Der Nachthimmel im April 2015
Zu den mit bloßem Auge sichtbaren Planeten:
Merkur bietet im letzten Monatsdrittel die beste Abendsichtbarkeit des gesamten Jahres. Wer noch nie den schwierig zu
beobachtenden Planeten mit eigenen Augen am Firmament
gesehen hat, sollte diesmal seine Chance nutzen.
Am 10. überholt Merkur die Sonne im Tierkreis, er befindet sich in
oberer Konjunktion. Bis Monatsende wachsen seine östlichen
Winkelabstände auf knapp 20° an. Ab dem 20. sollte man den
sonnennahen Planeten in der Abenddämmerung erkennen. Am
leichtesten ist Merkur vom 26. April bis 6. Mai auszumachen. Am
20. geht der –1,3m helle Merkur um 20h 30m (= 21h 30m Sommerzeit) unter. Bis 30. sinkt die Merkurhelligkeit erheblich auf –0,5m
ab, die Untergänge verspäten sich auf 21h 36m (= 22h 36m
Sommerzeit). Jeweils etwa 20 Minuten nach Sonnenuntergang
lohnt es sich, knapp über dem Nordwesthorizont nach Merkur
Ausschau zu halten.
Am 23. zieht Merkur 1°23 ′ nördlich an Mars vorbei und am
Monatsende passiert er die Plejaden ein wenig südlich. Um Mars
und den Sternhaufen der Plejaden zu sehen, benötigt man ein
Fernglas.
Begegnung von Merkur
mit Mars am 22. April.
Fernglasanblick gegen 20h
MEZ (= 21h MESZ) bei 5°
Gesichtsfelddurchmesser.
Plejadensternen vorbei und am 21. passiert sie Aldebaran in 7°
nördlichem Abstand.
Venus passiert vom 9. bis
12. April das Siebengestirn im Sternbild Stier.
Fernglasanblick bei 5°
Gesichtsfelddurchmesser.
Bis Ende April erreicht ihr östlicher Winkelabstand von der Sonne
42° - die maximale Elongation ist nicht mehr allzu fern.
Die Untergänge unseres inneren Nachbarplaneten verspäten sich
- allerdings auch die Sonnenuntergänge. Dennoch ergibt sich ein
Gewinn an Sichtbarkeitsdauer. Der Venusuntergang erfolgt am 1.
um 22h 20m (= 23h 20m Sommerzeit), am 15. um 23h 01m und
am 30. erst um 23h 35m. Berücksichtigt man die Sommerzeit, so
ist Venus nun selbst um Mitternacht weit im Nordwesten zu sehen.
Die Venushelligkeit steigt leicht auf –4,1m an.
Auf seiner monatlichen Tour kommt der Mond am 21. bei Venus
vorbei.
Merkur zieht Ende April am
Siebengestirn vorbei.
Fernglasanblick gegen 20h
MEZ (= 21h MESZ) bei 5°
Gesichtsfelddurchmesser.
Am 19. abends eilt Merkur durch das Perihel1 seiner elliptischen
Bahn2. Die Merkurbahn weicht von allen acht Planeten unseres
Sonnensystems am stärksten von der Kreisform ab, sie besitzt die
größte numerische Exzentrizität (e = 0,2056).
Venus ist Glanzpunkt am Abendhimmel. Sie erklimmt die
nördlichsten Bezirke des Tierkreises und passiert das Goldene Tor
der Ekliptik, das von den beiden offenen Sternhaufen Hyaden und
Plejaden gebildet wird. Am 11. zieht sie 2,5° südli ch an den
1
Das ist der sonnennächste Punkt während des Umlaufs um die Sonne.
Die Ellipsenbahn ist dadurch gekennzeichnet, dass die Summe der Abstände von zwei
festen Punkten, den Brennpunkten, stets den gleichen Wert hat. Die Sonne (S) steht
dabei in einem der Brennpunkte.
Als (lineare) Exzentrizität e bezeichnet
C
man den Abstand vom Mittelpunkt der
Ellipse zu einem ihrer Brennpunkte.
a wird als große Halbachse der Ellipse
bezeichnet, b als kleine Halbachse.
Gilt e = 0, so liegt eine Kreisbahn vor.
Als numerische Exzentrizität ε wird nun
F2
F1
A das Verhältnis von linearer Exzentrizität
P
O
zu großer Halbachse bezeichnet.
S
Es gilt stets: 0 ≤ ε < 1. Je größer der Wert
für ε ausfällt, desto stärker ist die
Abweichung der Ellipse vom Kreis.
P: Perihel der Bahn; A: Aphel der
Bahn:sonnenfernster Punkt.
D
2
Himmelsanblick am 21. April gegen 21h MEZ (= 22h MESZ). Tief am
Westhimmel stehen Venus und die zunehmende Mondsichel im
Sternbild Stier.
Am 10. zeigt sich das knapp 15″ große Venusscheibchen zu 75
Prozent beleuchtet. Das Perihel ihrer fast kreisförmigen Bahn
passiert Venus am 18., wobei ihr Sonnenabstand 107,5 Mio.
Kilometer (= 0,719 AE3) misst.
Mars zieht sich vom Abendhimmel zurück. Erfahrene Beobachter
können den roten Planeten mit einem Fernglas und bei guter Sicht
noch in der ersten Aprilwoche knapp über dem Westhorizont in der
fortschreitenden Abenddämmerung aufstöbern.
Am 1. geht Mars um 20h 36m (= 21h 36m Sommerzeit) unter. Am
10. erfolgt der Untergang des 1,4m hellen Planeten nur drei
Minuten später. Mars eilt rechtläufig durch das Sternbild Widder.
Am 23. wird der rote Planet von Merkur in 1,4° nörd lichem
Abstand überholt, was freiäugig nicht zu beobachten ist. Man
benötigt schon ein Fernglas.
3
AE: Astronomische Einheit. Damit bezeichnet man die mittlere Entfernung der Erde
von der Sonne (ca. 149,6 Millionen Kilometer).
- 2 Am 12. passiert Mars den aufsteigenden Knoten seiner um 1,8°
zur Ekliptik geneigten Bahn und befindet sich anschließend
nördlich der Erdbahnebene.
des Großen Bären (Ursa Maior). Zurzeit ist die Gelegenheit
günstig, den Großen Bären als Sternbild in seiner Gesamtheit zu
erfassen. Denn sein Kopf und seine Tatzen, die jetzt hoch am
Himmel stehen, werden von relativ lichtschwachen Sternen
markiert. Dagegen bilden die hellen Sterne des Wagenkastens
den Schinken des Bären und die hellen Deichselsterne seinen
zoologisch gesehen viel zu langen Schwanz.
Durch den Meridian marschiert gerade der Löwe. Er hat nun seine
Gipfelposition erreicht und ist auch für Anfänger leicht auszumachen. Ein großes Sternentrapez deutet den Rumpf an, ein kleines,
an der Nordwestecke („rechts oben″ in unseren Breiten)
aufgesetztes Trapez den Kopf dieses königlichen Tieres. Der
Löwe ist Mitglied im ausgewählten Zirkel der Tierkreisbilder. Sein
Hauptstern Regulus liegt fast genau auf der Ekliptik. Regulus (α
Leonis) wird deshalb von Zeit zu Zeit vom Mond bedeckt,
gelegentlich sogar von einem Planeten. Die Entfernung zu
Regulus misst nach neuesten Beobachtungen 77 Lichtjahre.
Nördlich des Löwen und südlich der Tatzen des Großen Bären
liegt das unscheinbare Sternbild Kleiner Löwe (lat.: Leo Minor).
Nur drei Sterne des Kleinen Löwen sind heller als 4,5m.
Abschied der Wintersternbilder
Heliozentrischer Anblick des inneren Planetensystems im zweiten
Jahresviertel 2015. Eingetragen sind die Positionen der inneren
Planeten für den 1. April (4), 1. Mai (5), 1. Juni (6) und 1. Juli (7).
Jupiter verzögert seine rückläufige Bewegung durch den Krebs.
Am 8. wird er stationär. Anschließend wandert er wieder
rechtläufig durch den Tierkreis.
Mit dem Stillstand beendet der Riesenplanet seine Oppositionsperiode. Dies wird auch an der um 0,2m auf –2,1m zurückgehenden
Jupiterhelligkeit bemerkbar. Damit ist der Riesenplanet nach Mond
und Venus immer noch das hellste Gestirn am Nachthimmel.
Am 1. sinkt Jupiter um 4h 20m (= 5h 20m Sommerzeit) unter die
westlichen Horizontlinie, am 15. um 3h 25m und am 30. schon um
2h 27m.
Der zunehmende Halbmond begegnet Jupiter in der Nacht vom
26. auf 27..
Im Westen versinken die Wintersternbilder. Sirius im Großen Hund
ist bereits untergegangen. Orion befindet sich gerade im Untergang, ebenso der Stier mit dem roten Aldebaran. Hoch im Westen
sind die Zwillinge zu sehen. Zwischen Zwillingen und Löwe liegt
der unscheinbare Krebs, der durch die Anwesenheit des hellen
Jupiters gewissermaßen aufgewertet wird.
Im Südwesten fällt Prokyon im Kleinen Hund auf. Halbhoch im
Nordwesten strahlt die gelbe Kapella im Sternenpolygon des
Fuhrmanns. Die Kassiopeia, das Himmels-W, bereitet sich auf die
untere Kulmination vor. Der Kepheus geht gerade zwischen
Himmelsnordpol und Nordpunkt am Horizont durch den Meridian.
Diese Stellung bezeichnet man als untere Kulmination. Nur
Sterne, die zirkumpolar sind, können auch in unterer Kulmination
beobachtet werden. Alle anderen Sterne bleiben in unterer
Kulmination unter dem Horizont und sind daher in dieser Position
unbeobachtbar.
Ein intensiv orange-rot strahlender Stern fällt hoch im Südosten
auf. Es handelt sich um Arktur, den Hauptstern im Sternbild
Bootes. In Sternkarten ist er als α Bootis vermerkt. Mit 0,0m
scheinbarer Helligkeit gehört Arktur zu den fünf hellsten Fixsternen
am irdischen Firmament. Arktur ist 37 Lichtjahre von uns entfernt,
sein Name bedeutet soviel wie Bärenhüter. Im täglichen Himmelsumschwung folgt Arktur permanent dem Großen Bären. Er treibt
damit gewissermaßen den Bären um den Polarstern herum. Der
Bootes sieht aus wie ein großer Papierdrachen, den Kinder im
Wind fliegen lassen. Bootes bedeutet soviel wie Rinderhirt. Denn
die alten Römer sahen in den sieben Wagensternen sieben
Dreschochsen, die um den Polarstern als Göpel herumwandern.
Und Bootes, der fleißige Rinderhirt, treibt sie an, indem er ihnen
ständig folgt.
Der Mond zieht an Jupiter vorbei
26. Apr. 19h MEZ
27. Apr. 2h MEZ
Saturn, rückläufig im Skorpion, strebt seiner Opposition
entgegen, die er im nächsten Monat erreichen wird. Bei seiner
rückläufigen Bewegung passiert er abermals Acrab (β Scorpii;
2,4m) in 1,2° nördlichem Abstand
Saturn wird allmählich zum Planeten der gesamten Nacht, sieht
man von den frühen Abendstunden ab. Am 1. geht der Ringplanet
um 23h 25m auf und am 15. um 22h 27m (= 23h 27m Sommerzeit). Ende April steigt der inzwischen 0,2m helle Ringplanet schon
um 21h 24m über die südöstliche Horizontlinie.
Der Fixsternhimmel
Zur abendlichen Stunde (Standardbeobachtungszeit am 1. um 23h
MEZ = 24h Sommerzeit, am 15. um 22h MEZ = 23h Sommerzeit)
steht jetzt der Große Wagen mit seinen sieben Sternen direkt über
unseren Köpfen. Er ist nur ein Teil der viel größeren Sternenfigur
Das Frühlingsdreieck setzt sich aus den drei hellen Sternen Arktur im
Bootes, Regulus im Löwen und Spica in der Jungfrau zusammen.
- 3 -
Der Riesenstern Spica
Sternkarte für den Monat April
Ein Sternbild der Neuzeit
Südlich der Deichsel des Großen Wagens stößt man auf das
kleine und unscheinbare Sternbild der Jagdhunde (lat.: Canes
Venatici, abgekürzt: CVn). Die Jagdhunde sind ein neuzeitliches
Sternbild. Es war daher im Altertum und Mittelalter unbekannt.
Eingeführt hat es der Danziger Ratsherr und aktive Amateurastronom mit eigener Sternwarte Johannes Hevelius im Jahre
1687. Es erschien in seinem Sternatlas Prodromus Astronomiae,
der von seiner Frau Elisabeth herausgegeben wurde. Die
Jagdhunde werden von Bootes an zwei Leinen festgehalten. Der
Hauptstern (α CVn) heißt Cor Caroli (lat., Herz Karls; nach König
Charles I. von England benannt) und ist ein Doppelstern in 110
Lichtjahren Entfernung. Die weiß leuchtende Hauptkomponente ist
2,9m hell und hat in 18″ einen 5,5m hellen, gelblichen Begleiter. Die
hellere Komponente ist der Prototyp einer ganzen Klasse von
magnetisch-veränderlichen
Sternen
(α2 Canum-VenaticorumSterne oder heute als Ap-Sterne bezeichnet).
Den Platz im Südosten nimmt die Jungfrau (lat.: Virgo) ein. Ihr
hellster Stern (α Virginis) heißt Spica mit Eigennamen. Spica ist
lateinisch und bedeutet „Kornähre″; sie ist ein Symbol für die
Fruchtbarkeit der Jungfrau. Im Gegensatz zum rötlichen Arktur
leuchtet Spica in bläulicher Farbe. Spica ist auch mit ziemlich
genau 1m um eine ganze Größenklasse lichtschwächer als Arktur.
Dies betrifft allerdings nur ihre scheinbare Helligkeit. Im Gegensatz
zu Arktur, der nur knapp 37 Lichtjahre entfernt ist, braucht das
Licht 260 Jahre, um von Spica zur Erde zu gelangen. Dass wir sie
trotz dieser relativ großen Distanz noch als Stern erster Größe am
irdischen Himmel sehen, liegt an ihrer gewaltigen Leuchtkraft.
Spica strahlt so hell wie 2200 unserer Sonnen zusammengenommen. Stünde Spica in gleicher Distanz wie Arktur, so
erschiene sie uns fast so hell wie die Venus!
Die drei hellen Sterne Arktur im Bootes, Regulus im Löwen und
Spica in der Jungfrau bilden ein großes Dreieck, das als
Frühlingsdreieck bekannt ist - gewissermaßen als Gegenstück
zum Sommerdreieck, Herbstviereck und Wintersechseck.
Südlich der Jungfrau sind das Sternenviereck des Raben (lat.:
Corvus) und der Becher (lat.: Crater) auszumachen. Während der
Rabe relativ leicht zu erkennen ist, ist der lichtschwache Becher
ein schwieriges Sternbild, das man nur unter sehr guten
Sichtbedingungen wahrnehmen kann.
Im Nordosten ist bereits der Herkules über den Horizont
gestiegen, ein recht ausgedehntes Sternbild ohne hellere Sterne.
Halbhoch im Osten, nahe dem Bootes, springt der Sternenhalbkreis der Nördlichen Krone förmlich ins Auge. Er ist zwar nicht
besonders hell, aber in seiner Anordnung recht auffällig. Und am
Nordosthorizont künden Wega in der Leier und Deneb im Schwan
den kommenden Sommer an.