Klub Langer Menschen erkundet Zürich

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Zürich
Der Landbote
Dienstag, 12. Mai 2015
Klub Langer Menschen erkundet Zürich
EuropatrEffEn Grossgewachsene Männer und Frauen haben
es nicht immer leicht. Im Klub Langer Menschen geben sie sich
Tipps und finden Tanzpartner. Diese Woche reisen sie aus ganz
Europa zum grossen Treffen in Zürich an.
Zürich zeigt sich an diesem sonnigen Morgen von seiner besten
Seite. «Ich bin richtig stolz auf die
Stadt», sagt Nelly Aebi, die hier
seit jeher lebt und nun ihre Reisegruppe über die Münsterbrücke
Richtung Grossmünster führt.
Abgelenkt von der 1,85-MeterFrau und ihren langen Begleitern
bleibt eine japanische Touristengruppe stehen und schaut den
Langen verwundert hinterher.
Die Klubs Langer Menschen
(KLM) sind diese Woche in Zürich zu Besuch. 250 Mitglieder
aus Europa und Übersee haben
sich angemeldet (der Längste
misst 2,30 Meter). 60 Teilnehmer
unternehmen, angeführt von Nelly Aebi und vier Kollegen vom
KLM Zürich, einen Stadtbummel.
Andere besuchen das Trammuseum, haben sich für die Barfussdisco angemeldet oder beteiligen sich am Tagesausflug an den
Rheinfall. Den Abschluss bildet
am Samstag der Galaabend im
Kongresshaus.
KLM Zürich besteht seit 1962
Sich mit einem Partner auf Augenhöhe übers Tanzparkett zu bewegen, ist für viele der Höhepunkt
ihres Aufenthalts – und einer der
Gründe, sich einem KLM anzuschliessen. «Wenn ich früher im
Dancing von einem Mann zum
Tanzen aufgefordert wurde, dann
aufstand und ihn mit meiner Länge übertraf, war das oft unangenehm», erinnert sich Nelly Aebi.
1966, mit 22 Jahren, trat sie
deshalb dem 1962 gegründeten
KLM Zürich bei. Und lernte dort
gleich beim ersten Treffen ihren
Ehemann kennen. Dieser erfüllt
mit 1,90 Metern Länge gerade
noch die Anforderungen für die
Mitgliedschaft. Bei den Frauen
beträgt die Mindestgrösse 1,80
Meter. Marie-Theres Wiesmann
übertrifft diese Vorgabe locker.
Mit 1,98 Metern gehört die Deutsche zu den längsten Frauen am
Europatreffen in Zürich. Den engen Aufgang zum Grossmünster-
turm schafft sie, ohne sich irgendwo zu stossen. «Ich bin ja mit meinem Körper gewachsen und
weiss, wo und wann ich den Kopf
einziehen muss.»
Schwierige Schulzeit
Auf Fragen zur Körpergrösse und
auf die Blicke der Passanten reagiert Wiesmann gelassen und
selbstbewusst. «Man lernt den
Umgang mit seiner Länge – zudem ist die Gesellschaft heute offener als früher.»
Als schwierig haben viele ihre
Schulzeit und Pubertät erlebt.
Uwe Wenzel aus Frankfurt – mit
1,93 Metern einer der Kurzen
unter den Langen – weiss noch
gut, wie er früher als «langer Lulatsch» gehänselt wurde. Heute
sieht er auch Vorteile: «Weil ich
körperlich herausstach, wurde
ich mehr gefördert als die anderen Kinder.» Nelly Aebi räumt
ein, dass aber in der Regel von
einer grossgewachsenen Schüle-
«Oft hab ich
mich klein
gemacht.»
Nelly Aebi,
KLM Zürich
rin auch mehr erwartet wurde.
«Ich wollte wie die anderen Kinder sein und hab mich oft klein
gemacht», erinnert sie sich. «Das
sah meine Mutter nicht gern. Sie
sagte stets, ich solle gerade hin-
stehen – und endlich aufhören zu
wachsen.»
Um Rückenproblemen vorzubeugen, trainiert Nelly Aebi täglich. Mehr Mühe bereitet ihr das
Reisen im öffentlichen Verkehr.
Mit ihren 1,95 Metern findet Marie-Theres Wiesmann die Flugreisen besonders unangenehm. Sie
ärgert sich, dass manche Airlines
für die geräumigeren Sitzplätze
beim Notausgang einen Aufschlag
verrechnen. Sowieso sei das Leben ab einer gewissen Länge teurer. Mehr kosten extragrosse Betten und Überzüge – aber auch
Kleider und Schuhe. Letzteres gilt
jedoch nicht für alle. Nelly Aebi
hat bloss Schuhgrösse 40. «Immerhin», sagt sie und lächelt. «So
lebe ich wenigstens auf kleinem
Fuss.»
Heinz Zürcher
Sie geniessen den Stadtbummel und die Begegnungen auf Augenhöhe: Insgesamt 250 Teilnehmer aus europäischen und nordamerikanischen Klubs Langer Menschen treffen sich diese Woche in Zürich.
Weniger Fälle,
tiefere Kosten
JugEndstrafrEcht Die Jugendanwaltschaften des Kantons
Zürich haben letztes Jahr 9153
Untersuchungen durchgeführt –
rund 5 Prozent mehr als 2013. Die
Ermittlungen wegen Gewaltstraftaten gingen dagegen um 7 Prozent zurück. Wegen einer Gewaltstraftat wurden 568 Jugendliche
mit Wohnsitz im Kanton Zürich
verzeigt, wie aus der gestern veröffentlichten Statistik der Justizdirektion hervorgeht. Im Vergleich
zum Höchststand 2009 beträgt der
Rückgang über 50 Prozent.
Jugendanwaltschaften und Jugendgerichte verurteilten letztes
Jahr 4152 Jugendliche. In 115 Fällen wurde eine Schutzmassnahme
angeordnet; 4070 Jugendliche erhielten eine Strafe (2361 Verweise,
1002 persönliche Leistungen, 575
Bussen und 112 Freiheitsentzüge).
Ende Jahr befanden sich 47 Jugendliche im stationären und 253
in einem ambulanten Vollzug. Im
Vorjahr waren 60 Jugendliche in
einer stationären und 326 in einer
ambulanten Einrichtung untergebracht. Dieser Rückgang habe wesentlich dazu beigetragen, dass die
Rechnung der Jugendstrafrechtspflege um 5,6 Millionen Franken
besser ausgefallen ist als budgetiert, teilte die Justizdirektion mit.
Die Kosten für Schutzmassnahmen betrugen 20,6 Millionen
Franken. 2009 und 2010 mussten
dafür noch 30 Millionen Franken
sda
ausgegeben werden.
Ständige Flut an Briefen und Mails
Lobbying Organisationen
und Firmen schicken den 180
Kantonsräten laufend Unterlagen, Mails und Einladungen.
Druckversuche gebe es aber
selten, sagen die Politiker.
sonen, Gruppierungen und Firmen beeindrucken lassen wolle.
«Ich finde das zwar schon penetrant, aber ich kann selber entscheiden: Will ich das lesen? Oder
soll ich es gleich entsorgen?»
Für PR-Berater Klaus J. Stoehlker
ist klar: «Auf den Mitgliedern des
Zürcher Kantonsrats lastet kein
geringerer politischer Druck als
auf National- und Ständeräten.»
Denn überall dort, wo es um grössere Aufträge gehe, werde heftig
lobbyiert. «Der Staat ist als Auftraggeber immer wichtiger geworden. Gerade in einer Zeit, in
der die Investitionen der Privatwirtschaft rückläufig sind.»
Nach dem von einer PR-Firma
mitverfassten Vorstoss, den FDPNationalrätin Christa Markwalder
eingereicht hatte, stellt sich die
Frage, wie die Zürcher Kantonsräte mit dem Thema Lobbyarbeit
umgehen. Es gebe hin und wieder
Versuche von aussen, Einfluss auf
einen politischen Entscheid zu
nehmen, sagt dazu etwa Thomas
Hardegger (SP). Der Rümlanger
Gemeindepräsident kennt sowohl
das Zürcher Rathaus, in dem er
mehr als zehn Jahre als Kantonsrat sass, als auch das Berner Bundeshaus, wo er seit 2011 als Nationalrat tätig ist. Die Versuche der
Einflussnahme seien zwar nachvollziehbar, sagt er. Letztlich müsse aber jeder mit seinem Gewissen
vereinbaren, ob er sich von Briefen
und Mails von verschiedenen Per-
Teil der Meinungsbildung
Auch FDP-Fraktionspräsident
Thomas Vogel erhält – wie alle angefragten Politikerinnen und Politiker – von den unterschiedlichsten Stellen immer wieder Briefe,
Stellungnahmen und Informationen. Heikel seien all diese Briefe
nicht, meint Vogel. «Gefährlich
würde es erst, wenn man sich als
Politiker von einer Seite und
deren Informationen unbesehen
instrumentalisieren lassen würde.» Letztlich dienten all diese
Briefe der Meinungsbildung der
Politiker. Dabei sei aber klar: «Am
Ende entscheiden wir in der Fraktion – aufgrund unserer Haltung
und Meinung und nicht wegen
eines Papiers einer PR-Firma.»
Ähnlich äussert sich SP-Präsident Daniel Frei. Es sei ja legitim,
dass beispielsweise sowohl die Befürworter als auch die Gegner der
Limmattalbahn vor der Abstimmung allen Kantonsräten ihre Argumente hatten zukommen lassen. «Ist das schon Lobbyarbeit?»,
fragt er. «Solange kein Druck ausgeübt wird, solange nicht mit Geld
oder anderen Anreizen die Meinungen beeinflusst werden, solange keine Gegenleistung verlangt
wird, ist das unbedenklich.»
Doch gerade das mit der Gegenleistung, das lässt bei Frei schon
auch einmal Fragen aufkommen:
«Was geht noch?» Denn wenn der
Zoo seinen Geschäftsbericht verschickt, legt er auch eine Gratiseintrittskarte bei. Und kürzlich
hatte der Flughafen Zürich die
Kantonsparlamentarier zu einem
Gedankenaustausch geladen, der
mit einem Apéro beendet wurde.
Ein Apéro soll drinliegen
Thomas Vogel winkt ab: Derartige Einladungen hält er für unbedenklich. Ein Apéro im Anschluss an ein Referat, für das
man seine Freizeit eingesetzt habe, der müsse drinliegen. Davon
lasse man sich ja noch nicht instrumentalisieren. Auch Daniel
OFFEnLEGUnGSPFLIchT
Die 180 Mitglieder des Zürcher
Kantonsrats müssen ihre Interessenbindungen offenlegen. Sie
müssen unter anderem über
ihre «berufliche Tätigkeit» und
die «dauernde Leitungs- und
Beratungsfunktionen in Interessengruppen» informieren. Das
Register ist öffentlich. Ähnliche
Offenlegungspflichten gelten für
die Justiz. So müssen die Zürcher Richter ihre Parteizugehörigkeit und weitere Interessenbindungen öffentlich bekannt
machen. Neu soll dies auch für
Staatsanwälte gelten. og
Frei meint: Die Einladung des
Flughafens habe zwar innerhalb
der Partei schon gewisse Diskussionen ausgelöst – dies aber
mehr inhaltlicher Natur. «Ein
solcher Anlass dient ja auch dem
Networking, dem Gedankenaustausch.» Nur wegen eines Apéros
stimme die SP nicht einfach
einem Pistenausbau zu.
Verwaltung lobbyiert stark
Mehrere angefragte Politiker beteuern, dass im Zürcher Rathaus
keine professionellen Lobbyisten
ihre Runden drehen würden. Ein
SVP-Vertreter meint indes im Gespräch, dass es dennoch hartnäckige Interessenvertreter gebe,
welche die Meinung der Kantonsräte zu beeinflussen versuchen –
diese würden aber aus der kantonalen Verwaltung stammen.
Auch PR-Experte Stoehlker
glaubt, dass «die kantonale Verwaltung als Trägerin von Lobbying-Massnahmen nicht zu unterschätzen» sei. «Die Verwaltung
lobbyiert im Kantonsrat für ihre
Vorlagen, was aber nicht verboten
ist.» Profi-Lobbyisten seien auf
Kantonsebene nicht unterwegs,
sagt Stoehlker. «Rund um die Parteien und Interessengruppen gibt
es genügend erfahrene Persönlichkeiten, die gerne ihre Dienste
zur Verfügung stellen.» Stoehlker
denkt an Alt-Regierungsräte und
ehemalige Parlamentarier, aber
auch pensionierte Staatsangestellte und Beamte. Oliver Graf
Marc Dahinden
Ingold führt
die Liste an
EVp Mit der Bisherigen Maja Ingold und 34 weiteren Kandidierenden will die Zürcher EVP ihren
Sitz im Nationalrat verteidigen. So
haben es die Parteidelegierten entschieden. Ingold tritt auch für den
Ständerat an. Nach ihr stehen auf
der Nationalratsliste Nik Gugger,
ebenfalls Winterthur, Hanspeter
Hugentobler, Gemeinderat in
Pfäffikon, und Sekundarlehrerin
Christina Furrer aus Henggart. Die
Partei wolle einen Generationenwechsel ankündigen, schreibt die
Partei in einer Medienmitteilung.
Noch offen ist die Frage der Listenverbindung. Die Delegierten
haben die Kompetenz dazu an
einen Ausschuss delegiert.
sda
Umzug nach
Gockhausen
sprachhEiLschuLE Die Stiftung Sprachheilschule im Kanton
Zürich hat einen Ersatz gefunden
für das Schulhaus Looren in Zürich, welches von der Quartierschule selber beansprucht wird.
Ab 2016 wird im Schulhaus Ursprung in Gockhausen unterrichtet. Die Stiftung kauft es dem Lycée Français de Zurich (LFZ) ab,
wie gestern mitgeteilt wurde. Das
LFZ zieht wegen Platzmangels
zum Bahnhof Stettbach.
sda