März 2015 - DPVKOM Nord

März 2015 Arbeitsrecht Zeugnissprache verstehen Im Zusammenhang mit einem in der März‐Ausgabe vorgestellten Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 18. November 2014 ‐ 9 AZR 584/13 ‐, in dem die Beweislast für eine bessere Beurteilung in einem Arbeitszeugnis in der Regel dem Beschäftigten auferlegt wurde, möchte ich nochmals dafür sensibilisieren, Formulierungen in Arbeitszeugnisse sorgfältig zu überprüfen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass sich im Laufe der Jahrzehnte eine eigene Zeugnissprache herausgebildet hat, im Rahmen derer bestimmte Formulierungen „verklausuliert“ für bestimmte Leistungseinschätzungen oder Verhaltensweisen eines Mitarbeiters stehen sollen. Diese Formulierungen werden aber leider häufig von einem nicht hierin erfahrenen Leser missverstanden, so dass ein Arbeitszeugnis klaglos hingenommen wird, obwohl dies eine sehr nachteilige Aussage enthält. Aus diesem Grund werde ich im Frühjahr eine ausführliche Broschüre zu diesem Thema verfassen und Euch zur Verfügung stellen, in der die wichtigsten Aspekte in diesem Zusammenhang dargestellt werden. Vorab vielleicht schon einmal in Kürze eine Darstellung von allgemeinen Formulierungen in Arbeitszeugnissen und deren „Übersetzung“ in das gängige Schulnotensystem: „Sehr gut“: … hat die Ihm oder Ihr übertragenen Aufgaben/Arbeiten stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt. … waren mit der Leistung in jeder Hinsicht außerordentlich zufrieden. … hat den Erwartungen in jeder Hinsicht und allerbester Weise entsprochen. „Gut“: … hat die Ihm oder Ihr übertragen Aufgaben/Arbeiten stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt. … hat die Aufgaben mit äußerster Sorgfalt und Genauigkeit erledigt. … hat den Erwartungen in jeder Hinsicht und bester Weise entsprochen. „Befriedigend“: … hat die Ihm oder Ihr übertragenen Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt. … waren mit der Leistungen jederzeit zufrieden. … erfüllte die Erwartungen in jeder Hinsicht. „Ausreichend“: … hat die Ihm oder Ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt. … waren mit der Leistung zufrieden. … hat alle Aufgaben mit Sorgfalt und Genauigkeit erledigt. Newsletter Recht „Mangelhaft“: … hat die Ihm oder Ihr übertragenen Aufgaben weitestgehend zu unserer Zufriedenheit erledigt. … hat alle Aufgaben allgemein mit Sorgfalt und Genauigkeit erledigt. … hat unseren Erwartungen weitestgehend entsprochen. „Ungenügend“: … hat sich bemüht, die Ihm oder Ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen. … hat unseren Erwartungen entsprochen. … hat sich bemüht, unseren Erwartungen zu entsprechen. Auf richtige Berechnung des Elterngeldes achten Für Beschäftigte, die nach der Geburt eines Kindes Elternzeit und in diesem Zusammenhang auch Elterngeld beantragen, stellt sich häufig die Frage nach der richtigen Berechnung des Elterngeldes, vor allem mit Blick auf die Einbeziehung von variablen Entgeltbestandteilen (z. B. Provisionen). So berücksichtigen einige Städte und Gemeinden bei der Berechnung des Elterngeldes lediglich die festen Entgeltbestandteile, während variable Gehaltsbestandteile von den Behörden als Einmalzahlung betrachtet werden, obwohl diese Entgeltbestandteile regelmäßig (monatlich, quartalsweise) ausgezahlt werden. Die Regularien dieser Städte und Gemeinden sehen nämlich vor, dass Einmalzahlungen bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden. Nach einem Urteils des Bundessozialgerichtes vom 26.03.2014 (Aktenzeichen: B 10 EG 7/13 R) ist ein solches Vorgehen von Städten und Gemeinden rechtswidrig. Solange es sich bei diesen Zahlungen um regelmäßig wiederkehrende, arbeitsvertraglich vereinbarte Zahlungen handele, müssten diese in das für die Berechnung des Elterngeldes maßgebliche Bemessungseinkommen der Beschäftigten einberechnet werden, so das Bundessozialgericht. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass gegen einen fehlerhaften behördlichen Bescheid fristgerecht Einspruch eingelegt werden muss, da dieser sonst bestandskräftig und damit nicht mehr angreifbar wird. Welche Sonderzahlungen des Arbeitgebers dürfen mit dem Stücklohn verrechnet werden? Im Zusammenhang mit der Einführung des Stücklohnes wird von Arbeitgebern immer wieder versucht, bisherige besondere, über den Grundlohn hinausgehende Zahlungen mit dem geltenden Mindestlohn von 8,50 € zu verrechnen. Aus diesem Grund möchte nochmals in Kürze einen Überblick geben, wann dies aus unserer Sicht erlaubt ist und wann nicht. 1. Zahlungen des Arbeitgebers, die mit dem Mindestlohn verrechnet werden können: Entscheidend zur Beurteilung dieser Frage ist immer, ob es sich bei der zusätzlich vergüteten Leistung um eine Leistung des Arbeitnehmers handelt, die das Gleichgewicht zwischen der Leistung des AN und der von ihm erhaltenen Gegenleistung verändert oder eben nicht. Daher muss man sich bei zusätzlichen Zahlungen des ArbG immer fragen, ob diese für eine zusätzliche über die Normalleistung hinausgehende Leistung des AN gezahlt werden. Hiernach können also ‐ Stücklöhne auf den Mindestlohn angerechnet werden, da diese für eine – zwar variable, aber doch – Normalleistung des AN gezahlt werden, ‐ Grundzulagen, die nicht an weitere besondere Leistungen des AN geknüpft werden, ebenfalls verrechnet werden. Seite 2 Newsletter Recht 2. Zahlungen des Arbeitgebers, die nicht mit dem Mindestlohn verrechnet werden können: ‐ Qualitätsprämien, d.h. also leistungsabhängige Vergütungsbestandteile, die für eine besondere Güte, Erfolg oder Zuverlässigkeit der Arbeit des AN gezahlt werden, da solche Gehaltsbestandteile ein Entgelt für über die Normalleistung hinausgehende Leistung des AN darstellen, ‐ Provisionszahlungen, da hiermit besondere Erfolge der Arbeit eines Beschäftigten honoriert werden und auch dies damit über die Normalleistung hinausgehende „Belohnungen“ des ArbG sind, ‐ Nacht‐, Feiertags‐ und Sonntagszuschläge, da hiermit der besondere Einsatz eines AN außerhalb der „normalen“ Arbeitszeiten belohnt wird, ‐ Erschwerniszulagen, da diese eine Kompensation für die besonderen – über das „Normale“ hinausgehende ‐
Umstände der Arbeitsleistung sind, ‐ Akkordprämien, weil hier eine überdurchschnittliche Arbeitsmenge Anknüpfungspunkt für zusätzliche Zahlungen ist. Da das Mindestlohngesetz noch nicht lange in Kraft ist, gibt es zu den dargestellten Fallkonstellationen bisher allerdings noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Hier wird sich die Rechtslage in Einzelfragen sicherlich durch solche Entscheidungen in der Zukunft weiter aufklären. Betriebsverfassungsrecht Wahlanfechtung NL Brief Magdeburg; Verfahrensstand Mittlerweile ist eine Entscheidung des Arbeitsgerichtes Magdeburg in 1. Instanz in Sachen Wahlanfechtung der DPVKOM in der NL Brief Magdeburg wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Wahlgleichheit durch das bei Betriebsratswahlen angewandte D`Hondtsche Höchstzahlverfahren (ich habe im vergangenen Newsletter darüber ausführlich berichtet) ergangen. Leider ist unser Antrag abgelehnt worden, die Begründung des entsprechenden Beschlusses liegt uns derzeit noch nicht vor. Erfahrungsgemäß traut sich jedoch ein Arbeitsgericht in 1. Instanz nicht an ein so dickes Brett heran, so dass von vorneherein klar war, dass dieses Verfahren in jedem Fall bis zum Bundesarbeitsgericht, ggf. auch bis zum Bundesverfassungsgericht geführt werden muss und wird! Ich werde Euch hierüber weiter auf dem Laufenden halten. Beamtenrecht Sachstand Änderung Postpersonalrecht Zum aktuellen Sachstand hinsichtlich der geplanten Änderung des Postpersonalrechts ist zu sagen, dass der Haushaltsausschuss das Gesetz zur Änderung des Postpersonalrechtes nicht wie ursprünglich geplant am 25.03.2015 behandeln wird. Vielmehr wurde dieser Punkt auf Wunsch der Großen Koalition wieder von der Tagesordnung gestrichen. Ursache hierfür dürften die weiterhin bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Ausweitung der Dienstherrenbefugnisse auf x‐beliebige andere Unternehmen als die Postnachfolgeunternehmen sein. Dies zeigt, dass unsere umfangreiche Informationskampagne im politischen Raum erfolgreich gewesen ist und wir an dieser Stelle für unsere Position sensibilisieren konnten. Ob es nunmehr noch Änderungen an dem vorgelegten Gesetzentwurf geben wird, bleibt abzuwarten. Ich werde Euch diesbezüglich auf dem Laufenden halten. Seite 3 Newsletter Recht Zuweisungsmöglichkeiten im Rahmen der Neugründung von Gesellschaften der DP Delivery GmbH Im Zusammenhang mit der Neugründung der 49 Deutsche Post DHL Delivery Gesellschaften ist mehrfach die Frage aufgetaucht, inwieweit in diesen Gesellschaften – theoretisch – auch Beamte gegen ihren Willen einsetzbar wären. Zunächst einmal ist zu betonen, dass uns diesbezüglich derzeit absolut keine Erkenntnisse über derartige Pläne seitens der DP DHL AG vorliegen. Dennoch erscheint es mir wichtig, kurz darzustellen, welche rechtlichen Grundlagen für eine Beschäftigung von Beamten in Tochter‐ oder Enkelgesellschaften der Postnachfolge‐
unternehmen auch gegen ihren Willen bestehen, da diesbezüglich diverse „Halbwahrheiten“ kursieren. Um es deutlich zu sagen: Auch Beamte können unter bestimmten Umständen und obwohl sie dies nicht möchten in Tochter‐ und Enkelunternehmen der DP DHL AG, also theoretisch auch in den verschiedenen Standorten der DP DHL Delivery GmbH eingesetzt werden! Grundlage hierfür ist § 4 Abs. 4 des Postpersonalrechtsgesetzes, nach dem eine dauerhafte Zuweisung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit für einen Beamten zulässig ist, wenn die Zuweisung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar ist und die Zuweisung der Tätigkeit bei einem Tochter‐ oder Enkelunternehmen eines Postnachfolgeunternehmens erfolgt. Sollte die Änderung des Postpersonalrechtes wie geplant die letzten parlamentarischen Hürden nehmen, wäre dabei zukünftig sogar die Zuweisung einer unterwertigen Tätigkeit zulässig! Dies bedeutet für die Praxis z.B., dass einem verbeamteten Zusteller auch gegen seinen Willen eine Tätigkeit bei der DHL Delivery GmbH als Zusteller zugewiesen werden dürfte. Auf diesem Wege sind übrigens bei der Ausgründung der Servicegesellschaften bei der Deutschen Telekom AG eine Vielzahl von Beamten dorthin „verschoben“ worden. Hieraus wird ersichtlich, dass das Thema Gründung der DP DHL Delivery Gesellschaften auch für die verbeamteten Kollegen bei der DP DHL AG ein relevantes Thema ist und alleine aus diesem Grund auch diese Beschäftigtengruppe die Entwicklung kritisch betrachten muss. Abschließend bleibt in dem Zusammenhang aber auch noch festzustellen, dass ein Einsatz eines Beamten im Rahmen einer Zuweisung in einem Tochter‐ oder Enkelunternehmen für diesen keinen monetären Nachteil mit sich bringt, da sich weder die jeweilige Besoldungsgruppe noch die Anrechnung von pensionswirksamen Dienstzeiten nachteilig verändert. Streikrecht Beamte Im Zusammenhang mit der bei der DP DHL AG anstehenden Tarifauseinandersetzung möchte ich nochmal in Kürze darstellen, welche Rechte und Pflichten Beamte im Zusammenhang mit Streikmaßnahmen haben. Beamte dürfen sich auf Grund ihres öffentlich‐rechtlichen Dienstverhältnisses während der Arbeitszeit nicht aktiv an Arbeitskampfmaßnahmen beteiligen. Es ist Ihnen aber natürlich erlaubt, sich verbal solidarisch mit den streikenden Mitgliedern der DPVKOM zu erklären und diese so moralisch zu unterstützen. Ebenso dürfen Sie sich in Ihrer Pause oder Freizeit den Streikenden anschließen oder auch in Ihrer arbeitsfreien Zeit an einer Demonstration teilnehmen. Beamte, die auf dem Wege der Beurlaubung oder Insichbeurlaubung mit gültigen Arbeitsverträgen beschäftigt sind, haben hingegen in vollem Umfang dasselbe Streikrecht wie alle anderen Arbeitnehmer. Da das Beamtenverhältnis ruht und ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis besteht, sind für diese Zeit diesbezüglich die öffentlich‐rechtlichen Rechtsbeziehungen zum Dienstherrn suspendiert. Seite 4 Newsletter Recht Was die Anordnung des Dienstherrn zum Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen bei einem rechtmäßigen Streik angeht, hat das Bundesverfassungsgericht dies für verfassungswidrig erklärt, solange hierfür keine gesetzliche Regelung vorhanden ist. Solch eine gesetzliche Regelung gibt es bislang nicht. Ein Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen ist somit nach wie vor rechtswidrig. Der Beamte kann jedoch z. B. aufgefordert werden, sich seine zu bearbeitenden Akten selbst aus der Poststelle abzuholen, wenn diese bestreikt wird. Er darf jedoch nicht dazu eingesetzt werden, die Arbeit der Poststelle insgesamt, wie z. B. durch Sortieren oder Austragen der Post, zu übernehmen. Man sieht, auch Beamte haben die Möglichkeit, einen von der DPVKOM initiierten Streik tatkräftig zu unterstützen und so insgesamt unsere Durchsetzungskraft zu stärken, damit am Ende für alle Beschäftigten der Deutschen Post DHL AG eine Verbesserung der Arbeitssituation erreicht werden kann! Hinweis in eigener Sache: Wer den Newsletter nicht mehr beziehen möchte, schickt bitte eine kurze Info an [email protected] Herausgeber: Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) • Schaumburg‐Lippe‐Straße 5 • 53113 Bonn www.dpvkom.de • E‐Mail: [email protected] • Telefon 0228.91140‐0 Seite 5