Psychotherapie als neurobiologischer Prozess

Psychotherapie als neurobiologischer Prozess
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Untersuchungen im Verlauf einer KVT bei Zwangsstörung
Bartosz Zurowski
!
Zentrum für Integrative Psychiatrie (ZiP)
Universität Lübeck
Reduktion der Stoffwechselaktivität im
Nucleus caudatus nach mit SSRI bzw KVT
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Baxter et al. `92
„Neuropsychotherapie“
Ein erster manualisierter Ansatz (1996)
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4 Schritte
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• Neu-Benennen
• Neu-Zuordnen
• Neu-Einstellen
• Neu-Bewerten
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Neuronale Plastizität bei
Lernprozessen ist darstellbar
mit der VoxelBasierten Morphometrie (VBM)
Draganski et al. 2004, Nature
Neuronale Plastizität der weißen Substanz
mittels Diffusion Tensor Imaging (DTI)
Scholz et al 2009, Nat Neurosci
Jenseits der Kabel- und Klebermetapher:
Die weiße Substanz und Astroglia als dynamische, plastische Strukturen
Lee & Fields
2009
Lee & Fields 2009
Biologische Mechanismen
•
Neuroplastizität / Neuroneogenese
Beispiel 1: Anderung der Verbindungsstärke von Nervenzellen
= Synaptische Plastizität
Beispiel 2: Entstehung neuer (!) Nervenzellen im Hippokampus im Verlauf
antidepressiver Behandlung
! Änderung der Aktivität von Nervenzellen
!
•
Veränderung der Genexpression, epigenetische Veränderungen
Dynamische, erfahrungsbasierte An- /Abschaltung von Genabschnitten
!
•
Veränderung des Hormonhaushaltes
Beispiel: Die Konzentration von Schilddrüsenhormonen im Verlauf der
Psychotherapie b. Depr. nimmt je nach Erfolg ab oder zu (Joffe et al. 1996)
Hypothesen
!
• Neurobiologische Veränderungen im Verlauf einer
Verhaltenstherapie sind nachweisbar
!
• Neurobiologische Veränderungen stehen in Beziehung
zu Veränderungen der klinischen Symptomatik und
Veränderung kognitiver Funktionen
!
• Neurobiologische Ausgangsparameter haben einen
Vorhersagewert für späteren Therapieerfolg ??
Studiendesign
Zeitpunkt
Therapie Beginn vor Expo 12 Wochen
ausführliche Diagnostik
*
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YBOCS, BDI, Hamilton-Skala *
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Neuropsychologie
*
*
Voxelbasierte Morphometrie *
*
MR-Spektroskopie
*
*
Serotonerge Funktionstests *
*
2 fMRI-Paradigmen
*
*
Katamnese
*
*
*
Stichprobe: 60 Patienten vor und nach 12-wöchiger
stationärer Psychotherapie ohne Medikation
• Alter: 32,3 (± 8,1)
!
• 35 Frauen, 25 Männer
!
• mittlere Erkrankungsdauer: 10,9 Jahre (± 8,4)
!
• medikamentöse Vorbehandlung: 38,3%
!
• Erfahrung mit Expositionstherapie: 20 %
Verlauf der Zwangssymptomatik
30
25,6 ± 5,0
25
.000
.000
22,6 ± 5,5
20
Y-BOCS
Score
.35
14,1 ± 5,3
16,1 ± 6,9
15
10
N=66
N=57
5
N=60
N=22
0
Aufnahme
vor Exposition
Entlassung
Katamnese
Diffusion Tensor Imaging (DTI) (n=20)
!
!
!
Zurowski et al, in prep.
Gruppenunterschiede und
Verlaufsunterschiede • ROT:
Patienten > Kontrollen
!
!
!
!
!
!
• GRÜN:
Nachher > Vorher
(Pat.>Kontr.)
L
(p=0.001; unkorr)
nach Therapie > vor Therapie
L
R
Maximum:
re. Amygdala
T
p=0.001, uncorr.
Protonen-MR-Spektroskopie
NAA
• Anregung eines
quaderförmigen Volumens (3 x
3 x 3 cm) mit drei HF-Pulsen.
Cr
Cho
Cr
Glx
mI
Glx
Lip/Lac
Spin Echo Sequenz 3T: TE = 20 ms, TR=3 s, NEX = 128
Vorderes Cingulum: Glutamatkonzentration im Verlauf der Therapie
Glutamat (IU)
p < 0.05
Orbitofrontaler Cortex (OFC)
Die Glutamatkonzentration
ist prädiktiv für den Therapieerfolg
!
!
!
!
r = 0.55; p < 0.03
r = 0.67; p < 0.007
Orbitofrontaler Cortex (OFC)
Die Myoinositol-Konzentration
ist prädiktiv für den Therapieerfolg
!
!
!
!
r = -0.86; p = 0.00001
Zurowski et al. 2012
Orbitofrontaler Cortex und Repräsentation
positiver und negativer Verstärker
Belohnung
!
Bestrafung
Bestrafung
!
!
Verstärker
mod. n. Kringelbach & Rolls 2004, Prog Neurobiol
VBM-Daten passen zur funktionelle Neuroanatomie des
OFC
Belohnung
!
Bestrafung
Bestrafung
!
!
Verstärker
Exkurs: Resting-state fMRI
Je stärker die Konnektivität der basolateralen
Amygdala, desto besser der Therapieerfolg
Göttlich, Krämer, Kordon, Hohagen, Zurowski 2015
Zusammenfassung der
Studienergebnisse
!
Die Glutamatkonzentration ist lokal erhöht bei unmedizierten
Patienten mit Zwangsstörung ohne komorbide Depression
• Initial erhöhte Glutamatkonzentrationen normalisieren sich im
Verlauf einer erfolgreichen Verhaltenstherapie
!
• Die Reduktion von Glutamat und Inositol korreliert mit
Symptomreduktion
!
• Volumenzunahme der grauen Substanz betrifft Amygdala und OFC
!
• Neurochemische Marker im OFC sind bedeutsam für den
Therapieerfolg
!
• Diffusivität der weißen Substanz ändert sich ausschließlich im
Bereich der vorderen Kapsel (= Zielstruktur für DBS)
Diskussion…
!
!
• Neurobiologische Befunde zu Psychotherapie sind geeignet,
um ideologische Gräben zwischen biologischen und
psychologischen Therapieansätzen zu schließen
!
• Bessere Basis für die Entwicklung synergistischer Therapieansätze
(z.B. Augmentation der KVT durch D-Cycloserin)
!
• Besseres Verständnis therapeutischer Wirkfaktoren überhaupt
!
• Neurobiologische Modelle erweisen sich als hilfreiche und von
Patienten zumeist gut akzeptierte ‘Vehikel’ in der Psychotherapie
!
• Insgesamt eine konzeptuelle Stärkung psychotherapeutischer
Verfahren
!
Ausblick auf neue Entwicklungen
• Gezielte pharmakologische Augmentation von Psychotherapie
! Beeinflussung der Neurotransmission durch D-Cycloserin-Gabe
vor einer Expositionssitzung (Zwang, spezifische Phobien)
!
!
• Neurofeedback-Verfahren
! Der Patient sieht die aktuelle Aktivität seines eigenen Gehirns und soll diese herunter- oder
heraufregulieren lernen
Beispiele: Akustische Halluzinationen bei schizophrenen Patienten
Angst provozierende Bilder bei Phobien
!
• Untersuchung der Interaktion von Patient und Therapeut (in zwei MR-Tomographen)
• Ähnlichkeiten vs. Unterschiede neuronaler Verarbeitung und therapeutische Allianz/
Therapieerfolg?
Neurofeedback bei
Kontaminationsbefürchtungen
Neurofeedback
modulatesand
connectivity
Neurofeedback
modulates connectivity
anxiety and
D Schein
D Scheinost et al
4
before and after training were identified u
signed-rank test. Between-group differences
using Wilcoxon’s rank-sum test, implemente
Functional NeuroImages (AFNI) (http://a
afni). To assess the relationship betwee
intrinsic connectivity patterns, as previou
done,23 we performed a voxel-by-voxel Pea
analysis between the change in behavior
degree. Significance was assessed at a Po
correcting for multiple comparisons across
via AFNI’s AlphaSim program. To chec
confounds caused by group differences in
we computed the mean frame-to-frame d
each subject across all time points. Wilco
tests revealed no group difference in m
U ¼ 44) and no difference in motion between
imaging session (P ¼ 0.57, U ¼ 42).
Figure 1 A screen-shot showing the visual display at the Figure
end of 2a (a) Changes in degree of connectivity in the feedback group. In
in limbic
areas, and increases are seen in prefrontal regions. (b) Contrast b
neurofeedback run, which ended with a rest block and a corresponding
neutral
map, suggesting
that the changes
in connectivity
in the feedback
wera
Behavioral
data.
The anxiety
ratingsgroup
were
image. The images shown during increase and decrease blocks were designed
to
slices
areatshown stimuli
with radiological
(left is on
the right)The
at a ave
who
induce contamination anxiety. The time course of the orbitofrontal cortex,
shown
in eachconvention
assessment
session.
26
the bottom, tended to be higher in the red relative to the blue periods, indicating
session was subtracted from the average
in
some control over their target region.
to yield an estimate of how much each su
Scheinost et al. 2013 Translational Psychiatry
Dank an Therapeuten, Kollegen und Kooperationspartner!
!
INSBESONDERE:
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Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Univ. Freiburg:
A. Kuelz
U. Voderholzer (! Schön-Klinik, Prien)
M. Büchert
T. Freyer
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ZiP, Univ. Lübeck:
K. Wahl
F. Hohagen
A. Wahl-Kordon (! Oberberg-Klinik, Hornberg)
J. Hülle, M. Göttlich
!
Institut für Systemische Neurowissenschaften, Hamburg:
W. Weber-Fahr (! ZI Mannheim)
M. Düsing
C. Büchel
!
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