Goldletter - Klinik Pyramide am See

Informationen und Fachartikel der Klinik Pyramide am See, Zürich
Nr. 1/2015
Tabuthema:
Harninkontinenz
und Beckenbodenschwäche
Gynäkologie, Seite 3
Editorial 2
Haus zur Pyramide und loyale Mitarbeiter
Gynäkologie 3
Harninkontinenz bei Frauen
Handchirurgie 6
Prothese bei Fingerendgelenksarthrose
Wirbelsäulenchirurgie 8
Dynamische Bandscheibenprothese
Viszeralchirurgie 10
Unspezifische Beschwerden bei
Gallensteinen
Venenchirurgie 12
Therapien bei Krampfadern
Plastische Chirurgie 14
Facelifting und Augenlidstraffungen
Pyramide intern 16
Goldletter 1
News, Veranstaltungen und Hinweise
Liebe Leserinnen und Leser
Impressum:
Klinik Pyramide am See
Bellerivestrasse 34
CH-8034 Zürich
Tel. +41 44 388 15 15
Fax +41 44 381 26 26
[email protected]
www.pyramide.ch
Goldletter 1/2015
Eine Publikation der
Klinik Pyramide am See AG
Koordination
Sandra Neeracher Lauper
Redaktion
PD Dr. med. Daniele Perucchini
PD Dr. med. Boris J. Czermak
Prof. (SK) Dr. med.
PhD Burkhard Rischke
PD Dr. med. Daniel Bimmler
Dr. med. Stephan R. Koeferli
Dr. med. Cédric A. George
Nicole Rimmel
Sandra Neeracher Lauper
Design
Valérie Grüninger, Zürich
Druck
Fröhlich Info AG, Zollikon
Litho
bb repro AG, Zürich
Auflage
7800 Exemplare
Copyright
Nachdruck nur mit Quellenangabe und schriftlicher Erlaubnis
der Klinik Pyramide am See AG
Die Illustrationen und Fotos in den
jeweiligen Beiträgen stammen von den
Belegärzten. Die entsprechenden
Rechte und Einwilligungen liegen vor.
2 Goldletter
Die ersten Wochen des neuen Jahres sind bereits Vergangenheit. Wir
blicken auf ein erfreuliches 2014 zurück. Mit grossem Engagement
haben wir die verschiedenen Herausforderungen gemeistert und all
unsere Energie in die Verbesserung unseres Kerngeschäftes, des
Operationsbetriebs und der Patientenbetreuung, gesteckt. Über die
Sommerferien haben wir nicht nur den Operationstrakt aufgerüstet
und Patientenzimmer modernisiert, sondern auch das Haus zur
Pyramide eingerichtet und für die Eröffnung vorbereitet. Das Haus
zur Pyramide ist eine ideale Ergänzung zur Klinik und bietet unseren Belegärzten und insbesondere dem Zentrum für Plastische
Chirurgie (ZPC) Expansionsmöglichkeiten und neue Geschäftsopportunitäten, so zum Beispiel das Face-Atelier für Haut- und
Faltenbehandlungen. Neben den Industriepartnern Galderma-Spirig
(Pharmaunternehmen, Centre of Excellence) und Sebbin (Brustimplantatehersteller) wird im Haus zur Pyramide eine erstklassige
Tagesklinik für ambulante Eingriffe domiziliert sein. Ebenso sind
dort die neuen Arztpraxen der Dres. med. Stephan Koeferli, Daniel
Brusco, Sebastian Vetter und Thomas Zünd zu finden.
Ich freue mich, Ihnen in dieser Ausgabe nebst der Präsentation von
sechs spannenden Fachartikeln aus der Feder unserer Belegärzte
auch berichten zu können, dass wir bei den Patientenbefragungen
der Swiss Leading Hospitals wiederum hervorragend abgeschnitten
haben. 2014 haben wir in allen Quartalen jeweils das beste Gesamtresultat aller Spitäler erzielt. Mein besonderer Dank geht an unsere
Belegärzte, das Pflegeteam von Arjan de Feiter, aber auch an die
gesamte Belegschaft der Klinik Pyramide. Ich sehe den Grund dieser
konstant hohen Dienstleistungsqualität bei der grossen Loyalität und
Verbundenheit der Mitarbeitenden mit unserer Klinik. Ist es nicht
einzigartig, in dieser Zeit noch so viele langjährige Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter zu haben?
Ihr Beat Huber
Direktor
Das stille Leiden: Harninkontinenz
und Beckenbodenschwäche bei Frauen
Obwohl Inkontinenz und gynäkologische Senkungszustände relativ häufig sind, gehören sie
immer noch zu den Tabuthemen unserer Gesellschaft, und Betroffene trauen sich oft nicht,
darüber zu reden. Vor allem Frauen fühlen sich durch den ungewollten Harnverlust sehr
belastet und versuchen, ihr Problem zu verbergen. Heute kann den meisten Patienten mit
verschiedenen Behandlungen geholfen werden. Am Anfang steht das offene Gespräch mit
dem Arzt: Denn für die Behandlung ist es wichtig, die Ursache der Störung zu erkennen.
PD Dr. med. Daniele Perucchini
Nach Schätzungen leiden ca. 500’000 Frauen in der Schweiz an
Harninkontinenz und Blasenschwäche. Diese können unterschiedlichste Gründe haben und in jedem Lebensalter auftreten. Aufgrund des weiblichen Körperbaus sind Frauen häufiger
als Männer von Blasenschwäche betroffen, besonders in der
Zeit um die Menopause und danach. Viele Frauen nehmen die
Belästigung resigniert als unabänderlich hin. Die psychische
Belastung kann aber auch so weit gehen, dass sich betroffene
Frauen aus Angst vor Peinlichkeit völlig zurückziehen, Freundschaften aufgeben und intime Kontakte meiden. Hier ist Aufklärung dringend nötig, denn gegen Inkontinenz kann etwas
getan werden: am Anfang mit konservativen Behandlungen
wie z. B. Physiotherapie und später bei fehlender Besserung
mit minimal-invasiven Eingriffen.
Die richtige Trinkmenge
Die Nieren und ableitenden Harnwege haben eine wichtige
Aufgabe im Wasserhaushalt des Körpers und bei der «Entsorgung» der Endprodukte des Stoffwechsels. Bereits bei der
Frage der ausreichenden Trinkmenge gibt es viele Unsicherheiten. Viele Frauen trinken deutlich mehr, als sie benötigen,
in der Hoffnung, dies helfe beim Abnehmen oder mache
die Haut jünger. Alles was getrunken wird, muss aber wieder
ausgeschieden werden. Der Flüssigkeitsbedarf beträgt bei
normaler Tätigkeit ca. 25–30 ml Flüssigkeit pro Kilogramm
Körpergewicht. Bei einem Gewicht von 60 kg sind dies
1500–1800 ml. Bei Sport und warmen Temperaturen sollte man
mehr trinken. Vor allem Alkohol kann Inkontinenz und Reizblasenbeschwerden verstärken, ebenso Kaffee und Tee. Alles
zählt aber als Flüssigkeit. Viele Frauen denken, sie trinken
zu wenig. Das Führen eines Blasentagebuchs, in welchem die
gemessenen Trinkmengen und Urinportionen festgehalten
werden, ist deshalb sehr hilfreich und informativ. Das normale
Fassungsvermögen der Blase beträgt 3–5 dl. Wird diese Kapazität nicht trainiert, so kann die Blase kleiner werden. Der
Harndrang erfolgt dann immer früher oder kann so plötzlich
auftreten oder so stark sein, dass sich die Blase spontan zusammenzieht und unaufhaltsam Urin entleert. Es gibt unterschiedliche Arten von Blasenschwäche, vielfach auch Mischformen,
die abhängig von den zugrunde liegenden Störungen behandelt
PD Dr. med. Daniele Perucchini
Facharzt FMH für Gynäkologie
Urogynäkologe
Präsident Gesellschaft für
Blasenschwäche
Blasenzentrum am Stadelhoferplatz
Gottfried-Keller-Strasse 7
8001 Zürich
Tel. +41 44 253 24 40
Fax +41 44 253 24 41
[email protected]
www.blasenzentrum.ch
werden müssen. Darum ist es so wichtig, den Arzt aufzusuchen
und eine exakte Diagnose stellen zu lassen. Dabei werden
viele Informationen rund um die Blasenfunktion diskutiert,
unter anderem auch die normale Trinkmenge. Die genaue
Untersuchung von Blase und Beckenboden bei der Frau nennt
sich urogynäkologische bzw. urodynamische Untersuchung
und erfolgt durch den Spezialisten.
Die Belastungsinkontinenz
Bei der Belastungsinkontinenz kommt es durch körperliche
Aktivitäten wie Husten, Niesen, Laufen oder Springen zum
Urinabgang. Auch das Heben schwerer Lasten kann zu Inkontinenz führen. Von Belastungsinkontinenz spricht man, weil die
Belastung der Blase, also ein Druck auf die Blase, die Inkontinenz bewirkt. Diese Form der Inkontinenz ist die häufigste
Form. An Belastungsinkontinenz leiden Frauen in allen Altersgruppen. Frauen im mittleren Lebensalter sind jedoch besonders häufig betroffen. Die Fähigkeit, während einer Belastungssituation den Urin zurückzubehalten, hängt von der
koordinierten Zusammenarbeit ausgewählter Muskeln, Nerven
und Bänder des Beckenbodens ab. Diese Strukturen müssen
dem erhöhten Bauchdruck, der sich auf die Blase auswirkt,
entgegenwirken. Die häufigsten Ursachen der Belastungsinkontinenz sind Harnröhrenschwächung und Schädigung
des Blasenhalteapparats als Folge von Geburten und zunehmendem Alter. In eigenen Untersuchungen konnten wir
erstmals nachweisen, dass mit zunehmendem Alter täglich
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durchschnittlich eine Muskelfaser in der Harnröhre der Frau
verschwindet und damit die Verschlusskraft der Harnröhre
abnimmt. Wir wissen, dass auch Beckenbodenschädigung,
Bindegewebsschwäche, Nervenschädigung und lokaler
Hormonmangel mit zunehmendem Alter die Belastungsinkontinenz begünstigen können.
Das Beckenbodentraining
Die Beckenbodenmuskulatur und das Beckenbindegewebe
spielen eine wichtige Rolle zur Sicherung der Kontinenz. Bei
der urogynäkologischen Abklärung erfährt man, wie stark
der Beckenboden ist und ob ein Beckenbodentraining sinnvoll
wäre. Mittels Ultraschall kann man sehen, was das gezielte
Anspannen des Beckenbodens bewirkt und ob man die
Beckenmuskeln richtig anspannen kann. Zu den konservativen
Massnahmen gehören auch verschiedene spezielle Kontinenztampons und sog. Pessare, welche angepasst werden und so
zum Beispiel bei Sport die Kontinenz verbessern helfen. Diese
Tampons können durch die Patientin selber bei Bedarf in
die Scheide eingeführt und danach wieder entfernt werden.
Das Kontinenzbändchen
Kann eine Belastungsinkontinenz mit konservativen Therapiemassnahmen nicht zufriedenstellend behandelt werden, so
kann eine Inkontinenzoperation weiterhelfen. Die «Bändchenoperation» wurde Mitte der Neunzigerjahre erfunden und hat
die Inkontinenzchirurgie revolutioniert. Dabei wird ein Kontinenzband (TVT: Tension free Vaginal Tape) unter die Harnröhre eingeführt, das den Verschluss der Blase unterstützt. Das
TVT-Bändchen hat eine netzartige Struktur und besteht aus
Kunststoff. Es hat sich in vielen Millionen Operationen bewährt. Das Band wird vom Körper nicht abgestossen. Der Eingriff wird unter lokaler Anästhesie minimalinvasiv vorgenommen, und nur zwei kleine Durchstichstellen oberhalb der
Schamhaare bleiben als Narben sichtbar. Bei Belastungen, wie
dies typischerweise beim Husten der Fall ist, kommt es zu einer
Art Knickung der Harnröhre, wodurch der Urinabgang verhindert wird. Während der Operation ist die Patientin wach und
muss bei gefüllter Blase wiederholt husten. Dabei wird das
TVT-Band so lange über die oberhalb des Schambeins herausragenden Bandenden angezogen, bis fast kein Urin mehr abgeht und die Blase «dicht» ist. Die richtige Anspannung des
Bandes ist wichtig, denn wird das Band zu fest angespannt,
kann die Patientin nicht mehr gut Wasser lösen und die Blase
entleert sich nicht mehr vollständig. Liegt das Band zu locker,
verliert die Patientin unverändert Urin. Die Kunst besteht also
darin, das TVT-Band nicht zu straff und auch nicht zu locker
einzulegen. Die Erfolgsraten sind abhängig von der Erfahrung
des Chirurgen und liegen bei 80 bis 90 Prozent.
Die Reizblase
Was man im Volksmund nervöse Blase, Reizblase oder Dranginkontinenz nennt, heisst in der Fachsprache überaktive oder
hyperaktive Blase. Das Hauptsymptom der überaktiven Blase
ist ein plötzlich auftretender, störender, krankhafter Harndrang. Als Folge davon kommt es zu gehäuftem Wasserlösen
am Tag und teilweise sogar in der Nacht. Unter Umständen
kann die Harninkontinenz eintreten, bevor die Toilette erreicht
wird: Dann spricht man von Dranginkontinenz. Mindestens
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Abb. 1: Das Kontinenzband wird
unter die Harnröhre eingeführt,
womit der Verschluss der Blase
unterstützt wird. Abb. 2: Im Ruhezustand wird die Blase nicht
belastet. Abb. 3: Bei Belastungen,
wie z. B. beim Husten, kann es
durch Druckerhöhung im Bauchraum zur Absenkung der Blase
und der Harnröhre kommen. Das
Bändchen unterstützt die Harnröhre und führt dabei zu einer
sichtbaren Knickung, was den
Abgang von Blaseninhalt verhindert. Abb. 4: Botox wird direkt in
den Blasenmuskel gespritzt.
jeder sechste Erwachsene leidet an einer überaktiven Blase.
Damit gehört das Krankheitsbild der überaktiven Blase zu
einer der häufigsten Krankheiten und ist verbreiteter als z. B.
die Zuckerkrankrankheit oder Rheuma.
Blasentraining und Verhaltensänderung
Beckenbodentraining hilft auch bei der hyperaktiven Blase.
Zusätzlich sind aber Verhaltensänderungen sehr wichtig. Dazu
gehören das Anpassen der Trinkmenge, evtl. der Verzicht auf
scharfe Gewürze, Nikotinstopp, die Reduktion kohlensäurehaltiger Getränke und schliesslich auch eine Gewichtsreduktion.
Es wurde nachgewiesen, dass eine Reduktion der Flüssigkeitszufuhr auf 1 bis 1,5 Liter pro Tag zu einer Verbesserung der
Symptome führt. Blasentraining und Medikamente sind wichtige Elemente einer erfolgreichen Therapie. Ziel des Blasentrainings ist die Steigerung des Blasenfassungsvermögens.
Die zeitlichen Abstände zwischen den Toilettengängen werden
schrittweise und teils mit Unterstützung von «blasenentspannenden» Medikamenten erhöht. Die Blase lernt somit, mehr
Wasser aufzunehmen und zu behalten, ohne dass Urin abgeht.
Injektionen von Botox
Botulinumtoxin, das als Botox für die Faltenbehandlung bekannt ist, kann auch zur Behandlung der Reizblase eingesetzt
werden. Botulinumtoxin ist ein Naturprodukt und wird in
der Medizin schon seit vielen Jahren für ernsthafte Erkrankungen des Nerven- und Muskelsystems eingesetzt. Es wird
heute aufgrund der eindrücklichen Wirkung auch «Penicillin
des 21. Jahrhunderts» genannt. Die Botox-Therapie für die
Blase, die seit 2015 auch von den Krankenkassen übernommen
wird, kommt dann zum Zuge, wenn alle konservativen, individuell anpassbaren Therapieoptionen mit Blasentraining,
Beckenbodentraining und Medikamenten nicht zielführend
waren. Der Wirkstoff wird während einer Blasenspiegelung an
ca. 20 verschiedenen Stellen in den Blasenmuskel gespritzt.
Diese einfache Therapie führt häufig zu einer sehr eindrücklichen Verbesserung der Drangsymptomatik. Die Wirkungsdauer beträgt durchschnittlich etwas weniger als ein Jahr. Viele
Frauen benötigen aber erst nach ein bis zwei Jahren eine erneute Injektionstherapie.
Zusätzliche Beschwerden durch trockene Scheide
Ein besonderes Problem, insbesondere für das Entstehen einer
Reizblase, ist die wechseljahrbedingte Austrocknung der Scheide. Die gesunde Scheide hat eine dicke Oberfläche, ist gut
durchblutet und feucht. Hormonelle Veränderungen nach den
Wechseljahren verändern die Scheidenhaut. So lässt nach der
Menopause die Durchblutung nach und damit auch die Fähigkeit, Flüssigkeit zu bilden. Die Scheide wird kürzer, enger und
weniger elastisch und die Scheidenhaut dünner, empfindlicher
und trockener. Während andere Wechseljahrbeschwerden
wie Hitzewallungen auch ohne Behandlung nach einigen
Belastungsinkontinenz
Reizblase
Überaktive Blase
«Gemischte»
Inkontinenz
Medikamente und Hormone
Die Reizblase kann auch mit Medikamenten behandelt werden. Seit einigen Monaten ist auch in der Schweiz ein Präparat
mit neuartigem Wirkungsmechanismus und weniger Nebenwirkungen zugelassen. Alle Medikamente versuchen, die Blase
zu «beruhigen». Sie reduzieren den Drang und verhindern,
dass sich der Blasenmuskel unwillkürlich zusammenzieht. Mit
den Medikamenten lassen sich die Beschwerden deutlich lindern, bei manchen Patienten kommt es sogar zu einer Normalisierung. Die am häufigsten eingesetzten Medikamente werden
einmal täglich in Tabletten- oder Kapselform eingenommen.
Viele Patienten verspüren schon in den ersten Wochen eine
Besserung ihrer Beschwerden. Innerhalb von drei Monaten
tritt die volle Wirkung meist ein. Danach sollte das Medikament über längere Zeit eingenommen werden. Manifestieren
sich die Reizblasenbeschwerden nach der Menopause, so können auch lokal wirksame Hormonsalben oder Zäpfchen hilfreich sein. Die Östrogene bauen die Schleimhaut in der Harnröhre, der Blase und auch in der Scheide wieder auf und stellen
den Zustand vor den Wechseljahren wieder her. Eine erste
Besserung von Drangsymptomen und Brennen, Jucken oder
Schmerzen beim Geschlechtsverkehr ist nach ein bis zwei
Monaten spürbar. Da Östrogene etwas ersetzen, was fehlt,
stellen sich beim Absetzen der Therapie wieder dieselben Probleme ein. Deshalb empfiehlt sich eine andauernde Behandlung. In manchen Fällen verschwindet die lästige Blasenschwäche dann ganz.
Urinabgang bei Husten, Niesen, Rennen
Ja
Nein
Ja
Urinabgang beim Heben von Lasten
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Ja
Häufiges Wasserlösen
teilweise
Ja
Ja
Urinverlust bei Drang
teilweise
Ja
Ja
selten
Ja
Ja
Inkontinenzformen
und -symptome
Plötzlich auftretender Drang
Nächtliche Toilettengänge
Jahren wieder verschwinden können, wird die trockene Scheide erst nach einigen Jahren der Abänderung manifest und
verschlimmert sich danach schleichend. Eine trockene Scheide
kann sich leichter entzünden. Juckreiz, Drang- und Druckbeschwerden sowie wiederkehrende Infekte sind die Folgen.
Auch der Geschlechtsverkehr kann unangenehm und schmerzhaft werden. Ist Östrogenmangel aufgrund der Wechseljahre
die Ursache, können hormonhaltige Vaginalcremes verschrieben werden. Die Behandlung sollte möglichst früh einsetzen.
Wer keine Hormone anwenden möchte oder darf, kann sich
mit nichthormonellen Präparaten (Gleitgels, Feuchtigkeitscremes und -zäpfchen mit pflegendem Effekt) versorgen. Sie
sind allerdings den hormonhaltigen Präparaten in ihrer Wirksamkeit deutlich unterlegen.
Die Mischinkontinenz
Bei der Mischinkontinenz sind die Patienten sowohl von Symptomen der hyperaktiven Blase mit Drang- und Dranginkontinenz als auch von Symptomen der Belastungsinkontinenz
betroffen (siehe Tabelle oben). Dabei können die Symptome
beider Inkontinenzformen unterschiedlich ausgeprägt sein. Oft
tritt bei der Mischinkontinenz eine der beiden Inkontinenzformen stärker in Erscheinung. Die Häufigkeit der Mischinkontinenz steigt vor allem mit fortschreitendem Lebensalter.
Besonders Frauen ab dem 50. Lebensjahr sind von dieser Form
der Inkontinenz betroffen. Nach der Belastungsinkontinenz
ist sie die zweithäufigste Inkontinenzform bei Frauen. Aufgrund der vielfältigen und unterschiedlichen Symptome ist die
Mischinkontinenz etwas schwieriger zu diagnostizieren und
zu behandeln als die übrigen Formen der Inkontinenz. Die
Therapie der Mischinkontinenz basiert auf den individuellen
Problemen und Symptomen der betroffenen Person. Aus diesem Grund sollte sich die Behandlung im ersten Schritt nur auf
eine Form der Inkontinenz konzentrieren. Dazu gilt es, im
Rahmen der urodynamischen Diagnostik herauszufinden,
welche Inkontinenzform stärker ist und die Betroffenen am
meisten belastet. Bei den gemischten Blasenbeschwerden ist in
der ersten Therapiephase das Führen eines Blasentagebuchs
wichtig. Dabei muss aufgeschrieben werden, was wann getrunken wird und wann wie viel Urin entleert wird. Im Anschluss
daran wird mit der Behandlung der dominierenden Inkontinenzform begonnen, und meistens kann schon bald eine Linderung der Beschwerden gespürt werden.
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Die Prothese bei Fingerendgelenksarthrose: Der krumme Finger oder
das hässliche Entlein
Nicht nur, dass der Finger morgens steif ist und schmerzt. Zusätzlich sieht er immer krummer und knotiger aus. Verflixtes Erbstück! Mit einem Kunstgelenk kann man nicht nur
die Schmerzen verlässlich beseitigen und die Beweglichkeit erhalten, sondern auch ein normales Aussehen des Fingers wiederherstellen.
PD Dr. med. Boris J. Czermak
Die Hände sind mehr als nur Werkzeuge, sie haben als Kommunikationsmittel eine erhebliche zwischenmenschliche Funktion. Bei einer Begegnung achten wir besonders auf die unbekleideten Partien des Gegenübers – das Gesicht und die
Hände. Neben dem Blickkontakt vermittelt der Händedruck
einen unmittelbaren Eindruck und entscheidet über Sympathie
oder Antipathie. Insbesondere Menschen mit präsentierenden
Tätigkeiten schämen sich oft über den knorrigen Anblick ihrer
Fingergelenkarthrosen. In Gesellschaft werden deswegen häufig die Hände in den Taschen versteckt oder die Fäuste geschlossen, um die Finger zu verbergen. Gelegentlich werden
die Hände gleich ganz unter dem Tisch gehalten.
Wie kommt es dazu?
Die Deformation der Finger und die zunehmenden Schmerzen
sind auf die Entstehung einer Fingerendgelenksarthrose zurückzuführen. Diese ist leider eine schicksalshafte Angelegenheit und häufig familiär bedingt. Meist wird diese Neigung von
der Mutter an die Tochter weitergegeben, die Söhne sind in
geringerem Ausmass betroffen. Seltener entsteht diese Gelenkabnutzung wegen einer chronischen Überbelastung wie bei
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PD Dr. med. Boris J. Czermak
Facharzt FMH für Chirurgie,
spez. Handchirurgie
Forchstrasse 4
8008 Zürich
Tel. +41 44 363 88 88
Fax +41 44 363 88 90
[email protected]
www.handchirurgie.ch
Massageberufen oder nach Verletzungen. Schmerzepisoden
treten häufig als erste Symptome auf, zum Teil lange bevor das
Röntgenbild Veränderungen zeigt. Mit der Zeit wird es morgens immer schwieriger, die Finger zur Faust zu schliessen. Diese Erscheinungen werden in der nasskalten Jahreszeit schlimmer. Schliesslich bilden sich knotige Höcker an der Rückseite
der Fingerendgelenke und machen die Arthrose für alle sichtbar. Geraten die Finger dann auch noch aus der Achse und
werden immer krummer und steifer, stellt sich eine zunehmende Funktionseinschränkung ein. Häufig entwickeln sich in
unterschiedlichen Stadien dieser Arthroseentstehung Gelenkzysten über den betroffenen Gelenken und verursachen wegen
des Drucks auf die Fingernagelwachstumszone unschöne
furchenartige Nagelwachstumsstörungen.
Behandlungsmöglichkeiten
Haben diese Veränderungen ein störendes Ausmass erreicht,
ist eine handchirurgische Beratung sinnvoll. Hierbei wird ausführlich die Funktion getestet und bei Bedarf eine Standortbestimmung der Gelenksituation mittels Röntgen durchgeführt.
Sind die Knorpel- und Knochenveränderungen noch nicht so
stark ausgebildet, lassen sich die Beschwerden mit konservativen – nicht operativen – Massnahmen behandeln. Dazu gehören der Kälteschutz, der Einsatz von Knorpelprotektiva, eventuell Schmerzmittelsalben oder besser -sprays und allenfalls
Kortisonspritzen. Werden die Schmerzen damit nicht ausreichend gelindert, muss man die operative Behandlung diskutieren. Ist bereits eine massive Beweglichkeitseinschränkung, also
Einsteifung, eingetreten und der Finger erheblich verkrümmt,
kann lediglich eine Entfernung dieses destruierten Gelenks
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Abb. 1 und 2: Fortgeschrittene Fingerendgelenkarthrose.
Abb. 3 und 4: Nach prothetischer Versorgung.
Diese Arthrose eignet sich optimal für die Versorgung mittels Prothese, da die Fingerachse erhalten, d. h. noch keine Verkrümmung
eingetreten ist.
und eine Stabilisierung, meist mit einer Schraube, angeboten
werden. Bei einer solchen Versteifung ist die Schmerzbefreiung
oft nur noch auf Kosten einer geringen Restbeweglichkeit
verlässlich zu erreichen. Allerdings wird der Finger dabei ca.
3 Millimeter kürzer. Dieses Operationsverfahren wird ausschliesslich zur Behandlung der Schmerzhaftigkeit gewählt. Ist
man dagegen auch ästhetisch durch das knorrige Erscheinungsbild des Arthrosefingers gestört, kann bereits früher im Krankheitsverlauf bei einer vorhandenen Funktion und korrekten
Achse das abgenutzte Gelenk durch eine Prothese ersetzt werden. Mit dem Einsetzen eines Kunstgelenks wird das schmerzhafte Knochenreiben verhindert, und die Beweglichkeit kann
erhalten werden. Dafür muss man die Strecksehne über dem
Gelenk vom Knochen ablösen, kann dann alle störenden Knochenwucherungen des Arthrosegelenks sowie die zerstörten
Gelenkflächen entfernen und anschliessend die Prothese einsetzen. Diese wird nicht im Knochen verankert oder einzementiert. Vielmehr dient sie als beweglicher Platzhalter, um das
Reiben von Knochen auf Knochen zu verhindern. In den meisten Fällen wird eine Silikonscharnierprothese verwendet. Mit
diesem Implantat gibt es bereits jahrzehntelange Erfahrungen.
Daneben existieren auch Kunstgelenke aus modernen Werkstoffen wie z. B. Pyrocarbon. Allerdings fehlen für Prothesen
solcher Materialien die klinischen Langzeitergebnisse. Der
Eingriff dauert pro Fingergelenk etwa 45 Minuten und kann
auf Wunsch lediglich mit einer Betäubung des Fingers durchgeführt werden. Auch die Operation von mehreren Fingern
gleichzeitig ist möglich. Bei Bedarf entfernt man allfällige Gelenkzysten und erreicht so wieder einen schlanken Zustand
des Fingergelenks. Entfällt der Druck einer solchen Zyste auf
die Nagelwachstumszone, wächst sich sogar die furchenartige
Veränderung wieder aus. Allerdings benötigt der Fingernagel
bis zur vollständigen Erholung bis zu sechs Monate. Wichtig ist
das vollständige Einheilen der wieder befestigten Strecksehne
über dem Kunstgelenk, was erfahrungsgemäss sechs Wochen
beansprucht. In dieser Zeit wird eine kleine Fingerschiene getragen, die lediglich das operierte Gelenk ruhigstellt. Die Funktion der Hand wird dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt.
Vor- und Nachteile der Prothese gegenüber der Versteifung
Solange ein schmerzendes Arthrosegelenk eine gute Funktion
aufweist, fällt der Rat zu einer schmerzbefreienden Versteifung
schwer. Man versucht in dieser Situation, alle konservativen
Massnahmen auszuschöpfen, bis das Ausmass der Schmerzen
zum operativen Handeln zwingt. Kann man jedoch mittels Prothesenersatz die Beweglichkeit des Gelenks erhalten, lässt sich
diese Leidenszeit abkürzen, und eine Erleichterung ist bereits
in früheren Stadien der Arthrose möglich. Damit vermeidet
man die Entwicklung zu entstellenden Verkrümmungen der
Finger. Ausserdem bleibt die Fingerlänge mit prothetischem
Ersatz des Endgelenks erhalten, die Verkürzung wie bei der
Versteifung – und damit ein gewisses plumpes Aussehen – entfällt. Meistens können die Wunden lediglich mit einem speziellen Wundpflaster verschlossen werden, sodass fast unsichtbare Narben resultieren. An sich könnte man das neue Gelenk
sofort bewegen. Allerdings müssen die Weichteile rund um
die Prothese zuerst heilen, allen voran die durchtrennte und
anschliessend wieder angenähte Strecksehne. Ist die postoperative Ruhigstellung ungenügend, verbleibt ein Extensionsdefizit,
d. h., der Finger kann nicht vollständig gerade gestreckt werden. Die Behandlungsdauer unterscheidet sich aber nicht
wesentlich von derjenigen bei einer Versteifung. Wie bei allen
Gelenkprothesen kann sich der Knochen rund um das Kunstgelenk auflösen, die Prothese kann auslockern oder brechen.
Sollte eine solche Komplikation auftreten, ist der Wechsel von
einer Prothese zur Versteifung immer noch möglich. Muss
jemand allerdings schwere manuelle Tätigkeiten mit regelmässigem kräftigem Zupacken der Hände ausüben, wird die Stabilisierung durch Versteifung zulasten der Mobilität empfohlen.
Resümee
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die prothetische
Versorgung des Arthrose-geschädigten Fingerendgelenks einen
deutlichen Vorteil gegenüber der Gelenkversteifung in früheren Krankheitsstadien hat. Die Beweglichkeit kann damit bei
verlässlicher Schmerzbefreiung erhalten werden, und der Finger
erlangt wieder ein normales Aussehen. Somit muss man nicht
das Leid erdulden, bis der Schmerz durch die Versteifung erlöst
wird, sondern kann die Fingerfunktion bewahren und zusätzlich dem ästhetischen Empfinden Rechnung tragen.
Goldletter 7
Bewegung ist Leben, Stillstand
bedeutet Untergang
Eine gesunde Wirbelsäule ermöglicht eine spiralförmige Drehbewegung, seitliche Neigung,
sowie Vor- und Rückneigung. Sind Strukturen an der Wirbelsäule infolge von Degeneration, Unfall oder Operationen beschädigt, gerät das Gleichgewicht zwischen Mobilität und
Stabilität in Disharmonie. Das Ziel der modernen Wirbelsäulenchirurgie ist der Erhalt oder
die Wiederherstellung einer optimalen Beweglichkeit und Stabilität.
Prof. (SK) Dr. med. PhD
Burkhard Rischke
Facharzt für Chirurgie, Orthopädie
und Traumatologie
Wirbelsäulenchirurgie, FMH
Höschgasse 50/52, 8008 Zürich
Tel. +41 43 538 45 14
Fax +41 43 542 47 97
[email protected]
www.spine-center-rischke.ch
Prof. (SK) Dr. med. PhD Burkhard Rischke
Betrachten wir die Struktur, Funktion und Anforderungen der
Wirbelsäule, so wird deutlich, welch komplexes Organ sie darstellt. Die Wirbelsäule bildet mit ihren 24 Wirbeln die bewegliche Achse des menschlichen Körpers, stützt ihn und verbindet
Kopf, Brustkorb, Arme, Beine und Becken miteinander.
Die Bandscheiben als biologischer Stossdämpfer
Zwischen den segmental angeordneten Wirbelkörpern liegen
vom zweiten Halswirbel bis zum Kreuzbein die 23 Bandscheiben. Sie nehmen neben den Wirbelkörpern eine Art Puffer8 Goldletter
funktion ein. Die gesunde Bandscheibe ist triplanar, d. h., sie
hat drei Dimensionen in Rotation, Flexion und Extension sowie Seitneigung. Hinzu kommen zwei dimensionale Verschiebebewegungen in der horizontale Ebene (Translation) sowie
Kompression und Distraktion. Chronische Belastung, fehlende
Regenerationsfähigkeit des Gewebes im Alter oder auch Verletzungen der Knorpelplatten der angrenzenden Wirbelkörper
führen zu einem Untergang des Bandscheibengewebes. Das
Fehlen einer Blutversorgung in der Bandscheibe führt so unweigerlich zu einem Degenerationsprozess. Schädliche Entzündungssubstanzen fördern schliesslich kaskadenartig den Gewebeabbau. So kommt es zu Rissen im Faserring und unter
Druckbelastung zu einem Austritt von Gewebefragmenten
des zerstörten Gallertkerns und/oder des Faserrings, was sich
als Bandscheibenvorfall darstellt. Da der Faserring im hinteren
Anteil dünner ist, können auf diese Weise der Rückenmarkkanal und die Nervenwurzeln kompromittiert werden. Folge
sind Schmerzen, Missempfindungen oder gar Lähmungen in
den Armen oder Beinen.
Die Therapie des Bandscheibenvorfalls
Sofern keine Nervenstörungen in Form von Missempfindungen
oder Nervenausfällen an Armen, Händen, Beinen oder Füssen
bestehen, wird eine konservative Behandlung über mehrere
Monate empfohlen. Kommt es jedoch nach diesem Zeitraum
Wirbelkörper
zu keiner dauerhaften Beschwerdebesserung und Schmerzfreiheit, ist die operative Behandlung meist unumgänglich.
Die Indikationen zur sofortigen Operation sind persistierende
Nervenlähmungen an Händen oder Füssen, stärkste, nicht
therapierbare Schmerzen sowie akute Blasen- oder/und Mastdarmlähmungen.
Die Entfernung der Diskushernie
Die mikrochirurgische Entfernung des vorgefallenen Bandscheibensequesters wird als Nukleotomie bezeichnet. Ist die
Halswirbelsäule betroffen, wird die operative Entfernung der
gesamten betroffenen Bandscheibe von vorne durchgeführt.
Dabei erfolgt der Zugang seitlich von vorne entlang der Luftund Speiseröhre. An der Lendenwirbelsäule wird der Wirbelkanal von hinten durch einen kleinen, nur wenige Zentimeter
grossen Hautschnitt mithilfe des Mikroskops oder Endoskops
geöffnet. Anschliessend können komprimierende Anteile eines
Bandscheibenvorfalls (Diskushernie) aus dem Wirbelkanal
entfernt werden, was zur einer Entlastung der Nervenwurzeln
führt. Die degenerativ zerstörte Bandscheibe wird durch die
Nukleotomie nicht rekonstruiert. Die defekte Bandscheibe
verbleibt mit den beschriebenen Pathologien.
Die Versteifung der Wirbelkörper
Bestehen derartige Beschwerden oder chronische, therapieresistente Rückenschmerzen, wird als weitere Massnahme oft
eine Versteifung der Wirbelsäule empfohlen. Ziel dieser Operationsmethode ist es, die schmerzhaften und erkrankten Anteile der Wirbelsäule aus der Bewegungskette auszuschliessen.
Die betroffenen Wirbelsegmente werden versteift und sind
somit immobil. In dieser chirurgisch gewollten Immobilisierung
liegt die Problematik dieser Therapie. Klinische Studien ergaben, dass versteifende Operationen häufig zu schmerzhaften
Anschlusserkrankungen der Nachbarsegmente führen. Diese,
wie auch die gefürchtete Komplikation der Implantatlockerung, können erneute Operationen zur Folge haben. Es können
auf die Nachbarsegmente übergreifende Versteifungen mit
weiterer Ausdehnung der Immobilisierung resultieren. Aus
diesen Erkenntnissen heraus entwickelt sich die moderne
Wirbelsäulenchirurgie immer mehr in die Richtung der dynamischen Versorgung: Sie berücksichtigt, dass die Wirbelsäule
ohne das essenzielle Zusammenspiel von Stabilität und Bewegung ihre Funktion nicht erfüllen kann.
Die visko-elastische Bandscheibenprothese
Mit der visko-elastischen Bandscheibenprothese VTDR wird
die Funktionsweise der natürlichen Bandscheibe ideal imitiert.
Sie besitzt einen elastischen Polymerkern aus Polyurethan,
der in der Lage ist, sich wie die natürliche Bandscheibe zu verhalten. Die Operation wird in Vollnarkose durch die Bauchdecke durchgeführt. Der Zugang zur Wirbelsäule erfolgt je
nach Art und Höhe der erkrankten Bandscheiben entweder
über einen Unterbauchquerschnitt oder einen Längsschnitt in
der Haut von ca. 4 bis 6 cm. In der Regel bleibt dabei das
Bauchfell geschlossen, sodass Störungen an Darm und Baucheingeweiden vermieden werden können. Nachdem die an der
Wirbelsäulenvorderfläche befindlichen grossen Gefässe und
Nerven vorsichtig zur Seite geschoben worden sind, wird die
entsprechende Bandscheibe freigelegt. Das vordere Längsband
Nervenaustrittsloch mit
Nervenwurzel
Wirbelkanal mit
Nervenfasern
Dornfortsatz
Querfortsatz
Wirbelbögen
1
2
3
4
Abb. 1: Wirbelsäule im Querschnitt Abb. 2. Austritt von Gewebefragmenten (Bandscheibenvorfall). Abb. 3: Visko-elastische Bandscheibenprothese Abb. 4: Dynamische Stabilisierung
bzw. der Bandscheibenring werden eröffnet, die defekte Bandscheibe wird komplett entfernt und die Bandscheibenprothese implantiert. Nach der Operation bleibt der Patient noch
einige Tage im Krankenhaus. In der Regel sind dies etwa drei
bis vier Tage nach einer Operation an der Halswirbelsäule
und etwa sechs bis sieben Tage nach einer Operation an der
Lendenwirbelsäule. Da die Prothese normalerweise sofort bewegungs- und druckstabil ist, dürfen die Patienten schon einen
Tag nach dem Eingriff aufstehen und sitzen, sollten aber eine
Vorneigung unter Belastung, eine Überstreckung, das Heben
schwerer Gegenstände und eine abrupte Verdrehung der
Wirbelsäule vermeiden. Es erfolgt dann eine spezielle Nachbehandlung (Physio). Nach ca. drei Monaten ist die Prothese in
der Regel knöchern fest eingewachsen, was mittels Röntgenaufnahmen überprüft wird. In regelmässigen Abständen werden Nachsorgeuntersuchungen und eine Befunddokumentation
im Swiss Spine Register durchgeführt, was eine grösstmögliche
Sicherheit und Betreuung bei dieser Operationsmethode garantiert.
Die dorsale dynamische Stabilisation
Eine degenerative Erkrankung der Facettengelenke kann verschiedene Auswirkungen haben. So können die Nervenaustrittsöffnungen oder der Spinalkanal eingeengt werden, oder
es kann eine Instabilität im betroffenen Wirbelsegment auftreten. Alternativ zu einer Versteifungsoperation kann auch hier
eine dynamische Stabilisierung mittels eines dynamischen Fixateurs gewählt werden. Dieser Eingriff erfolgt von hinten (dorsal). Sofern eine Spinalkanalstenose oder Einengungen der
Nervenöffnungen vorliegen, werden diese gleichzeitig operativ
dekomprimiert. Auch die dynamischen Stabilisationsverfahren
werden im Swiss Spine Register dokumentiert. Die Implantation einer Bandscheibenprothese kann mit einer dynamischen
dorsalen Stabilisation kombiniert werden. Mit meinem Team
führe ich diese Operationen sowohl in der Klinik Pyramide als
auch in der Privatklinik Bethanien durch.
Goldletter 9
Unspezifische Beschwerden bei
Gallensteinen werden oft verkannt
Patienten und Patientinnen mit Gallensteinen und typischen Gallenkoliken lassen ihre
Gallenblase meist bald operativ entfernen. Dass aber auch Gallensteinträger mit weniger
typischen Beschwerden von einer Operation profitieren und Risiken vermindern können,
ist weniger bekannt.
PD Dr. med. Daniel Bimmler
Facharzt FMH für Chirurgie,
spez. Viszeralchirurgie
Seefeldstrasse 17, 8008 Zürich
Tel. +41 43 268 32 00
Fax +41 43 268 32 05
[email protected]
www.dr-bimmler.ch
Von PD Dr. med. Daniel Bimmler
Frau S. erwacht kurz nach Mitternacht wegen unerträglicher,
krampfartiger Oberbauchschmerzen; sie kämpft gegen Übelkeit
und muss kurz darauf mehrfach erbrechen. Die Schmerzen
rauben ihr den Atem; sie strahlen nach rechts in den Rücken und
in die Schulterregion aus. Am Abend hatte sie ein Käsefondue
genossen. Weil die Schmerzen auch nach einer Stunde nicht
abklingen, ruft sie den Notfallarzt. Dieser injiziert Frau S. ein
Schmerzmittel und ein krampflösendes Medikament, worauf die
Beschwerden rasch nachlassen. Er rät ihr, eine Ultraschalluntersuchung der Leber und Gallenblase durchführen zu lassen, da er
an eine Gallenkolik bei Gallensteinen denkt. Die Sonografie
bestätigt die Verdachtsdiagnose, und Frau S. wird eine laparoskopische Cholezystektomie (minimalinvasive Entfernung der
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Gallenblase) empfohlen, die sie angesichts der drastischen Erfahrung in jener Nacht auch bald durchführen lässt.
Akute, aber atypische Gallenkolik
Herr Z. klagt über einen rasch zunehmenden Schmerz im mittleren Oberbauch und hinter dem Brustbein, der bis zum Hals und
in die linke Brusthöhle ausstrahlt. Er hat Atemnot und verspürt
Übelkeit. Er begibt sich auf die nächstgelegene Notfallstation.
Dort wird er unter dem Verdacht auf eine akute Herzerkrankung
untersucht. Man beruhigt ihn und sagt ihm, dass keine Durchblutungsstörung des Herzens vorliege. Schliesslich wird er,
nachdem die bei Eintritt erhaltenen Schmerzmedikamente die
Beschwerden gelindert haben, ohne Diagnose nach Hause
entlassen. Die Beschwerden nehmen aber wieder zu. Schliesslich
meldet er sich zwei Tage später verunsichert bei seinem Hausarzt, der eine Druckempfindlichkeit im rechten Oberbauch feststellt und eine Sonografie veranlasst, bei der Gallensteine gefunden und der Verdacht auf eine Entzündung der Gallenblase
erhoben wird. Zur weiteren Abklärung schickt er seinen Patienten Z. noch zur Magenspiegelung, die unauffällig ist; schliesslich empfiehlt er ihm eine laparoskopische Cholezystektomie.
Mehrjähriges Leiden bei «irrelevantem» Zufallsbefund
Frau B. weiss seit bald 20 Jahren, dass in ihrer Gallenblase
Steine liegen. Diese wurden im Rahmen einer Reizdarmabklärung entdeckt, mangels typischer Gallenkoliken aber als irrelevanter Zufallsbefund gewertet. Seit Jahren plagt sie ein unange-
nehmer Druck im rechten Oberbauch. Es fällt ihr auf, dass der
Druck nach dem Essen eher stärker ist; über die Jahre verliert
sie die Lust am Essen und Gewicht, ohne es zu wollen. Sie hat
bereits zwei Magenspiegelungen gehabt und über Monate Säureblocker eingenommen, ohne Erfolg. Der Druck wird zunehmend zu einem quälenden Schmerz. Sie wechselt zu einem
anderen Arzt; dieser denkt an atypische Gallensteinbeschwerden
und empfiehlt ihr eine laparoskopische Cholezystektomie.
Schon am ersten Tag nach der Operation merkt Frau B., dass
sie wieder essen kann, ohne danach Schmerzen zu leiden.
Bei der ersten Episode handelt es sich um eine lehrbuchartige,
typische Gallenkolik, die auch prompt als solche erkannt wurde, so dass rasch eine adäquate Behandlung erfolgte. Die zweite
Episode beschreibt ebenfalls eine akute Schmerzattacke, diese
wird aber, weil atypisch, nicht als Gallenkolik interpretiert, und
die entsprechende Behandlung verzögert sich. Bei der dritten
Patientin dauert es Jahre, bis der Zusammenhang zwischen
ihren Gallensteinen und ihren Beschwerden erkannt wird.
Verschiedene Ursachen und Symptome
Gallensteine sind sehr häufig. Ab dem mittleren Erwachsenenalter (ab 40 J.) findet man bei etwa 15 bis 30 Prozent der Menschen Gallensteine in der Gallenblase, mit zunehmendem Alter
immer häufiger, etwa doppelt so oft bei Frauen als bei Männern. Ursächlich spielen verschiedene Faktoren eine Rolle,
wobei eine familiäre Häufung auffällt und höchstwahrscheinlich durch genetische Voraussetzungen bedingt ist; daneben
sind aber auch Begleitdiagnosen und Ernährungsweise von
Bedeutung. Die meisten Betroffenen bleiben ein Leben lang
ohne typische Beschwerden, etwa 25 Prozent leiden aber
irgendwann unter Oberbauchschmerzen oder anderen Symptomen, welche auf die Gallensteine zurückzuführen sind.
Ein Teil erlebt auch Komplikationen der Steine, sei dies nun
eine Gallenblasenentzündung, eine Gelbsucht bei Gallengangstauung oder eine Pankreatitis (Entzündung der Bauchspeicheldrüse) wegen eines (in der Regel kleinen) Steines, der in
den Gallengang gewandert und dort stecken geblieben ist.
Häufig werden Gallensteine im Rahmen von bildgebenden
Untersuchungen (Sonografie, Computertomografie, Magnetresonanz-Tomografie) entdeckt, die aus anderen Gründen
durchgeführt worden sind. Die Patienten werden dann meist
gezielt gefragt, ob sie je Gallenkoliken erlebt haben. Wenn
nicht, werden die Gallensteine als asymptomatischer Zufallsbefund klassifiziert und die Betroffenen orientiert, dass sie keine
Behandlung brauchen, solange sie keine Koliken haben.
Geplanter Eingriff statt Notfalloperation
Ein erheblicher Anteil der Gallenblasenoperationen bzw.
-interventionen wegen Gallengangsteinen muss notfallmässig
durchgeführt werden. Grund dafür können medikamentös
nicht beherrschbare, sehr häufige Schmerzattacken sein, aber
auch akute Gallenblasenentzündungen oder Steine in den Gallengängen. Ein Teil der notfallmässig behandelten Patienten
wusste vorher gar nicht, dass bei ihnen Gallensteine vorhanden
waren; anderen waren ihre Steine sehr wohl bekannt. Die meisten hatten nicht realisiert, dass insbesondere kleine Gallensteine erhebliche Risiken bergen können. Auf gezielte Nachfrage hin hatten sie aber seit Jahren eine Fettunverträglichkeit
bemerkt und solche Nahrungsmittel gemieden. Nahmen sie
dennoch fettreiche Kost ein, verspürten sie anschliessend ein
unangenehmes Völlegefühl, einen Druck im Oberbauch, ein
Stechen im rechten Oberbauch oder einen leichten Schmerz
hinter dem unteren Brustbein, ein leichtes Unwohlsein oder
eine leichte Übelkeit. Nicht wenige hatten bemerkt, dass ihnen
dann ein Magenbitter «gut tut und bei der Verdauung hilft».
Notfallbehandlungen sind für die Patienten mit erhöhtem
Risiko und mit Unannehmlichkeiten verbunden, die bei
geplanten Eingriffen verhindert werden können. Die geplant
durchgeführte laparoskopische Cholezystektomie ist eine risikoarme, von den meisten Betroffenen als nicht sehr schmerzhaft empfundene Operation; sie erfolgt im Rahmen einer etwa
dreitägigen Hospitalisation und hinterlässt nur winzige, später
kaum sichtbare Narben. Gallenkoliken sind erheblich schmerzhafter und mögliche Komplikationen einer Steinwanderung
deutlich gefährlicher als der operative Eingriff. Die Risikoabwägung bei symptomatischen (auch atypisch symptomatischen)
Patienten spricht also klar für die operative Behandlung.
Fazit
Oberbauchbeschwerden sollten grundsätzlich mittels Sonografie abgeklärt werden, auch wenn keine typischen Gallenkoliken
beschrieben werden. Finden sich Gallensteine, muss abgeklärt
werden, ob andere Erkrankungen die Beschwerden erklären
können; meist bedeutet dies, dass zusätzlich eine Magenspiegelung veranlasst wird, evtl. auch eine Dickdarmspiegelung oder
eine Computertomografie. Bleiben diese Untersuchungen
ohne Befund, sollte eine Gallenblasenentfernung erwogen werden, insbesondere wenn die Beeinträchtigung von den Betroffenen als erheblich eingestuft wird oder wenn Steine gefunden
wurden, die nur wenige Millimeter gross sind. Ein Verschwinden der unspezifischen Beschwerden (siehe Box) nach der
Operation kann in solchen Fällen zwar nicht garantiert werden,
die Chancen dafür stehen aber recht gut. Personen mit zufällig
entdeckten Gallensteinen, die über unspezifische Bauchbeschwerden klagen, sollten von einem in diesen Belangen erfahrenen Facharzt untersucht und beurteilt werden, am besten von
einem Gastroenterologen oder einer Viszeralchirurgin.
Unspezifische Beschwerden bei Gallensteinen:
• Völlegefühl nach dem Essen (v. a. nach üppigen, fettreichen
Mahlzeiten), oft auch schon während des Essens auftretend
• Unangenehmes Druckgefühl oder Stechen im (rechten) Oberbauch, meist nach dem Essen auftretend, oft aber auch anhaltend vorhanden
• Fettintoleranz (insbesondere spürbar beim Konsum von frittierten Nahrungsmitteln, Gänseleber, Käsefondue, Schokolade)
sowie Kaffeeintoleranz
• Häufige Übelkeit (schon morgens oder nach dem Essen) und
Erbrechen
• Vermehrte Blähungen und Aufstossen nach dem Essen
• Nach dem Essen attackenartig auftretende Schweissausbrüche
und Atemnot
• Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust ohne andere Erklärung
• Bedürfnis, nach dem Essen der Verdauung mittels Magenbitter
«nachzuhelfen»
• Vermeiden der Rechtsseitenlage beim Schlafen
Goldletter 11
Krampfadern behandeln: Nicht nur
eine ästhetische Therapie
Rund 60 Prozent der Erwachsenen zeigen Varizen von unterschiedlicher Ausprägung.
Die Varizen selber kann man nicht heilen. Ziel einer Behandlung ist die Wiederherstellung
eines normalen venösen Rückflusses und dadurch die Eliminierung von Risiken und
Komplikationen. Mit einer gezielten Therapie erreicht man ein sowohl funktionell als auch
ästhetisch ansprechendes Resultat.
Dr. med. Stephan R. Koeferli
Phlebologie (USGG/FMH)
Venenzentrum Venaesthetics
Haus zur Pyramide
Klausstrasse 10, 8008 Zürich
Tel. +41 44 253 74 44
Fax +41 44 253 74 45
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www.venenzentrum-zh.ch
Dr. med. Stephan R. Koeferli
Krampfadern (Varizen) haben einen grösseren Krankheitswert als allgemein angenommen wird. Auch ohne Beschwerden dürfen Varizen nicht auf die leichte Schulter
genommen werden. Die Ursachen für Varizen/Krampfadern
werden in zwei Gruppen unterteilt: erstens die primäre
Varicosis, die eine angeborene, sehr häufig vererbte Veranlagung für eine Venenwandschwäche ist. Sie führt durch
die Überdehnung und Erweiterung der Venenwände zu
nicht mehr funktionsfähigen Klappen. Daraus resultiert ein
verlangsamter Rückfluss zum Herzen oder sogar ein Zurückfliessen des Blutes in die Beine. Zur zweiten Gruppe
12 Goldletter
zählt die sekundäre Varicosis, eine erworbene Erkrankung,
die durch Abflussstörung in den tiefen Venen (Thrombose,
Blutgerinnsel) oder Raumforderung von aussen (Schwangerschaft, Übergewicht) entsteht. Der Abfluss führt stattdessen über das oberflächliche Venensystem (sogenannte
Flussumkehr).
Chronische Veneninsuffizienz und Komplikationen
Durch den verlangsamten Rückfluss in den Krampfadern
(geschädigte oberflächliche Venen, die nicht immer sichtbar
sind) entsteht ein erhöhter Druck (venöse Hypertension),
der primär zu Beschwerden wie Schweregefühl, Ziehen,
Jucken, Kribbeln, Schwellungsneigung und anderem mehr
führen kann. Schwerwiegendere Folgen können bei länger
nicht behandelten Varizen im Gewebe entstehen. Man
spricht dann auch von der sogenannten chronisch venösen
Insuffizienz (CVI), welche je nach Schweregrad in drei
Stadien eingeteilt wird. Ohne angemessene Therapie kann
die CVI von kleinen bläulichen Venen über Pigmentierungen und Bindegewebsverhärtung bis zu offenen Beinen
(Ulcus cruris venosum) führen.
Komplikationen: Venenentzündung und Varizenblutung
Venenentzündungen entstehen durch den verlangsamten
Rückfluss (vor allem in den grossen, stark geschlängelten
Das menschliche Venensystem und
funktionsfähige Venenklappen
Varizen), aufgrund dessen die Blutplättchen verklumpen
und ein Gerinnsel bilden können. Die Vene verstopft, und
der Rückfluss wird zusätzlich behindert. Dies führt zu lokalen Entzündungsreaktionen wie Rötungen oder Schmerzen
und ist als Thrombose einer oberflächlichen Vene zu definieren. Nach Literatur kann das tiefe Venensystem in 20 bis
30 Prozent der Fälle mitbeteiligt sein, was zusätzlich ein
Risiko für eine tiefe Venenthrombose resp. sogar eine Lungenembolie darstellen kann. Aus diesem Grund ist eine
eingehende Untersuchung mittels Duplexsonografie zum
Ausschluss einer tiefen Venenthrombose immer notwendig.
Varizenblutungen treten meist bei sehr oberflächlichen, in
der Haut liegenden kleineren Varizen auf. Verursacht durch
die Überdehnung der Venenwände und häufig durch dünner werdende Haut im Alter kann eine kleine Hautverletzung (Schlag, Kratzer) eine Blutung verursachen.
Konservative Therapie
Ein Fortschreiten der Varizen kann durch konsequentes
Tragen von Kompressionsstrümpfen zwar verlangsamt und
gewisse Risiken und Komplikationen können dadurch
reduziert, aber nicht verhindert werden. Weitere konservative Methoden wie Salben, Medikamente, kalte Duschen,
viel Bewegung, Blutegel etc. dienen hauptsächlich der
Symptomlinderung. Gewisse Sportarten können die Varizenbildung bei Veranlagung sogar fördern (Krafttraining,
Marathonläufe u. a. m.).
Invasive operative Therapie
Das Ziel einer Operation ist, den venösen Rückfluss zum
Herzen zu verbessern bzw. zu normalisieren sowie gesundheitliche Risiken zu eliminieren und ein ästhetisch ansprechendes Resultat zu erreichen. Durch das Entfernen der
krankhaften Venen wird der Rückfluss des Blutes über die
gesunden klappendichten Venen geleitet und damit wiederhergestellt. Obwohl einige oberflächliche Venen nach der
Operation fehlen, ist die Zirkulation verbessert, da die
Venen sich dem angebotenen Blutvolumen anpassen. Der
Grossteil des Blutes fliesst über die gesunden tiefen Venen
unter Mithilfe der Muskelpumpe in den Waden zurück,
weshalb auch beim Entfernen von oberflächlichen Varizen
keine Einschränkung eintritt. Eine Varizenoperation setzt
je nach Schweregrad und Ausprägung an verschiedenen
Orten an:
Stammvenen: Die beiden grössten oberflächlichen Venen
(Vena saphena magna und Vena saphena parva) müssen
je nach Grösse, Lokalisation und Länge mit folgenden
Therapien behandelt werden:
• Crossektomie und Stripping: Abhängen und Abbinden
der Mündung in der Leiste und Entfernen des kranken
Anteils (Herausziehen unter der Haut); nach wie vor die
häufigste und exakteste Methode.
• Endovenöse Verfahren: diverse Methoden, welche die
kranke Vene mit sehr gutem bis mässigem Erfolg verschliessen. Am häufigsten kommen thermische Verfahren
zum Einsatz. Dabei werden die Venen durch Hitze mittels
Radiofrequenz (VNUS Closure Fast [Venefit], RFITT,
Celon), mit diversen Lasersonden (EVLT) oder heissem
Dampf SVS (Steam Vein Sclerosis) verschlossen und
Vena femoralis
(tiefe Vene)
Perforansvene
Vena saphena magna
(oberflächliche
Stammvene)
Vena poplitea
(tiefe Vene)
Tiefe Unterschenkelvenen unter Muskeln
(Muskelpumpe)
Perforansvene
Arcus venosus dorsalis pedis
mit Perforansvene
Fussvarizen
Vena saphena parva
(oberflächliche Stammvene)
Perforansvene
Plantaner Venenplexus
untüchtig gemacht. Weitere Alternativen sind die VenaSeal-Methode (spezieller Gewebekleber) – allerdings
noch in der Versuchsphase – und die Hybridmethode
Clarivein (Kombination von mechanischer Reizung der
Innenwand und Sklerosierungsmittel).
Perforansvenen: Die häufig mehrfach vorkommenden
krankenhaften Verbindungsvenen zwischen oberflächlichem
und tiefem Venensystem müssen bei allen Stammvenentherapien gleichartig mittels Ligatur/Unterbindung behandelt werden.
Seitenäste: Krankhafte, meist sichtbare und prominente,
geschlängelte Venen, meist ausgehend von Stammvenen
oder Perforansvenen, werden stückweise in Stichen (1 bis
2 mm) und durch Herausziehen mit einem Häkchen
entfernt. Man nennt diese Methode auch Phlebektomie.
Fussvarizen: Seitenäste/Nebenäste am Fuss, die unbedingt
mitbehandelt werden müssen, damit auch hier keine sekundären Schäden/Komplikationen auftreten und ein ganzheitliches funktionelles und kosmetisches Resultat erzielt
wird. Insuffiziente Perforansvenen können mitbeteiligt sein.
Die Therapie erfolgt analog den Seitenästen und den Perforansvenen.
Retikuläre Varizen: Kleinere, meist bläulich erscheinende
Venen unter der Haut werden mittels Sklerotherapie/
Schaumsklerotherapie (Injektion einer alkoholischen
Lösung zur Verklebung der Veneninnenwand) oder Phlebektomie behandelt.
Besenreiser: Kleinste, blaue oder auch rötliche Varizen, in
der Haut liegend (meist netz- oder sternförmig), werden
primär verödet (Sklerotherapie), bei rötlichen Besenreisern
ist auch eine Laserbehandlung denkbar. Allerdings muss
vorgängig immer zuerst die Ursache abgeklärt werden.
Liegt diese bei einer grösseren Versorgungsvene, sollte diese zuerst behandelt werden.
Die massgeschneiderte Therapie ist abhängig von Ursache,
Lokalisation und Ausdehnung der Krampfadern. Das
Ziel ist stets die funktionelle Wiederherstellung des Venensystems und die Verschönerung des Beins.
Goldletter 13
Ästhetische Eingriffe im Gesicht für
einen dynamischeren Ausdruck
Das Gesicht ist für den Ausdruck und die Wahrnehmung einer Person sehr wichtig. Insbesondere die Augen und die Gesichtskonturen bestimmen, ob wir ein Gesicht als jung,
freundlich und frisch oder als alt, unfreundlich und müde wahrnehmen. Manche Menschen
haben angeborene anatomisch ungünstige Gesichtsformen, die unharmonisch wirken.
Auch der Alterungsprozess kann jemanden unvorteilhaft aussehen lassen. Die plastische
Chirurgie bietet verschiedene Behandlungen dagegen.
Dr. med. Cédric A. George
Es gibt keine absolute Schönheit. Trotzdem urteilen wir unterschiedlich und unabhängig vom Alter der betroffenen Person
über deren Gesichtsproportionen oder Hautbeschaffenheit.
Gewisse Menschen werden sozusagen mit einer krummen Nase
geboren oder tendieren dazu, schon früh Tränensäcke zu
bilden. Auch der Alterungsprozess schreitet bei jedem anders
fort.
Verbesserung der Hauttextur
Die Zeichen des Älterwerdens setzen bereits Ende zwanzig,
Anfang dreissig ein. Es bilden sich Mimikfalten auf der Stirne,
um die Augen herum oder in den Mundwinkeln. Im Anfangsund leicht fortgeschrittenen Stadium können diese Anzeichen
mit einfachen minimal-invasiven Behandlungen behoben oder
aufgeschoben werden. Es handelt sich dabei um Faltenunterspritzungen, beispielsweise mit Botox oder Hyaluronsäure. Sie
haben zum Ziel, die Hauttextur zu glätten, indem Falten ruhiggestellt und/oder aufgefüllt werden. Daneben gibt es heute
auch weiterführende komplexe dermatologische Eingriffe wie
das Skinboostering, welches eine Kombination von verschiedenen Techniken darstellt.
14 Goldletter
Dr. med. Cédric A. George
Facharzt FMH für Plastische,
Wiederherstellende und
Ästhetische Chirurgie
Zentrum für Plastische Chirurgie
Klinik Pyramide
Bellerivestrasse 34, 8034 Zürich
Tel. +41 44 388 14 14
Fax +41 44 388 14 15
[email protected]
zpc.pyramide.ch
Veränderung der Gesichtskonturen
Mit den Jahren verliert die Haut zunehmend an Feuchtigkeit
und Elastizität. Auch das Muskel- und Bindegewebe wird
schwächer, und über die Jahre kommt es zu einem Verlust an
konturgebendem Wangenfett. Die Erschlaffung des Bindegewebes und das Absinken der überschüssigen Haut verändern
nun die Gesichtskonturen. Als besonders störend werden im
fortgeschrittenen Stadium Hängebäckchen, Doppelkinn und
Falten am Hals empfunden, denn sie lassen die betroffenen
Personen unvorteilhaft und häufig älter erscheinen, als diese
tatsächlich sind. In diesen Fällen macht es Sinn, über ein Facelifting nachzudenken.
in der Straffung der Haut lag, steht heute die schonende Repositionierung von abgesunkenem, tiefer liegendem Gewebe im
Vordergrund.
Das Prinzip des Gesichtsliftings
Grundsätzlich ist zu sagen, dass ein Lifting nicht zum Verschwinden von Falten oder einer generellen Verjüngung führt.
In der Öffentlichkeit weitverbreitet ist die Meinung, dass ein
Lifting in erster Linie eine Straffungsoperation ist. Dieses
Verständnis ist falsch, wird aber durch schlecht operierte
Fälle – vielfach Prominente – immer wieder zementiert. Bei
einem Lifting werden «lediglich» die Gesichtskonturen wiederhergestellt, indem das schlaffe Gewebe angehoben wird. Die
Bindegewebemuskelschicht und die Halsmuskulatur werden
dabei ein Stück weit abgelöst und moderat gestrafft. Anschliessend werden Hängebäckchen und schlaffes Halsgewebe von
überschüssiger Haut befreit. Nicht selten werden im Rahmen
einer ganzheitlichen Gesichtsoperation auch hängende Oberoder Unterlider korrigiert. Manchmal reicht auch nur ein
partielles Lifting, um den gesamten Gesichtsausdruck deutlich
zu verbessern.
Straffung der Augenlider
Sehr viele Menschen haben bereits in jungen Jahren die Tendenz zu hängenden Augenlidern. Man nennt sie im Volksmund
auch Schlupflider (Oberlider) oder Tränensäcke (Unterlider).
Bei einem Grossteil handelt es sich um eine typische Alterserscheinung. In einigen Fällen ist es aber eine genetische Veranlagung, die schon früh in Erscheinung treten kann und
gerade diesen Menschen einen müden und unerwünscht melancholischen Blick verleiht. Bei stark hängenden Augenlidern
kann sogar die Sehfähigkeit behindert sein. Schlupflider entstehen, weil sich die unter der Haut befindlichen Fettpolster zurückbilden und die Haut darüber erschlafft und nach unten
tendiert. Tränensäcke dahingegen sind eine Folge von aus der
Augenhöhle austretenden und sich nach vorne wölbenden
Fettdepots, weil die stützende Membran der Haut zu schwach
ist. Tränensäcke sind also nicht, wie immer wieder behauptet
wird, Wassereinlagerungen oder Müdigkeitserscheinungen.
Lifting ohne Skalpell?
Auch wenn es wünschenswert wäre: Die verschiedenen inzwischen auf den Markt gebrachten Techniken und Instrumente,
welche ein Lifting ohne Narben in Aussicht stellen, sind leider
weder wirksam noch seriös. Kosmetische und dermatologische
Behandlungen sind gut und sinnvoll, wenn man die ersten
Falten behandeln will. Sobald das Gewebe hängt und die Haut
erschlafft ist, kommt es zu einem Konturverlust, der nur operativ wiederhergestellt werden kann. In der Chirurgie geht der
Trend eindeutig in Richtung minimale Eingriffe und schonende
Operationstechniken, die ein möglichst natürliches Ergebnis
mit praktisch unsichtbaren Narben ergeben. Gerade am Beispiel des Gesichtsliftings kann diese Entwicklung sehr gut aufgezeigt werden: Während früher der Hauptakzent tatsächlich
Veränderter Gesichtsausdruck?
Sinn und Zweck eines Liftings ist, störende Disharmonien auszugleichen und dem Gesicht insgesamt wieder einen frischeren
Ausdruck zu verleihen. Natürlichkeit gilt als oberstes Prinzip.
Mit den heute zur Anwendung kommenden sanften Operationstechniken können sehr natürliche Resultate erzielt werden.
Ein gelungenes Gesichts- und Halslifting ist als solches nicht
bemerkbar, und schon gar nicht sollte es den Gesichtsausdruck
verändern. Eine Ober- oder Unterlidstraffung kann einen
Einfluss auf den Gesichtsausdruck haben, verändert aber die
Augenform nicht. Durch die Straffung um die Augen erhält
diese Gesichtspartie wieder mehr «Luft». Wie beim Gesichtslifting berichten Patientinnen und Patienten nach einem solchen Eingriff häufig, dass sie auf eine Veränderung angespro-
Bilder Patientin links: Schlupflider sind schon in jungen Jahren möglich. Korrektur durch Oberlidplastik. Bilder Patient rechts: Gewebeerschlaffung an Hals und unterem Gesicht. Korrektur durch unteres Gesichts- und Halslifting.
Goldletter 15
chen werden: «Warst du in den Ferien? Du siehst so erholt und
frisch aus.» Das Umfeld spricht einen zwar auf das verbesserte
Aussehen an, bringt dies aber eher mit einem Wellness-Urlaub
als mit einer Operation in Verbindung.
Lange Wirkung
Es lässt sich nur bedingt voraussagen, wie lange eine ästhetische Korrektur anhält, denn sie ist von der individuellen Veranlagung, den Umwelteinflüssen, der Mimik und der Hautqualität abhängig. Das Rauchen oder ausgedehnte Sonnenbäder haben einen ungünstigen Einfluss auf die Haut und
damit auch auf das langfristige Resultat eines Liftings. Auch
wenn der Alterungsprozess voranschreitet, sieht man normalerweise auch Jahre nach einem Lifting dessen Effekt noch.
Kommt es über die Zeit zu erneuten erheblichen, unerwünschten Konturveränderungen, wäre ein zweites Lifting durchaus
denkbar. Sollten sich die Oberlider im Verlauf
der Jahre aufgrund einer ungünstigen Veranlagung, Mimik
oder Hautqualität abermals stark senken und zu einer neuerlichen Beeinträchtigung führen, kann auch diese Operation
wiederholt werden. Die Entfernung von Tränensäcken ist
hingegen endgültig, da jeweils alle Fettdepots entfernt werden.
Wachsende Beliebtheit bei Männern und jungen Menschen
Ästhetische Operationen im Gesicht zählen heute zu den
häufigsten Eingriffen in der plastischen Chirurgie. Am Zentrum für Plastische Chirurgie gehören sie inzwischen zur zweitwichtigsten Operationskategorie nach Brusteingriffen. Besonders angestiegen ist die Zahl der männlichen Patienten, die
noch aktiv und erfolgreich im Berufsleben stehen. Auch junge
Menschen mit einer genetischen Veranlagung für hängende
Augenlider suchen vermehrt nach einer dauerhaften Lösung
ihres Problems.
News, Veranstaltungen und Hinweise
zum Hauptstandort in Zürich, an der Klausstrasse 10, neue
Räumlichkeiten im Haus zur Pyramide zu beziehen. Nach der
Schliessung des Standorts Schwerzenbach können alle HP-Versicherte ohne Upgrade in Zürich behandelt werden.
Als neue Dienstleistung werden im benachbarten Haus zur
Pyramide auf Frühling 2015 ambulante Operationsräumlichkeiten mit Tagesklinik sowie eine Arztpraxis erstellt, die
weitervermietet werden können.
Öffentliche Informationsabende 2015
First-Class-Pflege in der Klinik Pyramide
Wer die Bezeichnung «Member of The Swiss Leading Hospitals»
am Eingang unserer Klinik erblickt, kann sich sicher sein, auf
höchstem Niveau untergebracht, betreut und behandelt zu
werden. Als Mitgliederklinik von Swiss Leading Hospitals
(SLH) verpflichtet sich die Klinik Pyramide zur Erfüllung von
111 Qualitätskriterien und zu einem Excellence-Profil, das das
Attribut «best in class» tragen darf.
Durch die kontinuierliche Verbesserung der internen Abläufe
und Prozesse sowie regelmässige Schulungen sowohl in der
Pflege als auch beim gesamten Pyramide-Personal können die
hohen Standards von SLH in unserer Klinik ständig erweitert
und verbessert werden.
Wir sind stolz darauf, 2014 in allen Quartalen der anonymen
SLH-Patientenzufriedenheits-Umfragen die beste Gesamtbewertung und in mehreren Quartalen Spitzenresultate im Pflegeund Ärztebereich erzielt zu haben. «Best in class» – nicht nur
eine leere Phrase, sondern ein Versprechen, das unsere Belegärzte, das Pflegeteam von Arjan de Feiter und die gesamte
Belegschaft der Klinik Pyramide für Sie einlösen.
Änderung der Halbprivat-Strategie
Die Klinik Pyramide am See gibt ihren Zweitstandort in
Schwerzenbach per 30. Juni 2015 auf, um in unmittelbarer Nähe
16 Goldletter
Donnerstag, 19. März 2015, Baur au Lac
«Forever young: Traum oder Alptraum?» – Die Möglichkeiten
der plastischen Chirurgie
Dr. med. Colette C. Camenisch, Fachärztin FMH für Plastische,
Wiederherstellende und Ästhetische Chirurgie, Zentrum für
Plastische Chirurgie der Klinik Pyramide; Dr. med. Christoph
Schubert, Anästhesie
Dienstag, 31. März 2015, Kongresshaus Zürich
Hüftarthrose – weniger Schmerzen dank schonender Operation
PD Dr. med. Andreas L. Oberholzer, Facharzt FMH für
Orthopädie und Unfallchirurgie, Leiter Zentrum für Gelenkund Sportchirurgie; Dr. med. Werner Dimai, Facharzt FMH für
Anästhesiologie; Daniel de Arriba Torres, Leiter Physiotherapie
Donnerstag, 22. Oktober 2015, Kongresshaus Zürich
Brustkrebs: Brusterhaltung oder Brustentfernung? Neues aus
der Rekonstruktionschirurgie
PD Dr. med. Jian Farhadi, Facharzt FMH für Plastische,
Wiederherstellende und Ästhetische Chirurgie, Zentrum für
Brustkrebschirurgie der Klinik Pyramide
Dienstag, 3. November 2015, Kongresshaus Zürich
Kniearthrose – weniger Schmerzen dank schonender Operation
PD Dr. med. Andreas L. Oberholzer, Facharzt FMH für
Orthopädie und Unfallchirurgie, Leiter Zentrum für Gelenkund Sportchirurgie; Dr. med. Christoph Schubert, Anästhesie;
Olivia Scherer, dipl. Physiotherapeutin
Weitere Informationen auf www.pyramide.ch