Wettbewerb
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<Mehrere überschneidende Verknüpfungen>
Die Suche nach der
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Wasser als verbindendes Element
Mit den Veranstaltungen wollen die Organisatoren
den Besucher mobilisieren und wachrütteln, seinen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. Die
3. UNO-Weltwasserwoche findet in einem Umfeld
zwischen Währungskrisen und Flüchtlingsströmen statt. «Wir sind alle aufgefordert, nach dem zu
suchen, was uns verbindet, anstatt nach dem zu
streben, was uns trennt», schreibt Wasserbotschafter Ernst Bromeis in seinem Vorwort. «Zeiten, in
denen uns das Wasser bis zum Hals steht, fordern
uns heraus, gemeinsam zu schwimmen und zu kooperieren». Die 3. UNO-Weltwasserwoche soll hier-
Innovative Wiederverwertung: Die vier Bündner fertigen dekorative
Gegenstände aus gebrauchten Barriquefässern an. (FOTO ZVG)
Verbindet globale Themen mit dem Mikrokosmos
Scuol: Wasserbotschafter Ernst Bromeis. (NW)
für die nötigen Anstösse bieten und einen Bogen
vom einheimischen Wasserreichtum zu globalen
Herausforderungen schlagen. So treffen sich im
Vorfeld der Veranstaltung «Lampedusa – eine zivilisatorische Odyssee» Anja Klug vom UNHCR und
Regierungsrat Christian Rathgeb, um sich über die
aktuelle Flüchtlingssituation auszutauschen. (NW)
Das Programm
«Und wo bleibt das Wasser?» mit Moritz
Leuenberger und Risch Biert»; 21. März, 20 Uhr,
sala cumünala – «Verbindet uns mehr als das
Wasser?» mit Jon Janett und Musikschülern;
22. März, 10 Uhr, reformierte Kirche – «Viva l’aua»
mit Gästen und Einheimischen. Offizieller Akt zum
UNO-Weltwassertag; 22. März, 11 Uhr, Bügl Platz
Scuol – «Blaues Gold» Ein Märchen aus den Bündner Bergen mit Annetta Baumann und Uorschla
Rauch; 23. März, 17 Uhr, biblioteca populara, Chasa
du Parc – «Kon-Tiki – mit dem Floss Kulturen
verbinden» Film Bogn Engiadina, 23. März, 20 Uhr,
grosses Wasserbecken, Eintritt zehn Franken –
«Tropfen bilden einen Bach. Bäche bilden einen
Fluss. Flüsse bilden einen Strom» mit Werner
Reichle; 24. März, 20 Uhr, Café «Benderer»,
öffentliche GV Pro Büvetta Tarasp – «Trennen
Mauern was ursprünglich verbunden war?» mit
Köbi Gantenbein; 24. März, 20.45 Uhr Café
«Benderer» – «Ardez liegt am Rhein» mit Ernst
Bromeis und Christian Gartmann, 25. März, 20 Uhr,
Hotel «Aurora» Ardez – «Alles im Fluss» mit Irma
Wehrli und Jörg Perron; 26. März, 17 Uhr Chastè da
Tarasp – «Watermark – Ein Film von
schrecklicher Schönheit» ; 26. März, 20 Uhr, Bogn
Engiadina, grosses Wasserbecken, Eintritt zehn
Franken – «Lampedusa – eine zivilisatorische
Odysee» mit Anja Klug UNHCR und Urs Wohler,
27. März, 20 Uhr, sala culturala Bogn Engiadina.
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Verbindet globale Themen mit dem Mikrokosmos
Scuol: Wasserbotschafter Ernst Bromeis. (NW)
für die nötigen Anstösse bieten und einen Bogen
vom einheimischen Wasserreichtum zu globalen
Pressespiegel
Herausforderungen schlagen. So treffen sich
im
Vorfeld der Veranstaltung
«Lampedusa
–
eine
zivi- Landeskirche
Evangelisch-reformierte
lisatorische Odyssee» Anja Klug vom UNHCR und
Regierungsrat Christian Rathgeb, um sich über die
aktuelle Flüchtlingssituation auszutauschen. (NW)
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gentinien. «Die Aufenthalte werden
immer länger.» Doch die Schweiz
ganz verlassen, will sie nicht.
Mehr Sicherheit, mehr Freiheit
Hermano, 1967 geboren, ist im
Nordosten von Brasilien aufgewachsen. Auch er ist ausgebildeter
Lehrer, auch er erteilt hier Sprachkurse, auch ihn führte die Liebe in
die Schweiz. Seine Frau lernte er in
Brasilien an der Universität kennen.
Zuerst wohnten er und seine Gattin
in Basel. Nun ist die vierköpfige Familie in Chur zuhause. Kulturell ist
Hermano in verschiedenen Richtungen tätig, Musik, Gesang, Tanz,
Performance. Er wirkte schon in
Musicals, Oper, Theater und Film
mit.
Auch Monica liebt den Tanz, wie
den Tango, und Musik. Sie hat in allen Produktionen von Lilo Kuhn
mitgewirkt. Was ist den Beiden in
der Schweiz als Migranten als erstes
aufgefallen? Hier habe man dank
der Sicherheit mehr Freiheit, antwortet Hermano. Monica stimmt
ihm zu. Anderseits sei alles sehr
strukturiert, sagt sie, das raube
einem natürlich auch einen Teil der
Freiheit. Hermano bestätigt dies.
«Ich erlebe die kulturellen Unterschiede als Bereicherung», sagt Monica. Sie habe nicht das Problem,
wie andere Migranten, die sich weder hier noch in ihrer alten Heimat
richtig zu Hause fühlen. «Die Integration ist ein Prozess», sagt Hermano. Was die Global Players als
nächstes in Angriff nehmen, ist
noch nicht bestimmt. Sicher jedoch
ist, dass Monica und Hermano sehr
gerne ein weiteres Projekt mit Eva
Roselt realisieren würden.
Weitere Vorstellungen der Global
Players: 20./21./27. und 28. März,
jeweils um 20.30 Uhr in der Klibühni,
Chur. Informationen und Tickets
unter www.klibuehni.ch.
11
Bündner Tagblatt
vom 20.3.2015, Seite 11.pdf
B ü n d n e r Ta g b l a tt
Arosa-Musikfestival:
Von Klassik bis Jazz
MUSIKFESTIVAL Ab heute und bis am 29. März
wird in Arosa bereits zum achten Mal hochstehende musikalische Kost aufgetischt. Das Arosa Musik
Festival bietet von klassischen Konzerten mit hochkarätigen Solisten wie Maximilian Hornung bis zu
exzellenten Jazzkonzerten mit Flurin Caviezel elf
qualitätsvolle Konzerte in Arosa, wie es in einer Mitteilung heisst. Eröffnet wird das Arosa Musik Festival 2015 von den Chaarts Chamber Artists mit dem
international gefeierten Cellisten Maximilian Hornung und dem Violinisten Felix Froschhammer als
Solisten. Maximilian erhielt 2011 den Echo KlassikPreis als Nachwuchskünstler des Jahres. Die diesjährige Saison begann er mit einem fulminanten
Debüt bei den Salzburger Festspielen mit dem Philharmonia Orchestra London und Esa-Pekka Salonen. Beim Eröffnungskonzert des Arosa Musik Festival spielt Maximilian Hornung das Cellokonzert in
a-Moll von Robert Schumann.
Am Dienstag sind die beiden Bündner Musiker
Domenic Janett, Klarinette und Robert Grossmann,
Gitarre mit ihrem Programm «Da cumpagnia» im
Bergkirchli zu Gast. Sie ignorieren konsequent musikalische Schubladen und spielen, was ihnen gefällt, sei es Klassik, Jazz, Volksmusik, Zigeunermusik oder Bündner Tänze. Mit den zwei Jazz-Formationen am Donnerstag mit «Flurin Caviezel & and
the Red Shoes Orchestra» und der «Kapelle Kessler»
am Mittwoch geht es weiter mit hochkarätigem
Bündner Sound. Alle Informationen im Internet
unter www.arosamusikfestival.ch. (BT)
Lumnezia setzt auf
Newcomer aus der Schweiz
OPEN AIR Das Open Air Lumnezia ist im Wandel.
Erstmals eröffnet das Festival bereits am Donnerstag, ausgebaut wird das Programm mit Newcomern. Nach dem Auftakt der Indie-Pop Band Polyphone rocken die Musiker von Torp mit ihren kraftvollen Folk-Songs die Bühne. Wer bereits am ersten
Festivaltag anreist, kann sich unter anderem von
der St. Galler Band Royal Riot vom Festivalfieber anstecken lassen, wie gestern mitgeteilt wurde. Vor
Heimpublikum spielen darf Satöry aus dem Bündner Oberland. Die Songs der Band variieren von
Highspeed Rock’n’Roll bis hin zu Rockballaden und
Boogie. Special Guest am ersten Abend des Festivals ist Müslüm. Die Newcomer treten am Donnerstag auf einer zusätzlichen Bühne auf, die vom Open
Air Lumnezia gemeinsam mit dem Projekt Startrampe realisiert wurde. Das Festival findet vom
23. bis 25. Juli statt. (BT)
Pressespiegel
weilen auch sehrEvangelisch-reformierte
laut sein
Landeskirche Graubünden
chen Themen auseinander. Mit ihrer ersten eigenen Ausstellung «Pop!» in
hre Anliegen aufmerksam machen.
KULTUR
Bündner Tagblatt vom 20.3.2015, Seite 11a.pdf
Fre i t a g , 2 0. M ä r z 2 0 1 5
Bereichernde Unterschiede
Geschichten, die das Leben schrieb: Das erste Stück der Theatergruppe Global Players, bestehend aus
Migrantinnen und Migranten, ist aktuell in der Churer Klibühni zu sehen. Das BT hat zwei der Darsteller getroffen.
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gentinien. «Die Aufenthalte werden
immer länger.» Doch die Schweiz
ganz verlassen, will sie nicht.
▸ J U S C H A C A S AU LTA
Mehr Sicherheit, mehr Freiheit
Mit zwei Koffern ist die Argentinierin Monica Lagomarsino auf der
Bühne unterwegs und sammelt
Wörter. Am Schluss reiht sie die aufgeschnappten Wörter und Satzbrocken zu einem Gedicht. «Die Welt
dreht sich heute nur für dich», lautet der Schluss. Amaranta heisst sie
im Stück, wie ihre Ururgrossmutter,
deren Brosche sie bei der Aufführung trägt. Hermano Santos da Boa
Morte aus Brasilien spielt die Rolle
des Arthur Bispo do Rosario (1909–
1989), der ein brasilianischer Künstler war. «Das heisst, ich nehme ihn
als Inspiration für meine Rolle.»
Wenn Hermano von Bispo erzählt, kommt er in Fahrt. Mit Bispo,
dem kritischen Denker, der international bekannt ist, beschäftigt er
sich schon lange. Mit 29 Jahren
steckte man Bispo in eine psychiatrische Klinik, wo er 50 Jahre lang
bis zu seinem Tod blieb. Um sich
gegen den geistigen Verfall zu stemmen, begann er aus einfachen Materialien, die er aus dem Müll fischte, Objekte, vorwiegend aus Textilien, zu kreieren.
Die Regisseurin als Ideengeberin
Bei den Global Players macht Hermano in erster Linie wegen der
Gründerin und Regisseurin Eva Roselt mit. «Ich war bei unserem ersten Treffen sehr beeindruckt.» Je
länger, je mehr, wie er anfügt. «Sie
kommt mit Ideen, die ich genau
auch habe – das ist unglaublich.» So
ergeht es auch Monica. «Das Thema
Migration, Wurzeln, Entwurzeln hat
mich natürlich auch angesprochen.» Eine Leidenschaft von Monica
ist das Gedichtschreiben. Ihr Freund
«Integration ist ein Prozess»: Monica Lagomarsino und Hermano Santos da
Boa Morte spielen derzeit in einem Stück über Immigration. (JUSCHA CASAULTA)
in Argentinien ist Musiker und vertont ihre Poesie. Geplant ist demnächst eine CD. «Meine Gedichte
handeln immer von diesem Thema.»
Das Theaterstück biete ihr die
Möglichkeit, ihre eigene Geschichte, ihre eigene Entwurzelung, ihr
Heimweh in das Stück einzuflechten. «Ich fühle mich in dieser Gruppe aufgehoben, uns verbindet et-
was, das spürt man richtig.» Es sei
sehr emotional. Die 62-Jährige hat
in den Siebzigerjahren Buenos Aires
verlassen und lebte zwei Jahre in
Barcelona. Die Liebe führte sie dann
in die Schweiz, wo sie eine Familie
gründete. Monica wohnt in Domat/
Ems. Die ausgebildete Lehrerin erteilt unter anderem Spanischkurse.
Seit ihre Kinder erwachsen sind,
fliegt sie einmal im Jahr nach Ar-
Hermano, 1967 geboren, ist im
Nordosten von Brasilien aufgewachsen. Auch er ist ausgebildeter
Lehrer, auch er erteilt hier Sprachkurse, auch ihn führte die Liebe in
die Schweiz. Seine Frau lernte er in
Brasilien an der Universität kennen.
Zuerst wohnten er und seine Gattin
in Basel. Nun ist die vierköpfige Familie in Chur zuhause. Kulturell ist
Hermano in verschiedenen Richtungen tätig, Musik, Gesang, Tanz,
Performance. Er wirkte schon in
Musicals, Oper, Theater und Film
mit.
Auch Monica liebt den Tanz, wie
den Tango, und Musik. Sie hat in allen Produktionen von Lilo Kuhn
mitgewirkt. Was ist den Beiden in
der Schweiz als Migranten als erstes
aufgefallen? Hier habe man dank
der Sicherheit mehr Freiheit, antwortet Hermano. Monica stimmt
ihm zu. Anderseits sei alles sehr
strukturiert, sagt sie, das raube
einem natürlich auch einen Teil der
Freiheit. Hermano bestätigt dies.
«Ich erlebe die kulturellen Unterschiede als Bereicherung», sagt Monica. Sie habe nicht das Problem,
wie andere Migranten, die sich weder hier noch in ihrer alten Heimat
richtig zu Hause fühlen. «Die Integration ist ein Prozess», sagt Hermano. Was die Global Players als
nächstes in Angriff nehmen, ist
noch nicht bestimmt. Sicher jedoch
ist, dass Monica und Hermano sehr
gerne ein weiteres Projekt mit Eva
Roselt realisieren würden.
Weitere Vorstellungen der Global
Players: 20./21./27. und 28. März,
jeweils um 20.30 Uhr in der Klibühni,
Chur. Informationen und Tickets
unter www.klibuehni.ch.
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23. b
Eine stille Anklage kann bisweilen auch sehr la
Die Churer Künstlerin Notta Caflisch setzt sich intensiv mit sozialen und politischen Themen auseinander. Mit ihrer ersten e
der Stadtgalerie in Chur möchte sie auf ihre Anliegen aufmerksam machen.
Beim Betreten der Stadtgalerie in Chur für sie – auch weil sie, anders als bei in der Welt auszublenden und stattdesPressespiegel
sind es zwei farbige Objekte im Hinter- einer Festanstellung, nun
das Gefühl sen lieber über die neue Haarfarbe von
grund des Raumes, die sogleich den Evangelisch-reformierte
habe, nicht mehr alles mitmachen
zu Kim Kardashian
diskutieren, forscht sie
Landeskirche
Graubünden
Blick auf sich ziehen – und damit auch müssen. Dies sagt sie, ohne verbittert zu im Internet und in Zeitungen nach und
die Aufmerksamkeit weg von dem ro- klingen. Im Gegenteil: Die zierliche versucht, die Vorgänge auf unserem
ten Teppich, der beim Eingang auf dem Churer Künstlerin spricht stets mit ru- Planeten zu verstehen.
tischen Werke auch als Mahnmale
standen werden. In ihrer ersten eige
Ausstellung «Pop!» findet sich so
einer Ecke ein Schützengraben,
Caflisch aus Reissäcken aufgebaut
250 Kilogramm Reis sollen unter d
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KOPF DER WOCHE
«In Flims weht ein mediterraner Charme
in den Herzen der Menschen»
Die Pfarrei Flims-Trin hat wieder einen Pfarrer: Pater Eugen Yurchenko. Offen für die Vielfalt der Menschen und erfreut
über die engagierten Gemeindemitglieder in Flims-Trin, fühlt sich der neue Pfarrer schon sehr wohl in der Surselva.
S
Abend», erinnert er sich lachend.
Nebst der praktischen Arbeit promovierte der junge Pater auch in
Kirchenrecht.
▸ S A B I N E - C L AU D I A NO L D
Gute Freundschaften weltweit
Seine Heimat ist die «Perle am
Schwarzen Meer» – Odessa, die
weltberühmte Schwarzmeer-Metropole, die als eine der grössten
und schönsten Städte der Ukraine
gilt. Pater Eugen Yurchenko ist ein
sprachbegabter Weltenbürger, der
sich nicht nur in Odessa, sondern
auch in Moskau, Regensburg und
Rom bereits bewährt hat. «Das bedeutet aber nicht, dass ich mich nur
in Grossstädten wohlfühlen würde», erklärt Pater Eugen in perfektem Deutsch. Ganz im Gegenteil –
Flims und die Spontanität seiner
Bewohnerinnen und Bewohner haben es ihm angetan. «Auch wenn
das Meer weit entfernt hinter den
Bergen liegt, so weht hier ein charmanter, mediterraner Geist in den
Herzen der Menschen», fasst er seine ersten Begegnungen in malerische Worte.
Der Weg in den Orden
Eugen Yurchenko, dessen Muttersprache sowohl Russisch als auch
Ukrainisch ist, absolvierte zuerst erfolgreich ein Geschichtsstudium.
«Anschliessend unterrichtete ich
einige Monate. Die Klassen zählten
gut und gerne 45 Schüler», erzählt
er. «Mein Ziel war es, die Geschichte
für die Jugendlichen erlebbar zu
machen – gerade für die Zeitepoche
Mittelalter gibt es ausgezeichnete
Spiele.» Pater Eugen lässt in einem
Nebensatz schmunzelnd durchblicken, dass die Vorgesetzten seine
Ideen nicht unbedingt teilten, doch
In Flims angekommen: Eugen Yurchenko, promovierter Salesianerpater und
neuer Pfarrer der katholischen Pfarrei Flims-Trin. (FOTO YANIK BÜRKLI)
Auf die Frage, ob ihn nicht bisweilen
Heimweh überfalle, meint Pater Eugen nachdenklich: «Heimweh ist
immer ein Thema, aber als Priester
gehe ich dorthin, wo ich gebraucht
werde. Auf meinem Weg habe ich
wertvolle Freundschaften gewonnen.» Der Freundschaftsgedanke
lässt ihn auch ehrenamtlich als Geschichtsdozent an der Universität
in Kiew lehren. Die Universität
könnte weder ein Salär noch seine
Spesen bezahlen. Er ist überzeugt:
«Wir Menschen sollen nicht gegeneinander arbeiten. Jeder Mensch ist
einzigartig, gemeinsam ergeben wir
einen wunderschönen bunten Blumenstrauss.» Pater Eugen weiss,
von was er spricht, trug er als Kaplan der deutschen Botschaft in
Moskau doch wesentlich zur gelebten Ökumene bei.
Trotz seiner weltweiten Kontakte hat Pater Eugen Flims fest im
Blick. «Wir haben hier ein engagiertes Team; die aktiven Gemeindemitglieder sind aus Interesse und
Freude dabei – das ist viel wert»,
freut er sich. Eines seiner ersten Ziele in Flims sei die intensive Begleitung der Ministrantenarbeit, verrät
er. «Für die Zukunft ist es mir zudem
wichtig, die Kirche für Familien und
für die junge Generation attraktiv zu
gestalten.» Dabei denke er nicht an
Aktivitäten, «das wird schon genug
angeboten». Vielmehr gehe es ihm
um die Kirche als einen Ort der Ruhe und Erholung. «Ein Ort, der gerade in unserer oft hektischen Zeit immer wichtiger wird.»
seine Begabung bei der Arbeit mit
Jugendlichen und Kindern war
stets unbestritten.
Bereits während des Geschichtsstudiums trug sich Pater Eugen mit
dem Gedanken, ins Priesterseminar
zu gehen. «Für meine Eltern war das
in Ordnung», erinnert er sich. 1993
wanderte er nach Polen aus und trat
dem Salesianerorden bei. Zu den
Haupttätigkeitsfeldern dieser Kongregation gehören auch die Jugendseelsorge, die Jugendarbeit und die
Jugendbildung. Deshalb arbeitete
Pater Eugen in Moskau mit Strassenkindern und in Regensburg mit
sozial benachteiligten Jugendlichen. «Ich habe nie so viel Fussball
gespielt, wie während meiner Zeit
in Regensburg – nämlich jeden
Landquart
In der Südostschweiz
vorwiegend sonnig
WETTER
Aussichten heute
Temperaturen:
Nachmittag/Morgen früh
Ilanz
16°/8°
Disentis
11°/4°
16°/8°
16°/8°
11°/4°
Davos
16°/8°
Thusis
Splügen
Scuol
Chur
8°/0°
9°/2°
Aussichten heute Freitag
Am Rand eines Hochdruckgebietes
Pressespiegel
9°/2°
Zernez
ist die Wetterlage im Alpenraum am
8°/0°
Evangelisch-reformierte
Landeskirche
Graubünden
Freitag ruhig. Bemerkenswert
ist
Arosa
St. Moritz
8°/0°
Sta. Maria
11°/4°
die partielle Sonnenfinsternis, die
über Mitteleuropa heute Vormittag
sichtbar ist. Von Süden ziehen tiefe
Prognosen für die nächsten Tage
Am Samstag nähert sich eine schwache Kaltfront. Der Vormittag ist in
der Südostschweiz teils sonnig. Erste
Regenschauer treten entlang der
Voralpen und im Süden auf. Gegen
Abend wird es auch in den übrigen
24
KULTUR
Südostschweiz vom 14.3.2015, Seite 24.pdf Südostschweiz | Samstag, 14. März 2015
Nirgendwo sonst sind
so viele Götter zu Hause
Acht Glaubensgemeinschaften finden im Berner Haus der Religionen
unter dem gleichen Dach zu Gott. Es ist ein einzigartiges Austauschprojekt.
S
von Andreas Herzog
o viele Götter wie hier sind
nirgendwo sonst zu Hause,
nicht einmal in Jerusalem. Im
Haus der Religionen in Bern
kommen acht verschiedene
Glaubensgemeinschaften zusammen.
Hier rollen Muslime ihre Teppiche aus,
entzünden Aleviten ihr Feuer, pilgern
Hindus in den Tempel. «Das ist weltweit einzigartig», sagt Guido Albisetti,
Präsident der Stiftung «Europaplatz –
Haus der Religionen», die das Projekt
angerissen hat. Das Haus sei nicht nur
für Bern bedeutend, sondern für die
ganze Welt. Im Sockel des Wohn- und
Bürozentrums Europaplatz im bernischen Ausserholligen entstand ein Ort
der Zuflucht für religiöse Minderheiten (siehe Kasten). Es ist in Beton gegossener Glaube an den Dialog und das
Miteinander der Religionen und der
Kulturen.
Es ist in Beton
gegossener Glaube
an den Dialog
der Religionen.
Der Weg dorthin war steinig. 2002 begann die Stiftung mit der Geldsuche.
«150 Gesuche haben wir verschickt
und 150 Absagen erhalten», sagt Albisetti. Sie seien Utopisten, Gutmenschen,
Fantasten, hiess es. «Viele waren skeptisch gegenüber dem Projekt oder überhaupt gegenüber der Religion.» Doch
Albisetti und seine Mitstreiter glaubten
an ihre Idee und kratzten 10 Millionen
Franken zusammen. Das war genug,
um zwei Geschosse im Zentrum Europaplatz zu realisieren, das Bauart
Architekten mit dem Urbanoffice aus
Amsterdam für den Immobilienentwickler Halter bauten. Die Stiftung ist
Stockwerkeigentümerin und vermietet
die Räume. Um Kosten zu sparen, finanzierte sie nur den Rohbau, den die Religionen selbst ausbauten, ähnlich wie
Läden in einem Warenhaus.
Vermittlung im Zwischenraum
In der Schweiz kehren immer mehr
Menschen Gott den Rücken. Doch Albisetti sieht im Haus der Religionen keinen Anachronismus. Gerade bei den
Migrantinnen und Migranten sei der
Anteil der Gläubigen hoch, erklärt er.
Zudem ist das Haus der Religionen
auch ein Haus der Kulturen. Ein Drittel
der Fläche nimmt der gemeinschaftliche Dialogbereich im Zentrum ein, den
die Architekten als offene Landschaft
eingerichtet haben. Innenhöfe verbinden das Erd- mit dem Obergeschoss,
Fenster schaffen Durchsichten. Ge-
wandt nutzen die Architekten den
knappen Raum im Schnitt aus: Vorne
ist das Erdgeschoss vier und das Obergeschoss 2,8 Meter hoch, hinten kehrt
sich das Verhältnis um. Im Übergang
richten die Architekten eine Tribüne
für Konzerte oder Lesungen ein. Der
Verein betreibt ein reichhaltiges Programm mit Integrationskursen und
Sprachworkshops, die in zwei Sitzungsräumen stattfinden. Der Dialogbereich
funktioniert räumlich wie inhaltlich:
Hier kommt man zusammen, tauscht
sich aus, lernt fremde und eigene Kulturen kennen. Die transparente Architektur unterstützt diese Osmose, lässt
in einem Raum viele Möglichkeiten zu.
Türen in eine andere Welt
In ihre eigene Welt gelangen die Gläubigen aus der Begegnungszone über
hohe Holztore. «Das sind Türen, die
aufgehen in eine andere Welt», erklärt
Vereinspräsidentin Gerda Hauk. Sie
können von aussen nicht geöffnet werden. So kann jede Gruppe selbst bestimmen, wann sie Gäste empfängt.
«Das Konzept von Nähe und Distanz
ist wichtig», so Hauk. Alle Gebetsräume
sind im Prinzip für die Öffentlichkeit
zugänglich. Allerdings haben sich
nicht alle an die gemeinsame Erschliessung gehalten. Die Hindus und die
Muslime bestanden auf einem zusätzlichen, separaten Eingang direkt von
aussen, was dem Konzept des Austauschs zuwiderläuft.
Ein Gang durchs Haus zeigt, mit
welch unterschiedlichen Mitteln und
Vorstellungen die Gruppen ans Werk
gingen, vom Frondienst bis zum offiziellen Architekturauftrag. Muslime,
Hindus, Christen, Aleviten und Buddhisten haben je einen Gebetsraum.
Die drei übrigen Religionen – Juden,
Bahai und Sikhs – beteiligen sich am
Projekt, sind aber nur mit einer Vitrine
vertreten. Für die anderen ist das neue
Zuhause essenziell: Viele beteten vorher in Garagen oder dunklen Kellern.
Wie bringt man acht Religionen an
einen Tisch, geschweige denn unter ein
gemeinsames Dach? «In langen Sitzungen», erklärt Architekt Stefan Graf von
Bauart. «Bis zu dreissig Personen diskutierten jeweils mit.» Da die meisten
nicht vom Fach waren, haben die
Architekten mit Modellen erklärt, wie
gross die Räume werden. Wer mehr
Mitglieder hat oder mehr bezahlt,
kann sich mehr Fläche leisten. Mit Abstand die grössten Gebetssäle sind jene
der Muslime und der Hindus.
Für alle Götter planen
Für viele Religionen ist der Kontakt
zum Himmel wichtig. Gestapelt wurden Gebetsräume darum nur einmal.
Die Buddhisten stört es nicht, dass
über ihnen die Christen beten. Per Zufall ist das Gebäude fast genau nach
Mekka ausgerichtet, allerdings um
180 Grad verkehrt, weshalb die Muslime erst um ihre Moschee herumgehen
müssen. Bei den Hindus ist der Spagat
zwischen fixer Architektur und Einbauten am offensichtlichsten: Ihr Eingangsportal ist zweigeteilt und ragt aus
dem Sockel der Überbauung – fast wie
ein Werbeschild.
Damit zeigt sich die Krux des Gebäudes: Es steckt voller Pragmatismus. Alles ordnet sich der Struktur unter, auch
aussen. Auf den sakralen Inhalt verweist nur das Muster auf der Glasfront,
das als Zeichen aber zu schwach ist.
Die spiegelnde Fassade bleibt das, was
sie auch daneben ist: Schaufensterfront von Denner und Coop. Der Reiz
liegt nicht in der vollendeten Form,
sondern im Nebeneinander der sakralen Stile, das der Dialogbereich als
architektonischer Kitt zusammenhält.
Der Neubau ist eine
Nische in einem
Land, das in der
Bundesverfassung
Minarette verbietet.
Und der Clou liegt im Prozess: Das Projekt erlaubte den Nutzern, gemeinsam
einen Ort zu bauen. Auch das stiftet
Identität. Das Haus der Religionen ist
kein Solitär, der die Macht der Religion
demonstriert. Es ist ein Abschnitt in
einem Gebäude, in dem auch geschlafen, gearbeitet und eingekauft wird.
Damit steht das Projekt für den schwindenden Stellenwert der Religion. Glaube ist heute städtebaulich unsichtbar,
er ist Privatsache. Darum ist es wichtig,
dass in Bern nahe am Alltag Raum dafür geschaffen wurde. Der Neubau bietet Menschen eine religiöse Nische – in
einem Land, das Minarette in der Bundesverfassung verbietet.
Religionen sind nicht unbedingt bekannt dafür, den Mittelweg zu finden –
insbesondere nicht mit Andersgläubigen. Das Haus zwingt seine Benutzer
dazu, über den eigenen Tellerrand zu
schauen. Albisetti freut sich auf «konstruktive Auseinandersetzungen». Vieles
spricht dafür, dass diese gelingen. Denn
der Einzug am Europaplatz ist kein
Neuanfang im leeren Raum. Bereits seit
mehreren Jahren bringt der Verein Religionen an einen Tisch. Strenggläubige
werden wohl trotzdem keinen Fuss ins
Haus setzen. Die meisten aber sind
wohl froh, endlich an einem anständigen Ort zu Gott zu finden.
Dieser Artikel erschien in der
Zeitschrift «Hochparterre», März 2015.
Vom runden Tisch bis zum fertigen Bau dauerte es 17 Jahre
Weltreligionen unter einem Dach: Die Gebetsräume der Muslime, Buddhisten, Hindus und
Bilder Michael Blaser
Christen (von oben) im Haus der Religionen in Bern.
Die Idee für das Haus der
Religionen geht auf eine
Studie zur Stadtentwicklung im Berner Westen von
1998 zurück, die Massnahmen gegen die Marginalisierung religiöser Minderheiten
forderte. Der «Runde Tisch
der Religionen» und die
evangelische Religionsgemeinschaft der «Herrnhuter Brüdergemeine Bern»
nahmen den Vorschlag auf.
2002 wurde der Verein
«Haus der Religionen – Dia-
Shoppingcenter, Tempel
und Wohnhaus: Das
neue Gebäude am
Europaplatz in Bern.
log der Kulturen» gegründet, der das Haus betreibt.
Die 2006 gegründete Stiftung «Europaplatz – Haus
der Religionen» organisierte
die Finanzierung, die von institutionellen und privaten
Gönnern getragen wurde.
Die Stiftung beauftragte
Bauart Architekten, eine
Überbauung zu planen, die
das Projekt querfinanziert.
Diese spannten mit dem
Urbanoffice aus Amsterdam zusammen, das 1999
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
den Wettbewerb Europan
für das städtebauliche Konzept des Areals in Ausserholligen gewonnen hatte.
2008 stieg der Immobilienentwickler Halter mit ins
Boot, der zwei Investoren
mitbrachte. Das allerdings
hiess: Das Haus der Religionen musste selbsttragend
sein. Nach einer Dekade
Planung ging es plötzlich
schnell vorwärts. In nur eineinhalb Jahren stellte Halter
das Gebäude fertig. (ahe)
können, bessere schusssichere Westen
und gepanzerte Fahrzeuge. Für Hans-Jürg
Käser, Präsident der kantonalen Justizund Polizeidirektoren (KKJPD), ist das
aber der falsche Weg. Er war diese Woche
mit Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga in Brüssel. Im Zentrum der Gespräche standen neben dem Migrations-
Nachrichtendienst und die Revision des
Bundesgesetzes zur Überwachung des
Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf). Die
Strafverfolgungsbehörden würden so
mehr Kompetenzen für die Überwachung mutmasslicher Straftäter erhalten. «Wir brauchen verlässliche Informationen über Terrorzellen», sagt Käser.
Noch immer fehlten schweizweit 1300
Gesetzeshüter, sagt er. «Die Korps sind
nach wie vor überlastet und viele von
ihnen laufen am Limit.»
Südostschweiz vom 15.3.2015,
Seite
SCHON LÄNGER fordert
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Verband der
Polizeibeamten mehr Personal. Durch
die Anschläge in Europa hat sich die Si-
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+4
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+409
QUELLE: KKPKS
Präludium zu einem Fest der Superlative
12 000 Musiker sollen 100 000 Zuhörer erreichen – mit geistlicher Musik aller Zeiten und Facetten
EINZIGE
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VON FLORIAN BISSIG
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Gestern hat das Kirchenklangfest «cantars 2015» mit einem grossen Auftaktanlass in Basel begonnen. Nach über zwanzig Konzerten mit Musik von Heinrich
Schütz bis Andrew Bond in fünf Basler
Kirchen fand in der Predigerkirche die
offizielle Eröffnungsfeier statt. Neben
den Vertretern der beiden Landeskirchen war auch die Basler SP-Ständerätin
Anita Fetz anwesend. «cantars» dauert
bis zum 7. Juni 2015 und findet in 13
Kantonen statt. Der Anlass vereint in
rund 420 Veranstaltungen sakrale Musik, Kabarett, Lesungen, Begegnungen
und weitere kulturelle Ereignisse. «cantars» wird veranstaltet vom Schweizerischen Katholischen Kirchenmusikverband SKMV und vom Schweizerischen
Kirchengesangsbund SKGB. Insgesamt
sind 12 000 Mitwirkende beteiligt, darunter 2000 Kinder und Jugendliche. Das
Organisationskomitee rechnet mit gegen 100 000 Besuchern.
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Basel verleiht dem Auftaktanlass von «cantars 2015» seine eigene Note.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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Südostschweiz vom 16.3.2015, Seite 19.pdf
KULTUR
Südostschweiz | Montag, 16. März 2015
19
«Ich war ein
Asi-Jugendlicher»
25 Jahre deutsch-deutsche Wiedervereinigung:
Rammstein-Keyboarder Christian Lorenz, auch Flake genannt,
veröffentlicht am 16. März seine Autobiografie. Ein Interview.
mit Christian Lorenz
sprach Olaf Neumann
R
ammstein aus Berlin sind
echte Weltstars, aber sie
haben eine Vorgeschichte,
die in der DDR angefangen
hat. Davon erzählt Rammstein-Keyboarder Christian Lorenz
alias Flake in seinem Buch «Der Tastenficker». Es ist keine typische Musikerautobiografie und auch keine Promi-Lebensbeichte, sondern eine selbstironische Rückschau mit zahlreichen
Exkursen über Themen wie Musik,
Autos und Subkultur. Denn auch in der
DDR gab einen Underground, es gab
Punks, verbotene Musik, nicht-konforme Mode. Von seinen Abenteuern in
Prenzlauer Berg weiss der 48-jährige
Berliner im Gespräch zu berichten.
Herr Lorenz, was ist ein Tastenficker?
CHRISTIAN LORENZ: Wer richtig Klavier spielen kann, ist ein Pianist. Der
Tastenficker hingegen ist einer, der
meistens ein Keyboard aus Plaste hat
und auf der Bühne nervös auf den Tasten rumfingert, weil er geil wirken will.
Das sieht aber nie geil aus, während
der Sänger immer eine erotische Ausstrahlung hat. Weniger sexy als ein Tastenficker geht nicht. Das war im Osten
der übliche Begriff für Keyboarder und
gar nicht abwertend gemeint.
Sie sind in Prenzlauer Berg aufgewachsen. Ihre Eltern waren mit
Schriftstellern und anderen Künstlern befreundet. Welche waren
das?
Leute wie Günter Kunert und Manfred
Krug, die dem Regime kritisch gegenüberstanden. Aber als Kind merkt man
das nicht. Ich habe mich immer gefreut, wenn meine Eltern Besuch bekamen, weil diese Leute so verrückte Geschichten erzählten. Ich wusste sehr
lange nicht, was sie machen, bis mal
ein Buch auf dem Tisch lag.
Wurde Ihre Familie von der Stasi
überwacht?
Davon gehe ich aus, denn in unserem
Haus waren zwei Parteien von der Stasi. Wir taten aber nichts Verbotenes.
Die Beobachtung war allgegenwärtig
und deshalb bedeutungslos. Ich habe
aber auch schon Berichte von Stasi-Opfern gelesen, deren Leben zerstört wurde. Die haben sicher auch recht. Ich
persönlich habe die Stasi jedoch nicht
ein einziges Mal als Bedrohung erlebt.
Sie war einfach immer dabei, selbst bei
Geheimkonzerten. Wenn es nicht sogar
die Bandmitglieder selbst waren.
Was machte die DDR-Subkultur einzigartig?
Ich bin da so reingekommen und war
von Anfang an fasziniert, was da abging. Bei jeder Veranstaltung dachte
ich: «Das ist doch verboten, ich höre
hier verbotene Musik!» Dadurch war
das für mich irre spannend, auch wenn
es im Nachhinein betrachtet oft ziem-
licher Schwachsinn war. Zum Beispiel
bemalte einer eine nackte Frau oder
ein anderer spielte Saxofon und drehte sich dazu im Kreis. Und alle Zuschauer fanden das stark. Ich war damals auch bei Partys und Ausstellungseröffnungen von Leuten, die später berühmt geworden sind, wie Cornelia
Schleime, A.R. Penck oder Neo Rauch.
In Ihrer Punk-Zeit haben Sie weder
geduscht noch sich regelmässig
umgezogen. Welchen Zweck verfolgten Sie damit?
Ich wollte in diesem Alter grundsätzlich nicht das machen, was als normal
galt, sondern etwas dagegen tun. Das
Einfachste war, nicht zu duschen. In
unserer besetzten Wohnung gab es anfangs ohnehin keine Dusche. Auch auf
«Die Mengen, die wir
damals tranken,
waren aber nichts
gegen das was heute
beim Komasaufen
angesagt ist.»
unseren Tourneen über die Dörfer bestand oft keine Möglichkeit, sich zu waschen. Da sind wir nach dem Auftritt
irgendwann besoffen in den Bus gefallen und wussten nicht, was los ist. Die
Mengen, die wir damals tranken, waren aber nichts gegen das was heute,
beim Komasaufen angesagt ist.
Gab es in der DDR Drogen?
Ab und zu brachte jemand aus dem
Westen Haschisch mit. Es gab vielleicht
Menschen, die irgendwelche Hustenpillen schluckten, aber ich persönlich
kenne keinen.
formen, und in dieses Gefüge wollte
ich passen. Wir Blues-Fans trugen Thälmannjacken mit schrägem Kragen,
amerikanische Shell Parkas, Jeans,
selbst gefärbte Halstücher und sogenannte Römerlatschen. Beliebt bei
Blues-Fans waren auch Kletterschuhe
für zwölf Mark. Ich glaube, damit ist
nie jemand im Elbsandsteingebirge
klettern gegangen. Niemand trug diese
Uniform aus modischen Gründen, sondern weil man eben Blues-Fan war.
Wenn sich zwei Gleichgesinnte zufällig
begegneten, wurden sofort Termine
und Schlafmöglichkeiten ausgetauscht.
So konnten riesige Konzerte und Partys
stattfinden, ohne dass ein einziges Plakat geklebt wurde.
Im Westen waren Punks und Popper verfeindet. Vertrugen sich im
Osten Punks und Blues-Fans?
Es bestand in der DDR überhaupt kein
Widerspruch zwischen Punk und
Blues. Es gab Konzerte, wo Bands beider Richtungen spielten, Freygang und
Die Firma zum Beispiel. Die Fans waren genau gemischt. Der Punk war mir
äusserlich nicht anzusehen. Er fand
vor allem in meinem Kopf statt.
Gab es in der DDR Jugendidole?
Selbst wenn es ein paar Hilfstypen gegeben hätte, wären sie kaum als richtiges Idol akzeptiert worden, weil sie
nicht echt waren. Dean Reed sollte als
DDR-Held hingestellt werden, aber das
hat nicht funktioniert. Die Jugendlichen durchschauten sofort, dass er zu
konstruiert war. Ich fand jedoch ein
paar DDR-Bands gut – Engerling oder
Monokel. Als Idol würde ich hingegen
Leute wie Jimi Hendrix oder Jim Morrison bezeichnen. Die wurde im Osten
genauso verehrt wie im Westen.
damit wir dann lockere Punks sein
konnten.
lin kommen durften. Vielleicht hatte
das aber auch noch andere Gründe.
Punks war es anfangs verboten,
sich im Zentrum von Ostberlin aufzuhalten. Wo sind illegale Punkbands aufgetreten?
Die ersten Punks lebten in Plänterwald. Aufgetreten sind sie witzigerweise auf der Blues-Messe, die vom damaligen Jugendpfarrer Eppelmann in der
Samariterkirche in Friedrichshain veranstaltet wurde. Die Resonanz darauf
war ungeheuer. Punkbands wie Namenlos, Der Demokratische Konsum,
Antitrott und Rosa Extra spielten im
Keller einer Kapelle im hinteren Kirchgarten. Auch wieder in völliger Eintracht mit den Blues-Leuten.
Wie viel Platz gab es in der DDR für
die Subkultur?
Selbst wenn man den Punks keinen
Platz lassen wollte, der Staat war nicht
in der Lage, ihr Tun zu unterbinden.
Wir liessen unsere Konzerte oft
Hatte der DDR-Underground eine
Punkhymne?
Das waren einfache Texte wie «Beton,
Beton» oder «Jeder Satellit hat einen
Killersatellitet» von Zwitschermaschine. Eigentlich unterschied sich der OstPunk kaum vom West-Punk.
Wieso hat der Staat, der anfangs
massiven Druck auf die Punks ausübte, nach 1986 nicht mehr versucht, den Willen der Punks zu brechen?
Die ersten Punks wurden noch eingesperrt oder Repressalien ausgesetzt,
aber es wurde dadurch nichts besser,
deshalb hat man uns später laufen lassen. Der Staat merkte, dass es sinnlos
ist, die ganze Jugend gegen sich aufzubringen. Es ist ein hoffnungsloses
Unterfangen, Jugendlichen eine Musik
zu verbieten. Das hat noch nirgendwo
auf der Welt geklappt.
Christian Lorenz, auch Flake genannt
Warum sind Sie Punk geworden?
Für mich hatte Punk etwas mit Erwachsenwerden zu tun gehabt. Ich
wollte mich von den Eltern und den alten Werten abgrenzen und mir ein
eigenes Weltbild zulegen. Dazu ging
nur Punk, denn jede andere Musik hätten meine Eltern auch gut gefunden.
Sie sagten immer: «Mach mal bitte den
Krach aus, das kann ja keiner hören.
Die können ja überhaupt nicht spielen». Diese Sätze meiner Eltern waren
für mich wie ein Gütesiegel. Und dann
habe ich die Musik noch ein bisschen
lauter gemacht.
Flake, mit bürgerlichem
Namen Christian Lorenz, wurde im Jahr
1966 in Ostberlin
geboren. Seinen Spitznamen erhielt er mit 15
Jahren. Er war
Keyboarder bei Bands
wie Feeling B, der
Magdalene Keibel
Combo oder Frigitte
Hodenhorst Mundschenk. Seit dem Jahr
1994 ist er Keyboarder
bei der deutschen
Band Rammstein.
Heute lebt er mit seiner
Wie hart war es, in der DDR anders
zu sein?
Jeder Jugendliche ist auf eine Art anders, ob nun Punk oder Popper. Es störte mich nicht, dass die Polizisten mich
alle nach dem Ausweis fragten. Ich
wusste ja, wenn man so aussieht wie
ich, wird man nach dem Ausweis gefragt. Die Polizisten wussten wiederum, dass sie Leute wie mich kontrollieren mussten. Es war wie ein stilles Abkommen. Sie sagten dann noch, ich solle mir etwas anderes anziehen und ich
antwortete: «Ja, ist gut.» Und dann
wars das. Ich persönlich hatte dadurch
gar keine Schwierigkeiten, aber es gab
auch Punks, die nicht mehr nach Ber-
Wie kleideten Sie sich als Jugendlicher?
Ich bevorzugte eine Kombination aus
Müll und gut erhaltenen Sachen von
verstorbenen Opas. Im Osten trugen
viele Jugendliche selbst gewählte Uni-
Wann tauchten die ersten Punks in
Ostberlin auf?
Um 1980. Ich kannte Punk aus Zeitungen und hatte auch schon von den Sex
Pistols gehört. Von ihnen war ich begeistert. Die ersten Punks in der DDR
hatten es sehr schwer. Sie sind verprügelt und sogar verhaftet worden. Sie
mussten die ganzen Kämpfe führen,
Familie in Berlin. Musiker Lorenz hat zwei
Töchter und zwei Söh-
ne und ist seit 2008 mit
Jenny Rosemeyer verheiratet. (on)
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
«Für mich war die
DDR eher wie ein
Spielplatz.»
draussen in Strausberg stattfinden. Die
Polizei rechnete nicht damit, dass in
einem leer stehenden Bauernhaus ein
Punkkonzert stattfinden würde. Bis sie
dann kam, konnten wir unseren Auftritt getrost bis zum Ende spielen.
Hatten Sie nie das Gefühl, eingeengt zu sein?
Für mich war die DDR eher wie ein
Spielplatz. Wenn doch mal etwas abgebrochen wurde, hatte halt die Polizei
gewonnen, aber dafür konnten wir
dann die nächsten vier Konzerte zu Ende spielen. In meinen Augen machte
die Polizei ihren und wir unseren Job.
Einige Ihrer Freunde sind in den
Westen geflüchtet. Sind Sie bewusst
in der DDR geblieben, weil Sie etwas verändern wollten?
Ja, aber ich weiss nicht, wie viel ich mir
da schön rede. Ich hatte mich mit der
DDR arrangiert, auch wenn mir das
heute vielleicht vorgeworfen wird.
Selbstverständlich wollte ich, dass die
starre Politik lockerer wird. Ich wäre
aber nie so weit gegangen, die Regierung stürzen zu wollen.
Wie viele Punks sind ins Gefängnis
gekommen?
Viele der ersten Generation, muss man
ganz offen sagen. Manche von denen
waren wirklich kriminell. Andere, wie
die Mitglieder der Band Namenlos,
wurden aus politischen Gründen verhaftet. Später hatten sie Schwierigkeiten, im normalen Leben zurechtzukommen. Das war ganz schlimm. Rückblickend würde ich mich gar nicht
mehr zu den Punks zählen. Ich war
eher ein Asi-Jugendlicher, der auf Blues
und Punk stand.
BÜCHERTIPP
Flake:
«Der Tastenficker –
An was ich mich erinnern kann».
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag.
392 Seiten. 28.90 Franken.
Bank
Der Bündner Simo
Nachrichtendienst
Südostschweiz
vom 16.3.2015, Seite 8.pdf
NACHRICHTEN
S
von Dennis Bühler
Bild Rahat Dar/Keystone
Kurznachrichten
Mehr unter suedostschweiz.ch
LAHORE
Demos nach Anschlägen auf Kirchen in Lahore
Zwei Selbstmordattentäter verübten gestern einen Doppelanschlag auf
christliche Kirchen in der ostpakistanischen Metropole Lahore. Der
Anschlag während des Gottesdienstes kostete mindestens 17 Menschen
das Leben – Dutzende schweben in Lebensgefahr. Bei Ausschreitungen
nach dem Anschlag wurden nach offiziellen Angaben zwei Menschen
gelyncht. Die beiden Männer seien bei lebendigem Leibe verbrannt
worden, sagte ein Sprecher der Provinzregierung. Nach dem Anschlag
demonstrierten in mehreren Städten Tausende Christen, die der Regierung vorwarfen, Minderheiten nicht ausreichend zu schützen. (sda)
BERN
VISP
Kerry über Syrien: USA
müssen mit Assad reden
Tödliche Explosion im
Chemiewerk Lonza in Visp
US-Aussenminister John Kerry
hat eingeräumt, dass für ein Ende
des syrischen Bürgerkriegs mit
Machthaber Baschar el Assad geredet werden müsse. Letzten Endes müssten die USA verhandeln,
sagte Kerry in einem gestern ausgestrahlten Interview mit dem
Fernsehsender CBS. Washington
arbeite hart daran, die Bemühungen um eine politische Lösung
des Konflikts wiederzubeleben,
sagte Kerry weiter. (sda)
Eine Explosion im Lonza-Chemiewerk in Visp hat ein Todesopfer
gefordert. Dabei handelt es sich
nach Infos der Kantonspolizei
Wallis um einen Mitarbeiter,
einen 56-jährigen Walliser. Die
Explosion ereignete sich gestern
Morgen in der Produktionsanlage
MPA Alpha, wie Lonza mitteilte.
Die Staatsanwaltschaft hat eine
Untersuchung eingeleitet, um die
Unfallursache abzuklären. (sda)
BERN/ATHEN
Schweiz: Griechenland
Weltweite Waffenausfuhren ignoriert Schwarzgeld
steigen kontinuierlich an
Griechenlands Regierung lässt
STOCKHOLM
sich unversteuertes Vermögen
Von 2010 bis 2014 sind 16 Prozent
griechischer Bürger in der
mehr Waffen exportiert worden
Schweiz entgehen. Dies berichtete
als von 2005 bis 2009. Dies teilte
gestern die deutsche Zeitung
das Friedensforschungsinstitut
«Welt». Demnach liegt schon seit
Sipri in Stockholm mit. Am meisten führten die USA und Russland Februar letzten Jahres ein Angebot des Schweizer Staatssekretaaus, China steigerte seine Waffenriats für internationale Finanzfraexporte um 143 Prozent und
gen (SIF) vor, das Geld aufzuspükommt neu auf Rang drei,Pressespiegel
vor
ren und nach
Athen zu überweiDeutschland.
Die europäischen Landeskirche
Evangelisch-reformierte
Graubünden
Importe sanken dem Sipri zufolge sen. Doch der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis und
in den zurückliegenden fünf
auch seine Vorgänger haben sich
Jahren um 36 Prozent. Der Trend
imon Gantenbe
beim Gespräch in
nen Café in der B
stadt derart lau
stimmt, dass sich
die beiden Rentner vom Ne
heben und zur Mässigun
Gantenbein will warnen,
teln, er will, dass die Gese
lich die Augen öffnet. De
einfach nicht verstehen,
Leute selbst in seinem Umf
den Achseln zucken, wenn
vom neuen Nachrichten
hören. «Die freiheitlichen
rer Gesellschaft sind in Gef
«Nicht mehr und nicht we
Heute Montag und morg
berät der Nationalrat das
richtendienstgesetz, das de
tendienst des Bundes (ND
soll, private Räume zu verw
fone abzuhören, E-Mails
per Staatstrojaner in fremd
einzudringen und Privatpe
Unternehmen zur Ausku
pflichten (siehe Kasten).
verleiht dem NDB sehr viel
zen», sagt Gantenbein. «Un
greifende Kontrollinstanze
gäbe man einem Fünfjä
Motorsäge zum Spielen.»
Aufklärer und Lobbyist
Simon Gantenbein, in d
Herrschaft aufgewachsen
Lehre als Informatiker
dann die Berufsmatura
nun arbeitet er als Infor
Kanton Bern. Aus private
besuchte er vor ein paar J
Workshop für spurenarme
Internet und wurde so auf
Gesellschaft Schweiz aufm
Bündnis netzpolitisch in
Kreise, dem 50 Personen u
pierungen angehören, v
rechtsorganisationen bis
kollektiven.
Mit der Digitalen
macht sich Gantenbein
das neue Nachrichtendien
wie die Revision des art
Bundesgesetzes betreffen
wachung des Post- und
verkehrs (Büpf) stark, üb
Nationalrat im Sommer be
Als Lobbyist bezeichne
gerne, sagt er, dieser Begriff
Anrüchiges. «Ich sehe mic
‘Aufklärer in digitalen Frag
E-Mails sendet und e
verschlüsselt, anstelle de
Messenger-Diensts Whatsa
er eine Alternative, die
Verschlüsselung zulässt, vo
hat er sich längst abgeme
20
KULTUR REGION
Südostschweiz vom 17.3.2015, Seite 20.pdf
Kein Sakralk itsch: Das Musikensemble aus der Klosterschule Disentis unter der Leitung von Clau Scherrer vermochte das Publikum in der Heiligkreuzkirche in Chur restlos zu begeistern.
Bild Marco Hartmann
Ein eindrucksvoller Ruf nach Frieden
Das gross angelegte Musikprojekt «Ut unum sint» reist mit Sack und Pack von Disentis den Rhein entlang bis nach Köln.
Im Gepäck hat der 100-köpfige Schülerchor zwei zeitgenössische Kompositionen, die das Ensemble hervorragend zu interpretieren weiss.
D
von Christian Ruch
ass vergangenen Sonntag
mit «Ut unum sint» (auf
dass sie, die Menschen,
eins sein mögen) ein
aussergewöhnliches Konzert bevorstand, machte sich schon vor
dem ersten Ton bemerkbar: Der mehr
als 100 Schüler zählende Chor des
Gymnasiums und Internats Kloster
Disentis, begleitet vom Ensemble de
Canto, dem Orchester Desertina sowie
den beiden Solistinnen Judit und Letizia Scherrer, musste jeden freien Quadratmeter im Altarraum der Churer
Heiligkreuzkirche nutzen, um Platz zu
finden. Und auch das Publikum sass erfreulich dicht gedrängt.
Ebenso bemerkenswert war, dass
zunächst der Lily-Waeckerlin-Preis der
gemeinnützigen Stiftung Accentus in
Höhe von 60 000 Franken überreicht
wurde. Alt Nationalrätin Marianne
Kleiner würdigte im Namen der Stif-
tung die Leistung der Musiker Ursin
Defuns und Clau Scherrer sowie des
Schulrektors Bruno Hensler, die massgeblich zur Verwirklichung des Projekts beitrugen. Die Jury sei «beeindruckt und begeistert» gewesen, verriet Kleiner.
Ein herausragendes Ereignis
Und in der Tat: Was dann folgte, war
ein herausragendes musikalisches Ereignis, wie man es nicht oft zu Gehör
bekommt. Den Auftakt bildete ein aus
der Feder von Ursin Defuns stammendes Magnificat «para el papa Francisco», das durch sein anschwellendes
Klangvolumen erste bewegende Momente bot. In der darauf folgenden
Friedensvesper «Ut unum sint» hat der
deutsche Komponist Lorenz Dangel
(Jahrgang 1977) in Anlehnung an das
klösterliche Abendgebet sieben Psalmen vertont, die durch AntiphonGesänge des Ensembles de Canto eingeleitet werden.
Passend zu den Texten, die vom
Lobpreis bis zu tiefster Gottverlassenheit reichen, ist die Klangstruktur mal
mehr, mal weniger dissonant. Es gibt
geradezu beklemmende, bedrohliche
Momente, Paukenschläge, die das Ohr
wie Hiebe treffen oder an Kriegstrommeln erinnern, aber auch ruhige, von
den Streichern getragene Sequenzen,
in denen sich der Schulchor oder die
oft im Duett singenden und stimmlich
hervorragenden Solistinnen Judit und
Letizia Scherrer wunderbar entfalten
können. Ihr Bruder Clau Scherrer leitet
das Orchester Desertina und die Sänger in einer Weise, die nichts zu dominant werden lässt, aber selbst den
scharfen Dissonanzen gebührend
Raum lässt und dazu steht, dass «Ut
unum sint» angesichts der Bedrohungen, die das Werk thematisiert, nicht
dem Schein des Schönen oder einem
billigen Sakralkitsch huldigt.
Mit von der Partie sind die Glocken
der Disentiser Klosterkirche, die wie
selbstverständlich Teil des orchestralen Klangs sind und am Schluss gleichsam als Festgeläut gemeinsam erklingen. Zusammen mit dem fünften Teil,
der die Gottesferne des Psalms 22 thematisiert, ist das fulminante Finale mit
seinem Ruf nach Frieden aus Psalm 29
besonders eindrucksvoll und hinterliess ein sichtlich bewegtes Churer
Publikum, das mit begeistertem Applaus und stehenden Ovationen diese
herausragende kompositorische, aber
auch in ihrer Umsetzung überzeugende Leistung honorierte.
Der Klang der sieben Glocken
Anlass für das Projekt «Ut unum sint»
waren das 1400-Jahr-Jubiläum des Klosters Disentis und der 70. Jahrestag des
Weltkriegsendes. «Ut unum sint» ist jedoch auch der Name der lange Zeit fehlenden siebten Glocke der Disentiser
Klosterkirche. Der 2013 verstorbene
Abt Pankraz Winiker liess eine über
3000 Kilo schwere Glocke giessen, die
erstmals in der Nacht der Jahrtausendwende erklang. Defuns brachte dies auf
die Komposition, in der die sieben Glocken zu hören sein sollten.
Nach der Premiere in Disentis und
dem Konzert in Chur am vergangenen
Wochenende reist das Ensemble nun
nach Zürich und Basel. Von dort geht es
per Schiff rheinabwärts zu Konzerten
in den Dom- und Münsterkirchen von
Breisach, Speyer, Mainz und Köln.
Ausserdem – und das ist angesichts der
hervorragenden Qualität der beiden
Kompositionen und ihrer Umsetzung
besonders erfreulich – wird «Ut unum
sint» auch auf CD zu hören sein.
Der Chor reist von
Basel per Schiff
rheinabwärts nach
Breisach, Speyer,
Mainz und Köln.
Der Gospeltrain Felsberg löst sich auf
Nach 23 Jahren hat der Gospeltrain Felsberg kürzlich sein letztes Konzert gegeben. Der Chor spendete insgesamt 446 000 Franken
zugunsten benachteiligter Menschen.
von Valerio Gerstlauer
Nie habe er gedacht, mit dem Gospeltrain Felsberg einen solchen Erfolg zu
haben, erinnert sich Dirigent und
Gründer Jürg Kaufmann, der am Wochenende das Ende des Chors bekannt
gegeben hat. «Im Gründungsjahr 1992
gingen wir davon aus, dass es sich um
ein dreimonatiges Projekt handelt.»
Aus den drei Monaten wurden 23 Jahre, in denen rund 230 Auftritte in der
ganzen Schweiz absolviert wurden.
«Alle Konzerte fanden bei freiem Eintritt und meist vollem Haus statt», erzählt Kaufmann. Mit bis zu 170 Sängerinnen und Sängern habe der Gospel-
train Felsberg zu den grössten Gospelchören der Schweiz gezählt. «Mehr als
600 Menschen aus vielen Teilen des
Kantons haben in dieser Zeit über kürzere oder längere Zeit im Chor mitgesungen.» Neun CD-Produktionen,
die Auftritte an der Expo 02, verschiedene Fernsehauftritte und die Teilnahme an der Bundesratsfeier von Eveline
Widmer-Schlumpf listet Kaufmann als
Höhepunkte in der Geschichte des
Gospeltrains auf.
Neuer gemischter Chor?
Er habe mit dem Gospeltrain Felsberg
aufhören wollen, solange man noch
vor ausverkauften Rängen gesungen
habe, erklärt Kaufmann seinen Entscheid, den Chor aufzulösen und keinen neuen Dirigenten zu suchen. Private Beweggründe und die zunehmend schwierig werdende Suche nach
Sponsoren hätten ebenfalls den Ausschlag geben. Die Sponsoren ermöglichten es, dass ein wesentlicher Teil
der Tourneekosten gedeckt werden
konnte. Sängermangel wie bei vielen
anderen Chören im Kanton sei hingegen zu keinem Zeitpunkt ein Problem gewesen, betont Kaufmann. Im
Gegenteil: «Wir mussten restriktiv bei
der Aufnahme neuer Mitglieder sein.»
Den Sängern habe er seinen Entscheid Ende November des vergange-
nen Jahres mitgeteilt, erzählt Kaufmann. «Sie waren zum Teil sehr traurig darüber, verstanden jedoch meinen
Entscheid.» So wie es aussehe, werde
nun aufgrund der Auflösung des Gospeltrains ein gemischter Chor in Felsberg entstehen. Andere Sänger des
Gospeltrains würden wohl dem Blue
Wonderful Gospelchor in Chur beitreten. «Ich selber werde mich nicht mehr
als Dirigent betätigen, nachdem ich
dies 31 Jahre lang getan habe», verrät
Kaufmann.
Geldsegen für Stiftungen
Seit seiner Gründung spendete der
Gospeltrain Felsberg die Kollekten-
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
gelder an Stiftungen und Projekte, die
damit benachteiligte Menschen unterstützen. Auch die allerletzte Tournee
des Gospeltrains Felsberg, die Ende
Januar abgeschlossen wurde, verlief
dahingehend erfolgreich: 26 000 Franken konnten gesammelt werden.
17 000 Franken erhielt vergangene
Woche die Stiftung Arwole in Sargans
für die Anschaffung spezieller Spielplatzgeräte für behinderte Menschen,
die restlichen 9000 Franken gingen an
die Stiftung Kind und Krebs in Zürich.
Seit 1992 gab der Gospeltrain Felsberg insgesamt 446 000 Franken an
Menschen weiter, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen.
KULTUR REGION
Südostschweiz vom 18.3.2015, Seite 17.pdf
Südostschweiz | Mittwoch, 18. März 2015
17
2005
155 Chöre
52 Männer-, 2 Frauen-,
87 Gemischt- und
14 Kinder-/Jugendchöre
5323 Mitglieder
1998
144 Chöre
57 Männer-, 4 Frauen-,
78 Gemischt- und
5 Jugendchöre
5367 Mitglieder
2014
131 Chöre
44 Männer-, 2 Frauen-,
64 Gemischt- und
21 Kinder-/Jugendchöre
4172 Mitglieder
Männerstimmen werden immer rarer: Der Chor viril Surses zeigt sein Können in der Baselgia Nossadonna in Savognin.
Bild Rolf Canal
Die traditionellen Bündner Chöre
vergreisen in erschreckendem Tempo
Das Bündner Chorwesen befindet sich im Niedergang. Innerhalb von nur zehn Jahren verzeichnet der Kanton 1151 weniger Chorsänger.
Dies ist ein Rückgang um 22 Prozent. Eine Trendumkehr ist derzeit nicht in Sicht.
D
von Valerio Gerstlauer
as Phänomen des Chor­
sterbens wird um Grau­
bünden kaum einen Bo­
gen machen», prophezei­
te Martin Zimmermann
2008 in dieser Zeitung. Der damalige
Präsident der Musikkommission des
Bündner Kantonalgesangsverbandes
warnte keineswegs aus dem hohlen
Bauch heraus, lag ihm doch bereits
Zahlenmaterial vor, das verdeutlichte,
in welche Richtung der Trend gehen
würde. Ob Zimmermann allerdings
ahnte, dass die Bündner Chorszene in
der Folgezeit derart in ihren Grund­
festen erschüttert werden sollte? Es
darf bezweifelt werden.
Seit Mitte der Nullerjahre implo­
diert das kantonale Chorwesen gerade­
zu. Bis dahin allerdings gab es kaum
Anlass zur Sorge, wie die Zahlen des
Bündner Kantonalgesangsverbandes,
in dem bis auf die Projektchöre nahezu
alle Chöre des Kantons organisiert
sind, vor Augen führen. Die früheste
Erhebung reicht ins Jahr 1998 zurück.
Damals zählte der Verband 144 Chöre
und 5367 Mitglieder. Davon waren 57
Männerchöre mit 2217 Mitgliedern. Re­
gistriert waren zudem vier Frauenchö­
re mit 101 Mitgliedern, 78 gemischte
Chöre mit 2667 Mitgliedern und fünf
Kinder­ und Jugendchöre mit 382 Mit­
gliedern. Im Jahr 2005 sah es nicht viel
anders aus: Dem Verband gehörten
155 Chöre mit 5323 Mitgliedern an.
Welch Diskrepanz zu den neusten
Zahlen von 2014. Gerade noch 131 Chö­
re mit 4172 Sängern sind Mitglieder des
Verbands. Von den Männerchören sind
noch 44 übrig, sie zählen 1366 Sänger.
Reine Frauenchöre gibt es noch zwei,ih­
nen gehören 46 Sängerinnen an. Auch
die gemischten Chöre mussten herbe
Verluste hinnehmen: Noch 64 sind re­
gistriert, auf sie verteilen sich 1814 Sän­
gerinnen und Sänger. Heute existieren
mithin 24 traditionelle Chöre weniger
als 2005, mit ihnen und durch das
Schrumpfen der noch bestehenden
Chöre verlor der Kanton 1151 Sänger.
Ein positiver Trend lässt sich einzig
im Bereich der Kinder­ und Jugend­
chöre feststellen: Von 1998 bis 2014
wuchs deren Zahl um 16 an. Heute
zählen die 21 Kinder­ und Jugendchöre
946 Sänger: ein Anstieg um beachtli­
che 247 Prozent.
«Gegensteuer von der Politik»
Erstaunlich gelassen gibt man sich ob
des Chorsterbens beim Bündner Kan­
tonalgesangsverband. Zwar gebe es im­
mer wieder Chöre, die mangels Sänger
aufhören müssten – die Situation sei
aber gut, meint Verbandspräsident
Retus Giger aus Surrein. In der ganzen
Schweiz und auch im Ausland sei die
Situation dieselbe. «Diese Entwicklung
kann auch der Verband nicht aufhal­
ten.» Man biete zwar jährlich Weiter­
bildungen für Dirigenten, Sänger und
auch Kinder an. «Aber jeder Chor muss
halt auch selber aktiv in den eigenen
Regionen und Dörfern werden und um
neue Mitglieder werben.» Wirklich
Gegensteuer könne allerdings nur die
«Die Situation
in Chur und
Umgebung ist
sehr schlimm.»
Marietta Gasser
Präsidentin Chor Rezia Cuera
Politik geben. «Ich hoffe, dass die Zent­
ralisierung, das systematische Abzie­
hen der vor allem jungen Bevölkerung
aus den Tälern, langsam aufhört.» Die
Politik sei sich noch nicht bewusst, was
alles durch Fusionen und Zentralisie­
rungen in den Randregionen und im
Kanton verloren gehe.
Weitere Gründe ortet Heinz Girsch­
weiler, Präsident der Musikkommis­
sion des Bündner Kantonalgesangs­
verbandes. «Ein Hauptproblem in den
Randregionen sind sicher die fehlen­
den qualifizierten Chorleiter mit
einem Bezug zur Region», sagt Girsch­
weiler. Diese Regionen hätten auch mit
anderen strukturellen Problemen wie
Abwanderung, sinkende Kinderzahlen
und Auflösung der Gemeindestruktu­
ren zu kämpfen. Viele gut ausgebildete
Dirigenten aus dem Unterland würden
zudem den weiten Weg scheuen, um in
einem kleinen Bündner Dorf einen
Chor zu übernehmen.
«Leute wollen sich nicht binden»
Die Ansichten von Chorpräsidenten
aus verschiedenen Regionen Graubün­
dens ermöglichen es, ein differenzier­
teres Bild vom Niedergang des Chor­
wesens zu zeichnen. So zeigt sich, dass
keineswegs vor allem die Mitglieder­
zahlen in den Randregionen des Kan­
tons erodieren, sondern auch die im
verstädterten Churer Rheintal. Zudem
scheint die Surselva nach wie vor eine
Bastion des Chorgesangs zu bilden. Im
Rest des Kantons blickt man neidisch
auf die nahezu ungebrochene Anzie­
hungskraft, die dort die Chöre auf die
Menschen ausüben.
«Die Situation in Chur und Umge­
bung ist sehr schlimm», klagt Marietta
Gasser, Präsidentin des Chors mischedau
romontsch Rezia Cuera, der in Halden­
stein beheimatet ist. Das höre sie von al­
len Seiten. Das vordringlichste Problem
seien die fehlenden Männerstimmen.
«Und langsam macht sich die Überalte­
rung der Chöre bemerkbar.» Im Chor
Rezia Cuera betrage der Altersdurch­
schnitt schätzungsweise 70 Jahre.
«Wenn wir weiterhin keine jungen Män­
ner anwerben können, dann wird bei
uns bald Schluss sein», resümiert Gas­
ser. Man habe schon vieles versucht, um
Mitglieder anzuwerben, zum Beispiel
Leute angeschrieben oder inseriert –
doch Erfolg habe man damit keinen ge­
habt. Den Hauptgrund für den Sänger­
mangel sieht Gasser darin, dass sich die
Leute nicht mehr binden wollen und es
eine Unzahl anderer Angebote gibt.
«Deshalb haben gerade die Projektchö­
re einen riesigen Zulauf, dort muss man
nicht während des ganzen Jahres jede
Woche zu den Proben gehen.» Dass die
Entwicklung gestoppt werden könnte,
glaubt Gasser nicht: «Dieser Trend geht
so weiter.» Der Bündner Kantonal­
gesangsverband mache bereits, was
möglich sei, um die Leute fürs Chorsin­
gen zu gewinnen. «Aber man kann die
Leute nicht zu ihrem Glück zwingen …»
In der Region Mittelbünden präsen­
tiert sich die Situation ähnlich prekär.
Die Chöre seien überaltert, und es gebe
zu wenige Dirigenten, verrät Letizia
Sonder, Präsidentin des Cor da donnas
Vaz aus Lantsch/Lenz. So stehe bei­
spielsweise der Chor cecilian Tinizong
derzeit ohne Dirigent da, weshalb der
ganze Chor zum Pausieren gezwungen
sei. Der Männerchor aus Lantsch/Lenz
seinerseits kämpfe damit, dass er zu
wenig junge Sänger finde – dort spre­
che man bereits seit Jahren davon,
dass es so bald nicht mehr weitergehe.
Allgemein zeige die Erfahrung, dass es
nicht viel nütze, wenn man als Chor
nach potenziellen Sängern suche,
meint Sonder. «Das Interesse für Ge­
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
sang ist einfach nicht da – ich würde
sagen, der Sport ist da in den vergange­
nen Jahren zu unserem Hauptkonkur­
renten geworden.» Als Frauenchor ha­
be man allerdings weniger Probleme
als die anderen Chöre. «Im Moment be­
findet sich der Cor da donnas Vaz in
guter Verfassung – wir haben genü­
gend Sängerinnen, der Altersdurch­
schnitt beträgt rund 50 Jahre.»
Die Chor-Bastion Surselva
Im Engadin zeigen sich die gleichen
Probleme: Männerstimmen­ und Diri­
gentenmangel. Zudem gibt es etliche
Projektchöre und spezialisierte Chöre
wie zum Beispiel eine Gospelgruppe,
die den traditionellen Chören Konkur­
renz machen, wie Anita Pfister­Walther,
Präsidentin des Cor mixt Samedan,
sagt. «Kürzlich ist der Engadiner Kam­
merchor aus St.Moritz eingegangen –
wir haben gehofft, von dort einige Leu­
te übernehmen zu können, aber bisher
hat sich noch niemand gemeldet.»
Eigenartig sei zudem, dass der Jugend­
chor in Samedan zwar sehr gut besucht
werde, man es aber kaum schaffe, diese
Sänger später zu einem Übertritt in die
Erwachsenenchöre zu bewegen. Wie
Sonder betont auch Pfister­Walther,
dass die Surselva wohl die einzige Re­
gion Graubündens sei, in der sich die
Chortradition behaupten könne.
«Die Situation in der Surselva ist si­
cherlich nicht so schlimm wie im Rest
des Kantons – Panik ist keine auszuma­
chen», bestätigt denn auch Simon Ca­
viezel, Präsident des Chor viril Laax.
Die Chöre seien in der Surselva immer
noch Bestandteil des Dorflebens. Man
mache aber auch einiges, um junge
Leute anzuwerben. So versuche man,
die Jungen direkt nach Schulabschluss
anzusprechen und für das Chorsingen
zu begeistern.
über Radio Südostschweiz
sagte, werde man vorerst
DISENTIS-MUSTÉR
nicht auf die Suche nach
Lehrlinge geben über
Stücken des Boliden gehen.
ihre Berufe Auskunft
Südostschweiz
18.3.2015,
Dies,vom
weil davon
ausgegan- Seite 2.pdf
gen wird, dass keine GeAm Mittwoch, 18.März, biesteinsbrocken bis zur Erde
tet das Metalltechnikuntergelangen sind. (so)
nehmen Distec in Disentis
ab 16 Uhr Einblicke in die
Lehrberufe Polymechaniker
ILANZ
sowie ProduktionsmechaniIlanz ist nun eine
an. Wie es in einer Mit«Reformationsstadt» ker
teilung heisst, geben dabei
die Lehrlinge über ihre
Anlässlich der für 2017 geplanten Feierlichkeiten zum Arbeit über Berufschancen
Auskunft. (so)
500-jährigen Jubiläum der
Reformation hat Ilanz
neben vier anderen SchweiDISENTIS-MUSTÉR
zer Städten das Label «ReYanez referiert über
formationsstadt Europas»
Ethik im Journalismus
erhalten. Wie es in einer
Medienmitteilung heisst,
Unter dem Titel «Journalismüssen Städte, die sich um
mus braucht Ethik – mehr
eine Teilnahme bewerben,
denn je» spricht laut einer
ein touristisches RahmenMitteilung der Journalist
programm zum Jubiläum
Diego Yanez morgen Donpräsentieren. In Ilanz plant
nerstag um 20.30 Uhr im
das Tourismusbüro zusamPeter-Kaiser-Saal des Klosmen mit der Kirchgemeinters Disentis. Yanez ist Dide sowie der Gemeinde ein
rektor der JournalistenMittelalterfest. (so)
schule MAZ in Luzern. (so)
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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Berner
Vom
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18
KULTUR
Südostschweiz vom 19.3.2015, Seite 18.pdf
Südostschweiz | Donnerstag, 19. März 2015
D
Nur wenige Jahre später
setzt der schleichende
Niedergang der
Bewegung ein.
Auf den Spass kommt
die Depression.
von Oliver Seifert
ie eine Biografie ist
schnell erzählt. Maximilian Lenz wird am 4. März
1965 in Münster geboren.
Seine Eltern sind Hippies,
auch wenn sie das selbst nicht so gelten lassen wollen, ihr Erziehungsstil ist
antiautoritär. Die Familie zieht in ein
kleines Bauernhaus im Münsterland,
eine unbeschwerte Kindheit ist garantiert. Der kleine Max mag Marschmusik und Arbeiterlieder, weshalb er als
Erstklässler unbedingt die Internationale zum Vortrag bringen will. Nach
einer halbjährigen Bildungsreise ins
Berliner Nachtleben macht der gereifte Maximilian Abitur und schreibt sich
später als Student für Philosophie und
katholische Theologie ein.
Die andere Biografie braucht länger.
Sie handelt von Westbam, dem Alter
Ego von Maximilian Lenz. Es ist die Story eines Lebens, dessen Mittelpunkt
die elektronische Musik ist. Als DJ, Labelbetreiber und Veranstalter hat
Westbam, gerade 50 Jahre alt geworden, Techno nicht nur in Deutschland
aus der Nische ins Rampenlicht manövriert – ein weltbekannter Pionier der
Partynächte, die für wilde, endlose,
rauschhafte Ekstase stehen. Für viele
ist er ein Apologet der ravenden Spassgesellschaft. Sein Buch «Die Macht der
Nacht» erzählt vor allem die Geschichte von Westbam, weniger die von Maximilian Lenz. Ein Leben als fleischgewordenes Pseudonym: Die bürgerliche
Existenz tritt hinter die künstlerische
Existenz zurück. Musik, überall Musik,
nichts als Musik.
Erster DJ-Job im Jugendalter
Die musikalische Laufbahn des Maximilian Lenz beginnt als Punk, der auf
New Wave steht. Die ersten Bands heissen Anormal Null oder Kriegsschauplatz. Noch als Teenie bekommt er
einen Job als DJ im Münsteraner Club
Odeon – für 150 Mark Gage. Unter seine Fittiche nimmt ihn Wilhelm «William» Röttger, weshalb DJ Captain
Xerox, so der anfängliche Arbeitsname,
wohl der einzige DJ weltweit ist, der
zwar einen eigenen Manager hat, aber
noch keine eigene Plattensammlung.
Er übt fleissig das Mixen, das Ineinanderblenden der Songs, und nennt sich
als Fan des rohen, hypnotischen Minimalismus Afrika Bambaataas bald
Westfalia Bambaataa, kurz Westbam.
no-Tycoon Jürgen Laarmann betriebene Ausrufen der Raving Society als
neue Gesellschaftsform im Jahr 1994
die logische Folge. Doch Vorsicht Ausverkauf: Nur wenige Jahre später setzt
der schleichende Niedergang der Bewegung ein. Auf den Spass kommt die
Depression.
Den Überblick verlieren
Ravende Gesellschaft
und ihre Freunde
Der deutsche Techno-Pionier Westbam veröffentlicht
pünktlich zu seinem 50. Geburtstag unter dem Titel
«Die Macht der Nacht» seine musikalischen Erinnerungen.
In seinem im Jahr 1984 veröffentlichten Manifest «Was ist Record Art?»
hebt er den DJ in den Rang eines Musikers und Komponisten.
Anfang der Neunzigerjahre wird seine Vision zunehmend Realität: Der DJ
tritt an die Stelle der Band, Techno an
die Stelle von Rock’n’Roll. Es ist die
Hochzeit einer Partykultur, die auf synthetische Klänge und synthetische Drogen gleichermassen abfährt. Zur Loveparade im Juli 1991 pilgern erstmals
regionale Szenevertreter West wie Ost
nach Berlin. «Das ist der Gründungsmythos von Techno-Deutschland»,
schreibt Westbam etwas pathetisch,
und dass er und seine Homeboys vom
eigenen Plattenlabel Low Spirit einen
grossen Anteil daran haben. Auf die
Loveparade folgt, die Mayday, die Gesellschaft tanzt auf Grossraves, der
Grössenwahnsinn nimmt kein Ende.
Raveranto ist die Sprache des Partyvolks und das von Westbam und Tech-
Westbam hat viel zu berichten. Vom
FDJ-Event Dance Special mit StereoMCs und ihm. Von der ersten US-Tour
mit Bruder Fabian. Von seinem lettischen Jünger Eastbam. Von der witzigen Zufälligkeit des Marusha-Hits «Somewhere Over The Rainbow». Von
schrillsten Partys und schrägsten Typen. Seine von Beschreibungen und
Analysen prallen Erlebnisberichte setzen auf die Lakonie einer Sprache, die
wie selbstverständlich mit Szenevokabular hantiert. Der Leser kann schon
einmal den Überblick verlieren, was
gerade wann und wo und weshalb passiert, denn im Rausch des impulsiven
Erzählens geht manche Einordnung,
mancher Zusammenhang verloren.
Westbam, der einmal Maximilian Lenz
war, liefert einen umfassenden Insiderbericht der ersten Generation Techno.
Das autobiografische Buch «Die Macht
der Nacht» enthält seine musikalischen Erinnerungen, als eine kleine
Kulturgeschichte der elektronischen
Tanzmusik erzählt. «High five, Alter,
was für ein Fest!»
BÜCHERTIPP
Westbam: «Die
Macht der Nacht».
Ullstein Buchverlage, 2015. 316 Seiten.
24.90 Franken.
«Die Brüder Karamasov» als Theaterschnaps
Das Theater Liechtenstein in Schaan zeigt kommende Woche Thorsten Lensings Adaption von Fjodor Dostojewskis
Roman «Die Brüder Karamasov». Die Berliner Inszenierung mit Star-Ensemble verspricht einen grossen Theaterabend.
von Mathias Balzer
Mit Thorsten Lensings Inszenierung
von Fjodor Dostojewskis Roman «Die
Brüder Karamasov» setzt Barbara Ellenberger, Leiterin des Theaters Liechtenstein in Schaan, nochmals einen
letzten Glanzpunkt. Die Theaterfrau
verlässt das Ländle Ende dieser Saison
nach achtjähriger Intendanz.
Lensing ist im Liechtenstein kein Unbekannter. Mit Gastspielen von Tschechows Stücken «Der Kirschgarten» und
«Onkel Wanja» und dem Solostück «Die
Kleider der Frauen» hat der Berliner Regisseur dort bereits drei Arbeiten gezeigt. Ein Wiedersehen gibt es auch mit
der derzeit wegen ihrer Film- und Theaterrollen gefeierten Bündner Schauspielerin Ursina Lardi. Die Lebenspartnerin
von Lensing war in allen drei genannten Inszenierungen mit dabei und ist
es auch in «Karamasov».
Neben Lardi versammeln sich weitere grosse Namen aus Theater und
Film auf der Bühne: André Jung, Sebastian Blomberg, Lars Rudolph, Ernst
Stötzner, Devid Striesow und Rik van
Uffelen sind das Star-Ensemble, welches das aufs Nötigste reduzierte Personal in dieser Romanadaption spielt.
Kann uns Gott retten?
Dostojewski schrieb «Die Brüder Karamasov», seinen letzten Roman, in den
Jahren 1878 bis 1880. Darin verhandelt
der russische Autor nochmals die Ideen
und philosophischen Fragestellungen,
die ihn ein Leben lang umgetrieben haben: Ist Gott tot, oder ist nicht doch der
Glaube die einzige Instanz,die den Menschen retten kann? Doch wieso lässt
Gott das unermessliche Leiden der
Menschen überhaupt zu? Und wie steht
es in einer gottlosen Welt um Schuld,
Sühne und Vergebung?
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Hohe Schauspielkunst: Devid Striesow und Ursina Lardi sind Teil des Star-Ensembles
Pressebild
in der Inszenierung «Karamasov».
Lensing gilt als Spezialist für grosse
und sperrige Stoffe. Und er ist ebenso
bekannt dafür, dass er diese nicht im
Schnellverfahren produziert. Der Regisseur leistet es sich, bloss alle zwei bis
drei Jahre eine Arbeit herauszubringen. Diese Zeit braucht er auch für seine akribische Arbeitsweise. Er liest seine Stoffe nicht ein- oder zweimal, sondern bis zu sechzig Mal – und hat auch
die Angewohnheit, die Bücher jeweils
einmal abzutippen. Dieses langsame
Aneignungsritual ermöglicht es ihm,
die Essenz der jeweiligen Stoffe zu entdecken. So sind denn seine Inszenierungen auch nicht Nacherzählungen
der jeweiligen Stücke oder Romane.
Vielmehr destilliert Lensing daraus
eine Art Theaterschnaps.
«Karamasov»: Montag, 23. und
Dienstag, 24. März, jeweils 19 Uhr.
Theater Liechtenstein. www.tak.li.
Südostschweiz vom 20.3.2015, Seite 19.pdf
MARKT
Südostschweiz | Freitag, 20. März 2015
19
Von null auf
hundert dank
sozialer Medien
Samedin Selimovic ist bei
Weitem nicht der einzige
Internetstar der jungen
Generation. Begeisterung
riesiger Fangemeinden we­
cken unter anderem auch
der Facebook­Komiker
Bendrit Bajra und die
Kunstfigur Zukkihund.
Sie alle treffen den Nerv
der Zeit, sprechen die
Sprache der Jugend –
und haben es geschafft,
sich in kürzester Zeit
zur Marke zu machen.
Bendrit Bajra
Fast immer online: Samedin Selimovic prüft mit seinem Smartphone, wie seine Posts auf Instagram ankommen.
Bild Elvira Osmani
Sprüche und Weisheiten
für eine Viertelmillion
«Wir wollen doch bloss wieder Kinder sein, weil aufgeschlagene Knie viel schneller heilen als gebrochene
Herzen» – mit kitschigen Lebensweisheiten wie dieser begeistert der St.Galler Samedin Selimovic
Hunderttausende in den sozialen Medien. Ein Porträt des erfolgreichsten Instagramers der Schweiz.
I
von Dennis Bühler
n engen Kurven schlängelt sich
der Bus den Berg empor, vorbei
an grünen Wiesen, schmucken
Holzchalets und den Halte­
stellen Post, Hirschen, Seestern
und Montana, unter sich ein Nebel­
meer und den Walensee zurück­
lassend, über sich den Leistchamm,
den Flügenspitz, den Mattstock und
einen strahlend blauen Himmel. Hier
also ist er zu Hause, der König der
Likes, dem auf Instagram 278 000 Men­
schen folgen und auf Facebook
130 000. Als der Bus in die Haltebucht
der Station Brugg einfährt, drücken
drei Primarschüler ihre Nasen an die
Scheibe: «Schaut, schaut, dort steht
Samedin», rufen sie.
Hier, in der totalen Idylle, im sankt­
gallischen Amden auf 903 Meter über
Meer, ist Samedin Selimovic bekannt,
ein Star fast. So, wie er es online im
ganzen deutschen Sprachraum ist.
Ein Vorbild will er sein für die Jugend,
und er hat genügend Selbstvertrauen,
um zu sagen: «Das bin ich längst.
Schliesslich habe ich mehr Follower
als Xherdan Shaqiri.»
«… dann liebst du nicht»
Ein Bett, ein grosser Spiegel, ein Fern­
seher mit Game­Konsole, die gold­
blaue Flagge Bosniens mit ihren fünf­
zackigen Sternen – Selimovic’ Zimmer
ist spartanisch eingerichtet. Der wich­
tigste Gegenstand steht dem Bett
gegenüber: der Computer. Er ist sein
Schlüssel zum Erfolg, vor ihm
zermartert er sich manchmal stun­
denlang den Kopf. Bis er sich wieder
einen Spruch ausgedacht hat oder im
Internet oder in den Liedern deut­
scher Rapper auf einen gestossen ist,
der Tausende zu begeistern vermag.
Selimovic schreibt: «Wenn du nach­
denken musst, ob du liebst, dann
liebst du nicht.»
Oder: «Wenn er dumm genug ist,
zu gehen, sei schlau genug, ihn gehen
zu lassen.»
Denn er weiss: «Wir wollen doch
bloss wieder Kinder sein, weil auf­
geschlagene Knie viel schneller heilen
als gebrochene Herzen.»
Posts, die auf Instagram weniger als
20 000 Mal und auf Facebook weniger
als 1000 Mal geliked werden, löscht Se­
limovic wieder. Sähe man diese auf
seinem Profil, wenn man es zum ers­
ten Mal besucht, wäre dies rufschädi­
gend, sagt er.
Den Ansprüchen seiner Fans zu ge­
nügen, sei harte Arbeit. «Ich denke
rund um die Uhr an meinen Auftritt,
schlafe nur fünf, sechs Stunden pro
Nacht», sagt Selimovic. Seine Aus­
bildung zum Detailhandelsverkäufer
komme manchmal fast zu kurz. Täg­
278
Tausend
Menschen folgen Samedin
Selimovic auf der sozialen
Plattform Instagram.
lich schaltet er zwischen drei und
zehn Beiträge auf. «Ich könnte es mir
nicht leisten, mehrere Tage nichts zu
posten», sagt er. «Weil ich mir bewusst
bin, dass mein Ruhm schon morgen
vorbei sein könnte, muss ich konstant
Höchstleistung erbringen.»
«Ein Rucksack voll mit Steinen»
Selimovic wurde im September 1994
in Srebrenica geboren, wenige Monate
vor dem Massaker, bei dem rund
8000 Bosniaken getötet wurden und
das als schwerstes Kriegsverbrechen
in Europa seit dem Ende des Zweiten
Weltkriegs gilt. Die Mutter verkleidete
ihn als Mädchen und rettete ihm so
wohl das Leben. Denn auch Knaben
im Säuglingsalter wurden erschossen.
1999 wanderte die Familie in die
Schweiz aus und kam in Arth­Goldau
(Schwyz) unter, wo ein Jahr später Sa­
medins jüngerer Bruder geboren wur­
de. 2006 wurde die Familie abgescho­
ben, weil «keine Kriegsgefahr mehr»
bestand, wie es hiess. Zwei Jahre spä­
ter verstarb der Vater an seinem drit­
ten Herzinfarkt, Samedin musste, 13­
jährig, für seinen Bruder eine Vater­
rolle übernehmen. Alleinerziehend
sah die Mutter in Bosnien bald keine
Zukunft mehr. Mit ihren beiden Söh­
nen reiste sie 2008 erneut in die
Schweiz. Vom Flüchtlingsauffanglager
im welschen Vallorbe ging es nach
ein paar Wochen ins Asylheim Ober­
büren im St. Galler Fürstenland, dann
weiter in die Gemeinde Amden mit
ihren nicht ganz 2000 Einwohnern.
Die Familie Selimovic durfte bleiben.
Hautnah mitzuerleben, wie die
Eltern litten, habe ihn seelisch runter­
gezogen, sagt der 20­Jährige. «Das
Leben hat mir einen Rucksack voll
mit Steinen mitgegeben.»
Als er vor zwei Jahren feststellte,
dass er mit dem Verlust des Vaters
nicht klarkommt, suchte er professio­
nelle Hilfe. Die Psychiaterin riet ihm,
die Trauer schreibend zu verarbeiten.
Selimovic tat dies, auf der Suche nach
Bestätigung, auf seinem Facebook­
Profil. Als ihm Kollegen sagten, er
spamme ihre Timeline voll und störe
sie mit seinen vor Moral triefenden
Sprüchen, erstellte Selimovic eine Fa­
cebook­Fansite. Er war nun öffentlich.
Und auf einmal gewann er immer
mehr Anhänger. Dass ihm manche
mit Spott begegnen, stört ihn nicht,
dass auf Facebook sogar eine Gruppe
gebildet wurde, die ihn mit Sprüchen
wie «Seit du nicht mehr da bist, bist
du weg …» karikiert, ebenso wenig.
«Wenn Männer offener wären und
ihre Emotionen nicht in sich hinein
fressen würden, gäbe es weniger Prob­
leme auf der Welt», ist er überzeugt.
Vielleicht erreicht er mit seinen Weis­
heiten, die die Grenze zum Kitsch fast
immer überschreiten, deshalb vor
allem Frauen: 86 Prozent seiner Face­
book­Fans sind weiblich, die Hälfte ist
zwischen 18 und 24 Jahre alt. Auf
Instagram schreibt er: «In einer Frau
lebt ein Miststück, eine Zicke oder eine
wunderschöne Prinzessin. Es kommt
darauf an, wie du sie behandelst.»
Es ist ein Gefühl der Geborgenheit,
die Selimovic vermittelt, eine Sehn­
sucht nach einer Welt voller Liebe
und ohne Probleme. Damit hilft er vor
allem auch sich selbst. «Ich weiss nun,
dass ich nicht alleine bin», sagt er.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Der 19­jährige kosovarisch­
schweizerische Doppel­
bürger Bendrit Bajra aus
Zürich­Schwamendingen
begeistert mit seinen
selbst mit dem Handy auf­
genommenen Filmchen,
in denen er Klischees
über Schweizer und
Ausländer auf die Schippe
nimmt, eine stündlich an­
wachsende Fangemeinde,
die auf Facebook inzwi­
schen fast 180 000 User
umfasst. Meist stellt Bajra
als One­Man­Show vier
Charaktere dar: den
Schweizer Teenager Yan­
nik, einen Teenager aus
dem Balkan sowie deren
Väter. Eine typische Szene:
Während der Schweizer
Vater Yannik mit ratio­
nalen Argumenten vom
Rauchen abhalten will,
reagiert der Ausländer­
Vater mit Prügel. Mit
seinem Auftritt in der SRF­
Satiresendung «Giacobbo/
Müller» hat Bajra kürzlich
eine neue Stufe erklommen.
Zukkihund
«Der Zukkihund ist ein
geistig behinderter, sibirischer Husky», heisst es
auf der Website kult.ch.
«Seine Hobbys sind Tan­
zen, Reiten, Lesen, Drogen
und Pilates. Auch hat er
einen riesigen Schwanz.
Wie alle Huskies.» 57 000
Fans haben die Kunstfigur,
die der Grafiker Rafi Hazera
vor vier Jahren erschaffen
hat, auf Facebook geliked.
Seinen Namen verdankt
der Zukkihund dem Zürcher Club Zukunft, der in
der Szene «Zukki» genannt
wird. Mittlerweile tritt
Hazera auch als Komiker
auf die Bühne und schreibt
Kolumnen für «Watson».
Mit dem Verkauf von
Büchern, Postern und
Hipster­Rucksäcklis ver­
sucht Hazera, den Erfolg
zu monetarisieren. (dbü)
TUR REGION
Südostschweiz vom 20.3.2015, Seite 20.pdf
Südostschweiz | Freitag, 20. März 2015
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Die Warenwelt in der Kunst: Notta Caflisch arbeitet mit Strategien der Pop Art und des Ready Made.
Bilder Marco Hartmann
Popcorn, Reis und Politik
Notta Caflisch eröffnet heute Abend ihre Einzelausstellung mit dem Titel «Pop!» in der Churer Stadtgalerie.
Die Künstlerin hinterfragt in ihren Arbeiten Gesetzmässigkeiten der globalisierten Wirtschaft und Politik.
K
von Mathias Balzer
unst kann Wirklichkeit
komprimieren, kann verdichten, was ansonsten der
Unübersichtlichkeit
anheimfällt. Notta Caflischs
Arbeiten sind solche Verdichtungen. In
bester Erinnerung ihre Installation
«White Gold» an der letzten Jahresausstellung der Bündner Künstlerinnen
und Künstler: Ein Block aus Baumwolle, in Form und Prägung einem Goldbarren nachgebildet. Gewidmet hat
Caflisch das Werk dem Erbauer der Villa Planta, Sitz des heutigen Bündner
Kunstmuseums. Jacques Ambrosius
von Planta kam im 19. Jahrhundert
mit Baumwollhandel in Ägypten zu
Reichtum. Teile des Gewinns, den der
Bündner Landadelige mit dem «Weissen Gold» machte, reinvestierte er in
der Bündner Hauptstadt. So sind Chur
und das Kunstmuseum einerseits unumkehrbar mit der Geschichte der
Baumwolle, mit Kolonialismus und
Sklaverei verbunden. Andererseits dürfen wir Churer die üppige Luftigkeit
des Planta-Palazzos heute ebenso geniessen wie den Kauf billiger Baumwolljeans an derselben Strasse.
Caflischs künstlerische Strategien
lehnen sich an Pop Art und Ready
Made an. Alltagsgegenstände werden
nachgebildet, verfremdet, ihre Bedeutung umkonnotiert. In der Churer
Stadtgalerie bilden Popcorns einen
Schwerpunkt und kehren auch im
vieldeutigen Ausstellungstitel «Pop!»
wieder. Die Snacks aus Knallmais sind
als gedrucktes Abbild und als vergoldete Originale zu sehen. Aus Mais
mach Gold und – plop! – schon ist die
Blase da, unter welcher dann nicht die
Investoren, sondern die ärmsten der
Weltbevölkerung leiden, die sich den
Mais nicht mehr leisten können.
Eine weitere Arbeit zum Thema Lebensmittelhandel und Verwerfungen
desselben bildet eine Installation aus
amerikanischen Reissäcken der Marke
«Golden Star»: Die Säcke bilden eine
brusthohe Wand, wie wir sie ansons-
ten aus Sandsäcken an Kontrollposten
in Kriegsgebieten kennen. Daneben
lehnt ein Modell derjenigen Waffe an
der Wand, die zur Ikone aller Bürgerkriege geworden ist: die Kalaschnikow
AK 47. Bei Caflisch ist sie aus durchsichtiger Glycerinseife, fragil und
gleichzeitig hochexplosiv.
Der kritische Diskurs über die globalisierte Gesellschaft unterfüttert
auch weitere Arbeiten: das Geld mit
Hundeprägung, das unter den berühmten Teppich des Schweigens gekehrt wird; die sinnentleerten Wahlurnen, die Demokratie als Alibiübung
vorführen; oder der von der Künstlerin geprägte Wachsstoff afrikanischer
Machart, dessen Muster in farbenfroher Ornamentik Kalaschnikows, Handgranaten und Dollarzeichen zeigt.
Caflisch stellt unbequeme Fragen
«Die Kunst hilft mir,
mit diesen Dingen
umzugehen.»
Notta Caflisch
Künstlerin
Die Künstlerin entlarvt den Schein,
kehrt Unsichtbares nach aussen. Sie
stellt nicht neue, aber unbequeme Fragen. Durch ihre Augen gesehen ist
unser Alltag durchwirkt mit globalen
Verwerfungen. Wenn wir mit ihr darüber nachdenken, was alles mit einem
simplen Popcorn, einem Stück Stoff
oder einem Sack Reis verbunden ist,
kann der Gang in den Supermarkt
oder die Modeboutique urplötzlich zur
Achterbahn im Auf und Ab der Welt-
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
politik und -wirtschaft werden. Hält
man diesen Blick auf Dauer aus? «Nicht
immer», sagt die Künstlerin. «Aber die
Kunst hilft mir, damit umzugehen.»
Und es ist ihr bewusst, dass viele ihre
Haltung naiv oder anstrengend finden.
Sie aber beharrt darauf, dass wir lernen sollten, nicht wegzuschauen.
Die heute 35-Jährige ist in Flims
aufgewachsen, nicht gerade der Hotspot globalisierungskritischen Denkens. Ihre Eltern haben ihr jedoch
früh gewisse Sichtweisen eröffnet.
Ihre Mutter ist Immigrantin aus Kanada. Die Grossmutter besuchte man
früher in Florida, wo klein Notta nicht
begreifen konnte, dass die Welt von
Schwarz und Weiss so offensichtlich
von einer Trennlinie durchzogen ist.
Gleichzeitig zur Ausstellung veröffentlicht Caflisch eine PostkartenEdition und ein sehr schön gestaltetes
Portfolio. Beides hat sie über Crowdfunding finanziert. Im Portfolio ist
auch die Arbeit «Bomba Gasolina» abgedruckt. Ein Herz aus Gips und Teer.
Neben dem Buch liegt ein Heft der Erklärung von Bern. Das passt.
Notta Caflisch: «Pop!». Eröffnung:
Heute Freitag, 18 Uhr. Mit Musik von
Cha da Fö. Finissage: Sonntag, 29.
März, 14 Uhr, mit einer Lesung von
Andri Perl. Stadtgalerie, Chur.
50%
RA B A T T
Südostschweiz vom 20.3.2015, Seite 21.pdf
KULTU
Südostschweiz | Freitag, 20. März 2015
Der Nahostkonflikt im
Beziehungsgeflecht
Als noch niemand
wusste, was das # ist
Im Roman «Judas» von Amos Oz geht es um den
Nahostkonflikt, gespiegelt in einer Beziehung von drei Menschen.
D
Ausgangstipps
von Harry Hustler
von Roland Mischke
en Leser dieses Buches
werden viele Dinge beschäftigen, am meisten
aber die Frage: Kriegen
Schmuel und Atalja sich?
Oder kriegen sie sich nicht? Zwischen
dem Studenten Schmuel, 25, und der
45 Jahre alten Witwe Atalja gibt es allerdings ein fundamentales Problem:
Er ist ein Romantiker, sie ist eine Spötterin. Und das hat Gründe. Der 75-jährige Amos Oz schreibt in «Judas» über
das Verhältnis der Nationen im Nahen
Osten in Geschichte und Gegenwart.
M
anchmal sehne ich mich
nach der Zeit zurück, als
man noch pünktlich
beim Treffpunkt erscheinen
musste, weil man nicht erst beim
Betreten der Lokalität den Kollegen anrufen konnte, nur um zu
fragen: «Hey, wo bist du?» Als
man wirklich erstaunt war, wenn
der Freund, den man lange nicht
mehr gesehen hat, erzählte, dass
er Vater geworden sei, und nicht
erstaunt spielen musste, weil
man die Babyfotos auf Facebook
natürlich schon lange gesehen
und nur keinen Bock gehabt hat,
zu gratulieren. Als man im Migros an der Kasse mit Namen
gegrüsst, und nicht in der Bedienung eines Barcode-Scanners
unterrichtet wurde. Als man sich
bei der Rückkehr aus den Ferien
darauf freuen konnte, bis die
Fotos entwickelt waren, weil man
nicht schon vor Heimkehr drei
digitale Foto-Alben mit Bildern
von exotischen Gerichten oder
Katzen auf sozialen Netzwerken
veröffentlicht hat. Als man den
Namen jenes Stars, der in diesem
Film – ach wie heisst er? – mitgespielt hat, einfach vergessen
konnte, und nicht gezwungen
war, ihn schnell zu googeln.
Vom Vater in den Tod geschickt
Das Buch setzt im Jahr 1959 an, der
junge Staat der Juden ist wenig mehr
als ein Jahrzehnt alt und es gab schon
einen Krieg, der Suez-Feldzug 1956,
dem bald ein weiterer, noch schrecklicherer und an Opfern reicherer Krieg
folgen wird, die Eroberung des Westjordanlandes, des Gazastreifens und der
Sinai-Halbinsel durch Israel 1967. Jerusalem ist noch eine verhärmte Frontstadt mit Stacheldraht und Mauern
und die jüdische Nation gespalten.
Schmuel, der liebenswürdige Protagonist, muss sein Studium aufgeben,
weil seine Eltern es nicht mehr bezahlen können. Seine Freundin hat sich
für einen anderen entschieden und
seine Arbeit über «Jesus in den Augen
der Juden» ist ins Stocken geraten. Am
schwarzen Brett der Universität liest er
einen Zettel. Auf dem ein älterer, gebildeter Herr die Gesellschaft eines jüngeren Mannes sucht, mit dem er sich
gegen freies Wohnen und ein kleines
Salär unterhalten kann.
Schmuel greift zu und landet bei
Gershom Wald, dessen Sohn Micha im
Krieg mit den Arabern sein Leben verlor. Der Vater leidet, denn er hat den
Sohn dazu bewegt, Soldat zu werden.
Zurückgeblieben ist Michas Frau Atalja, die Schwiegertochter wohnt im selben Haus. Schmuel verliebt sich in sie,
aber sie hält ihn auf Abstand. Später
kommt es zu Nähe, die beiden schlafen
miteinander. Aber die schöne Atalja
hat etwas gegen Männer. «Ihr habt
schon seit Jahrtausenden die Macht
über die Welt», erklärt sie, «und ihr
habt sie in einen Ort des Schreckens
verwandelt. In ein Schlachthaus.»
Klug und widersprüchlich
Israels Dilemma ist im Roman von Oz
auf den Punkt gebracht. Juden und
Araber lebten im alten Palästina zusammen, es ging meist friedlich zu. Mit
der Staatsgründung Israels hat sich alles geändert, Nachbarn wurden zu
Feinden. Oz führt das Motiv des Verrats
ein. Er erzählt vom Juden Judas, der Jesus für den Messias hielt und ihn zwingen wollte, vom Kreuz zu steigen und
sich als Sohn Gottes zu erweisen. Das
geschah nicht, und Judas stand plötzlich vor seinen Leuten als Verräter da
und erhängte sich. Der Verrat in vieler
Form wird in diesem Roman ständig
beredet, zumeist klug, aber auch widersprüchlich. Und es wird mit dem
Zwist zwischen Juden und Arabern,
aber auch Christen – mit einem religiösen Versagen – in Zusammenhang gebracht. Oz packt die ganze Historie des
Nahen Ostens in seine Geschichte.
Juden und Araber ähneln sich
Ataljas Vater war Schealtiel Abrabanel,
der von David Ben-Gurion kaltgestellt
wurde, weil er sich gegen eine Staatsgründung gestellt hatte und argumentierte, Juden und Araber «müssten
Tipp: Monkey Safari
Spiegel des Nahostkonflikts: Der israelische Schriftsteller Amos Oz thematisiert in
seinem neuesten Werk «Judas» die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen
Bild Michiel Hendryckx/Wikimedia
Osten.
sich nur besser kennenlernen, dann
würden sie sich sofort mögen». Den
Gründern hielt er entgegen: «Die einheimischen Araber hängen an diesem
Land, weil es ihr einziges ist, sie haben
kein anderes, und wir hängen an diesem Land aus genau den gleichen
Gründen.» Hier bezieht sich Oz auf
Nahum Goldmann, der lange dem Jüdischen Weltkongress vorstand und
solches ganz ähnlich gesagt hatte. Aber
diese Fraktion verlor ihre Stimme.
BÜCHERTIPP
Amos Oz:
«Judas». Suhrkamp
Verlag, 335 Seiten. 33.90 Franken.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Zum Programm: Heute Freitag
pumpen Dantrix und Futureix
progressive Beats durchs «Tabaco» in Chur, SA und Icon mixen
im «Selig», und Maykel Blanco
gibt ein Salsa-Konzert im «El Correo». In Arosa läuft die Arosa
Electronica bereits auf Hochtouren, weshalb heute Monkey
Safari, Kant, David Keno und
weitere für Betrieb sorgen, und
DJ (S-PI) ist im «Cinema» in Lenzerheide am Drücker. In Davos
rappt Kool Savas in der «Bolgenschanze», und DJ Love Vibes
hat im «Rotliechtli» nur Vinyl dabei. Derweil sorgen FYMS anlässlich der Freeski European Open
für Stimmung im «Riders» in
Laax, The Niceguys heizen der
«Arena» in Flims ein, und DJ
Lokito steht im «Mulin» in Brigels hinter den Heblern. In St.
Moritz houst Kaj Marx im «Vivai», und David Suivez bounct
im «Diamond». In RapperswilJona starten mit den Volksmusikfestival in der Altstadt und
den Literaturtagen im «Kunstzeughaus» gleich zwei grössere
Veranstaltungen, Marco Marchi
gibt ein Konzert auf der «Herzba-
racke», und im «Clu
wird das Partylabel
out of town» mit Un
von Frank Morris u
Black’em releast. In
beehrt Claptone da
Poppia Erne und T
chen in der «Graben
tep, und J Who reim
«Tankstell». In Züric
Betontod in der «H
Anthony Rother ü
«Hive» mit Techhou
Parsons Project ro
«Volkshaus», und D
ist zu Gast in der «Z
Tipp: Kool Savas
Morgen Samstag zel
dann im «Palazzo»
St. Patricks Day mit
von Jamie Clarke’s
The Restless Move
Mc Gurrin, Malenc
Hofstetter begeiste
«Werkstatt», und sow
lig» mit Soul Rebel
auch im «Tabaco» m
Bionik gibt es Danc
sa beleben mit Anim
Jem Haynes und N
vor allem Schweizer
Electronica, und d
DJ Team lockt ins «
Lenzerheide. In Dav
Tawnee und die Al
im «Montana» krach
Mo1000s mischt in
schanze», und Stres
Fuchstival in Grüsc
auf der Bühne. Derw
Samy Deluxe die K
«Riders» in Laax zu
Soul to squeeze ve
in der «Baracca» in
die Klangwelt DJ-C
Queckolino elektri
«Capricorn» in Sedr
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im «Holästei», Gesin
Rohrer jazzen im «
DJ Sidisco bringt d
zum Kochen, und im
steigt eine 80ies-Par
Hans. In Rapperswi
Pony M im «Zak», i
Fabrik» ist Fabrik J
und in der «Eventh
gen lässt man am S
die Sau raus. In St. G
bert Bratsch im «Pa
Markova bläst Tech
durch die «Raumsta
DJ Coolman (5-Ster
ist im «Versuchsstol
bach» in Flums in A
Zürich gibt es Techh
Hector Couto im «
Wave mit La Onda
stars», Rock mit Dea
im «Stall 6», und Ele
mit Rone, Pendulu
Faul und weiteren i
Euer Partykönig wü
und Tanzbeinbruch
Du organisierst eine
in der Region und eu
weiss es (noch) nich
Schreib einfach eine
hhustler@suedostsc
und schon ist Abhilf
2.
ausgewählte Kolumnen
aus den Lokal- und Regionalzeitungen
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
det bezieen, wurde
prach sich
ung aus. Alarf neu für
wurde mit dem neuen Gesetz zur Freude aller
Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone Rechtssicherheit hergestellt, also man weiss, wo(RKGK) und mit ihr die Bündner Regierung hätte ran man ist, aber irgendwie eben doch nicht.
eine Nulllösung bevorzugt,K_Bündner
um «den DruckTagblatt
für
vom 14.3.2015, Seite 2.pdf
warme Betten hochzuhalten», wie RKGK-Präsi- Luzi Bürkli ist Redaktor.
Z U M S O N N TAG
Medienhaus oder Kloster?
D
as neue Medienhaus
der Südostschweiz ist
mit einem Kloster verglichen worden – ein Kloster am
Rande der Stadt. Da ist etwas dran.
Wenn Eingangshallen von Banken
und Medienhäusern an sakrale Räume erinnern und zeitgenössische
Kirchen manchmal eher an Fabriken oder Mehrzweckhallen, dann
sagt das etwas darüber aus, was
dem Menschen verehrungswürdig
ist. Könnte es sein, dass vielen das
Geld und die Medienwelt wichtiger
geworden sind als Gott?
In Klöstern leben Menschen
nicht nur ein beschauliches und naturnahes Dasein. Mönche und Nonnen sind Menschen, die ihr ganzes
Leben Gott weihen. Sie verzichten
auf persönliches Eigentum, auf Ehe
und Familie sowie im klösterlichen
Gehorsam auf den Eigenwillen. Damit bezeugen sie, dass nur Gott den
Menschen ganz glücklich machen
kann. Wer von einem Menschen
sein ganzes Glück erwartet, wird
enttäuscht werden. Denn wir Menschen haben alle unsere Grenzen,
unsere Sehnsucht nach Glück und
Liebe ist jedoch grenzenlos. Das Ordensleben ist eine besondere Berufung. Durch das «Jahr des gottgeweihten Lebens» möchte Papst
Franziskus der Wertschätzung dieser Berufung Ausdruck geben.
Wer nicht in einem Kloster lebt,
ist berufen, im Getriebe des Alltags
in der Liebe zu bleiben – in der Liebe zu Gott und den Menschen. Wie
diese Liebe konkret zu verstehen ist,
zeigen uns die Zehn Gebote. Sie gelten für alle Menschen, ob sie innerhalb von Klöstern oder ausserhalb
leben. So möge das Medienhaus der
Südostschweiz am Rande der Stadt
ein Ort sein, wo man offen bleibt
auch für religiöse Fragen. Aber
ebenso ein Ort, wo man sich an den
Zehn Geboten orientiert, zum Beispiel am Gebot: «Du sollst nicht lügen.»
Dompropst CHRISTOPH CASETTI, Chur
nbauförderung und zur Wahl von Barbara Janom Steiner
Bereich. Die Verbilligung von Wohngehört nach Ansicht des HEV Grauen nicht zu den Aufgaben des Bunn Wohnungsfragen sind die Kantond Gemeinden zuständig. Sie sind
bereits aktiv und leisten erhebliche
äge im Bereich der Wohnraumförng. Der Rahmenkredit des Bundes
1,9 Milliarden Franken soll zwar nur
icherheit hinterlegt werden, das
ist damit jedoch gebunden und
nicht anderweitig ausgegeben
en. Mit dem neuen Rahmenkredit
asis des Wohnbauförderungsgesetnd Verpflichtungen von insgesamt
als drei Milliarden Franken aussteDamit sind auch Risiken verbunDie staatliche Wohnraumförderung
sich in der Schweiz stark auf
nbaugenossenschaften
ab.
Es
ht nichts dagegen, wenn sich Prirsonen zusammenschliessen und
Grössenvorteilen beim Bau und der
rtschaftung profitieren. Wenn wie
die Steuerzahler involviert werden,
müssen auch kritische Fragen ersein. Brauchen die Wohnbaugenschaften diese Bürgschaften des
es tatsächlich? Ist es ihnen trotz der
it historisch tiefen Zinsen nicht
der soziale Wohnungsbau in Schüben
wiederholt forciert wurde und zu einem
Fiasko geführt hat.
▸ RETO NICK, LANDQUART,
GESCHÄFTSFÜHRER HAUSEIGENTÜMERVERBAND GRAUBÜNDEN
BDP gratuliert zur Wahl
IMPRESSUM
Herausgeberin:
Somedia (Südostschweiz Presse und
Print AG).
Verleger: Hanspeter Lebrument.
CEO: Andrea Masüger.
Redaktionsleitung:
Larissa M. Bieler
(Chefredaktorin, lmb), Norbert Waser
(Stv. Chefredaktor, nw).
Der Bundesrat hat die BDP-Vizepräsidentin Barbara Janom Steiner neu in den Redaktionsadressen:
SNB-Bankrat gewählt. Die BDP Schweiz Bündner Tagblatt,
gratuliert der Bündner Finanzdirektorin Sommeraustrasse 32, 7007 Chur,
ganz herzlich zu dieser Wahl. Die BDP Telefon 081 255 50 50, E-Mail:
Schweiz nimmt erfreut zur Kenntnis, [email protected].
dass BDP-Vizepräsidentin Barbara Ja- Verlag: Somedia, Sommeraunom Steiner ihre Kompetenz als Juristin strasse 32, 7007 Chur, Tel. 081 255 50 50,
und ihre grosse Erfahrung als Regie- E-Mail: [email protected].
rungsrätin ab dem 1. Mai in den Bankrat Kundenservice/Abo: Somedia,
der Schweizerischen Nationalbank Sommeraustrasse 32, 7007 Chur,
(SNB) einbringen kann. Die BDP ist wie Tel. 0844 226 226,
der Bundesrat überzeugt, dass Barbara E-Mail: [email protected].
Janom Steiner als Vorsteherin des Fi- Inserate: Somedia Promotion,
nanzdepartements des Kantons Grau- Sommeraustrasse 32, 7007 Chur,
Pressespiegel
Telefon 081 255 58 58, E-Mail:
bünden und aufgrund ihrer juristischen
[email protected]
und ökonomischen
Ausbildung über die
Evangelisch-reformierte
Landeskirche
Graubünden
notwendigen fachlichen Kenntnisse Reichweite: 167000 Leser (MACHverfügt. Nebst ihrer romanischen und Basic 2014-2).
deutschen Muttersprache beherrscht sie Abopreise unter: www.buendner-
K_Davoser Zeitung vom 20.3.2015, Seite 23.pdf
Davoser Zeitung
Klosterser Zeitung
Prättigauer Post
Freitag, 20. März 2015
R E G I O N
23
nur einzelne Menschen, sondern ganze Gruppen nach
Trost, zum Beispiel nach einem tragischen Unfall oder einer Naturkatastrophe.
Da braucht es dann mehr als
ein Pflaster, damit es wieder
gut ist. Worte können trösten,
wenn sie gut gewählt sind und
von Herzen kommen. Aber
manchmal helfen sie gar nicht,
wenn sie am eigentlichen Problem vorbei oder über die Befindlichkeit des Betroffenen
hinweg gehen. Davor schützen
auch die besten Absichten
nicht. Gut gemeinte Ratschläge wie: «Du musst die Sache
beim nächsten Mal anders angehen» oder Beteuerungen
wie: «Das wird schon wieder»
können ins Leere gehen.
Eine heute nicht mehr so geläufige Umschreibung für Trost
ist das Wort «Beistand». Und
doch führt es zum Kern der
Sache: Wenn mir jemand, zum
Beispiel ein guter Freund, in
einer schwierigen Lebenslage
beisteht, einfach bei mir ist,
Zeit für mich hat, mit mir in
der Situation ausharrt und
meinem Problem nicht ausweicht, dann kann ich Trost
finden.
«Ein treuer Freund ist ein
Trost im Leben», steht im biblischen Buch Sirach (Kapitel 6,
Vers 16). Besser als ein Trostpflaster.
KIRCHENFENSTER
Mehr als ein Pflaster
Ich erinnere mich daran, dass
meine Mutter vor vielen Jahren eine Karikatur aus einer
Zeitschrift
ausgeschnitten
und an die Pinnwand unserer
Küche geheftet hatte. Auf
dem ersten Bild sass ein
Mensch wie ein Häufchen
Elend auf dem Boden, mit einem hoffnungsvollen Blick
nach oben, und über ihm
stand: «Als ich einmal im
Elend sass, hörte ich eine
himmlische Stimme, die zu
mir sprach: ‹Tröste dich, sei
froh und lächle, es könnte
schlimmer kommen.›»
Auf dem zweiten Bild sah man
denselben Menschen, nun mit
völlig frustriertem Gesichtsausdruck, und es war zu lesen:
«Und siehe, ich tröstete mich,
war froh und lächelte, und es
kam schlimmer.»
Wessen «himmlische Stimme»
das auch immer gewesen sein
mag – eine grosse Hilfe war sie
jedenfalls nicht. Wohl eher das
Gegenteil. Statt echtem Trost
gab es hier nur Vertröstung.
Vertröstung ist ein Trost, der
danebengeht, letztlich nutzlos, erfolglos, weil er vom eigentlichen Problem nur ablenkt oder eine falsche Hoffnung weckt, die sich nicht
erfüllt.
Aber was ist ein guter Trost?
Wenn ich als Kind manchmal
mit zerrissener Hose und blutigem Knie vom Spielen nach
Hause kam, hat meine Mutter
mich getröstet. Was hat sie gemacht? Sie nahm mich erst
einmal in den Arm. Dann
schaute sie die Wunde an, pustete den Schmerz weg, klebte
ein Pflaster darauf und wischte mir die Tränen ab. Anschliessend sass sie bei mir, bis
es wieder gut war. Manchmal
bekam ich auch noch ein süsses Trostpflaster dazu. Meine
Mutter hat gar nicht viel gesagt, sie war einfach da, ganz
selbstverständlich.
Trost spenden, Mut machen,
das hat jeder einmal nötig: der
Jugendliche, der eine wichtige
Prüfung nicht bestanden hat;
die junge Frau, deren Liebesbeziehung zerbrochen ist; der
ältere Mann, der nach vielen
gemeinsamen Jahren seine
Ehefrau zu Grabe tragen muss.
Und manchmal fragen nicht
Organspenden sind kein
Tabuthema mehr
Deutliche Zunahme von
Fettleibigkeit
Die Anzahl fettleibiger Menschen in der
Schweiz hat sich in den letzten 20
Jahren verdoppelt. Bereits Kinder und
Jugendliche sind davon betroffen.
Im letzten Jahr spendeten im Vergleich
zum Vorjahr 13 Menschen mehr ihre
Organe. Trotzdem blieb die Zahl der
transplantierten Patienten im Vergleich
zum Vorjahr mit rund 470 praktisch
unverändert.
pd | Mit 13.6 Spendern pro
Million Einwohner pro Jahr
zählt die Schweiz nur gerade
halb so viele Spender wie unsere Nachbarländer Frankreich, Österreich und Italien.
Dieses tiefe Spenderaufkommen bleibt nicht ohne Konsequenzen: mit 73 Todesfällen
von Menschen, die auf der
Warteliste standen, kommt es
zu einem Anstieg von beinahe
40 Prozent. Derzeit warten
rund 1270 Menschen auf ein
Organ, was einer Zunahme
von knapp 10 Prozent innert
Jahresfrist entspricht.
Zu lange Wartezeiten
sind tödlich
«Was wir befürchtet hatten,
ist nun eingetroffen», sagt
Franz Immer, Direktor der
Nationalen Stiftung für Organspende und Transplantation Swisstransplant. Das tiefe
Spenderaufkommen in der
Schweiz führt vermehrt dazu,
dass Menschen, die für ein
Herz oder eine Leber auf der
Warteliste stehen, versterben.
Alleine 16 Todesfälle (eine
Verdoppelung im Vergleich
zum Vorjahr) verzeichnet die
Herzwarteliste, 33 Todesfälle
(+50 Prozent) entfallen 2013
auf Menschen, die auf eine Leber gewartet haben. Weitere
Todesfälle aufgrund des Organmangels sind die Regel, da
die Menschen wegen der langen Wartezeit zu krank geworden sind, um transplantiert
werden zu können. Sie werden in der Folge von der Warteliste entfernt. «Man kann
davon ausgehen, dass heute in
Thomas Bergfeld,
reformierter Pfarrer in
Klosters-Serneus
pd | Die Pro Juventute sieht dabei den Bewegungsmangel von Kindern und Jugendlichen als
einen der entscheidenden Faktoren. Die Kinder–
und Jugendorganisation betont die Bedeutung
von Bewegung und Sport für die gesunde Entwicklung sowie das Wohlbefinden von Kindern
und Jugendlichen und fordert in der aktuellen
Diskussion mehr Platz dafür im öffentlichen
Raum.
Bewegung und Wachtum für Kinder
zentral
Jeden dritten Tag stirbt in der Schweiz ein Mensch auf Grund Organmangels.
der Schweiz jeder dritte Tag
ein Mensch aufgrund des Organmangels stirbt, was alarmierend ist», so Franz Immer.
Eine Zahl, die noch wesentlich
höher wäre, hätten nicht im
Rahmen enger Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerorganisationen
Organe
importiert werden können.
Insbesondere Frankreich ermöglichte zumeist dringlichen
Schweizer Patienten im letzten Jahr mit 5 Herzen und 17
Lebern das Überleben.
Handlungsbedarf
erkannt
Die Stiftung Swisstransplant
und ihr Nationaler Ausschuss
für Organspende (CNDO)
sind durch die Gesundheitsdirektorenkonferenz beauftragt,
das Know-how in den Spitälern dahingehend aufzubauen,
dass potentielle Spender erkannt und der nationalen Zuteilungsstelle gemeldet werden können. Den Kantonen
obliegt es, die Rahmenbedin-
gungen zu schaffen, unter denen die notwendigen Massnahmen überhaupt realisiert
werden können. Dies bedeutet konkret, dass genügend
Ressourcen personeller, finanzieller und infrastruktureller
Natur bereitgestellt werden,
um den ganzen Prozess von
der Erkennung des Spenders
bis hin zur Zuteilung gewährleisten zu können. Bis zum
heutigen Tag fehlen diese Voraussetzungen grossmehrheitlich und die Erkennung und
Meldung von Spendern basiert auf dem Einsatz von Ärzten und Pflegefachleuten, die
bereit sind, sich dieser Thematik anzunehmen.
Der Bundesrat hat vor zwei
Jahren
den
Aktionsplan
«Mehr Organe für Transplantationen» lanciert und die
Schwerpunkte zur Verbesserung der aktuellen Situation
festgelegt. Ziel des Aktionsplans ist es, die Spenderate
Verstorbener von derzeit 12
auf 20 Spender pro Million
Einwohner zu erhöhen, was in
zVg
etwa dem europäischen Mittelwert entspricht.
So sollen in den nächsten Jahren, in enger Zusammenarbeit
mit dem Nationalen Ausschuss
für Organspende (CNDO) von
Swisstransplant, Bund und
Kantonen, Teilprojekte in den
Bereichen Ausbildung auf Stufe Fachpersonal, Prozessoptimierung und Qualitätsmanagement, Strukturen und Ressourcen im Spital sowie in der
Bevölkerungsinformation verbindlich realisiert werden.
Flankierend werden zahlreiche politische Vorstösse diskutiert, um Spenderzahlen zu erreichen, welche sich im europäischen Mittel bewegen. Bei
offener und transparenter Information ist die Schweizer
Bevölkerung über die Sprachgrenze hinweg nämlich genau
so spendebereit wie die Bevölkerung im benachbarten Ausland.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche
Graubünden
Weiterführende Informatio-
nen ersehen Sie unte der Website www.swisstransplant.org.
Für Pro Juventute zeigt der hohe Anteil übergewichtiger Schüler, dass die bewusste Förderung
von Sport, Spiel und Bewegung im Freien eine
der zentralen Aufgaben in der Gesundheitsvorsorge sein muss: «Die Bewegungsarmut der Jugend ist eine der grossen Herausforderungen unserer Zeit», stellt Robert Schmuki, Direktor von
Pro Juventute, fest. Er erklärt, dass Spielerfahrungen und viel Bewegung für das Wachstum
und die Entwicklung von Kindern zentral sind.
Pro Juventute empfiehlt daher, dass sich Kinder
mindestens eine halbe Stunde pro Tag draussen
bewegen oder möglichst vielfältig Sport treiben.
«Dies wirkt sich nicht nur positiv auf den Herzkreislauf und die Gewichtskontrolle der Kinder
und Jugendlichen aus, sondern auch auf ihr körperliches und psychisches Wohlbefinden.»
Vielfältige Programme für Spiel,
Bewegung und Aktivitäten in der Natur
Um Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu
bieten, Neues zu entdecken, Sportarten kennenzulernen oder Zeit in der Natur zu verbrinden, organisiert Pro Juventute jedes Jahr betreute Ferienprogramme mit mehr als 7500 Erlebnissen für
Kinder und Jugendliche von 6 bis 16 Jahren. Familien in schwierigen finanziellen Verhältnissen
und Alleinerziehenden ermöglicht die Stiftung
gemeinsame Ferien im Hotel „Chesa Spuondas“
in Graubünden für vielfältige Aktivitäten in der
Natur. Zudem unterstützt Pro Juventute Programme von Partnern, welche Aktivitäten für Kinder und Jugendliche durchführen um unbeschwert mit Gleichaltrigen zu spielen und sich zu
bewegen. Dazu gehören die „OpenSundays“ der
Stiftung IdéeSport für 7- bis 12-Jährige. Die Kinder und Jugendlichen können sich am Sonntagnachmittag in lokalen Sporthallen in der ganzen
Schweiz austoben und bewegen. Die Partnerschaft mit dem Verein «Kinder-Camps» ermöglicht jeweils in den Frühlings-, Sommer-, Herbstund Winterferien einwöchige Sport-Camps.
K_PrättigauerHerrschäftler vom 14.3.2015, Seite 13.pdf
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
K_Quotidiana vom 20.3.2015, Seite 19.pdf
VENDERDI, ILS 20 DA MARS 2015
„ PLAID PER LA DUMENGIA
La glisch stezza
DAD ANDRI CASANOVA, VRIN
G
l’emprem gi dalla scaffiziun
entscheiva cun stgiradetgna e
viriveri (Gen 1, 2). Quei para dad
ir ordavon alla scaffiziun sco tala.
Biars han fatg ponderaziuns sur­
lunder e viu lien elements preexi­
stents, pia da quei che ha existiu
gia avon che Dieus scaffeschi.
Ordlunder han els sviluppau teo­
rias e teologias. Mo cun Darwin
ha quei raquent biblic pers tec a
tec sia muntada ed ei vegnius pli e
pli danvonz.
L
egend tuttina igl entir raquent
san ins percorscher ch’ei se­
tracta buca d’ina descripziun mi­
nuziusa digl act da scaffiziun. Il
text tschontscha dad auters
aspects. El accentuescha che la
scaffiziun seigi buna. El porscha in
fundament per il ciclus da sis gis
luvrar ed il siatavel ruassar. Ed al
carstgaun metta el a cor da sur­
prender responsabladad per la
scaffiziun. Quei ein mo in pèr ele­
ments dil raquent significativ.
I
naga enconuschiu e renconu­
schiu la specia da quei text bi­
blic sa denton la teoria dall’evolu­
ziun buca snegar la valeta dil ra­
quent dalla scaffiziun. El ei gie buc
in text scientific, mobein in text
ch’appellescha al carstgaun d’haver
quitau dalla scaffiziun e da sesez.
El fa attents che la scaffiziun ei bu­
ca nies possess, mobein in regal dil
Scaffider. Quei text ei pia buca da
capir plaid per plaid. El sto plitost
La natira, il tschiel, las neblas, ils
vegnir meditaus ed analisaus.
ms agl ur dalla mitologia, fan enda­
il pictur Arnold Böcklin, contem­
n da Zwyssig. Il «Psalm svizzer» da
sig ha stuiu spitgar tochen 1981
ei vegnius renconuschius ufficial­
.
untents ein ins aunc adina buc. Oz
radio e televisiun van bunamein
glia per promover la cohesiun/ra­
dils Svizzers, fuss il mument buca
ats da far ina nova emprova. Aschia
19
S
che la stgiradetgna stat all’en­
tschatta dalla scaffiziun, sche
buca ton per descriver tgei ch’era
avon, mobein per presentar il con­
trast tier quei che suonda. Quella
stgiradetgna vegn interrutta entras
igl emprem discuors ella bibla: Ei
seigi glisch! (Gen 1, 3). Cun quels
plaids divins daventa enzatgei niev.
Ei dat ina midada. Nua ch’ei veva
stgiradetgna deva ei buca glisch; e
nua che la glisch sederasa seretrai
la stgiradetgna.
C
heu cumpara in fenomen
che nus havein magari gnanc
present. Cun nossas cazzolas ed
illuminaziuns daventa la stgira­
detgna pli migeivla, mo era
meins impressiunonta. Ins sto
mo seser inaga da stgirenta notg
en stiva senza cazzola; e lu resen­
tir. Ual aschia descrivan ils evan­
gelis tenor Mattiu, Marc e Lucas
il mument avon la mort da Jesus:
Igl ei vegniu stgiradetgna sur la
tiara tochen la novavla ura. Lu
eis el morts.
H
avend pia la passiun da Jesus
avon egl stuein nus buca
gest patertgar vid ina stgiradetgna
dil sulegl. Sche nus patertgein
perencunter vid la mort da Jesus
sche astgein nus cumparegliar
quella cun il spitachel astrono­
mic. La gronda glisch che regia il
gi sestgirenta plaunsiu. Ei vegn
stgir, pli e pli stgir. Ei vegn stgir
da murir. Denton tuorna la glisch
puspei. Ella tuorna sco il tscheri
pascal che dat glisch alla baselgia
stezza.
„ REGENZA
Pressespiegel
Revisiun
parziala
da la planisaziun
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
locala d’Andeer vegn approvada
3.
Themen aus überregionalen Zeitungen
NZZ, RP und Zeit
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Samstag, 14. März 2015 V Nr. 61
NZZ vom 14.3.2015, Seite 24.pdf
Neuö Zürcör Zäitung
LITERATUR UND KUNST 59
Schrecken, Schuld und Schlachtopfer
Eine kleine Geschichte des Geldes. Von Christoph Türcke
Woher kommt das Geld? Ein Blick in die
Kulturgeschichte kann sich vom Wort
«Geld» leiten lassen. Es verweist nicht
etwa auf Gold, sondern auf Schuld – auf
etwas, was Menschen einst höheren Mächten zu schulden und ihnen opfern zu müssen glaubten. Der archaische Ursprung
lebt im modernen Geldpriestertum weiter.
Wenn ich mir Geld bei einer Bank leihe, hinterlege
ich dort einen Schuldschein, auf dem der geliehene
Betrag samt Rückzahlungsmodalitäten vermerkt
ist. Aber niemand wird sagen: Die Bank hat eine
Anleihe bei mir gekauft. Leihen ist nicht Kaufen.
Doch auf dem Weltparkett heisst es: «Die Europäische Zentralbank wird in den nächsten Jahren
Staatsanleihen in Höhe von ungefähr einer Billion
Euro kaufen.» Als öffnete sie ein dickes Portemonnaie, aus dem sie nach und nach bei nationalen
Finanzministerien für diese schwindelerregende
Summe Wertpapiere ersteht. Welch eine Irreführung. Die Milliardenbeträge, die da von der EZB in
Richtung Staat fliessen, quellen keineswegs aus
einem Portemonnaie oder Guthaben; sie treten in
dem Moment, in dem sie quellen, überhaupt erst
ins Dasein.
Zentralbanken sind Priestergremien. Sie zaubern Papierscheinen oder Pixeln Kaufkraft an. Ob
sie das selbst tun oder durch Geschäftsbanken
innerhalb eines von ihnen diktierten Kreditrahmens tun lassen, ist eine scholastische Frage.
Fest steht, dass Kaufkraft, die vorher nirgends war,
durch ihren Beschluss in die Welt tritt. Und Kaufkraft schaffen ist älteste Priestertätigkeit.
Schrecken und Opfer
Das Wort «Geld» kommt nicht, wie viele meinen,
von «Gold», sondern vom angelsächsischen «gilt»:
Schuld, Geschuldetes. Damit waren zunächst keine
privaten Schulden gemeint, sondern etwas, was
archaische Kollektive höheren Mächten zu schulden glaubten: Opfer. «Gilde» heisst ursprünglich
Opfergemeinde, nicht Handwerkerzunft. Und geopfert wurden nicht Gold- oder Silberstücke, sondern lebendige Wesen, und zwar gerade die unentbehrlichsten: eigene Stammesgenossen und gezähmte Grosstiere. Warum tat man so etwas? Warum versuchte man die schrecklichen Naturgewalten zu besänftigen, sich ihr Wohlwollen zu erkaufen, indem man selbst Schreckliches beging und
ausgerechnet Lebewesen schlachtete, die einem
am nächsten und liebsten waren?
Das ist anfangs, in der Altsteinzeit, schwerlich
absichtsvoll kalkulierte Tat gewesen, eher ein Notwehrreflex. Man suchte den traumatischen Schrecken zu bewältigen, indem man das Schreckliche
auf eigene Faust wieder und wieder tat und so das
Unerträgliche allmählich erträglich, das Unfassliche fasslich machte. Und diese Wiederholung fiel
umso leichter, je mehr sie ritualisiert und mit der
Imagination überwölbt wurde, dass die Naturgewalt das schreckliche Schlachten selbst fordert,
dass man es ihr schuldet. Dadurch bekam es einen
Adressaten, einen Sinn. Es wurde als Begleichung
von Schuld interpretierbar: als Zahlung.
Schlachtopfer sind Urwährungen gewesen: stets
für ein ganzes Kollektiv verbindlich und repräsentativ. Und weil sie schreckliche Währungen waren,
waren sie stets vom Wunsch nach weniger schrecklichen begleitet. Die Geschichte der Zahlungsmittel wird nur als Substitutionsgeschichte verständlich. Kann man nicht ein Menschenopfer
durch eine gewisse Zahl von Rindern ersetzen?
Ein Rind durch so und so viele Schafe, Ziegen oder
Hühner? Lebendige Wesen durch Metallgebilde?
Gold und Silber waren immerhin der irdische
Widerschein zweier göttlicher Gestirne: Sonne und
Mond. Konnte da ein goldenes Kalb nicht lebendige Rinder vertreten? Metallgebilde waren zudem
wiederverwendbar. Warum sollten sie, einmal dargebracht, auf ewig im Tempel verharren? Konnten
sie nicht, angereichert mit gottgefälligen Zutaten,
erneut Opferwilligen zur Verfügung gestellt werden? So wurden sie zum Angelpunkt eines einträglichen Leihverkehrs und zum Kern des Tempelschatzes, der ersten Kapitalakkumulation.
Am Spiess
Münzen sind nicht etwa die Urform des Geldes,
sondern eine Spätform: das erste durchschlagende
profane Zahlungsmittel, entstanden am Rande
griechischer Tempel und von ihnen inspiriert. Bei
den grossen sakralen Feierlichkeiten stand jedem
Teilnehmer ein Anteil am Rinderopfer zu: so viel
Fleisch, wie auf seinen Opferspiess («obelos»)
passte. Und als die Opfergemeinde zu gross wurde?
Da bekamen die subalternen Teilnehmer am
Opferfest statt ihrer Fleischportion nur noch eine
Markierung am Opferspiess. So viel Fleisch, wie die
Markierung anzeigte, durften sie sich bei Vorlage
Schlachtopfer lassen sich als Urform des Geldes begreifen – griechische Vasenmalerei, fünftes vorchristliches Jahrhundert (Werkstatt des Duris).
des «obelos» aus den Vorratskammern des Tempels
holen. Sie kamen also an ihr Fleisch, aber vom festlichen Opferschmaus waren sie ausgeschlossen.
Das war ein Geniestreich des Outsourcings.
Den nahmen sich Tyrannen griechischer Stadtstaaten alsbald zum Vorbild. Warum sollten sie selbst
für ihre Leibgarde sorgen und sie ständig an ihrer
Beute teilhaben lassen? Es war doch viel einfacher,
ihr ein Selbstversorgungsmittel in die Hand zu drücken. Und so stellten sie aus ihrem zusammengeraubten Privatschatz, dem Gegenstück des Tempelschatzes, kleine handliche Gold- und Silberscheibchen zur Verfügung, einen Abglanz der Sonnen- und Mondgottheit, und liessen ihnen das Zeichen der Polis aufprägen. Damit wurden sie zu
staatlich autorisierten Berechtigungsmarken für
ein gewisses Quantum an Lebensmitteln. Mit
ihnen konnte die Leibgarde einkaufen gehen.
Metall und Papier
Münzen begannen als Tyrannensold. Aber sobald
sie kursierten, dienten sie jedem, der ihrer habhaft
wurde, als Zahlungsmittel. Kein Tyrann konnte
ihren Umlauf mehr steuern. So schnell, wie sie sich
ausbreiteten, vergass sich ihre Entstehung. Ihr profaner Gebrauch liess ihren sakralen Ursprung nicht
mehr erkennen; nur ihre Prägung erinnerte noch
daran. Sie war zwar ein Staatsakt, aber sie blieb
eine Tempelmethode. Sie versiegelte Metall, wie
man zuvor schon im Tempel Allerheiligstes versiegelt hatte. Siegel sind Heiligungszeichen. Wer sie
versehrt, profaniert geheiligte Autorität.
Kein Mensch, kein Tier, kein Edelmetall ist von
Natur aus Geld. Sie mussten stets durch einen Ritus
zu Geld gemacht werden. Durch Los-Werfen wurde
der Stammesgenosse auserwählt, dessen blutige
Darbringung die andern verschonte. Tiere wurden
durch Schnitt- und Schmuckzeichen als Opfertiere
markiert, Edelmetall wurde geprägt. Erst ein Ritus
zaubert Naturdingen Kaufkraft an, und die dafür
Zuständigen sind Priester. Das ist im Zeitalter des
Papiergelds nicht anders geworden. Papier war
jahrhundertelang bloss Anweisung auf Geld:
Wechsel, die auf bestimmte Münzbeträge ausgestellt wurden. Geld selbst aber war nur die Münze.
Erst als Ende des 17. Jahrhunderts ein privates
Konsortium von Kaufleuten die Bank von England
gründete, die sich erbot, die Schulden des Königs
zu bezahlen, wenn ihr dafür gestattet würde, diese
Schulden in Papier darzustellen und unter königlichem Schutz als nationale Banknoten kursieren
zu lassen, da entstand das Modell der modernen
Zentralbank – mit dem Privileg, nationales Papiergeld zu drucken. Zunächst nur so viel, wie durch
Münzen gedeckt war. Münzen blieben vorerst das
«bessere» Geld. Ihre astrale Aura wirkte fort, auch
wenn das Papiergeld überhandnahm, weil der globale Geldbedarf durch Münzen nicht mehr zu
decken war.
Der lange Abschied vom Edelmetallgeld endete erst 1971, als die USA die Bindung des Dollars ans Gold aufgaben. Seither ist keine Währung
mehr durch Edelmetall gedeckt. Währungen sind
nur noch Papier oder Pixel – und Münzen nur noch
Kleingeld. Zentralbanken sind nicht mehr durch
ihre Goldbestände begrenzt. Allein ihr ökonomisches Ermessen entscheidet seither darüber, wie
viel Geld sie in Umlauf bringen. Ist das Geld-Erzeugen damit rational geworden? Im Gegenteil; es
ist mysteriöser denn je. Edelmetalle haben immerhin von Natur aus eine seltene Konsistenz und
Ausstrahlung, die einst dazu einlud, schuldtilgende Kraft – Kaufkraft – in sie hineinzuprojizieren.
Profanes Papier ist fast schrankenlos produzierbar
und geduldig – bereit, alles aufzunehmen, was auf
ihm vermerkt wird, auch Geldbeträge. Im Papier
hat die Kaufkraft nur noch einen flüchtigen
Erdenrest. Ihre Erschaffung nähert sich dem biblischen Modell der Weltschöpfung an. «Und Gott
sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.» Und
die Zentralbank spricht: Es werde Geld! Und es
wird Geld.
Seither ist das internationale Geldvolumen
explosionsartig angeschwollen. Der Machtzuwachs
der Zentralbanken ist enorm. Eigentlich sind sie ja
bloss «Nichtregierungsorganisationen», die für
eine stabile Währung sorgen sollen. Aber in dieser
Rolle sind sie zu Global Players aufgestiegen und
in ein ähnlich spannungsvolles Verhältnis zu den
politischen Mächten geraten wie einst die mittelalterliche Kirche. Nur die Kirche gewährleistete
stabile, streng ritualisierte, für alle Mitglieder der
Gesellschaft verbindliche Vergebungsprozeduren:
existenzielle Schuldtilgungsverhältnisse. Auf deren
gemeinsamer Basis entwickelte der feudale Alltag
seine gestaffelten Herrschaftsverhältnisse. Das
Schuldtilgungsmonopol, das allein dem Seelenheil
der Gläubigen zu dienen vorgab, diente immer
auch der kirchlichen Vorrangstellung gegenüber
den weltlichen Mächten.
Jonglierende Zentralbank
Ähnlich bei der Zentralbank. Nur sie ist befugt,
Geld zu erschaffen. Dies Geld aber ist Schuld. Es
geht als Kredit an die Geschäftsbanken – und von
denen als Kredit in den wirtschaftlichen Umlauf.
Kredit freilich ist bloss geliehen und ist wieder zurückzuzahlen, und das an sie zurück überwiesene
Geld lässt die Zentralbank wieder in das Nichts
zergehen, aus dem sie es bei seiner Erschaffung
hervorgezaubert hat. Niemand jongliert so mit
Sein und Nichtsein wie die Zentralbank bei der
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
AKG
Geldmengenregulierung. Mit dem Geld, das sie erschafft, macht sie alle Geldempfänger in ihrem
Wirkungsbereich zu ihren Schuldnern. Die existenziellen Schuldtilgungsverhältnisse von heute verwaltet sie. Sie ist letzte und höchste Verleihinstanz
(«lender of last resort»).
In dieser Rolle «kauft» nun die EZB in Milliardenhöhe Staatsanleihen. Soll heissen, sie leiht den
Staaten Geld. Das tut sie aber gar nicht direkt.
Laut Gesetz darf das von ihr erschaffene Geld nur
über Geschäftsbanken auf den Markt und in die
Staatskasse fliessen. Faktisch schafft sie also Kredit
für private Geldinstitute. Sie füttert den Finanzmarkt – jenes dezentrale globale Gebilde, das seit
der Erschaffung ungedeckten Papiergelds in den
1970er Jahren wie ein Hefeteig aufgegangen ist.
Die EZB «kauft» Staatsanleihen lediglich um die
Ecke. Der Staat nimmt den von der Zentralbank in
Aussicht gestellten Betrag bei Geschäftsbanken
auf, die ihn dann sogleich von der Zentralbank ersetzt bekommen.
Menetekel Kirche
Das geht aber nur, wenn die Geschäftsbanken mitspielen. Das Geschäft muss lukrativ für sie sein.
Von ihrem Wohlwollen wird die Zentralbank abhängig. Sie erschafft nicht mehr nur das Geld, das
den wirtschaftlichen Umlauf ermöglicht; sie begibt
sich eigens als Akteur auf den Markt und setzt sich
selbst der Eigendynamik aus, die das von ihr geschaffene Geld dort gewinnt. Warum sie das tut?
Nun, in der Not der Bankenkrise von 2008 war der
Finanzmarkt unversehens zum Verleiher letzter
Instanz geworden. Das aber ist der Job der Zentralbank. Sie will ihn exklusiv zurückgewinnen. Deswegen setzt sie ihr grosses Privileg der Geld-Erschaffung jetzt ein, um den Finanzmarkt zu
steuern. Sie begibt sich unter die Marktmächte, um
ihnen überlegen zu bleiben.
Hatte die mittelalterliche Kirche nicht etwas
Ähnliches getan? Als ihr Aufstieg zur obersten
Schuldtilgungsautorität nicht dazu führte, dass sich
ihr die weltlichen Mächte dauerhaft fügten, suchte
sie ihre geistliche Macht als oberste weltliche
Macht zu etablieren. Damit aber leitete sie ihren
Niedergang ein. Sie machte sich mit den weltlichen
Mächten gemein, wurde eine unter ihnen und ruinierte so gerade ihren Sonderstatus: die priesterliche Autorität. Die Geschichte wiederholt sich
nicht, aber man kann aus ihr lernen. Und manche
ihrer Menetekel sind lesbar.
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Prof. Dr. Christoph Türcke lehrte bis 2014 Philosophie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Soeben ist sein Buch
«Mehr! Philosophie des Geldes» (im Münchner Verlag C. H. Beck)
erschienen.
Sport NZZ vom 15.3.2015, Seite 59.pdf
NZZ am Sonntag 15. März 2015
49
SchuldundSühne
M
an könnte diese Geschichte nüchtern erzählen wie e inen Unfallrapport: Vor vier Monaten
wird Gilles Yapi schwer
gefoult; man zählt acht
verschiedene Verletzungen in seinem rechten Knie, drei Stunden wird
er operiert. Der FC Zürich reicht Strafanzeige
gegen den Aarauer Sandro Wieser ein, der von
sich sagte, er sei ein harter Spieler, aber kein
Täter. Der Staatsanwalt eröffnet trotzdem ein
Verfahren. Yapi geht es heute besser. Er kann
leicht joggen, nur zehn Minuten zwar, aber
Schmerzen spürt er nicht. Yapi sagt: «Es ist
mein Ziel, Anfang nächster Saison auf den
Fussballplatz zurückzukehren.»
Aber niemand erzählt Yapis Geschichte so
leidenschaftslos. Sie hat sich verwandelt, sie
handelt nicht mehr von einem Sportunfall; es
geht um Schuld, Vergebung und Gerechtigkeit, ja mehr noch: um Gut und Böse. Und das
liegt vor allem daran, dass Gilles Yapi im Zentrum steht, der 33-jährige, zierliche Mittelfeldspieler aus Côte d’Ivoire, der sich überlegt,
nach seiner Karriere Pfarrer zu werden, Geistlicher in seiner evangelischen Freikirche, der
«Porte ouverte». Als Sandro Wieser sich öffentlich entschuldigte, betonte er vor allem,
was für «ein super Mensch» Yapi sei, «ein
Freund». «Da ist ein Heiliger gefoult worden»,
sagt jemand, der mit Yapi zusammengespielt
hat. Und man weiss nicht recht, ob er es ernst
oder doch vielleicht zynisch meint.
VALERIANO DI DOMENICO
Vor vier Monaten wurde Gilles Yapi bei einem Foul schwer am Knie verletzt. Der FCZ hat Strafanzeige
eingereicht. Yapi unterstützt den Schritt, obwohl er seinem Gegner verziehen hat. Von Flurin Clalüna
So etwas wie eine Beichte
Yapi hat sich erholt, es ist keine Wunderheilung, aber die Genesung verläuft schneller als
erwartet. An diesem Frühlingstag ist Yapi in
der Trainingsanlage des FC Zürich. Ein früherer Mannschaftskollege sagt, Yapi habe fast
immer so ein «seliges Lächeln» im Gesicht,
und nun sitzt er da, eingehüllt in diese fast
schon träumerische Ruhe, obwohl seine Karriere als Berufsfussballer bedroht ist. Er sagt:
«Es gibt Schlimmeres im Leben, ich bin nicht
tot, ich habe noch meine Beine.»
Fast alles, was Yapi an diesem Nachmittag
erzählt, hat etwas Existenzielles, und vieles
klingt ähnlich wie in einem Video seiner Kirche, das vor rund einem Jahr aufgenommen
worden ist. Darin spricht Yapi über sein früheres Leben, es ist so etwas wie e ine Beichte, ein
Film mit schwarz-weissen Nahaufnahmen
und sphärischer Hintergrundmusik. Yapi sagt
im Video: «Ich konnte meinen Traum sehr
früh verwirklichen, wurde Fussballprofi. Aber
die Bekanntheit öffnet auch Türen, die nicht
unbedingt gut sein müssen. Die Sünden, die
Perversitäten, die Unzucht, die Pornografie,
die Selbstbefriedigung.» Yapi erzählt, wie e r
mit der Welt des Okkultismus in Berührung
gekommen sei, wie e r an Selbstmord gedacht
habe. Bis er sich Gott verschrieben habe.
In diesem entblössenden Video geht es um
Licht und Schatten, Richtig und Falsch. So
führt Yapi sein Leben, entlang diesen Begriffen. Der Glauben durchdringt seinen Alltag,
den Fussball, seine Familie: Was Yapi sagt, ist
immer auch eine religiöse Andeutung. Und so
wird aus dem Unfall ein Schicksalstag, dessen
«Man muss auch jenen vergeben, die uns weh tun»: Gilles Yapi in der Trainingsanlage des FC Zürich. (Zürich, 5. März 2015)
Diagnose
8
Befunde ergab das
ärztliche Attest, unter anderen: Kreuzband gerissen, Innenband gerissen,
Meniskus eingerissen, Knorpeldefekt,
Knochenkontusion.
Sinn er zwar nicht versteht, «aber was geschehen ist, hat einen Grund, und Gott kennt ihn».
Auch für den FCZ-Präsidenten Ancillo Canepa ist der Sonntag vor vier Monaten im
Brügglifeld-Stadion mehr als ein Unfalltag; er
erkennt in ihm den Auftrag zu einer persönlichen Mission: Der Schutz der Fussballer ist
für ihn zur Schicksalsfrage geworden, die ein
Staatsanwalt und später ein Zivilgericht prüfen soll. Die sechs Spielsperren, die gegen
Wieser als Bestrafung ausgesprochen worden
sind, genügen ihm nicht, die Reue und
Wiesers öffentliches Bussetun können daran
nichts ändern. Canepa sagte: «Ich werde gegen alles und jeden vorgehen, der so mit unseren Spielern umgehen will.» Dass er im Foul
an Yapi «ein Rezept» erkennen will, wie man
den FC Zürich bekämpfen möchte, erhebt den
Einzelfall zur Grundsatzfrage.
Und natürlich geht es in dieser Geschichte
auch um grosse Gefühle und noch grössere
Gesten. Im Februar hat das Ehepaar Canepa
Yapis Vertrag trotz dessen unsicheren Zukunftsaussichten um ein Jahr verlängert, nach
der Karriere soll er zum Juniorentrainer ausgebildet werden. Yapi sagt: «Das ist ein unglaublicher Vertrauensbeweis und sehr selten
im Fussball.» Die grösste Geste aber kommt
von Yapi selber, es ist eine Vergebungsgeste;
und sie macht alles kompliziert und schwierig, vor allem für Yapi. Denn Canepa hatte unversöhnlich gesagt: «Da gibt es kein Pardon.
Das lasse ich mir nicht bieten.» Denn irgendwo gibt es beim FCZ eine unausgesprochene
Gleichung: Mit Yapi war der FCZ ein Meisterkandidat. Ohne ihn nicht mehr. Auch das soll
irgendwie abgegolten werden.
Der FC Zürich war mit
Yapi ein Kandidat für
den Meistertitel. Ohne
ihn nicht mehr. Auch
das soll irgendwie
abgegolten werden.
Die Zerrissenheit
widerfahren. Der FCZ verliert einen wichtigen
Spieler. Der FCZ muss einen Spieler bezahlen,
der verletzt ist. Der FCZ erleidet einen grossen
Verlust.» Leider treffe e s nun Sandro Wieser,
sagt Yapi, «es könnte auch ein anderer sein».
Die Klage sei nicht gegen Wieser gerichtet,
«sondern gegen den Akt». Zur Verantwortung
gezogen aber wird der Mensch, Sandro Wieser, «ein Kollege von mir».
In diesen Wochen wird diese emotionale
Geschichte in der Staatsanwaltschaft neu gelesen, in nüchterner Juristensprache, und am
Ende der Aufarbeitung steht vielleicht ein Urteil, das das Gerechtigkeitsempfinden befriedigen soll. Als der FCZ die Anzeige e inreichte,
dachte man, Yapi werde vielleicht nie mehr
Profifussball spielen. Jetzt sagt er: «So höre
ich nicht auf. Ich habe noch viel zu geben.»
Yapi aber möchte verzeihen, «man muss auch
jenen vergeben, die uns weh tun», er habe es
längst getan. Er sagt: «Ich habe gute Gefühle
gegenüber Sandro Wieser, ich spüre keine
Animosität, keinen Hass. Wir können irgendwann zusammen einen Kaffee trinken, das
hoffe ich sogar.» Und trotzdem sagte Yapi
Ende Januar vor dem Staatsanwalt aus, er
fühlte sich nicht wohl dabei, «ich mag das
nicht, aber es ist Teil der Klage, also mache ich
es». Man spürt Yapis Zerrissenheit: Wie kann
er eine Anzeige unterstützen und damit eine
Bestrafung fordern, wenn er Wieser schon
vergeben hat? Yapi hat diesen Widerspruch so
aufgelöst: Er tut es nicht für sich. Er tut es für
den FCZ. Yapi sagt: «Im Leben braucht es Gerechtigkeit, auch dem FCZ soll Gerechtigkeit
Mögliche
Strafen
gegen
Wieser
Im Dezember hat der FC Zürich
bei der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau Strafanzeige gegen
Sandro Wieser eingereicht.
Der FCZ schrieb: «Mit der Einreichung dieser Strafanzeige
bezweckt der FC Zürich primär
eine präventive Wirkung zum
Schutz der Gesundheit von
Berufsfussballspielern.»
Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau hat ein Verfahren
eröffnet. Drei Tatbestände
stehen im Raum: schwere Körperverletzung, einfache Körperverletzung oder fahrlässige
Körperverletzung. Ende Januar
ist Gilles Yapi einvernommen
worden, kurze Zeit später auch
Sandro Wieser. Es werden noch
weitere «Tatbeteiligte» befragt;
es ist davon auszugehen, dass es
sich bei ihnen um Spieler handelt, die am Sonntag, 9. November, in Aarau auf dem Fussballplatz standen. Die Staatsanwaltschaft möchte im Verfahren
möglichst genauen Aufschluss
über den Grad der Verletzungen
von Gilles Yapi erhalten.
Ausserdem erhebt der Staatsanwalt verschiedene Beweismittel, erstellt Gutachten und
sammelt Videoaufnahmen. Nach
Abschluss der Untersuchung
wird entschieden, wie e s weitergeht. Es bestehen drei Möglichkeiten: Der Staatsanwalt kann
das Verfahren einstellen, wenn
er zum Beispiel der Meinung ist,
die Beweismittel genügten nicht.
Oder er kann, zweitens, Strafbefehl erlassen. Dies tut er dann,
wenn er folgende Massnahmen
für ausreichend hält: eine Busse,
eine Geldstrafe von höchstens
180 Tagessätzen, eine gemeinnützige Arbeit von höchstens
720 Stunden oder ausnahmsweise eine Freiheitsstrafe von
höchstens sechs Monaten.
Drittens: Erachtet die Staatsanwaltschaft die Verdachtsgründe als hinreichend und sind
die Voraussetzungen für einen
Strafbefehl nicht gegeben, kann
sie beim zuständigen Bezirks-
Pressespiegel
Wiesers (r.) Foul an Yapi.
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
TELECLUB
Anzeige wegen Körperverletzung
gericht Anklage e rheben. In
diesem Fall ist die Staatsanwaltschaft nicht mehr Strafverfolgungsbehörde, sondern Anklägerin. Das Gericht muss dann darüber entscheiden, ob das Foul
strafrechtlich relevant ist oder
nicht. Die Staatsanwaltschaft wie
auch der Beschuldigte Sandro
Wieser können das Urteil mittels
Berufung an das Obergericht des
Kantons Aargau weiterziehen.
Wie viel Zeit das ganze Verfahren bis zu einem allfälligen Urteil
beanspruchen wird, ist schwer
abzuschätzen. Auf Anfrage teilt
die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau mit, sie könne keine
Prognose stellen. (fcl.)
NZZ vom 15.3.2015, Seite 60.pdf
Wissen
59
INTERFOTO
NZZ am Sonntag 15. März 2015
Wo von Saba
die Rede ist
8.−4. Jh.v.Chr.
Im Alten Testament
werden die noch namenlose Königin von
Saba und die Sabäer
– mit der Hauptstadt
Marib im heutigen
Jemen – verschiedentlich erwähnt.
1.
Jh. n. Chr.
Der jüdisch-römische
Historiker Flavius
Josephus verfasst
eine Geschichte des
Judentums. Er nennt
die Königin von Saba
Nikaule; sie ist Königin von Ägypten und
Äthiopien.
Gold, Elfenbein und sogar ein Löwe: Die Königin von Saba und Salomo tauschen in Jerusalem wertvolle Geschenke aus. (Äthiopische Populärkunst)
MysteriöseHerrscherin
Unerschrocken und männermordend: Zahlreiche Geschichten ranken sich um die erstmals in
der Bibel erwähnte Königin von Saba. Vermutlich hat sie nie gelebt. Von Geneviève Lüscher
J
emen hat zurzeit keine gute
Presse. Islamistische Kräfte versetzen das Land in Unruhe; Entführungen und Attentate sind an der
Tagesordnung. Fast geht dabei
vergessen, dass dieses Land auch
eine ganz andere Seite hat – eine,
die weit in die Vergangenheit zurückreicht,
eine orientalisch-märchenhafte. Jemen hiess
in der Antike Saba. Und aus Saba kam einst
gemäss der Bibel eine Königin zu Salomo
nach Jerusalem, um ihn mit Fragen herauszufordern. So steht es jedenfalls im 10. Kapitel des 1. Buchs der Könige.
Wer war die Frau, die es wagte, König
Salomo zu testen? Es gibt keine Beweise für
ihre Existenz, weshalb ihr Biograf, der Theologe Ulfrid Kleinert aus Dresden, eher dazu
neigt, sie ins Reich der Mythen zu verbannen. Trotz seinen Zweifeln trägt er in einer
neuen Biografie zusammen, welche schriftlichen Quellen sie erwähnen und wie sich
ihre Spur in den drei grossen Weltreligionen
– Judentum, Christentum und Islam – verfolgen lässt. Die Königin von Saba hat nämlich
nicht nur im Alten und Neuen Testament
ihren Auftritt; sie kommt auch im Koran vor.
Als Gleichgestellte bei Salomo
Erstmals erscheint die Königin von Saba im
Alten Testament. Im Buch der Könige wird
beschrieben, wie sie samt Gefolge nach Jerusalem kommt, weil sie von Salomos Weisheit
gehört hat. Sie will diese prüfen. Salomo
kann alle ihre Fragen beantworten, sie
schenkt ihm dafür Kostbarkeiten aus ihrem
Land, die sie auf Kamelen hat herbeischaffen
lassen: Balsamöl, Gold und kostbare Steine.
Salomo seinerseits gewährt ihr «alles, was sie
begehrt». Dann kehrt sie nach Saba zurück.
Die Begegnung wird nur knapp geschildert.
Es scheint, meint Kleinert, dass die Königin
nicht von Salomo gerufen wurde, sondern
selbst entschieden hat, ihn zu besuchen.
Sie kommt nicht als Bittstellerin, sondern
als gleichgestellte Herrscherin. Aber weder
erfahren wir, wie die Rätsel lauteten, noch,
was Salomo der Frau geschenkt hat. Was
könnte sie «begehrt» haben? Die folgenden
Gemälde, Opern, Filme
und Bücher versuchen,
dem Geheimnis dieser
Frau auf die Spur zu
kommen, die es wagte,
Salomo zu prüfen.
Jahrhunderte werden die Leerstellen ausfüllen und der im Alten Testament noch anonymen Königin verschiedene Namen geben.
Das Reich Sabas gehörte zu den mächtigsten Hochkulturen Südarabiens. Wie es
entstanden ist, diese Frage zu beantworten,
gehört zu den Anliegen eines Projekts des
Deutschen Archäologischen Instituts (DAI),
das seit über 40 Jahren in Jemen forscht.
«Wir suchen natürlich nicht nach der Königin
von Saba», sagt Iris Gerlach, Leiterin des
Projektes. In ihrem Fokus steht vor allem die
Oase Marib mit der sabäischen Hauptstadt,
mit Tempelanlagen, einer Totenstadt und
Resten von Bewässerungsanlagen.
Die frühesten Siedlungsspuren lassen
sich ins 2. Jahrtausend v. Chr. datieren. Den
Höhepunkt seiner Macht erreichte das Reich
Saba im 7. Jahrhundert v. Chr. Es kontrollierte den lukrativen Handel auf der Weihrauchstrasse, mit den Assyrern verhandelten
die Herrscher des expansiven Staates um
Handelsrouten. Eine reisefreudige Königin
scheint nicht völlig aus der Luft gegriffen,
kommt aber in den zahlreichen Inschriften
Sabas (noch) nicht vor. «Wir kennen keine
Namen von Herrscherinnen, aber es hat sie
sicher gegeben», sagt Gerlach.
Im Alten Testament verliert sich später
die Spur der Königin, sie wird – im Gegensatz
zu den Sabäern und zum Reich Saba, das
mitunter auf der westlichen Seite des Roten
Meeres im heutigen Äthiopien lokalisiert
wird – nur noch einmal erwähnt. Das Neue
Testament übernimmt die Geschichte, Jesus
gewichtet aber anders, indem er die Königin
von Saba in ihrer Neugier und ihrer Lernbereitschaft als Vorbild darstellt. Im Folgenden vermischen und beeinflussen sich
verschiedene Erzählstränge der jüdischen,
christlichen und schliesslich islamischen
Tradition. Weil der richtige Name der Königin nicht bekannt war, bezeichnet man sie
je nach Sprache und Religion anders. Die
jüdische Tradition legt sich laut Historiker
Kleinert auf die «Dämonisierung» der Königin fest. Sie erhält dort den Namen Nikaule
und ist Königin von Ägypten und Äthiopien.
In der jüdischen Kabbala des Hoch- und
Spätmittelalters wird Sabas Königin dann
zur männer- und kindermordenden Lilith.
Aus Saba wird Makeda
Auch Christentum und Islam verpassen
der Königin einen teuflischen Zug, behalten
aber das Beispielhafte bei: Christlich wird sie
zum Vorbild, weil sie zum Bau der Grabeskirche in Jerusalem beiträgt; islamisch, weil
sie nun an Allah glaubt, denn in der Sure 27
des Korans wird sie von Salomo – im Koran
Süleyman – zum Islam bekehrt. In nachkoranischen Kommentaren erhält die Königin
den Namen Bilqis und unterwirft sich Süleyman als Ehefrau.
Im Nationalepos des christlichen Äthiopiens aus dem 13. Jahrhundert n. Chr.
Rastafari und die Königin
Die Königin von
Saba wirkt bis in
die Gegenwart. Seit
den 1930er Jahren
hat sich von Jamaica
aus die spirituelle
afrikanische Musikund Befreiungsbewegung Rastafari
ausgebreitet. Ihr
Name geht zurück
auf den äthiopischen Kaiser Haile
Selassie, der vor der
Thronbesteigung
Ras Tafari Makon-
nen hiess. Seine
Krönung erfolgte
in der Erbfolge von
Salomo und Makeda, wie die Königin
von Saba in Äthiopien genannt wird.
Haile Selassie gilt
als Nachkomme
von Salomos und
Makedas Sohn
Menelik und ist für
die Anhänger der
Rastafari-Bewegung
wie ein Gott auf
Erden. (glü.)
schliesslich wird beschrieben, wie Salomo
und die Königin – sie heisst nun Makeda –
zusammenkommen. Ein Sohn, Menelik,
wird gezeugt. Mutter und Sohn kehren in
die äthiopische Hauptstadt Aksum zurück.
Menelik wird der Gründer der Herrscherdynastie Äthiopiens, deren letzter Vertreter
Kaiser Haile Selassie (1892–1975) war. Laut
dem Epos besuchte Menelik später seinen
Vater in Jerusalem und brachte die Bundeslade mit den Gesetzestafeln nach Aksum.
Das Deutsche Archäologische Institut
forscht auch im äthiopischen Yeha. Es hat
kürzlich eine von sabäischer Baukunst
geprägte Tempelanlage sowie Palast- und
Verwaltungsgebäude ausgegraben, die um
800 v. Chr. datieren. Die Expansion der
Sabäer im 1. Jahrtausend v. Chr. über das
Rote Meer lässt sich in diesen Bauten und
den Fundobjekten deutlich festmachen.
Die Königin von Saba könnte also auch von
Äthiopien aus nach Jerusalem gereist sein.
Diese Vermutung hegte auch der verstorbene
Archäologe Helmut Ziegert, als er 2008
in Aksum den Spaten ansetzte und – wie er
glaubte – ausgerechnet auf den Palast der
Königin von Saba stiess. Die sensationelle
Entdeckung ging um die Welt, die Universität
Hamburg hingegen, deren emeritierter Professor Ziegert war, distanzierte sich. Nachprüfbare Grabungsergebnisse mit Beweisen,
auf deren Basis eine wissenschaftliche Diskussion hätte stattfinden können, sind nie
publiziert worden.
Auch wenn die Königin von Saba nie existierte, ihr Nachleben bleibt bis auf den heutigen Tag bewegt. Gemälde, Opern, Filme und
Bücher versuchen, dem Geheimnis dieser
Frau auf die Spur zu kommen, die es wagte,
Salomo zu prüfen. In Jemen selbst könnten
weitere Ausgrabungsfunde neue Fakten liefern. Allerdings verbiete die politische Situation derzeit jede Aktivität, sagt die Archäologin Iris Gerlach, «seit 2009 sind dort leider
keine Ausgrabungen mehr möglich».
Ulfrid Kleinert: Das Rätsel der Königin
von Saba: Geschichte und Mythos. Zabern,
Darmstadt 2015.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
4.
Jh. n. Chr.
Im christlich-apokryphen «Testament
Salomos» finanziert
die «Hexe Saba»
den Tempelbau in
Jerusalem.
7./8. Jh. n. Chr.
Der Koran entwickelt
eine eigene SalomoSaba-Geschichte;
die Königin bekehrt
sich zum Islam. Erst
in nachkoranischen
Schriften erhält sie
den Namen Bilqis.
13.
Jh. n. Chr
Im «Kebra Negast»,
dem äthiopischen
Nationalepos, basiert
die Erbfolge der
äthiopischen Könige
auf der Geschichte
von Salomo und der
Königin von Saba; sie
heisst dort Makeda,
der gemeinsame
Sohn Menelik. (glü.)
12 ZÜRICH UND REGION
Zäitung
NZZ vom 16.3.2015, Neuö
SeiteZürcör
12.pdf
Monta
IN ZÜRICH GETROFFEN
Erwachsen über Umwege
Die Philosophin Susan Neiman über die Vorteile des Älterwerdens
Familie Drohungen des Ku-Klux-Clans
ein; man wisse, wo ihre Kinder zur
Schule gingen, wurde den Eltern am
Telefon gesagt. Neimans Mutter engagierte sich in der Bürgerrechtsbewegung. Wenn sie etwas aus dieser Zeit gelernt habe, sagt die Buchautorin, dann
dies: Man könne die Welt auch in kleinen Schritten verbessern – und nichts sei
selbstverständlich.
Durch Neimans Biografie zieht sich
eine Haltung, die das Erwachsensein
ausmacht: Es ist ein ständiges Verhandeln zwischen den Idealen und den Ansprüchen der Realität. 1969 zog sie als
14-Jährige ohne Schulabschluss zu Hause aus, sie lebte in Kalifornien in Kommunen, war «on the road», wie sie sagt –
einer der wenigen amerikanischen Ausdrücke, die Neiman noch verwendet,
sonst ist ihr Akzent kaum noch zu
hören. In dieser Zeit las sie Simone de
Beauvoir und Jean-Paul Sartre, woraus
der Wunsch entstand, eine Philosophin
zu werden, deren Leben nach dem Vorbild der beiden Franzosen in ständiger
Bewegung sein würde. Philosophie zu
betreiben, sollte für Neiman bedeuten,
sich politisch zu engagieren, die Abgeschiedenheit der Universität zu verlassen und sich auch mit Künstlern und
Schriftstellern auszutauschen. Gerne
hätte sie in Griechenland studiert –
«wenn schon Philosophie, dann dort, wo
alles begann». Doch aus Gründen der
Vernunft schrieb sie sich am New Yorker City College ein, wo auch Studenten
ohne Abitur zugelassen wurden. Zwei
Jahre später begann sie ein Philosophiestudium in Harvard, das sie mit einer
Promotion abschloss.
Wer will schon erwachsen werden in Zeiten des Jugendwahns?
Die Philosophin Susan Neiman
legt dar, warum sich dieser Prozess lohnt: Sie siedelt ihn zwischen Selbstbestimmung und
Rebellion an – in ihrem neusten
Buch wie bei einem Treffen.
Kathrin Klette
Am Tag nach ihrer Ankunft in Zürich
sitzt die amerikanische Philosophin Susan Neiman in einem Altstadthotel. Am
Abend vorher, so erzählt sie, sei sie in
der Umgebung spazieren gegangen:
durch die Gassen und die Bahnhofstrasse, vorbei an den Geschäften von
Cartier und Hermes.
` Da lagen sie in den
Schaufenstern, die Spielzeuge der Erwachsenen, wie Neiman sie nennt: die
Uhren, die Kleider, die Smartphones.
Es seien Spielzeuge, weil sie uns nur
vorgaukelten, dass wir sie brauchten,
dass es ihr Besitz sei, der so etwas wie
Glück mit sich bringe, und nicht etwa
Erfahrungen und Begegnungen mit anderen Menschen.
Neiman ist 59 Jahre alt und seit 2000
die Direktorin des renommierten Einstein-Forums in Potsdam. Dieser Tage
hat sie ihr neues Buch «Warum erwachsen werden?» im Literaturhaus Zürich
vorgestellt. Es ist ein Plädoyer dafür, die
Vorteile dieses Zustands schätzen zu lernen. Nach Neiman wohnt dem Erwachsenwerden etwas Subversives inne, denn
idealerweise bedeutet es, dass man
selbstbestimmt lebt und nicht alles
glaubt, was scheinbar gegeben ist.
Ein Salon der Aufklärung
Subtiler Druck auf die Bürger
Doch das Erwachsenwerden hat heute
keinen guten Ruf. Wer wird schon gerne
älter in einer Gesellschaft, welche die
Jugend zum Ideal erklärt? Neiman zählt
auf, womit das Erwachsensein assoziiert
wird: Spiessertum, Langeweile und Resignation, ein Zustand ohne Träume und
Abenteuer. «Eigentlich ist schon das
Wort ‹erwachsen› problematisch», sagt
sie. «Es suggeriert, dass man irgendwann nicht mehr wächst.» Für sie bietet
der Zustand der Reife dagegen viele
Vorteile: dass man es sich gestattet zu
geniessen, dass man seine Stärken kennt
und sich selbst unabhängig vom Urteil
anderer einschätzen kann. Erwachsen
werden ist für Neiman ein Prozess, der
erst mit dem Tod enden sollte, und wenn
man ihr zuhört, ahnt man, dass auch sie
noch viel vorhat in ihrem Leben.
Nach Neiman Meinung haben die
heutige Gesellschaft und ihre Wächter –
KENNEN SIE ZÜRICH?
` LA C
A
Noch voller Abenteuerlust: Susan Neiman, Philosophin und Autorin.
SIMON TANNER / NZZ
ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.» Neiman versteht ihr Buch als
moderne Ergänzung zu Kant, doch sie
sagt, dass es auch viel mit ihr selbst zu
tun habe: Sie sei schliesslich auch nur
auf Umwegen erwachsen geworden.
die Medien, die Institutionen und die
Industrie der Konsumgüter – auch kein
Interesse daran, dass die Menschen erwachsen werden. Der Druck, den früher
autoritäre Regime auf ihre Bürger ausübten, wirke heute subtiler: unter anderem durch eben die Erwachsenen-Spielzeuge, die die Bürger infantilisierten
und sie davon abhielten, selbst nachzudenken und sich wirklich relevante Fragen zu stellen. Dabei mache eigentlich
genau das einen mündigen Bürger aus:
Mut zu haben, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Und damit wären
wir bei Immanuel Kant, dem geistigen
Paten von Neimans Buch, der 1784 den
berühmten Satz schrieb: «Aufklärung
1955 wurde Neiman im Süden der USA
geboren, in Atlanta. Rückblickend sagt
sie, dass sie sich damals immer als Aussenseiterin gefühlt habe. Sie wuchs in
einer jüdischen Familie auf. Atlanta war
damals noch von der Rassentrennung
geprägt. Regelmässig gingen in der
Jeton G. schon als
Teenager straffällig
SVP-Kantonsrat will
höhere Genugtuung
Einbürgerung trotz Vorstrafen
zac. V Die Zürcher Staatsanwaltschaft
stellte Ende Februar ein Verfahren
gegen Claudio Schmid ein. Sie entlastete den SVP-Kantonsrat vom Vorwurf,
einen ehemaligen Mitarbeiter der Bank
Sarasin zur Bankgeheimnisverletzung
angestiftet und damit die Affäre Hilde-
Zwischen Ideal und Realität
Pressespiegel
zac. V Der mutmassliche Todesschütze
Evangelisch-reformierte
von
Zürich Affoltern, Jeton G., ist den Landeskirche Graubünden
Strafbehörden schon längere Zeit bekannt gewesen. Wie die «NZZ am
Sonntag» berichtet, sei der Mann be-
Danach zog sie nach Berlin, wo sie als
Schriftstellerin und Übersetzerin arbeitete – sehr zum Leidwesen ihrer Professoren, wie sie sagt, die bedauerten, dass
Neiman ihre Karriere als Philosophin
aufgegeben habe. Aus dem geplanten
einen Jahr in Berlin wurden sechs, ehe
sie an die Universität zurückkehrte und
eine Professur in Yale annahm. Über ihr
erstes Buch hätten viele Kollegen die
Nase gerümpft, da es als zu literarisch
gegolten habe, sagt sie; später habe man
ihr unter anderem deswegen die Direktorenstelle in Potsdam angeboten.
Mit dem Einstein-Forum hat Neiman
nun einen zeitgenössischen Salon der
Aufklärung geschaffen, wo sich Forscher
mit Künstlern und Politikern über aktuelle Debatten austauschen. Sie hat sich
damit den Traum erfüllt, lebensnahe
Philosophie zu betreiben. Ideale lassen
sich also auch über Umwege verwirklichen – selbst wenn man erwachsen ist.
IN KÜRZE
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Kollision zwischen Rennvelofahrern
flu. V Bei einer Frontalkollision zweier
Rennvelofahrer sind am Samstagnachmittag in Binz (Gemeinde Maur) beide
Männer verletzt worden. Der Zusammenprall ereignete sich gemäss Mitteilung der Kantonspolizei auf einem Radweg, in einer Rechtskurve auf der Höhe
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NZZ vom 16.3.2015,
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Tripolis konfrontiert den IS
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Die Trauer ist nach den beiden Anschlägen in Lahore gross.
Anschlag auf Kirchen in Pakistan
pab. Delhi V Erneut sind Christen zum
Ziel von Terroranschlägen in Pakistan
geworden. In Lahore im Osten des Landes kamen durch Selbstmordattentate
auf zwei Kirchen während des Gottesdienstes am Sonntag mindestens 15 Personen ums Leben, über 70 wurden verletzt. Auch zwei Polizisten wurden durch
die Explosionen getötet, die zum Schutz
der Kirchen abbestellt worden waren.
Ein aufgebrachter Mob tötete darauf in
Selbstjustiz zwei Männer, die der Tat
verdächtigt wurden. In verschiedenen
CIA-Million floss in Kaida-Kasse
FOTO-TABLEAU
m Auge der Drohne
iegsgerät und zur Überwaber auch für wissenschaftliche
sind Drohnen schon lange im
als privates Gadget kommen
ehmend in Mode. Der belgitograf Tomas van Houtryve
h kritisch mit der neuen Techauseinander.
DOSSIER
n Syrien
n liefern sich das despotische
Asads und die militante Opseit vier Jahren einen grausampf um die Macht. Stark insind auch äussere Mächte.
fte der Bewohner des Landes
er Flucht. Humanitäre Helfer
en unter grosser Gefahr.
MOHSIN RAZA / REUTERS
(Reuters) V Etwa eine Million Dollar aus
einem geheimen amerikanischen Fonds
für die afghanische Regierung sind laut
der «New York Times» in die Kassen der
Kaida geflossen. Die Zeitung beruft sich
in ihrem Bericht auf Gerichtsunterlagen.
Das Geld soll zu einer Summe von fünf
Millionen Dollar gehört haben, die die
Regierung in Kabul 2010 für die Freilassung eines Generalkonsuls aus der
Geiselhaft der Islamisten zahlte. Laut
der Zeitung schaffte der amerikanische
Geheimdienst CIA jeden Monat Bargeld
nach Afghanistan. Kabul habe es unter
anderem verwendet, um sich die Unterstützung von Stammesfürsten zu kaufen.
Städten des Landes kam es zu Protesten
der christlichen Minderheit, die stellenweise auch zu Zusammenstössen mit
den Sicherheitskräften führten.
Eine Splittergruppe des Netzwerks
der pakistanischen Taliban bekannte
sich zu den Anschlägen von Lahore und
bezeichnete diese als Vergeltungsaktion
für Islamabads Jagd auf Islamisten. Seit
dem Terroranschlag auf eine Schule in
Peshawar im Dezember mit 145 Todesopfern hat Pakistan seinen Kampf gegen
den islamistischen Terror ausgeweitet.
Rumänischer Minister tritt zurück
(Reuters) V Der rumänische Finanzminister Darius Valcov gibt nach Korruptionsvorwürfen sein Amt auf. Der Sozialdemokrat hat sein Rücktrittsgesuch eingereicht, wie Rumäniens Ministerpräsident Victor Ponta am Sonntagabend mitteilte. Valcov wird vorgeworfen, in seinem früheren Amt als Bürgermeister
Schmiergeld in Millionenhöhe angenommen zu haben, was er bestreitet. In
Rumänien geht die Justiz seit einiger
Zeit verschärft gegen Korruption vor.
Festnahme in Ferguson
(ap) V Wegen der Schüsse auf zwei Polizisten in der amerikanischen Stadt Ferguson ist ein 20-Jähriger festgenommen
worden. Gegen den Verdächtigen werde
Kundgebung in Tel Aviv
(dpa) V Zwei Tage vor den Parlaments- Anklage erhoben, sagte der Staatswahlen in Israel haben Zehntausende anwalt des Bezirks St. Louis im Gliedrechtskonservative Bürger am Sonntag in staat Missouri am Sonntag. Die beiden
Tel Aviv demonstriert. Der amtierende Beamten im Alter von 32 und 41 Jahren
Pressespiegel
Ministerpräsident Netanyahu versprach waren am vergangenen Donnerstag von
Graubünden
Schüssen getroffen
worden, als sich
ihnen, eineEvangelisch-reformierte
Regierung unter seiner Füh- Landeskirche
rung werde den Palästinensern gegenüber Demonstranten zu einer Freudenfeier
keine Konzessionen machen und keine über den Rücktritt des örtlichen PolizeiGebiete mehr räumen. Er sprach hinter chefs vor der Polizeiwache von Ferguson
bol. Kairo V Am Wochenende
erstmals Milizen aus dem Lager d
schen Islamisten offen gegen ein
leger der Terrormiliz Islamische
(IS) gekämpft. Die Zusamme
zwischen IS-Kämpfern und eine
welche mit der nicht anerkannten
rung von Tripolis verbündet ist, w
am Samstag im Osten von Sirte v
wohnern sowie von einem Militä
vermeldet. Die Regierung steht i
kurrenz zur international anerk
Regierung in Tobruk. Beide unter
verschiedene Gruppierungen im
schen Konflikt um Ressourcen.
den Verbündeten von Tripolis sin
radikale Islamisten. Tripolis hatte
Gefahr lange heruntergespielt. O
sie nun angesichts der Expansion
aufgeschreckt sind, tun manch
Wortführer diese immer noch a
schwörung von Ghadhafi-Loyalis
IS soll Chlorgas eingesetzt hab
(dpa) V Die kurdischen Kämp
Nordirak werfen der Terrormiliz
scher Staat (IS) vor, Chemiewaff
zusetzen. Die Jihadisten hätten
nem Anschlag Ende Januar nahe
Chlorgas verwendet, teilte die ku
Autonomieregierung in Erbil am
tag mit. Ein von der EU zertif
Labor habe Proben vom Tatort
sucht und einen hohen Chlorga
festgestellt, der einen Chemiewaf
satz nahelege. Auch im Kampf um
seien vermutlich chemische Waff
Einsatz gekommen. Auf Videos d
fechte dort sei orangefarbener Ra
sehen – ein Anzeichen für Chlorg
strategisch wichtige Tikrit ist se
chen umkämpft.
USA bereit zu Gesprächen mit
win. Washington V Der amerik
Aussenminister Kerry hat in einem
view bestätigt, die USA seien ber
dem Asad-Regime in Syrien übe
politischen Übergangsprozess zu v
deln. Es sei klar, dass es für den K
in Syrien keine militärische, sond
eine politische Lösung gebe. Es ge
darum, dem Asad-Regime kla
chen, dass Verhandlungen not
seien. Zu diesem Zweck werde
wärtig auf Damaskus Druck au
Weitere Details nannte Kerry nich
rys Aussagen bestätigten aber deu
als zuvor, dass die USA zur Eins
langten, eine Lösung des syrische
flikts ganz ohne Asad sei nicht mö
Festnahme dreier britischer Te
(dpa) V Türkische Behörden hab
britische Teenager festgenomm
auf dem Weg nach Syrien ware
Anti-Terror-Einheit der Polizei
Freitag über zwei vermisste 17aus London informiert worden
Scotland Yard am Sonntag mit. D
den Jugendlichen seien mit
SCHWEIZ
Montag, 16. März 2015 V Nr. 62
7
Neuö Zürcör Zäitung
NZZ vom 16.3.2015, Seite 7.pdf
Die CVP kämpft gegen
den Abwärtstrend in Luzern
Seite 7
General Bachmann
und das Schweizerkreuz
Seite 9
Der Schweiz droht eine
hohe Schadenersatzforderung
Seite 9
Die Offiziersgesellschaft formuliert
Forderungen zur Armeereform Seite 9
Das Phantom von Chur
Bischof Vitus Huonder spielt im Fall Bürglen eine Hauptrolle – und bleibt dabei doch ein unsichtbarer Hirte
veränderliches. Die fundamentalistische Bibelauslegung kommt auch in
einer Ansprache zum Ausdruck, die
Huonder am letzten Montag vor jungen
Priestern hielt und die der NZZ in
schriftlicher Form vorliegt. Ein Priester
wisse durch Gottes Offenbarung, dass
gewisse Dinge die Menschen ins Verderben führten, deshalb müsse er diese
Dinge zurückweisen, sagte der Bischof
in Bezug auf Bürglen. Wenn die Heilige
Schrift sage, etwas sei ein «Greuel vor
dem Herrn» – gemeint ist die Homosexualität –, «dürfen wir die Menschen
nicht in der Meinung lassen, wenn es
‹aus Liebe› geschehe, sei es gut und
könne durch eine sogenannte Segnung
gleichsam saniert werden».
Vitus Huonder provoziert mit
erzkonservativen Verlautbarungen. Dennoch sei er weniger von
Streitlust getrieben als von einer
tiefen Ängstlichkeit, sagen seine
zahlreichen Gegner.
Simon Hehli
Ein Name geistert durch die Medien:
Vitus Huonder. Der Churer Bischof ist
im Ränkespiel um den Bürgler Pfarrer
Wendelin Bucheli omnipräsent. Und
dabei doch unsichtbar: Bloss in der dritten Person hört man von Huonder, die
Botschaft überbringen andere. So sein
scharfzüngiger Stellvertreter Martin
Grichting und sein Sprecher Giuseppe
Gracia. Mit seinem erzkonservativen
Kurs prägt das Churer Trio das Image
der katholischen Kirche und provoziert
selbst in weit entfernten Bistümern Kirchenaustritte. Wer ist der Mann, der
dies als Nummer 1 zu verantworten hat?
Vitus Huonder stammt aus Graubünden. 1971 wurde er zum Priester geweiht und arbeitete von 1976 bis 1988 in
verschiedenen Gemeinden als Seelsorger. 1990 ernannte ihn der umstrittene
Churer Bischof Wolfgang Haas zum
Generalvikar für Graubünden, Glarus
und Liechtenstein, in Freiburg und Chur
unterrichtete er Liturgiewissenschaft.
2007 wählte ihn das Churer Domkapitel
zum Bischof. Sein Wahlspruch «Instaurare omnia in Christo» («Alles in Christus erneuern») stand nicht etwa für
einen Reformkurs, im Gegenteil. Wie
Papst Pius X. (1903 bis 1914), der sich
dasselbe Motto auf die Fahnen geschrieben hatte, strebt Huonder eine konservative Wende an und verdammt die Einflüsse der Moderne. Damit vertritt er
ähnliche Haltungen wie die reaktionäre
Piusbruderschaft, für deren Rehabilitierung durch Papst Benedikt XVI. er sich
einsetzte.
Gegen den «Genderismus»
Dass sich der Fall Bürglen an der Frage
des kirchlichen Umgangs mit Homosexuellen entzündet hat, ist kein Zufall.
In einem Hirtenbrief vom Dezember
2013 schoss sich Huonder auf den
«Genderismus» ein. Die Homosexualität bezeichnete der Bischof als «psychische und physische Störung der Geschlechtsidentität». Selbst die katholisch-konservative Kleinpartei KVP
schrieb danach, Huonder schüre Hass.
Zu Bürglen schweigt der 72-Jährige
in der Öffentlichkeit nun beharrlich und
lehnte deshalb auch ein Gespräch ab.
Via Sprachrohr Gracia lässt er bescheiden, in den Medien bestehe eine Ten-
Ein ängstlicher Monarch
Der Churer Bischof Vitus Huonder hält an der reinen Lehre fest.
denz zur Personalisierung. Diesen
Trend wolle der Bischof nicht durch
einen Auftritt verstärken. Denn es gehe
nicht um seine Person, sondern um die
Sache. Ein Kenner der katholischen
Kirche sieht in dieser Haltung einen
eklatanten Widerspruch, wie er hinter
vorgehaltener Hand sagt: «Huonder
sieht sich selber als Verkörperung des
Bistums. Deshalb muss er nun auch im
Fall Bürglen hinstehen und sich erklären.» Markus Heil, Präsident der Huonder-kritischen Pfarrei-Initiative, hält das
«Spielchen» von Huonder hingegen für
ARNO BALZARINI / KEYSTONE
System: Zuerst polarisiere er mit scharfen Attacken, dann ziehe er sich als Person sogleich hinter das Dogma zurück
und versuche, zu entpersonalisieren.
«So verweigert er sich der Diskussion.»
Huonder mag keine Grautöne. Wer
nicht für ihn ist, ist gegen ihn. Und dass
er dabei im Recht ist, bezweifelt er
nicht. «Ich spüre das Bedürfnis vieler
Menschen nach jemandem, der Wahres
sagt», erklärte er in einem Interview
und sprach dabei von sich selber. Die
Lehre der Kirche ist seine Richtschnur,
er sieht in ihr etwas Absolutes und Un-
Huonder gebärde sich als absolutistischer Monarch, ganz nach dem Motto
«L’eglise,
´
c’est moi», schreibt das «Zürcher Pfarrblatt». Viele Gegner nehmen
den Bischof jedoch nicht als selbstbewussten Sonnenkönig wahr, sondern
als zutiefst ängstliche Person. Das sei
auch der Grund, wieso sich Huonder
nicht gerne in der Öffentlichkeit exponiere, sagt ein Geistlicher aus dem Bistum Chur. «Er krallt sich fest an Dogmen. Für ihn ist die Kirche eine heile
Welt, in der alle süsslich dreinblicken
und immer mit dem Kopf nicken. Dass
es so etwas wie Homosexualität und
Scheidungen überhaupt gibt, ist für ihn
unglaublich bedrohlich.» In Huonders
Vorliebe für die lateinische Messe, die
nach klaren Regeln abzulaufen hat, erkennt ein anderer Kritiker das Bedürfnis, sich an etwas festhalten zu können.
Der konservative Churer Weihbischof Marian Eleganti hält nichts von
solchen «Psychologisierungen». «Es ist
immer einfach, jemandem Ängstlichkeit vorzuwerfen, wenn man sich nicht
mit seinen Argumenten auseinandersetzen will.» Weil Huonder pointiert
formuliere und seine Botschaft nicht in
Watte verpacke, komme der Bischof
manchmal hart rüber, sagt Eleganti.
«Wenn es um kirchliche Wahrheiten
geht, kann man nicht immer auf die
Emotionen einzelner Menschen Rücksicht nehmen, sondern muss auch einmal Leitplanken setzen.»
Huonders Medienscheu erklärt Eleganti damit, dass der Bischof kein
«Kommunikationsgenie» sei. «Spontane Äusserungen liegen ihm nicht, er
brütet lieber lange im stillen Kämmerlein über einem Problem und macht dabei eine differenzierte Auslegeordnung.» Ein Huonder-Kritiker meint, mit
Haas habe man wenigstens ein Bier trinken und es dabei lustig haben können.
«Das geht mit Huonder nicht.» Die
Eine Testwahl für die CVP
Die Nationalratswahlen werfen ihre Schatten auf die kantonale Ausmarchung im Kanton Luzern
Die einst allmächtige CVP hat
im Kanton Luzern sukzessive an
Einfluss verloren. Bei den
Kantonsratswahlen vom 29. März
wird dieser Abwärtstrend nur
schwer zu stoppen sein.
Erich Aschwanden, Luzern
Wie wichtig das Abschneiden in ihren
Hochburgen für die Parteien ist, musste
die BDP vor Jahresfrist schmerzlich erfahren. Elf Sitze verlor die BDP bei den
Wahlen in den Berner Grossen Rat, was
einige schon veranlasste, vorzeitig das
Totenglöcklein für die SVP-Abspaltung
zu läuten. So essenziell sind die Luzerner Kantonsratswahlen am 29. März für
die CVP nicht. Doch die Nationalratswahlen rücken näher, und Luzern ist der
drittletzte Kanton, in dem ein Stimmungstest stattfindet, auf den die ganze
Schweiz schaut.
Mahnendes Debakel
Im 120-köpfigen Kantonsparlament
stellt die CVP gegenwärtig 39 Mitglieder und liegt damit immer noch klar vor
der SVP mit ihren 27 Parlamentarierinnen und Parlamentariern. Doch die Zeiten, in welchen «die Roten», wie sie im
Kanton Luzern genannt werden, in Parlament und Regierung mit absoluter
Mehrheit das Sagen hatten, sind schon
ein paar Jährchen vorbei. In einigen
ehemaligen Stammlanden hat die SVP
der ehemals fast alles dominierenden
Kraft bereits den Rang abgelaufen. Es
ist davon auszugehen, dass der Aufschwung der Volkspartei, wenn auch
verlangsamt, weitergehen wird.
Im Wahlkampf ist deutlich zu spüren,
dass sich die CVP der Wichtigkeit dieses
Stimmungstests bewusst ist. Ein Debakel wie vor vier Jahren, als man sieben
Prozent Wählerstimmen und neun Sitze
im Kantonsrat verlor, will die Parteileitung unter allen Umständen vermeiden. Davon profitieren konnten die
Grünliberalen, die SVP und die SP.
Nicht nur auf den zahllosen Wahlplakaten sind die hundert kandidierenden
Parteiexponenten allgegenwärtig, sondern auf den sozialen Netzwerken ist
die CVP stark präsent. Auch Bundesrätin Doris Leuthard, die als Freiämterin eine halbe Luzernerin ist, darf als
Wahlkämpferin natürlich nicht fehlen.
Dieses Engagement ist auch dringend nötig, denn die CVP-Fraktion hat
am meisten Abgänge zu verzeichnen
und muss neue Leute in den Kantonsrat
bringen. Mag Parteipräsident Pirmin
Jung auch anfügen, dies sei eine völlig
normale Quote und bei den anderen
Parteien gebe es zu viele Sesselkleber –
Newcomer haben es immer schwerer.
Inexistente BDP
Auch die FDP ist in der Defensive und
bringt es noch auf 23 Sitze, die nicht einfach zu verteidigen sein werden. Seit
Jahrzehnten legen SP und Grüne in
Luzern stetig zu. Dies könnte sich fortsetzen. Die Linke konnte sich in der
letzten Legislatur im Kampf gegen die
Tiefsteuerstrategie profilieren und wird
wohl einige enttäuschte Opfer von
Sparmassnahmen abholen können. Anders als im Kanton Bern wird es für die
BDP sicher keine Testwahl werden. Ihre
Kandidaten hielten es nicht einmal für
nötig, an den obligaten Umfragen der
lokalen Medien teilzunehmen.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen zählt auch Eleganti nicht zu den
Stärken des Bischofs. Huonder sei jedoch ein guter Zuhörer. Das wiederum
heisst nicht, dass er Argumente seiner
Gegenspieler übernimmt. «Huonder laviert nicht, er bleibt seinen Überzeugungen treu», sagt Eleganti.
Damit tun sich seine Gegner schwer.
Als Bischof müsste Huonder ein Pontifex sein, ein Brückenbauer. Stattdessen
breche er Brücken ab, wirft ihm Markus
Heil vor – auch mit Blick auf den Fall
Bürglen, in dem Huonder die Konfrontation dem Kompromiss vorzog. Gar als
«Spaltpilz» bezeichnet der Abt des
Klosters Mariastein, Peter von Sury, den
Bischof. Diese Vorwürfe bestreitet
Weihbischof Eleganti. In einer ehrlichen Auseinandersetzung gebe es stets
Polarisierungen, das sei nichts Negatives. «Auch Jesus hat polarisiert, man
nagelte ihn dafür ans Kreuz.» Als Leiter
des Priesterseminars in Chur geriet Eleganti selber in einen Streit mit Huonder.
Dieser sei dabei aber nie verletzend gewesen; und auch als nachtragend nimmt
er ihn nicht wahr. Das sehen liberale
Geistliche, die den Zorn Huonders auf
sich gezogen haben, ganz anders – weshalb auch manch einer seinen Namen
nicht in der Zeitung lesen will.
Die Zeit läuft ihm davon
In der Bischofskonferenz kann Huonder derzeit schalten und walten, wie es
ihm beliebt. Die gemässigten Bischöfe
wie Felix Gmür geraten mit ihrer vorsichtigen Konsenssuche unter die konservative Churer Dampfwalze. Markus
Heil glaubt deshalb, dass die katholische Kirche als Ganzes «extremen Schaden» nimmt durch die Querelen.
Huonder ficht das alles nicht an. Den
Exodus der halbherzigen Katholiken
nimmt er in Kauf, träumt er doch zusammen mit Generalvikar Grichting
von einer homogenen «Entscheidungskirche», in der nur noch Gläubige verbleiben, die ihr Weltbild teilen. Viel Zeit
bleibt Huonder jedoch nicht mehr. Im
April 2017 wird er 75 und muss dann gemäss Kirchenrecht dem Papst seinen
Rücktritt einreichen. Dieser kann das
Gesuch zwar ablehnen – doch die
Huonder-Kritiker sind überzeugt, dass
dies nicht passieren wird. «Huonder hat
das Bistum gegen die Wand gefahren,
das sieht der Grossteil der Priester so –
und auch der Vatikan weiss das», sagt
ein Kleriker. Nicht ausgeschlossen ist jedoch, dass Martin Grichting nachrückt.
Der Zürcher, der zuletzt seine Schlagfertigkeit in der Sendung «Giacobbo/
Müller» zeigte, würde für dogmatische
Konstanz sorgen. Eines wäre er aber gewiss nicht: ein unsichtbarer Hirte.
Die Polizeikorps
bauen aus
Landesweit 400 zusätzliche Stellen
(sda) V Die Schweizer Polizeikorps
haben 2014 aufgestockt: Die Zahl der
Polizeistellen stieg landesweit um rund
400 auf über 17 700, was einer Zunahme
von über zwei Prozent entspricht. Das
geht aus den Zahlen der Konferenz der
Polizeikommandanten (KKPKS) hervor, über die die «Schweiz am Sonntag»
und die «Sonntags-Zeitung» berichteten. In den vier Jahren zuvor waren bereits insgesamt 570 neue Polizeistellen
geschaffen worden. Gemäss der auf der
Website der KKPKS veröffentlichten
Statistik stiegen die Bestände von Kantons- und Gemeindepolizeien in fast
allen Kantonen an. Der Verband
Schweizerischer Polizeibeamter verlangt seit längerem eine Aufstockung
der Polizeikorps. Vergangenen Sommer
erklärte er, es fehlten mindestens 7000
Polizisten und Polizistinnen.
Neuö Zürcör Zäitung
NZZ vom
18.3.2015,
Seite und
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Eine Sammlung
poetischer
Ein Georgier
die Sache
Kassiber von Villon bis Pound mit der Völkerfreundschaft
FORSCHUNG UND TECHNIK
Der Autor Najem Wali
über den Kulturkrieg des IS
Feuilleton, Seite 42
Feuilleton, Seite 43
Seite 50
SEKTIERERISCHER UNGEIST
DICHTER HINTER GITTERN
VACHTANG KIKABIDZE
Feuilleton, Seite 45
Marc Donath und das
Geheimnis der Beta-Zellen
«Ich liebe Jesus für seine Anarchie»
Amoz Oz über seinen Roman «Judas» und das Tschernobyl des Antisemitismus
Er ist politischer Kommentator, Friedensaktivist und der berühmteste lebende
Autor Israels. Für den 1939 in Jerusalem
geborenen Amos Oz ist der Schriftsteller
nicht nur ein Geschichtenerzähler, sondern auch Rauchmelder der Sprache.
Carmen Eller hat ihn in Berlin interviewt.
Ich spreche nicht einmal Arabisch. Wie könnte ich
also eine palästinensische Figur aus der Innensicht
beschreiben? Schriftsteller sollten über das schreiben, was sie am besten kennen. Wenn der grosse
Dostojewski über Juden schreibt, tut er dies auf
sehr negative, stereotype Weise. Manchmal kommen junge Autoren nach Lesungen zu mir und fragen nach Tipps. Dann rate ich ihnen: Schreib nur
über das, womit du dich auskennst.
Ihr neuer Roman «Judas» bietet eine spannende
Umdeutung der Geschichte aus dem Neuen
Testament. Wie entwickelte sich Ihr Interesse an dieser Figur?
Das Neue Testament wird an jüdischen Schulen
nicht unterrichtet. Aber als ich etwa 16 Jahre alt
war und im Kibbuz lebte, wurde mir bewusst, dass
ich die klassische Kunst, die europäische Musik
und Literatur ohne das Neue Testament nicht verstehen würde. Ich las es also in einem Hinterzim-
Sie selbst haben schon mit fünf Jahren auf eine Karteikarte Ihres Vaters geschrieben: «Amos Klausner,
Schriftsteller». Wie kam das?
Als kleiner Bub war ich in keiner Hinsicht besonders beeindruckend. Ich war nicht gut im Sport, ich
war nicht gut in der Schule, ich war nicht gross, ich
war nicht besonders attraktiv. Meine einzige Möglichkeit, den Mädchen zu imponieren, bestand darin, Geschichten zu erfinden. Das ist der umgekehrte Mythos von Tausendundeiner Nacht. Statt
der schönen Frau, die jede Nacht eine Geschichte
erzählt, um zu überleben, erfand ich Geschichten,
um die Mädchen zu beeindrucken. Vielleicht tue
ich das bis heute.
«Die jüdische Zivilisation ist – in
guten Zeiten – ein grosses OpenAir-Seminar. Ein endloses Spiel
mit Interpretationen. In schlechten
Zeiten wird es dogmatisch.»
Schriftsteller, so sagten Sie 1992 bei der Entgegennahme des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, hätten die Fähigkeit, «als Rauchmelder,
vielleicht sogar als Feuerwehr der Sprache zu dienen».
Ich habe das vor mehr als 20 Jahren gesagt und bin
heute noch mit mir einer Meinung. Das passiert
mir nicht immer. Jede Katastrophe der Entmenschlichung in der Geschichte beginnt mit der Entmenschlichung der Sprache. Wenn Menschen als
«unerwünschte Elemente» oder «Parasiten» bezeichnet werden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis
man sie wie Parasiten behandelt. Ich gebe Ihnen
ein Beispiel aus der Geschichte Israels: Nach dem
grossen militärischen Sieg der Israeli im Sechstagekrieg 1967, als Israel das Westjordanland besetzte,
waren viele Israeli so euphorisch, dass sie überall
über die «befreiten Gebiete» sprachen. Damals
schrieb ich in einem äusserst umstrittenen Artikel,
dass Territorien nicht befreit werden können. Befreien kann man nur Menschen.
mer des Kibbuz. Jesus mochte ich sofort. Doch was
die Geschichte des Judas angeht, hatte ich einige
Fragen. Keine theologischen oder ideologischen,
sondern eher detektivische Fragen.
Welche waren das?
Fragen zum berühmtesten Kuss der Geschichte, zu
den 30 Silberstücken, zum Verrat. Ich fand heraus:
30 Silberstücke waren damals nicht besonders viel
Geld. Heute entspräche die Summe etwa 600 Euro.
Warum sollte ein Jünger wie Judas seinen Lehrmeister und Gott für 30 Silberstücke verkaufen?
Und selbst wenn, warum sollte er sich danach erhängen? Und ich hatte noch eine Frage: Warum
sollte jemand auch nur einen Cent dafür bezahlen,
dass ein Mensch durch einen Kuss verraten wird,
den ganz Jerusalem kannte?
Schmuel Asch, der schüchterne Studienabbrecher
aus Ihrem Roman, hat seine eigene Interpretation
der Geschichte. Demnach war Judas der treuste
Jünger Jesu.
Nach Schmuels Version glaubte Judas mehr an
Jesus als Jesus an sich selbst. Jesus hatte Zweifel
und Angst vor dem Tod. Judas überzeugte Jesus
davon, dass er vom Kreuz steigen könnte. Als es
ihm nicht gelang, sagte Jesus die berühmtesten
Worte der Geschichte: «Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen?» Als Schmuel Asch
schrieb, Judas sei der erste, der letzte, der einzige
Christ gewesen, fiel ich fast von meinem Stuhl.
In Ihrem Buch gibt es ein ganzes Kapitel über die
Kreuzigung aus der Sicht von Judas, der in der Bibel
ja eher eine Randfigur ist.
Aber die Geschichte ist das Tschernobyl des europäischen Antisemitismus. Sie kontaminierte ganz
Europa und auch andere Teile der Welt. Man
hasste die Juden für Gier und Gottesmord. Wenn
ich mir Werke der grössten Künstler der Renaissance über das letzte Abendmahl ansehe, dann
sitzt da Jesus neben arisch anmutenden Jüngern
mit blonden Haaren und blauen Augen. Und in der
Ecke kauert dieses semitische Insekt mit hässlichen Ohren, grosser Nase und abstossendem
Grinsen. Judas. 400 Jahre vor den Karikaturen der
Nazis. In der deutschen Sprache ist es für ein Kind,
das die Judas-Geschichte zum ersten Mal hört,
nicht leicht, zu unterscheiden zwischen «Jude» und
«Judas». Das hört sich fast gleich an. Ich fühlte den
Drang, diese Geschichte aufzuheben, vielleicht sogar sie zu zerstören.
In dem Buch «Juden und Worte», das Sie gemeinsam mit Ihrer Tochter Fania Oz-Salzberger geschrieben haben, heisst es: «In der jüdischen Tradition ist jeder Leser ein Korrektor, [. . .] und jeder
Autor – auch der Schöpfer des Universums – stellt
eine Menge Fragen.» Fehlen dem Christentum
lebendige Debatten?
Ich bin kein Experte für das Christentum oder
christliche Theologie. Es stimmt, dass die gesamte
jüdische Zivilisation – in guten Zeiten – ein grosses
Open-Air-Seminar ist. Ein endloses Spiel mit
Achtsamkeit für die Sprache ist Achtsamkeit für den Menschen: der Autor Amos Oz.
Interpretationen. In schlechten Zeiten wird es dogmatisch. Aber es gibt ein anarchistisches Gen in
der jüdischen Zivilisation. In diesem Sinne war
Jesus ein fabelhafter Jude. Ein grosser Debattierer,
der die Dinge auf den Kopf stellte. Ich liebe Jesus
für seine heimliche Anarchie.
Welche Rolle spielt Religion für Sie persönlich?
Ich bin ein säkularer Mensch. Wahrscheinlich deshalb, weil ich auch ein Skeptiker bin. Ich halte mich
an den Humanismus. Wir Menschen sollten einander keinen Schmerz zufügen, denn es gibt schon
genug Schmerz in der Welt. Das ist, wenn Sie so
wollen, meine Religion in einem Satz. Ich habe
kein Problem mit Religionen, sondern mit jeder
Art von Fanatismus. Ich kenne Pazifisten in Israel,
meine Kollegen in der Friedensbewegung, die beinahe bereit sind, mir in den Kopf zu schiessen, weil
ich eine etwas andere Vorstellung davon habe, wie
man mit den Palästinensern Frieden schliesst.
Wegen Ihrer politischen Ansichten sind Sie selbst
immer wieder als «Verräter» bezeichnet worden.
Hat Sie das gebremst oder eher noch angestachelt?
Wahrscheinlich beides. Manche meiner Landsleute
in Israel haben mich viele Male als Verräter bezeichnet. Das tut weh. Und ich weiss: Wenn diese
Leute mich einen Verräter nennen, muss ich sie
verletzt haben. Zugleich sage ich mir aber, dass ich
in sehr guter Gesellschaft bin. Einige der grössten
Denker, Politiker und Schriftsteller der Geschichte
sind als Verräter beschimpft worden.
Womit ecken Sie vor allem an?
Viele israelische Juden haben – verständliche –
Schwierigkeiten damit, dass unser einziges Heimatland nicht nur uns gehört. Da gibt es auch die
Palästinenser, die Anspruch auf das gleiche Land
ALBERTO CRISTOFARI / A3 / DUKAS
haben. Das ist schwierig. Es ist so, als ob man seinen Ehepartner mit einem Fremden teilen sollte,
mit einem Feind. Ich habe zu meinen israelischen
Landsleuten gesagt: Wir haben keine Alternative
dazu, mit den Palästinensern zu koexistieren. Sie
werden nicht weggehen. Wir werden nicht weggehen. Wir müssen verstehen, dass wir in diesem
Land nicht alleine sind. Die Palästinenser müssen
dies ebenfalls verstehen, und es ist auch für sie
schwierig und schmerzlich. Für viele Israeli ist
diese Haltung eine grosse Provokation.
Sie setzen sich seit langem für eine Zweistaatenlösung ein und haben mehrfach betont, der Konflikt
zwischen Israeli und Palästinensern beruhe auf keinem Missverständnis, sei weder kultureller noch
religiöser Natur.
Es gibt auf beiden Seiten Fanatiker, die daran
arbeiten, daraus einen religiösen Konflikt zu
machen. Es geht hier aber nicht um Religion.
Weder wollen die Juden, dass die Muslime zum
Judentum konvertieren, noch umgekehrt. Es geht
um ein Land. Ein geliebtes Land, das die Juden für
sich beanspruchen – zu Recht – und auch die palästinensischen Araber. Ebenfalls zu Recht.
In einem Ihrer Essays schreiben Sie über Ihr Unbehagen an dem Wort Shoah.
Viele Jahre lang hatte ich Probleme mit dem Wort
Holocaust, und mir war unwohl angesichts des
hebräischen Worts Shoah. Ein Tsunami ist ein
Holocaust, ein Erdbeben ist eine Shoah. Was in
Europa passierte, war die vorsätzliche, kaltblütige
Ermordung von Millionen unschuldiger Menschen
durch kaltblütige Mörder. Mit stillschweigender
Unterstützung von Millionen anderer Menschen.
Sie kritisieren auch die Formulierung «Verbrechen,
die im Namen des deutschen Volkes verübt wurden».
Ja, diesen Ausdruck habe ich viele Male gehört,
auch von Politikern. Es ist ja nicht so, als ob eine
Gruppe Neuseeländer sich plötzlich des Cockpits
des deutschen Volkes bemächtigt und Verbrechen
«Wenn Menschen als «unerwünschte Elemente» oder «Parasiten» bezeichnet werden, ist es nur
eine Frage der Zeit, bis man sie
wie Parasiten behandelt.»
«im Namen des deutschen Volkes» begangen
hätte. Verbrechen, von denen das deutsche Volk
nicht gewusst oder die es nicht gewollt hätte. So
war es nicht.
In Ihrem Roman «Mein Michael» phantasiert die
Hauptfigur und Erzählerin Hannah über arabische
Zwillinge. Auch dafür gab es Kritik.
Ja, ich habe scharfe Kritiken gelesen über die Stereotype in Hannahs Phantasien. Wer sexuelle Phantasien hat, die politisch korrekt sind, kann den ersten Stein auf mich werfen. Ich denke: Sexuelle und
andere Phantasien sind eher nicht politisch korrekt.
Es tut mir leid, aber ich kann das nicht ändern.
Gibt es in Israel aktuelle Beispiele für problematische Ausdrücke?
Wenn man über historische oder religiöse Rechte
auf «heilige» Orte spricht und sagt, es sei wert, für
«heilige» Orte zu kämpfen, dann schreie ich. Denn
ich glaube: Das einzig wirklich Heilige in der Welt
ist das menschliche Leben. Steine können nicht
heilig sein. Nicht für mich. Ich respektiere Menschen, die an Kathedralen glauben, an die Klagemauer, an den Stein in Mekka, aber für mich ist
dies alles nicht wert, dafür auch nur ein einziges
menschliches Leben zu opfern.
Würden Sie gerne aus der Sicht palästinensischer
Figuren schreiben?
Amos Oz: Judas. Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Suhrkamp-Verlag, Berlin 2015. 335 S., Fr. 32.90.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
tete Denkmal wurde in die Luft gesprengt und
ebenso gründlich zerstört wie dasjenige, welches an
den 1854 geborenen Sänger und Komponisten Uthman al-Musili erinnerte. Auch das Grab des Historikers Ibn al-Athir, der im 12. Jahrhundert den Sultan Saladin auf seinem Feldzug nach Syrien begleitet hatte, wurde verwüstet und geplündert. Wie bittere Ironie mutet an, dass die syrische Nusra-Front,
die seit ihrer Trennung vom IS mit dessen Greueltaten zu wetteifern scheint, ihrerseits eine Statue
von Abu Tammam in seinem syrischem Geburtsort
Jasim in die Luft jagte.
ren. Der Krieg gegen Bilder und Kunstwerke ist
aber jedenfalls keine Erfindung der islamischen
Kultur, vielmehr scheint er im Wesen der monotheistischen Religionen zu wurzeln.
Bilderstürme
schen Irrglaubens, für die kein Platz ist in einer
Weltsicht, die nichts als Krieg, Zerstörung und
faschistisches Einheitsdenken kennt.
Wenn Denkmäler von Dichtern zerstört werden, dann ist das ein deutlicher Hinweis, welchen
Weg das kulturelle Leben in Zeiten des IS gehen
wird; man darf sich sicher sein, dass Bücherverbote
und -verbrennungen, die Schliessung von Theatern
und Kinos, die Schleifung von Kirchen, die Verbannung der Frauen aus dem öffentlichen Leben, die
Wiedereinführung der Sondersteuer für Christen,
die Auslöschung anderer Religionsgemeinschaften
NZZ vom 18.3.2015, Seite 42.pdf
Es ist nicht das erste Mal, dass wir Statuen und
Denkmäler stürzen sehen: Man erinnere sich an
die Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion oder an die Szenen, die sich in Bagdad nach
dem Einmarsch der amerikanischen Armee am
das nun über unseren Nacken hängt, und der Feuerkraft hochgerüsteter westlicher Einsatzkommandos
versinken der Irak und Syrien immer tiefer im
Chaos. Und für jene, die ein Ende des Mordens und
Zerstörens mit friedlichen Mitteln bewerkstelligen
möchten, ist auf dieser Walstatt kein Platz mehr.
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Der irakische Schriftsteller Najem Wali lebt seit 1980 in Deutschland. Bei Hanser erschien 2014 sein neues Buch «Bagdad . . . Marlboro. Ein Roman für Bradley Manning», für das ihm der Bruno-KreiskyPreis zuerkannt wurde. Derzeit weilt der Autor als Stipendiat in der
Villa Streuli in Winterthur. – Aus dem Arabischen von as.
Bilderbögen ferner Lebenswelten
Bernd Fuhrmann über europäische Städte und Arnold Esch über Menschenschicksale im Mittelalter
Hans-Albrecht Koch V Das Mittelalter weckt,
offensichtlich als das «nächste fremde» Zeitalter,
unvermindert das Interesse eines grösseren Publikums. Diesen Eindruck vermitteln die zahlreichen
einschlägigen Publikationen auch renommierter
Verlage – unterstellt man einmal, dass die produ.......................................................................................................
DAS HISTORISCHE BUCH
Bernd Fuhrmann: Hinter festen Mauern. Europas Städte im
Mittelalter. Konrad Theiss, Darmstadt 2014. 288 S., Fr. 69.90.
Arnold Esch: Die Lebenswelt des europäischen Spätmittelalters. Kleine Schicksale selbst erzählt in Schreiben an den
Papst. C. H. Beck, München 2014. 544 S., Fr. 37.90.
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zierten und gekauften Bücher auch gelesen werden. Das Buch «Hinter festen Mauern» des an
der Universität Siegen lehrenden Mediävisten
Bernd Fuhrmann führt in eingängigem Text und
mit vielen Bildern vor Augen, was noch heute an
Resten der mittelalterlichen Städte Europas sichtbar ist, und bietet das zum Verständnis des Sichtbaren erforderliche Wissen. Seinen Forschungsinteressen entsprechend widmet sich Fuhrmann
besonders auch wirtschaftsgeschichtlichen Fragen,
solchen etwa zum venezianischen Seehandel, für
den die Kaufleute sich stets der auch für den
Kriegsfall einzusetzenden Galeeren der Serenissima bedienen mussten.
Fuhrmann hat seine Darstellung in Kapitel zum
Frühmittelalter, zur Epoche der Herausbildung
urbaner Zentren vom 10. bis zum 13. Jahrhundert,
zur Entfaltung städtischen Lebens im Spätmittelalter, zur kommerziellen Revolution und zur Ablösung der Geschlechterherrschaft gegliedert. Aus
der anschaulichen Schilderung einzelner Städte leitet der Verfasser immer wieder zu stringenter
Typologie über: die «Niederen Lande» stehen für
Städtenetze, Nürnberg für den Aufstieg einer
Kaufmannsstadt zur Weltgeltung, Paris für die Verbindung administrativer und politischer Zentralfunktionen, Köln für den Prozess der Ablösung der
Geschlechterherrschaft durch die Macht der Kaufleute . . . Bei den italienischen Städten betont der
Autor die sehr unterschiedlichen Ausprägungen in
der Poebene, in Venedig, in Mittelitalien und in
Apulien. In Querschnitten werden etwa die Infrastruktur, die Ernährungssituation, Hygiene und
Seuchen und das jüdische Leben behandelt. Ein
paar Sätze hätte man sich im Kontext des nordeuropäischen Städtewesens noch zu Zusammenschlüssen von Kaufleuten gewünscht, wie etwa den
Schwarzen Häuptern in Riga oder Reval mit ihren
politischen und sozialen, später kulturellen Aufga-
ben. Doch verbietet sich jede Beckmesserei bei
diesem vieles in den Blick nehmenden Buch, dem
man viele Leser wünscht.
Die sollte auch das neue Werk von Arnold Esch
finden, dem langjährigen Direktor des Deutschen
Historischen Instituts in Rom. Es handelt sich um
die Fortsetzung eines Projekts, das Esch 2012 mit
einem schmaleren Band mit «lebensnahen» Geschichten begonnen hat. Auch diesmal erzählt er
von zahlreichen Vorfällen, die Schlaglichter auf
alle möglichen Lebensbereiche werfen: etwa auf
das Zusammenleben im Wirtshaus oder im Bad;
auf das Klosterleben mit seinen Konflikten unter
den Mönchen und dem Streit mit dem Abt; auf
Rektorenwahl und universitäre Tumulte oder auf
das Huren und Saufen der Studenten; auf Dämonisierung und Liebeszauber; auf Krieg und Pest oder
auf Pilgerfahrten ins Heilige Land, nach Rom oder
Santiago de Compostela. Esch stützt sein Buch auf
die Auswertung von etwa 2400 Schriftstücken aus
dem seit kurzem zugänglichen Archiv der Apostolischen Pönitentiarie und verbindet umfängliche
Quellenzitate durch erklärende Texte.
Das Werk gibt Einblicke in das Alltagsleben der
«kleinen Leute» aus der Zeit von 1439 bis 1484, soweit es sich in einem der erhaltenen Schreiben an
das höchste Buss- und Gnadenamt der Kirche nie-
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
dergeschlagen hat. Dorthin konnten sich Kleriker
und Laien mit einer Bittschrift bei allen kirchenrechtlichen Verstössen wenden, sofern der Papst
und nicht nur der Ortsbischof zuständig war. Die
Petenten konnten auf die Lossprechung von Kirchenstrafen hoffen oder auf Dispense, mit denen
eine Vorschrift für den Einzelfall für ungültig erklärt wurde, oder auch auf Lizenzen, «mit denen
gegen geltende Restriktionen die Erlaubnis etwa
zum Handel mit Muslimen oder zum Fleischgenuss
in der Fastenzeit gewährt wurde».
Die in Übersetzungen aus den Originalen mitgeteilten Bittschriften an den für das Gnaden-und
Ablasswesen zuständigen Grosspönitentiar, der
immer ein Kardinal war, bieten auch dem historisch interessierten Laien mittelalterliches Leben
so anschaulich, wie das zuvor, freilich auf sehr viel
kleinerer Quellenbasis, nur in dem Buch «Lebensformen im Mittelalter» (1973) des Konstanzer Historikers Arno Borst der Fall gewesen ist. Da lesen
wir bei Arnold Esch etwa von Unfällen bei Knabenspielen mit Pfeil und Bogen, vom Tod durch ein
leichtsinnig herabgeworfenes Brett oder von der
«kleinen Magd Jeannette, die aus ihrem geliebten
Domherrn etwa Grosses machen will» und dafür
der Sünde der Unkeuschheit auch gleich noch die
des Diebstahls hinzufügt.
FORSCHUNG UND TECHNIK
52
Mittwoch, 18. März 2015 V Nr. 64
NZZ vom 18.3.2015, Seite 52.pdf
Neuö Zürcör Zäitung
Forscher und ihre Forschung:
der Mediziner Marc Donath Seite 50
Unter Enceladus’ Eiskruste
sprudeln heisse Quellen Seite 50
Die Quecksilberbelastung
arktischer Vögel steigt Seite 51
Startklar für die zweite Strahlzeit:
der Large Hadron Collider Seite 51
Forscher aus den Reihen der Kirche
Einige bedeutende Wissenschafter waren geistliche Würdenträger und erhielten in ihrer Forschungstätigkeit viel Unterstützung
Die katholische Kirche gilt gemeinhin eher als wissenschaftsfeindlich. Doch waren die Jesuiten eigentlich der Wissenschaft
zugeneigt. Aufpassen mussten
sie allerdings, wenn ihre Erkenntnisse die Grundlehren
der Kirche infrage stellten.
Ronald D. Gerste
Im Jahr 1633 stand einer der berühmtesten Wissenschafter der europäischen
Geschichte vor den Schranken der
Inquisition. Galileo Galilei hatte sich in
seinem bedeutenden Werk zugunsten
der heliozentrischen Auffassung vom
Universum ausgesprochen, nach der die
Sonne im Zentrum steht und von den
Planeten umkreist wird. Die Kirche beharrte indes auf dem mehr als 1500
Jahre alten ptolemäischen Weltbild, mit
der Erde im Zentrum, die von Sonne,
Mond und Planeten umkreist wird. Dies
ist 382 Jahre her, doch das Bild einer
wissenschaftsfeindlichen katholischen
Kirche hat sich bis heute gehalten.
Galilei musste abschwören, damit
ihm der Tod auf dem Scheiterhaufen erspart blieb. Er wurde zu lebenslanger
Kerkerhaft verurteilt, die in Hausarrest
abgemildert wurde. Erst im Jahr 1992
wurde Galilei von der Kirche rehabilitiert. Mit dieser unrühmlichen Unterwerfung des Wissenschafters und dem
jahrhundertelangen starren Festhalten
an dem astronomischen Verdikt beschnitt sich die katholische Kirche in
ihrer eigenen naturwissenschaftlichen
Forschungskompetenz und geriet in den
bis heute fortdauernden Geruch der
Wissenschaftsfeindlichkeit, so urteilt
Alexander Brüggemann von der Katholischen Nachrichten-Agentur in Bonn.
Forschungsfreudige Jesuiten
Der unerschrockene Galilei, der den
religiösen Fundamentalisten die Stirn
bietet, ist dagegen zur Ikone von Aufklärung und Säkularisierung geworden.
Dass aber das Bild einer Kirche, die jedwede neue wissenschaftliche Erkenntnis
ablehnt, nicht den historischen Tatsachen entspricht, zeigt unter anderem
das Beispiel des Paters Gregor Mendel.
In seinem Kloster in Brünn führte er von
der Kirche gefördert experimentelle
Versuche durch, die es ihm vor 150 Jahren ermöglichten, die moderne Vererbungslehre zu begründen.
In jener Epoche der frühen Neuzeit
war der 1534 gegründete Jesuitenorden
geradezu die Speerspitze katholischer
Wissenschaft. Die Jesuiten sahen neben
der Theologie auch Mathematik, Physik, Astronomie und andere Fächer als
Grundlage eines gottgefälligen Lebens
und für eine erfolgreiche Missionierungsarbeit – in Europa, um Ketzer wie
etwa Protestanten wieder zurück in die
Arme der Mutter Kirche zu führen, und
in Übersee oder in Asien, um die eingeborenen Heiden der Neuen Welt zu
Jesus Christus zu bekehren. Wissenschaft betreiben bedeutete für die
Jesuiten, Gott in allen Dingen zu finden. Sie wollten Wissen erwerben und
verbreiten. Zu den von ihnen gegründeten Universitäten gehört auch
eine der renommiertesten Hochschulen
der USA, die Georgetown University
in Washington D. C. Dabei war vielen
Forschern ein breiter Freiraum gegeben – solange sie nicht zu Erkenntnissen beitrugen, die am Selbstverständnis und an den Grundlehren der
Kirche kratzten.
Zu den Stars jesuitischer Wissenschaft gehörte Christoph Scheiner. Hätte es im 17. Jahrhundert bereits einen
Nobelpreis gegeben, wäre er ein valabler Kandidat dafür gewesen – in Medizin und Physik. Seine Erkenntnisse zur
Physiologie des Sehens erfolgten fast
Der Jesuit und Forscher Pierre Teilhard de Chardin (rechts) während einer China-Expedition um 1931/32.
zeitgleich mit jenen Johannes Keplers,
der sich primär mit der Astronomie beschäftigte. Scheiners Werk «Oculus» aus
dem Jahr 1620 ergänzte und baute auf
Keplers «Dioptrice» von 1611 auf.
Scheiner beobachtete die lichtbrechenden Eigenschaften der Linse und
des Glaskörpers (der an ein Gelee erinnernden Füllung des Auges) und räumte wie Kepler mit der antiken Vorstellung auf, dass es die Linse sei, in der das
Sehen geschieht. Diese Rolle schrieb er
der Netzhaut zu und erkannte, dass der
aus dem Augapfel austretende Sehnerv
eine Verbindung der Netzhaut zum Gehirn darstellen muss. Mehr noch: Scheiner beobachtete, dass bei der Akkommodation, dem Fokussieren auf Gegenstände in der Nähe, nicht nur die Linse
ihre Krümmung ändert, sondern sich
auch die Pupille verengt. Scheiner gilt
als einer der Pioniere der Augenmedizin. Seine Leistungen werden bis heute
mit mehreren nach ihm benannten
Fachtermini gewürdigt.
Über die Grenze der Toleranz
Ab 1610 lehrte der Jesuitenpater Scheiner an der Universität Ingolstadt Mathematik, was auch die Himmelskunde
mit einschloss. Ab 1617 am Hofe des
Erzherzogs Maximilian III. in Innsbruck wirkte er in der Astronomie. Das
von Kepler beschriebene Linsenfernrohr baute er nach und ergänzte es zur
Freude des Erzherzogs, den das auf dem
Kopf stehende Bild bei Erdbeobachtungen ärgerte, um eine weitere Linse, die
das Bild aufrichtete.
Scheiners Beobachtungen der Planetenbewegungen wiesen ihn auf die
Richtigkeit des kopernikanischen, heliozentrischen Weltbildes hin, bei dem
die Sonne und nicht die Erde im Zentrum steht. Auch jener Nikolaus Kopernikus war übrigens ein Kleriker ge-
wesen: Domherr in Frauenburg, der es
beinahe gar zum Bischof gebracht hätte.
Eine Entdeckung Scheiners zeigte
ihm allerdings, dass die Toleranz seiner
Mutter Kirche Grenzen hatte. Bei seinen Sonnenbeobachtungen bemerkte
er die Sonnenflecken, kurz nachdem –
und wahrscheinlich in Unkenntnis davon – Galilei diese bereits entdeckt
hatte. Die beiden gerieten darüber in
einen Plagiatsstreit. Scheiner hielt die
Sonnenflecken für die Abbildungen
von Monden, Galilei eher von Wolken
auf der Sonne. Allerdings gab die Kirche Scheiner unmittelbar zu verstehen,
dass er solche Beobachtungen besser
für sich behalte; die Sonne sei gemäss
biblischer Lehre rein und könne keine
Flecken haben.
«Der Mann, der alles wusste»
In die gleiche Epoche fällt auch das Wirken des Athanasius Kircher, eines Universalgelehrten, den seine moderne
amerikanische Biografin nur leicht übertreibend «den letzten Mann, der alles
wusste», nannte. Um 1601 in Fulda geboren, widmete er sich am Jesuitenkolleg in Rom, wo er eigentlich Missionare
für das ferne China ausbilden sollte,
einem wahren Studium generale und
verfasste 1667 ein (gemessen am Standard der Zeit) grundlegendes Werk über
das Reich der Mitte und seine Sprache.
Er leistete auch eine Pionierarbeit zur
Entzifferung ägyptischer Hieroglyphen.
Ausserdem wurde Kircher für die
moderne Vulkanologie zu einem Gründervater, der es nicht beim Literaturstudium beliess, sondern mutige Forschungsexpeditionen anberaumte: Er
liess sich 1638 in den damals erneut aktiven Vesuv abseilen, um das Phänomen
des Vulkanismus aus nächster Nähe zu
erforschen. Damit eiferte er dem frühesten Vertreter dieser Geowissenschaft
nach: Plinius dem Älteren, der seine
Freude am Observieren des epochalen
Ausbruchs vom August 79 n. Chr. allerdings mit dem Leben bezahlt hatte.
Bei reinen Beobachtungen wollte es
Kircher nicht bewenden lassen, ihn interessierte vor allem auch die praktische
Anwendung der Forschung. Deshalb erforschte er die Grundlagen von Akustik
und Optik und versuchte für Hörbehinderte eine Gebärdensprache zu etablieren. Der hochgelehrte Kircher starb 1680
und fand in einer Jesuitenkirche am
Rande Roms seine letzte Ruhestätte.
Mit Misstrauen betrachtete die Kirche dagegen das Wirken eines ihrer profiliertesten Forschers im 20. Jahrhundert. Pierre Teilhard de Chardin entstammte einer französischen Adelsfamilie und trat als junger Mann in den
Jesuitenorden ein. Einen Namen machte er sich vor allem als Anthropologe.
Fast zwanzig Jahre lang war er in China
an Ausgrabungen und Forschungen beteiligt. Die Entdeckung des sogenannten Peking-Menschen, der vor zirka
700 000 Jahren gelebt haben dürfte, war
ein Höhepunkt seines Wirkens. Der
Kirche missfiel vor allem, dass sich Teilhard de Chardin in mehreren Büchern
für die naturwissenschaftlichen Thesen
über die Entstehung des Universums
und die Evolution des Menschen einsetzte. Die Kirche drohte damit, seine
Bücher auf den Index zu setzen. Diese
durften dann erst nach seinem Tod im
Jahr 1955 veröffentlicht werden. Einige
wurden zu Bestsellern.
Ungeachtet dieser unrühmlichen
Haltung der Kirche, wird im Namen des
Vatikans auch moderne Wissenschaft
betrieben. In deren Zentrum steht der
Wirkungsort des Herrn, der Himmel.
Im amerikanischen Gliedstaat Arizona,
auf einem den Ureinwohnern heiligen
Berg, steht ein hochmodernes InfrarotTeleskop zur Erforschung ferner Wel-
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
AKG
ten. Auf einer Plakette steht in Latein,
Englisch und der Sprache der Apachen
zu lesen: «Wer auch immer hier am Tag
und in der Nacht die äussersten Grenzen des Weltraums erforscht, möge er es
freudig nutzen mit der Hilfe von Gott.»
Das Observatorium im Südwesten
der USA ist Teil der Vatikanischen
Sternwarte, die mit einer Tradition von
rund 400 Jahren eine der ältesten astronomischen Forschungsstätten ist, an der
vor allem der Erdtrabant, auf dem nicht
weniger als 35 Krater nach Jesuiten benannt sind, und die Planeten beobachtet wurden.
Forschungsstätte Vatikan
Mit der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften hält sich der Vatikan ausserdem eines der angesehensten Expertengremien der Welt. Die vor mehr als
400 Jahren gegründete Pontificia Academia Scientiarum soll den Papst über
Fortschritte auf dem Gebiet der Naturwissenschaften unterrichten. Der Akademie gehören 80 Mitglieder aus unterschiedlichen Disziplinen an. Bei der Berufung spielt die Konfession offenbar
keine Rolle. Zu den prominentesten
derzeitigen Mitgliedern gehört der
atheistische englische Physiker Stephen
Hawking.
Auch Frauen sind in der Akademie
vertreten, zum Beispiel die amerikanische Astrophysikerin Vera Rubin, die
sich mit Untersuchungen zur dunklen
Materie in Galaxien einen Namen gemacht hat. Präsident der Akademie ist
seit fünf Jahren ein Schweizer, der emeritierte Basler Professor für Molekulare
Mikrobiologie, Werner Arber. Für seine
Entdeckung der Restriktionsenzyme
wurde er 1978 mit dem Nobelpreis für
Medizin ausgezeichnet. Als praktizierender Protestant ist Arber der erste
Nichtkatholik im Präsidentenamt.
Donnerstag, 19. März 2015 V Nr. 65
SCHWEIZ 15
Neuö Zürcör Zäitung
NZZ vom 19.3.2015,
Seite 15.pdf
FLUCHTWEGE
«Auf den Ämtern herrscht ein Geist der Abwehr vor»
Der Ausländeranwalt Marc Spescha plädiert für ein grundsätzliches Wohlwollen gegenüber Migranten
gen «interessante Menschen» kennen:
Für einen von ihnen hat er später die
Vormundschaft übernommen.
Da die Chancen für eine wissenschaftliche Karriere begrenzt waren, tat
Spescha den Schritt in die Praxis. Nach
einem Auditoriat am Bezirksgericht Uster wurde er 1989 im Advokaturbüro an
der Langstrasse 4, mitten im multikulturellen Zürich, als Substitut angestellt. In
dieser von linken Anwälten geführten
Kanzlei arbeitete auch der nachmalige
SP-Bundesrat Moritz Leuenberger. Die
Adresse war in den einschlägigen Kreisen bekannt. Der inoffizielle Werbespruch lautete: «Häsch Lämpe mit de
Schmier, gasch a d’Langstrass vier.»
Dass Marc Spescha zum
Experten für Migrationsrecht
geworden ist, war eher Zufall.
Dass er als Ausländeranwalt
arbeitet, hat hingegen viel
mit seiner Herkunft zu tun.
Markus Hofmann
Wer sich in der Schweiz mit Migration
beschäftigt, stösst sehr bald auf einen
Bündner Namen: Spescha. Seit einem
Vierteljahrhundert beschäftigt sich
Marc Spescha mit dem Ausländerrecht.
Er gehörte zu den ersten, die sich dieses
Rechtsgebiets vertieft annahmen. Heute ergeht kaum mehr ein ausländerrechtliches Urteil, ohne dass nicht eine
seiner Schriften Erwähnung findet, darunter insbesondere der Kommentar
zum Migrationsrecht, den er mit anderen Juristen herausgibt. Doch Spescha
wird an den Gerichten nicht nur zitiert,
er tritt auch vor ihren Schranken auf.
Als Rechtsanwalt vertritt er die Interessen von Menschen, die Probleme mit
der Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung haben, von Migranten, die
Angehörige in die Schweiz nachziehen
lassen wollen, oder von Delinquenten,
die vor einer Ausweisung stehen.
Identifikation mit Klienten
Christlich geprägt
Spescha trägt also zwei Hüte: den des
Rechtswissenschafters und den des Interessenvertreters. Diese Doppelspurigkeit ist ihm auch schon zum Vorwurf
gemacht worden. So hat ihm jüngst die
Vertreterin eines Migrationsamtes vorgehalten, «sein» Migrationsrechts-Kommentar enthalte blosse Parteiaussagen.
Spescha weist diese Kritik zurück. Er
kommentiere Gesetze nicht als Parteivertreter, sondern versuche den Willen
des Gesetzgebers nach den Regeln der
Kunst zu ermitteln und mit den grundund menschenrechtlichen Vorgaben in
Einklang zu bringen, wie dies die Jurisprudenz verlange. Dabei helfe ihm aber
selbstverständlich auch die langjährige
Praxis als Anwalt.
Dass Spescha sein Geld als Ausländeranwalt verdient, kommt nicht von
ungefähr. 1957 in Domat/Ems geboren,
wuchs er in einem katholischen Elternhaus auf. Der Vater politisierte bei der
CVP auf dem christlichsozialen Flügel.
Den Kindern wurden Gerechtigkeit und
Der Bündner Marc Spescha ist dem multikulturellen Zürich treu geblieben.
Gewaltfreiheit als christliche Werte vermittelt. Im Gymnasium habe er einen
italienischen Schüler gegen Anfeindungen verteidigt, erzählt Spescha. Darauf
habe ihm der Lehrer gesagt: «Du musst
Anwalt werden.» Dieser Rat liess ihn
nicht mehr los.
Nach dem Rechtsstudium in Zürich
arbeitete Spescha zunächst aber in der
Erwachsenenbildung für fremdsprachige Erwerbslose und schrieb eine rechts-
A. RAMP / NZZ
soziologische Dissertation zur Frage des
Widerstandsrechts. Das Thema hatte
einen persönlichen Hintergrund: Nach
Absolvierung der Rekrutenschule und
eines Wiederholungskurses verweigerte
Spescha den Militärdienst, wofür er zu
drei Monaten unbedingter Haft verurteilt wurde. Der Strafvollzug verlief
nicht ungenutzt: Spescha las viel – unter
anderem Rechtsgeschichte und Dostojewski – und lernte unter den Häftlin-
Spescha, der sein Bündnerdeutsch nicht
verloren hat, blieb der Kanzlei an der
Langstrasse 4 treu. Eher zufällig beschäftigten ihn von Beginn weg Fälle
aus dem Migrationsrecht. Diese sagten
ihm zu, auch wegen der internationalen
Klientel, mit der es der mit einer «italienischen Seconda» verheiratete Spescha zu tun bekam. Rasch stellte er fest,
dass das Ausländerrecht wissenschaftlich kaum aufgearbeitet war. So begann
er, diese Lücke mit Publikationen und
Lehrtätigkeiten an der Universität Freiburg zu füllen.
Die Arbeit in einer Wirtschaftskanzlei war für Spescha nie eine Option: «Ich
wollte von Beginn weg Leute verteidigen, die nicht auf der Sonnenseite des
Lebens stehen. Die Gnade des privilegierten Geburtsort verpflichtet dazu,
sich für die sozial Schwächeren einzusetzen, was auch dem Credo der Anwaltskanzlei entspricht.» Am Hungertuch nage er deswegen nicht. Er vertritt
nicht nur mittellose, sondern durchaus
auch wohlhabende Migranten. Um
neue Fälle bemühen muss sich Spescha
nicht. «Wir haben mehr als genug Anfragen», sagt er. Doch nicht nur die
Höhe des Einkommens und die Art
der Fallbeschaffung unterscheidet den
Ausländer- vom Wirtschaftsanwalt. Der
Ausländeranwalt identifiziere sich mehr
mit den Anliegen des Klienten, meint
Spescha. Bei ihm überwiege ein «wertrationales Moment»: Er sei eher gerechtigkeits- als bloss erfolgsorientiert.
Die Interessenvertretung sei zudem
stärker «emotional grundiert».
Die anwaltliche Tätigkeit des SPMitglieds Spescha deckt sich mit seiner
Glaubenskrieg um Tiefsteuerstrategie
Wahlempfehlungen von Interessenverbänden lassen im Kanton Luzern die Emotionen hochgehen
Wie hältst du es mit der
Steuer- und Sparpolitik? Auf
diese Gretchenfrage reduziert
sich die inhaltliche Diskussion
im Vorfeld der Luzerner
Kantonsratswahlen.
Erich Aschwanden, Luzern
Über kein Thema liess sich im Kanton
Luzern in den vergangenen Jahren trefflicher streiten als über die Steuerstrategie. 2012 halbierte der Kanton den
Gewinnsteuersatz für Unternehmen
und machte sich dadurch auf einen
Schlag schweizweit zum attraktivsten
Pflaster für Firmen. In mehreren Schritten wurde zudem die steuerliche Belastung für natürliche Personen reduziert.
Kurz nachdem das Stimmvolk im September 2009 diesem steuerpolitischen
Befreiungsschlag an der Urne zugestimmt hatte, musste die Regierung ein
erstes Sparpaket schnüren, dem inzwischen weitere gefolgt sind.
Seither spaltet die Tiefsteuerstrategie die Politik, und im Vorfeld der Gesamterneuerungswahlen vom 29. März
tobt ein eigentlicher Glaubenskrieg darüber, ob die Steuersenkung langfristig
zu mehr Firmenansiedlungen führt und
damit dem Kanton ein höheres Steuersubstrat beschert.
Ruinös oder erfolgreich
Aus Sicht der Linken sind dies unrealistische Hoffnungen. Für sie ist «die
Steuerstrategie der Bürgerlichen mit
Dumpingsteuern für Unternehmen und
Vermögende grandios gescheitert», wie
die SP auf ihrer Wahlplattform schreibt.
Die Folge der ausbleibenden Mehreinnahmen seien Steuererhöhungen für
die ganze Bevölkerung sowie Sparmassnahmen im Bildungswesen, beim öffentlichen Verkehr und bei der Betreuung von Behinderten. Von den Steuersenkungen würden nur Firmen und Personen mit sehr hohen Einkommen profitieren, alle anderen Menschen müssten die Zeche bezahlen.
Finanzdirektor Marcel Schwerzmann
ist nach wie vor felsenfest überzeugt davon, dass die Kursänderung notwendig
war, damit Luzern seinen Ruf als Steuerhölle loswerden konnte. Wenn man
jetzt von dieser Strategie abweiche, verunsichere dies die Unternehmen, und
die Anstrengungen seien umsonst gewesen. Offiziell weiss sich der parteilose
Regierungsrat gestützt durch die bürgerlichen Parteien. Ein klares Bekenntnis zur Steuerstrategie helfe mit, dass
Arbeitsplätze erhalten werden und Unternehmen bestehen könnten, betonen
die Freisinnigen. Für die SVP ist die
Strategie der tiefen Unternehmenssteuern «ganz klar eine Erfolgsstory».
Doch nicht immer war der Support
für die Finanz- und Steuerpolitik im
bürgerlichen Lager so einmütig wie jetzt
vor den Wahlen. Immer wieder murrten
Gemeindevertreter aus den Reihen der
CVP und FDP, aber auch der SVP,
denen die Einnahmen von juristischen
Personen wegbrachen und die keine
Trendwende ausmachen. Zu ihnen gehört der Luzerner Stadtpräsident, Stefan Roth, der die CVP im Kantonsrat
vertritt. Weil er die tiefen Unternehmenssteuern kritisierte und sich gegen
eine Reihe von Sparmassnahmen wehrte, empfiehlt ihn der kantonale Gewerbeverband nicht mehr zur Wiederwahl.
Siegel «KMU-geprüft»
Generell hat der mächtige Verband im
Hinblick auf die Wahlen die Schraube
angezogen. Das Siegel «KMU-geprüft»
und damit eine Wahlempfehlung erhalten nur noch Kandidaten, die eine leitende Position in einer Unternehmung
innehaben und sich in einem lokalen
Gewerbeverein engagieren. Auch die
Grünliberalen werden kollektiv als un-
sichere Kantonisten bewertet, da sie im
Parlament oft zu links abgestimmt hätten und zu wenig Sparwillen zeigten.
Lehrer schlagen zurück
Die besonders stark von Sparmassnahmen betroffenen Lehrerinnen und Lehrer drehten daraufhin den Spiess um
und sorgten für Empörung im bürgerlichen Lager. Der kantonale Lehrerverband ruft seine Mitglieder dazu auf,
«keine Wahllisten der Parteien einzureichen, die Mehreinnahmen für den
Kanton Luzern verweigert und Sparpakete unterstützt haben». Auf seine
Empfehlungsliste schafften es nur Vertreter von SP, Grünen und GLP sowie
einige wenige wieder kandidierende
bürgerliche Kandidaten, die eine andere Steuerstrategie verfochten haben.
Auf alle Fälle sorgen die Diskussionen um die finanzpolitische Ausrichtung des Kantons dafür, dass der Wahlkampf deutlich animierter verläuft als
in früheren Jahren. Olivier Dolder vom
Forschungs- und Beratungsunternehmen Interface Politikstudien glaubt jedoch nicht, dass der Schlagabtausch den
Wahlausgang entscheidend beeinflussen wird. Letztlich handle es sich um ein
Nullsummenspiel, bei dem jedes Lager
nur seine Anhänger überzeugen könne.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Haltung. Die ausländerpolitische Stimmung schildert er in düsteren Farben.
Seine Arbeit bewege sich ständig in
einem Spannungsfeld: zwischen dem
«angeblich öffentlichen Interesse einer
restriktiven Ausländerpolitik» und den
«persönlichen Bedürfnissen seiner
Klientinnen, die hier leben, arbeiten
oder Familienangehörige in die Schweiz
holen wollen». Auf den Migrationsämtern sei leider ein «Geist der Abwehr
noch immer allzu sehr vorherrschend».
Es gebe aber Ausnahmen. Vereinzelt
werde bei Migrationsämtern eine «Willkommenskultur» sichtbar, es werde «lösungsorientiert, rasch und sachgerecht»
entschieden – geschenkt werde einem
aber nichts, schon gar nicht bloss deshalb, weil er als Anwalt auftrete, betont
Spescha. Meist müsse er behördliche
Zugeständnisse «mit enormem argumentativem Aufwand erkämpfen».
«Inbegriff des Bösen»
Die Dominanz der Abwehrhaltung lastet Spescha vor allem der von der SVP
geprägten Ausländerpolitik an. Deren
«Dauerpropaganda» habe mitgeholfen,
den Begriff des Ausländers negativ zu
besetzen, sagt er. Einzelne Ausländer,
unter ihnen Klienten von ihm, würden
in der Presse «in bösartiger Verzerrung
als Inbegriff des Bösen» dargestellt.
Spescha verklärt Migranten nicht zu
den besseren Menschen: dass er in der
Praxis nicht nur Engeln begegne, verstehe sich von selbst. Auch Migranten
verdienten aber grundsätzliches Wohlwollen und Empathie. Durch die vielen
Begegnungen mit Ausländern sei ihm
das «Fremde» immer weniger fremd, ja
grösstenteils vertraut geworden.
AUF DER FLUCHT
50 Millionen Personen sind weltweit
auf der Flucht. «Flüchtlingskrise» –
der Begriff spiegelt die Vielfalt an
Fluchtgeschichten nicht wider.
Unterschiedlich sind auch die Blickwinkel jenseits der Herkunftsländer
– bei jenen, die den Strom der Hilfesuchenden bewältigen müssen. Die
NZZ beleuchtet die Flüchtlingskrise
in einer Serie von Porträts Betroffener aus dem In- und Ausland.
www.nzz.ch/spezial/fluchtwege
Ideenwettbewerb für
den Standort Schweiz
Projekt «Wunsch-Schloss» lanciert
sig. V Wirtschaft und Politik driften in
der globalisierten Welt auseinander.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, haben zwei Organisationen einen Ideenwettbewerb lanciert mit dem
Ziel, innovative Unternehmen oder Privatpersonen mit einer passenden politischen Partei zusammenzuführen. Hinter dem Projekt «Wunsch-Schloss» stehen die Stiftung Strategiedialog 21 und
der Swiss Venture Club.
Auf www.wunsch-schloss.ch können
«Wünsche» an die Politik gerichtet werden. Eine Jury prüft sie auf Originalität
und Umsetzbarkeit und wählt zehn davon aus. Ihr gehören unter anderem
Rudolf Minsch (Economiesuisse), Lukas Bärfuss (Schriftsteller), alt Nationalrätin Elisabeth Zölch-Bührer, Helen
Hirsch (Kunstmuseum Thun) und
Adrian Vatter (Politologe) an. Die Sieger können ihre Ideen am 9. Juni an
einem Anlass auf Schloss Thun Vertretern der Bundesratsparteien und der
Grünen vorstellen und mit ihnen über
sie diskutieren. Zugesagt haben Werner
Luginbühl (bdp.), Beat Vonlanthen
(cvp.), Hans Altherr (fdp.), Hans Stöckli (sp.), Albert Rösti (svp.) und Regula
Rytz (gps.). Das Ziel ist, dass die Parteien zusagen, eine Idee umzusetzen,
die ins eigene Wahlprogramm passt.
Zwangsarbeiter, aber auch um die Rolle
tion mit historischen Botschaften zu
der Schweiz im Zweiten Weltkrieg, die
binden, führe nicht weiter. Schärfere
nachrichtenlosen Vermögen und den
ne kamen vom FraktionsvorsitzenGoldhandel
eindringliche
Beispiele
der Unionsparteien, Kauder; Grie-Donnerstag,
19.sind
März
2015 V Nr.
65
dafür, dass gegen die mit moralischer
nland solle nicht immer woanders
Kraft in Gang gesetzte politische Dynauldige suchen. Auch sein Amtskole von der SPD, Oppermann, wies die
mik dem Beharren auf Rechtspositiosprüche zurück. Allerdings kommen
nen am Ende kein Erfolg beschieden ist.
en eines Zukunftsfonds oder eines
Weiterer Artikel Wirtschaft, Seite 29
lungen lindern lässt. Die Sedierung ist
auch zulässig, falls sich der Patient,
wozu er schon jetzt das Recht hat, für
passive Sterbehilfe entschieden hat.
Möglich ist sie auch, wenn der Patient
nicht mehr seinen Willen bekunden
kann und der Arzt, was bereits zulässig
ist, die Behandlung einstellt, weil diese
völlig sinnlos ist.
Die aktive Sterbehilfe und die Beihilfe zur Selbsttötung bleiben indes in
Frankreich verboten. Vorstösse sozialistischer und grüner Abgeordneter in
diese Richtung waren bereits vergangene Woche in der Nationalversammlung zurückgewiesen und auch von der
Gesundheitsministerin Marisol Touraine abgelehnt worden. Sie machte geltend, dass die französische Gesellschaft
nicht brüskiert werden dürfe.
Dabei haben Demoskopen in den
vergangenen Jahren immer wieder festgestellt, dass eine überwältigende
Mehrheit der Franzosen sowohl die
aktive Sterbehilfe wie auch den assistierten Suizid unterstützen. In der Politik sind jedoch oft nicht Meinungsumfragen, sondern der Einfluss geballter Interessengruppen ausschlaggebend. Die jetzt verabschiedete Kompromissvorlage wurde von Vertretern
nicht nur der katholischen Kirche, sondern auch der Protestanten, Orthodoxen, Juden und Muslime in Frankreich
als gefährlich verdammt, da sie die
Grenzen zur aktiven Sterbehilfe weiter
verwische.
<Mehrere überschneidende Verknüpfungen>
ges
Differenzierung
beiSchweiz
Sterbehilfe
as-Affäre auf die
utsche Rechtsposition
Paris
erlaubt
Sedierung
er Höhe von 120 Millionen Dollar
nach
Brasilien
zurück
s wohl im Sand verlaufen. Die Bun- Involl
des Lobes.
von politischer
Frankreich
istAuch
neu nebst
der
anwaltschaft habe den brasilianiSeite wird die Rechtshilfe aus der
passiven
nun
auch
die
indirekte
en Behörden die wesentlichen EleSchweiz positiv wahrgenommen – zunte geliefert, damit die Untersu- Sterbehilfe
mindest beidurch
jenen,sedierende
die nicht im Fokus
ng aufgenommen werden konnte, Medikamente
der Untersuchung
stehen.
Geldwäsche
zulässig.
Gegen
t Bundesanwalt Michel Lauber im aktive
und Sterbehilfe
die damit zusammenhängenden
wehrten sich
spräch. Die Informationen aus der
sich auf einer intervorDelikte
allem spielten
Kirchenkreise.
weiz führten darauf zur Festnahme
nationalen Ebene ab und müssten desstas. Und dieser begann mit Aussicht
halb auch international bekämpft werParis Aloysio Nunes
eine Strafmilderung auszupacken. Nikos
den,Tzermias,
sagt beispielsweise
Ferreira, der frühere Justizminister und
Die
in gesellschaftspolitischen
und ethiheutige
Präsident der aussenpolitischen
Nicht lockerlassen
schen
Fragen
gewöhnlich
arg
zerstritteKommission des Senats. Die juristische
französischen Parteien
sich
Zusammenarbeit
zwischenhaben
der Schweiz
Fall Petrobras hat die Schweizer nen
am
Dienstagabend
in
der
Nationalverund Brasilien habe wichtige Resultate
ndesanwaltschaft weitere 60 Verzur Verabschiedung
eines
hervorgebracht.
Der gegenwärtige
Fall
htsmeldungen erhalten. Darauf ba- sammlung
neuen
Gesetzes
durchringen
können,
zeige, wie gut der bilaterale Rechtshilfeend hat sie in den letzten zwölf
die sogenannte
indirekte
funktioniere.
AuchSterbeLauber
naten neun Strafuntersuchungen dasvertrag
hilfe
durch
«tiefe
und
kontinuierliche
spricht von einer sehr unkomplizierten
gen Verdachts auf Geldwäscherei in
unheilbar
Kranker
bis zum
Zusammenarbeit
mit
den Brasilianern.
bindung mit Korruption eröffnet. Sedierung»
Tod
erlaubt.
Davon profitiere auch die Schweiz, sagt
hr als 300 Konten bei über 30 Bankder Bundesanwalt, gehe es doch darum,
ituten in der Schweiz konnten seitSuizid-Tourismus
den«Schlafen
Finanzplatz statt
sauberleiden»
zu halten.
ausfindig gemacht werden, über
Wie es weitergeht, lässt sich nicht
che die in Brasilien untersuchten
Präsident Fran¸cois Hollande hatte wähVorlage, ausgearbeitet
von locker»,
zwei
voraussagen.
«Wir lassen nicht
miergeldzahlungen vermutlich ab- Die
rend des Wahlkampfs von 2012 noch
des Parti
verspricht Lauber,
undsocialiste
Gleichesund
gelte
wickelt wurden. Es sei gut möglich, Abgeordneten
versprochen, dass er sich für ein Gesetz
bürgerlichen
Union in
pour
un moufür die Kollegen
Brasilien.
Das
s weitere Verdachtsmeldungen ein- derauch
einsetzen werde, das es Todkranken erpopulaire
(UMP), wurde
in der
sei neben
den konkreten
Erfolgen
vergen, sagt Lauber. Das hänge auch vement
laube, «medizinische Hilfe zur BeenLesung
436 gegen
Stimmutlich
das mit
Wichtigste,
sagt34der
Bunm Verhalten der Banken und von den ersten
dung des Lebens in Würde zu erhalten».
und beiDie
83 Brasilianer
Enthaltungen
gutdesanwalt.
hätten
den
ormationen in der Presse ab. Er gehe men
Jetzt wird vorausgesagt, dass etliche
Das Gesetz
noch
vor
Mut gefunden,
das kommt
Problem
anzupaht davon aus, dass es nun fertig sei. geheissen.
todkranke Franzosen nach wie vor in
Senat
und
anschliessend
in der
cken.
Das
seisoll
keine
SelbstverständlichIn Brasilien wird das kooperative den
der Schweiz und in Belgien Hilfe
endgültiginverabkeit in Brasilien, besonders
diesem
halten der Schweiz sehr geschätzt. Nationalversammlung
suchen werden. Dort sind entweder der
schiedet
werden
– was
allerdings
prohen
gibt es viel. Generalstaatsanwalt
PETROS GIANNAKOURIS / AP
Fall und
diesem
Umfeld,
die politisch
assistierte Suizid oder die aktive Sterber brasilianische
ablaufen dürfte.
sehr aufgeladen
seien.
drigo Janot zeigte sich vor der Presse blemlos
hilfe erlaubt.
Schon seit 2005 ist die passive Sterch-griechischen Jugendwerks aus
behilfe legalisiert, bei der eventuell
ozialdemokratie. Sie wären, wie in
lebensverlängernde Behandlungen unDiskussion um die Entschädigung
terlassen oder reduziert werden. Die inropäischer Zwangsarbeiter des
direkte Sterbehilfe sieht dagegen vor,
en Weltkriegs, als die Stiftung
dass todkranken Patienten Medikamennerung, Verantwortung, Zukunft»
te zur Schmerzbekämpfung abgegeben
richtet worden war, eine Anerkenwerden, die zur Beschleunigung des
der Schuld und gleichzeitig der
Todeseintritts beitragen können. Das
s erwachsenden Verpflichtung –
neue Gesetz wurde mit dem Recht Todein ganz neues Feld von Reparakranker gerechtfertigt, vor dem Sterben
nsprüchen quer durch Europa
schlafen zu können, um nicht mehr leimachen. Das Präjudiz fürchtet
den zu müssen.
n besonders, zumal es unter radikaEine Sedierung kann von der Ärztessischen Parlamentsabgeordneten
equipe beschlossen werden, falls sich
s sagenhafte Forderungen gibt.
das Leiden eines Todkranken nicht
Auseinandersetzungen um die
durch andere schmerzstillende Behandgsarbeiter, aber auch um die Rolle
lungen lindern lässt. Die Sedierung ist
chweiz im Zweiten Weltkrieg, die
auch zulässig, falls sich der Patient,
ichtenlosen Vermögen und den
wozu er schon jetzt das Recht hat, für
handel sind eindringliche Beispiele
passive Sterbehilfe entschieden hat.
dass gegen die mit moralischer
Möglich ist sie auch, wenn der Patient
in Gang gesetzte politische Dynanicht mehr seinen Willen bekunden
em Beharren auf Rechtspositiokann und der Arzt, was bereits zulässig
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Weiterer Artikel Wirtschaft, Seite 29
völlig sinnlos ist.
Die aktive Sterbehilfe und die Beihilfe zur Selbsttötung bleiben indes in
Pressespiegel
Frankreich verboten. Vorstösse sozialisEvangelisch-reformierte
tischer und
grüner Abgeordneter in Landeskirche Graubünden
diese Richtung waren bereits vergangene Woche in der Nationalversammlung zurückgewiesen und auch von der
nach Brasilien zurück
Schweiz
Freitag, 20. März 2015 V Nr. 66
NZZ vom 20.3.2015,
Seite 15.pdf
Neuö Zürcör Zäitung
SCHWEIZ 13
Nachmieter für Kloster gesucht
Weil den Ordensgemeinschaften der Nachwuchs fehlt, stehen in der ganzen Schweiz Klöster leer
Projektideen, die sich dann aber oft im
Sand verlaufen. Beim Kanton Solothurn gingen für die Umnutzung des
Kapuzinerklosters im Verlaufe der Jahre beispielsweise Vorschläge für ein
Feng-Shui-Zentrum, eine internationale Schule, eine Praxis für Komplementärmedizin, eine kulturelle Bildungsstätte, ein Haus der Kirchen, ein
Projekt für Wohnen im Alter, ein Ausbildungszentrum für Banken, ein Wellnesscenter oder für diverse Hotels von
einem bis vier Sternen ein. Doch «sämtliche Interessenten sind bisher an der
Finanzierbarkeit gescheitert», erklärt
der Solothurner Kantonsbaumeister
Bernhard Mäusli. Die Projekte blieben
auch chancenlos, weil inzwischen in der
Schweiz ein Überangebot an säkularisierten Klosterbauten besteht: So haben
etwa Kloster-Hotels den Nimbus der
Einzigartigkeit verloren.
Solothurn, Stans, Appenzell –
vielerorts stockt die Suche nach
Nutzungskonzepten für leerstehende Klöster. Die denkmalgeschützten Gebäude müssten
umfassend saniert werden. Vielversprechende Projekte scheitern
daher oft am fehlenden Geld.
Erich Aschwanden, Daniel Gerny,
Jörg Krummenacher
Am 31. März 2003 verliess der letzte
Pater das Solothurner Kapuzinerkloster. Nur noch sechs der Brüder, die mit
ihren braunen Gewändern über Jahrhunderte zum Stadtbild von Solothurn
gehört hatten, lebten zuletzt in dem
Kloster. In den 1930er Jahren waren es
noch mehr als 70 gewesen. Inzwischen
steht der über 400-jährige Bau in der
Altstadt leer. Bis heute ist unklar, wie
das eindrückliche Gebäude in Zukunft
genutzt werden soll. Heute gehört das
Kapuzinerkloster dem Kanton, der es
für Anlässe vermietet. Doch zukunftsträchtig ist dieses Geschäft nicht. Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe
stehen an, die sich mit Vermietungen
alleine nicht refinanzieren lassen.
Teilabbruch für Tiefgarage
Solothurn ist kein Einzelfall. Die Klostergemeinschaften sind überaltert, der
Nachwuchs fehlt. In der ganzen Schweiz
haben kirchliche Institutionen in den
letzten Jahren Klöster und Ausbildungsstätten aufgegeben. Genaue Zahlen,
wie viele Gebäude einer neuen Nutzung
harren, gibt es bis jetzt nicht. Gestützt
auf eine Anfrage der NZZ, will die Konferenz der Vereinigungen der Orden
und Säkularinstitute der Schweiz nun
eine Umfrage unter seinen Mitgliedern
durchführen, wie deren Präsident, der
Kapuzinerpater Ephrem Bucher, erklärt. Viele dieser Bauten weisen Gemeinsamkeiten auf: Es besteht hoher
Investitionsbedarf, sie unterliegen den
Bestimmungen des Denkmalschutzes
oder können aufgrund von Vorschriften
der Bau- und Zonenordnung nicht uneingeschränkt umgenutzt werden.
So erweist sich die Umnutzung des
2011 aufgelösten Klosters Appenzell,
das der Kapuzinerorden an den Kanton
zurückgab, als schwierig. Die Regierung
wollte im Gebäude eine grosse Bibliothek einrichten. Zur Diskussion standen
auch eine Pilgerherberge oder gar der
Bau einer Tiefgarage. Der Innerrhoder
Grosse Rat gab Ende 2013 Abklärun-
Blocher als Mäzen
Die leeren Räume des Kapuzinerklosters in Solothurn sollen sich wieder mit Leben füllen – doch das ist schwierig.
gen in Auftrag, ob der Denkmalschutz
aufgehoben und die Klosteranlage wenigstens teilweise abgebrochen werden
könnte. Das von der Eidgenössischen
Kommission für Denkmalpflege erstellte Gutachten liegt vor, ist aber noch
nicht öffentlich. Diesen Frühling werden Regierung und Bürgerschaft über
das weitere Vorgehen entscheiden.
Auch das Beispiel des ehemaligen
Kapuzinerklosters Stans zeigt, dass
scheinbare Ideallösungen nicht immer
funktionieren. Mit grossen Hoffnungen
vermietete der Kanton Nidwalden 2008
die Räumlichkeiten an ein internationales Startup-Unternehmen. Klotzen,
nicht kleckern hiess die Devise der
Firma Mondobiotech. Sie kündigte an,
die altehrwürdigen Räumlichkeiten für
25 bis 30 Millionen Franken durch den
britischen Stararchitekten Norman Foster umbauen zu lassen. Es zeichnete sich
jedoch schnell ab, dass das Geschäftsmodell des Unternehmens nicht funk-
MICHA L. RIESER
tionierte, und im Sommer 2014 stand
der Kanton wieder vor der Herausforderung, einen Investor zu finden. Derzeit prüft die Regierung fünf Nutzungskonzepte, wobei Wert darauf gelegt
wird, dass die besondere Atmosphäre
des Hauses respektiert werden kann.
Besondere Ausstrahlung
Die spirituelle Ausstrahlung von Klöstern führt stets zu einer Vielzahl von
..................................................................................................................................................................................................................................................................
Neuer Typ des Wallfahrers und Klostergasts
dgy. V Trotz der Säkularisierung nimmt
die Attraktivität von Wallfahrtsorten
nicht unbedingt ab. Diesen Schluss legt
eine Untersuchung nahe, die das Benediktinerkloster Mariastein im Kanton
Solothurn in Auftrag gegeben hat. Das
Schweizerische Pastoral-Soziologische
Institut (SPI) in St. Gallen stellt in der
Studie zu den verschiedenen Besuchergruppen fest, dass Mariastein heute nicht
mehr nur von einheimischen Katholiken, sondern zunehmend auch von anderen Gruppen besucht wird.
Katholiken aus der Nordwestschweiz,
dem Elsass und dem südbadischen
Raum bildeten zwar auch heute noch die
grösste Gruppe. Jedoch seien darunter
wenig junge Menschen, weshalb längerfristig mit einem Rückgang dieser Besucherschaft zu rechnen sei. Die zweitgrösste Besuchergruppe stellen heute
katholische Migranten dar. Unter den
Besuchern von Mariastein finden sich
heute aber auch Protestanten, alternativ
Spirituelle oder gänzlich nichtreligiöse
Menschen.
Viele Leute kämen in hektischen
Zeiten oder bei Schicksalsschlägen, um
sich zu sammeln und das eigene Leben
wieder ins Lot zu bringen, heisst es. Der
Wunsch vieler Menschen, sich für eine
kurze Zeit eine Auszeit in einem Kloster
zu gönnen, prägt die Diskussion um die
Zukunft auch mancher Klöster: «Ich
stelle ein sehr grosses Bedürfnis fest,
sich in ein klösterliches Ambiente zurückzuziehen», sagt beispielsweise Claudius Luterbacher, der Kanzler des Bistums St. Gallen.
Eine Möglichkeit, solche Liegenschaften neu zu nutzen, ist, sie in Genossenschaften mit kirchlichem Hintergrund einzubringen. So hat die Ökumenische Wohnbaugenossenschaft Luzern
(ÖWL) in der Vorortsgemeinde Kriens
ein Grundstück von der Salesia-Stiftung
erworben, die eng mit der Ordensgemeinschaft der Salesianer verbunden
ist. In diesen Räumlichkeiten ist nun
die Jugendpsychiatrie des Kantons Luzern untergebracht. Wie der ÖWL-Geschäftsführer Florian Flohr erklärt, sind
die Abklärungen hinsichtlich Bausubstanz, rechtlicher Vorgaben und der
praktischen Umsetzung aber jeweils
sehr aufwendig, stark von den Gegebenheiten der einzelnen Objekte abhängig
und deshalb nicht auf andere Projekte
übertragbar. Das erhöht die Kosten und
erschwert Lösungen.
Auch eine neue Nutzung der Klosterinsel Rheinau, auf der früher eine
psychiatrische Klinik untergebracht
war, scheiterte lange am fehlenden
Geld. Erst als die Familie von Christoph
Blocher die Finanzierung eines Musikzentrums für die kommenden zwei Jahrzehnte über eine Stiftung mit einer
Finanzspritze in Höhe von 20 Millionen
Franken sicherte, kam das Projekt zustande. Im vergangenen Mai wurden das
Musikzentrum sowie ein Hotelbetrieb
mit 63 Zimmern eröffnet. Das Projekt
gilt als Musterbeispiel für eine gelungene Kloster-Umnutzung. Nicht erstaunlich, dass man auch in Solothurn
auf einen Mäzen hofft – wie zum Beispiel auf Christoph Blocher, der das
Kapuzinerkloster bereits besucht hat.
«Le Fran¸cais, c’est une langue einfach»
Die «Semaine de la francophonie» weckt bei Schülern das Interesse für die französische Sprache
Der Westschweizer Künstler
Narcisse weiht Deutschschweizer
Gymnasiasten in die Geheimnisse der Slam-Poetry ein. Die
sprachlichen Barrieren werden
dabei auf spielerische Weise
überwunden.
Erich Aschwanden, Beromünster
Narcisse macht den Schülerinnen und
Schülern der Kantonsschule Beromünster den Einstieg in sein Atelier nicht gerade leicht. «Zuerst habe ich eigentlich
gar nichts verstanden», sagt denn auch
Dana nach dem Workshop. Der einzige
professionelle Slam-Poet der Westschweiz legt nämlich in einem derartigen Stakkato los, dass sogar die Französischlehrer im Raum die Ohren spitzen
müssen, um seiner Performance folgen
zu können.
Im direkten Kontakt mit den Neuntklässlern aus dem Kanton Luzern
bremst der Künstler sein Sprechtempo
jedoch stark und geht in einfachen und
klaren Sätzen auf ihre Fragen ein. Es ist
zu spüren, dass er Erfahrung im Umgang mit den Deutschschweizer Gym-
nasiastinnen und Gymnasiasten gesammelt hat.
Poesie, die bewegt
Narcisse ist Pate der diesjährigen «Semaine de la langue fran¸caise et de la
francophonie» (siehe Kasten) und führt
in diesem Rahmen in verschiedenen
Deutschschweizer Schulen Ateliers wie
in Beromünster durch. Einige Tage zuvor haben die Gymnasiasten in Luzern
die Auftaktveranstaltung zur «Semaine
de la francophonie» besucht, bei der
auch Narcisse einen Auftritt hatte. Er
wolle den Teilnehmern die Freude an
der kulturellen Form des Slams vermitteln und dadurch indirekt die französische Sprache näherbringen. «Slam ist
für mich Poesie, die bewegt», sagt Narcisse. Am Gymnasium im Kanton Luzern gelingt ihm das. Obwohl sie längst
nicht jedes Wort verstehen, entschlüsseln die 14-jährigen Schülerinnen und
Schüler anhand von Videoclips, ob ein
Slam-Poem traurig, aggressiv oder lustig
ist. Dabei arbeiten sie die wichtigsten
Elemente dieser Kunstform heraus:
Rhythmen, Reime, Wortspiele und lautmalerische Spielereien.
Roland Baur, der den Slammer nach
Beromünster geholt hat, schätzt es, dass
sich seine Schützlinge auf diese spielerische Art mit der Sprache befassen und
gleichzeitig in eine Kultur eingeführt
werden, die er als Besucher von PoetrySlams kennt. «Ich bin froh über diese
Bereicherung des Fremdsprachenunterrichts, nachdem in letzter Zeit über dieses Thema fast nur noch politisch diskutiert worden ist», sagt der Französischlehrer. Diese Debatte sei müssig. Englisch und Französisch stünden nicht in
Konkurrenz zueinander. Jede Sprache,
die man lerne, bringe im Berufsleben
..................................................................................................................................................................................................................................................................
Die Schweiz – ein frankofones Land
aku. V Einmal im Jahr wird weltweit die
französische Sprache gefeiert. Kulminationspunkt ist der Internationale Tag der
Frankofonie, der jeweils am 20. März
stattfindet. Er zelebriert die Bande und
die Diversität innerhalb des französischen
Sprachraums. Das Datum verweist auf die
Gründung der «Agentur für kulturelle
und technische Zusammenarbeit» am
20. März 1970. Aus der Agentur, die zunächst vor allem Entwicklungsprojekte in
den französischsprachigen Ländern des
Südens unterstützte, wurde später die
Internationale Organisation der Frankofonie. So viel zur Geschichte.
In der Schweiz ist die «Semaine de la
langue fran¸caise et de la francophonie»
(SLFF) heute vor allem ein kultureller
Event: Überall im Land werden französischsprachige Filme gezeigt, finden Lesungen statt und spielen Musiker aus
Frankreich, Mali, Quebec und der Romandie. «Wir feiern auf Französisch», erklärt die Koordinatorin der Woche, San-
drine Charlot Zinsli. Aber nicht nur: Ein
spezielles Augenmerk wurde dieses Jahr
auf den Französischunterricht gelegt, der
derzeit im Zentrum einer politischen
Debatte steht. Künstler wie Narcisse führen in den Schulstuben des Landes Ateliers durch, zudem finden sich auf der
SLFF-Website Videos mit Ideen für einen
lebendigen, modernen Französischunterricht. «Wir hoffen natürlich», sagt Charlot
Zinsli, «dass diese Initiative über den Tag
der Frankofonie hinaus ausstrahlt.»
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Vorteile, ist Baur überzeugt. Die Kantonsschule Beromünster pflegt einen
intensiven Austausch mit dem Gymnasium von Pruntrut im Kanton Jura.
Auch sonst werden Sprachaufenthalte
in den anderen Landesteilen und im
Ausland gefördert.
Ungeahntes Talent
Inzwischen sind die Teilnehmenden des
Workshops intensiv daran, eigene SlamPoems zu schreiben. «Das war cool.
Nachdem wir die Grundidee gehabt
hatten, unsere Reime um den Buchstaben O aufzubauen, ging es ganz einfach», sagt Rebecca. Tatsächlich kommen dabei ungeahnte Talente zum Vorschein. Es ist erstaunlich, was die 14und 15-Jährigen trotz beschränktem
Wortschatz und grammatikalischen
Holprigkeiten vortragen. Slam-Poems
mit Alliterationen und Assonanzen sowie rhythmische Gedichte mit kritischen Gedanken zur Schule begeistern
Narcisse, Mitschüler und Lehrer einhellig. In einer Performance spielen die
beiden Vortragenden selbstironisch mit
den eigenen Schwächen, und so lautet
die Schlusszeile dieses Slams: «Le franc¸ ais, c’est une langue einfach.»
Zeit vom 19.3.2015, Seite 53.pdf
53
1
FEUILLETON
LITER
Ni
ers
Foto (Ausschnitt): Yu shenli/Imaginechina/laif
Die
Buc
Wo der Autor seinen
Helden stranden lässt:
Nine Dragon Crossing
in Shanghai
Verlust der Weisheit
ER Z Ä HLU NGEN
V
László
Krasznahorkai:
Die Welt voran
A. d. Ung. v.
Heike Flemming; S. Fischer
Verlag, Frankfurt a. M. 2015;
410 S., 21,99 €,
als E-Book
18,99 €
László Krasznahorkais Erzählungen »Die Welt voran« beschwören die Orientierungslosigkeit
des Menschen – mit überraschender Perspektive VON ANDREAS ISENSCHMID
or genau hundert Jahren saß der junge ungarische Philosoph Georg Lukács in Heidelberg
und schrieb in einer Stimmung der Hoffnungslosigkeit und der Verzweiflung über
den Ersten Weltkrieg seine späterhin berühmt gewordene Theorie des Romans. Darin
prägte er die klassisch gewordene Formel, der
Roman sei »ein Ausdruck der transzendentalen Obdachlosigkeit«. Die Romanhelden beschrieb er als irrende »einsame Wanderer«.
Ihr trübes »inneres Licht gibt nur dem nächsten Schritt die Evidenz der Sicherheit oder –
ihren Schein. Von innen strahlt kein Licht
mehr in die Welt der Geschehnisse und in
ihre seelenfremde Verschlungenheit.«
Dieses Frühjahr erscheint, hundert Jahre
nach der Theorie des Romans, das Buch eines
ungarischen Erzählers mit stark philosophischem Einschlag, das sich liest, als seien Lukács’ Formulierungen eigens dafür erfunden
worden. László Krasznahorkais Die Welt vo­
ran ist ein unerhörtes Buch bedrückendster
Irrfahrten. Es erzählt von Menschen, die
nicht wissen, wo sie sind, nicht wissen, wo sie
hinwollen, -sollen oder -können, nicht mehr
wissen, wozu sie sich mit alldem befassen,
und schon gar nicht wissen, mit welchen
Worten sie dieses Nichtwissen, Nichtkönnen,
Nichtsein kundtun sollen. Es erzählt von
diesen Irrfahrten mit einer desperaten sinnsucherischen Energie, die etwas Ungarisches
haben mag und hierzulande allenfalls in
Botho Strauß noch einen Verwandten findet.
Und es benutzt für seine Botschaft, denn
mit einer solchen haben wir es zu tun, eine
Vielfalt von Formen. Weil Worte, auch
Krasznahorkais alle Grenzen des konventionellen Satzes sprengenden Wortflüsse nicht
ausreichen, um zu sagen, was Worte nicht
mehr sagen können, verzichtet eine vielsagend an den Schluss gestellte Erzählung sogar
ganz auf Worte: Der Schwan von Istanbul besteht, wie ein in Klammern gesetzter Untertitel sagt, aus »79 Absätzen auf weißen Seiten«. Auf 21 blanke Seiten folgen dreieinhalb
Seiten mit 30 (pseudo)wissenschaftlichen
Anmerkungen, die geheimnisvoll das Thema
Vergessen und Wortlosigkeit variieren.
Er redet, Er erzählt, Er verabschiedet sich:
So heißen die drei Teile des Buches, das aus
21 Prosastücken und einem Epilog besteht
und bei all seiner Disparatheit doch fast so
zusammenhängend scheint wie ein philosophischer Traktat. Erst im Mittelteil bekommen wir elf Stücke zu lesen, die man Erzählungen nennen kann, örtlich und zeitlich
konkret gebundene Geschichten. Davor
schickt der 1954 geborene Krasznahorkai,
neben Imre Kertész, Péter Nádas und Péter
Esterházy der bedeutendste ungarische Autor
der Gegenwart, seine Leser durch Texte, die
in der Eiswüste der Abstraktion spielen. Den
Auftakt macht eine programmatisch betitelte
Irrfahrt im Stehen, auch Irrfahrt im Ungewissen. Sie markiert, frei nach Lukács’ Worten,
gleichsam den Nullpunkt in der transzendentalen Topografie des Krasznahorkaischen
Geistes. Es ist die Konfession eines Jemand,
der seinen »Ort« verlassen will, weil es der
Ort ist, »den man wegen seines unerträglichen, nicht auszuhaltenden, kalten, traurigen, öden und tödlichen Gewichtes fliehen
muss«. Aber da ihm sein »Richtgefühl« nur
zwei diametral sich ausschließende Richtungen weist, kommt er »während seiner
jahrhundertelang scheinenden Wanderung«
nicht vom Fleck, er bleibt »an dieses unendlich fremde Land (...) gefesselt«.
Nach sieben nur durch Kommata und
zwei Doppelpunkte gegliederten Seiten steht
er aller »Sehnsucht« und »Verheißung« (Lukácsche Vokabeln auch dies) zum Trotz noch
immer auf dem gleichen »sohlengroßen
Stück Land« wie am Anfang, »weil dieser
Punkt sein Zuhause ist, genau dorthin wurde
er geboren, und dort muss er einmal auch
sterben, zu Hause einst, zu Hause, wo alles
kalt und traurig ist«.
Auf diese allgemeine Bestimmung der
condition humaine lässt Krasznahorkai in den
folgenden Stücken philosophische und zeitdiagnostische Ortsbestimmungen folgen. Er
bezieht sich auf Nietzsche und Buddha und
ortet uns als »Gefangene eines auf Grund gelaufenen geistigen Zustandes« ohne Gott und
Ideale. Er liest 9/11 als »das für uns in alle
Ewigkeit unverständliche Wirken des unvermeidlichen Zufalls« und datiert auf den Einsturz der »beiden Großen Türme« dennoch
den Beginn »einer neuen Welt«, »eine radikal
neue Epoche«, die wir nicht verstehen und
für die unsere einst so glänzende Sprache
nutzlos, machtlos, plump ist. Er lässt einen
weitschweifigen Redner bilanzieren: »Hinter
Ihnen ist das Universum, auch wenn es nicht
existiert. Hinter mir ist, auch wenn es existiert, nur das Nichts und wieder das Nichts.«
Wir wissen nichts und sind doch nur hundert
Menschen entfernt vom Denken Buddhas,
jenes »originellsten Philosophen der Erde«,
dessen Ideen »weg vom Sinn und weg von
der Bedeutung, weg vom Durst der Sehnsucht und des Leidens« führten und »uns die
Erleuchtung« hätten bringen können.
Man atmet unweigerlich auf, wenn nach
solchen Exerzitien die konkreten Erzählungen des Mittelteils folgen. Mit einem schwer
betrunkenen Simultandolmetscher irren wir
staunend durch Shanghai, landen im Koma
am Nine Dragon Crossing, wo unzählige
Autobahnen übereinander den Triumph der
Technik und den Verlust der Weisheit symbolisieren. In einer anderen Erzählung irren
wir mit einem Westler durchs Gewühl des indischen Varanasi und kommen mit einem dicken Mann, der verdächtig nach einem Wiedergänger Buddhas aussieht, ins Philosophieren über das Wesen des Wassers. Oder wir
fliehen mit einem portugiesischen Arbeiter
aus dem Staub der Marmorbergwerke in die
reine Bergluft der Serra d’Ossa und stoßen
dort auf einen verfallenen und verlassenen
Palast mit einem solchen Reichtum an Fliesen, »als hätten sie in diesem riesigen Palast
alles erzählen wollen, was in der Geschichte
der Menschheit von den Anfängen bis dahin
geschehen war«.
Man atmet auch deshalb auf, weil in den
Erzählungen des Mittelteils jenes Herumirren, das im philosophischen Eröffnungsteil
mehr behauptet als gezeigt wurde, endlich
Form geworden ist. Allerdings tragen auch
die mittleren Geschichten schwer an ihrer
Bedeutung, und die philosophischen Erörterungen, in die manche von ihnen ebenfalls
irgendwann geraten, erscheinen bei allem
Scharfsinn doch etwas steril.
Alles in allem jedoch atmet man kein einziges Mal so frei und glücklich auf, wie man
es durchgängig bei jenen meisterlichen Erzählungen in Krasznahorkais vorherigem
Band Seiobo auf Erden getan hat, dem 2010
auf Deutsch erschienenen Schwester- und
Gegenbuch. Die Welt voran zeigt die Sinnlosigkeit und den Verlust des Heiligen; Seiobo
zeigte die Präsenz des Heiligen und die Erleuchtung. Krasznahorkai ist, dies nur nebenbei, mit diesem antithetischen Buchpaar in
umgekehrter Reihenfolge geglückt, was hundert Jahre früher Georg Lukács, unserm anderen Ungarn, versagt geblieben war. Dieser
hatte der tristen und transzendental obdachlosen Theorie des Romans ein Buch der Erfüllung und Erleuchtung folgen lassen wollen:
Eine Studie über Dostojewskis befreite Seelen
wollte er, wie er Max Weber schrieb, in »die
bewusste und ausgesprochene, aus den Literatur- und Zeitanalysen wieder entsteigende
Metaphysik« münden lassen. Es ist nicht
dazu gekommen.
Warum aber schenkte einem Seiobo mit
seinen unterschiedlichen, beispielhaften Geschichten dauerhaft jenes Leseglück, das sich
im neuen Buch nicht ohne Weiteres einstellen
will? Aus drei Gründen: Krasznahorkai ist es
mit dem Heiligen erkennbar ernst, während
seine Diagnosen der Sinnlosigkeit etwas bloß
Behauptendes, ja Posierendes haben. Sodann:
Der Weg zum Heiligen gibt den Erzählungen
von Seiobo eine Dimension der Entwicklung
und Spannung, die den repetitiven Irrfahrten
des Sinnlosen meist fehlt. Schließlich: Krasznahorkai präsentiert uns das Sinnlose direkt
und abstrakt, während er uns zum Heiligen
nur indirekt und sehr konkret gelangen ließ –
durch handwerklich präziseste Beschreibungen
beispielsweise der Kunst des japanischen Maskenbaus oder der russischen Ikonenmalerei.
Nur eine Erzählung beschwört die Absenz
des Heiligen so überzeugend wie der Vorgängerband seine Präsenz. Das zweitletzte
Stück Gehen in einem Raum ohne Segen gibt
in dreißig puritanisch gefügten Paragrafen
das Ritual eines negativen Gottesdienstes:
Eine Gemeinde entweiht und schließt ganz
buchstäblich ihre Kirche – in vollendeter
Sündhaftigkeit, wie wiederum Lukács gesagt
hätte, in »Frevel und Niedertracht«, wie
Krasznahorkai sagt, nimmt sie Abschied vom
Heiligen. Da danach nur noch die zwanzig
Seiten der leeren Erzählung und ein knapper
Epilog folgen, ist dieses stärkste, ganz zu reiner Form gewordene Stück zugleich Krasznahorkais Schlusswort.
Pressespiegel
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Zeit vom 19.3.2015, Seite 62.pdf
19. MÄRZ 2015
D I E Z E I T No 1 2
GLAUBEN & ZWEIFELN
62
»Ich habe
zu eng
geglaubt«
Foto (Ausschnitt): Imago
Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident und
bekennender Katholik, war einst bei einer kommunistischen
Sekte. Jetzt liest er seine Radikalenerlass-Akte – und ist
erschrocken. Ein Gespräch über Verblendung
»Manche Parteitage hatten schon Anklänge an eine Messe«, sagt der Mitbegründer der Grünen
DIE ZEIT: Herr Kretschmann, gibt es den
Schutzengel eigentlich noch, den Sie zu
Beginn Ihrer Amtszeit auf Ihren Schreibtisch gestellt haben?
Winfried Kretschmann: Ja. Das war das Geschenk
einer befreundeten evangelischen Pfarrerin.
ZEIT: Wovor hat der Engel Sie bisher beschützt?
Kretschmann: Vor Überheblichkeit, hoffentlich,
vor Ängsten, eben vor vielem, was einen immer bedroht in so einem Amt.
ZEIT: Spricht der Engel zu Ihnen, oder sprechen
Sie zu ihm?
Kretschmann: Er redet natürlich nicht, er ist ja erst
mal ein Kunstwerk. Aber er spricht mich an: Wo
liegen meine Gefährdungen, wo liegen meine
Ängste, wo liegen meine Grenzen?
ZEIT: Ist das Gott für Sie: jemand, der einen erinnert an die eigenen Grenzen?
Kretschmann: Aber sicher. Ich glaube nicht an einen Gott, der einem die schweren Dinge im Leben
einfach abnimmt.
ZEIT: Katholiken, die so offen wie Sie über Ihren
Glauben sprechen, gibt es kaum mehr in der Politik: Wolfgang Thierse ist weg, Christian Wulff ist
weg, genauso Philipp Rösler oder Annette Schavan. Sind Sie der Letzte Ihrer Art?
Kretschmann: Ist mir noch gar nicht aufgefallen.
(denkt nach) Stimmt vielleicht. Wobei das nicht
nur für Katholiken gilt.
ZEIT: Woran liegt der Christenschwund in der
Politik?
Kretschmann: Die Ursache ist sicher, wie überall
in der Gesellschaft, die Säkularisierung. Du
kannst heute als Politiker in der Kirche sein oder
nicht, das spielt keine Rolle mehr bei Wahlen,
nicht mal bei Bürgermeisterwahlen im traditionell schwarzen Oberschwaben, wo ich herkomme. Wobei ich das kein Unglück finde: Eine Partei kann nun mal nicht in die Nachfolge von Jesus
Christus treten.
ZEIT: Nicht mal eine Partei, die so missionarisch
ist wie die Grünen?
Kretschmann: Auch wir Grüne nicht. Wobei ich
nicht abstreiten will, dass der Idealismus in unserer
Gründungsphase zivilreligiös aufgeladen war –
und manche Parteitage schon Anklänge an eine
Messe hatten.
ZEIT: Der Veggie Day war doch ein klassisches
Missionsprojekt: Wir wissen, was gut ist für euch
– und wenn ihr das nicht einseht, dann biegen wir
es euch schon bei.
Kretschmann: Das ist jetzt eine Karikatur! Aber
der Hang von uns Grünen, über das gute Leben zu
reden, führt leicht dazu, auch den anderen zu sagen, wie das am besten aussehen könnte.
ZEIT: Ehe Sie zu den Gründern der Grünen stießen, Ende der siebziger Jahre, haben Sie eine extreme Erfahrung gemacht: Sie gehörten einer
kommunistischen Sekte an, wie Sie das selbst
nannten. Haben Sie damals zu viel geglaubt?
Kretschmann: Jedenfalls habe ich zu unreflektiert
geglaubt, und vor allem zu eng. Das war der Geist
der K-Gruppen.
ZEIT: Wie sind Sie dazu gekommen?
Kretschmann: Das geht mir bis heute nach: Wie
kommt es, dass man als gebildeter Mensch auf einmal in so einer Sekte landet? Dass man die Welt nur
noch durch einen Tunnelblick sehen kann? Wenn
ich heute manchmal am Bahnhof an den Zeugen
Jehovas mit ihrem Wachtturm vorbeilaufe, denke
ich: Ja, so bist du mit der Kommunistischen Volkszeitung vor irgendeinem großen Betrieb gestanden.
ZEIT: Waren Sie erfolgreich?
Kretschmann: Einmal, da hat’s geregnet, hat einer
eine Zeitung genommen. Der hatte offensichtlich
Mitleid mit mir.
ZEIT: Warum haben Sie ausgeharrt?
Kretschmann: Dazu gehört schon eine gewisse
Verbohrtheit – immer was hinzuhalten, das eigentlich gar niemand will, und sich selbst nach dem
dritten Tag, den man folgenlos vor demselben Betrieb gestanden hat, nicht zu fragen, was machst
du da für einen Blödsinn?
ZEIT: Was hat Sie angetrieben?
Kretschmann: Ein übersteigertes Gerechtigkeitsgefühl. Du denkst, wenn du nicht alles für die
Gerechtigkeit auf der Welt tust, dann tust du zu
wenig.
ZEIT: Dann versündigst du dich?
Kretschmann: Wenn Sie so wollen.
ZEIT: Klingt, als seien Sie erschrocken, dass Ihnen
das passieren konnte?
Kretschmann: Absolut. Bis heute. Den Schrecken
kriegt man nie mehr weg. Aber das ist auch ganz
gut.
ZEIT: Was genau?
Kretschmann: Die erschreckende Macht der Verblendung zu erkennen. Das ist ja bis zum heutigen
Tag zu beobachten. Ich meine, der Vergleich hinkt
natürlich zu diesen damaligen K-Gruppen, aber
was diese Barbaren vom IS heutzutage tun, ist
ohne totale Verblendung im Blick auf die eigene
Religion gar nicht vorstellbar. Aber es sind ja auch
damals welche in Richtung RAF abgerutscht.
Zeit: Es hätte passieren können, dass Sie bei Terroristen gelandet wären?
Kretschmann: Nein. Davor hat mich Gott sei
Dank mein Naturell bewahrt. Gegen Gewalt hatte
ich immer eine Abneigung. Ich bin schon als Kind
gewalttätigen Streits stets ausgewichen.
ZEIT: Vor Kurzem ist überraschend Ihre Akte aus
der Zeit des Radikalenerlasses aufgetaucht: Unterlagen etwa des Verfassungsschutzes, die verhindern
sollten, dass Sie als Lehrer in den Staatsdienst übernommen werden ...
Kretschmann: ... ja, ich lese die Akte gerade selber
erst.
ZEIT: Und, hatte der Staat damals Recht, gegen
junge Männer wie Sie vorzugehen?
Kretschmann: Als Staatsdiener, der ich werden
wollte, ist man dem Grundgesetz verpflichtet und
muss aktiv für die freiheitlich demokratische
Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten. Bei Zweifeln an der Verfassungstreue muss
der Staat diesen also nachgehen, ja – wenn auch
nicht immer in der Weise, wie er es tat.
ZEIT: Ihr Ernst?
Kretschmann: Ja, das Aktenstudium nach 40 Jah-
ren beeindruckt. Das war ja eine CDU-geführte gen kann. Für neue Gesetze braucht es neue MehrLandesregierung damals, aber in den Unterlagen heiten. Und das erfordert, genügend Menschen zu
offenbart sich – neben manch unerträglicher Ge- versammeln für seine eigenen Ideen.
sinnungsschnüffelei – in meinem Fall auch groß- ZEIT: Das klingt jetzt sehr weit weg vom jungen
zügige Liberalität.
Kretschmann.
ZEIT: Zu welchem Schluss kamen denn die Er- Kretschmann: Das ist der Spannungsbogen meines
mittlungen?
Lebens. Ich bin ja nicht mehr jung.
Kretschmann: Salopp gesagt: Der Unsinn bei dem ZEIT: Fühlen Sie sich nicht als Grüner und als
Kretschmann wächst sich schon noch aus.
Christ doppelt unter Druck, dem Guten zum
Durchbruch zu verhelfen?
ZEIT: Wie man sieht.
Kretschmann: Es hatte ja am
Kretschmann: Entschuldigung,
Anfang auch etwas Spieleriaber das erscheint mir jetzt naiv.
sches, damals nach 68. Es war
ZEIT: Warum?
zunächst mal einfach lustig,
Kretschmann: Ich ziehe eine ganz
sich an der Uni mit den Autoandere Konsequenz daraus, Christ
ritäten zu klopfen. Und der
zu sein: Ich kann die Welt nicht
damalige Unipräsident kam in
retten.
seiner Menschenkenntnis zu
ZEIT: Klingt deprimierend.
dem wahrscheinlich zutreffenSein innerer Weg der
Kretschmann: Nein, das ist befreiden Schluss, dass der Kretschletzten 40 Jahre ist fast
end! Erst wenn man von der totamann doch relativ harmlos ist.
noch bemerkenswerter als
litären Erlösungsfantasie ablässt,
sein äußerer: vom Extrem
die Welt retten zu wollen, wird
ZEIT: Was schützt vor Verdes »Kommunistischen
man reif zur Politik und trägt
blendung?
Bunds Westdeutschland«
dann womöglich etwas zu ihrer
Kretschmann: Ich habe vielbis in die Mitte der
Rettung bei. Erlösung ist etwas
leicht ein Grundgefühl mitgekatholischen Kirche.
für den Erlöser – und davon gibt
nommen, dass nur GelassenWie bringt Winfried
es für Christen nur einen, und der
heit einen Ausweg verheißt aus
Kretschmann das
sitzt im Himmel.
der Gefahr von Zynismus auf
zusammen?
der einen und Fanatismus auf
ZEIT: In Ihrer K-Gruppen-Zeit
der anderen Seite. Ich musste
sind Sie aus der Kirche aus- und
Der 66-Jährige regiert
lernen, die Welt so zu akzeptiedanach wieder eingetreten. Heute
Baden-Württemberg als
ren, wie sie ist.
sagen Sie: Ich liebe meine Kirche –
erster grüner
und ich leide an ihr. Woran genau?
ZEIT: Das klingt nach FatalisMinisterpräsident der
mus.
Kretschmann: Heute ist ja die
Republik. Vor Kurzem
Haltung sehr verbreitet, auch unKretschmann:
Keineswegs.
tauchte seine Akte aus der
ter Katholiken: Jeder will sein eiRealismus heißt ja nicht, nicht
Zeit des Radikalengener Papst sein. Das ist gar nicht
länger engagiert zu sein, aber
Erlasses auf. Nun spricht
meine Sicht – ich bin nicht Papst.
zu akzeptieren: Der Mensch,
er über seine persönlichen
Ich spreche der Hierarchie nicht
wie er geht und steht, ist der
Irrtümer und politische
ihren Sinn ab. Aber umgekehrt
richtige. Und alle Utopien, die
Illusionen. »Man kann die
verstehe ich die übergroße Angst
sagen, wir müssen erst den
Welt zum Guten nicht
in meiner Kirche vor der schiefen
Menschen grundlegend veränzwingen«, sagt er. »Wir
Ebene nicht. Kein Bild wird in der
dern, ehe wir in die wirkliche
müssen die Menschen
katholischen Kirche so gerne beGeschichte eintreten, sind der
nicht umerziehen – und
müht wie die Warnung vor der
Anfang von Leid und Terror.
wir dürfen es auch nicht.«
schiefen Ebene: Dauernd werden
Die Menschen, so wie sie sind,
wir Gläubigen gewarnt, wenn sich
sind die richtigen. Wir müssen
etwas im Kleinen ändert, dann
sie nicht umerziehen – und wir
gerate das Große Ganze ins Rutdürfen es auch nicht.
ZEIT: Das hätte der junge Kretschmann Kapitula- schen. So eine Kleingläubigkeit!
tion genannt.
ZEIT: Ihnen ist die Kirche zu kulturpessimistisch?
Kretschmann: Aber genau deshalb sage ich das so Kretschmann: Ja, dabei ist die Wirklichkeit doch
eindringlich, gerade auch meinen eigenen Leu- ganz anders: So christlich wie heute waren wir
ten, zum Beispiel in der Flüchtlings- und Asyl- noch nie in unsrer Gesellschaft!
debatte: Das Asylrecht ist nicht dazu geeignet, ZEIT: Wie bitte?
Menschen, die aus Armut nach Deutschland Kretschmann: Das Evangelium wird doch in unsekommen, hierzubehalten.
rer heutigen Zeit mehr denn je gelebt – bloß dass
es nicht immer draufsteht. Nehmen Sie die Ideale
ZEIT: Die schicken Sie zurück?
des Sozialstaats oder der Bewahrung der SchöpKretschmann: So ist das Gesetz.
fung oder der Würde des Menschen, das sind doch
ZEIT: Gesetze kann man ändern.
Kretschmann: Ja, wir brauchen auch ein Zuwan- durchgreifende Erfolge der Evangelien in der heuderungsgesetz und Bleiberechtsregelungen. Aber tigen Welt.
auch das ist der Erkenntnisgewinn eines langen ZEIT: So viel Optimismus bringen selbst viele BiLebens: dass man die Welt zum Guten nicht zwin- schöfe nicht auf.
Winfried
Kretschmann
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Kretschmann: Sehen Sie, und das wundert mich
immer. Mich irritiert vor allem, wie viel Angst in
unserer Kirche regiert.
ZEIT: Sie wirken nicht verängstigt.
Kretschmann: Ich bin ja ein Laie, ich habe also
nicht wirklich was zu sagen in der Kirche. Aber
dafür kann man mir auch nicht viel anhaben.
Heutzutage sind viele Enzykliken länger als ein
ganzes Evangelium. Daran merkt man: Die Dogmen lasten wie ein Alb auf uns Gläubigen. Ob
man etwa Kondome benutzt, das hat mit der
Nachfolge Christi so viel zu tun wie die Frage, ob
man mit Messer und Gabel isst oder lieber mit den
Händen. Welcher Mensch kann da noch eine Brücke zum Evangelium schlagen?
ZEIT: Kondome sind Ihr Hauptdissens?
Kretschmann: Nein. Dass meine Kirche nicht zugeben kann zu irren, das ertrage ich am schwersten. Auch wenn manche es noch nicht wahrhaben wollen: Die Zeiten sind vorbei, in denen die
Hierarchie Debatten einfach für beendet erklären konnte. Das Problem sind nicht die Dogmen
an sich, sondern dass die Kirche glaubt, sie seien
alle richtig.
ZEIT: Wo hört der Glaube für Sie auf?
Kretschmann: Ich bete das Glaubensbekenntnis
tapfer mit. Ich lasse da keine Sätze heimlich aus.
Ich bin meiner Kirche und ihrer Lehre gegenüber
loyal. Aber ich bin eben auch Biologe. Allein
schon deswegen bin ich ein zweifelnder Glaubender. An die Jungfrauengeburt zum Beispiel kann
ich nicht glauben.
ZEIT: Wie glaubt man, wenn man manches nicht
glauben kann?
Kretschmann: Analog. Geboren aus der Jungfrau
will doch sagen, Jesus Christus ist wahrer Gott und
wahrer Mensch. Ich glaube einfach nur das, was
ich glaube. Anders kann ich nicht glauben.
ZEIT: Hält Ihr Pfarrer das mit Ihnen aus?
Kretschmann: Ich hoffe es.
ZEIT: Es gibt einen harten Satz von Ihnen: Der
Mensch ist nicht fürs Glück gemacht ...
Kretschmann: ... sondern zur Freiheit berufen. Das
ganze Glücksgerede finde ich einen Irrweg. Das
große Missverständnis heute ist, dass die Politik
die Menschen glücklich machen soll.
ZEIT: Was ist daran falsch?
Kretschmann: Wer Glück für den Normalzustand
hält, kann vom Leben nur enttäuscht werden. Und
von der Politik auch. Ich erlebe aber immer öfter,
dass das die Erwartung der Leute ist. Die Konsequenz: Wir jammern in Baden-Württemberg auf
dem allerhöchsten Niveau.
ZEIT: Sie sind ein Skeptiker?
Kretschmann: Ja. Wenn ich gefragt werde, ob Politik Spaß macht, sage ich: Politik macht keinen
Spaß, Politik macht Sinn. Dauernd übers Glück zu
reden, das halte ich für einen Wahn.
ZEIT: Wenn es nicht um das Glück geht, sondern
um den Sinn: Haben Sie den Sinn gefunden in
Ihrem Leben?
Kretschmann: Viel besser: Ich suche noch.
Die Fragen stellte PATRIK SCHWARZ
Zeit vom 19.3.2015, Seite 75.pdf
CHANCEN 75
D I E Z E I T No 12
Fotos: David Klammer für DIE ZEIT
19. M Ä R Z 2015
Impressionen aus der
Synagoge der jüdischen
Gemeinde Gelsenkirchen
Gloria Tenenbaum
würde gern auf eine
jüdische Schule gehen
Nataliya Kanevskyy
sorgt sich um ihren Sohn
Jüdische Schüler zwischen Angst und Stolz
»Wir wissen, wo Ihre Tochter zur Schule geht« #
Drohungen wie diese führen zu immer mehr Polizeipräsenz vor jüdischen Schulen und Synagogen. Wie gehen die Betroffenen damit um?
Eine Mutter und eine Schülern erzählen. Und ein Rabbiner hat uns geschrieben, wieso er nichts dazu sagen möchte. Aufgezeichnet VON RUDI NOVOTNY
»Müssen wir wieder weglaufen?«
I
ch habe Angst um mein Kind. Die Angst
sitzt bei uns Juden im Rückenmark. Ich bin
gegen Gewalt. Egal, welcher Krieg, welches
Land, welche Religion. Aber es nimmt
mich besonders stark mit, wenn die Opfer dieselbe Religion haben, wie in Paris und Kopenhagen. Wenn sie getötet werden, weil sie Juden
sind. Überrascht haben mich die Ereignisse
nicht. In Israel gibt es jedes halbe Jahr einen
tödlichen Terroranschlag. Und hier in Deutschland haben wir auch schon mehrere Brandanschläge auf Synagogen erlebt, zum Glück bislang ohne Opfer. Aber es kommen jedes Mal die
alten Gedanken und Ängste hoch: Müssen wir
uns wieder vorbereiten? Müssen wir wieder weglaufen? Ich denke nicht ans Auswandern – noch
nicht. Erst wenn man uns aus dem Haus wirft
und die Polizei nur zuschaut. Und auch niemand sonst hilft.
Felix ist unser einziges Kind. Er ist erst fünf,
aber ich werde ihn sein Leben lang darum bitten, dass er sein Judentum nicht zu offen zeigt.
Das habe ich auch schon vor den Anschlägen in
Paris und Kopenhagen so gesagt. Keiner geht
auf die Straße und schreit: Ich bin ein Jude! Das
ist bei den Muslimen anders. Die muslimischen
Kinder, die Teenager, die zeigen ihren Glauben,
auch offensiv. Haben Sie hierzulande schon einmal einen Juden gesehen, der so etwas macht?
Ich bin in der Ukraine aufgewachsen, meine
Oma hat mir immer eingeschärft: Wir dürfen
nie sagen, welche Religion wir haben! Ich erinnere mich noch, als ich zur Schule ging. Wir
hatten ein Klassenbuch. Da standen die Namen
der Kinder drin, ihre Adressen und ihre Religion. Die Lehrerin hatte alles mit blauem Stift
notiert. Nur bei mir stand in Rot: Jude. Auch als
ich das gesehen habe, habe ich geschwiegen.
Ich hoffe, dass mir so etwas hier nie passiert.
1998 bin ich nach Deutschland gezogen. Im
selben Jahr wie mein Mann, der aus Kiew
stammt. Kennengelernt haben wir uns in der jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen, wo ich mich
#
Antisemitische
Anschläge
in Europa
NATALIYA KANEVSKYY,
»Ich verzichte auf den Davidstern, wenn ich rausgehe«
Mail des Rabbiners
in der Jugendgruppe engagiert habe. Wir waren
immer aktiv in der Gemeindearbeit, außer in den
vergangenen sechs Jahren. Da lebten wir nahe
Regensburg, wo mein Mann studierte. Als er im
Herbst ein Jobangebot aus Gelsenkirchen bekam,
sind wir zurückgekommen, und ich habe mich
wieder in der Gemeinde engagiert, bis ich eine
Stelle als Altenpflegerin gefunden habe.
Wenn Felix im September eingeschult wird,
werden wir ihn in den Religionsunterricht der
Gemeinde schicken. Ich habe viel darüber nachgedacht, ob ich mein Kind jüdisch aufziehen
möchte. Aber einen jüdischen Kindergarten gab
es nur in Dortmund. Das ist zu weit weg. Hätte
ich die Wahl, würde ich ihn auch auf eine jüdische Schule schicken. Vielleicht weil ich hoffe, dass ihn das zu unseren Wurzeln führt. Die
Kinder lernen die Abläufe und Traditionen des
Judentums kennen.
Jetzt wird unser Sohn eine ganz normale
Schule besuchen. Das ist für mich eigentlich
auch kein Problem. Nur seit den propalästinensischen Demonstrationen im vergangenen Jahr,
auf denen antijüdische Parolen gerufen wurden,
mache ich mir Gedanken.
Ich frage mich, wie es meinem Sohn in der
Schule ergehen wird. Sollen wir da laut und
deutlich zu unserer Religion stehen? Oder uns
lieber bedeckt halten? Wenn er auf die staatliche
Schule geht, wird ein Formular ausgefüllt. Da
steht: Religion. Da müsste stehen: Jüdisch. Beantworte ich diese Frage, wird es jeder wissen.
Spätestens wenn seine Mitschüler im Religionsunterricht sitzen und er nicht.
Felix ist sich seines Judentums ja noch nicht
einmal bewusst. Er stellt keine Fragen. Er hat
noch nichts Schlimmes erlebt. Aber eine Mutter
will ihr Kind schützen. Egal, wie. Hauptsache,
das Kind ist geschützt.
Wenn also diese Frage kommt – ich weiß
nicht, wie ich handeln werde.
Altenpflegerin, 35 Jahre alt
Sehr geehrter, lieber Herr Novotny,
wenn die von Ihnen genannte Kollegin
Sie schon empfiehlt, müssen Sie einfach ein
lieber Mensch sein. Umso mehr tut es mir
leid, Sie enttäuschen zu müssen.
Zu stark sind unsere Bedenken, um nicht
zu sagen: ist unsere Furcht. Meine Frau bittet
mich schon weinend, unsere Präsenz nicht
über Gebühr zu strapazieren. Nach wie vor
publiziere ich, wenn auch weniger als früher.
Ich habe schon während des Gaza-Kriegs
ernste Drohungen bekommen (»Wir wissen,
wo Ihre Tochter zur Schule geht ...« und ähnliche Sachen, von den üblichen Beschimpfungen abgesehen), die ich auch immer der Polizei weiterleite. Die Bedrohungslage wird
ständig evaluiert.
Die Furcht ist bei uns stärker als die Zivilcourage: Unsere Tochter geht jetzt auf eine
andere Schule. In der neuen Schule weiß
niemand von ihrer jüdischen Identität. Damit
hat sie etwas gemeinsam mit meiner Mutter
– mit jener jüdischen Generation, die mit
Verstecken und Leugnen umgehen musste.
Am liebsten würde ich das alles herausschreien – aber das würde die Bedrohung ja
gerade erhöhen, statt sie zu mindern. Öffentlichkeit schützt hier nicht – im Gegenteil.
Da ich allerdings hin und her schwanke
in dieser Angelegenheit, habe ich die Mail
von Ihrer Kollegin an andere Eltern weitergeleitet. Vielleicht ist die eine oder andere
Familie weniger feige, als wir es sind. Vielleicht auch weniger exponiert.
Am liebsten würde ich Sie um Verständnis für meine Feigheit bitten. Sie ist aber in
letzter Konsequenz charakterlos, auch wenn
ich als Entschuldigung die Sicherheit meiner
Tochter angebe. Sie ist nun mal alles, was
wir haben.
Ihr N. N.
I
ch bin stolz darauf, jüdisch zu sein. Es ist
schon so viel passiert wegen des Judentums. Es hat so viel überstanden. Darauf
kann man stolz sein.
Seit meinem zweiten Lebensjahr gehe ich
hier in die Synagoge. Auch zum Religionsunterricht komme ich her und sonntags für
die Jugendgruppe. Mein Vater arbeitet zwar in
der Synagoge in Essen, ist aber nicht sonderlich religiös. Meine Mutter kommt aus Litauen, sie ist religiös aufgewachsen. Wir gehen zu
den Feiertagen in die Synagoge, aber wir halten keinen Sabbat oder so. Und koscher essen,
das machen wir auch nicht, obwohl ich das
gerne würde.
Dass ich Jüdin bin und was das bedeutet,
habe ich zum ersten Mal im Ferienlager verstanden. Da war ich mit zwölf Jahren in Italien,
zusammen mit jüdischen Kindern aus ganz
Deutschland, und wir haben viel über das Judentum gelernt. Weil ich regelmäßig in diesem
Zeltlager bin, sind die meisten meiner Freunde
jüdisch, kommen aber aus anderen Städten.
Ich habe auch einen israelischen Pass. Einen
eigenen. Obwohl ich in Gelsenkirchen geboren bin. Das wollte meine Mutter. Sie will
auch, dass ich ohne Davidstern-Halskette aus
dem Haus gehe. Das hat nichts mit Paris oder
Kopenhagen zu tun. Es gibt so eine Grundangst. Wenn mich jemand fragt, ob ich jüdisch
bin, dann stehe ich dazu. Immer. Aber habe
Angst, dass Leute zu mir kommen und mich
beschimpfen oder schlagen, weil ich jüdisch
bin, so wie das Juden in Berlin passiert ist.
Deshalb verzichte ich von selber auf den Davidstern, wenn ich rausgehe. Auch wenn ich
das eigentlich doof finde.
Gäbe es in Gelsenkirchen eine jüdische
Schule, würde ich dahin gehen. Leider gibt es
die nicht, deshalb gehe ich auf eine staatliche
Realschule. Dort wissen alle, dass ich jüdisch
bin. Ich fühle mich da auch wohl und habe
christliche und muslimische Freunde.
Trotzdem denke ich, dass ich mich auf einer jüdischen Schule noch wohler fühlen würde. Dort wären die Leute so wie ich. Wir wären gleich. Woran das liegt, das ist schwer zu
beschreiben. Es ist ein Gefühl. Man spürt,
dass man dazugehört. Als ich vor zwei Jahren
in Israel meine Verwandten besucht und mit
meinem israelischen Pass am Flughafen stand,
sagte der Beamte: Ah, das ist eine von uns. Ich
habe sofort gemerkt, dass ich eine Verbindung
mit diesem Land habe. Man spürt, dass man
angekommen ist. Israel, das ist mein Land.
Als dann vergangenes Jahr der Konflikt
zwischen Palästina und Israel schlimmer geworden ist und die ganzen Demonstrationen
für Palästina stattfanden, waren meine muslimischen Freunde für Palästina. Sie sagten,
dass die Hamas recht hat. Ich war für den
Staat Israel. Wir haben von Anfang an gesagt:
Wir können uns darüber unterhalten, aber wir
streiten uns nicht. Wenn wir nicht mehr reden
wollten, haben wir das Thema gewechselt.
Einfach so. Ich will mich ja nicht mit meinen
Freundinnen, mit denen ich schon fünf Jahre
zusammen im Unterricht sitze, über so etwas
zerstreiten! Etwas, woran wir keine Schuld
haben. Woran wir nichts ändern können.
Wirkliche Probleme, weil ich jüdisch bin,
gab es in der Schule nie. Ein einziges Mal hat
ein Junge aus meiner Klasse zu mir »Du Jude!«
gesagt. Das war nicht böse gemeint. Doch die
Lehrer haben total Panik bekommen. Die haben richtig Stress geschoben. Der hat dann
dafür einen Tadel gekriegt. Dabei war es wirklich nur so dahergesagt. Ich kannte den Jungen ja. Mir selbst war es echt egal, und den
Tadel fand ich unnötig. Aber ich dachte,
wenn die Lehrer es machen wollen, sollen sie
es halt machen. Der Junge hatte schon zwölf
Tadel, da hat der dreizehnte auch nichts mehr
ausgemacht.
GLORIA TENENBAUM,
Schülerin, 14 Jahre alt
19. März 2012
18. Juli 2012
24. Mai 2014
9. Januar 2015
15. Februar 2015
Im bulgarischen Burgos mischt sich
ein Attentäter unter eine israelische
Reisegruppe und sprengt sich in die
Luft. Fünf Israelis sterben
Ein junger muslimischer Franzose
algerischer Herkunft erschießt einen
Rabbi und drei Kinder vor einer
jüdischen Schule in Toulouse
Bei einem Anschlag auf das Jüdische
Museum von Belgien sterben in
Brüssel ein Ehepaar aus Israel sowie
zwei Museumsmitarbeiter
Zwei Tage nach dem Pariser »Charlie
Hebdo«-Attentat: Ein weiterer
Attentäter überfällt einen jüdischen
Supermarkt. Vier Menschen sterben
Nach dem Anschlag auf das Kulturzentrum Krudttønden erschießt der
Attentäter vor der Kopenhagener
Synagoge einen Wachmann
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Reformierte Presse vom 20.3.2015, Seite 5a.pdf
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