ADFC Frankfurt - Verkehrspolitisches Programm 2025

Machen wir
Frankfurt bis 2025
zur VeloCity!
Radverkehrspolitisches Programm
des ADFC Frankfurt
Wir bringen Frankfurt
in Bewegung!
Das Verkehrspolitische Programm des ADFC Frankfurt –
in aller Kürze
2025 ist Frankfurt eine wirklich attraktive Fahrradstadt.
2025 wissen es alle: Radfahren hilft, und zwar Energie und Emissionen sparen,
Lärm vermeiden, gesund bleiben, Spaß haben, das Stadtleben genießen.
2025 wird Frankfurt die Früchte davon ernten, dass es in den Vorjahren in den
Radverkehr seiner Bedeutung entsprechend investiert hat.
2025 bestimmen Fußgänger und Radfahrer das Klima in der Stadt,
der Autoverkehr ist auf das notwendige Maß reduziert und stört niemanden mehr.
2025 kann sich jeder überall sicher, legal, komfortabel und ohne Hindernisse
in Frankfurt mit dem Fahrrad bewegen.
2025 findet jeder fürs Fahrrad einen sicheren Abstellplatz – zu Hause,
am Arbeitsplatz, an der Schule, beim Einkaufen, beim Kultur- und Kneipenabend.
2025 gibt es eine umfassende Verknüpfung von Radverkehr und öffentlichem
Nahverkehr.
2025 ist ganz Frankfurt stolz darauf, eine schöne „VeloCity“ zu sein.
Impressum
Herausgeber:
Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club (ADFC)
Kreisverband Frankfurt am Main e.V.
Fichardstraße 46, 60322 Frankfurt am Main
www.adfc-frankfurt.de
Der ADFC Frankfurt spricht im Verkehrs­politischen
Programm Frauen und Männer an. Sollte nur
die männliche Form verwendet worden sein, sind
Frauen gleichermaßen gemeint.
Redaktion:
Arbeitsgemeinschaft Verkehrspolitik
ADFC Frankfurt / Programm-Team
Ernesto Fromme, Bertram Giebeler (Leitung),
Heiko Honrath, Dr. Susanne Neumann,
Johannes Schmidt, Martha Schmidt
Gestaltung: Michael Möck Mediendesign, Dreieich
Herstellung: KuB Kultur und Bewegung media,
Frankfurt am Main
Druck: C. Adelmann GmbH, Frankfurt am Main
Präambel – Unser Ziel
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Radfahren hilft!
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Radverkehr ist günstig, aber nicht kostenlos!
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Radfahren macht Frankfurt attraktiver!
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Infrastruktur – rollender Radverkehr:
Straßen- und Wegenetz
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Infrastruktur – rollender Radverkehr:
Umgang mit Hindernissen
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Infrastruktur – ruhender Radverkehr:
Abstellmöglichkeiten, Sicherheit
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Radverkehr funktioniert als System!
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Auch für den Radverkehr gilt:
Tue Gutes und rede darüber!
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Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity!
Präambel – Unser Ziel
Im Jahr 2025 ist Frankfurt endlich nahe
dran an akzeptablen Zuständen auf den Straßen: 30 Prozent Modal-Split-Anteil für das
Fahr­rad, keine Straße ohne Radweg, Radstrei­
fen oder Schutzstreifen oder wenigstens
Tempo 30.
Frankfurts verkehrspolitische Vision 2025 ist
aber nicht Münster, Bremen oder die vielen
niederländischen und dänischen Mittelstädte;
dort gibt es viele Radler, aber fast immer auf
separaten Radwegen, viel Ampelregulierung,
schwacher öffentlicher Nahverkehr, hoher
Kraftfahrzeug-Anteil. Frankfurt als eine für
deutsche Verhältnisse dicht besiedelte,
kompakte Stadt muss seine Vision selbst definieren, in produktiver Rivalität zu anderen kompakten Städten wie München, Berlin,
Leipzig, Köln: Viele Radler, aber meist auf
der Fahrbahn, wenn möglich mit Radstreifen/
Schutzstreifen, aber oft auch im tempo­
reduzier­ten Misch­verkehr.
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Frankfurt wird systematisch für Fußgänger
und Radfahrer durchlässig gemacht,
damit diese in der Nahmobilität ihre Vorteile
ausspielen können und möglichst wenig
Umwege in Kauf nehmen müssen. Barrieren
wie Bahntrassen, Autobahnen, Straßen
mit Straßenbahn-Mittel­gleis, Wasserstraßen,
große zusammen­hängende Grundstücke
werden wo es irgend geht überbrückt, untertunnelt, gequert.
Radfahren gehört 2025 zum Lifestyle – zu­min­
dest für die Trendsetter-Milieus in den
zentralen und den ganz neuen peripheren
Stadtteilen. Frankfurt wetteifert mit
­Kopenhagen, Amsterdam, München, Berlin,
London und Paris darum, für Radfahrer
attraktiv zu sein.
Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt
Radverkehr, fließend und ruhend, ist 2025
endlich selbstverständlicher Pflicht-Bestandteil
jeder Bauplanung, unabhängig davon ob
öffentlicher Verkehrswegebau oder privater
Wohnungs- und Gewerbebau. Dieses ist so
zwingend wie das Vorhandensein von Wasserund Abwasserleitungen im privaten Hausbau. Ein Vergessen oder Missachten der Er­fordernisse des Radverkehrs führt automatisch
zur Ablehnung der Planung.
Radfahrer werden 2025 in Frankfurt als
gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer wahrgenommen. Sie sind ja auch in anderen Si­tuationen Fußgänger, Nutzer des öffentlichen
Nahverkehrs oder auch Autofahrer. Die
Zeiten, in denen auf eine legale und sichere
Radverkehrsführung „zur Not auch mal
verzichtet“ werden konnte, sind vorbei. Es ist
der Lokalpolitik auch bewusst, dass gut
geführter Radverkehr ebenso wie Straßen und
Anlagen des öffentlichen Nahverkehrs
ernsthaft Geld kosten kann.
Radfahren findet zwar unter freiem Himmel
statt, ist aber keine Schönwetter- oder
Sommerveranstaltung. Es wird auch im Winter
und bei Regen geradelt. In den Niederlanden ist das heute selbstverständlich, in
Frankfurt bald auch. Die lokale Verkehrs­
politik stellt sich 2025 darauf gezielt ein: Fahrradabstellanlagen werden, wo es möglich
ist, überdacht, insbesondere an bike+rideKnoten. Die Radverkehrswege des aus­
geschilderten Radnetzes werden vom Winterdienst bedient.
Die Kombination dieser Faktoren – Verringerung der Geschwindigkeitsdifferenz zum
Autoverkehr, Selbstverständlichkeit des Radfahrens, gute Infrastruktur – führt letztlich
dazu, dass auch schwächere und weniger souveräne Radfahrer im Alter von 8 bis 88 sich
sicher auf dem Fahrrad in Frankfurt bewegen
können.
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Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity!
Radfahren hilft!
Klimawandel – Verdichtung – Lärmschutz –
Luftreinhaltung – Gesundheit – Bewegung –
frische Luft – soziale Teilhabe
Der Verbrauch an Energien ist an seine Gren­zen gestoßen, weil selbst die großen Vorräte fossiler Energieträger dieser Erde endlich
sind. Zum Energiesparen kann individuell
jeder beitragen, der auf das Fahrrad umsteigt.
Der Klimawandel zeigt deutlich die Grenzen des Wachstums auf, sodass die immer
größeren Verkehrsbelastungen und immer
stärkeren Motorisierungen der Verkehrsmittel
bereits seit langen Jahren zurückgefahren
­werden müssen. Eine radelnde Stadtbevöl­
kerung verschärft das Klimaproblem nicht
weiter.
Frankfurt wächst an Einwohnern und Bau­
masse, der Platz wird knapper, und da ist
Radfahren ein wesentlicher Teil der Lösung.
Ein autozentrierter Verkehrsmix funktioniert auf engem Raum nicht. Knapper öffentlicher Raum zwingt auch zu kreativen Lö­
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sungen mit intelligenter Urbantechnik, etwa
für Abstellanlagen.
Frankfurt ist übermäßig vom Lärm betroffen,
und wir richten uns mit vielen anderen
Initiativen von Frankfurter Bürgern gegen die
Lärmbelastung, die insbesondere durch
den Verkehr verursacht wird. Der Radverkehr
eignet sich als lärmfreie Alternative zum
Autoverkehr. Frankfurt als besonderer Verkehrsknoten und als Stadt der Pendler zum
Arbeitsplatz ist mehr als andere Städte
­belastet. Wenn sich das Radfahren zum überwiegenden Verkehrssystem entwickeln
ließe, dann wäre das Problem des Straßenlärms für die Stadt Frankfurt zu einem
wesentlichen Teil erträglicher.
Auch die Schadstoffemissionen sind ein
Problem für die Stadt Frankfurt, das zu einem
Teil durch die Zunahme des motorisierten
Verkehrs entstanden ist. Das Radfahren be-
Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt
lastet weder ökologisch durch die Emission
von Schadstoffen, noch finanziell durch
Folge­kosten von Umweltschäden. In einer
visionären Stadt mit einem starken Rad­
verkehr stünde es besser um das Klima, die
Gesundheit der Menschen und unter dem
Aspekt der Nachhaltigkeit würden auch die
Finanzen entlastet.
Radverkehrsförderung ist Gesundheitsförderung. Wenn die Weltgesundheitsorganisation
täglich eine halbe Stunde Bewegung empfiehlt, dann ist das mit dem Schulweg, dem
Weg zur Arbeit oder mit den Einkäufen
per Rad in der Regel zu erreichen. Bei den Unternehmen ist das Radfahren längst zu
einem Zeichen von Stärke und Pluspunkt für
die Mitarbeiter geworden. In Frankfurt
sind Vorbildprojekte wie „Mit dem Rad zur
Arbeit“, „Bike & Business“ und „Stadt­
radeln“ zur Förderung der Gesundheit entstanden. Der Trend ist klar: Fährst Du
noch motorisiert oder kannst Du schon radeln?
Wir sehen Radfahren auch als integratives
Element unserer Gesellschaft. Eine Verlagerung der Alltagsmobilität auf das Fahrrad
ge­währleistet Teilhabe auch für sozial Benachteiligte und verhindert, dass steigende
Kosten sowohl des Personenkraftverkehrs aber
auch des öffentlichen Nahverkehrs zu sozialer Ausgrenzung führen.
Eine attraktive Stadt wie Frankfurt braucht
lebendige kulturelle Orte, Natur und Kunst in
der Stadt, von denen eine Attraktivität für
die Frankfurter und die Besucher Frankfurts
ausgeht. Mit den zahlreichen Parks und
Grünflächen ist Frankfurt besonders lebenswert geworden und die Parks sind mit
dem Fahrrad sehr gut erreichbar. Die Ansammlung von Radlern strahlt Bewegung und
Aktivität aus. Sportlichkeit, Buntheit und Vielfalt finden das Interesse der Bevölkerung.
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Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity!
Radverkehr ist günstig, aber nicht kostenlos!
Von den erheblichen Summen, die durch den
steigenden Radverkehrsanteil an Inves­
titionen für die Straßenverkehrsinfrastruktur
eingespart werden können, muss zumindest ein Teil wieder in die Radverkehrsinfrastruktur investiert werden. An zahlreichen
Stellen erfordert eine zumutbare Radverkehrs­führung kostenintensive bauliche Maß­
nahmen, insbesondere bei der Querung stark
befahrener Straßen. Ein Hauptproblem
in Frankfurt ist, dass es aufgrund von Schnellstraßen, Bahnlinien, Gewässern und baulichen Engstellen immens viele Barrieren für
Fußgänger und Radfahrer gibt. Deren
Beseitigung ist nun mal nicht mit ein paar
weißen Farbmarkierungen getan.
Das Radverkehrsnetz ist Grundlage der zu
installierenden Beschilderung, wie sie in
anderen Großstädten schon existiert. Um die
Korrektheit und Vandalismusfestigkeit
der Beschilderung, die Befahrbarhaltung der
ausgeschilderten Verbindungen und die
flexible Reaktion bei Baumaßnahmen und
Sonderereignissen sicherzustellen, ist eine
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qualifizierte volle Planstelle für das Qualitätsmanagement des Radverkehrsnetzes in
einer der involvierten Behörden zu schaffen.
Ansetzend an Erfahrungen aus anderen
Großstädten erwarten wir, dass insgesamt
­mindestens 10 Euro pro Jahr und Einwohner in den Radverkehr investiert wird.
Dies entspräche einem Mittelwert der
Kostenschät­zungen jeweils für Länder und
Kommunen im Rahmen des Nationalen
Radverkehrsplans 2020. Auf Frankfurt übertragen heißt dies 7 Millionen Euro pro Jahr.
Das lohnt sich allemal: Wenn mehr Frankfurter
mehr Rad fahren, weniger KFZs besitzen
bzw. weniger damit fahren, kommt die Stadt
mit einer schlankeren Infrastruktur aus.
Ein einziger KFZ-Parkplatz braucht 12 qm
Fläche, ein KFZ-Fahrstreifen pro km Länge
eine Fläche von 3.000 qm. Gelingt es,
auf einem Kilometer Straße einen Fahrstreifen
einzusparen und 25 Parkplätze weniger anzulegen, entspricht dieses einem Flächengewinn von 3.300 qm oder in den city­näheren Stadtteilen Frankfurts einem Grundstückswert von mindestens 4 Millionen Euro,
die stadtplanerisch einer sinnvolleren Nutzung
zugeführt werden können, als dass Autos
darauf rollen oder einfach nur herumstehen.
Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt
Radfahren macht Frankfurt attraktiver!
Urbanes Leben stellt sich dann ein, wenn sich
Menschen im Stadtraum unmittelbar be­
gegnen und sehen, und zwar ohne eine Windschutzscheibe davor und eine Tonne Blech
drum herum. Dies geschieht, wenn sie zu Fuß
gehen oder Rad fahren. Keine Werbeagentur im Auftrag der Stadt Frankfurt käme
heute auf die Idee, in Imageprospekten
die A5 in Höhe Rödelheim im täglichen Berufsverkehrsstau abzubilden. Im Gegenteil:
Parks und Plätze statt Parkplätze – das möchte
jeder von einer attraktiven Stadt sehen.
Angesagte Viertel, mit denen Frankfurt
für positive Urbanität wirbt, sind genau die, in
denen jetzt schon viel Rad gefahren wird.
Dies geht soweit, dass dort der Trend junger
Familien raus ins Umland gestoppt ist:
Nirgends sind so viele Kinderwagen zu sehen
wie in Sachsenhausen oder Bockenheim
oder im Nordend. Das liegt unter anderem
daran, dass die Verkehrssituation dort von
­jungen Leuten nicht mehr – wie noch in den
achtziger Jahren – als lebensgefährlich für
Kinder empfunden wird. Daran hat der steigende Radverkehrsanteil, zu dem diese
Eltern übrigens selbst oft beitragen, einen erheblichen Anteil. Der Anblick einer Mutter
oder eines Vaters auf der Straße mit Kind auf
dem Fahrrad, womöglich fröhlich spielend
in der Kiste des Lastenrads – das ist ein Signal:
Hier muss ich nicht wegziehen, wenn sich
das erste Kind ankündigt. Menschen, die so
denken, sind in der Mehrheit auch quali­
fizierte Fachkräfte. Fahrradfreundlichkeit ist
also ein Standortvorteil.
Frankfurt braucht eine attraktive City, in
Konkurrenz zu Shopping-Centern auf der grünen Wiese und im Umland. Letztere sind
oft auf KFZ-Erreichbarkeit hin konzipiert. Die
City hingegen kann in diesem Kriterium
gar nicht mithalten, dazu ist sie viel zu eng
und multifunktional. Also heißt es, diese
Eigenschaften – Dichte und Vielfalt, Gastro­
nomie, Spannung, Treffpunktfunktion –
­positiv auszuspielen. Dazu gehört, dass die
Frankfurter City gut mit dem Rad zu
­erreichen ist und dass genügend Abstellmög­
lichkeiten vorhanden sind. Radfahrer sind
gute Kunden, sperrige und schwere Güter
muss niemand ständig kaufen und für
die Mehrheit der Frankfurter ist die City näher
als eines der Einkaufszentren im Umland.
Die Chance des City-Einzelhandels liegt also
nicht in immer mehr teuren Parkhäusern,
sondern darin, gute Bedingungen für ÖPNVNutzer und Radfahrer zu schaffen.
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Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity!
Infrastruktur – rollender Radverkehr:
Straßen- und Wegenetz
In vielen Teilen ist die Radverkehrsinfra­struk­
tur Frankfurts noch geprägt durch die
sechziger und siebziger Jahre, als Radverkehr
bes­tenfalls am Rande leistungsfähiger
Autopisten geduldet wurde. Schmale Bordsteinradwege, oft im Nichts endend,
vom Autofahrer kaum einsehbar, in uraltem
verblichenem Pflaster ausgeführt, trotz
alledem auch noch als benutzungspflichtig
ausgewiesen, ­Kreuzungsquerungen über
mehrere Ecken und mit endlosen Wartephasen – all dies hält viele Frankfurter vom
Radfahren ab.
Die spürbaren Verbesserungen ab Mitte/Ende
der neunziger Jahre sollten jedoch bewiesen
haben: Wer gute Radverkehrsinfrastruktur sät,
wird mehr Radverkehr ernten! Ein gutes
Angebot schafft sich seine Nachfrager. Nicht
„mehr Radwege“ oder „mehr Schutz­
streifen“ ist unsere Forderung, sondern der
Grundsatz: Auf allen Straßen außer auf
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Kraftfahrstraßen (deren Zahl aber reduziert
werden sollte) muss der Radverkehr legal,
sicher und komfortabel möglich sein. Wie dies
geschieht, ist der jeweiligen Situation an­
zupassen.
Mischverkehr mit und ohne Schutz- oder Radstreifen ist als Regelfall vorzusehen. Es
kann aber auch Situationen geben, in denen
ein baulicher Radweg die beste Lösung
ist. Ist aus welchen Gründen auch immer gar
keine Radverkehrslösung möglich, ist das
KFZ-Tempo zu reduzieren. London und Paris
machen dies vor: In den zentralen Lagen
gilt in diesen Städten seit kurzem „twenty
miles“ bzw. Tempo 30.
Radwege, Radstreifen und Schutzstreifen sind
in Querungs- und Abbiegebereichen farbig
zu asphaltieren, am besten in rot.
Gemeinsame Geh- und Radwege sind bei
Neuplanungen zu vermeiden. Bei bestehenden
gemeinsamen Geh- und Radwegen hat die
Abschaffung der Benutzungspflicht Priorität.
Alte Radwege, die nicht mehr der Be­
nutzungspflicht unterliegen, sind trotzdem benutzbar zu halten. Benutzungspflichtige
Radwege sollten asphaltiert, bei Grundstücks­
ausfahrten erhöht und klar vom Gehweg
abgegrenzt werden.
Zusätzlich zu den Straßen sind autoverkehrsfreie Verbindungswege in einem Zustand zu
halten oder in einen Zustand zu versetzen, der
sie für Zweirichtungs-Radverkehr qualifiziert.
Für Radwege, Schutz- oder Radstreifen dürfen im Regelfall nicht Mindestbreiten an­
gesetzt werden, sondern Standards der „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA)“.
Die Oberflächenqualität separater Radwege
sollte mindestens der Fahrbahn entsprechen. An Kreuzungen muss der Radweg ohne
Kante abgesenkt werden. Unkomfortable
und unsichere Neubauten wie der Radweg an
der Friedberger Landstraße südlich der Warte
oder neue Schutzstreifen direkt neben Park-
Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt
plätzen wie am Marbachweg sollten der Vergangenheit angehören. Im Mischverkehr,
aber auch auf Radstreifen und Schutzstreifen
sollten Fahrradpiktogramme für Klarheit
sorgen, dass hier Rad gefahren werden darf.
Die Freigabe von Einbahnstraßen in Gegenrichtung muss auch die letzten Exemplare
dieser Straßen erfassen. Bei Einbahnstraßen
mit Tempo 50 sind baulich gesicherte
­Radfahrspuren in Gegenrichtung vorzusehen.
Ampelschaltungen sind so zu optimieren, dass
für Radfahrer eine Grünphase zur
­Überquerung der ganzen Kreuzung reicht,
bei längeren Straßen mit Tempo 20
zwei oder mehr Ampeln bei grün passiert
werden können,
in verkehrsarmen Zeiten Ampeln wenn
möglich abgeschaltet werden.
Ampelregelungen sind nach Möglichkeit durch
Minikreisverkehre zu ersetzen. Im Mini­
kreisverkehr ist der Radverkehr auf der Fahr­bahn zu führen.
An ampelgeregelten Knotenpunkten hat der
Radverkehr eine Aufstellfläche vor den
wartenden KFZs. Der geradeaus führende
und/oder linksabbiegende Radverkehr
ist rechtzeitig links neben den rechtsabbiegen­
den KFZ-Verkehr zu führen oder hat eine
eigene Ampelphase.
Längere Straßen ohne Durchgangs-KFZ-Verkehr können als Fahrradstraßen ausgebaut
werden (zum Beispiel Frankenallee, Friedrichstraße, Humboldtstraße, Heidestraße).
Frankfurt muss insgesamt durchlässiger
werden für Fußgänger und Radfahrer. Hierfür
muss ein spezielles Programm zur Über­
windung von Barrieren aufgelegt werden –
Neubau oder Ertüchtigung fehlender oder
untauglicher Brücken und Unterführungen,
neu zu schaffende Durchlässe.
Frankfurt muss auf seinem Gebiet seinen
Beitrag leisten zur Realisierung von Fahrrad-
Schnellwegen – wie derzeit beim Projekt
Darmstadt – Frankfurt. Die ständig steigende
Zahl von Pedelecs und E-Bikes bedeutet
auch, dass viele Frankfurter und Pendler einen
größeren Alltagsradius per Rad realisieren
können – 10 km und mehr. Wir halten es für
angemessen, den Kernbereich der Stadt
und die größte Arbeitsstätte, nämlich den
Flughafen, mit einem schnellen Radweg
zu verbinden und dafür auch ein spektakuläres
Bauwerk am Frankfurter Kreuz zu errichten.
Es ist ein stadtweites Beschilderungssystem
für den Radverkehr nach bundesweit akzeptiertem Standard zu erstellen, wie es dies
bereits in mehreren Großstädten Deutschlands
gibt. Eine Wegweisung setzt jedoch voraus, dass die jeweilige Strecke tatsächlich und
rechtlich einwandfrei befahrbar ist. Hierzu ist es notwendig, systematisch die zahlreichen noch vorhandenen Lücken zu schließen – auch wenn dies etatrelevante In­vestitionen erfordert.
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Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity!
Infrastruktur – rollender Radverkehr:
Umgang mit Hindernissen
Falschparken auf Radverkehrsanlagen muss
durch Polizeikontrollen erschwert und
unterbunden werden. Besonders notorische
Bereiche sind „feuerwehrweich“ abzupollern.
Eine Baustelle darf erst genehmigt werden,
wenn klar ist, wie der Radverkehr während der Bauzeit sicher geführt wird. Die Genehmigungsvorgaben müssen kontrolliert
werden.
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Umlaufsperren sind auf die allernötigsten
Exemplare an Gefällstrecken zu reduzieren. Auch diese müssen so konstruiert sein,
dass ein Rad mit Anhänger oder ein Be­
hindertendreirad fahrend durch das Hindernis
manövriert werden kann.
Müll- und Altglascontainer, Litfaßsäulen,
Wahlkampf- und Reklameaufsteller oder ähnliches haben auf Radwegen nichts zu suchen.
Sondernutzungen für Events und Gastro­
nomie müssen so dimensioniert sein, dass der
Radverkehr problemlos passieren kann.
Mindestens muss eine legale und befahrbare
Umleitung ausgeschildert werden.
Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt
Infrastruktur – ruhender Radverkehr:
Abstellmöglichkeiten, Sicherheit
In den Nebenstraßen der Zeil und in den
Gründerzeitvierteln rund um die City ist die
Zahl der Abstellbügel zu verdoppeln. Poller
sind nach Möglichkeit durch Bügel zu ersetzen.
In den Wohnvierteln sind Fahrradbügel
systematisch zur Falschparkprävention einzusetzen.
Beim öffentlich mitgestalteten Wohnsiedlungs­neubau muss gelten: Ab angefangene
50 qm Wohnfläche wird ein Fahrradabstellplatz eingerichtet. Im privaten Neubau
sollte die Hessische Bauordnung und die Stellplatzverordnung aus den neunziger Jahren
re­vitalisiert werden.
In den Gründerzeitvierteln mit ihrer dichten
Bebauung sollte jeder 40ste KFZ-Parkplatz in
eine unzuparkbare Fläche mit acht Fahrradstellplätzen umgewandelt werden.
Für privaten Wohnungsbestand leistet die
Stadt Beratung und Förderung bei der
Einrichtung von platzoptimierten barrierefreien
Abstellanlagen. Da davon auch E-Bike- und
Pedelec-­Nutzer profitieren, können hierzu
Förder­programme zur Elektromobilität
genutzt werden.
Am Hauptbahnhof ist die Errichtung eines
Fahrrad-Großparkplatzes oder einer Rad­
station voranzutreiben. Die Bahn muss sich
hier ihrer Verantwortung stellen und
Flächen hierfür vorsehen. Deren kommer­
zielle Ver­wertung darf nicht das Haupt­
kriterium sein.
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Machen wir Frankfurt bis 2025 zur VeloCity!
Radverkehr funktioniert als System!
Zum System Radverkehr gehören Infra­
struktur, Serviceangebote und Kommunika­
tion rund um das Radfahren. Damit sowohl im Zentrum der Stadt als auch in der gesamten Peripherie der Frankfurter Stadtteile bessere Rahmenbedingungen für das
Radfahren geschaffen werden, müssen
die entsprechenden politischen Maßnahmen
ergriffen werden.
Systematische Radverkehrsförderung be­inhaltet zudem die Möglichkeit, verschiedene
Verkehrsmittel zu kombinieren, insbesondere
das Fahrrad und den ÖPNV. Dazu müssen
die Möglichkeiten zur Fahrradmitnahme im
RMV erhalten und, wo nötig, ausgebaut
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werden. Ein einfach zu realisierendes Mittel
wäre schon einmal die Verringerung der
Klappsitze in Mehrzweckabteilen, damit diese
bestimmungsgemäß genutzt werden
­können.
Großes Potenzial liegt in der Verbesserung
und Erweiterung der Fahrradabstellplätze an
ÖPNV-Stationen. Attraktiv für Pendler sind
dabei vor allem die Haltestellen an Tarifgrenzen. So kann eine zeitlich und finanziell
günstige Mobilitätskette geknüpft werden.
Der RMV könnte sich dadurch selbst
neue Kunden generieren, wenn er dies entsprechend bewerben würde.
Darüber hinaus kann ein infrastrukturell und
tariflich auf das Angebot des RMV abgestimmtes Mietradsystem dazu beitragen, Verkehrsanteile auf den Umwelt-Verbund zu
verlagern. Ferner sollte angestrebt werden,
wie heute in Bremen schon möglich,
eine Fahrradmitnahmemöglichkeit in Taxis
einzurichten.
Bei Großveranstaltungen empfiehlt es sich,
Serviceleistungen (bewachtes Parken, Putzen,
kleine Reparaturen) wie sie bereits vom
Bike-Point des Internationalen Bundes angeboten werden, beizubehalten und auszu­
bauen.
Radverkehrspolitisches Programm des ADFC Frankfurt
Auch für den Radverkehr gilt:
Tue Gutes und rede darüber!
Zu einer gelungenen Radverkehrsstrategie gehört auch das Thema Kommunikation.
Andere Städte, wie zum Beispiel München
mit seiner „Radlhauptstadt“-Kampagne
oder Berlin, machen vor, wie man Menschen
zum Radfahren motivieren und das Fahrrad ins Stadtimage integrieren kann. Wo schon
gute Verbindungen für den Radverkehr
existieren, müssten diese bekannt gemacht
werden. Außerdem sollten Rechts- und
Regelkenntnis vermittelt werden.
Um eine Fahrradkultur aufzubauen, empfiehlt
es sich, Fahrradevents des ADFC und
anderer Organisationen zu fördern. Denkbar
wäre etwa eine Fahrradkampagne mit
Frankfurter Prominenten in Film-, Plakat- oder
Postkartenform. Außerdem sollte eine
ständige Kampagne „Mit dem Rad zur Schule“
dem übertriebenen „Mamataxi“-Unwesen
entgegenwirken.
Die Förderung des Fahrradverkehrs kann von
einer wissenschaftlichen Begleitung nur
profitieren. Zu diesem Zweck sollte eine verstärkte Kooperation mit Frankfurter Hochschulen angestrebt werden. Denkbar wären
zum Beispiel Seminare und Projekte zu
Infrastrukturvorhaben.
Frankfurt hat immer noch bei vielen Menschen das Image einer Business-City. Viele Hotels stehen am Wochenende halb leer.
Wenn man sich die Imagewerbung der beiden
führenden städtetouristischen Destinationen Deutschlands – Berlin und München –
ansieht, so findet man immer auch gut­
aussehende Menschen auf dem Fahrrad.
Ein hoher Radverkehrsanteil stärkt auch die
touristische Attraktivität Frankfurts.
Selbst wenn ein Tourist gar nicht vorhat, dort
Rad zu fahren, signalisiert ihm der Anblick
vieler Radler: Hier lebt es sich gut, hier möchte
ich dabei sein, wenn auch nur für ein
­ ochenende. Nur muss die in Prospekten geW
weckte Erwartung dann auch von der Realität erfüllt werden. Die nahtouristischen Angebote, insbesondere Grüngürtelradweg und
Regionalpark-Rundweg, sind verstärkt von der
kommunalen Touristikwerbung zu nutzen.
Nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens sollte
eine Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen gegründet werden, um
Know-How und Erfahrungen in einem
institutionellen Rahmen austauschen zu können. Frankfurt kann dabei eine Führungsrolle übernehmen und so Impulse setzen, die
über das Stadtgebiet hinausgehen.
Frankfurt sollte sich bewerben für die Ausrichtung eines nationalen Radverkehrs­
kongresses – diese finden alle zwei Jahre statt.
Frankfurt hat so die einmalige Gelegenheit, ein positives Signal für die Förderung des
Radverkehrs zu setzen.
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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC)
Kreisverband Frankfurt am Main e.V.
Fichardstraße 46
60322 Frankfurt am Main
www.adfc-frankfurt.de