Ein Quantensprung in der minimal invasiven Chirurgie Vom

Ausgabe 8
April 2015
med.izin
Das Ärztemagazin
aus dem
Klinikum Heidenheim
3D-L APAROSKOPIE
Ein Quantensprung in der
minimal invasiven Chirurgie
STRAHLENTHERAPIE
Strahlentherapie bei
nicht malignen Erkrankungen
I N N O V AT I V E P R A K T I K E N D E R I N T E R V E N T I O N E L L E N K A R D I O LO G I E
Vom Vorhofohrverschluss und
PFO/ASD-Verschluss
med.izin
Ausgabe 8 | April 2015
Seite 2
3D-Laparoskopie –
Ein Quantensprung in der
minimal invasiven Chirurgie
Heidenheim im März 2015
Editorial
Liebe Kolleginnen
und Kollegen,
»Work in progress« ist ein
all­gegenwärtiges Schlagwort
und es beschreibt die Situation
in unserer Klinik wohl treffend.
S
o wird in der ZNA, allen
Unken­rufen zum Trotz,
auch und insbesondere Personal aufgestockt. Leider ist
aber bezüglich der finanziellen Problematik, auch in
Hinsicht auf das Patienten­
aufkommen, in der ZNA ein
»Work in Progress« nicht in
Sicht und selbst ein »Steady
state« ist fast schon zu optimistisch formuliert.
D
aher ist es notwendig,
insbesondere­auch auf
Bundesebene Einfluss zu
nehmen, dass eine bessere
Versorgung von Patienten­vor
Ort nicht dazu führen­darf,
diejenigen Krankenhäuser,
die diese Versorgung leisten­,
in finanziell stürmische See
zu manövrieren.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Jan-Peter Schenkengel
Ärztlicher Direktor
Seit einigen Monaten verfügt die Klinik für
Viszeral-, Thorax- und
Gefäßchirurgie des Klinikum­
Heidenheim über einen
3D-Videoturm, der ein drei­
dimensionales (räumliches)
Sehen beim minimal invasiven Operieren in den Körperhöhlen ermöglicht.
Diese 3D-Technik gab es
zwar schon seit wenigen Jahren, war aber aufgrund des
Gewichtes der Kamera kaum
praktikabel, hinzu kam die
fehlende Schwenkbarkeit des
Kamerakopfes. In den letzten
anderthalb Jahre hat sich hier
die Technik rasant weiterentwickelt, inzwischen haben wir
eine 3D-Kamera, die genau so
viel wiegt wie eine herkömmlichen 2D-Kamera und bei der
man auf Knopfdruck (Operateur) problemlos auf 2D-Modus umschalten kann. Dazu
kommt, dass man den Kopf abwinkeln kann und so alle Rotationsqualitäten einer 2D-Optik
nachahmen kann. Wie beim
3D-Fernseher zu Hause benötigt der Operateur einen speziellen Brillenaufsatz.
Der Vorteil der 3D-Technik
liegt in der deutlich verbesser­
ten räumlichen Visualisierung
anatomischer Strukturen, die
ein wesentlich sichereres Operieren ermöglicht. Ein großes
Problem in der minimal invasiven Chirurgie ist z. B. das Nähen, da man bislang Nadelhalter, Nadel und Faden nur
zweidimensional sehen konnte, das fehlende räumliche Sehen hat gerade das Knoten
sehr erschwert, sehr mühsam
ist z. B. das Auffädeln und die
Schlingenbildung beim Knoten. Durch das neue dreidimensionale Verfahren sieht
man jetzt quasi wie normal,
hinzu kommt die bei der minimal invasiven Technik übliche
1,5-fache Vergrößerung.
In Untersuchungen mit Studenten konnte man sehr eindrucksvoll nachweisen, dass
die chirurgisch-technisch bedingte Fehlerhäufigkeit durch
die 3D-Technik stark verringert
werden kann. Die Studenten,
die alle in ihrem Leben noch
nie am Dummy videolaparo­
skopisch gearbeitet hatten
wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, eine Gruppe musste
ihre Aufgaben mit der 3D-, die
andere mit der herkömmlichen
2D-Technik lösen. Die Ergebnisse haben selbst sehr gestandene Laparoskopiker überzeugt.
Mit der 3D-Technik lässt sich
die Lernkurve für angehende
Fachärzte für Chirurgie deutlich abflachen. Als Effekt werden angehende Fachärzte viel
schneller komplexe Eingriffe
laparoskopisch sicher durchführen können. Wir sind sehr
stolz darauf in Heidenheim
als eine der ersten Kliniken in
Deutschland diese Technik zur
Verfügung zu haben, andere Kliniken werden garantiert
nachziehen.
Wir sind gerne bereit, diese
Technik interessierten Kolleginnen und Kollegen zu präsentieren, allerdings funktioniert das nur live, da wir derzeit
keine Möglichkeiten haben,
in 3D-Technik Filmsequenzen
herzustellen. Bei Interesse bitte ich um direkte Kontaktaufnahme.
Professor Dr. Andreas Imdahl
Klinik für Viszeral-, Thoraxund Gefäßchirurgie
Telefon 07321 33-21 70
Telefax 07321 33-22 40
E-Mail Andreas.Imdahl@
kliniken-heidenheim.de
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Ausgabe 8 | April 2015
Seite 3
Strahlentherapie bei
nicht malignen Erkrankungen
Bereits 1897, zwei Jahre nach Entdeckung der Röntgenstrahlen, beschrieb Hermann Gocht die schmerzlindernde
Wirkung der Bestrahlung bei Trigeminusneuralgie, nachdem
ein Jahr zuvor der Wiener Hautarzt Leopold Freund über die
erfolgreiche Bestrahlung eines behaarten Naevus eines jungen Mädchens berichtete. Alexei P. Sokolow veröffentlichte
in der damals noch recht neuen Zeitschrift »Fortschritte auf
dem Gebiet der Röntgenstrahlen« (der heute noch bestehenden RöFo) einen enthusiastischen Artikel über die sehr gut
schmerzlindernde Wirkung der Bestrahlung bei Patienten
mit »Gelenkrheumatismus« In den 1930er Jahren perfektionierte Günther von Pannewitz die von ihm sogenannte
»Röntgenreizbestrahlung« bei degenerativen Erkrankungen.
Das Angebot an leis-tungsfähigen Röntgen- und Telekobaltgeräten erweiterte die Möglichkeit, auch tiefer gelegene
Regionen im Körper gut zu erreichen, und so entwickelte sich
ein breites Indikationsspektrum auch für die Bestrahlung
gutartiger Erkrankungen.
Durch den unkritischen
Ein­satz dieser Behandlungsmethode kam es zu Nebenwirkungen, insbesondere beobachtete man in den 1950er
Jahren in England eine Zunahme der Häufigkeit chronischer Leukämien bei Patienten, deren Wirbelsäulen wegen
Morbus Bechterew bestrahlt
wurden.
Die Erkenntnis, dass Strahlentherapie unerwünschte
Spätfolgen haben kann, die
ständige Erfindung neuer Medikamente, die zur Behandlung entzündlich-degenerativer Erkrankungen eingesetzt
wurden, und der zunehmende Einsatz der Strahlentherapie bei Patienten mit malignen
Erkrankungen bei begrenzten apparativen Ressourcen,
führten zum immer selteneren
Einsatz der Strahlentherapie in
der Behandlung gutartiger Erkrankungen.
Mittlerweile ist diese Behandlungsmethode wieder gut etabliert. Jedes Jahr
werden in Deutschland cirka
50.000 – meist ältere – Patienten mit gutartigen Erkrankungen beziehungsweise degenerativ bedingten funktionellen
Störungen bestrahlt. Die damit
erzielten Erfolge führen bei
cirka 80 % der Patienten zum
Erhalt oder zur Rückgewinnung der Lebensqualität durch
Schmerzreduktion und Verbesserung vorher eingeschränkter
Funktionen.
Wirkungsweise
der Strahlentherapie
Die Wirkung der Strahlen­
therapie bei gutartigen Erkrankungen kann unterschiedliche Ansätze haben. Sie kann
Autoimmunprozesse und Antigen- / Antikörperreaktionen
unterdrücken oder modulieren, den Ablauf von Entzündungsreaktionen hemmen,
bestimmte Zellfunktionen modulieren und dadurch die Entstehung von Schmerzen verhindern (Abb. 1) und schließlich
eine antiproliferative Wirkung
haben.
Die niedrig dosierte Strahlentherapie mit Dosen von
0,1 Gy bis 1,0 Gy pro Fraktion
und Wochendosen von 0,3 Gy
bis 3 Gy hat durch die apoptotische Wirkung auf die extrem
strahlenempfindlichen Lymphozyten, durch die Reduktion
der Aktivität von entzündlich
aktivierten Makrophagen und
Endothelzellen eine günstige
Wirkung auf die zelluläre Immunantwort, ohne eine Wirkung auf die Unversehrtheit
der zellulären Bestandteile zu
haben. Erst Dosen oberhalb
von 12 Gy können die Aktivität
von Fibroblasten bremsen, was
zum Beispiel die Hemmung
von überschießender Narbenbildung erklärt.
Perioperative Bestrahlung
hemmt die Differenzierung
mesenchymaler Stammzellen
zu Osteoklasten. Dadurch können ektope Ossifikationen vermieden werden.
Nicht maligne Erkrankungen, die mit Zellproliferationen
einhergehen, wie zum Beispiel
Meningeome, Hypophysenadenome oder die aggressive Fibromatose müssen mit
hohen Dosen bestrahlt werden, die zu einer Apoptose der
geschwulstbildenden Zellen
und damit zu einem Wachstumsstopp der gutartigen Geschwulst führen.
Mononukleäre Zellen des Immunsystems
Monozyten, Makrophagen
Inflammatorische Zytokine
IL-1 TNF-alpha IL-6
(Bildung, Freisetzung)
Prostaglandine
Monozyten
(Reifung)
(aktivieren)
Inflammatorische Makrophagen
Stickoxid-Synthetase
Endothelzellen
Stickoxid
Gefäßpermeabilität
Schmerz
Prostaglandine
Schmerz
Abb. 1 Wirkung der Bestrahlung auf inflammatorische Makrophagen
Radiogene Risiken nach
niedrig dosierter Strahlen­
therapie
Mögliche Strahlenrisiken,
die in Zusammenhang mit
niedrig dosierter Strahlen­
therapie stehen, resultieren
aus sogenannten stochastischen Strahlenschäden. Diese
beruhen auf Mutationen betroffener Zellen und führen zu
neoplastischen Veränderungen
oder zu Erbkrankheiten.
Ein genetisches Risiko besteht allerdings nur dann,
wenn die Bestrahlung an den
Gonaden selbst oder in deren
unmittelbarer Nachbarschaft
erfolgt und wenn sich der bestrahlte Patient fortpflanzt.
Bei den meisten Verfahren der
Strahlentherapie nicht maligner Erkrankungen ist die Strahlenexposition der Gonaden gering und damit das genetische
Risiko ohne nennenswerte Bedeutung.
Das Risiko für strahleninduzierte Krebserkrankungen
kann im Einzelnen berechnet
werden und liegt in der Regel
um 0,1 % höher, als das normale, bestrahlungsunabhängige
Malignomrisiko.
Die Strahlenexposition bei
Bestrahlung wegen gut­artigen
Erkrankungen entspricht in
etwa dem Grenzwert der
Strahlenexposition für beruflich exponierte Personen pro
Kalenderjahr (20 mSv) oder
der effektiven Dosis einer CTUntersuchung des Abdomens
oder dem zehnfachen der natürlichen Strahlenexposition
oder vier Stunden eines Interkontinentalfluges.
Spätfolgen der Bestrahlung,
wie sie nach Bestrahlungen
wegen malignen Erkrankungen beobachtet werden, zum
Beispiel Fibrosen des subcutanen Fettgewebes, Muskelatrophien, Lymphödeme, Knochen­nekrosen, etc. sind nach
Bestrahlungen wegen gut­

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Tabelle 1
Beispiele für entzündlichdegenerative­Erkrankungen
Enthesiopathie
„„ Schultersyndrom
„„ Ellenbogensyndrom
„„ Bursitis trochanterica
„„ Fasziitis plantaris
„„ Fersenbeinsporn (Abb. 2)
Schmerzhafte Arthrosen
„„ Schulter
„„ Hüften
„„ Knie
„„ Hände, Füße
Tabelle 2
Indikationen für
antiproliferative Bestrahlung
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
„„
Meningeom
Hypophysenadenom
Aderhauthämangiom
Pseudolymphome
Akustikusneurinom
Pterygium
Aneurysmatische
Knochenzyste­
Gynäkomastie
(-prophylaxe)
Heterotope Ossifikationen
Morbus Dupuytren
Keloid (Abb.3)
Gorham Stout Syndrom
Induratio penis plastica
Endokrine Orbitopathie
Wirbelkörper­
hämangiome
Pigmentierte villonuduläre Synovitis (Abb.4)
Desmoid
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artigen Erkrankungen nicht zu
befürchten.
Indikationen
Die Strahlentherapie sollte
bei gutartigen Erkrankungen
eingesetzt werden, wenn eine
Nichtbehandlung zu belastenden Folgen führt, nachdem
konventionelle (zum Beispiel
Schmerzmittel, Cortison p. o.)
oder invasive (Operationen,
Spritzen) Therapien versagt haben, oder wenn deren Wirkung
zu unangenehmen Folgen wie
Entstellungen und zu Nebenwirkungen führen.
Die Liste der gutartigen Erkrankungen, die für eine Strahlentherapie geeignet sind, ist
unendlich lang (Tab. 1) und
enthält Erkrankungen unterschiedlicher Genese. Darüber
hinaus gibt es zahlreiche benigne Tumore, die sich aufgrund
ihrer Größe, Lokalisation und
Wachstumsmuster einer Operation entziehen, aber für eine
Strahlentherapie gut zugänglich sind (Tab. 2) und funktionelle Störungen, die unter
Umständen sogar mit radiochirurgischen Verfahren behandelt werden können (Tab. 3).
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Dauer und Durchführung
der Strahlentherapie
Entzündlich degenerative
Erkrankungen werden zweibis dreimal pro Woche, insgesamt zwölfmal bestrahlt. Die
Wirkung der Bestrahlung sollte
erst zwei bis drei Monate nach
Ende der Bestrahlung beurteilt
werden. Wenn die Schmerzen
in diesem Zeitraum nicht abgeklungen sind, sollte die Bestrahlung wiederholt werden.
Antiproliferative Bestrahlungen werden arbeitstäglich
über zwei bis sechs Wochen
durchgeführt, wobei die Anzahl der einzelnen Bestrahlungen von der Art der Erkrankung abhängig ist.
Die Bestrahlung bei gutartigen Erkrankungen ist im
Leistungskatalog gesetzlicher
und privater Krankenversicherungen enthalten, so dass die
krankenversicherten Patienten keinen eigenen finanziellen Beitrag aufbringen müssen.
Taxikosten zur Strahlentherapie werden von den Krankenkassen gelegentlich übernommen, in der Regel müssen
die Patienten die Fahrten zur
Strahlentherapie selber organisieren.
Die Indikation zur Bestrahlung sollte interdisziplinär gestellt werden. Besondere diagnostische Maßnahmen, die
über ein Röntgenbild hinausgehen, braucht man selten
und wenn doch, veranlassen
wir diese selbst.
Zusammenfassung
Die Strahlentherapie bei
schmerzhaften degenerativentzündlichen Erkrankungen
ist eine sehr wirksame und
kostengünstige Therapie ohne
nennenswerte Nebenwirkungen. Bei gutem analgetischem
Effekt in etwa 80 % der Fälle
gewinnen die Patienten damit
eine gute Lebensqualität zurück.
Literatur bei Autorin
Dr. med. Voica Ghilescu
Klinik für Radioonkologie und
Strahlentherapie
Telefon 07321 33-26 71
E-Mail Voica.Ghilescu@
kliniken-heidenheim.de
Tabelle 3
Funktionelle Störungen
„„ Lymphfisteln
„„ Trigeminusneuralgie
„„ Intracerebrale AV-
Malformation
„„ Chordotomie
„„ Hidradenitis suppurativa
„„ Entzündeter Pilonidalsinus
Abbildung 2
Fersenbeinsporn
Abbildung 3
Keloid nach Reduktionsplastik.
Links bestrahlt wegen Mammakarzinom
Abbildung 4
Pigmentierte villonoduläre Synovitis
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Ausgabe 8 | April 2015
Innovative Praktiken der
interventionellen Kardiologie
Vom Vorhofohrverschluss
und PFO/ASD-Verschluss
Eigentlich ist es paradox. Warum sollte ein interventioneller Kardiologe Strukturen am Herzen verschließen, wo
es ihm doch in erster Linie darum geht, das Blut rund ums
Herz und insbesondere in den Koronargefäßen optimal in
Gang zu halten und Verengungen zu beseitigen, sei es durch
Ballon­dilation oder Implantation einer Gefäßstütze (Stent).
Und doch macht es Sinn, bestimmte Strukturen im Herzen zu
verschließen und dadurch dem Patienten zu helfen.
Widmen wir uns zunächst
dem Vorhofohrverschluss. Vorhofflimmern ist die häufigste
Herzrhythmusstörung weltweit,
in den westlichen Industrienationen sind ca. 1 – 1,5 % der Bevölkerung betroffen. Und je älter der Patient ist, desto größer
ist das Risiko, an dieser Herzrhythmusstörung zu erkranken.
Höchste Priorität bei der Behandlung des Vorhofflimmerns
hat die Schlaganfallprophylaxe.
Das jährliche Schlaganfallrisiko
variiert in Abhängigkeit klinischer Risikofaktoren wie Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, Alter, Diabetes mellitus, cerebrale
Durchblutungsstörung in der
Vorgeschichte und Geschlecht,
welches man mittels dem sogenannten CHADSVasc-Score
berechnen kann. Beträgt dieser
größer/gleich 1, so ist die Indikation zur effektiven Antikoagulation gegeben. Lange Zeit
war dies den Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon
oder Warfarin vorbehalten, da
diese jedoch über eine enge
therapeutische Breite verfügen,
besteht unter dieser Therapie
bei Unterdosierung die Gefahr
eines Schlaganfalles oder bei
Überdosierung die Gefahr einer Blutung, insbesondere einer cerebralen Blutung. Auch
unter einer Vitamin-K-Antagonisten Therapie im sogenannten therapeutischen Bereich
mit einem INR von 2 – 3 kann es
in Abhängigkeit von Co-Morbiditäten wie Bluthochdruck,
abnormale Leber- bzw. Nierenfunktion, Alter­ und Schlaganfall
in der Vorgeschichte, zusammengefasst im sogenannten
HAS-BLED-Score, kann es zu
klinisch manifesten Blutungen
kommen.
Bei einer durchschnittlichen
Blutungsrate von ca. 5 % unter
Phenprocoumon wurden aus
diesem Grunde andere orale
Antikoagulantien entwickelt,
wovon in Deutschland aktuell
bei nicht valvulärem Vorhofflimmern in alphabetischer
Reihenfolge die Substanzen
Apixaban (Eliquis®) Dabigatran
(Pradaxa®) und Rivaroxaban
(Xarelto®) verwendet werden
dürfen. Alle diese Subtanzen
haben in Studien nachgewiesen, dass die Blutungsrate, insbesondere die zerebrale Blutungsrate, geringer ist als unter
Phenprocoumon und dies unter gleicher oder teilweise sogar größerer Sicherheit, einen
ischämischen­, kardioembolisch
bedingten Schlaganfall zu verhindern. Doch auch diese Substanzen bergen Gefahren, insbesondere bei Akkumulation bei
Niereninsuffizienz, jedoch auch
unter stabilen Nieren- und Leberwerten kann es auch hierunter zu Blutungen, insbesondere
im gastrointestinalen Bereich
kommen oder zu diffusen, hämoglobinrelevanten Schleimhautblutungen, insbesondere, wenn diese Substanzen mit
Thrombozytenaggregationshemmern wie Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel kombiniert
werden.In der Klinik sehen wir
aktuell im Gesamten mehr Blutungskomplikationen, da viele
Patienten, bei denen eine Phenprocoumon-Therapie aufgrund
zu hoher Blutungsgefahr bisher
nicht verabreicht wurde, auf
die neuen oralen Antikoagulantien eingestellt werden und/
oder die betagteren Patienten, welche sowohl Gefäß- als
auch Herzrhythmusprobleme
im Sinne von Vorhofflimmern
haben, eine 2-fach oder 3-fach
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Therapie mit Antikoagulanz
plus 1 – 2 Thrombozytenfunktionshemmer haben. Um diesem
Dilemma zu entgehen, gibt es
seit einigen Jahren die Möglichkeit des interventionellen
Vorhof­ohrverschlusses, welches
seit 2014 auch im Klinikum Heidenheim angeboten wird. Dabei wird über einen venösen
Leisten­zugang, gefolgt von einer intrakardialen transseptalen
Passage, ein selbstexpandieren­
des Device unter fluoroskopischer und transösophagealer
Darstellung in das linke Herzohr
eingebracht. Dadurch wird dieses, welches für weit über 90 %
der intrakardialen Thromben
bei Vorhofflimmern verantwortlich ist, funktionell ausgeschaltet. Nach dieser Intervention,
welche zumeist aufgrund der
periinterventionellen transösophagealen Echokardiographie
zum Patientenkomfort in Intubationsnarkose erfolgt, muss
der Patient bis zur vollständigen Endothelialisierung des
Devices eine Thrombozytenaggregationshemmung erhalten, initial möglichst eine duale
Therapie, je nach Blutungsrisiko von verschiedener Dauer,
mit anschließend ausreichender Monotherapie, meist mit
100 mg Acetylsalicylsäure. Eine
effektive Antikoagulation ist
nach erfolgreichem Vorhofohrverschluss ab dem Tage der
Intervention nicht mehr notwendig. Das periprozedurale
Risiko ist durch die zweifache
Bildgebung (Fluoroskopie und
Echokardiographie) minimiert,
trotzdem muss der Patient vor
dem Eingriff über die Gefahren,
insbesondere Perikarderguss
oder Devicedislokation, aufgeklärt werden.
Seit 2010 werden in der hiesigen Kardiologie auch Löcher
in der Vorhofscheidewand, sei
es aufgrund hämodynamischer
Relevanz (zumeist beim Vorhofseptumdefekt, kurz ASD) oder
aufgrund paradoxer Embolien
(zumeist bei offenem Foramen
ovale, kurz PFO) verschlossen.
Graphische Darstellung des linken
Vorhofohres und des kathetergeführten Verschlusses
Transösophageales 3-D-Bild mit
Blick in den linken Vorhof bei
erfolgreichem LAA-Verschluß mit
sichtbarer Disk des LAA-Occluders
mittig. Nach kaudal angrenzend
die offene Mitralklappe.
In unserer Klinik kommt dabei eine Doppelschirmprothese zum Einsatz. Diese Prothese
wird im zusammengefalteten
Zustand über einen venösen
Katheter zum Herzen geführt
und dort im Defekt entfaltet.
Der Eingriffsweg ist somit nahezu gleich dem Vorhofohrverschluss, nur kann eine transseptale Passage durch den
angeborenen Defekt erfolgen,
so dass die Komplikationsrate
bei diesem Eingriff geringer ist
als beim Vorhofohrverschluss.
Analog zu obigem Eingriff ist
eine Therapie mit Thrombozytenfunktionshemmer postinterventionell notwendig, ebenfalls
nach kardialer Implantation von
Fremdmaterial eine Endokarditisprophylaxe für 6 Monate.
Beide Verfahren werden regelmäßig durchgeführt, in Frage kommende Patienten können hausärztlicherseits nach
Voranmeldung in der kardiologischen Ambulanz (dienstags und donnerstags) zum
Beratungs­gespräch vorgestellt
werden.
Dr. Oliver Petek
Oberarzt Medizinische Klinik II
Internist-Kardiologe-Angiologe
Hypertensiologe DHL
Telefon 07321 33-28 62
E-Mail Oliver.Petek@
kliniken-heidenheim.de
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Ausgabe 8 | April 2015
Interdisziplinäre Schmerzkonferenz
Interdisziplinärer und Berufsgruppen übergreifender Erfahrungsaustausch sowie Diskussion aktueller Fälle aus dem klinischen
Alltag.
Wir freuen uns, neben den Fallbeispielen aus der ambulanten
und stationären Schmerztherapie des Klinikums Heidenheim
auch Kasuistiken aus der klinischen Praxis der niedergelassenen
Kolleginnen und Kollegen diskutieren zu können. Falls bereits
jeweils im Vorfeld absehbar ist, welche Kasuistiken vorgestellt
werden sollen, wird darum gebeten, diese (auch kurzfristig) anzumelden. Dadurch kann die Beantwortung spezieller Fragestellungen vorbereitet werden.
Die Schmerzkonferenzen sind zur Erlangung des freiwilligen Fort­
bildungszertifikates mit 3 Punkten (Kategorie C) von der Landes­
ärztekammer Baden Württemberg anerkannt. Bitte nicht vergessen,
die Barcodeetiketten mitzubringen.
23. April 2015
17.30 – 19.00 Uhr
ÎÎ Konferenzraum, Klinikum Heidenheim
21. Mai 2015
17.30 – 19.00 Uhr
ÎÎ Besprechungszimmer Medizintechnik, Klinikum Heidenheim
25. Juni 2015
17.30 – 19.00 Uhr
ÎÎ Besprechungszimmer Medizintechnik, Klinikum Heidenheim
23. Juli 2015
17.30 – 19.00 Uhr
ÎÎ Konferenzraum, Klinikum Heidenheim
Ansprechpartner:
Professor Dr. Alexander Brinkmann
Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie
Telefon 07321 33-22 11
Seite 6
Veranstaltungen & Termine
20. Mai 2015
14.00 – 15.30
Interdisziplinäres MRE-Netzwerk-Treffen Heidenheim
mit Fallbesprechungen
ÎÎ Konferenzraum, Klinikum Heidenheim
20. Mai 2015
17.00 – 21.00
Pneumo Update 2015
Pneumologisches Symposium
Referenten: PD Dr. Ulrike Schumacher, MVZ Labor Dr. Gärtner
& Kollegen Ravensburg; Dr. med. Thomas Spindler, Klinik für
Kinder und Jugendliche Fachkliniken Wangen; Dr. Brigitte Mayer,
Dr. Marc Autenrieth, Dr. Holger Slatosch, Klinikum Heidenheim
ÎÎ Hörsaal, Klinikum Heidenheim
9. Juni 2015
16.00 – 17.30 Uhr
Antibiotika-Führerschein
Wichtige Infektionen I: Harnwegsinfektionen und Infektionen
des Nervensystems
Referenten: Nikolaos Papadimas, Klinik für Urologie; Dr. Stephen
Kaendler
ÎÎ Hörsaal, Klinikum Heidenheim
30. Juni 2015
16.00 – 17.30 Uhr
Antibiotika-Führerschein
Hygiene: Hygienemanagement am Klinikum Heidenheim,
Schwerpunkt MRE Problematik, das Heidenheimer Konzept
Referenten: Bernd Linsmeier, Hygienefachkraft; Hans Eberhardt,
Stationsleiter C2i,
ÎÎ Hörsaal, Klinikum Heidenheim
15. Juli 2015
14.00 – 15.30 Uhr
Interdisziplinäres MRE-Netzwerk-Treffen Heidenheim
mit Fallbesprechungen
ÎÎ Konferenzraum, Klinikum Heidenheim
Fortbildungen
20. April 2015
16.00 – 18.00
Update: Ernährung des Intensivpatienten
Referent: PD Dr. T. W. Felbinger
Chefarzt, Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie
Klinikum Neuperlach
ÎÎ Hörsaal, Klinikum Heidenheim
Onkologischer Schwerpunkt Ostwürttemberg
4. August 2015
16.00 – 17.30 Uhr
Antibiotika-Führerschein
Wichtige Infektionen II: Ambulant erworbene Pneumonie und
Febrile Neutropenie
Referenten: Dr. Brigitte Mayer, Med. Klinik II; Dr. Matthias Müller,
Med. Klinik I
ÎÎ Hörsaal, Klinikum Heidenheim
5. Mai 2015
16.00 – 17.30 Uhr
Antibiotika-Führerschein
Antiinfektiva – Besonderheiten und Auswahl: Besonderheiten
einzelner Antibiotikaklassen, Nebenwirkungen, Wechsel­
wirkungen, Ökonomie, Surveillance
Referentin: Dr. Wiltrud Probst, Apotheke der Kliniken Landkreis
Heidenheim gGmbH
ÎÎ Schule für Gesundheits- und Krankenpflege
Mittwoch, 22.April 2015
18.00 – 21.00 Uhr
33. Onkologisches Kolloquium
Update Lungenkarzinom
Neue Optionen in Diagnostik und Therapie
ÎÎ Hörsaal, Klinikum Heidenheim
18. Mai 2015
16.00 – 18.00 Uhr
Klinisch relevante unerwünschte Arzneimittelwirkungen und
Wechselwirkungen von Antiinfektiva
Referentin: Frau Dr. rer. nat. C. Schuhmacher, Fachapothekerin
(Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen GmbH)
Hörsaal, Klinikum Heidenheim
Mittwoch, 15. Juli 2015
18.00 – 21.00 Uhr
34. Onkologisches Kolloquium
Palliativmedizin
ÎÎ Hörsaal, Klinikum Heidenheim
Vorankündigung
Samstag, 14. November 2015
08.30 – 15.00 Uhr
2. Krebstag Ostwürttemberg
ÎÎ Congress Centrum Heidenheim
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Ausgabe 8 | April 2015
Wichtige Telefonnummern
Klinikum Heidenheim
07321 33
-0
Zentrale Notaufnahme (ZNA)
- 91 120
Anästhesie, operative Intensivmedizin und - 2212
spezielle Schmerztherapie
Schmerzambulanz
- 2229
Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- 2236
Ambulanz
- 2242
Kreißsaal
- 2255
Kinder- und Jugendmedizin
- 2270
Medizinische Klinik I (Gastroenterologie, Onkologie)
- 2665
MRE-Koordinator
-91 200
Medizinische Klinik II (Kardiologie, - 2862
Nephrologie, Pneumologie)
Dialyse teilstationär
- 2145
Neurologie
- 2102
StrokeUnit
- 2504
Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik
- 2452
Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) - 2659
Radiologie und Nuklearmedizin
- 2309
Radioonkologie und Strahlentherapie
- 2671
Unfall- und Wiederherstellungschirurgie - 2182
Elektivambulanz
- 2339
Urologie
- 2342
Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie
- 2172
Elektivambulanz
- 2339
Belegklinik Augenheilkunde (Station 38) - 2538
Belegklinik HNO (Station 3)
- 2501
Belegklinik Homöotherapie
- 2502
Belegklinik MKG (Station C4)
- 91 400
Onkologischer Schwerpunkt Ostwürttemberg (OSP)
Regionales Arzneimittelinformationszentrum (RAIZ)
Impressum
med.izin ist ein Newsletter für niedergelassene Ärzte
Herausgeber: Kliniken Landkreis Heidenheim gGmbH, Schloßhaustr. 100,
89522 Heidenheim
Redaktion:
Professor Dr. Andreas Imdahl
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Dr. Jan-Peter Schenkengel, Dr. Voica Ghilescu, Dr. Oliver Petek, Thomas Schönemeier
Für Schreibfehler wird keine Haftung übernommen
Bilder:
Kliniken Landkreis Heidenheim gGmbH
Layout:
Werner Heinle
Zuschriften:
Redaktion med.izin, c/o Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Sekretariat,
Schloßhaustr. 100, 89522 Heidenheim
E-Mail: [email protected]
- 2954
-2362
07322 954-201
000 308 PDF 0315
Geriatrische Rehabilitationsklinik Giengen
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