MPH 2014, Kultur und Gesundheit Martin Heyn Inhalt • Das Bayerische Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung ZPG • Zahlen und Fakten zur Migration in Deutschland • Das Mandala-Modell • Soziale Benachteiligung -> Gesundheitliche Benachteiligung • Kultur und Gesundheit, Hintergründe und Begriffe • Probleme und Barrieren beim Zugang zum Gesundheitssystem • Kriterien guter Praxis • Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit – Die bayerische Koordinierungsstelle • Mögliche Kooperationspartner, Links www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 1 Das LGL Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist die zentrale Fachbehörde des Freistaats Bayern für - Lebensmittelsicherheit, - Gesundheit, - Veterinärmedizin, - Arbeitsschutz / Produktsicherheit. zpg.bayern.de ● www.zpg.bayern.de www.lgl.bayern.de Martin Heyn zpg.bayern.de ● www.zpg.bayern.de www.lgl.bayern.de Martin Heyn 3 3 4 4 2 Ziele • Gesundheitsförderung und Prävention • Gesundheitliche Chancengleichheit • • • HIV / AIDS-Prävention • Bayerischer Präventionspreis, IBK-Preis Suchtvorbeugung aktuelle Phänomene • • Gesund.Leben.Bayern. Weiterbildung, Qualitätsentwicklung und -sicherung www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de • Präventionspraxis, Wissenschaft, bürgerschaftliches Engagement • Präventionspartner in Bayern: LaGeP, Präventionsmanager der Regierungen, Gesundheitsämter, Kammern und Krankenkassen, Freie Träger, Schulen und Hochschulen, Städte und Gemeinden und viele andere Bayerisches Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung 5 Unsere Themen – eine Auswahl Netzwerk Prävention Gesundheitsförderung Bayerischer Präventionspreis Gesunde Landkreise / Gesundheitsregionen plus Suchtvorbeugung HIV/AIDS-Prävention Gesundheitliche Chancengleichheit Partnerprozess “Gesund aufwachsen für alle Kinder!” Bewegung und gesunde Ernährung www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Bayerisches Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung im LGL 3 Akteure und Partner 7 zpg.bayern.de ● www.zpg.bayern.de www.lgl.bayern.de Martin Heyn 7 Zahlen und Fakten zur Gesundheit und Migration www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 4 Aktuelle Zuwanderungszahlen www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn Aktuelle Zuwanderungszahlen www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 5 Zahlen und Fakten: 1. Wie viele Menschen mit Migrationshintergrund (einschließlich mit deutscher Staatsbürgerschaft) leben in Deutschland? 15,7 Millionen Menschen 2. Wie viel Prozent von ihnen besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit 8,6 Millionen Menschen. 3. Menschen mit türkischem Migrationshintergrund stellen mit 15,8 % die größte Bevölkerungsgruppe. Woher stammt die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe? Das zweitgrößte Herkunftsland bildet Polen mit 8,3%, gefolgt von der Russischen Förderation mit 6,7%, Italien mit 4,7 % und Kasachstan mit 4,6 %. www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn Kultur und Gesundheit Kultur ist ein System von Konzepten, Überzeugungen, Einstellungen und Wertorientierungen, mit dem gesellschaftliche Gruppen auf strukturell bedingte Anforderungen reagieren. Dieses gemeinsame Repertoire an Symboldeutungen, Kommunikations- und Repräsentationsmitteln ist dynamisch in seiner Anpassung an gesellschaftliche Veränderungsprozesse. Es ist damit ein dem Wandel unterliegendes Orientierungssystem, das die Wahrnehmung, die Werte, das Denken und Handeln von Menschen in sozialen, politischen und ökonomischen Kontexten definiert. Quelle: Handbuch zum interkulturellen Arbeiten im Gesundheitsamt, AK Migration und öffentliche Gesundheit (2000, S. 119) www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 6 Kultur und Gesundheit Zusammenhang zw. Kultur und Gesundheit/Krankheit „Gesellschaftliche Werte gewähren als Orientierungs- und Interpretationsrahmen für Gemeinschaft und Individuum die Möglichkeit, Lebenserfahrungen einen Sinn zu verleihen. Erfahrungen und Handlungen einen Sinn, eine Bedeutung, zu geben, ist ein wichtiger Aspekt beim Umgang mit erschütternden Ereignissen oder mit Krankheit. Bedeutung wiederum ist verknüpft mit kulturellen Werten, wobei Kultur hier als dem Wandel unterliegende, variantenreiche, sinngebende Referenz- und Interpretationsrahmen verstanden wird.“ Quelle: Verwey (2003, S. 282) www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn Kultur und Gesundheit Akkulturation vs. Assimilation Aufeinandertreffen versch. kultureller Gruppen -> gegenseitiger Anpassungsprozess völlständige Anpassung an die Aufnahmegesellschaft healthy migrant effect www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 7 Hancocks Mandala-Modell der Gesundheit (nach Waller 1995) Kultur Gemeinde Lebensweise Persönliches Verhalten Familie Psycho.-SozioÖkonom. Umwelt Geist Krankenverversorgungs -system Körper Seele Humanbiologie Arbeit Physikalische Umwelt vom Menschen gemachte Umwelt www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Biosphäre Martin Heyn Probleme und Barrieren beim Zugang zum Gesundheitssystem Migranten nutzen das System gesundheitlicher und psychosozialer Versorgung in der Regel weniger als die einheimische Bevölkerung. Gründe: •Ungenügende Information über bestehende Angebote. z.T. fehlende KV, geringe Ärztedichte, Eigenversorgung im KH etc. •Sprach- und Verständigungsprobleme z.T. nicht in der Lage komplexe Sachverhalte bez. Gesundheit/Krankheit auszudrücken, insb. bei psychosozialen u. präventiven Angeboten -> Fachperson (ärztl.) <-> Klientin: Missverständnis, Noncompliance •Kulturell geprägte Gesundheits- und Krankheitskonzepte z.B. Symptomwahrnehmung und –Interpretation; subjektive Gesundheits- und Krankheitskonzepte: abhängig vom sozialen, kulturellen und religiösen Hintergrund (Dämonen u.ä.) -> klassische Behandlung führt häufig nicht zu den erwünschten Verhaltensänderungen (Herzkreislauferkrankungen) www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 8 Probleme und Barrieren beim Zugang zum Gesundheitssystem Symptomwahrnehmung und –interpretation: Beispiel: Menschen aus dem türkisch-islamischen Kulturkreis beschreiben ihre Beschwerden eher ganzheitlich und unspezifisch, ohne konkrete somatische Lokalisation. Symptompräsentation mittels Organchiffren (nur beispielhaft): „Ich habe meinen Kopf erkältet“ für „Ich befürchte, verrückt geworden zu sein.“ „Mein Herz wurde eng.“ als Bild für Heimweh und nicht als Symptom einer organischen Herzkrankheit. www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn Zugangsbarrieren 1. Ordnung vor Inanspruchnahme Fachmann / frau Klient / in •Sprachbarriere •Unkenntnis der Zuwanderergruppen und ihrer Bedarfe •Vorstellungen von Sucht, Krankheit, Beratung und Therapie • Sprachbarriere • Unkenntnis des Rechts- und Hilfesystems • Vorstellungen von Krankheit, Beratung und Therapie • Misstrauen und Angst vor juristischen Konsequenzen • fehlende rechtliche Voraussetzungen •Abwehr von Arbeitsbelastung •Kompetenzverlustangst www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 9 Zugangsbarrieren 2. Ordnung bei Inanspruchnahme Fachmann/frau Klient/in •Überlegenheitsannahme •fehlendes Bewusstsein für Kulturbedingtheit eigenen Verhaltens und Erlebens •fehlendes Bewusstsein für Kulturbedingtheit fachlicher Überzeugungen •Übernahme gesellschaftlicher Stigmatisierung und Stereotypisierung •Xenophobie • erlebte Überheblichkeit • fehlendes Bewusstsein für Kulturbedingtheit eigenen Verhaltens und Erlebens • Inkompetenzvermutung • Gegen-Stigmatisierung und Stereotypisierung • Xenophobie www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn Soziale Ungleichheit & Gesundheit. angelehnt an Mielck, 2000 Soziale Ungleichheit Alter, Geschlecht, Bildung, Beruf & Einkommen Ressourcen Belastungen Kontrollüberzeugungen soziale Unterstützung Wohnen, Arbeit Medizinische Versorgung Prävention, Kuration Rehabilitation Unterschiede im Gesundheitsverhalten Gewicht, Rauchen, Alkohol, Bewegung Ernährung Gesundheitliche Ungleichheit Lebensqualität, Morbidität & Mortalität www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 10 Lebenserwartung (ab Geburt) SOEP, 1984-1997, 5.811 Personen ab 50 Jahre, 939 Todesfälle Lebenserwartung (in Jahren) Männer Frauen Äquivalenz-Einkommen a) > Mittelwert < Mittelwert b) obere 25 % untere 25 % 81 77 (- 4) 82 72 (-10) 85 83 (- 2) 86 81 (- 5) Reil-Held A (2000): Einkommen und Sterblichkeit in Deutschland: Leben Reiche länger? Beiträge zur angewandten Wirtschaftsforschung, No. 580-00 www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn Prävention: eine Klassifikation nach Zielgruppen (dürfte noch nicht allen bekannt sein) angelehnt an „Suchtprävention und Gesundheitsförderung“ in Mitteilungen der Suchtpräventionsstelle Zürcher Oberland, Nr. 23, 2005 Universelle Prävention Selektive Prävention Indizierte Prävention Charakter Mit geringem Aufwand, standardisierten Programmen, möglichst flächendeckend Grundkenntnisse vermitteln Nur wenige der Konsumenten entwickeln später einen problematischen / abh. Konsum Gerichtet auf Individuen mit erkanntem Risiko, z.B. vielfältigem Risikoverhalten u. anderen Verhaltensauffälligkeiten Inhaltlich Soziale Kompetenz, Assertivität, Peergruppenresistenz, Empathie, pers. Kompetenz (Entscheidungsfindung, Bewältigungsstrategien) Wissen über Suchtmittel Konzentriert sich auf vorh. Ressourcen und Brennpunkte. Zielgruppen: Schulversager, junge Delinquenten, Ethnische Gruppen, Experimentierer Risikofaktoren: Früher Beginn Konsum, Kleinkriminalität, Aggressives Verhalten, Sozialangst, Psychische Störungen (Depression, Angst, ADHS...) Vermittlung Elternworkshops versch. Schulstufen Interaktive Vermittlung z.B. Normative Beliefs in Intensivgruppen FreD, HALT, Sportangebote, FemmesTische, Hotlines, Strukturelle Programme in Schule, Betrieb, Zonen „Massgeschneiderte 22 Interventionen für das Individuum www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 11 Good Practice bei sozial Benachteiligten Die zwölf Kriterien von Good Practice Konzeption, Selbstverständnis Zielgruppe Innovation und Nachhaltigkeit Multiplikatorenkonzept Niedrigschwellige Arbeitsweise Partizipation Empowerment Settingansatz Integriertes Handlungskonzept und Vernetzung Qualitätsmangagement / -entwicklung Dokumentation und Evaluation Kosten – Nutzen Relation aus „Aktiv werden für Gesundheit“ – BMB inform 2008 www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn Angestrebte Ergebnisse in der Gesundheitsförderung GF – Outcomes vereinfachte Darstellung in Anlehnung an das Gesundheitsförderungs-Outcome-Modell von Nutbeam 3. Outcome-Ebene: Langfristige Ergebnisse 2 Outcome-Ebene: intermediäre Ergebnisse 1. Outcome-Ebene: Direkte/ Kurzzeitergebnisse Gesundheit und Lebensqualität Gesunde Lebensstile Gesundheitsfördernde Lebensbedingungen Modifizierbare Determinanten von Gesundheit Gesundheitskompetenzen Soziale Einflüsse und Maßnahmen Gesundheitsförderliche Politik und Organisation Maßnahmen der Gesundheitsförderung www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 12 Projekte und Kooperationsmöglichkeiten: Mit Migranten für Migranten – Interkulturelle Gesundheit in Bayern (MiMi-Bayern) seit 2008 in BY Ziele Teilhabe der Migranten an Angeboten und Diensten der gesundheitlichen Versorgung zu fördern, vom Ethno-Medizinischen Zentrum e. V. in Kooperation zahlreiche bayerische Projektpartnern an mittlerweile neun Standorten – Augsburg, Bamberg, Coburg, Ingolstadt, Landshut, München, Nürnberg, Schweinfurt und Würzburg. www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn Projekte und Kooperationsmöglichkeiten: MiMi 1. Schulungsphase 50-stündige Schulung von engagierten und sehr gut integrierten Migranten zu interkulturellen Gesundheitsmediatoren/-innen. Inhalte der Schulung - Aufbau und Dienste des deutschen Gesundheitssystems - relevante Themen der Prävention (z.B. Ernährung und Bewegung, Seelische Gesundheit oder Gesundheit und Pflege im Alter) - Methoden der Erwachsenbildung. 2. Gesundheit in Muttersprache vermitteln Weitergabe des Wissens von ausgebildeten MiMi-Gesundheitsmediatoren/-innen Wissen in der jeweiligen Muttersprache an ihre Landsleute. - Informationsveranstaltungen in den Lebenswelten der Migranten (Settingansatz). - Unterstützt durch mehrsprachige Gesundheitswegweiser wie z.B. den Leitfaden "Bleiben Sie gesund – Früherkennung und Vorsorge für Kinder und Erwachsene" oder den "Wegweiser Psychotherapie", die im Rahmen des MiMi-Projekts in Bayern erstellt wurden. www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 13 Projekte und Kooperationsmöglichkeiten: MiMi 3. Fortbildung von Fachpersonal Neben den Schulungsmaßnahmen für Migranten werden auch Fortbildungen für das Fachpersonal der bayerischen Gesundheits- und Sozialdienste zur interkulturellen Kompetenz und zu erfolgreichen Ansätzen in der transkulturellen Arbeit angeboten. 4. Kommunikation / Öffentlichkeitsarbeit sowie Vernetzungsaktivitäten auf landesweiter und lokaler Ebene bilden einen weiteren Projektbaustein. Ein eigenständiges Modul stellt die Evaluation aller Projektaktivitäten mit Befragung der Veranstaltungsteilnehmer zu ihrem Gesundheitszustand, ihrem Gesundheitsverhalten sowie dem Bedarf nach Informationen zu weiteren Präventionsthemen dar. Ethno-Medizinisches Zentrum e. V. Königstraße 6 30175 Hannover Tel.: 0511 16841020 E-Mail: [email protected] MiMi-Projektbüro Bayern Britta Lenk-Neumann (Landeskoordinatorin MiMi-Bayern) Bayerisches Zentrum für Transkulturelle Medizin e. V. Sandstraße 41 80335 München Tel.: 089 43909028 E-Mail: [email protected] www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn Projekte und Kooperationsmöglichkeiten: Donna Mobile www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 14 Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit (vorm. Regionaler Knoten Bayerns) Aufgaben Vertretung des bundesweiten Kooperationsverbundes für „Gesundheitliche Chancengleichheit“ auf Landesebene Stärkung gesundheitlicher Chancengleichheit auf Landesebene Unterstützung von Strukturbildung und Vernetzung in der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung auf Landesebene Förderung von Austausch und Zusammenarbeit zwischen Akteuren aus Gesundheitswesen und anderen gesundheitsrelevanten Handlungsfeldern auf Landes- und kommunaler Ebene Beitrag zur Weiterentwicklung der Praxis und Förderung von Qualitätsentwicklung www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn Fazit (Deutscher Ethikrat 2010) Es gibt nicht die Migranten, und wir sollten nicht generalisieren. Wir benötigen daher in Deutschland bessere Daten zur Gesundheit von Migrantinnen und Migranten, Daten, die es ermöglichen, Interventionen gezielt zu planen und anschließend den Erfolg dieser Interventionen auszuwerten. Dies erfordert, Informationen nicht nur über den Migrationsstatus zu erheben, sondern auch über den sozioökonomischen Status. Gerade diese Informationen fehlen in den meisten deutschen Statistiken. www.lgl.bayern.de ● www.zpg.bayern.de Martin Heyn 15
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