April 2015 | Nr. 65 Ganz groß: Das besondere Großunternehmen Kirchentag. Seite 4 Für Kleine: Stadtgarten in Kinderhand. Seite 10 Kirchentag begeistert: Interviews, Portraits, Blitzlichter. Seite 3 – 16 Unser Kirchentag Ein Heft voll engagierter Leute 2|3 Klaus Käpplinger Deutscher Evangelischer Kirchentag Liebe Leserin, lieber Leser, vom 3. bis 7. Juni findet der Evangelische Kirchentag in Stuttgart statt. Fünf Tage lang kommen mehr als 100.000 Menschen zusammen, um miteinander zu beten, zu singen, zu feiern und Kraft und Mut für ihren Alltag zu schöpfen. Der Kirchentag kommt in eine Stadt, die zu den innovativsten und produktivsten nicht nur Deutschlands, sondern der Welt gehört. Der Kirchentag kommt in eine Stadt, die im wahrsten Sinne des Wortes von offenen Baustellen geprägt ist. Der Kirchentag kommt in eine Stadt, die ohne das diakonische Engagement von Tausenden Christinnen und Christen niemals mit solch positiven Meldungen und Zahlen im Wirtschafts-, im Kultur- und im Sozialbereich aufwarten könnte. Ich gehe davon aus, dass wir wieder einen enormen Zulauf zu den Bibelarbeiten erleben werden und dass wir dort das Wort Gottes im Ringen um seine Bedeutung für die Gegenwart auslegen werden. Ich gehe davon aus, dass wir den Reichtum Stuttgarts in wirtschaftlicher wie in religiöser Hinsicht zum Thema machen werden. Ich gehe davon aus, dass die Frage was heißt „Mission“, was heißt Glauben, was heißt Spiritualität, dass das ein Thema sein wird in einer Stadt, in der rund 30 Prozent evangelisch sind, aber 80 Prozent einer religiösen Gemeinschaft angehören. Ich gehe davon aus, dass der interreligiöse Dialog viele beschäftigen wird. Und ich gehe davon aus, dass wir mit der Diakonie-Street-Parade einen Hingucker haben werden. „… damit wir klug werden“ Unter diesem Motto aus Psalm 90 laden wir zum Kirchentag ein. Lassen Sie sich einladen und nehmen Sie teil an diesem, an unserem Kirchentag! Ihr Dekan Klaus Käpplinger Glossar zum Einstieg Abend der Begegnung (AdB) Ein riesiges Straßenfest im Zentrum der Gastgeber-Stadt mit ca. 250.000 Besucherinnen und Besuchern. Dabei stellen sich die unterschiedlichen Regionen der Landeskirche mit kulinarischen Köstlichkeiten und einem Bühnenprogramm vor. Chor Insgesamt wirken etwa 300 Bläserchöre und knapp 200 Sängerchöre mit und unterstreichen den musikalischen Charakter des Kirchentages. Den Schlussgottesdienst gestalten alle Bläserchöre, die beim Kirchentag dabei waren, mit. Insgesamt sind das zwischen 4.000 und 6.000 Frauen und Männer, die nur einmal gemeinsam proben. Dialog Der Deutsche Evangelische Kirchentag bietet ein Forum zum Dialog zwischen Christen aller Konfessionen, aber auch mit anderen Religionen. So ist das Zentrum Juden und Christen ein etabliertes Zeichen des gemeinsamen Dialogs. Auch mit islamischen Gemeinden ist der Kirchentag in einem guten Austausch und bietet gemeinsame Veranstaltungen an. Zum „Mittagstisch der Religionen“ laden verschiedene Gemeinden ein. Ehrenamt Der Kirchentag lebt von seinen über 5.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, ohne die eine Veranstaltung dieser Größenordnung gar nicht möglich wäre. Sie sind beim Aufbau, bei der Einlasskontrolle, beim Plakate ankleben, beim Falten der Papphocker und schließlich beim Abbau im Einsatz. Gasthaus Mit dem „Stuttgarter Gasthaus“ in Gestalt eines Zeltes auf dem Schlossplatz präsentiert sich die württembergische Landeskirche. Das Motto: „Weite Welt in Württemberg“. Es gibt Musik und Kurzinterviews mit kirchlichen Partnerinnen und Partnern aus der weiten Welt, eine Ausstellung zeigt die Landeskirche in 50 Obstkisten – und natürlich gibt es was Anständiges zu essen und zu trinken, schwäbisch und international. Gräbele Ritze zwischen den Matratzen. Werbewirksam plakatiert zur Privatquartiersuche. Es gilt noch immer: „Gräbele g’sucht!“. Anbieten kann man sein Gräbele unter der Schlummernummer 0711 69949-200 oder unter www.kirchentag.de Haka „HAKA“ ist die Abkürzung für „Harter Kern“. Das sind die Helferinnen und Helfer, die über einen Zeit-raum von mindestens neun Tagen helfen. Sie sind bereits im Vorfeld und auch noch nach den fünf Durchführungstagen aktiv dabei und unterstützen den DEKT. Sie sind am Auf- und Abbau der Kirchentagsinfrastruktur beteiligt. April 2015 | Nr. 65 Kirchentag 2015 Wolfgang Nebel Ein großes Fest bereiten In acht Wochen beginnt der Kirchentag. Du bereitest ihn seit zwei Jahren mit vor. Worauf freust du dich? Zunächst freue ich mich, wenn die Veranstaltungen, die ich mit geplant habe, rund laufen. Jugend Ein Drittel der Teilnehmenden am Kirchentag ist unter 30 Jahre alt. Ein Großteil der Helferinnen und Helfer kommt von den Pfadfindern oder aus anderen Jugendgruppen. Neben dem Zentrum Jugend hat sich auch das Zentrum Kinder fest etabliert. So ist der Kirchentag auch für Familien mit kleinen Kindern attraktiv. Markt der Möglichkeiten Mit dem Markt der Möglichkeiten bietet der Kirchentag Initiativen, Gruppen, Verbänden oder Organisationen aus Kirche und Gesellschaft eine Plattform, um ihre Arbeit kreativ zu präsentieren. Er ist Donnerstag bis Samstag von 10:30 bis 18:30 Uhr geöffnet. Quartierteam Die Gemeinschaftsquartiere in Schulen oder Turnhallen für 50.000 Teilnehmende werden von einem Quartierteam betreut. Dieses heißt die Gäste herzlich willkommen und stellt ihnen Informationen über die Umgebung des Quartiers zusammen. Außerdem bietet das Quartierteam ein kleines Frühstück zum Start in den Tag an und steht bei Fragen und Problemen zur Verfügung. Ulrike Kammerer Ich freue mich auf die Vorveranstaltungen Der Kirchentag ist auch eine große Bühne für die regionale Kultur. Auf welche drei Veranstaltungen freust Du Dich besonders? Das regionale Kulturprogramm während des Kirchentages ist so vielfältig, da fällt es schwer einzelne Programmpunkte herauszupicken. Ich freue mich nun zunächst einmal auf das Vorprogramm des regionalen Kulturprogrammes. Wir freuen uns, dass das Theodor-Heuss-Haus zum Kirchentag die Sonderausstellung „Karikaturen zu Ökumene und Kirche“ zeigt, die schon ab 30. April zu sehen sein wird. Und am 17. Mai eröffnen wir bereits die Atelierkirche in der Brenzkirche am Kochenhof. Darauf freue ich mich auch besonders, denn wann hat man schon die Möglichkeit Künstlerinnen und Künstler bei der Arbeit im Atelier zu beobachten und selbst mitzuwirken – und das in einer Kirche? cs Zur Person: Diplom-Kulturpädagogin Ulrike Kammerer gehört dem fünfköpfigen Regionalteam der württembergischen Landeskirche beim Evangelischen Kirchentag an. Sie ist für das regionale Kulturprogramm verantwortlich. Welche Veranstaltungen sind das? Das sind alle Veranstaltungen im Zentrum Gemeinde und im Zentrum Gottesdienst, das geistliche Zentrum und ganz viele weitere Gottesdienste und regionale Angebote, wie die Tagzeitengebete, Feierabendmahle und Nachtcafés der Kirchengemeinden. Und der Schlussgottesdienst am Sonntag – wenn der rum ist, dann fällt ein großer Stein vom Herzen. Bist du eigentlich beim Kirchentag dauernd unter Spannung, oder kannst du zumindest ein bisschen in die Besucherrolle schlüpfen und sagen: Ich schau mir heute mal an, was mich interessiert? Abends, wenn man merkt: Alle Veranstaltungen laufen oder sind angelaufen, dann können wir auch mal raus aus unserem Büro und uns unter die Leute mischen. Die Eröffnung ist für mich eine emotionale Geschichte. Egal wo ich das sehe, im Büro am Fernseher oder wenn ich doch auf einem Platz mitfeiere… Dann zu wissen: jetzt geht’s richtig los. Das ist schon was sehr Erhebendes. Genau wie der Schluss: Jetzt ist es vorbei – und wir haben mit ganz vielen Menschen zusammen feiern dürfen. Es ist ja wie bei einem Fest: Du bereitest es vor, Du richtest alle Sachen hin, hast hoffentlich alles überlegt. Dann kommen die cs Gäste, und es wird hoffentlich ein schönes Fest. Zur Person: Diakon Wolfgang Nebel gehört dem Regionalteam der württembergischen Landeskirche beim Evangelischen Kirchentag an. Er engagiert sich für das geistliche Programm beim Kirchentag. Davor war Nebel Citydiakon in Stuttgart. Schlussgottesdienst Am Sonntagmorgen findet zum Abschluss des Kirchentages der Schlussgottesdienst statt. Er ist die einzige Veranstaltung, bei der alle Teilnehmenden zusammenkommen. In Bremen waren es 100.000 Menschen, in Dresden 2011 gar 120.000. In Stuttgart wird der Schlussgottesdienst auf dem Cannstatter Wasen begangen. Umweltcontrolling Der Deutsche Evangelische Kirchentag hat für sein Umweltmanagement die EMAS-Zertifizierung erhalten und ist damit einer der Vorreiter bei der Umsetzung nachhaltiger Großveranstaltungen. Zeltstadt Während des Kirchentages im Juni 2015 werden 30.000 Quadratmeter Zeltstadt auf dem Gelände des Cannstatter Wasen errichtet. Neben zahlreichen Veranstaltungen wird in den Zelthallen unter anderem das Zentrum Barrierefrei und der Markt der Möglichkeiten zu finden sein. Stephan von Kolson / cs 4|5 Ein besonderes Großunternehmen: der Kirchentag Wie bleibende Spuren entstehen K irchentag – fünf Tage Spektakel und gut? Nein. Zwar ist vom 3. bis 7. Juni jede Menge los in der Stadt, aber um reines Spektakel geht es nicht. Ist er vorbei, bleibt etwas zurück, der Kirchentag hinterlässt Spuren. Und: Dieser Großevent wird nicht mal eben aus dem Boden gestampft. Dahinter stecken viel Arbeit und Engagement. Wissen lässt sich managen. Verantwortlich dafür ist Stefanie Recht. 35. Deutscher Evangelischer Kirchentag Stuttgart 2015, so heißt zum einen die fünftägige Veranstaltung, zum anderen aber auch der Verein, der sie auf die Beine stellt. Er hat seine Geschäftsstelle jeweils für zwei Jahre in der Stadt, in welcher der Kirchentag stattfindet. Seinen Sitz in Fulda wiederum hat der „Kirchentagsmutterverein“, der Verein zur Förderung des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Im Fuldaer Zentralbüro verortet ist das sogenannte Kollegium, eine Handvoll Hauptamtlicher, vom Kirchentagspastor bis zum Leiter Finanzen und Organisation. Die Chefebene des Kirchentags – beider Vereine – ist rein ehrenamtlich besetzt. Das Präsidium entscheidet über die Losung, die wichtigsten großen Veranstaltungen, Foren, Vortragsreihen und dergleichen mehr (s. S. 8). Ein mehrstöckiges Bürogebäude mit diesem speziellen 70er-Jahre-Charme im Stuttgarter Westen. Die rot-weißen Kirchentagsfahnen weisen den Weg zum Eingang, Schilder im Innern den Weg zu den Abteilungen. Geschäftsführung, Fundraising, Logistik, IT-Service und Co. – wie in jeder größeren Firma. Aber auch Geistliches Programm, Helferdienste oder Teilnehmendenservice – der Kirchentag ist eben ein etwas anderes Unternehmen. Um die 100 motivierte Menschen sitzen hier in den Büros. Anfangs waren es gerade mal gut 20, seither werden es sukzessive mehr. Seit Herbst läuft die heiße Phase. Von der Anmeldung und Unterbringung der Besucher über die Logistik bis zur Einhaltung von Brandschutzauflagen: In der Stuttgarter Geschäftsstelle läuft die organisatorisch-technische Vorbe- reitung, alles, was für die Durchführung und die Abwicklung des Kirchentages nötig ist. Nach 1952, 1969 und 1999 findet der Kirchentag zum vierten Mal in Stuttgart statt. Gruppen im Gespräch bleiben, passiert so etwas nie wieder. Noch im Gründungsjahr wurde der „Christliche Studententag“ veranstaltet, der ein Jahr später unter dem Namen Kirchentag firmierte. Zunächst fand er jährlich statt, seit Ende der 50er-Jahre alle zwei Jahre. Rund 2.500 Veranstaltungen an rund 200 Veranstaltungsorten sind in Stuttgart geplant. Hauptschauplatz ist der Neckarpark in Bad Cannstatt. Rund 100.000 Besucher werden erwartet. „Jeder Zweite ist auch Mitwirkender“, erklärt Stephan von Kolson, Leiter der Kommunikationsabteilung. Mitsingen in einem der Chöre, Trompete spielen oder als Helfer mitanpacken – der Kirchentag ist eine riesengroße Mitmac hv er an s t al Ralf Zschorn und Kolleginnen – beim Kirchentag ist tung. Eine, die nur Teamwork angesagt. dadurch funktioniert, dass unzählige Ehrenamtliche in allen Bereichen mit- Gründer von Thadden-Trieglaff war bis helfen. Das ehrenamtliche Engagement 1964 Kirchentagspräsident. Anschliemacht den Kirchentag aus. Er ist eine Lai- ßend übernahm Richard von Weizsäcker enbewegung, schon von Beginn an. diese Funktion. Einige Jahre später wurde das Präsidentenamt zum Ehrenamt, Der DEKT-Verein wurde 1949 in Hanno- das die DEKT-Präsidenten jeweils für ver von Reinold von Thadden-Trieglaff, einen Kirchentag, also für zwei Jahre, einem Juristen und Politiker aus dem innehaben. Kreis um Dietrich Bonhoeffer, gegründet – als eine Bewegung evangelischer Ohne Ehrenamtliche also kein Kirchentag. Laien und entstanden aus der Erfahrung, Viele helfen seit Jahren mit. Viele sind dass die institutionalisierten Kirchen Wiederholungstäter. Viele Hauptamtliche dem Dritten Reich nicht genug Wider- waren vorher als ehrenamtliche Helfer stand entgegengebracht haben. Die Idee: dabei. Der harte Kern der Ehrenamtlichen Wenn unterschiedliche gesellschaftliche reist ein paar Tage vor Kirchentagsbeginn April 2015 | Nr. 65 Kirchentag 2015 Platzsucher und Frühstücksspezialisten: Wie das mit dem Übernachten klappt Von Gräbele, Isomatte und Müsli-Legende D ie Stadt wird voll: Über 100.000 Besucher werden zum Deutschen Evangelischen Kirchentag erwartet. Die müssen irgendwo schlafen. Darum kümmert sich Ralf Zschorn mit seinem Team vom „Teilnehmendenservice Unterkunft“. Referenten und alle, die ins Programm eingebunden sind, werden in Hotels untergebracht. Das ist der vergleichsweise einfach anmutende Aufgabenpart, der längst abgehakt ist. Ein Teil der anreisenden Kirchentagsbesucher bucht auf eigene Faust ein Zimmer oder kommt bei Bekannten unter. Bleiben noch einige Zehntausend andere, für die ein Kurzzeitdach über dem Kopf her muss. Rund 10.000 Gäste nächtigen in Privatquartieren. Unter dem Motto „Gräbele g’sucht“ werden Leute gesucht, die ein Plätzchen freimachen. Ein Matratzen-Gräbele reicht nicht ganz, aber einen Besucher beherbergen kann jeder, der ein Gästebett oder ein Schlafsofa hat – für Ältere, Familien mit Kindern, Menschen mit Behinderung, für Besucher, die etwas Ruhe benötigen oder einzeln angereist sind und auch für Gäste aus dem Ausland. Im Kirchentagsjargon ist übrigens jeder ab 35 Jahren ein „älterer Mensch“. Rund die Hälfte der benötigten Privatquartiere ist jetzt, Mitte März, gefunden. „Ganz normal für diese Zeit“, so Zschorn. Während die einen etwas mehr Komfort und Ruhe brauchen, rollt der „Hardcore-Kirchentagsbesucher“ seine Isomatte in umfunktionierten Klassenzimmern aus. Rund 50.000 Kirchentagsbesucher werden in insgesamt circa 170 Schulen übernachten. Diese Schulen musste Zschorn mit seinem Team erstmal finden. Radius abstecken und Nahverkehrssituation checken, das stand zuerst an. Etwa 60 Minuten darf der Weg vom Quartier bis in die Mitte der Stadt dauern, zurückgelegt mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß – das ist die Faustregel. So erstreckt sich der Quartiersbereich denn über Stuttgart hinaus in die Region, bis nach Schorndorf, Esslingen oder Böblingen. Sind die Schulen diesbezüglich eingegrenzt, gilt es herauszufinden, ob es eine Ferienbetreuung gibt – gut für die Eltern, an. Diese etwa 300 Helfer wissen genau, was zu tun ist. Sie kennen sich aus auf ihrem jeweiligen Gebiet, vom Pressecenter bis zur Verkehrsführung. Sie haben Lust darauf, sich mit ihrem Wissen einzubringen. Und sie leiten wiederum die anderen, nicht so erfahrenen Helfer an. Wissen weitergeben, das ist ein essentielles Thema bei der Kirchentagsorganisation. Stefanie Recht von der Stabsstelle Wissensmanagement in der Stuttgarter Geschäftsstelle kümmert sich, Hand in Hand mit einer Kollegin in Fulda, darum, dass das Wissen fließt – zwischen Fulda und Stuttgart, zwischen Abteilung A und schlecht für die Quartierssuchenden – und zu klären, ob es Duschen gibt oder ob Duschcontainer aufgestellt werden müssen. Sind die Gebäude gefunden, braucht es Menschen, die dafür sorgen, dass in den Schulen auch genächtigt werden kann. An dieser Stelle kommen wieder Ehrenamtliche ins Spiel. Für jede Schule ist ein sogenannter Quartiersmeister zuständig. Mit den Helfern kümmert er sich darum, dass die Besucher sicher schlafen können und morgens ein Frühstück bekommen. „Am Anfang höre ich oft: ‚Herr Zschorn, für 500 Leute Frühstück machen, das geht nicht’“, erzählt der 51-Jährige. Es ging bisher immer. Man muss nur wissen, wie. Welche Hygienerichtlinien sind einzuhalten? Wie kann man effizient ein Büfett aufbauen? Welche Lebensmittel müssen in welcher Menge besorgt werden? Den Quartiersmeistern wird bei Schulungen erklärt, was sie tun und beachten müssen. Sie bekommen einen Scheck und sind für den Einkauf selbst verantwortlich – allerdings ausgestattet mit jeder Menge Infos zu Preisen und Kalkulation. „Wir empfehlen zum Beispiel, nicht zuviel Tee einzukaufen. Denn es ist eine Legende, dass Kirchentagsbesucher Teetrinker sind“, so Zschorn. „Für Müsli gilt das übrigens genauso.“ Nicht nach kulinarischen Vorlieben, aber nach gleichgelagerten Interessen versuchen die sechs Hauptamtlichen des Unterkunftsteams die Menschen zusammenzubringen. Es gibt thematische Quartiersschulen: Schulen für Familien mit kleinen Kindern zum Beispiel (die schon um 16 Uhr wieder öffnen), Schulen für Radfahrer und für Motorradfahrer, Schulen für Bläser (die üben ja auch...) und natürlich Schulen für die vielen Helfer. Es steckt ganz schön viel Arbeit dahinter, Menschen ein Dach für wenige Nächte bieten zu können – damit sie den Kirchentag genießen können. lako B, zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen auf allen Ebenen. Das heißt vor allem: schulen, schulen, schulen. Jeden Mitarbeitenden, auch den Praktikanten. „Man kann sich beim Kirchentag nicht wie anderswo ein halbes Jahr einarbeiten, sondern muss relativ schnell reinkommen“, erklärt Recht. Der Kirchentag ist eine komplexe Sache. „Man kann gar nicht alles verstehen“, sagt die 31-Jährige. „Wichtig ist, zu wissen: Was ist für mich wichtig? Und: Wo finde ich dieses Wissen?“ Protokolle, Dokumente zu allen möglichen Themen finden die Mitarbeitenden im „Kiwi“, der internen Wissensdatenbank. Nachschlagen ist gut, persönlich fragen oft besser. Dazu muss man wissen, wer überhaupt was macht. Eine Herausforderung, zumal ja ständig neue Mitarbeitende dazu stoßen. Vorstellen der Abteilungen, vernetzen, regelmäßiger Austausch – für all das hat Stefanie Recht auch zu sorgen, um „dem Chaos entgegenzuwirken“. Dass es klappt, merkt der Kirchentagsbesucher etwa daran: Der rosa Stoffelefant für die Bibelarbeit ist zur richtigen Zeit genau da, wo er sein soll. Insgesamt 18,3 Millionen Euro kostet der Kirchentag in Stuttgart. Das Land gibt tels. Lokale Geschäfte und Unternehmen profitieren davon. Doppelt, denn „viele Besucher sagen, sie würden die Stadt nochmals besuchen“, so Kopecz mit Verweis auf entsprechende Marktuntersuchungen. Die übrigens auch ergeben haben: Der durchschnittliche Kirchentagsbesucher ist 36,4 Jahre alt, hat zum Großteil das Abitur oder einen Hochschulabschluss und zählt zu den Gutverdienenden. 5 Millionen, die Landeskirche 4 Millionen, und die Stadt Stuttgart unterstützt den Kirchentag mit 2,5 Millionen sowie Sachleistungen und Gebührenbefreiungen in Höhe von rund 700.000 Euro. Der Bund gibt 400.000 Euro. 6 Millionen bringt der Kirchentag selbst auf, davon rund 4 Millionen Euro über die EintrittskartenEinnahmen, den Rest mittels Spenden und Einnahmen aus dem Kirchentagsshopverkauf. Der Stadt bringt der Kirchentag „konkrete wirtschaftliche Vorteile, Imagevorteile und eine Reihe von Dingen, die nachhaltig wirken, auch wenn der Kirchentag vorbei ist“, erklärt Dr. Jörg Kopecz, der für die Finanzen zuständige Geschäftsführer. Die Kirchentagsbesucher müssen essen und trinken, viele übernachten in Ho- Der Kirchentag bringt zudem neue Konzepte in die Stadt, dient oft als „Testbett“ – sei es in Sachen Lastenfahrräder, ökofair-regionale Kost oder die Teilnahme und Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Fast alle Veranstaltungen sind barrierefrei. Es gibt Fahrdienste, Texte in „leichter Sprache“, es wird bei rund der Hälfte der Veranstaltungen für Gebärdensprache oder Induktionsschleifen gesorgt. Da kann sich die Stadt viel abgucken. Und künftig den barrierefreien Stadtplan nutzen, der extra erstellt wur- Schulen, schulen, schulen – damit die Mitarbeitenden schnell reinkommen. 6|7 de, inklusive öffentlichem Nahverkehr. „Wir hinterlassen Spuren“, so Kopecz. Auch in den Köpfen. Der Kirchentag will „der Gesellschaft und der Kirche den Spiegel vorhalten“, sagt der Physiker und Theologe. Der Kirchentag will Diskussionen anstoßen, den Dialog fördern, zum Denken anregen – politisch, gesellschaftlich, spirituell, auf emotionaler und intellektueller Ebene. Reines Spektakel? Nein, wirklich nicht! Text: Laura Köhlmann Fotos: Alex Wunsch April 2015 | Nr. 65 Kirchentag 2015 Tausende Ehrenamtliche, zig Aufgaben: Wie das mit dem Helfen klappt Ein großes Puzzlespiel O hne Ehrenamtliche kein Kirchentag. Doch wer hilft da eigentlich? Wobei genau? Und wie kommt wer an seine Aufgabe? Neals Nowitzki leitet hauptamtlich die Kirchentagsabteilung Helferdienste und kümmert sich mit drei Kollegen genau darum. Der 27-jährige Religionspädagoge spricht mit uns über vielfältig helfende Hände, stetigen Informationsfluss und lohnendes Vertrauen. Über 5.000 Ehrenamtliche helfen beim Kirchentag in Stuttgart mit. Was sind das denn für Menschen? Der Großteil der Helfenden kommt aus der Jugendarbeit. Es sind viele Jugendliche und junge Erwachsene – im Alter von etwa 16 bis Anfang 30. Viele aus der Pfadfinderbewegung und der Bündischen Jugend sind dabei. Und dann haben wir noch Einzelhelfende aus der Region, vom 20- bis 85-Jährigen. Sie sind für uns ganz wertvolle Informationsgeber. Wir setzen sie gerne an den Servicepoints ein oder in der Fahrbereitschaft – überall da, wo es hilft, wenn man die Stadt kennt. Was für Aufgaben übernehmen die Helfer denn sonst noch? Der Großteil von ihnen, rund 3.000, ist im Ordnungsdienst eingeteilt. Das heißt, diese Helfer sind an den Veranstaltungsorten, halten die Fluchtwege frei, sorgen für die Sicherheit, verteilen aber auch mal Liedzettel oder helfen beim Bühnenumbau, wenn eine helfende Hand gebraucht wird. Die anderen kümmern sich zum Beispiel um Einlasskontrollen, um die Gepäckaufbewahrung oder sind bei der Fahrbereitschaft, wo sie Personen oder Material von A nach B befördern. Wir haben Helfende, die sich des Müllthemas annehmen. Oder Ehrenamtliche mit besonderen Fremdsprachenkenntnissen wie Japanisch oder Suaheli, die beim Internationalen Zentrum sind oder bei manchen Veranstaltungen flüsterdolmetschen, also direkt ins Ohr übersetzen. Ein großer, sehr beliebter Helfer-Bereich ist auch die „Schalverspendung“ ... Die was? Die „Schalverspendung“. Das heißt, die Helfenden bringen die Kirchentagsschals an Mann und Frau. Dabei sieht man viel vom Kirchentag, kommt mit vielen Menschen in Kontakt. Eine schöne Aufgabe ist es auch, die Kerzen am Abend der Begegnungen zu verteilen. Dazu braucht man eine große Helfergruppe, denn man muss in einem kleinen Zeitfenster sehr schnell sehr viele Kerzen verteilen – damit auch wirklich ein großes Lichtermeer zustande kommt. Das sind viele Aufgaben für viele verschiedene Helfer. Wie koordiniert man die alle? Wir stehen von Beginn an in Kontakt mit den Helfern. Es gibt einen stetigen Informationsfluss von uns und wir bieten viele Schulungen an. Es gibt Treffen mit den ehrenamtlichen Leitern, mit denen wir abstimmen, wie viele Helfer sie jeweils brauchen. Jeder Helfer bekommt ein individuelles Infopaket mit dem Termin der jeweiligen Schulung, Informationen zum Aufgabengebiet und zum Einsatzort, mit der Adresse ihres Quartiers. Was ist derzeit die größte Herausforderung für dich? Die Vielfalt an Orten und Ideen mit den Helfern zu besetzen. Wir versuchen dabei auch zu berücksichtigen, welche Einsatzgebiete sich die Helfer wünschen. Das alles ist ein großes Puzzlespiel. Aber wenn das klappt, dann klappt auch die Durchführung. Gerade hängen bei uns überall Zettel und die Helfer sind noch lauter Datensätze – ich freue mich, sie endlich zu sehen. Wenn sie da sind, dann geht es los. Kirchentagsstart – und mehrere Tausend Helfer schlagen in der Stadt auf. Wie läuft das ab? Wir empfehlen den Helfern, schon am Dienstag anzureisen. Untergebracht werden sie in speziellen Schulen, die zentral liegen beziehungsweise gut angebunden sind. Am Mittwochvormittag gibt es eine große Helferbegrüßung als Auftakt und Dankeschön vorab. Und dann heißt es: Hoffen, dass alle ihre Infos gut durchgelesen haben und dass alles klappt? Wir haben ein großes Vertrauen in die Ehrenamtlichen und dass das alles funktioniert. Und das kann man auch haben. Sie schaffen es jedes Mal aufs Neue, diesen Kirchentag am Laufen zu halten. Und der Kirchentag lebt ja an vielen Stellen von diesem ehrenamtlichen Engagement. Hast du ein Kirchentagshighlight oder bekommst du eh nichts mit? In Stuttgart werde ich tatsächlich nichts erleben. In den vergangenen Jahren war mein Highlight der Abend der Begegnungen. Das liegt aber auch daran, dass ich da die Kerzenverteilung organisiert habe. Und wie sieht dein Kirchentag dieses Jahr aus? Ich sitze mit meiner Abteilung – verstärkt von ehrenamtlichen Helfern – in der Schleyerhalle. Dort gibt es einen Infound Knotenpunkt für alle Helfenden. Am sogenannten Helfertresen können alle Kirchentagshelfer quasi einchecken, bekommen Infos, Antworten oder können auch einfach mal einen Kaffee trinken. Im Backoffice dahinter sind die Logistiker Ansprechpartner für alles Organisatorische. Also zum Beispiel, wenn Helfer nicht erschienen sind oder wenn es plötzlich irgendwo doch mehr Bedarf an Helfern gibt, als ursprünglich gedacht. Wir reagieren auf das, was um uns herum passiert. Und wir wollen für die Ehrenamtlichen da sein, schließlich sind das keine Kurzzeitarbeitskräfte. Natürlich gibt es auch mal Reibereien. Wo Menschen sind, da menschelt’s eben. lako 8|9 Kirchentag als Bürgerbewegung: ehrenamtliche Projektleitungen planen die Programme Vom Thementableau bis zum Wasserglas D as Kirchentagsprogramm hat drei thematische Säulen: „Frieden und Flüchtlinge“, „Wirtschaft und Werte“ sowie „Demokratie und Daten“. Abgebildet wird das Ganze in einem Programmheft mit über 2.500 Einzelveranstaltungen auf über 600 Seiten. IN hat mit der Studienleiterin des Kirchentags, Dr. Silke Lechner, darüber gesprochen, wie das Kirchentagsprogramm zustande kommt. Frau Dr. Lechner, wie kommt der Kirchentag zu seinen Themen? Wir fangen mit der Auswertung des vorangehenden Kirchentages an: Welche Themen haben sich bewährt, was ist nicht gut gelaufen? Daran schließen sich viele Gespräche an, in denen ich auskundschafte, welche Themen in der Luft liegen. Man kann uns auch Vorschläge nach Fulda schicken. Wir diskutieren in den Gremien des Kirchentags, im Präsidium, in der Präsidialversammlung, im Kollegium. Wir reden viel mit den Partnern des Kirchentages, mit Menschen aus Kirche, aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft, um uns Anregungen zu holen, was in der Welt passiert. All diese Impulse fasse ich zusammen zu einem Thementableau. Mein Vorschlag wird in der Präsidialversammlung diskutiert und überarbeitet, das läuft parallel zur Suche nach der neuen Kirchentagslosung. Wenn das Thementableau feststeht, beginnt die Arbeit der Projektleitungen. Wir fragen uns zunächst: Wo sind zu den Themen die je 10 bis 15 Experten aus ganz Deutschland? Wir achten nicht primär auf die Kirchenzugehörigkeit, sondern darauf, wer etwas zum Thema zu sagen hat. Die Projektleitungen erarbeiten dann das Programm, sie überlegen, wen sie einladen, und sie planen den ganzen Prozess, bis das Wasserglas für die Referentin auf der Bühne steht. Lassen Sie uns über die Themenschwerpunkte beim Kirchentag 2015 sprechen. Der interreligiöse Dialog ist schon lange gesetzt. Seit 1961 das christlich-jüdische Gespräch, seit den 1980er-Jahren zunehmend auch das Gespräch mit Muslimen. Das Thema der Begegnung der Religionen ist bei diesem Kirchentag stärker als früher. Uns wurde deutlich das Interesse aus der gastgebenden Region signalisiert, dieses Thema stark zu machen. Die Landeskirche und die Region Stuttgart wollen zeigen, dass es hier eine sehr große kulturelle und religiöse Vielfalt gibt. Das landeskirchliche Projekt „Stuttgarts Reichtum“ setzt hier an. Aber auch die Weltlage, die Anschläge auf Charlie Hebdo in Paris und andere, machen deutlich: Wir müssen das Gespräch der Religionen stärken. Und wir wollen nicht nur über Begegnungen sprechen, sondern auch konkrete Begegnungen ermöglichen. Also dahin gehen, Dr. Silke Lechner [privat] wo die verschiedenen Religionsgemeinschaften feiern. Für viele ist im Rahmen des Kirchentags die Hemmschwelle niedriger, ein fremdes Gotteshaus zu betreten, als in ihrem Alltag. Es ist ein Mittagsgebet der Religionen geplant, in vier Stuttgarter Moscheen. Besonders gespannt bin ich auf die Bibelarbeit, die der frühere Kirchentagspräsident Gerhard Robbers gemeinsam mit dem muslimischen Cheikh Khaled Bentounès hält. Er ist Lehrmeister eines Sufi-Ordens und Gründer der muslimischen Pfadfinder. Diese interreligiöse Arbeit habe ich beim Kirchentag kennengelernt und in den letzten Jahren verstärkt, ich habe im letzten Jahr viel mit Muslimen und mit Juden gearbeitet. Das hat mich bereichert. Stuttgart ist eine Autostadt. Zeigt sich das im Kirchentagsprogramm? Was ich beim Kirchentag spannend finde: Hier geht es immer wieder darum, Dinge nicht nur zu bereden, sondern sie auch zu tun. Deshalb diskutieren wir in einem eigenen Zentrum auf dem Cannstatter Wasen über Mobilität, Energie und Ressourcen. Es gibt dann aber auch Mitmachaktionen, und der Kirchentag geht selbst mit gutem Vorbild voran. Viele Teilnehmer reisen mit dem Zug an, in Stuttgart bewegen sie sich mit Bus und Bahn. Unsere eigenen Transporte wickeln wir weitgehend mit Lastenfahrrädern ab. Die Zahl der Flüchtlinge, die aus Kriegsregionen nach Europa kommen, nimmt stark zu. Ist das ein Thema beim Kirchentag? Natürlich ist dieses Thema dran. Wir wollen die Wahrnehmung schärfen: Was passiert in Deutschland? Wie sind die Aufnahmekonditionen, wie ist die Situation der Flüchtlinge? Wir sprechen dazu mit Sozialarbeitern und Diakonie, aber auch mit den politisch Verantwortlichen, wir haben Bundesinnenminister Thomas de Maizière zu Gast. Und wir wollen die Betroffenen selbst mit ins Gespräch bringen. Flüchtlinge aus Eritrea und Syrien erzählen uns ihre Fluchtwege. Die Kirchentagskollekten sind für Flüchtlingsprojekte bestimmt. Das Thema zieht sich wie ein ro- April 2015 | Nr. 65 Kirchentag 2015 René Böckle ter Faden durch den Kirchentag. Wir wollen auch Flüchtlinge in Stuttgart zum Kirchentag einladen, wo es passt. Da setzen wir auf die Unterstützung der kirchlichen Netzwerke. Welche weiteren Themenschwerpunkte gibt es im Kirchentagsprogramm? Es hat sich früh abgezeichnet, dass das Thema Wirtschaft in Stuttgart einen besonderen Schwerpunkt bekommt. Hier gibt es einen starken Mittelstand. Der Kirchentag wird Veranstaltungen in einigen Unternehmen haben. Bei Bosch in Feuerbach werden wir darüber reden, wie Unternehmen zu einer guten Arbeitssituation beitragen und wie sie von zufriedenen und motivierten Mitarbeitern profitieren. Wir wollen den Kirchentagsbesuchern gute Modelle aus den Unternehmen nahe bringen, nach dem Motto: „Die Wirtschaft, das sind nicht ‚die anderen‘. Die Wirtschaft sind wir. Wir müssen sie gemeinsam gestalten.“ Unser Kirchentagspräsident Andreas Barner, der ja selbst Vorstand eines großen Pharmaunternehmens ist, hat uns hier in der Vorbereitung wichtige Impulse gegeben. Zum Thema Wirtschaft haben wir große Podien in der Schleyerhalle. Da kommen Vertreter der großen Wirtschaft, aber auch kleine, unbekannte, innovative Projekte. Wir haben zum Beispiel Bas van Abel zu Gast, den Erfinder des Fairphones. Und dann haben wir noch den Themenschwerpunkt Demokratie und Daten. Wir reden über Demokratieprozesse: Wie werden Großprojekte umgesetzt? Wie ist das mit der Bürgerbeteiligung? Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht über die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Der Kirchentag ist ja selbst ein groß angelegtes und bundesweites Modell von Bürgerbeteiligung. Er ist keine Veranstaltung, zu der die Leute hingehen und konsumieren. Die Hälfte der Besucher ist aktiv eingebunden. Selbst junge Helfer haben schon eine große Verantwortung. Der Kirchentag ist ein Mitmachprojekt, eine Übung in Demokratie. Fragen: Christoph Schweizer Zur Person: Dr. Silke Lechner (40), geboren in Ulm, aufgewachsen in Osnabrück. Studium der Politikwissenschaft in Hannover und Liverpool, in London promoviert. Seit achteinhalb Jahren recherchiert und koordiniert sie als „Studienleiterin“ des Kirchentages die Kirchentags-Themen. Tipp: Das Kirchentagsprogramm finden Sie im über 600 Seiten dicken Programmheft, das Sie mit Ihren Teilnehmerunterlagen oder an den Tageskassen erhalten. im Internet unter www.kirchentag.de/programm oder Sie installieren die Programm-App auf Ihrem Smartphone. Mehr unter www.kirchentag.de/app Digitale Kirchen malerei und Kopf hörerparty Wo engagierst Du Dich beim Kirchentag? Ich bin in der Projektleitung für das Zentrum Jugend, und ich werde als „DJ FAITH“ auflegen. Unter anderem veranstalten wir eine Kopfhörer-Party im Zentrum Jugend. Was ist eine Kopfhörer-Party? Jeder Gast, der zu dieser Veranstaltung in die „Scharrena“ im Neckarpark kommt, bekommt einen kabellosen Kopfhörer. An diesem kann man zwei Kanäle wählen. Die werden von zwei DJs bespielt. Ich lege Chart- und Housemusik auf, DJ Marris wird BravoHits und das Beste der 80er- und 90er auflegen. Warum Kopfhörer-Party? Die Devise heißt: „Leise laut feiern.“ Wenn Du mal keine Lust auf Musik hast, setzt Du die Kopfhörer ab und kannst mit Leuten ganz normal reden. Jüngere, die sich sonst nicht so wohl fühlen beim Tanzen, trauen sich auf die Tanzfläche. Es sind noch 80 Tage bis zum Kirchentag. Was ist gerade in der Vorbereitung dran? Ich habe mit zwei Kollegen die Veranstaltungsleitung in der Scharrena übernommen. Da sind wir jetzt in Vorgesprächen mit allen Menschen, die Programmpunkte anbieten. Wir werden die Sporthalle zu einem guten geistlichen Ort für 2.000 Menschen umgestalten. Mit Stefanie Hügin, einer Expertin für ‚digitale Kirchenmalerei‘, haben wir eine ganz tolle Partnerin. Sie unterstützt die Inhalte, die auf der Bühne passieren, mit Bildern und Farbe. Wir arbeiten mit mehreren Beamern. Wie das wirklich aussieht, werden wir erst beim Kirchentag wissen. Welche Veranstaltungen sind in der Scharrena geplant? Filmgottesdienste, Technogottesdienste, ein klassischer Gottesdienst. Abends Konzerte, Poetry Slam und die Kopfhörerparty. Was sind weitere Highlights im Zentrum Jugend? Wer auf Musik steht, sollte die Open-Air-Bühne vor dem Mercedes Museum besuchen. Dort gibt es Konzerte unterschiedlicher Genres. Auf der Mercedesstraße und rund um die Scharrena gibt es Mitmachangebote und Verpflegungsstände. Im SportOrt sind Sportangebote, und im Zelt findet unter anderem der Kulturentisch statt, der aus der Stuttgarter Jugendkirche bekannt ist. Worauf freust Du Dich, wenn Du an den Kirchentag denkst? Dass Stuttgart als eine einladende Stadt wahrgenommen wird. Und ich freue mich auf viele Menschen, die Megaspaß haben unser Zentrum Jugend zu erleben. Ich freue mich auf gute Musik! Fragen: cs Zur Person: René Böckle (29) ist Jugendreferent in Weilimdorf und für die distriktsübergreifende jugendkulturelle Arbeit der Evangelischen Jugend Stuttgart, beispielsweise die Kirchendisko „Konspiration X“, zuständig. Der gebürtige Berliner ist in Oberschwaben aufgewachsen und kam zum Studium nach Ludwigsburg. 10|11 Beim „Zentrum Kinder“ werden täglich 10.000 junge Besucher erwartet Stadtgarten in Kinderhand V or einem Jahr traf sich erstmals die Projektleitung des „Zentrums Kinder“ – eine von 50 Projektleitungen des Kirchentags. In ihr haben 15 Männer und Frauen aus ganz Deutschland, mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, Ideen entwickelt und Ideen verworfen. Sie haben intensiv diskutiert und sich an die konkrete Planung gemacht. Das Ergebnis wird im Juni erlebbar. Stuttgart, Juni 2015. Der Stadtgarten zwischen Universität und Liederhalle hat sich zum „Zentrum Kinder“ verwandelt. An der großen Open-Air-Bühne werden Gottesdienste für die ganze Familie und Mitmach-Konzerte gefeiert. Das Strohhaus lädt zum Geschichten hören ein. Es gibt Spielmobile der Jugendhausgesellschaft. Man kann das Lagerleben der Pfadfinder testen oder auf dem Fahrradparcours der Polizei sein Geschick auf zwei Rädern unter Beweis stellen. Im Foyer der Universität gestalten Kinder die „Stadt der klugen Kinderideen“, drehen Kinderreporter einen Film; es gibt Workshops, Kinderuni und vieles mehr. Fulda, Juni 2014. Ein strahlender Frühsommertag. 15 Männer und Frauen aus ganz Deutschland sind angereist. Knapp ein Jahr vor dem Kirchentag in Stuttgart konstituiert sich heute die Projektleitung des Zentrums Kinder. „Da treffen sich wildfremde Leute“, erinnert sich Frank Widmann, Landespfarrer für Kindergottesdienst und Vorsitzender der Projektleitung. Einige Wochen vorher war ihnen per Post die Einladung zur Sitzung ins Haus geflattert. Für viele überraschend, es gab keine Vorabsprachen. „Man wird nicht gefragt, sondern eingeladen“, sagt Widmann. Und dann geht es Schlag auf Schlag. Ein knappes Jahr Vorbereitung ist nicht viel Zeit für ein großes Kinderfestival, bei dem täglich um die 10.000 Kinder erwartet werden. „Vergleichbare Veranstaltungen haben anderthalb bis zwei Jahre Vorlauf“, so Widmanns Erfahrung. In der ersten, ganztägigen Sitzung gibt sich die Projektleitung eine Struktur, der Vorsitz wird gewählt, die Gruppe wird in die Aufgabenstellung eingeführt. Auf der zweiten Sitzung steht die inhaltliche Dis- kussion im Mittelpunkt. „Wir haben die jektleitung kontinuierlich, im Hintergrund große Leitidee gesucht, aber am Ende steht der gesamte organisatorische „Apwar uns klar: Wir planen eine Vielzahl von parat“ der Geschäftsstelle bereit. „Beim Angeboten“, berichtet Widmann. Die Ar- Kirchentag sind die Dinge strikt organibeit sei manchmal siert“, beobachtet fast „ein bisschen Frank Widmann. zu schnell gegan„Da gibt es Leute, gen, manchmal die für die Planung fehlte die Zeit, der Orte zuständig um nochmal eine sind, die Räume Runde nachzuanfragen, sich mit denken“. Doch die feuerpolizeilichen Termine drängten, Dingen und Verbeispielsweise der ans t altungsplaAbgabetermin für nung auskennen das Programmheft oder mit der MaAnfang Januar. terialbeschaffung. Um effektiv zu Wenn man ein Zelt arbeiten, wurden aufstellen muss: Untergruppen geDa ist jemand da, So soll es aussehen: Entwurf des Strohbildet. der das bucht. hauses im Zentrum Kinder [HfT Stuttgart] Oder die ganze Auch wenn die Bühne aufbauen – Vorbereitung ein enges Zeitkorsett hat- das ist alles geregelt.“ te – das Ergebnis kann sich sehen lassen, freut sich Frank Widmann. Das sieht auch Und doch: Bei einer Projektleitung mitseine Projektleitungs-Kollegin Maria zuarbeiten ist kein Pappenstiel. „Die ProHaller-Kindler so. Im Hauptberuf ist sie jektleitungen sind typisch für kirchliche Kinderbeauftragte der Landeshauptstadt Strukturen: Die ehrenamtliche Arbeit Stuttgart. Bei der schnellen Taktung der trägt das Projekt, es wird ein außerorArbeit ist das Ergebnis „eine bemerkens- dentliches Engagement gefordert und werte Leistung“, konstatiert sie. Dazu auch von den Beteiligten gebracht“, sagt habe beigetragen, dass in der Projektlei- die Kinderbeauftragte Haller-Kindler. tung Leute aus ganz unterschiedlichen Und Ulrike Brand, hauptamtliche WaldOrten und Bereichen zusammengekom- heimleitung bei der evangelischen Gemen seien: „Das sorgt für eine Vielfalt der samtkirchengemeinde Stuttgart und Ideen.“ ebenfalls Mitglied der Projektleitung Zentrum Kinder, sagt: „Man muss viel Zeit Dazu kommt: Die Projektleitung entwi- investieren. Ich musste mich zwischenckelt Ideen und überlegt, wer für Bibel- zeitlich auch abgrenzen, um mein Allarbeiten, Gottesdienste und Programme tagsgeschäft nicht zu vernachlässigen.“ eingeladen wird. Das meiste Organisatorische gibt sie aber an die Mitarbeitenden Aus dem ehrenamtlichen Engagement der Kirchentags-Geschäftsstelle ab. Zwei zieht Brand allerdings persönlichen von ihnen begleiten die Arbeit der Pro- Mehrwert: „Es ist eine interessante Kon- April 2015 | Nr. 65 Kirchentag 2015 stellation, mit Menschen aus verschiedenen Bereichen zu arbeiten.“ Bei der Untergruppe Strohhaus hat sie mit Architekturprofessor Andreas Löffler und seinen Studierenden von der Stuttgarter Hochschule für Technik gearbeitet. Die Hochschule ist ja nur einen Steinwurf vom Hospitalhof entfernt – „aber ohne diesen Anlass hätte ich diese Arbeit wohl nie kennengelernt.“ Und auch die Waldheimarbeit könnte profitieren: „Wir sind in Gesprächen, ob wir das Strohhaus eventuell in diesem Sommer in einem Waldheim nutzen können“, berichtet Brand. Auch für Maria Haller-Kindler ist das Strohgebäude eine große Attraktion. „Die Strohballen sind bespielbar, es ist nicht alles schon fertig. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und habe viel mit Strohballen gespielt. In der Stadt ist das ein tolles Erlebnis!“ Die Tatsache, dass Professor Löffler sich mit seiner Strohhausidee einbringe, mache deutlich, „dass der Kirchentag gute Ideen anzieht.“ Das Programm im Zentrum Kinder ist vielfältig, doch es hat einen roten Faden. „Wir haben uns am Motto des Kirchentags: ‚damit wir klug werden‘ orientiert“, erzählt Maria Haller-Kindler. „Wir gehen davon aus, dass Kinder ganz viel Klugheit mitbringen. Wir wollen, dass sie im Zentrum Kinder Freude haben, spielen, Anregungen bekommen im Erzählzelt und bei den musikalischen Angeboten.“ Maria Haller-Kindler leitet gemeinsam mit Tina Schweizer die Veranstaltung „Stadt der klugen Kinderideen“. Ausgangspunkt war die Überlegung, dass es in Stuttgart viele große Baustellen gibt, die Stadt ihr Gesicht verändert. „Wir wollen von Kindern erfahren: Welche Ideen habt ihr, wie eine lebenswerte Stadt aus- unter Landtags-Vizepräsidentin Brigitte Lösch und Stadtdekan Søren Schwesig. Das Planspiel hat für die städtische Kinderbeauftragte einen durchaus ernst ge- Architekturstudierende der HfT Stuttgart testen den Strohhaus-Bau sehen müsste?“ Kinder bauen dazu ihre Stadtidee mit Bastelmaterialien auf Bretter auf. Sie kommen mit Architekten und Stadtplanern ins Gespräch darüber, wie die Ideen umgesetzt werden können. Und sie können ihre Entwürfe vor Vertretern von Stadt und Kirche präsentieren, dar- [HfT Stuttgart] meinten Hintergrund: „Vom christlichen Menschenbild her ist klar, dass Kinder als Geschöpfe Gottes Weisheit mitbringen. Wir können sicherlich viel von Kindern lernen, wie wir freundliche Städte gestalten können.“ Christoph Schweizer Zur Person: Frank Widmann (48), verheiratet, 4 Kinder. Viele Jahre Dorfpfarrer auf dem Schurwald. Seit 2012 Landespfarrer für Kindergottesdienst. Seine Leidenschaft: Erzählen und mit Kindern singen. Zur Person: Maria Haller-Kindler (48), verheiratet, 2 Kinder. Gemeindereferentin, Pädagogin, Politikwissenschaftlerin. Leitete den BDKJ und das Bischöfliche Jugendamt der Diözese Rottenburg-Stuttgart, später Hauptabteilung Caritas im Bischöflichen Ordinariat Rottenburg-Stuttgart. Seit 2013 Kinderbeauftragte der Stadt Stuttgart: Sie soll in der Stadtverwaltung und in der Stadtgesellschaft das kinderfreundliche Stuttgart weiterentwickeln. Zur Person: Ulrike Brand, 2 erwachsene Söhne, aufgewachsen im Remstal. Sie hat den Beruf der Erzieherin gelernt, vielseitige Tätigkeiten im Bereich Erziehung und Beratung ausgeübt. Seit über 15 Jahren Hauptamtliche in der Waldheimarbeit. Seit 2011 Fachberatung und Koordinatorin für die Ferienwaldheime bei der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Stuttgart und hauptamtliche Waldheimleitung. 12|13 Anpacken, austauschen, Vielfalt erleben: Die Pfadfinder beim Kirchentag Persönlich wachsen und die Welt gestalten P ardon, Klischee: Allzeit bereit – wirklich? „Ja, wirklich“, bestätigt Julia Schempp vom Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) und schaut nicht die Spur beleidigt. Der Pfadfinder an sich hat eben wirklich Lust, anzupacken und zu helfen. Das kommt nicht von ungefähr. In kleinen Gruppen, in einem geschützten Rahmen, können sich Kinder und Jugendliche bei den Pfadfindern ausprobieren. „Learning by doing“ ist angesagt, also sich „weiterentwickeln in dem, was wir tun“, erklärt Schempp. Man wächst mit seinen Aufgaben – ohne Angst, zu scheitern, aufgefangen und getragen von der Gemeinschaft. „Gemeinsam auf den Weg zu gehen, gemeinsam die Welt zu gestalten, oft in kleinen Dingen“, das schätzt Julia Schempp. Die 34-Jährige hat mit 12 Jahren als sogenannter Sippling in der Ortsgruppe Ottmarsheim angefangen, in dem Dorf bei Besigheim, wo sie aufgewachsen ist. Später wirkte sie in der Leitung der Gruppe mit. Seit 2003 ist sie auf der VCP-Landesebene aktiv, war Vorstand der Landesversammlung und ist seit 2009 Bundesversammlungsvorstandsmitglied – alles ehrenamtlich. Das Leiten, Organisieren und Planen liegt ihr. Bei den Pfadfindern konnte sie es lernen, sich weiterentwickeln – und davon profitiert die Ingenieurin auch in ihrem Berufsleben. „Verlasse die Welt ein bisschen besser, als du sie vorgefunden hast“, das ist der Pfadfinder-Hauptslogan. Eine Lebensidee, bei der es gilt: hinschauen, wahrnehmen, aktiv sein. Julia Schempp Sehr aktiv sind die Pfadfinder auch beim Kirchentag. Alleine der VCP stellt rund 1.000 Helfer, die meisten davon sind Jugendliche. Das Helfen der Jugend hat Tradition: Seit 1951 sind Pfadfinder schon beim Kirchentag dabei. Dort übernehmen sie ganz Ursula Ripp-Hilt - Vorsitzende des Kirchentags-Landesausschusses Der Sound von Stuttgart Frau Ripp Hilt, was ist die Aufgabe des KirchentagsLandesausschusses? Wir halten zwischen den Kirchentagen das Interesse an diesem Großereignis in der Landeskirche wach. Und wenn es auf einen Kirchentag zugeht, dann werben wir dafür und laden Menschen ein, sich zu beteiligen. Jetzt kommt der Kirchentag ins eigene Ländle. Wie verändert sich dadurch die Arbeit? Das gibt uns einen Motivationskick. Viele von uns sind in Ausschüssen und Projektleitungen des Kirchentages engagiert. Außerdem haben wir gemeinsam mit der Geschäftsstelle des Kirchentags Erkundungsfahrten für die anderen Landesausschüsse organisiert. Zweieinhalb Tage mit Infos zum Programm und zu den Veranstaltungsorten des Stuttgarter Kirchentags samt einem schwäbischen Abend. Wie war die Stimmung bei diesen Besuchen? Durchweg gut. Unsere Botschaft war: Der Kirchentag ist gut auf der Spur, es gibt hier in Württemberg unglaublich viele engagierte, kirchentagsbegeisterte Leute. Und wenn wir bei diesen Besuchen mit den Kirchentagsfreunden aus allen Ecken Deutschlands zusammen sind, dann kommt automatisch Kirchentags-Feeling auf. Kirchentag im eigenen Land – was heißt das für die Ausschussvorsitzende? Als Landesausschussvorsitzende bin ich Mitglied in der Präsidialversammlung des Kirchentags und in der Konferenz der Landesausschüsse, und dort habe ich die Planungen zu „unserem“ Stuttgarter Kirchentag von Anfang an mitbekommen. Das sind unheimlich interessante Treffen und interessante Menschen. Auf landeskirchlicher Ebene bin ich im Lenkungsausschuss für den Kirchentag, ich war dabei, als die regionalen Themenschwerpunkte beschlossen wurden. Es freut mich, dass württembergische Besonderheiten beim Kirchentag vorkommen werden. Und natürlich gehört es zu meinem Ehrenamt, dass ich unglaublich viele Termine habe. Ich erzähle auf Veranstaltungen vom Kirchentag, werbe für die Teilnahme. Vor lauter Kirchentagsterminen muss ich manchmal sagen, dass ich ganz nebenbei noch ein Hauptamt habe, als Schuldekanin in Böblingen und Herrenberg. Worauf freuen Sie sich besonders? Zunächst freue ich mich einfach, dass der Kirchentag dieses Jahr in Stuttgart ist. Konkret freue ich mich auf unser „Stuttgarter Gasthaus“, die landeskirchliche Präsentation auf dem Schlossplatz. Ich hoffe, dass es gut besucht wird und als württembergische Botschaft wahrgenommen wird. Ich freue mich auf den „Klang des Südens“ beim Abend der Begegnung. Eine halbe Stunde lang werden Chöre auf allen Bühnen singen, und alle können mitsingen. Das wird ein ganz besonderer „Sound von Stuttgart“. Es ist toll, zu sehen, wie so eine Idee, bei deren ersten Überlegungen ich dabei Fragen: cs war, nun umgesetzt wird. [privat] April 2015 | Nr. 65 unterschiedliche Aufgaben, vom Schalverkauf über die Schilderwerkstatt bis zum Fahrradverleih. Schempp ist in Sachen Kirchentag seit gut einem Jahr aktiv: Sie ist Mitglied der Projektleitung vom Zentrum Jugend. „Ich habe Lust, beim Kirchentag auch inhaltlich was zu gestalten“, erklärt sie. Ergebnis dieser Gestaltungslust: Scharrena und Haus des Sports, Mercedes-Benz-Straße und Fritz-Walter-Weg, die Open-Air-Bühne vor dem Mercedes-Benz-Museum und Sportplätze werden sich in eine Veranstaltungsfläche verwandeln. 14- bis 21-Jährigen wird jede Menge geboten: multimediale Gottesdienste, Podiumsdiskussionen in einer Sprache, die sie verstehen, zu Themen, die sie tangieren; Musik und Sport. Der VCP ist beim Zentrum Jugend unter anderem mit einem Work- Kirchentag 2015 shop zum Thema „Klima“ vertreten sowie mit zwei Podiumsdiskussionen zu „Homosexualität und Kirche“ und „Was bedeutet Gemeinde heute“. Die Themen waren Ideen von jugendlichen VCP-Pfadfindern. Letztere sind nicht nur auf dem Kirchentag, um ihn durch ihre Unterstützung erst möglich zu machen, sondern auch, um ihn zu erleben. Um andere Pfadfinder zu treffen, sich mit anderen Jugendlichen auszutauschen. Um zu erfahren, dass evangelisch zu sein ganz unterschiedlich aussehen kann. „Ich glaube, nur wenn man Vielfalt kennt und sie auch akzeptiert, kann man anderen Respekt entgegenbringen“, so Schempp. Beim Kirchentag kommt beides zusammen. lako Dr. Martin Schairer - Ordnungsbürgermeister Impulse für die multikulturelle Stadt V om Kirchentag erwarte ich, dass wir gemeinsam auf die brennenden Fragen unserer Gegenwart und Zukunft Antworten finden.“ Das sagt Dr. Martin Schairer, Stuttgarter Ordnungsbürgermeister und Sprecher der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ), im Gespräch über den bevorstehenden Kirchentag. Herr Bürgermeister Schairer, welche Impulse für unsere Stadt erwarten Sie vom Kirchentag? Es ist schon der vierte Kirchentag in Stuttgart. Stuttgart ist damit eine echte Kirchentagsstadt, und darauf sind wir stolz. Vom Kirchentag erwarte ich, dass wir gemeinsam auf die brennenden Fragen unserer Gegenwart und Zukunft Antworten finden. Welche Fragen sind das? Zum Beispiel die Frage nach dem Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Nationalität. Oder die interreligiöse Fragestellung, die ja in Stuttgart besonders stark ist. Stuttgart ist im Kern evangelisch, aber zugleich eine multikulturelle Stadt. 40 Prozent der Stuttgarter haben Migrationshintergrund, das ist der höchste Wert in ganz Deutschland. Hier leben Menschen aus 170 Nationen. Wir haben hier teilweise auch schon ganz gute Antworten gefunden. Bei uns ist „Pegida“ zum Glück kein Thema. Das ist kein Zufall. Wir leben hier mit vielen Religionen und Kulturen friedlich zusammen. In Stuttgart gibt es keine Ghettos, die Stadtviertel sind gut durchmischt. Auch bei der Aufnahme von Flüchtlingen setzen wir auf dezentrale Unterbringung – der sogenannte „Stuttgarter Weg“. Zur Person: Der gebürtige Stuttgarter Dr. Martin Schairer ist seit 2006 Ordnungsbürgermeister der Landeshauptstadt. Davor arbeitete der Jurist unter anderem als Richter und Staatsanwalt in Stuttgart, war Pressesprecher im Justizministerium BadenWürttemberg und von 1999 bis 2006 Stuttgarter Polizeipräsident. Städtische Unterstützung für den Kirchentag: Die Stadt Stuttgart unterstützt den Kirchentag mit 2,5 Millionen Euro. Dazu kommen Sachleistungen im Wert von über 700.000 Euro. Allein Wie kann der Kirchentag zum Gespräch zwischen Religionen und Kulturen beitragen? Ängste entstehen ja durch Nicht-Kennen. Die Menschen haben das Bedürfnis, sich auszutauschen und zu artikulieren. Vom Kirchentag erhoffe ich, dass er ein großes Forum ist, bei dem sich Menschen aus verschiedenen Religionen begegnen. Ich freue mich über die große Bereitschaft auch der muslimischen Gemeinden, sich beim Kirchentag einzubringen. Solche Begegnungen über Religionsgrenzen hinweg wirken nachhaltig. Man lernt sich kennen und erzählt davon in seinen Kreisen weiter. Ich finde deshalb übrigens auch den Rat der Religionen, den die beiden Stuttgarter Stadtdekane ins Leben rufen, eine hervorragende Idee. Dazu wird der Kirchentag sicherlich gute Impulse geben. Sie besuchen selbst den Kirchentag. Worauf sind Sie besonders gespannt? Ich freue mich auf den Eröffnungsabend, weil er ein schönes Gemeinschaftsgefühl gibt mitten in der Stadt. Ich bin ja von Amts wegen auf vielen Diskussionsveranstaltungen. Deshalb sind mir beim Kirchentag die Podien mit den großen Namen gar nicht so wichtig. Die zufälligen Begegnungen machen für mich den Kirchentag aus, das Gemeinschaftsgefühl, und dass man sich von der Stimmung mitreißen lässt. Das kann man nicht planen. Aber natürlich steht dahinter eine perfekte Organisation. Fragen: cs die kostenlose Überlassung von Schulen als Gemeinschaftsunterkünfte veranschlagt Schairer mit über 500.000 Euro. Das Amt für öffentliche Ordnung koordiniert seitens der Stadt die Vorbereitungen. „Die Masse an Menschen, die am Abend der Begegnung in der Stadt sein werden, erfordert eine detailgenaue und gemeinsame Planung aller an den Vorbereitungen zum Kirchentag beteiligten Institutionen“, erläutert Hermann Karpf, der persönliche Referent von Bürgermeister Schairer. 14|15 Erstmals Christustag auf dem Kirchentag Ein Zeichen der Öffnung P r emiere beim Kirchentag: Erstmals findet ein Christustag der pietistischen „Christusbewegung Lebendige Gemeinde“ im Rahmen des Deutschen Evangelischen Kirchentages statt. Er ist am 4. Juni von 9.30 bis 14.15 Uhr in der Porsche-Arena. Der Christustag hieß früher „Gemeindetag unter dem Wort“, war als Gegenprogramm zum kirchenpolitisch eher linken Kirchentag ins Leben gerufen worden. „Die Kooperation von Kirchentag und Christustag signalisiert eine gegenseitige Öffnung“, sagt Christustags-Koordinator Rainer Holweger, Geschäftsführer der „Lebendigen Gemeinde. Christusbewegung in Württemberg“. Erstmals seit über 50 Jahren fallen Termin und Ort von Christustag und Kirchentag zusammen. Der Christustag findet zeitgleich an sechs weiteren Orten in Baden-Württemberg statt. Der Christustag in Stuttgart übernimmt Zeitschiene und Formate des Kirchentages. Ein Wechsel zwischen den Veranstaltungen ist problemlos möglich. Das Programm wird ausschließlich von der Christusbewegung Lebendige Gemeinde verantwortet. Auch ist es nicht notwendig, zum Besuch des Christustags ein Kirchentagsticket zu erwerben. Das Motto des Christustages ist an die Kirchentagslosung angelehnt: „Dein Wort macht mich klug“, ein Satz aus Psalm 119. Der Christustag startet mit einer Gesprächsbibelarbeit, unter anderem mit Steffen Kern, Vorsitzender des evangelischen Gemeinschaftsverbandes „Die Apis“. Danach folgt ein Vortrag mit Prof. Dr. Volker Gäckle, dem Rektor der Internationalen Hochschule Bad Liebenzell. Sein Thema: „Klug durch das Kreuz“. An den Vortrag schließt sich ein Podiumsgespräch an, mit dem Unternehmer Heinrich Deichmann und Anatoli Uschomirski, dem Leiter einer messianisch-jüdischen Gemeinde in Stuttgart. Mittags veranstaltet der Christustag ein „Gebetskonzert“, unter anderem mit Judy Bailey und dem Bläserteam des Evangelischen Jugendwerks Württemberg. Der israelische Generalkonsul Dan Shaham spricht ein Grußwort. Bei aller Annäherung gibt es auch deutliche Differenzen zwischen Christus- und Kirchentag. Das zeigt sich etwa beim Umgang mit „messianischen Juden“. So bezeichnen sich Juden, die zum Christentum konvertiert sind. „Für mich ist der Christustag eine wertvolle Ergänzung, weil der Kirchentag sich weigert, Themen in einer Bandbreite aufzunehmen, die in Württemberg üblich ist“, sagt Holweger. Messianische Juden werden vom Kirchentag am Freitagnachmittag zu einem Podium in der Liederhalle eingeladen, bei dem ihr Selbstverständnis mit jüdischen und christlichen Positionen ins Gespräch gebracht wird. Zum Markt der Möglichkeiten auf dem Kirchentag werden sie nicht Rainer Holweger [privat] zugelassen. Diese nur eingeschränkte Offenheit reicht Rainer Holweger nicht. Denn die württembergische Landessynode hat im Jahr 2000 erklärt, dass sie am Gespräch mit beiden festhält: mit jüdischen und mit messianischjüdischen Gemeinden. Dass der Kirchentag messianische Juden zum Markt der Möglichkeiten nicht zulässt, ist für ihn „falsch, unnötig und beschwerlich“. Umso positiver sei es zu werten, dass erstmals nach langer Zeit das Thema in Stuttgart wieder diskutiert werde. „Wir sind gespannt auf das Ergebnis des KirchentagsPodiums und freuen uns auf diese und viele weitere Begegnungen am Kirchentag“, so Holweger. cs Zur Person: Pfarrer Rainer Holweger (41), verheiratet, 3 Kinder, war Vikar in der Leonhardskirchengemeinde Stuttgart, später Pfarrer beim Dekan in Herrenberg, seit 2009 bis 2019 ist er freigestellt als Geschäftsführer der Christusbewegung „Lebendige Gemeinde“. Holweger ist auch Cartoonist und Autor von Online-Bibel-Spielen für die EKD (www.ekd.de/spiele). Klaus Käpplinger: „Diakonie und Kirche gehören zusammen“ Diakonie-Demo auf dem Kirchentag Kirchenkreis-Diakoniedekan Klaus Käpp linger brennt nicht nur für die Diakonie, er ist auch begeistert von den Kirchentagen, hat seit 1979 keinen Kirchentag verpasst und gehört aktuell dem Kirchentagspräsidium an. Es lag für ihn nahe, beides zusammenzubringen – Kirchentag und Diakonie. „Diakonie und Kirche gehören zusammen wie zwei Seiten einer Medaille.“ Davon ist Klaus Käpplinger, Dekan für Diakonie im Evangelischen Kirchenkreis Stuttgart, überzeugt. Und darum hat er gemeinsam mit anderen dafür gesorgt, dass die Diakonie beim Stuttgarter Kirchentag zentral vorkommt. Nämlich im „Diakonischen Viertel“ rund um die Leonhardskirche und April 2015 | Nr. 65 bei der „Diakonie Street Parade“, einer Demo vieler diakonischer Arbeitsbereiche am Samstagnachmittag. In der Leonhardskirche, auch bekannt als Ort der Stuttgarter Vesperkirche, werden bei Podiumsveranstaltungen drei Tage lang diakonische Themen verhandelt. Dazu kommen eine Open-Air-Bühne neben der Kirche und ein „Diakoniecafé“ in der „Diakoniehalle“, Pfarrstraße 1, nur wenige Meter von der Leonhardskirche entfernt. Die Straßen rund um die Leonhardskirche werden – mit Ausnahme der Hauptverkehrsachse Hauptstätter Straße – gesperrt. Es gibt Infostände und Mitmachaktionen zu Armut, Migration, Pflege, Psychiatrie, Freiwilligendienst und internationale Diakonie. Kirchentag 2015 In der Leonhardskirche ist der Donnerstagvormittag der Frage nach einer weltweiten Gerechtigkeit gewidmet. Neben Statements und Diskussionen macht das „Nairobi Hope Theatre“ Lust auf Fairness. Gespannt ist Dekan Käpplinger auf die Reaktionen der Besucherinnen und Besucher, wenn sie am Donnerstagnachmittag die Stuttgarter Vesperkirche kennenlernen. Käpplinger stellt sie gemeinsam mit Diakoniepfarrerin Karin Ott und Prälat i.R. Martin Klumpp vor. Am Freitag geht es um „Diakonie als Wirtschaftsfaktor“, am Samstag wird Anspruch und Wirklichkeit der Pflege diskutiert. Am Samstag, 6. Juni macht der Kirchentag mit der „Diakonie Street Parade“ auf sich aufmerksam. Die Parade startet um 14 Uhr in der Bolzstraße, zieht über den Schloss- und Schiller- zum Marktplatz, von dort über den Wilhelmsplatz zur Leonhardskirche. Käpplinger rechnet mit 1.200 Teilnehmenden aus 50 Einrichtungen. Mit dabei unter anderem die Stuttgarter Diakoniestationen, die Evangelische Gesellschaft, der AK Asyl, die Fahrradwerkstatt der BruderhausDiakonie, ein Seniorenchor aus Münchingen und verschiedene Kirchengemeinden. „Mit der Parade wollen wir die Vielfalt der diakonischen Themen zeigen“, sagt Käpplinger. Das breite Engagement habe sich schon jetzt gelohnt: „Unsere Mitarbeitenden verlassen ihre Büros und Arbeitsplätze, sie arbeiten mit Leuten aus anderen Arbeitsfeldern engagiert zusammen. Da entsteht ein ganz neues Miteinander.“ cs Sandra Gall rührt die Kirchentagswerbetrommel in Zuffenhausen Gelassen an den Strippen ziehen E s gibt diese Menschen, bei denen man sich fragt: Warum machen sie bloß so viel? Sandra Gall ist solch ein Mensch. Die Zuffenhäuserin hat zig ehrenamtliche Aufgaben in ihrem Stadtbezirk übernommen. Und klar: beim Kirchentag hilft sie auch mit. Sie ist Gemeindebeauftragte. Zusammen mit Pfarrerin Dajana Römer ist Sandra Gall in der Kirchengemeinde Zuffenhausen „für alle Fragen zuständig, die mit dem Kirchentag zu tun haben“. Als das Thema im Kirchengemeinderat auf den Tisch kam, „haben alle mich angeschaut“, erzählt Gall. Und dann habe sie sich auch für diese Aufgabe gemeldet. Warum? „Ich bin ein Mensch, der gern im Hintergrund mitwirkt. Ich ziehe gerne die Strippen und freue mich, wenn alles funktioniert.“ Was konkret in Zuffenhausen funktionieren sollte: noch mehr Ehrenamtliche zu finden, die Anfang Juni ein paar Tage lang mit anpacken. Anfang März mangelt es noch an Helfern. Es sind noch nicht einmal Quartiersmanager gefunden. „Aber es ist ja erst März...“, sagt Gall entspannt. Bis zum „richtigen Heißmachen“ sei es noch ein paar Wochen hin. Die Kirchentagswerbetrommel rührt die Mutter zweier Töchter freilich schon rege. Schließlich „wünsche ich mir, dass sich die Menschen in Zuffenhausen als Gastgeber fühlen“. Und zwar alle, nicht nur Christen, „sollen sich angesprochen fühlen und sich ein Herz fassen, mitzuhelfen“. Die 40-Jährige hat sich selbst schon vor Jahren ein helfendes Herz gefasst. Ihr ehrenamtliches Engagement begann mit einer Krabbelgruppe. Krabbelgottesdienst, Kinderkirche, Mitmach-Gottesdienste, die Bücherecke in der Pauluskirche, Kirchengemeinderätin – eine ehrenamtliche Aufgabe kam zur nächsten. Und diese Liste ist noch nicht einmal vollständig. Freiwillige Feuerwehrfrau etwa ist Gall auch noch. „Klar, viele Leute sagen ‚Du halst dir so viel auf’. Aber mir tut das gut! Ich nehme unheimlich viel daraus mit“, meint sie. Für Gall wird dieser Kirchentag der erste sein, den sie miterlebt. Sie ist gespannt auf die Besucher. „Menschen kennenlernen, mit denen wir sonst nie ins Gespräch kommen würden“, darauf freut sie sich. Vorstellungen, was das für Leute sein könnten, hat sie – Vorurteile nicht. „Ich bin selber ein ganz normaler Mensch“, sagt sie und lächelt. Ein Mensch, der ganz schön viel tut. lako 16|17 Im Portrait: Kurt Fuchs, Gemeindebeauftragter der Hospitalkirche „Ganz schön verrückte Leute!“ K urt Fuchs ist Kirchentags-Gemeindebeauftragter, Privatquartierbeauftragter und auch sonst vielfach kirchlich engagiert. Das war nicht immer so. Jahrzehntelang hatte er seiner Kirche den Rücken gekehrt. Und sie ihm. Stuttgart, in den 1970er-Jahren. Schwule Männer waren im braven kirchlichen Milieu nicht vorgesehen. Kurt Fuchs ist schwul. „Der liebe Gott hat’s gut mit mir gemeint, mit 24 habe ich den Mann meines Lebens kennengelernt“, sagt Fuchs, der heute 64 ist. Eberhard hieß der Mann. Der besuchte regelmäßig die Stiftskirche, hatte seinen Stammplatz dort. Nach Eberhards plötzlichem Tod im Sommer 2008 – die Folge eines Wespenstichs – fand auch Kurt Fuchs Trost in der Kirche. Und staunte, wie offen er aufgenommen wurde, wie Diakon und Pfarrer die Trauer um seinen Liebsten ernst nahmen. „Mir ist das Herz aufgegangen, als ich bemerkte: In dieser Kirche hat sich was getan“, erzählt er. Dafür bekommt seine wiederentdeckte Kirche viel von ihm zurück. Er ist Kirchenwächter in der Stiftskirche, arbeitet in der Beratungsstelle Kompass und in der Vesperkirche, ist aktiv in der Hospitalkirchengemeinde. Schöne Gottesdienste und Gebete haben es ihm angetan. Er singt das Stundengebet, gestaltet Gottesdienste, beispielsweise das Abendgebet in der Leonhardskirche. Sein kirchliches Netzwerk wächst und wächst, sein früheres berufliches Netzwerk – er betrieb zusammen mit Eberhard eine Catering-Firma – trat in den Hintergrund. Und jetzt der Kirchentag. „Da hat mich der frühere Citydiakon Wolfgang Nebel reingeschmissen“, sagt er lachend. 1999, beim letzten Stuttgarter Kirchentag, hat er schon Kirchentagserfahrung gesammelt. Gemeinsam mit Eberhard hat er auf dem Killesberg eine mobile Kaffeebar betrieben. Normalerweise kalkulierten die beiden auf Messen einen Schwund an Besteck und Tassen ein. Beim Kirchentag war es anders. „Wir sind mit 24 Tassen hingegangen. Als wir gingen, waren es immer noch 24. Wir haben gedacht: Die Kirchentagsbesucher sind ganz schön verrückte Leute!“ Für seine Hospitalkirchengemeinde ist er doppelt engagiert, als Gemeinde- und Privatquartierbeauftragter. Als Gemeindebeauftragter muss er für sechs Schulen im Gemeindegebiet Quartiersbeauftragte finden. Noch sind nicht alle versorgt. „Beim Kirchentag habe ich Gelassenheit gelernt“, schmunzelt er. Eine hundertprozentige Planung gibt es nicht. „Es wird sich regeln“, sagt Fuchs – und wirkt dabei tatsächlich heiter und gelassen. cs Interview mit Kamal Ahmad, Leiter der Ahmadiyya Gemeinde in Stuttgart Gastfreundschaft verbindet Herr Ahmad, warum engagiert sich Ihre Gemeinde beim Kirchentag als Gastgeber? Die ehemalige Stuttgarter Sozialbürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch hat uns auf die Idee gebracht. Wir sind immer auf der Suche danach, wie wir uns zum Wohl der Gesellschaft einbringen können. Wir haben beispielsweise 2014 einen Benefizlauf organisiert und den Erlös für das Kinderhospiz gespendet. Wir folgen dem islamischen Gebot, dass man sich zum Nutzen der Menschheit engagieren soll. Die Gastfreundschaft hat bei uns einen hohen Stellenwert. Sie verbindet uns über die Konfessionen und Ethnien hinweg. Sie haben gleichzeitig mit dem Kirchentag ein wichtiges religiöses Treffen in Karlsruhe. Ihre Mitglieder pendeln von Karls- ruhe nach Stuttgart. Wurde eine gut erreichbare Schule gefunden? Ja, wir gehen an die Rappach-Realschule in Weilimdorf. Sie hat einen guten Autobahnanschluss. So können wir von der Großveranstaltung Jalsa Salana gut anreisen. So eine Schule zu betreuen ist bestimmt eine ziemliche Herausforderung. Worauf sind Sie gespannt? Was die Logistik angeht, ist es für uns nichts Besonderes. Wir haben oft größere Veranstaltungen. Ich bin gespannt auf die Begegnungen. Die Gäste erleben den Kirchentag, wir haben eine ganz ähnliche Veranstaltung. Bei beiden geht es darum, dass wir unseren spirituellen Akku aufladen. Es wäre schön, wenn wir uns mit ihnen austauschen: Mit welchen Erwartungen kommen sie? Was haben sie am Tag erlebt? Fragen: cs April 2015 | Nr. 65 Kirchentag 2015 Brenzkirche wird zur Atelierkirche Schöpferische Prozesse S tuttgart-Nord, Ende März. Fremdartige Gäste machen sich zwischen den Bänken der Brenzkirche beim Killesberg breit. Zeltartige Konstruktionen, oder Segel, errichtet aus großen weißen Tüchern, Zweigen und Ästen. Diese Kunstwerke geben einen Vorgeschmack auf die Atelierkirche, die hier vom 17. Mai bis 8. Juni Einzug hält. Dann werden Künstler Thomas Putze, das Pfarrer-Ehepaar Petra Dais und Karl-Eugen Fischer, weitere Künstler und alle, die mitmachen wollen, die denkmalgeschützte Kirche mit ihrer bewegten Baugeschichte in einen kreativen und kommunikativen Werkraum verwandeln. „Atelier und Kirchenraum haben ein Schnittfeld“, erläutert die ehemalige Jugendpfarrerin Petra Dais, die inzwischen als Religionslehrerin in einer Berufsschule arbeitet. „Beide sind Orte für schöpferische Prozesse.“ Im Atelier liegt das auf der Hand, „da siehst, hörst, riechst du das Schöpferische“, sagt Dais. „Doch auch im guten Gottesdienst wird Neues geschaffen, in den Gedanken der Menschen, in der Liturgie. Daraus ist die Idee entstanden: Wir wollen die Kirche als Atelier bespielen, und zwar eine belebte Gemeindekirche.“ Der Kirchentag mit der großen Öffentlichkeit, die er bringt, und mit seinen organisatorischen Möglichkeiten war eine willkommene Plattform für diese Idee. „Für mich ist die Kirche ein besonderer Ort, um auszuloten, wie ich mich als Künstler verstehe“, sagt PerformanceKünstler Thomas Putze, der in den Stuttgarter Wagenhallen sein Atelier hat. Für ihn ist die Kirche kein fremder Gegenpol zum künstlerischen Schaffen. Seine Kunst geht darin aber auch nicht auf, wie dies bei kirchlichen Auftragskünstlern häufig der Fall ist. „Der Kirchenraum verändert mein Schaffen und meine Kunst“, sagt er. „Die Leute nehmen sie anders wahr. Meine Kunst verändert sich, und auch ich verändere mich im Kirchenraum.“ Dass in der Stuttgarter Atelierkirche mit Alltagsmaterial gearbeitet wird, das von Gemeindegliedern der Nordgemeinde begeistert herbeigeschafft wurde, ist Programm. „Ich wollte nicht als künstlerischer Exot mit meinen Materialien arbeiten, und die Leute schauen verwundert zu“, sagt Putze. Mit dem einfachen Material kann jeder zum Künstler, zur Künstlerin werden und unmittelbar in den Prozess einsteigen. „Unsere Gemeindeglieder waren von Anfang an beteiligt“, berichtet Gemeindepfarrer KarlEugen Fischer. Eine erste Kunstaktion im Februar sei begeistert angenommen worden. Auch die Nachbarschaft zur Kunstakademie wird mit der Atelierkirche neu aktiviert. Studierende des Fachs Intermediales Gestalten experimentieren mit und entwickeln eigene Arbeiten. Die Atelierkirche wird am 17. Mai mit Kunstaktionen und Musik eröffnet. Um 17 Uhr startet eine „Pro zession“ in der Jugendkirche/Martinskirche. Von dort wird eine Skulptur von Thomas Putze, die derzeit in der Jugendkirche entsteht, in die Brenzkirche getragen. In den Wochen vor dem Kirchentag gibt es in der Atelierkirche ein abwechslungsreiches Programm, so „theologische Ateliergespräche“ (19., 26. Mai und 2. Juni, 19 Uhr) und einen Workshop „Skulpturenbau mit der Nähmaschine“ (20. Mai, 11 bis 19 Uhr). An Pfingstsonntag, im Rahmen der „Nacht der offenen Kirchen“, ist Abendgottesdienst (24. Mai, 18 Uhr). Während des Kirchentages gibt es Kunstaktionen, eine Fachtagung, Feierabendmahl und am Samstagabend eine „All-over-Gala“. Finissage ist am Montag nach dem Kirchentag (8. Juni, 19 Uhr). Die Daten auf einen Blick: Atelierkirche in der Brenzkirche, Am Kochenhof 7, Stuttgart Nord. 17. Mai bis 8. Juni. Öffnungszeiten: 19. Mai bis 2. Juni, täglich außer Montag, 14:30 bis 19 Uhr. Während des Kirchentages besondere Öffnungszeiten. Näheres im Kirchentags-Kulturprogramm und unter www.atelierkirche.de cs Kunstaktion in der Brenzkirche mit Pfarrer Karl-Eugen Fischer (rechts) [Petra Dais] 18|19 Interview mit Asylpfarrer Werner Baumgarten und seinem Nachfolger Joachim Schlecht Zivilcourage gehört zum Asylpfarramt N ach 24 Jahren als Stuttgarter Asylpfarrer geht Werner Baumgarten im Sommer in den Ruhestand. Im Februar ist sein Nachfolger gewählt worden: Joachim Schlecht, 52 Jahre, derzeit noch Stuttgarter Krankenhaus-Seelsorger. Wir haben die Gelegenheit genutzt, mit beiden ein Doppelinterview zu führen und über die Lage von Flüchtlingen und die Aufgabe der Kirche zu sprechen. Was sind die Aufgaben eines Asylpfarrers, Herr Baumgarten? Baumgarten: Er soll für Asylsuchende da sein. Wir haben hier im Büro in der Vogelsangstraße vormittags Beratungszeit. Dann kommen Asylbewerber mit allem, was sie umtreibt. Ich spreche zusätzlich mit den Vertretern der Stadt und setze mich für die Belange von Flüchtlingen ein. Oft geht es um Abschiebungen. Das sind traumatisierende Situationen, besonders für die Kinder. Da werden nachts um drei in der Flüchtlingsunterkunft die Türen aufgerissen, Nachbarskinder werden aus dem Schlaf gerissen. Sie kriegen mit, wie Handschellen klicken. Wie sollen sie sich da am nächsten Tag in der Schule konzentrieren? Einmal im Monat trifft sich das Plenum des AK Asyl, auch das ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Da planen wir gemeinsam Aktionen wie zum Beispiel die Begrüßungsaktion im vergangenen Frühjahr. Herr Schlecht, warum Asylpfarrer? Schlecht: Ich habe bereits von 1997 bis 2007 die Asylarbeit im Kirchenbezirk Heilbronn gemacht, neben meinem Gemeindepfarramt in Bad Wimpfen. Dort hat die Gemeinde einer Flüchtlingsfamilie erfolgreich Kirchenasyl gewährt, das war das erste Kirchenasyl in Württemberg. So kam ich intensiv mit dem Thema in Berührung. Beraten wurde ich damals übrigens vom Stuttgarter Asylpfarrer Werner Baumgarten. Es gibt aber auch eine ganz persönliche Vorgeschichte. Meine Eltern haben vor Jahren einen jungen Flüchtling aus Ägypten mit betreut. Mein Vater hat ihn im Sportverein kennengelernt. Er kam zu uns zum Abendessen. Er hat erzählt, dass er in seiner Heimat gefoltert und bis zum Kopf im Sand eingegraben wurde, weil er den Kriegsdienst verweigert hat. Das hat mich erschüttert. Ich habe damals gelernt, wie wichtig die menschliche Begegnung ist, dass man sich die Geschichte eines Menschen anhört. Wenn man den Menschen kennenlernt, zerrinnen die Vorurteile. Während meines Studiums hatte ich eine afghanische Familie als Nachbarn. Ich habe mit der Tochter deutsch geübt. Die Mutter brachte mir zum Fastenbrechen einen Teller Suppe vorbei. Sie war ganz unsicher in der fremden Wohnung. Das waren vorsichtige, leise Begegnungen. Das hat Sie beeindruckt… Ja, und geprägt – diese Begegnungen mit Menschen, die aus einer lebensbedrohlichen Situation geflohen sind. Ich habe gemerkt: Ich habe was zu geben, und das ist schön. Beginnt im Herbst: Joachim Schlecht [Leif Piechowski] Haben Sie keine Angst anzuecken? Herr Baumgarten kann davon ein Lied singen. Asylpfarrer Werner Baumgarten [Leif Piechowski] Baumgarten: Das stimmt. Beleidigungen waren an der Tagesordnung. Mir wurden Morddrohungen und sogar einmal eine Briefbombenattrappe zugeschickt. Auch Kot war ab und zu im Briefkasten. Ich habe auch Erfahrungen mit einem Shitstorm im Internet gemacht. Im Moment haben wir die besondere Situation, dass wegen der Berichte aus Syrien und dem Irak viele Menschen pro Asyl eingestellt sind. Aber wenn man sich für Roma einsetzt, bekommt man sofort Gegenwind… Schlecht: Angst, ja... Aber um mich herum sind viele Menschen, die mich unterstützen und stützen. Die Landeskirche steht zu dieser Arbeit, sie will diese Stelle. Man muss sich auch selbst klar machen: Diese Arbeit ist wichtig. Und wenn man jedes Mal zurückweicht, wenn Gegenwind kommt, dann passiert nicht mehr viel für die Menschen. April 2015 | Nr. 65 Baumgarten: Zivilcourage gehört zum Asylpfarramt dazu. Herr Baumgarten, Sie haben mal gesagt, dass Sie die Unterscheidung in „gute“ Asylbewerber und „schlechte“ Wirtschaftsflüchtlinge falsch finden. Baumgarten: Ja, das stimmt. Schon Abraham in der Bibel war ein Wirtschaftsflüchtling. Die Grenzen sind fließend. Das Asylrecht ist ja ziemlich kompliziert, und selbst Menschen mit guten Asylgründen werden oft nicht anerkannt. Da müssen wir ein Korrektiv sein und die Zuständigen davon überzeugen, eine Ablehnung zu überdenken. Herr Baumgarten, hat sich Ihre Arbeit in den vergangenen 24 Jahren verändert? Baumgarten: Die Zusammenarbeit mit den Behörden ist besser geworden. Früher waren wir schon eher auf Frontstellung mit den Ämtern. Um auf die Probleme der Flüchtlinge aufmerksam zu machen, hab’ ich Ende der 80er Jahre mit dem GrünenPolitiker Rezzo Schlauch im Container übernachtet, OB Kuhn hat als Oppositionspolitiker bei uns bei einer Kundgebung gesprochen. Die Oppositionspolitiker von früher sind heute in der Regierung. Ich habe vor einigen Wochen beispielsweise für einen jungen Afghanen, der als unbegleiteter Minderjähriger ins Land gekommen war, erfolgreich einen Härtefallantrag gestellt. Er bekommt nun eine Perspektive in Deutschland. Solche Einrichtungen wie die Härtefallkommission hat es früher nicht gegeben, da konnte man nur eine Petition an den Landtag stellen. Die Gesellschaft hat sich verändert. Die Kinder der Gastarbeiter sind hier erwachsen geworden, es gab das Sommermärchen zur Fußball-WM 2006, wir gehen unverkrampfter miteinander um. Der Stuttgarter Westen ist zum Beispiel international und tolerant. Herr Schlecht, Übernachtung im Flüchtlingscontainer war früher. Wie macht man heute auf die Probleme von Flüchtlingen aufmerksam? Schlecht: Wenn ich im Krankenhaus mitbekomme, wie schlecht Flüchtlinge medizinisch versorgt sind, kann ich mir schon Wechsel im Asylpfarramt vorstellen, darauf mit einer Aktion aufmerksam zu machen. Flüchtlingskinder werden zum Beispiel zahntechnisch nicht versorgt, Karies wird nicht behandelt. Behandelt wird nur im Notfall. Ich kenne einen Flüchtling, der nach einem Suizidversuch zwar notversorgt Stabübergabe: Den Eröffnungsgottesdienst der Interkulturellen Woche wurde, aber eine im September bereiten Baumgarten und Schlecht gemeinsam vor [Leif Piechowski] psychotherapeutische Behandlung bekam er nicht. Ein Problem sind auch klar machen, dass sie die Flüchtlinge in die „Illegalen“, die aus dem sozialen Netz den Blick nehmen? Dass wir also nicht fallen. Für diese engagieren sich tolle nur innerhalb der Gemeinden denken, Menschen, etwa mit ambulanter medizi- sondern darüber hinaus blicken, zum Gespräch einladen, Kontakte knüpfen. nischer Versorgung. Sinti und Roma werden von der Öffentlichkeit kaum akzeptiert. Auch für diese Menschen müssen wir Sprachrohr sein. Das ist unser christlicher Auftrag. Das sind Menschen, die in Not sind. Da müssen wir als Kirche vielleicht auch anecken. Wir haben gerade eine gute Willkommenskultur. Aber es sieht nicht so aus, als ob sich die Weltlage schnell ändert. Da stellt sich die Frage: Wie kann man die Willkommenskultur erhalten, auch wenn es mehr Flüchtlinge werden? Wie lässt sich die Situation von Flüchtlingen verbessern? Baumgarten: Es ist wichtig, dass die Flüchtlinge so schnell wie möglich Deutsch lernen, Praktika machen und arbeiten. Da kommen auch die Kirchengemeinden ins Spiel. Sie können den Flüchtlingen zum Beispiel eine Hausmeistertätigkeit anbieten und sie auch sonst ins Gemeindeleben integrieren, bei allen ihren Angeboten. Schlecht: Über Begegnungen kann das Verständnis für Flüchtlinge verbessert werden. Denkbar ist auch eine Zusammenarbeit mit Sportvereinen, die können eine gute Brücke sein. Wie kann man Menschen, die in der Kirchengemeinde und anderswo engagiert sind, Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat vor einigen Wochen das Kirchenasyl gerügt. Ist das Kirchenasyl für Sie ein Thema? Baumgarten: In Stuttgart nicht – das liegt daran, dass wir hier sehr gut vernetzt sind. Und weil es Instrumente wie die Härtefallkommission gibt. In Bayern gibt es beispielsweise etliche Kirchenasyle, weil dort auch die Politik sehr viel restriktiver ist gegenüber Flüchtlingen. Wo werden Sie Ihre Akzente setzen, Herr Schlecht? Schlecht: Ich muss in die Arbeit reinwachsen, werde nicht sofort alle Erwartungen zu hundert Prozent erfüllen. Ich bin in dem ganzen rechtlichen Bereich noch nicht so tief drin. Ich muss mir ein Netzwerk aufbauen. Meine Stärken sehe ich darin, zuzuhören und Menschen zu Wort kommen zu lassen. Durch meine Erfahrung als Seelsorger in der Psychiatrie kann ich vermutlich mit Flüchtlingen Gespräche so führen, dass sie nicht in die Trauma auslösenden Situationen zurückfallen, aus denen sie geflüchtet sind. Ich bin ein guter Teamarbeiter. Ich predige gern und freue mich, wenn Gemeinden mich einladen. Fragen: Christoph Schweizer 20|21 Die Wahrnehmung schärfen Visitation des Kirchenkreises beginnt „V isitation“ – ein sperriges Wort, doch eine wichtige Maß nahme der Kirchenleitung. Ungefähr alle acht Jahre werden die Einrichtungen und Gemeinden in der Landeskirche „visitiert“ Gemeinden vom Dekan, Kirchenbezirke vom Prälaten. Nun beginnt die Visitation im Evangelischen Kirchenkreis Stuttgart. Im ersten Schritt erhalten die Einrichtungen und Dienststellen des Kirchenkreises die Chance, ihre Arbeit und die aktuellen Herausforderungen kurz und bündig zu präsentieren – pro Einrichtung zwei Seiten im „Visitationsbericht“. Außerdem stellen sie sich bei der Kirchenkreissynode am 10. Juli 2015 vor. „Der Sinn der Visitation besteht darin, dass wir die Wahrnehmung unserer Arbeit schärfen“, sagt Stadtdekan Søren Schwesig. Die Visitation helfe, „den Kirchenkreis als Ganzes wahrzunehmen, ein besseres Gespür für die vielen Arbeitsbereiche zu bekommen.“ Außerdem wird Prälat Ulrich Mack gemeinsam mit Fachleuten aus dem Oberkirchenrat Dienststellen und Einrichtungen des Kirchenkreises besuchen. „Das Ergebnis der Visitation ist eine sehr konzentrierte Bestandsaufnahme, das ist wunderbar für die konzeptionelle Arbeit im Kirchenkreisausschuss“, freut sich Schwesig. Der Zeitpunkt sei gut gewählt. Denn vor sieben Jahren wurde der Kirchenkreis Stuttgart gegründet, die zweite Periode der Kirchenkreissynode ist noch jung. Die erste Legislaturperiode war von Ordnungs- und Satzungsfragen bestimmt. „Für die nächste Periode möchte ich eine Fokussierung auf die Inhalte“, erklärt Stadtdekan Schwesig. Mit der Visitation werden die Themen für diese Fokussierung präsentiert. Auch für den Visitator, den Stuttgarter Prälat Ulrich Mack, ist sieben Jahre nach der Gründung des Kirchenkreises „ein guter Moment, um zu fragen, wie sich die Strukturen bewährt haben und welche Herausforderungen wir als evangelische Kirche aktuell sehen.“ Mack hat dabei die Großstadtsituation im Blick, „in der die beiden großen Kirchen in Stuttgart nur Prälat Ulrich Mack [privat] noch eine knappe Mehrheit der Bevölkerung an sich binden“. Es gehe auch darum, „die Vielfalt zu sehen, die die evangelische Kirche in Stuttgart ausmacht. Diese Vielfalt ist sicher größer, als wir es auf den ersten Blick wahrnehmen.“ Nach Gesprächen im Herbst berichtet Prälat Mack bei der Kirchenkreis-Frühjahrssynode 2016 von seinen Beobachtungen. „Unser Leitungsbericht und seine Rückmeldung werden für uns die Grundlage für die Weiterarbeit im KirchenkreisAusschuss“, so Schwesig. Wir werden Sie in den nächsten Ausgaben von IN und auf www.ev-ki-stu.de zur Visitation auf dem Laufenden halten. cs Hospiz Stuttgart: Umbau gestartet B eim Hospiz Stuttgart tut sich was. Anfang März ist die Einrichtung in ein Interimsquartier in der Relenbergstraße (Stuttgart-Nord) umgezogen. Am Stammhaus in der Stafflenbergstraße 22 haben die Bauarbeiten begonnen, und auch beim künftigen stationären Kinderhospiz beginnt der Umbau noch in diesem Jahr. „Vor wenigen Tagen ist die Baugenehmigung für den Umbau der Villa Wittmann in der Diemershaldenstraße 11 eingetroffen“, freut sich Dekan Eckart Schultz-Berg (Bad Cannstatt), der Vorsitzende des Hospiz Stuttgart. Dort, im ehemaligen Institut français, entsteht in den kommenden zwei Jahren das erste stationäre Kinderhospiz in Baden-Württemberg. „Damit schließt das Hospiz Stuttgart eine schmerzliche Lücke im Versorgungsnetz für Familien mit schwersterkrankten Kindern“, erläutert Schultz-Berg. „Im stationären Kinderhospiz finden die erkrankten Kinder und Jugendlichen gute Pflege und Begleitung, immer wieder für einige Wochen im Jahr. Ihre Eltern und Geschwister können in diesen Wochen Kraft tanken.“ Neben acht Zimmern für die jungen Patienten wird es zwei Appartements für begleitende Angehörige geben. Die Eröffnung soll im Herbst 2017 sein. Auch das ambulante Kinderhospiz, die Elisabeth-Kübler-Ross-Akademie und die Büros der Sitzwachengruppen ziehen dann in die Villa Wittmann. Am Standort Stafflenbergstraße verbleiben das ambu- lante und das stationäre Erwachsenenhospiz sowie die Gesamtleitung. Das stationäre Erwachsenenhospiz wird von sieben auf acht Plätze erweitert. Die Zimmer bekommen erstmals eigene Nasszellen. Dieser Umbau soll ein Jahr dauern. Träger des Hospiz Stuttgart ist der evangelische Kirchenkreis. Der Umbau wird mit Spendenaktionen unterstützt. Am 27. April werden im Hospitalhof zwei Benefiz-Weine vorgestellt, von Esslinger und Cannstatter Weingärtnern gemeinsam kreierte Cuvées. Am 14. Juni lädt FußballNationalspieler Sami Khedira im Gazi-Stadion auf der Waldau zum Benefizfussballspiel „Spiel des Jahres“ ein. www.hospiz-stuttgart.de cs April 2015 | Nr. 65 Aus dem Kirchenkreis | Hospitalhof Veranstaltungstipps für April und Mai Ein Jahr neuer Hospitalhof E in Jahr gibt es ihn jetzt, den neuen Hospitalhof. Mehr als 50.000 Menschen besuchten das Bildungs- und Tagungszentrum seither, je zur Hälfte als Besucher von Veranstaltungen des Bildungszentrums und als Gäste anderer Institutionen, die die Räume gemietet haben. Das Konzept des Bildungszentrums ist so vielfältig wie die Menschen, die an Vorträgen, Seminaren und Exkursionen teilnehmen. Der Hospitalhof hat einen langjährigen Ruf als profilierter Ort des human-, natur- und geisteswissenschaftlichen Diskurses und als Ort der Begegnung mit der Gegenwartskunst. In Vorträgen und Seminaren werden zudem Fragen der Persönlichkeit, Gesundheit und Teilhabe sowie der Bewältigung von Lebensübergängen und Lebenskrisen thematisiert. Das interreligiöse Gespräch und aktuelle politische und ethische Themen sind genauso Teil des Programms wie philo- Wie wir leben - wie wir leben könnten Do 16.04.15, 19:00-21:00 Uhr Anselm Grün, der bekannteste spirituelle Autor im deutschsprachigen Raum, begeistert Menschen, die ihm begegnen. Seine Authentizität und seine Lebensweisheit inspirieren: Wie leben wir? Und wie könnten wir leben? Was sind die Werte, die uns eine Richtung geben? KOSTENBEITRAG: 8,00 € / 6,00 € Vom Mut der Liebe Mo 20.04.15, 19:00-21:00 Uhr Ulrich Schaffer, Schriftsteller und Fotograf aus Kanada, ist überzeugt: Ob die Liebe gelingt, ist eine Frage des Mutes - des Mutes, herauszufordern und sich herausfordern zu lassen. KOSTENBEITRAG: 7,00 € / 5,00 € Warum erwachsen werden? Mo 20.04.15, 19:00-21.00 Uhr Susan Neiman, seit 2000 Direktorin des Einstein-Forums und frühere Philosophieprofessorin in Yale und Tel Aviv, hat sich einer knifflig gewordenen und durchaus unangenehmen Frage gestellt: Why grow up? Sie wendet sich gegen die resignative Sicht auf das Erwachsensein und plädiert für die Freiheit, etwas vom Leben zu verlangen. KOSTENBEITRAG: 10,00 € / 8,00 € »Gerichtstag halten über uns selbst« Mi 22.04.15, 19:00-21:00 Uhr Der Stuttgarter Jurist Fritz Bauer vertraute auf die Kraft des Rechts in der gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrechtsstaat. Dr. Caroline Gritschke, Historikerin im Haus der Geschichte Baden-Württemberg, blickt zurück auf diesen besonderen Menschen und eröffnet damit unsere neue Themenreihe „Wenn Menschenrechte mit Füßen getreten werden“. KOSTENBEITRAG: 7,00 € / 5,00 € Kinderakademie: Muss Strafe sein? Fr 24.04.15, 15:30-17:00 Uhr Bundesrichter a.D. Ulrich Hebenstreit, bis 2012 Richter am Bun- sophische und theologische Deutungen des Menschen und der Welt. Schauen Sie doch mal, ob in der nächsten Zeit etwas für Sie dabei ist! Das gesamte Programm finden Sie unter www.hospitalhof.de desgerichtshof in Karlsruhe, erläutert Kindern zwischen 8 und 12 Jahren, wie unser Rechtssystem funktioniert und was ein Richter tut. KOSTENBEITRAG entfällt. Ökonomie zwischen Markt, Kommunikation und Überredung Do 07.05.15, 19:00-21:00 Uhr Anhand von Bankberatungen, Gerüchten im Kapitalmarkt sowie Kunstmarktfälschungen erläutert Prof. Dr. Birger P. Priddat, Universität Witten/Herdecke, den Zusammenhang von Kommunikation und Ökonomie und zerstört damit zahlreiche Mythen der Wirtschaftswissenschaften. KOSTENBEITRAG: 7,00 € / 5,00 € Kinderakademie: Warum führen Menschen Krieg? Fr 08.05.15, 15:30-17:00 Uhr Nadine Ritzi, Projektmanagerin für Friedenspädagogik bei der Berghof Foundation Tübingen, erklärt Kindern zwischen 8 und 12 Jahren wie Kriege entstehen und was man für Frieden tun kann. KOSTENBEITRAG entfällt. Die pausenlose Gesellschaft Mo 11.05.15, 19:00-21:00 Uhr Dr. Rafael Ball, Biologe, Wissenschaftshistoriker und Philosoph untersucht, was Dauerverfügbarkeit, soziale Netzwerke und die gefühlte Beschleunigung mit uns machen. KOSTENBEITRAG: 7,00 € / 5,00 € Salongespräch mit Prof. Dr. Dr. Andreas Barner Mo 18.05.15, 19:00-21:00 Uhr Der Vorsitzende der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim und Präsident des Dt. Evangelischen Kirchentages in Stuttgart spricht über das gesellschaftliche Engagement seines Unternehmens insbesondere bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. KOSTENBEITRAG entfällt. Wir bitten um eine Spende für die Hospitalkirchensanierung. & kurz bündig „ Kirchgänger“ beim DEE-AOK-Firmenlauf. Am 20. Mai um 18.30 Uhr startet der Firmenlauf beim Gazi-Stadion auf der Waldau. Der Evangelische Kirchenkreis ist mit einem Laufteam dabei. „Ziel ist es, ein buntes Bild der Evangelischen Kirche in Stuttgart abzugeben und gemeinsam den Arbeitstag sportlich ausklingen zu lassen“, schreibt der Stuttgarter Kirchenpfleger Hermann Beck in seiner Einladung. Fans sind herzlich willkommen. Lukas-Gemeindehaus: Neue Nutzung. Am 19. Dezember 2014 hat die Lukas- und Lutherhauskirchengemeinde im Stuttgarter Osten ihr Gemeindehaus in der Schwarenbergstraße an den privaten Investor Jens Loewe übergeben. Für die Kirchengemeinde war die Immobilie schlicht zu groß, renovierungsbedürftig und schlecht zu heizen – eine Mischung, die etlichen Gemeinden bekannt ist. Loewe modernisiert das Haus und stellt es der Öffentlichkeit im Stadtteil als Raum für Kultur und Veranstaltungen zur Verfügung. Ein neues, kleineres Gemeindehaus entsteht neben der Lukaskirche. Volles Haus bei „KonspirationX“. Über 200 Jugendliche feierten am 30. Januar zum Sound von DJ FAITH und DJ Baluxe. 30 Minuten nach Beginn musste die Jugendkirche/Martinskirche ihre Pforten schließen – sie war bis auf den letzten (Steh- beziehungsweise Tanz-)Platz belegt. „Bereits zum dritten Mal hat sich gezeigt, dass wir als Veranstalter auf dem richtigen Weg sind, Jugendliche zu erreichen und sie mit einem bunten und ihrer Lebenswelt angepassten Kirchraum zu überraschen“, sagt Jugendreferent René Böckle. Das sei „ein wichtiger Beitrag, um Jugendliche für ein Leben mit Gott und der Kirche zu begeistern.” Eine große Menge von ehrenamtlichen Helfern der evangelischen Jugend hatte das Event möglich gemacht. 0 Jahre Vesperkirche. Am 7. März endete die 21. Stuttgarter 2 Vesperkirche. Täglich wurden knapp 600 warme Mahlzeiten ausgegeben, rund 800 Ehrenamtliche ermöglichten sieben intensive Wochen gemeinsamen Lebens in der Leonhardskirche. 20 Jahre sind für Diakoniepfarrerin Karin Ott und ihr Team „(k)ein Grund zum Feiern“. Kirchentags-Generalsekretärin Ellen Ueberschär sagte bei ihrer Predigt im Eröffnungsgottesdienst: „Vesperkirche bedeutet: Sieben Wochen ohne Wegschauen. Hier sehen wir der Armut ins Gesicht“. In den sieben Vesperkirchenwochen könne man „überlegen, was in den übrigen 46 Wochen des Jahres getan werden kann“ für eine gerechtere Gesellschaft. Aktuelle Infos aus dem Kirchenkreis: www.ev-ki-stu.de 22|23 Passionsandachten für Kinder L eiden und Auferstehung können kindgemäß vermittelt werden, davon sind die Hohenheimer Pfarrerin Daniela Reich und ihr Team überzeugt. Sie veranstalten seit 2011 Passionsandachten für Kinder in der Karwoche. eine gedeckte Tafel. Kerzen brennen. Frisches Brot und Wasser aus dem Krug. Dazu wird erzählt, wie Jesus mit Zöllnern und Außenseitern am Tisch saß. Gebet, Schlussrunde, Segenslied. „Morgen sehen wir uns wieder.“ Anfänglich kamen nur wenige Kinder, berichtet Gründonnerstag 2015: Manche Kinder stehen, manche hocken auf dem beheizten Boden im Kreis um das Kreuz. Begrüßung, Lied. Zwei Mitarbeiterinnen schlüpfen in die Rolle von Jüngerinnen, erzählen den gebannt lauschenden Kindern Kinder-Passionsandacht in Hohenheim [Thomas Ebinger] die Geschichte von der Salbung Jesu durch eine stadtbekann- Daniela Reich. Inzwischen sind te Sünderin. Wir wechseln an es 50. cs Rat der Religionen N ach dem Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo in Paris hätte sich Stadtdekan Søren Schwesig eine rasche öffentliche Reaktion von Vertretern unterschiedlicher Religionen gewünscht. Volle Unterstützung hat er von seinem katholischen Amtskollegen Christian Hermes. Nun wird auf Initiative der beiden ein „Rat der Religionen“ ins Leben gerufen. Zum Start dabei sind neben der einladenden evangelischen und katholischen Kirche: die griechisch-orthodoxe Kirche, die Israelitische Religionsgemeinschaft sowie vier muslimische Gemeinden (Ditib und VIKZ, „Islamische Gemeinschaft“ und die Ale- viten). Ein hochrangiger Vertreter der Stadt soll beratend teilnehmen. Pro Jahr sind zwei Søren Schwesig bis drei Treffen [Monika Johna] geplant, Sprecher aus den drei Religionen sorgen zwischen den Treffen für den Kommunikationsfluss und für die Öffentlichkeitsarbeit. Einmal im Jahr soll der Rat einen Tag der Religionen veranstalten, zu dem weitere Religionsgemeinschaften wie Buddhisten und Hinduisten eingeladen werden. Es geht darum, „dass wir uns kennenlernen und Vertrauen schaffen“, sagt Stadtdekan Schwesig. cs April 2015 | Nr. 65 Aktuell | Aus dem Kirchenkreis Kirchenkreistag geplant 9. Stuttgarter Jugendkirchenfestival Der Kirchenkreisausschuss hat bei seiner Klausur am 16. und 17. Januar einen eigenen „Stuttgarter Kirchentag“ angeregt. Dazu wurde eine Vorbereitungsgruppe eingesetzt. A m 29. März startete in der Stuttgarter Martinskirche (Eckartstraße 2) das neunte Stuttgarter Jugendkirchenfestival. Für sieben Wochen verwandelt sich der Kirchenraum in Atelier, Veranstaltungs- und Begegnungsraum für Jugendliche und junge Erwachsene. Weitere Vorhaben für die Legislaturperiode: Im Rahmen der Kirchenkreis-Visitation (s. S. 20) soll geprüft werden, ob die Arbeitsfelder gut aufgestellt sind. Für Kinder-, Jugend-, Familienarbeit und Diakonat erarbeitet eine Arbeitsgruppe eine Konzeption. Die Reform der Kirchenkreisverwaltung wird weiter vorangetrieben. Mit Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Aktionen wie einer „Bürgerkanzel“ soll die gemeinsame Wahrnehmung der evangelischen Kirche in Stuttgart gestärkt werden. cs Das Jugendkirchenfestival 2015 hat das Motto „Kommunikation/Austausch“. „Jugendliche kommunizieren mit ihren Handys innovativer als die meisten Erwachsenen“, sagt der Stuttgarter Jugendpfarrer Matthias Rumm. Aber was ist eigentlich Kommunikation? Und wie kommuniziert Gott mit uns, wie kommunizieren wir mit Gott und miteinander? „Diesen Fragen nachzugehen lohnt sich“, ist Rumm überzeugt. Nacht der offenen Kirchen Beispielsweise bei den 13 Werkstatttagen. Dazu kommen Schulklassen aus unterschiedlichen Schularten in die Martinskirche. Die Werkstatttage werden von Jugendreferentin Dorrit Brandstetter gemeinsam mit Künstlerinnen und Künstlern durchgeführt. In diesem Jahr wird bei einer „Selfie-Werkstatt“ mit Handykameras gearbeitet. Am Pfingstsonntag (24. Mai) öffnen als Vorgeschmack auf den Kirchentag wieder zahlreiche Stuttgarter Kirchen ihre Türen. Sie bieten Musik, Führungen, Kunsterlebnisse, besondere Gottesdienste und Orte der Stille an. 14 Gemeinden zwischen Stuttgart-West und Mühlhausen, Killesberg und Hedelfingen beteiligen sich. A propos Handy: In Deutschland werden Handys im Schnitt nur 18 Monate genutzt. Mit fiesen Folgen für die Menschen, die in Bergwerken unter erbärmlichen Bedingungen die seltenen Rohstoffe schürfen, welche in Handys verbaut werden. Am 12. Mai ist ein Infoabend „Handys – Segen oder Fluch“. Pfingstnacht 2014 in der Jugendkirche [Thomas Rathay] Ein Markenzeichen des Stuttgarter „Jugendkirchenfestivals“ sind „architektonische Eingriffe“ durch „Kirchentrojaner“ Gerald Klahr. 2015 sind dies unter anderem zwölf Bildschirme und 14 Kameras, die an allen möglichen und unmöglichen Stellen in, unter und vor der Kirche eingebaut werden. Zum Jugendkirchenfestival gehören auch Abseilaktionen, ein Poetry Slam, ein Trickfilm-Workshop und eine „Kochclub-Schnippelparty“. cs Das Jugendkirchenfestival im Internet: www.jugendkirche-stuttgart.de „Nachtschicht“: nächste Termine Pfingstnacht 2014 Im Rahmen des Kirchentages ist am 5. Juni um 13.30 Uhr vor dem neuen Rems-MurrKlinikum in Winnenden ein NachtschichtGottesdienst mit dem Singer-Songwriter Andreas Bourani und dem Soziologen Prof. Dr. Hartmut Rosa. Das NachtschichtTeam bereitet ihn gemeinsam mit dem „Aktionsbündnis-Amoklauf-Winnenden“ vor. [Thomas Rathay] Das Programm finden Sie unter www.pfingstnacht-stuttgart.de cs Bereits am 8. Mai ist eine Nachtschicht in der Jugendkirche/Martinskirche Stuttgart-Nord. Titel: „Armutszeugnis. Fördern wir die Kreativität unserer Kinder zu wenig?“ Nachtschicht-Pfarrer Ralf Vogel spricht mit dem Neurobiologen Prof. Dr. Gerald Hüther. Musik macht die Band der Evangelischen Jugend Degerloch. Der Gottesdienst beginnt um 19 Uhr. Programm und weitere Infos: www.nachtschicht-online.de cs 24| Der Stuttgarter Chor „Gospel im Osten“ auf Begegnungsreise in Chile Joy – GiO tief im Süden D irekt vom Tiefschnee in die Sommerhitze von Santiago, statt grauer Winterdämmerung jeden Tag strahlender Sonnenschein – allein das wäre schon Grund genug, das neue Jahr in Chile zu beginnen. Für rund 60 Sängerinnen und Sänger von GiO (Gospel im Osten), einem Gospelchor aus Stuttgart-Ost, sowie befreundeten Sängerinnen und Sängern aus Waldenbuch (Gospel St. Veit) und St. Gallen/ Schweiz (Gospel im Centrum) gab es noch ein paar Gründe mehr, sich zu Jahresbeginn 2015 auf die Reise nach Chile zu machen. Nach einem ersten großen, ökumenischen Chorprojekt „time to celebrate“ im Juni 2013 in Stuttgart, hatte der Gospelchor „Coro SantiaGospel“ zu einem Gegenbesuch nach Santiago de Chile eingeladen. Unterschiedlichste Eindrücke einer sehr abwechslungsreichen, bunten Stadt, Gut gelaunte Gospel-Flieger Ausflüge in die Umgebung, leckeres, chilenisches Essen und der ein oder andere Pisco Sour, dazu eine herzliche Aufnahme durch die Chileninnen und Chilenen, abends gemeinsame Chorproben mit über 200 Sängerinnen und Sängern. Schnell war klar, dass „Joy“ das passende Motto für diese Gospelprojektwoche war. Die Momente, die diese Reise zu etwas Besonderem machten, geschahen aber – so wie wir das bei GiO oft erleben – auch hier ganz unerwartet. Strahlende Augen und viel Freude beim täglichen Wiedersehen, Begegnungen über Sprach-, Alters-, und Kulturgrenzen hinweg, die „Adoption“ eines kleinen StraßenOpen-Air-Konzert in Santiago de Chile [Ludmilla Parsyak] hundes durch eine Chilenin, nachdem dieser jeden Abend unseren Pro- Verbunden zu sein mit allen Unterschieben gelauscht hatte sowie ein spontaner den, mit manchem Fremden und UnFernsehauftritt. Und dann zwei ganz gewohnten – und auch mit denen, die unterschiedliche zuhause geblieben waren, das ist eine Konzerte - einmal Freude, die tiefer geht und erfüllt, auch in einer Halle voll in den Momenten, die nicht so strahlend fröhlich mitfei- schön sind wie viele Momente dieser beernder Menschen, sonderen Reise. das andere Mal als Open-Air mit Egal ob in Chile oder Deutschland – GosStraßenkonzert- pel ist Musik und Wort, das zutiefst berührt und aufrichtet, Glaube, der einlädt charakter. und lebendig ist und Gemeinschaft, die Das Schönste war über gemeinsames Singen hinausreicht. und bleibt das gemeinsame Singen Das für sich selbst zu entdecken, – über zweihun- dazu lädt GiO alle herzlich ein – egal dert Stimmen, die ob im Chorprojekt ab 14. April oder sich finden in ge- beim neuen Gottesdienst „GospelHaus“, meinsamem Klang der monatlich in der Friedenskirche [Ludmilla Parsyak] und Rhythmus. stattfindet. Steffi Müller (GiO) Impressum Herausgeber: Evang. Kirchenkreis Stuttgart, Pfarramt für Medien und Öffentlichkeitsarbeit Redaktionsteam:Christoph Schweizer (cs, verantwortlich), Albrecht Conrad, Monika Johna (ajo), Laura Köhlmann (lako), Gerd Mohr. Lektorat: Susanne Höhn Redaktionsanschrift: Pfarramt für Medien und Öffentlichkeitsarbeit, Pfarrer Christoph Schweizer, Augustenstr. 124, 70197 Stuttgart | Tel.: 0711 222 76 91 | Mail: [email protected] Titelbild: Collage: Thomas Ripp Gestaltung und Herstellung: Evangelisches Medienhaus GmbH. Satz: Thomas Ripp Auflage: 3.500 IN erscheint drei Mal im Jahr. Es wird Mitarbeitenden kostenlos über die Pfarrämter verteilt. Interessierte wenden sich bitte an die Redaktion. Leserbriefe sind willkommen, Auswahl und Kürzung vorbehalten.
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