Ausgabe 01/2015 - Buth & Hermanns

return
www.return-sanierungsmagazin.de
Artikel-Nr.: 58565501
ISSN: 2199-8841
Magazin für Sanierungsmanagement
01
15
Schwerpunkt
Personalbindung als Anker?
Trotz Krise als Arbeitgeber ein sicherer Hafen
18
„Beauty-Contest
für Gläubiger“
62
Bewegen oder
untergehen
Tendenzen bei Insolvenzen
benennt Dr. Benjamin Webel,
einst Richter im Schlecker-Prozess, im Interview auch kritisch
Mit Coaching in der Krise kennt
sich der „Albatros“, Spitzenschwimmer und Unternehmer
Dr. Michael Groß bestens aus
CHANCEN NUTZEN
EDITORIAL
UNSERE KUNDEN
KOMMEN AUS DEN
FOLGENDEN BRANCHEN:

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Maschinenbau
Metallbe- und -verarbeitung
Kunststoffbe- und -verarbeitung
Holzbe- und -verarbeitung
Lebensmittelindustrie
Hoch- und Tiefbau
Textilproduktion
Druckindustrie etc.
Finanzierung
in der Krise.
WERTHALTIGKEIT SCHLÄGT BONITÄT: SALE & LEASE BACK GEBRAUCHTER MASCHINEN
Maturus Finance bietet maschinenlastigen, produzierenden Unternehmen seit 2005 rein objektbasierte Finanzierungslösungen
in Form von Sale & Lease Back-Strukturen an. Durch den Verkauf des gebrauchten Maschinenparks und das gleichzeitige
Zurückmieten fließt dem Unternehmen frische Liquidität zu. Damit erhält es den finanziellen Spielraum, um die für das
Gelingen einer erfolgreichen Sanierung notwendigen Maßnahmen umsetzen zu können. Erforderlich ist hierfür ein diversifizierter, werthaltiger und universal einsetzbarer Maschinenpark!
Vertrauen führt
W
er nicht weiß,
welchen Hafen er
ansteuert, für den ist kein
Wind günstig. Diese Erkenntnis in Anlehnung
an den weisen Sinnspruch des römischen
Philosophen Seneca wirft
als Grundsatzfrage auf,
ob ein Schiff ohne Hafen
überhaupt das Richtige
ist. Übertragbar sind die
Annahmen als Linie für
den Kurs wendiger Fregatten der Wirtschaft.
In volatilen Märkten
müssen Unternehmen heute besonders flexibel sein. Organisationen, die fähig sind sich anzupassen und zu verändern,
schaffen diesen Transformationsprozess besser, wenn in ihnen die Fürsorge für Mitarbeiter glaubhaft zu spüren ist.
Profitabilität und Restrukturierungen dürfen Manager nicht
nur auf Kosten der Menschen im Unternehmen erzielen.
Mitarbeiter tragen Veränderungen mit, wenn die Reorganisationsvorhaben nicht stets zu ihrem Schaden sind. Diese
Überzeugung vertritt der profilierte Führungsexperte Reinhard K. Sprenger in seinem Buch-Klassiker „Vertrauen führt –
Worauf es im Unternehmen wirklich ankommt“.
Die verlässliche Vertrauensbeziehung zwischen Führung
und Belegschaft stellt sich nicht von alleine ein, sondern gehört speziell in Zeiten des Wandels hart erarbeitet. Für die
Krise wirkt dies präventiv. Das Sprichwort „Ein guter Kapitän wird man nicht in ruhigen Gewässern“ stammt zwar
ausgerechnet aus Griechenland, stimmt aber. Vertrauen zu
bilden und Personal zu binden – dies gehört zu den Königs-
disziplinen im Management, weshalb wir ihr diese Ausgabe
widmen. Vorbilder setzen auf überzeugende, vertrauensvolle
Führung statt auf Alle-in-einem-Boot-Durchhalteparolen.
Kritische Arbeitnehmer und ihre Interessenvertreter, demografische Entwicklungen und Fachkräftemangel erhöhen
den Druck. Womöglich erleben wir sogar eine Rückbesinnung auf die Erfahrungen der „Alten“, die sich stilbildend
für die Zukunft unserer Gesellschaft erweisen könnten. Fest
steht: Wer gutes Personal nicht an sich bindet, verspielt ein
großes Faustpfand für die Bewältigung von Miseren.
Über allem steht dafür die offene und zuerst interne Kommunikation. Das fällt Führungskräften in Krisen mitunter
schwer, weil die schwierige Lage vielfach auf Defizite im
Management zurückgeht. Leider fehlt hierzulande die Bereitschaft, sich (frühzeitig) mit Fehlern auseinanderzusetzen,
dazu zu stehen und eine Kultur des Scheiterns auch anzunehmen. Eröffnen Krisen doch durchaus Chancen, sich
nicht nur finanziell, sondern auch personell neu aufzustellen.
Vorbilder und Inspirationen dazu findet die aufgeschlossene
Leserschaft im vorliegenden Heft zuhauf.
Ihr
Hans Haarmeyer
Herausgeber
return – Magazin für Sanierungsmanagement
MATURUS FINANCE BIETET IHNEN:
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3
INHALT
INHALT
Inhalt
14
return 01/15
Aktuelles
6 Meldungen
8
Hälfte unter Schutzschirm
Großverfahren 2014 in Eigenverwaltung
10 Aktuelle Fälle
Licht in Sicht bei Ludwig Leuchten
12 Sanierungsmonitor
Schwerpunkt
30 Vier Antworten zur Personalbindung
Vier aktuelle Lösungen
38
42
Blog
46
13 Brunowskys Tagebuch
48
Wie falsche Informationspolitik Schaden anrichtet
Mensch & Unternehmen
14
18
22
23
Lupenreiner Betriebsübergang
Gelungene Sanierung der Behindertenhilfe Dieburg
„Tendenz zur Sanierung unter Insolvenzschutz“
Richter Dr. Benjamin Webel über Trends und Rollen
return kontrovers
Zur Reform des Anfechtungsrechts
Diskurs und Debatte
Standpunkt
Votum der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Gemeinsam stark
Aufbruchsstimmung bei Strauss Innovation
Wollen will gelernt sein
Manager-Coaching für Change-Prozesse
Intelligente Emotion mit Effekt
Was motiviert, an Bord zu bleiben
Kolumne
62
81 Anne’s Corner
Innen wie außen
Reputation aufrecht halten trotz Krise
56
„Kapitäne binden jedes Crew-Mitglied ein“
Top-Segelsportler Jochen Schümann über Führung
60
Serie – Teil 5: Insolvenzverwalter
Abrechnung des Monats
71 Allzeittief mit Ausnahmen
Zahlen zu Insolvenzverfahren
72 Wissenquiz für Entscheider
Sachgebiet: Sicherungsrechte
Service
82 Rechtsprechung
Praxis richterlicher Entscheidungen
84 Medien
Zeitschriften • Fachaufsätze • Bücher
86 Termine
Tagungen • Kongresse • Seminare
87 Tools
Bilanz Check – die Analysen
90 Gewinnen und genießen
I wie Insolvenzschutz
76 ABC der Sanierung
78 Gesagt, getan
ab
Fließende Finanzen
74 Stille Reserven
Stationäre und mobile Spracherkennung
Wertschätzung schafft Wertschöpfung
Was Führungskräfte von Unternehmen erwarten
Schwerpunkt
68 Das Jahr beginnt im Brauhaus
Grünstift statt Rotstift
Rechtlicher Rahmen für Mitarbeiterbindung
„Situationen, in denen man Luft holen muss“
Ex-Schwimmstar Dr. Michael Groß über
Selbstcoaching
66 Bestellter Treuhänder fremden Vermögens
Geballte Statements
Expertenstimmen auf einen Blick
52
Hintergrund & Wissen
Einführung ins Thema anhand der Kernfragen
32
Report
Behindertenhilfe Dieburg – Sanierung
eines insolventen Sozialunternehmens
Bekanntmachungen • Checklisten • Online-Märkte
Ein Wochenende zu zweit im Rheinhotel
return bis Z
3 Editorial
88 Vorschau, Leserservice und Interna
89 Impressum und Autorenverzeichnis
30
Personalbindung als Anker?
Trotz Krise als Arbeitgeber
ein sicherer Hafen
24Umfrage
Ergebnisse des Bundesverbandes
Credit Management
26Kommentar
4
Stellungnahme des Verbandes
Insolvenzverwalter Deutschlands
62
Dialog
Schwimmstar Dr. Michael Groß über
Erfolgscoaching
56
Interview
Segelsport-Ikone Jochen Schümann
über Führung
5
AKTUELLES
AKTUELLES
Passende Finanzierung plus
Wachstumskapital für
Existenzgründer
Meldungen
Insolvenzen auf 15-Jahres-Tief
Die Zahl der Insolvenzen in Unternehmen ging im Jahr
2014 um 8,9 Prozent zurück, meldet Creditreform. Mit
23.800 Anträgen gegenüber 26.100 im Vorjahr erreichte
der Wert den niedrigsten Stand seit
Einführung der Insolvenzordnung
(InsO) vor 15 Jahren. Der fünfte
Rückgang in Folge sei begünstigt
durch den vergleichsweise einfachen
Zugang zu Finanzmitteln, eine positive Ertragssituation im Mittelstand
sowie die weitgehend konjunkturelle
Stabilität, heißt es in der Mitteilung.
Die Insolvenzschäden beziffert Creditreform für 2014 auf 26,1 Milliarden Euro, was nur leicht unter den
Vorjahreswert von 26,9 Milliarden
Euro lag. Die Summe sei im Ver- Quelle: Creditreform
gleich der zurückliegenden zehn Jahre niedrig, was auf die geringere Zahl an großen Insolvenzen
zurückzuführen sei. Insgesamt 264.00 Arbeitnehmer waren
Neues Gesetz regelt Steuerfragen
beim Sanierungsgewinn
Neue gesetzliche Regelung zur steuerlichen Freistellung eines Sanierungsgewinns: Auch bezüglich der Gewerbesteuer
greift seit Jahresbeginn die Abgabenordnung (§ 184 Absatz 2
Satz 1 AO). Für die Gewerbesteuer bestand bisher weitgehend Unsicherheit, während die Behandlung bezüglich
Einkommen- und Körperschaftsteuer im Sinne der angestrebten Sanierung für den Gewinn gelöst war. Insbesondere bei der Sanierung von Unternehmen mit zahlreichen
und mitunter bundesweit verschiedenen steuerlichen Betriebsstätten führte dies zu Problemen. Denn auch nach
Auffassung des Bundesfinanzhofes stand es allein in der
Entscheidung der jeweiligen Gemeinde zu prüfen, ob diese auf Sanierungsgewinne die Gewerbesteuer festsetzt und
erhebt. Mit dem neuen Gesetz finden nun in der Praxis bewährte Billigkeitsregelungen auch bei der Festsetzung des
Gewerbesteuer-Messbetrags Eingang. Darauf weisen aktuell Prof. Jochen Vogel und Jörg Schlüter hin, beide von
Ernst & Young.
www.jurion.de
6
im vergangenen Jahr von Unternehmensinsolvenzen betroffen – im Vorjahresvergleich ein Minus von 7,4 Prozent. Junge Firmen, die unter fünf Jahren bestehen, waren seltener
unter den Kandidaten, was Creditreform mit besser vorbereiteten und eher chancenorientierten
Gründungen in Verbindung bringt. Sie
stellten 28,4 Prozent aller registrierten
Insolvenzen. Kleinstbetriebe mit maximal fünf Mitarbeitern traf es in acht
von zehn Fällen. In nur 90 Anträgen
ging es um Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen
Euro; im Vorjahr waren es noch 130
größere Unternehmen.
Zu den größten Betroffenen gehörten die Verlagsgruppe Weltbild, der
TV-Gerätehersteller Metz, der Windpark-Finanzierer Prokon, die Mitteldeutschen Fahrradwerke und der Modefilialist Strauss Innovation (siehe S. 32).
www.creditreform.de
Angesichts sinkender Existenzgründerzahlen in Deutschland befasste sich
jüngst eine Expertenrunde auf Bundesebene mit den Herausforderungen
und mit den Chancen der hiesigen Startup-Szene. Bessere Rahmenbedingungen, insbesondere die passenden Finanzierungsmöglichkeiten und
das oft benötigte Wachstumskapital, forderte danach unter
anderem Iris Gleicke. Die Parlamentarische Staatssekretärin
und Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung hält dies
für Voraussetzungen, wenn Gründer den Markteintritt und
die Expansion mit innovativen Ideen schaffen sollen.
An dem Gesprächskreis beteiligt waren Experten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM), Wissenschaftler aus
Forschungsinstituten und Vertreter von Mittelstandsverbänden. Ein Fakt aus den Erkenntnissen der Kompetenzrunde:
Vor allem innovative Gründungen beschäftigen mehr Mitarbeiter und schaffen zukunftsfähige Arbeitsplätze. Allerdings scheidet schon in den ersten drei Jahren fast jede dritte
Neugründung wieder aus dem Markt aus. Dies belegen Studien. Künftig wollen sich die Professoren und die Institutsleiter mit den Verbandsrepräsentanten einmal im Jahr beim
„Round Table Mittelstand“ zu aktuellen Forschungsergebnissen austauschen und daraus Handlungsempfehlungen für
die Mittelstandspolitik ableiten.
www.ifm-bonn.org
Unternehmen, die eine positive und konstruktive Fehlerkultur etabliert haben, fördern damit langfristig ihren Erfolg.
In diesen Organisationen dürfen Mitarbeiter aus Fehlern
lernen und entwickeln das Changemanagement zielgerichtet weiter. So lautet ein Ergebnis der neuen „ChangeFitness-Studie 2014/2015“ des auf Veränderungsprozesse
spezialisierten Beratungsunternehmens Mutaree (im Bild:
Geschäftsführerin Claudia Schmidt) mit dem „Institut für
Entwicklung zukunftsfähiger Organisationen“ an der Universität der Bundeswehr in München. Die Eigeninitiative
aller Beschäftigten trotz meist höherem Arbeitsumfang zu
fördern sei „unumgänglich“, fordern die Autoren: „Vor allem Führungskräfte sollten den Umgangscode mit Fehlern
beachten und die Fähigkeit fördern, mit Fehlern konstruktiv
umzugehen.“ Als interne Rückmeldung ersetze die Diskussion den üblichen Tadel, die Ursachen-Analyse sei fest verankert, und die praktische Umsetzung von Lösungen sorge
für Lerneffekte in Veränderungsvorhaben von Nutzen.
www.mutaree.com
Suchmaschine für Beschaffung
nutzt künstliche Intelligenz
Eine Suchmaschine für elektronische Beschaffungssysteme, die „den Prinzipien der
Künstlichen Intelligenz“ folgt, entwickeln DFKI-Forscher im Bereich Cyber-Physical Systems am Standort Bremen (im Bild). Innovative Lernverfahren gehören u.a.
zum neuen Online-Einkauf von Unternehmen.
www.dfki.de
Mittelständler
halten fest an
starren Hierarchien
Das Festhalten an alten
Hierarchien und starren
Strukturen ermittelte die
Studie „Digitale Transformation und ihre Auswirkung auf die Führung im
Mittelstand“. 400 Topmanager aus mittelständischen Unternehmen ab
Quelle: Intersearch-Executive
100 Mitarbeitern hatte die
Personalberatung „Intersearch Executive“ hierfür befragt.
Danach erwarten zwar 82 Prozent der Befragten beispielsweise, dass sich die interne Kommunikation deutlich beschleunigen wird. Vier von fünf Managern gehen davon aus,
dass der Wissenstransfer künftig eine Schlüsselrolle spielt.
Doch die wenigsten Unternehmen haben darauf reagiert; die
meisten halten an Bestehendem fest.
www.intersearch-executive.de
Konstruktive Fehlerkultur
fördert Changemanagement
HWW: Großfusion vereint Schwergewicht
Mit der Fusion des Dienstleisters und der Kanzlei zu „HWW Hermann Wienberg
Wilhelm“ (Logo im Bild) ist hierzulande eine der größten Dienstleistungsgesellschaften für Rechtsberatung, Restrukturierung und Insolvenzverwaltung mit 400 Mitarbeitern in 24 deutschen Städten sowie mit einem eigenen internationalen Netzwerk.
www.hww.eu
Linke fordert Insolvenzrecht für Staaten
Die Linksfraktion im Bundestag unter Vorsitz von Gregor Gysi (Foto) hat sich für
ein Staaten-Insolvenzrecht ausgesprochen und folgt damit Bestrebungen der Vereinten Nationen (UN). Deren Beschluss indes hatten elf Nationen nicht zugestimmt,
darunter auch Deutschland.
www.linksfraktion.de
Quelle: DIE LINKE im Bundestag
7
AKTUELLES
AKTUELLES
Hälfte unter Schutzschirm
Großverfahren 2014 in Eigenverwaltung
Text: Andreas Fröhlich
In 28 Großverfahren über Unternehmen mit einem Umsatz von über 20 Millionen Euro Umsatz und mit mehr
als 100 Mitarbeitern ordneten Gerichte im Jahr 2014 die
Eigenverwaltung an. Dies entspricht
einem Anteil von 26 Prozent an allen
Insolvenz-Anträgen, die Unternehmen dieser Größe betrafen. Bei Unternehmen mit über
100 Millionen Euro
Umsatz liegt der Anteil an Eigenverwaltungen sogar mit
35 Prozent an allen
Antragsverfahren
noch deutlich höher. Der Anteil der
Eigenverwaltungsverfahren an der Gesamtanzahl an Verfahren von Unternehmen in der oben genannten Größenkategorie ist seit ESUG-Einführung im März
2012 leicht rückläufig. Ausgehend von einem Anteil von 32
Prozent im ESUG-Einführungsjahr ist dieser auf nunmehr
26 Prozent leicht gesunken. „Einfache“ Eigenverwaltungen
werden dabei häufiger beantragt als Schutzschirmverfahren. Bei allen Eigenverwaltungsverfahren liegt der Anteil
der Schutzschirmverfahren in 2014 allerdings schon bei 46
Prozent. Der Anteil an Eigenverwaltungsverfahren, in denen ein Insolvenzrechtsexperte in die Organstellung geht,
hat ebenfalls zugenommen und zwar
auf 75 Prozent aller Antragsverfahren auf Eigenverwaltung. Das entspricht
der Komplexität der Aufgabe einer Sanierung unter
Insolvenzschutz und den gewachsenen Anforderungen der
Gerichte. Gleichzeitig hat sich
die Anzahl „gekippter“ Eigenverwaltungsverfahren reduziert.
Maßgebliche Akteure und Kanzleien aufseiten der
Schuldnerunternehmen in Eigenverwaltung, sei es
in Form einer beratenden Unterstützung oder in
Form einer Organschaft als Geschäftsführer bzw. Vorstand,
sind: Buchalik Brömmekamp, hww Unternehmensberater
sowie die auch als Insolvenzverwalter tätigen Kanzleien
Görg, Schultze & Braun und Pluta. ~
Entwicklung von Eigenverwaltungen in Insolvenz-Großverfahren 2012 – 2014
Quelle: perspektiv GmbH
8
* perspektiv-Schätzung
(S) Schutzschirmverfahren § 270b InsO
Quelle: perspektiv GmbH
9
AKTUELLES
AKTUELLES
Licht in Sicht
Aktuelle Fälle: Ludwig Leuchten
Text: Andreas Fröhlich
N
ur sechs Monate nach Insolvenzantragstellung geht das
Traditionsunternehmen mittels eines Insolvenzplanverfahrens in Eigenverwaltung nachhaltig saniert und gestärkt aus der existenzbedrohlichen
Krise hervor. Die Ludwig Leuchten
GmbH & Co. KG ist ein Vorzeigeunternehmen in der LeuchtenIndustrie. Seit mehr als 60 Jahren
entwickelt, fertigt und vertreibt die
Gesellschaft technische Beleuchtung für Industrie und Handel, aber auch Sonderlösungen
im Projektgeschäft.
Referenzprojekte sind der Terminal 2 des Münchener Flughafens, der Flughafen in Athen, die BMW Zentrale („Vierzylinder“) in München sowie die Vereinten Nationen in
10
Wien, die Europäische Zentralbank in Frankfurt, der Zentralbahnhof in Den Haag, die Metro in Amsterdam und andere herausragende Objekte.
500 Mitarbeiter beschäftigte das Unternehmen in Spitzenzeiten bis ins Jahr 2008.
Danach begann jedoch die sich stetig verschärfende Krise, die am 5. Mai 2014 in
dem Insolvenzantrag mündete. Zu diesem
Zeitpunkt beschäftigte Ludwig Leuchten
an den Standorten in Mering bei Augsburg
und Bergen in Sachsen noch 280 Mitarbeiter.
Die Ursachen der Krise lagen vor allem in einer unvorteilhaften familiären Gesellschafterstruktur, die sich in einer
dreiköpfigen Geschäftsführung zeigte, die in den Zeiten
der Krise zunächst kein gemeinsames Sanierungskonzept
formulieren und umsetzen konnte.
Als sich die Krise allerdings zu einer existenzgefährdenden Situation
zuspitzte, haben die Gesellschafter unternehmerische Verantwortung für die Mitarbeiter und für
die Region als größten Arbeitgeber
übernommen: Durch die Wahl des
Schutzschirmverfahrens als Sanierungsinstrument und durch die
Hereinnahme von Florian Möckel
als Geschäftsführenden SanierungsGesellschafter wurde der Weg zu einer nachhaltigen Sanierung geebnet.
Florian Möckel hat sich zwar auch
in anderen mittelständischen Unternehmen schon erfolgreich als Sanierungs-Geschäftsführer beweisen
können. Für die Rolle als Eigenverwalter ließ er sich jedoch zusätzlich
von Rechtsanwalt Peter Umbach
aus Augsburg sowie von dem vom
Gericht als Sachwalter bestellten
Anwalt Dr. Paul Abel von Anchor
Rechtsanwälte in Augsburg unterstützen. Den Insolvenzplan erarbeitete die Führung unter dem Schutzschirm des vorläufigen Verfahrens.
Nur knapp drei Monate nach An-
tragstellung wurde der Insolvenzplan eingereicht. Der Insolvenzantrag zu einem frühen Zeitpunkt
ging in einer Phase ein, als das Unternehmen erst „drohend zahlungsunfähig“ war. Dies begrenzte den
Schaden für die beteiligten Stakeholder. Die Gläubiger konnten die
Sanierung in Eigenregie konstruktiv
begleiten.
Das Sanierungskonzept des Insolvenzplans sah vor allem folgende
Maßnahmen vor:
u eine Bereinigung der Gesellschafterstruktur,
u die Umsetzung leistungswirtschaftlicher Sanierungs-
maßnahmen,
u die Anpassung der Mitarbeiterschaft von 280 auf 200 Arbeitnehmer,
u die Aufrechterhaltung bestehender Darlehn der beiden Hausbanken unter Vermeidung des Sicherheiten-
verwertungsfalls und
u der signifikante Mittelzufluss durch Beiträge der Neu-
Gesellschafter.
Neue
Perspektiven
Das Insolvenzverfahren wurde im Januar 2015 aufgehoben. Die Planungsziele für 2014 waren zu dem Zeitpunkt
erreicht. Eine effizientere Führungsstruktur war durch die
Geschäftsführer Florian Möckel und Erich Ludwig geschaf-
fen. Die erforderliche Personalstärke war angepasst. Weitere
Grundlagen bildeten Vertriebs- und Marketingmaßnahmen,
die Entschuldung mittels des Insolvenzplans und die Trennung der Familienstämme. Heute ist das Unternehmen für
die Herausforderungen des Wachstumsmarktes gerüstet.
Gestärkt
in die Zukunft
Denn der Markt mit LED-Leuchten ist ein Wachstumsmarkt. Resümierend fasst Florian Möckel den Sanierungsprozess so zusammen: „Wir konnten, unterstützt von anchor
Rechtsanwälte, innerhalb eines halben Jahres die erfolgreiche
Sanierung von Ludwig Leuchten über das Schutzschirmverfahren und das Insolvenzverfahren erreichen. Ludwig
Leuchten ist mittlerweile auf dem Weg zurück in die Gewinnzone. Wir gehen gestärkt in die Zukunft.“ ~
11
AKTUELLES
BLOG
Sanierungsmonitor
Wie falsche Informationspolitik
Schaden anrichtet
Aktuelle Fälle erfolgreicher Lösungen
Text: Jochen Wierz
Text: Ralf-Dieter Brunowsky
W
* Eigenverwaltung bei Antragstellung, später Aufhebung
12
Quelle: perspektiv GmbH
enn in einem Unternehmen geraunt wird, ist immer
„etwas im Busch“. Die Unternehmensleitung befindet sich noch im Prüfungsstadium einer Umstrukturierung und doch eilen die Gerüchte den Überlegungen und
Schlussfolgerungen voraus. Wenn es dem Unternehmen
schlecht geht, merkt das die Buchhaltung als erstes,
und Buchhalter sind eben auch nur Menschen, die
nicht immer alles für sich behalten können. Dass
der Vorstand mit Unternehmensberatern im
Gespräch ist, fällt immer schnell auf. Aus Sicht
der meisten Mitarbeiter bedeutet das nichts Gutes. Spätestens dann erfährt auch der Betriebsrat,
dass Kosten eingespart werden sollen, und das geht
nie ohne Personalabbau. Fast immer beschweren sich
die Mitarbeiter hinterher, dass sie nicht ausreichend informiert worden sind. Und das zu Recht, doch die Wahrheit
ist auch, dass es meist nicht anders geht. Denn wie verhält
man sich in einer Situation, in der man den Mitarbeitern
noch nichts Konkretes sagen kann, jedoch gezwungen ist,
die Kosten des Unternehmens schnellstens dem veränderten
Marktumfeld anzupassen? Um richtig reagieren zu können,
müssen ja zunächst die Gründe für eine Schieflage ermittelt
werden. Und das zieht sich meist über Monate.
Mitarbeiter ahnen und wissen meist mehr als die Unternehmensleitung denkt. Da es um ihre eigenen Arbeitsplätze und möglicherweise auch eigene Fehler geht, verharren
sie meist in Angst und Ungewissheit. Manche offenbaren
sich dem Betriebsrat, der mit diesen Informationen dann
recht schnell auf das Management zugeht, bald kommt es
zur ersten Betriebsversammlung und spätestens ab dann ist
permanente Unruhe angesagt, eine Unruhe, die nicht ohne
Auswirkungen auf den Geschäftserfolg bleiben kann. Wenn
die Reputation nicht Schaden nehmen soll, ist es notwendig,
so bald wie möglich einen Plan vorzulegen, der zeigt, wie
durch Umstrukturierung das Licht am Ende des Tunnels
erreicht und damit ein großer Teil der Arbeitsplätze gerettet
werden kann.
So schön der oft verkündete Anspruch ist, die Mitarbeiter als
erste zu informieren, so selten funktioniert er in der Praxis.
Aktiengesellschaften beispielsweise müssen ihren Ad-HocPublizitätspflichten genügen. Notwendige Ad-Hoc-Meldungen müssen so schnell und breit herausgegeben werden,
dass kein Aktionär benachteiligt wird. Mitarbeiter sind hier
immer in der zweiten Informationsreihe, es sei denn ihre
Betriebsräte sitzen im Aufsichtsrat mit den Eigentümern
zusammen. Zu diesem Zeitpunkt sind die wichtigsten Informationen in der Regel bereits sorgfältig aufbereitet. Viele
wissen in diesem Stadium schon, was droht. Doch offiziell
erfahren sie den Stand der Dinge immer erst dann, wenn
die Eigentümer ins Bild gesetzt worden sind – obwohl entsprechende Gerüchte wie beschrieben
bereits im Umlauf sind. Sorgfältig aufgestellte
Informationspläne sind jedoch schnell perdu,
wenn findige Journalisten mit internen Informationen oder gar Papieren aus dem Unternehmen heraus versorgt werden. Das passiert meist
dann, wenn die Unternehmensleitung nicht auf
frühzeitige Hinweise aus dem Unternehmen reagiert
hat. Mitbestimmende Betriebsräte gelten vielen Journalisten
als die beste Informationsquelle. Und es ist eine bewährte
Technik von Arbeitnehmervertretungen, einen geplanten
Stellenabbau direkt oder indirekt sofort bekannt zu machen,
um öffentlichen Druck auf das Unternehmen auszuüben
und Abfindungen in die Höhe zu schrauben.
Wie eine Marke durch schlechte Informationspolitik Schaden nehmen kann, zeigte Nokia, als es 2008 sein Bochumer
Werk schloss, obwohl das Unternehmen im Vorjahr 7,2 Milliarden Euro Gewinn gemacht hatte und das Betriebsergebnis des Werkes immerhin bei 134 Millionen Euro gelegen
hatte. Am Ende musste das Unternehmen den 2.300 Mitarbeitern pro Person durchschnittlich 80.000 Euro Abfindung
zahlen. Medien veröffentlichten die geplante Werksschließung, bevor Mitarbeiter davon erfuhren. Dass es von da an
mit der Marke abwärts ging, weil das iPhone den Markt eroberte, hätte sich damals niemand vorstellen können, weder
die Mitarbeiter, noch der Konzern. In Deutschland hatte die
Marke Nokia schweren Schaden genommen. ~
13
MENSCH & UNTERNEHMEN
MENSCH & UNTERNEHMEN
Lupenreiner Betriebsübergang
Behindertenhilfe Dieburg – Sanierung eines
insolventen Sozialunternehmens
Text: Jürgen Spreemann
Zuschüsse in Millionenhöhe, geschützte Arbeitsplätze und
eine gesicherte Auftragslage durch die Betreuung behinderter Menschen – und dennoch Insolvenz. Die Zahlungsunfähigkeit eines sozialwirtschaftlichen Unternehmens ist für
viele kaum denkbar. Denn solche Betriebe agieren in einem
geschützten Markt. So auch die Behindertenhilfe im hessischen Dieburg.
Doch im Sommer 2013 stehen dort alle Signale auf Rot.
Eine besondere Herausforderung für Sanierer. Der Krisenmanager, Thomas Wieler, und die Insolvenzexperten, Olaf
Seidel und Mirko Lehnert, setzen aber am Ende ihren Rettungsplan für das Unternehmen erfolgreich um. Damit haben sie einen lupenreinen Betriebsübergang organisiert.
Eigentlich agiert die Behindertenhilfe wie ein Platzhirsch –
also als einziger Anbieter von Betreuungs-, Wohnungs- und
Arbeitsangeboten für behinderte Menschen im hessischen
Dieburg. Das örtliches Monopol in dem 15.000-Einwohner-Städtchen schützt aber nicht vor Schieflagen.
Schon im März 2013 rumort es im Betrieb. In einem anonymen Schreiben, an die Presse lanciert, kritisieren Mitarbeiter
den Vorstand und sprechen von drohender Insolvenzgefahr.
Zu diesem Zeitpunkt weisen Vorstand und Aufsichtsgremien die Vorwürfe weit von sich. Dabei waren bei einem Jahresumsatz von rund neun Millionen Euro Defizite von bis zu
400.000 Euro entstanden. Drei Monate später sieht auch der
Verwaltungsrat nur noch rot beim Blick in die Bücher und
sucht nach externer Beratung. Denn das Management und
die Aufsichtsgremien wissen selbst keinen Rat mehr.
gerettet werden kann, führen unzählige Gespräche mit den
Mitarbeitern, Kunden, Gremien und Angehörigen der Behinderten. Die Haupt-Schwächen sind bald identifiziert:
In den Werkstätten sind nicht genügend Mitarbeiter tätig.
Auch sind die Gewinne aus diesem Bereich viel zu gering.
u
u Kindertagesstätte. Dafür ist eigentlich die Stadt Dieburg zuständig. Vielleicht kann man diesen Bereich später
ausgliedern.
u Die Personalkosten. Als Soforthilfe in der Krise gilt
immer die Senkung von Personalkosten. Doch Verhandlungen mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft über einen
Sanierungstarifvertrag bleiben erfolglos. Kündigungen sind
schwierig, weil man eine Sozialauswahl treffen muss und
dazu die Zustimmung des Betriebsrates braucht. Außerdem
muss die Betreuung der behinderten Menschen nach festem
Personalschlüssel sichergestellt werden.
Fragwürdige
Wirtschaftsprüfer
Die Schieflage der Behindertenhilfe hat sich schleichend
entwickelt“, erinnert sich der Dr. Werner Thomas, Chef des
Verwaltungsrats: „Es begann mit der Finanzkrise 2008, als
Aufträge für die Werkstätten wegbrachen. Denn aus diesen
Gewinnen haben wir andere Arbeitsbereiche des Vereins
mitfinanziert“, so Thomas, der auch Bürgermeister in Dieburg ist.
Noch bis mindestens ins Jahr 2011 hätten Wirtschaftsprüfer
betont, dass die Behindertenhilfe auf soliden Füßen stehe.
Erst ein Jahr später traten die Probleme deutlich zu Tage.
„Da war es bereits zu spät, um gegenzusteuern“, meint Thomas im Nachhinein. Zudem habe es massiven Streit zwischen Vorstand und Betriebsrat gegeben. Auch ein letzter
Appell in 2012 an den Vorstand, neue Konzepte zu entwickeln, habe nichts mehr genützt. Denn kurz darauf habe sich
die Situation von Monat zu Monat verschlechtert.
Pure Freude über die erhaltenen 370 Arbeitsplätze:
Die Betreuung behinderter Menschen in der Region
rund um Dieburg ist gesichert.
14
Dann der Zug an der Reißleine: Zunächst muss der amtierende Vorstand gehen. An seine Stelle tritt im Juni 2013
Thomas Wieler. Der Betriebswirt aus Waiblingen hat schon
viele Erfahrungen mit Unternehmen im sozialen Bereich.
Dennoch holt sich der Krisenmanager kurz darauf den Insolvenzfachmann Olaf Seidel an seine Seite in den Vorstand.
Beide prüfen mehrere Monate, wie die Behindertenhilfe
Auch die Tagesstaette Dieburg hat Zukunft.
„Manche Leute sind der Auffassung, dass ein gemeinnützig tätiger Träger nicht in die Insolvenz gehen kann“, musste Berater Thomas Wieler sehr schnell feststellen: „Solche
Menschen gab es auch in Dieburg. Ihnen war es fremd, dass
auch im sozialen Bereich betriebswirtschaftliche Grundregeln gelten, etwa dass man nicht über längere Zeit ungestraft
mehr Geld ausgeben kann als eingenommen wird. In Dieburg ging diese Regel vier oder fünf Jahre gut. Bis sämtliche
Reserven aufgezehrt waren.“
Insolvenz
unvermeidlich
Nach Analyse der wirtschaftlichen Situation offenbart sich
im November 2013 klar: Das Insolvenzverfahren ist unvermeidlich. Allerdings streben die Krisenmanager eine Sonderform an. Insolvenzverwalter Olaf Seidel: „Wir haben von
Anfang an auf die Eigenverwaltung der Insolvenz gesetzt,
weil es sich hier um eine sensible Klientel handelt, sprich
behinderte Menschen und deren dazugehörige Betreuer. In
der Eigenverwaltung behält man das Heft des Handelns in
15
MENSCH & UNTERNEHMEN
der Hand. Kein Dritter von außen stört.“ So hätten die Angehörigen große Sorgen geäußert, als die Insolvenz bekannt
wurde. Seidel und Wieler kannten sich durch ihre Zusammenarbeit in der Vorphase schon persönlich. Eine Basis des
Vertrauens bei allen Betroffenen war damit geschaffen.
Sachwalter im Insolvenzverfahren
mit Eigenverwaltung
Aushängeschild der Behindertenhilfe sind ihre Werkstätten. Deshalb wirbt Wieler neue Aufträge bei den Firmen in
der Umgebung ein. Außerdem gilt es, die 25 freien Werkstattplätze mit weiteren geeigneten behinderten Menschen
zu besetzen. Dies bringt allein 250.000 Euro an Zuschüssen vom Landeswohlfahrtverband und mehr Umsatz. Erste
Erfolge sind schon in der vorläufigen Insolvenz Ende 2013
sichtbar: Rund 100.000 Euro mehr Gewinn als im Vorjahr.
Hauptgläubiger in diesem Verfahren sind nicht etwa Firmen,
die auf Zahlungen warten. Es sind vielmehr die öffentlichen
Krisenmanger Thomas Wieler rettete den gemeinnützigen Träger.
Zuwendungsgeber: Bundes- und Landesministerien, der
Landeswohlfahrtverband Hessen und die „Aktion Mensch“.
Sie alle haben zweckgebundene Mittel für die Behindertenhilfe bereitgestellt, für die es künftig keine Leistung mehr
gibt, sofern das Sozialunternehmen liquidiert wird. Darüber
hinaus hat die örtliche Sparkasse bis zur Insolvenz Kredite gegeben. Im Gläubigerausschuss sitzen eine Vertreterin
der Mitarbeiter, ein Vertreter der großen Gläubiger von der
Agentur für Arbeit, einer für die kleinen Gläubiger und ein
Vertreter der Hausbank.
Ein Sanierungsprozess kann nur gelingen, wenn sich die
Mitarbeiter beteiligen und positiv engagieren. Insolvenzverwalter Olaf Seidel betont in der Nachbetrachtung: „Die
Mitarbeiter haben in diesem Prozess eine ganz wesentliche
Rolle gespielt. Stand am Anfang noch die Frustration über
die wirtschaftliche Misere, die für viele völlig überraschend
kam, so haben die meisten im Laufe des Reformprozesses
gelernt und sich umgestellt.“ Mit dem Umdenken seien sie
moviert und freundlich ans Werk gegangen. Keiner von ihnen habe übrigens Geld verloren.
„Schwierig waren vor allem die Gespräche mit dem Betriebsrat“, erinnert sich Berater Thomas Wieler an den Beginn der
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MENSCH & UNTERNEHMEN
Insolvenzphase. Doch ein wichtiger Trumpf, um Blockaden
zu durchbrechen, war das Insolvenzgeld. Die Insolvenzexperten überzeugten die Arbeitsagentur, Insolvenzgeld auf
Darlehnsbasis inklusive Weihnachtsgeld schon nach zehn
Tagen auszuzahlen. „Das war sicherlich ein Grund dafür,
dass es nicht zu einer nennenswerten Fluktuation der Mitarbeiter kam“, unterstreicht Wieler.
Investorensuche mit
wirtschaftlichen Erfolgen
Die Liquidation eines sozialwirtschaftlichen Betriebs ist nahezu ausgeschlossen. Also muss sich ein neuer Investor finden. Aber wer, wann und wie? In der Branche hatte sich die
Schieflage der Behindertenhilfe schnell herumgesprochen.
Für Wettbewerber steht im Prinzip ein potenzieller Übernahmekandidat geschwächt da. Allerdings müssen alle Parameter
passen. Erste wirtschaftliche Erfolge im Insolvenzverfahren
tragen offensichtlich dazu bei, dass am Ende zehn Bewerber
quasi Schlange stehen, um den Betrieb zu übernehmen.
Die Wahl fällt schließlich auf die Nieder-Ramstädter Diakonie (NRD), einem erfahrenen Träger in der Behindertenarbeit in Südhessen und im angrenzenden Rheinland-Pfalz.
NRD ist dort an 50 Standorten in 30 Städten und Gemeinden aktiv.
„Mit der Übernahme der Behindertenhilfe Dieburg haben
wir einen weißen Fleck auf unserer Landkarte geschlossen“,
erläutert der Stiftungsvorsitzende Walter Diehl die Entscheidung für die Übernahme. Allerdings waren aufgrund des Insolvenzverfahrens viele Details zu beachten und zu verhandeln. Teilweise zählten zeitgleich sieben Rechtsanwälte zu
den Beteiligten der Vertragsgestaltung. „Ein solcher Vertrag
kann aber nur zustande kommen, wenn beide Seiten kompromissbereit sind“, sagt Diehl.
Ein Kernproblem: Gelingt es, die Mitarbeiter der Behindertenhilfe für eine Weiterentwicklung mit dem neuen Träger zu
gewinnen? Diehl dazu: „Von Anfang an konnten wir feststellen, dass diese Mitarbeiter sehr motiviert an der Weiterentwicklung mitarbeiten und unsere Kunden nun auch mit dem
neuen Träger zufrieden sind.“
Fallstricke der
Übernahme
Immerhin besteht eine Insolvenzmasse in Millionenhöhe.
Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Doch auch
der neue Träger hat sich bereit erklärt, Verbindlichkeiten zu
übernehmen.
„Wir streben immer noch eine 100-Prozent-Quote an. Das
heißt, alle Gläubiger sollen ihre Forderungen beglichen
bekommen“, betont Sachwalter Mirko Lehnert. Hauptstreitpunkt ist die Zusatzversorgung der Mitarbeiter bei der
kommunalen Zusatzversorgungskasse (ZVK). Hier schwebt
noch ein Rechtsstreit um die Bewertung, sagt Lehnert.
Der Verein für Behindertenhilfe Dieburg ist Mitglied in der
ZVK. Die Mitarbeiter haben Anwartschaften auf eine Zusatzrente erworben. Diese haben sie in Form einer Entgelt-
Volle Konzentration auf die Aufgabe: am handwerklichen Arbeitsplatz wie im Sanierungsmanagement.
umwandlung bekommen. Nun geht es um versicherungsmathematische Gutachten, ob tatsächlich Abgeltungen erfolgen
müssen, weil diese Mitarbeiter künftig bei der ZVK wegfallen. Andererseits sind bislang alle Beiträge an die ZVK be-
„Wir streben immer noch eine 100-Prozent-Quote
an. Das heißt, alle Gläubiger sollen ihre
Forderungen beglichen bekommen.“
zahlt worden, betont Lehnert. In jedem Fall stehen die Forderungen der ZVK in der Insolvenztabelle. Der neue Träger
NRD wird damit nicht belastet. Mit der Betriebsübernahme
sind die Mitarbeiter nämlich automatisch der Evangelischen
Zusatzversorgungskasse (EZVK) beigetreten.
Mit der Übernahme
alle Arbeitsbereiche erhalten
So ausweglos und schwierig die Situation mit dem Insolvenzantrag auch schien, umso erstaunlicher ist das Ergebnis
beim Betriebsübergang im Oktober 2014.
Alle Einrichtungen und Arbeitsbereiche der Behindertenhilfe Dieburg konnten mit der Übernahme durch NRD erhalten werden – inklusive aller 370 Arbeitsplätze. Auch die
in der vorläufigen Insolvenz eröffnete Tagesförderstätte für
schwer und mehrfach behinderte Menschen ist erfolgreich
gestartet.
Der neue Chef der Behindertenhilfe, Walter Diehl, resümiert vier Monate nach der Übernahme: „Wir wissen und
wir haben dies auch zugesagt, dass wir noch in Millionenhöhe investieren müssen, um die Zukunft dieses Betriebes
zu sichern. Erfreulich ist aber, dass wir bislang keine neuen
Risiken entdeckt haben.“
Für Insolvenz-Sachwalter Mirko Lehnert handelt es sich
um einen Betriebsübergang nach Paragraf 613a Bürgerliches
Gesetzbuch in Reinkultur. Bemerkenswert sei, dass die Sanierung gut vorbereitet wurde. Dies habe es erleichtert, einen
Träger zu finden, der in sämtlichen Geschäftsbereichen aktiv
werden und auch investieren will.
Auch die Verhandlungen mit der Stadt Dieburg waren erfolgreich. Die Kommune übernimmt das Defizit der Kindertagesstätte, die nun rund 45 behinderte und nicht behinderte
Kinder betreut.
Der Chef des ehemaligen Verwaltungsrats, Dr. Werner Thomas, hat aus der Misere zumindest eine Lektion gezogen:
„Man sollte sich nicht allein auf Wirtschaftsprüfer verlassen.
Der Verein war falsch geführt. Eine gemeinnützige GmbH
wäre die bessere Rechtsform gewesen. Aus heutiger Sicht ist
der Verein zwar weitgehend saniert, wäre aber zu klein für
die aktuellen Aufgaben der Behindertenhilfe.“ ~
Insolvenz in der
Sozialwirtschaft
Ein Insolvenzverfahren im Bereich der Sozialwirtschaft
hat einige Besonderheiten, die sonst eher nicht greifen.
In diesem Fall geht es um behinderte Menschen, die zu
betreuen sind, was einer gesetzlichen Aufgabe entspricht.
Zugleich arbeiten Mitarbeiter im Unternehmen. Auch
Betreuer, hier überwiegend Sozialpädagogen, genießen
einen anderen Status als ein Produktionsmitarbeiter.
Die Mittel zur Finanzierung des sozialwirtschaftlichen
Betriebs kommen fast nur von der öffentlichen Hand.
Es handelt sich damit um ein gänzlich anderes Berechnungs- und Finanzierungsmodell. Die Betreuungsarbeit
und auch der Personalschlüssel erfolgen nach gesetzlichen Vorgaben und orientieren sich nicht an der „Produktivität“ des Einzelnen.
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MENSCH & UNTERNEHMEN
MENSCH & UNTERNEHMEN
„Tendenz zur etablierten
Sanierung unter Insolvenzschutz“
Wie Insolvenzrichter Dr. Benjamin Webel die
ESUG-Akzeptanz, neue Trends und seine Rolle sieht
Text und Foto: Sylvia Wipperfürth
Dr. Webel, Sie sind seit rund vier Jahren als Insolvenzrichter tätig. Zuvor waren sie stellvertretender Anstaltsleiter bei der Justizvollzugsanstalt ( JVA) Ulm. In der Retrospektive: Bereuen Sie Ihren Weggang?
Dr. Benjamin Webel: Nein, den Weggang bereue ich nicht.
Die Tätigkeit im Vollzugsdienst basierte auf einer zeitweiligen Abordnung des Ministeriums, sodass von vornherein
feststand, dass dies keine dauerhafte Stelle war. Den Bereich des Insolvenzrechts fand ich schon immer spannend
und habe mich daher auch während meiner Zeit bei der
Staatsanwaltschaft und im Justizvollzugsdienst theoretisch
und wissenschaftlich damit befasst und zu insolvenzrechtlichen Themen veröffentlicht. Danach hatte ich das Glück,
dass eine Stelle als Insolvenzrichter gerade frei war. So passte
dann eines zum anderen.
Was bereitet Ihnen am meisten Freude bei der Arbeit im
Insolvenzrecht?
Das sind unterschiedliche Aspekte. Interessant sind einerseits
das Ineinandergreifen und die Verzahnung von insolvenzrechtlichen, steuerrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen
Bereichen. Andererseits sind die wirtschaftlichen Themen
hochinteressant. Ich gewinne in ganz vielen verschiedenen
Branchen Einsicht, zum Beispiel den Einzelhandel oder die
Solarbranche, wo ich Details erfahre, die man sonst als Branchenfremder nicht erhält.
Prominente Fälle: Aufmerksamkeit erzeugende
Insolvenzverfahren wie für die Drogeriekette
Schlecker oder den Photovoltaik-Anlagenbauer
Centrotherm begleitete Dr. Benjamin Webel
schon in seinen vier Jahren als Richter am Amtsgericht Ulm, wo er auch Zivilsachen verantwortet. Im Justizdienst arbeitet er seit mehr als acht
Jahren, zuvor als stellvertretender Leiter der Justizvollzugsanstalt Ulm.
18
Ist dies der Grund, warum Sie sich sehr in dem Bereich
engagieren, zum Beispiel durch Teilnahmen an Gläubigerausschusssitzungen, als Mitglied des Qualitätszirkels
der Insolvenzgerichte Baden-Württemberg?
Ja, sicher auch. Die Teilnahme an Gläubigerausschusssitzungen als Gast, die immer der Zustimmung der Ausschussmitglieder bedarf, gibt mir die Gelegenheit zur Nachfrage,
um ein Gesamtverständnis für das Verfahren zu bekommen.
Dies ist für mich eine wichtige Grundlage für meine Entscheidungen. Der Gesamtüberblick über das Verfahren hilft
mir, gläubigerschädigende Entscheidungen zu verhindern.
Durch die Teilnahme am Qualitätszirkel, in der die „G8BW“, die größten acht Insolvenzgerichte Baden-Württembergs vertreten sind, ist ein kollegialer Dialog möglich. Bei
meiner täglichen Arbeit am Gericht stehe ich ohnehin im
stetigen Austausch mit den Insolvenzrechtspflegern. Das ist
sehr wichtig. Der Qualitätszirkel bietet mir darüber hinaus
den Rahmen zu Fachgesprächen mit den im Insolvenzbereich tätigen Richterkollegen. Wir stellen unter anderem
landeseinheitliche Richtlinien auf. Auch nehmen wir mit
dem Qualitätszirkel Einfluss auf die landesweiten Fortbildungen. Das Ministerium fragt bei uns Fortbildungsbedarf
an und stellt uns für solche Veranstaltungen Budgets zur
Verfügung. Das ist insgesamt eine gute und runde Sache.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Insolvenzrechts
in der Praxis seit Inkrafttreten des ESUG? Was ist besser,
was ist schlechter geworden?
Es hat sich einiges geändert. So ist die Kommunikation zwischen den Beteiligten und dem Gericht schon von der ge-
setzlichen Vorgabe her noch intensiver geworden. Zwischen
uns als Insolvenzgericht und den Insolvenzverwaltern war
diese schon immer gut; durch das ESUG wird sie mehr und
mehr zum Standard.
Negativ zu bewerten ist natürlich, dass durch die Ausweitung der Geschäftsfelder ein Tor für unseriöse Herangehensweisen geöffnet wird. Das wiederum wirkt sich negativ auf
die Beziehung und die Vertrauensbasis der Gläubiger aus.
Eine Regulierung an dieser Stelle ist für das Gericht nicht
mehr so einfach, da sich die Bereiche der Einflussnahme verlagert haben. Das ändert nichts daran, dass es völlig richtig
ist, dass die Gläubiger maßgebliche Mitbestimmungsrechte
haben. Die ist gewollt und absolut richtig.
„An die Beteiligten des Gläubigerausschusses
werden wesentlich höhere Anforderungen gestellt!“
Sie nannten das Einfallstor für fehlende Seriosität – wo
sind nach Ihrem Dafürhalten denn die drei größten „ungesicherten Baustellen“?
Ganz bestimmt ist eine der Gefahrenstellen der sogenannte
„mitgebrachte Sachwalter/Insolvenzverwalter“. Aus meiner
Sicht ist für Gläubiger nicht erkennbar, was ggf. im Vorfeld
der Einleitung des Verfahrens mit Schuldner, Berater und/
oder einem bestimmten Gläubiger vorbesprochen wurde.
Eventuelle Absprachen können nicht daraufhin geprüft
werden, ob und inwieweit sie vielleicht geeignet sind, eine
Gläubigerschädigung herbeizuführen. Was man hört, gleicht
dies teilweise einem „Beauty-Contest“. Ich habe diese Dinge
zum Glück in meiner Berufspraxis selber noch nie erlebt.
Selbst wenn keine solche Absprache vorliegt, besteht nach
meiner Einschätzung die Gefahr, dass durch das Ausüben
von Veto-Rechten nicht mehr der für das konkrete Verfahren
optimal geeignete Verwalter bestellt wird. Daneben halte ich
es für ein großes Problem, dass an die Beteiligten des Gläubigerausschusses wesentlich höhere Anforderungen gestellt
werden. Die Gläubiger müssen sehr viel mehr aufpassen, da
Aufgaben, die früher teilweise das Gericht wahrgenommen
hat, jetzt bei den Gläubigern selbst liegen. Das müssen diese
aber auch erst einmal wahrnehmen, was leider nicht immer
der Fall ist. Der Gesetzgeber geht von einem Gläubigerausschuss auf Augenhöhe aus; dieser Blickkontakt ist aber nicht
in jedem Fall erkennbar. Jeder muss sich in seine neue Funktion hereinfinden, das ist seine Aufgabe. Letzteres gilt auch
für Sachwalter oder den eigenverwaltenden Schuldner.
Wo konkret besteht denn Handlungsbedarf aufseiten des
schuldnerischen Unternehmens oder Unternehmers?
Die Unternehmensleitung hat meist keine fachlichen Kenntnisse zu einem Insolvenz- oder Sanierungsprozess. Diese bekommen sie erst über einen Berater, der dann Wege aufzeigt.
Man kann auch nicht vom Schuldner verlangen, dass er alles
in Gänze versteht, sodass er ein großes Stück weit auf die
Beratung und den empfohlenen Weg vertrauen muss. Letztendlich ist dies nicht vorwerfbar, aber genau das Problem,
jedenfalls dann, wenn der Unternehmer an einen unseriösen
oder fachlich nicht kompetenten Berater gerät. Man kann
19
MENSCH & UNTERNEHMEN
aber nicht von der gesamten Managementebene verlangen,
dass sie in Gänze auf insolvenzrechtliche Probleme vorbereitet ist und vertraut auf seine Berater. Erst einmal geht man
zu Recht davon aus, dass das Geschäftsmodell funktioniert.
Wäre das Verständnis von der Sanierung als begleitender
Prozess eine Lösung?
Ja schon, aber wann fängt man damit an? Niemand besucht
ein Sanierungsseminar oder leitet eine Sanierung ein, wenn
das Geschäft gut geht. Allerdings sollte ein Problembewusstsein für Gefahrenstellen schon aus dem unternehmerischen Verständnis heraus vorhanden sein. Optimal wäre es
natürlich, wenn die Berater, die das Unternehmen dauerhaft
begleiten, zum Beispiel Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, in die richtige Richtung weisen und im Rahmen ihres
beratenden Auftrags die Problemfelder erkennen, darauf
hinweisen und die richtigen Weichen stellen.
Geht das in die Richtung „Zweitmeinung vor der OP“?
Ich würde eher sagen „Fachkenntnisse beim Hausarzt“. Die
engen Berater kennen die Zahlen, können wissen oder erahnen in welcher Richtung es gehen könnte und wo evtl.
fehlende Seriosität droht. Sie sollten auch wissen, zu wem sie
ihre Mandanten schicken und zu wem besser nicht. Ansonsten kann viel, viel Geld in falsche Kanäle fließen.
Unter welchen Gesichtspunkten kann Ihrer Meinung
nach ein Sanierungsverfahren gelingen?
Bestenfalls erfolgt eine frühestmögliche Kontaktaufnahme
zum Gericht, um alle Punkte, die bei jedem Verfahren unterschiedlich schwer wiegen, abzuklären.
Welche Rolle spielt das Schutzschirmverfahren in der
Praxis?
Nach meiner Erfahrung ist eher ein sehr geringer Teil der
Verfahren dafür geeignet. Eigenverwaltungsverfahren ohne
Schutzschirm dagegen sind gängig.
Es gibt Stimmen, die behaupten, ESUG sei in der Zielsetzung, der Etablierung einer neuen Insolvenzkultur,
gescheitert? Würden Sie sich der Aussage anschließen?
Gerade in den größeren Verfahren zeigen die letzten Jahre,
dass ESUG schon eine erhebliche Bedeutung hat und diese in Eigenverwaltung abgewickelt wurden. Ob dies einen
Mehrwert für die Gläubiger hat, kann ich nicht beurteilen.
Der Markt hat ESUG jedenfalls angenommen.
Sie sagten größere Unternehmen – ist ESUG denn auch
geeignet für kleinere?
Der Gesetzgeber wollte es so. Ob jetzt der Pizzabäckerbetrieb mit fünf Arbeitnehmern zwingend ein Schutzschirmverfahren braucht, ist schon fraglich. Gerade die Bescheinigung dürfte sehr kostenintensiv sein, vielleicht zu sehr.
Wo gibt es Ihrer Erfahrung nach noch Verbesserungspotenzial? An welcher Stelle ist vielleicht sogar der Gesetzgeber gefragt?
20
Ich persönlich halte die Einstimmigkeit hinsichtlich des
Vorschlagsrechtes des vorläufigen Gläubigerausschusses zur
Person des Insolvenzverwalters für zu weitreichend.
„Persönliche Eitelkeiten, egal an welcher Stelle,
sind im Insolvenzverfahren immer schlecht.“
Verstehen Sie sich als Insolvenzrichter, als Individualist
oder als Teamplayer?
Teamplayer.
In welchem Team?
In dem Team, das den rechtsstaatlichen Rahmen für das Verfahren bietet. In einer Sanierung müssen alle einem Ziel verschrieben sein. Wenn nur einer in eine falsche Richtung treibt,
ist das Verfahren zum Scheitern verurteilt. Meine Aufgabe ist,
dass alles verfahrenshygienisch läuft.
Im Gericht selber sind wir ohnehin ein Team. In dem Verfahren Schlecker war zum Beispiel der bearbeitenden Rechtspfleger bei allen verfahrenserheblichen Maßnahmen dabei. Es
bringt in der Sache gar nichts, wenn ich mich als „allwissender
Richter“ nach vorne stelle und den Rechtspfleger, der das Verfahren nach dessen Eröffnung bearbeitet, zu Verfahrensbeginn
ausschließe. Bei uns im Insolvenzgericht kommunizieren wir
alles, was verfahrensrelevant ist, unabhängig vom Verfahrensstadium. Persönliche Eitelkeiten, egal an welcher Stelle, sind
im Insolvenzverfahren immer schlecht.
Haben Sie im Rahmen eines Sanierungsprozesses konkrete Resonanz aus dem unternehmerischen Bereich erfahren – sei es von Schuldner- oder von Gläubigerseite?
Mit den institutionellen Gläubigern stehe ich eigentlich
fortlaufend im Austausch. Ich höre mir auch an, wie ein
Verfahren aus deren Sicht läuft. Dies gehört für mich zur
Informiertheit.
Wie stehen Sie zu der Idee der Konzentration von Unternehmens-Insolvenzverfahren bei wenigen, besonders
qualifizierten Gerichten?
Sehr kritisch. Das Problem ist das „Forum-Shopping“. Die
Möglichkeit, dass jeder sich seinen gesetzlichen Richter auswählen können soll, halte ich für höchst bedenklich. Ich befürchte, dass die Intention des Gesetzgebers, einer Konzentration bei besonders qualifizierten Gerichten, ins Gegenteil
verkehrt werden könnte.
Wie schätzen Sie die Tendenzen ein, in welche Richtung
sich die Sanierungschancen unter Insolvenzschutz in den
nächsten fünf Jahren entwickeln werden?
Ich glaube, dass sich der Sanierungsgedanke gerade bei größeren Unternehmen noch mehr verfestigen wird. Es handelt
sich um einen Markt, bei dem viel Geld im Spiel ist. In der
grenzüberschreitenden Wahrnehmung wird angesichts der
Anlehnung an das „Chapter 11-Verfahren“ die Akzeptanz
bei ausländischen Gläubigern wohl noch weiter steigen. Ich
glaube daher, dass die Tendenz dahin gehen wird, dass sich
die Sanierung unter Insolvenzschutz fest etablieren wird. ~
Vierter Deutscher
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Die Wirtschaft im Wandel –
wohin geht die Sanierungsreise?
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Sanierungsreise
10. + 11. Juni 2015
Hotel Pullman Cologne, Köln
Referenten: Jeffrey Beeson, RA Christian Graf Brockdorff,
RA Robert Buchalik, Thorsten Garber, MinDirin Marie-Luise
Graf-Schlicker, RA Prof. Dr. Hans Haarmeyer,
StB WP Christoph Hillebrand, Georg Leutert,
Axel Matthei, RA Michael Pluta, Prof. Dr. Wolfgang Portisch,
Sören Quent, RA Jan Schmüser, RA Klaus Siemon,
RA Prof. Dr. Georg Streit, Heinz Thünemann,
Prof. Dr.-Ing. Henning Wallentowitz, RA Rolf Weidmann,
Silvio Zeidler
Anmeldung über
www.glaeubigerkongress.de
Morison Köln AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Morison Köln
Steuerberatungsgesellschaft
21
1
MENSCH & UNTERNEHMEN
MENSCH & UNTERNEHMEN
Reform des Anfechtungsrechts
return kontrovers: Diskurs und Debatte
Den offenen Meinungsaustausch wünschen sich die Medienmacher dieses Magazins für Sanierungsmanagement
unter dem Titel „return kontrovers“.
Diskurs und Debatte drehen sich jeweils um ein gesetztes
Thema – Wünsche willkommen. Die Redaktion übernimmt
dabei sachlich-fachlich das Intro (hier siehe unten „Mit Vorsatz...“) und sammelt dazu vor allem Stimmen und Stellungnahmen in vielfältiger Form. Kurzes Statement, umfassende
Meinungsumfrage, Kommentar, Pro & Kontra, Glosse oder
Cartoon – alles erlaubt, was der Aufklärung, Orientierung
und Meinungsbildung dient. Anregungen und Leserbriefe
an: [email protected]
1
Standpunkt
Elisabeth Winkelmeier-Becker für die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion
2
Meinungsumfrage
Lutz Paschen über Ergebnisse des Bundesverbandes Credit Management
3
Kommentar
Dr. Christoph Niering für den Verband
Insolvenzverwalter Deutschlands
Mit Vorsatz gegen den Vorsatz?
Das Durchsetzen von Anfechtungsansprüchen im Insolvenzverfahren hat sich in den vergangenen Jahren merklich
professionalisiert und passiert heute oft softwaregestützt. Im
Durchschnitt belaufen sich Anfechtungsansprüche schon in
kleineren Verfahren auf sechsstellige Beträge. Viele heute
angefochtene Handlungen gehören aus Sicht der Beteiligten
zum normalen Geschäftsgebaren – gerade im Umgang mit
kriselnden Kunden. Gläubigern und ihren Interessenvertretern geht die Praxis der Insolvenzanfechtung viel zu weit; sie
fordern Reformen. Ist ihre Kritik berechtigt, und sind Änderungen überfällig?
Fakten zur Lage: Das Insolvenzanfechtungsrecht ermöglicht
nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die Rückgängigmachung von Vermögensverschiebungen aus der Zeit schon
drohender Zahlungsunfähigkeit sowie die Anfechtung weiterer Rechtshandlungen in der Krise. Der hierfür maßgebliche
Zeitraum ist je nach Anfechtungstatbestand unterschiedlich
und geht bis zu zehn Jahre zurück (§ 133 Abs.1 InsO). Diese
rechtliche Bestimmung regelt die sogenannte Vorsatzanfechtung und ist der Kernpunkt der Reformdiskussionen.
Auffassungen und Argumente: Wirtschaftsverbände fordern
eine grundlegende Gesetzesreform. Sie führen an, dass eine
flexible Geschäftsbeziehung angesichts der großen rückwir22
kenden Zeitspanne von zehn Jahren und unkalkulierbaren
Zinsen in Planungsunsicherheit führe. Das Anfechtungsrecht stehe unharmonisch gegen den Sanierungsgedanken
unter Insolvenzschutz, wenn von anfechtungsbedrohten
Gläubigern der Sanierungsbeitrag und die Rückzahlung aus
Anfechtung gefordert werde.
Insolvenzverwalter (VID) halten dagegen, dass eine Sanierung unter Insolvenzschutz erst durch die Anfechtung gelingen könne, da hierdurch die notwendigen Mittel generiert
werden könnten, die eine Verfahrenseröffnung sicherstellen.
Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) bewertet die Überlegungen zur Änderung der Anfechtungsregelungen für Bargeschäfte, zur Verkürzung der Anfechtungsfrist auf fünf Jahre
oder zur Formulierung einer verständlicheren Vermutungsregelung als unproblematisch.
Fazit der Redaktion: Es ist begrüßenswert, bestehende Gesetze anhand von Praxiserfahrungen zu reflektieren. Grundlage und Voraussetzung für konstruktive Gespräche ist, dass
umfassend informiert ist und alle Positionen bekannt sind.
Alle Parteien haben zum optimalen Informationsstand beizutragen.
Im Sinne der durchdachten Sanierung gilt es, sich an den
Zielen orientiert auszutauschen und konsensuale Kompromisse als Lösung zu suchen.
„Änderungen
beschließen“
Standpunkt
„Ich bin zuversichtlich, dass die Koalition im Jahr 2015 konkrete gesetzliche
Änderungen im Bereich der Insolvenzanfechtung beschließen wird. Die CDU/
CSU-Bundestagsfraktion hat sich von
Beginn der laufenden Wahlperiode an
dafür eingesetzt, dass Gläubiger besser vor
ungerechtfertigten Rückforderungen eines
Insolvenzverwalters geschützt werden.
Nach zwischenzeitlicher Verzögerung ist
nun auch das Bundesjustizministerium
an den Verhandlungstisch zurückgekehrt,
sodass wir zügig an möglichst zielgenauen
Lösungsansätzen arbeiten können.“
Elisabeth Winkelmeier-Becker, Mitglied
des Deutschen Bundestages und Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion für Recht
und Verbraucherschutz.
23
2
MENSCH & UNTERNEHMEN
Mantel und Degen
Meinungsumfrage:
Handlungsbedarf bestätigt
Text: Lutz Paschen
E
iner für alle, alle für einen“ – der Wettkampf um die
insolvenzrechtliche Anfechtung ist weit weg vom Motto der drei Musketiere. Der Schlachtruf lautet vielmehr: „Jeder gegen jeden!“ Wirtschaftsverbände äußern erheblichen
Grund zur Besorgnis.
Die Zahl der am Bundesgerichtshof verhandelten Fälle zur
sogenannten Vorsatzanfechtung nimmt kontinuierlich zu.
Die Einräumung großzügiger Zahlungsbedingungen an Abnehmer, die sich in einer angespannten finanziellen Situation
befinden, gerät für Gläubiger mehr und mehr zum unkalkulierbaren Risiko. Paragraf 133 Insolvenzordnung (InsO)
betrifft seinem Wortlaut nach nur den Fall der vorsätzlichen
Gläubigerbenachteiligung. Weil es in der Vergangenheit
für Insolvenzverwalter aber oft schwierig war, böswilligen
Gläubigern nachzuweisen, dass sie mit dem Schuldner beim
Vorbeischleusen von Zahlungen an anderen Gläubigern
gemeinsame Sache gemacht hatten, stellt die höchstrichterliche Rechtsprechung seit einigen Jahren all jene unter
Generalverdacht, die ihren Abnehmern in wirtschaftlich
schwierigen Zeiten zur Seite stehen.
Schon die Vereinbarung einer Ratenzahlung bei einer Forderung, die eigentlich in voller Höhe fällig war, begründet
danach im Regelfall die Gefahr einer späteren Anfechtung,
wenn die Sanierungsbemühungen des Schuldners letztlich
doch in einem Insolvenzverfahren münden. In einer Art Vermutungsrechtsprechung wird auch dem redlichsten Gläubiger schnell unterstellt, er habe davon ausgehen müssen, dass
sein Abnehmer mit Durchführung des Geschäfts andere
Gläubiger benachteilige. Tatsächlich hat der Lieferant das
Risiko seines eigenen Forderungsausfalls dabei jedoch fast
immer nur in Kauf genommen, um seinem angeschlagenen
Kunden wieder auf die Beine zu helfen.
Besonders bedrohlich für die Betroffenen ist, dass dieses Risiko alle Geschäfte des Schuldners in den letzten zehn Jahren vor Stellung des Insolvenzantrags umfasst, bei denen es
zu Zahlungsverzögerungen gekommen ist.
Zahlreiche Insolvenzverwalter haben das lukrative Geschäft
mit der Vorsatzanfechtung zwischenzeitlich sogar in eigene
24
Dienstleistungsgesellschaften ausgelagert, um auf diese Weise zusätzliche Erlöse zu generieren. Unter Einsatz spezieller
Software wird der Datenbestand der letzten zehn Jahre vor
dem Insolvenzantrag auf lohnende Angriffsziele gescannt
und diese sodann massiv unter Beschuss genommen.
Eingebremste
Abmahnindustrie
Das weitere Vorgehen erinnert häufig an die zwischenzeitlich durch gesetzliche Änderungen eingebremste Abmahnindustrie. Die an betroffene Gläubiger versandten Serienbriefe sind meist gespickt mit einer Vielzahl von Zitaten
vermeintlich einschlägiger Gerichtsurteile. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, werden neuerdings Musterklageentwürfe beigefügt, mit der Ankündigung, hiervon
umgehend Gebrauch zu machen, wenn der Empfänger der
Zahlungsaufforderung nicht nachkomme.
Kaum verwunderlich, dass viele Wirtschaftsverbände fordern, diesen Missbrauch durch eine Anpassung des Anfechtungsrechts zu beenden – vom DIHK über den BDI, den
ZDH, den BGA, den Mittelstandsverbund und den BvCM,
den Verbänden der Energie- und Wasserwirtschaft bis zu
kleineren Verbänden wie dem Bund der Baustoffhändler.
Die Forderungen haben Eingang in den aktuellen Koalitionsvertrag gefunden, der eine Überprüfung der rechtlichen
Situation vorsieht.
MENSCH & UNTERNEHMEN
die vordergründige Betrachtung der Reformgegner das wahre
Ausmaß des Problems. Die Anfechtung kann in Einzelfällen
sogar zur Anschlussinsolvenz des betroffenen Gläubigers führen. Das Thema hat eine volkswirtschaftliche Dimension.
Die Verunsicherung der Betroffenen durch die aktuelle
Handhabung der Vorsatzanfechtung hat Auswirkungen für
die Kreditvergabe in der Größenordnung mehrerer Milliarden Euro jährlich. Neben der Vergabe von Darlehen durch
die Kreditwirtschaft ist hier das in seinem Umfang noch
ungleich bedeutsamere Volumen der durch die Einräumung
von Zahlungszielen vergebenen Lieferantenkredite von Bedeutung. Nach Angaben des Kreditversicherers Euler Hermes machen diese in Deutschland jährlich einen Betrag zwischen 370 und 400 Milliarden Euro aus und spielen damit
für die Unternehmensfinanzierung eine wichtigere Rolle als
die Bankkredite, welche im jährlichen Gesamtvolumen in
der Bundesrepublik unter 300 Milliarden Euro bleiben.
Massive Gegenwehr leisten Interessenvertreter der Insolvenzverwalter. Gerne wird hier behauptet, es handele sich eher um
ein Scheinproblem. Die Wirtschaft übertreibe maßlos; die in
Frage stehenden Anfechtungsvolumina seien nicht von Relevanz, belastbare Zahlen fehlten.
Abgesehen davon, dass diese Aussage aus Sicht betroffener
Gläubiger an Zynismus schwer zu übertreffen ist, verschleiert
Besorgniserregende 91 Prozent der 158 Befragten beantworteten die Frage nach negativen Auswirkungen auf die von
ihnen gewährten Lieferantenkredite mit „Ja“. Angesichts
dieser klaren Ergebnisse kann kein Zweifel daran bestehen,
dass Handlungsbedarf besteht. Die Umfrageergebnisse widerlegen die Behauptung, Anfechtungen hätten wirtschaftlich wenig Bedeutung. Und sie liefern Gegnern einer Reform nur wenig überzeugende Argumente. Insbesondere die
zuletzt wieder beschworene Gefahr, dass eine Reform mit
der Bevorzugung staatlicher Gläubiger einhergehen könnte,
Mitgliederbefragung zu
Insolvenzanfechtung
Um Klarheit zu schaffen, hat der Bundesverband Credit
Management (BvCM) jüngst in einer Online-Umfrage seine
Mitglieder zu den Auswirkungen der Erfahrungen mit dem
Thema Insolvenzanfechtung auf die Vergabe von Lieferantenkrediten befragt.
Eine erste Befragung des Verbands hatte zuvor schon 2013
stattgefunden. Der Vergleich der Umfrageergebnisse zeigt
Tendenzen. So hatten vor zwei Jahren noch 41 Prozent der
Teilnehmer angegeben, im Befragungszeitraum nicht selbst
von Insolvenzanfechtung betroffen gewesen zu sein. Bei der
neuerlichen Umfrage belief sich der Anteil dieser Gruppe
nur noch auf 18 Prozent.
Quelle: Bundesverband Credit Management (BvCM)
Anfechtung mit
Auswirkungen
Negative Effekte
auf Kredite
In die Auswertung der Antworten waren auch Rückmeldungen von Unternehmen einbezogen, die auf die Frage, wie
sich das Thema „Insolvenzanfechtung“ auf die Gewährung
von Lieferantenkrediten ausgewirkt habe, angegeben hatten,
selbst noch nicht von Anfechtung betroffen gewesen zu sein.
Trotzdem gaben nur neun Prozent an, ihre Kreditvergabe
trotz der Anfechtungsrisiken nicht zum Nachteil ihrer Kunden verändert zu haben.
Quelle: Bundesverband Credit Management (BvCM)
weil diese sich ihre Vollstreckungstitel selber schaffen können, ist durch den Fortschritt in der Bearbeitungsgeschwindigkeit gerichtlicher Mahnverfahren überholt.
Einzig das Argument, die Eindämmung der jetzigen Anfechtungspraxis gehe mit der Gefahr einher, dass zahlreiche
Verfahren wegen Masselosigkeit gar nicht zur Eröffnung
kämen, sodass zu befürchten sei, dass die Anzahl mangels
Masse nicht eröffneter Insolvenzverfahren wieder auf Größenordnungen über 70 Prozent hochschnelle, wie diese in
den späten Neunzigerjahren zu verzeichnen waren, lohnt
eine nähere Betrachtung. Allerdings ist gar nicht einzusehen,
weshalb die Zeche gerade von denen gezahlt werden soll,
die in der ganz überwiegenden Zahl ohne jede böse Absicht
gehandelt haben. Die Lösung des Problems liegt eher in dem
schon vor längerer Zeit von Experten vorgeschlagenen Verzicht auf die Kostendeckung als Voraussetzung für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dass Bundesjustizminister
Heiko Maas jüngst erklärt hat, sein Ministerium sehe den
Auftrag aus dem Koalitionsvertrag als erledigt an, weil man
sich in der Diskussion mit den zuständigen Parlamentariern
nicht über den Umfang einer Reform habe einigen können,
ist für die Wirtschaft jedenfalls nicht zu akzeptieren. Zu
groß ist der Schaden für das Vertrauen im Geschäftsverkehr.
Die Betroffenen haben ein Anrecht darauf, dass zügig in eine
inhaltliche Diskussion über die Ausgestaltung einer gerechteren und berechenbareren Handhabung des Paragrafen 133
InsO eingetreten wird. Bleibt nur zu hoffen, dass das auch
von der Politik so erkannt wird. ~
25
3
MENSCH & UNTERNEHMEN
Vorsicht bei der Anfechtung
Kommentar: Dr. Christoph Niering, Vorsitzender des
Verbandes Insolvenzverwalter Deutschlands (VID)
E
inen neuen Höhepunkt erreichte die Diskussion um
das Anfechtungsrecht im Herbst des Jahres 2013. Die
Bundesregierung hatte gerade die Aufnahme in den Koalitionsvertrag beschlossen, das Bundesjustizministerium trat
später auf den Plan und entwickelte im Herbst 2014 ein
Eckpunktepapier. In beiden Fällen formulieren die Urheber
einen Reformbedarf.
Wie bedeutend das Anfechtungsrecht für ein ausgleichendes
und funktionierendes Insolvenzverfahren wirkt, würdigten
sie kaum. So gilt ein Grundgedanke dem angemessenen Ausgleich von Gläubigerinteressen. Die Gleichbehandlung ihrer
Ansprüche sorgt mit dafür, dass Eingriffe in die zukünftige
Insolvenzmasse auf ein Minimum beschränkt bleiben und
soweit wie möglich rückgängig gemacht werden. Einzelne
Gläubiger geraten über einen zeitlichen oder informellen
Vorsprung womöglich in eine bessere Verhandlungsposition.
Dies darf der restlichen Gläubigergemeinschaft nicht zum
Nachteil gereichen. Dieser Grundsatz gilt im Insolvenzrecht
schon seit Jahrhunderten als tragend.
Erhöhung der
Eröffnungsquoten
Ein funktionierendes Anfechtungsrecht ist gleichzeitig von
essenzieller Bedeutung für die Finanzierung des Insolvenzverfahrens. Die Stärkung des Anfechtungsrechtes durch die
Insolvenzordnung und der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger haben bekanntermaßen zu einer deutlichen Erhöhung der Eröffnungsquoten geführt. Diese war
rechtspolitisch ausdrücklich gewollt und ordnungspolitisch
wünschenswert.
Im Interesse von Arbeitnehmern, Sozialversicherungsträgern, Finanzbehörden, Lieferanten etc. steht selbst dort, wo
die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes nicht möglich ist, ein
qualifizierter Ansprechpartner zur Verfügung, um die aus
der Sicht der Beteiligten oftmals dringenden administrativen Aufgaben zu erledigen. Hierzu gehören etwa die Abmeldung der Arbeitnehmer bei Sozialversicherungsträgern, die
Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten, die Erstellung
von Arbeitszeugnissen und Entgeltbescheinigungen oder die
Rückgabe von Gewährleistungs- oder Vertragserfüllungsbürgschaften.
26
MENSCH & UNTERNEHMEN
Anfechtung stärkt
finanzielle Basis
Ein starkes Anfechtungsrecht unterstützt aber auch den
Sanierungsansatz der Insolvenzordnung (InsO), der in den
letzten Jahren durch verschiedene Gesetzesvorhaben gestärkt wurde. Dabei sind nicht nur die durch Verwirklichung
der Anfechtungsansprüche realisierten Gelder, sondern vielmehr der generalpräventive Aspekt eines funktionierenden
Anfechtungsrechts von tragender Bedeutung. Neben den
sogenannten professionellen Gläubigern hat auch eine breite
Mehrheit der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis genommen, dass eine einsam erkämpfte Durchsetzung der eigenen
Ansprüche im Vorfeld einer Insolvenz selten zielführend ist.
Ein sorgfältiges Abwägen von Nutzen und Schaden ist oft
ein besserer Ansatz. Hierdurch wird die zukünftige Insolvenzmasse geschont und die finanzielle Basis für dringend
erforderliche Sanierungsmaßnahmen geschaffen. Ohne ein
Mindestmaß an finanziellen Mitteln ist eine Fortführung des
Geschäftsbetriebes geschweige denn dessen Vorfinanzierung
oder die Finanzierung von Sozialplänen und/oder Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen nicht möglich.
zehn auf fünf Jahre, und zum anderen der Eintritt der Verzinsung etwaiger Anfechtungsansprüche erst mit der substantiierten Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter.
Beide Änderungen tragen zu einer größeren Rechtssicherheit aufseiten der Verfahrensbeteiligten bei und werden
zudem das notwendige Verständnis für die Zinszahlung als
Sanktionsinstrument wiederherstellen.
Kein Reformbedarf
aus Arbeitnehmersicht
Auch auf Arbeitnehmerseite soll es angeblich dringenden
Reformbedarf geben. Auch hier ist ein Phänomen massenhafter Betroffenheit von Arbeitnehmern durch die Anfechtung ihrer Arbeitsentgelte nicht zu beobachten. Dies
belegen neben fehlender Eingänge entsprechender Klageverfahren beim Bundesarbeitsgericht auch die verschwindend geringe Zahl von Klageverfahren im Vergleich zu
den insgesamt rund 260.000 Arbeitnehmern, welche 2014
von der Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen waren. Hier
wird die arbeitnehmerfreundliche Praxis durch die klare und
unmissverständliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zuletzt in Entscheidungen vom 3. Juli 2014 geprägt,
sodass kein Handlungsbedarf aufseiten des Gesetzgebers zu
Untersuchungen widerlegen
erkennen ist. Sollte im Gesetzgebungsverfahren dennoch
massenhafte Betroffenheit
Handlungsbedarf gesehen werden, darf dies keineswegs
Allein aus den vorgenannten Gründen darf nach Auffassung
dazu führen, dass Ausnahmetatbestände zur Insolvenzandes Berufsverbandes der Insolvenzverwalter nicht in den
fechtung geschaffen werden. Zu begrüßen wäre jedoch ein
Kernbereich des Anfechtungsrechts eingegriffen werden.
vollstreckungsrechtlicher Schutz über eine Regelung in den
Dies umso mehr, als die von einigen interessierten Kreisen
Pfändungsvorschriften der Paragrafen 850 folgende Zivilbehauptete massenhafte Betroffenheit durch Anfechtungen
prozessordnung (ZPO). Dort
bisher nicht empirisch unter
könnte, vollstreckungs- und
Beweis gestellt werden konnte.
„In den Kernbereich des Anfechtungsrechtes
insolvenzrechtlich
konform,
Ganz im Gegenteil sprechen
darf keinesfalls eingegriffen werden - im Sinne
die Durchsetzung von Anrelevante Untersuchungen, wie
eines funktionierenden Insolvenzverfahrens.“
fechtungsansprüchen auf den
etwa die des Spitzenverbandes
über die Pfändungsfreigrenze
der gesetzlichen Krankenkassen
hinausgehenden Betrag beschränkt werden. Damit wäre zu(GKV) eine deutliche Sprache. Obgleich dieser zur Hauptgunsten der betroffenen Arbeitnehmer auch die Mindestabzielgruppe insolvenzrechtlicher Anfechtungsansprüche gesicherung des Lebensunterhaltes unter Berücksichtigung
hört, sieht man nach einer entsprechenden Umfrage seiner
ihrer individuellen familiären Verhältnisse gewährleistet.
Mitglieder keinen Handlungsbedarf. Dies ist verständlich.
Die durch eine Anfechtung realisierten Ansprüche erreichen
nämlich nicht einmal 0,0005 Prozent des jährlichen BeiBedürfnissen aller Beteiligten
tragsaufkommens.
ausreichend Rechnung getragen
Auch die von unserem VID initiierte Untersuchung von
Als Berufsverband der Insolvenzverwalter verschließen wir
über 3.000 schlussgerechneten Unternehmensinsolvenzveruns der Diskussion zum Anfechtungsrecht und etwaiger
fahren aus den Jahren 2012 und 2013 unterstützt diese EinÄnderungen nicht. Mit der deutlichen Reduzierungsfrist
schätzung. In den untersuchten Insolvenzverfahren lag der
auf fünf Jahre, dem späteren Beginn des Zinslaufs und auch
Durchschnitt der pro Insolvenzfall durchgesetzten Beträge
dem vollstreckungsrechtlichen Schutz der Arbeitnehmer
bei der Absichtsanfechtung nach Paragraf 133 InsO bei rund
dürfte dem Bedürfnis aller Beteiligten ausreichend Rech30.000 Euro. Ein Betrag, der den viel zitierten deutschen
nung getragen sein. In den Kernbereich des AnfechtungsMittelstand sicherlich nicht in seinen Grundfesten erschütrechtes darf keinesfalls eingegriffen werden – im Sinne eitern wird. Dennoch ist es denkbar, die der Öffentlichkeit nur
nes funktionierenden Insolvenzverfahrens.
schwer zu vermittelnden und für die Funktionsfähigkeit des
Die Folgen eines weitreichenden Eingriffs wären sowohl
Insolvenzverfahrens nicht unbedingt notwendigen Randbefür die Sanierung insolventer Unternehmen als auch für die
dingungen des Anfechtungsrechtes einer Überprüfung bzw.
administrative Abwicklung des Insolvenzverfahrens nicht
Änderung zu unterziehen. Hierzu gehört zum einen die
absehbar. ~
Reduzierung der in Paragraf 133 InsO definierten Frist von
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Anzahl der PR-Berater, die in den USA
auf einen Journalisten kommen: 4,6
Mehrverdienst eines PR-Beraters in den USA
im Vergleich zu einem Journalisten, in Prozent: 40
Weitaus mehr als nur Zahlen
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28
29
SCHWERPUNKT
Personal –
Bindung
als Anker?
Trotz Krise als Arbeitgeber
ein sicherer Hafen
„Wie hoch sind die Personalkosten?“ – Die erste Frage in
Unternehmenskrisen gilt meist den Aufwendungen für sogenannte Human Resources (HR). Führungskräfte, Spezialisten und erfahrene wie qualifizierte Mitarbeiter kosten viel
Geld. Also liegt es nahe, in schwierigen Zeiten an der Stellschraube für Personalkosten zu drehen. Mit den Zielen einer
Sanierung sind diese Streichungen aber nicht immer zu
vereinen. Die Kompetenz der Belegschaft zählt zum wichtigen Faustpfand, um Krisen zu überwinden. Diese Basis sollte
im Betrieb fest verankert sein. Nur: Wie sind die Besten zum
Bleiben zu bewegen?
SCHWERPUNKT
Was ist Personalbindung?
In Unternehmen gehört sie zu den Königsdisziplinen. Sie ist keine Kunst
dicker Schecks und erlernbar. Geld gehört allenfalls zum „Hygienefaktor“.
Personalbindung geschieht mit Mitarbeitermotivation, ist messbar über
den Loyalitätsgrad und äußert sich in der Arbeitszufriedenheit und in
der positiven Bewertung des Unternehmensklimas. Das Abwandern von
Führungs- und Fachkräften lässt sich gerade in Krisenzeiten nur verhindern, wenn diese vielen „weichen Faktoren“ stimmen. Viele Erfolgskriterien für Personalbindung scheinen eher subjektiv empfunden, wobei zwei
wesentliche Aspekte ihren Ausdruck finden über das bekundete Vertrauen
in die Führung und in Bestnoten für Unternehmenskultur.
Wie greift Personalbindung?
Personalbindung in der Krise funktioniert nur, wenn die Führung im Vorfeld den Grundstein für eine anziehende Unternehmenskultur legt. Die
Sanierung eines Unternehmens scheitert schnell, wenn ein Großteil der
Mitarbeiter innerlich schon gekündigt hat. Denn motivierte Mitarbeiter
erzielen letztlich den Ertrag. Eine Voraussetzung für erfolgreiche Maßnahmen zur Personalbindung ist die intakte Gesprächsebene zwischen
Unternehmensleitung und Belegschaft. Die Bereitschaft, die Fähigkeit
und die Möglichkeiten zum Dialog gilt es zu stärken und auszubauen.
Ganzheitlichkeit, Offenheit und Transparenz liegen im Trend. Kommunikation mit Salami-Taktik ist kein gutes Mittel mehr.
Wem nützt Personalbindung?
Allen im Unternehmen. Ist der Betrieb wirtschaftlich noch so gut aufgestellt, dass die Erfolgsprognose für eine Sanierung positiv ausfällt, müssen die Mitarbeiter mit ins Boot geholt werden. Das gemeinsame Ziel:
Der Unternehmer behält sein Unternehmen, die Führungskräfte und die
Belegschaft ihren Arbeitsplatz. Ein lebendiger Kunde bietet auch immer
bessere und längerfristige Befriedigungsmöglichkeiten für die Gläubiger, sodass auch sie ein Interesse daran haben dürften, dass alle an einem
Strang ziehen.
Was kostet Personalbindung?
Schwerpunkt
30
Vor allem die Reflexionsfähigkeit und der Handlungswillen der Unternehmensführung ist von Bedeutung. Der Führungsebene obliegt die
Verantwortung voranzugehen Dabei sind soziale Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit gefragt. Manchmal bedarf es dazu eines externen,
zielgerichteten Impulses. Die hierfür investierten Kosten bringen erfahrungsgemäß oft einen 100-prozentigen Return on Investment. Motivierte
Mitarbeiter bringen volle Leistung. Lustlose und zum Konflikt neigende
Mitarbeiter bedeuten mitunter Kosten, die im Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehen.
31
SCHWERPUNKT
SCHWERPUNKT
A
Gemeinsam stark
Wie Management und Mannschaft für
Strauss Innovation neue Erfolgsstorys schreiben wollen
usnahmslos freundlich grüßt hier jeder auf dem Flur
der Zentrale von Strauss Innovation in Langenfeld.
Selbst gegenüber Unbekannten offen und lächelnd. Erstaunlich, ist nach den einschneidenden Erlebnissen der vergangenen Monate doch anderes zu erwarten. Auch die Angestellten in der Verwaltung hätten eigentlich allen Grund,
eher energielos, unmotiviert oder zweifelnd über die Gänge zu schleichen. Die Wunden dürften gerade erst verheilt
sein, welche die schwere Krise hinterlassen hat. Der Schutzschirm spannte sich zwar Anfang 2014 über dem insolventen Handelsunternehmen auf, allerdings folgte zunächst eine
schmerzhafte Zäsur.
Rund 250 Entlassungen und 17 Filialschließungen gehören zum Gesundungsprogramm. Das Insolvenzverfahren ist
nach knapp einem Jahr zum 31. Januar 2015 aufgehoben,
nachdem der Insolvenzplan bestätigt war. Ein überzeugter
Investor, ein engagierter Personalleiter und vor allem die
1200 motivierten Mitarbeiter gehen gestärkt aus der Krise
mit neuem Schwung an die Arbeit und wollen die jetzt 79
Filialen in die Erfolgsspur führen.
Für alle eine harte Zeit
„Das ist Strauss“, erklärt Personalleiter Marc Hönig die
vorwärtsgewandte Kraft in der Belegschaft von Strauss Innovation. Er räumt aber auch ein: „Lobeshymnen höre ich
angesichts unserer Personalabbauquote von rund 20 Prozent
natürlich auch nicht. Das Schicksal der Mitarbeiter, die uns
verlassen mussten, hat mich auch persönlich sehr getroffen.
Das war für uns alle eine harte Zeit.“
Verhandlungen mit Investoren waren gescheitert, sodass
Strauss drohte, zahlungsunfähig dazustehen und schließlich das Insolvenzverfahren unter Eigenverwaltung einleitete. Kehrseite der Restrukturierung: Sollte der Filialhändler
wieder Zukunftspläne schmieden, mussten unrentable Geschäfte schließen. Von den insgesamt 96 Ladenlokalen fiel
die Auswahl auf 17 Einzelhandelsbetriebe, die nicht genug
Ertrag erwirtschafteten. „Das war ausschließlich äußeren
Umständen geschuldet, lag also nicht an den Mitarbeitern
vor Ort oder deren Engagement“, betont Hönig.
Analyse der Kennzahlen
Wie aufgeräumt und wie in Aufbruchsstimmung: Die
verbliebene Belegschaft scheint voller Tatendrang nach
der Insolvenz. Dabei haben die Teams der Unternehmensgruppe „Strauss Innovation“ harte Einschnitte erdulden müssen inklusive Personalabbau und Filialschließungen. Hoch motiviert starten jetzt Führungscrew und
1200 Mitarbeiter positiv positioniert in die Zukunft.
32
Strauss setzt auf Impulskäufe. Aber an einigen Standorten
hatte sich die Kundenstruktur geändert, an anderen fehlte
Laufkundschaft. Herauskristallisiert hatte sich dies bei der
Analyse der Kennzahlen, wobei unter Vollkosten gerechnet
die Prognose für die kommenden 18 Monate als Basis galt.
Kostendeckende Umsatzzahlen brachten danach einzelne
Filialen weder in der Vergangenheit noch für die Zukunft
hervor. Ein weiteres Entscheidungskriterium: Hohe Fixkosten aus Mietverhältnissen mit bis zu zehn Jahren Laufzeit
sind über insolvenzbedingt verkürzte Kündigungsfristen
schnell einzusparen. Mit weniger Standorten geht in der
Regel auch weniger Arbeit in der Verwaltung einher, sodass
in der Zentrale rund 20 Prozent der Mitarbeiter ihre Stelle
verloren.
Signal für Vertragspartner
Strauss bezieht seine Waren zum Großteil im Ausland, vorwiegend in China und in Asien. Dort fehlt Vertragspartnern
das Verständnis für ein “normales“ Insolvenzverfahren, weil
im englischsprachigen Raum meist das Insolvenzverfahren
mit einem Liquidationsverfahren gleichgestellt wird. Eine
Eigenverwaltung unter Schutzschirm signalisiert dagegen:
Es geht um die Sanierung und den Erhalt des Unternehmens. Für Rechtsanwalt Dr. Andreas Ringstmeier als Sachverwalter „ein entscheidendes Argument“. Rund 80 Prozent
der Waren waren unmittelbar nach der Einleitung des Verfahrens mit Zahlungsziel einzukaufen. „Sogar das Zahlungsziel verlängern konnten wir in über 30 Prozent aller Fälle –
und das unter Insolvenzbedingungen“, freut sich Ringstmeier, dass das Schutzschirmverfahren bei Strauss auch für diese
nützlichen Zwecke geeignet war.
Signal für Mitarbeiter
Insolvenzen und Investoren, beides gilt oft bei Mitarbeitern als Garant für Unsicherheit, Angst, Trauer, Wut und
Ohnmacht. Personalabbau wirkt da als Verstärker. Für die
von den Entlassungen verschonte Belegschaft bleiben meist
Misstrauen und Skepsis dominierend – und damit auch
gegenüber dem Konzept, das die Fortführung sicherstellen
soll. Zumal es für Verunsicherung lange keinen Grund gab
im mehr als hundert Jahre alten Unternehmen, das für eine
traditionsreiche Kaufhausgeschichte steht. Doch schon die
gescheiterten Investorenverhandlungen im Vorfeld der Insolvenz ließen für die Belegschaft nichts Gutes erahnen.
Warum spüren die Beteiligten bei Strauss die Hoffnung
trotzdem stärker als anderswo nach Einstieg von Investoren
oder in der Insolvenz?
„Strauss lebt eine familiäre Unternehmenskultur. Dies führt
zu einer hohen Verbundenheit, die unsere Mitarbeiter und
ihren Arbeitsplatz prägt – ob vor, während oder nach der
Insolvenz“, begründet Personalleiter Hönig den standhaften
Optimismus. Mittlerweile sei „eine gewisse Erleichterung zu
spüren“, dass die heiße Phase der Krise erfolgreich gemeistert ist. Er sei rückblickend davon überzeugt, dass neben den
„harten Zahlen“ vieles im Umgang miteinander bei Strauss
dazu beigetragen habe, dass die Sanierung gelungen sei.
„Wortbruch war in der
Vergangenheit nie ein Thema.“
Seine Einschätzung bestätigt Betriebsratsvorsitzende Petra
Zerning: „Die Mitarbeiter leben das Motto ,Gemeinsam
sind wir stark!‘. So konnten wir die Krise überstehen und
den größten Teil der Belegschaft erhalten.“ Insbesondere
langjährige Mitarbeiter könnten sich mit der Philosophie
des Hauses identifizieren, da sie sich mit Strauss Innovation
als stets familiengeführtes Unternehmen verbunden fühlen.
Die Mitarbeiter würden seit jeher Wertschätzung erfahren
und seien daher loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber. „Wenn
es nicht so wäre, hätten sie nicht so große Opfer gebracht
wie auf tarifliche Erhöhungen und Sonderzahlungen zu ver33
SCHWERPUNKT
SCHWERPUNKT
zichten“, sagt die Betriebsratsvorsitzende. Der Loyalität und
dem Glauben an den Fortbestand der Firma sei es zu verdanken, dass die Firma wieder auf besserem Weg ist.
„Wir haben bei den Mitarbeitern der Zentrale,
die länger als zwei Jahre bei Strauss Innovation
beschäftigt sind, keinen eigeninitiierten
Weggang verzeichnen müssen.“
Der Haltung jedes Einzelnen ist es vermutlich zu verdanken, dass auch die Zahl der selbst eingereichten Kündigungen verschwindend gering war. Er habe mit „viel mehr
eigeninitiierter Abkehr“ gerechtet, räumt der Personalleiter
ein. Sicherheit sei schließlich „für jeden von erheblicher Bedeutung“ und durch eine Insolvenz bedroht. In der Zentrale
reichte niemand, der länger als zwei Jahre bei Strauss beschäftigt war, die Papiere für seinen Abgang ein. Und beim
Personal in den Filialen sei die auch vor dem Insolvenzverfahren registrierte Fluktuationsrate von zwei bis drei Prozent
nicht gestiegen.
Der Ausstieg von Mitarbeitern gehe auf das Erreichen des
Renteneintrittsalters oder auf berufliche Neuorientierungen
von Filialleitern zurück, „nicht ausschließlich auf die Insolvenz“, unterstreicht Hönig. Für ihn setzt die Insolvenz in Eigenverwaltung auch für Mitarbeiter ein anderes Signal. Sein
Fazit: „Wir mussten zwar harte Maßnahmen ergreifen, aber
wir konnten die Richtung mit bestimmen – und das ist das
Wesentliche.“ Ein deutliches Zeichen für mehr Sicherheit
habe zudem die Insolvenzgeld-Vorfinanzierung gesetzt, die
nach seinen Worten „ganz schnell und reibungslos auf die
Beine“ gestellt war. Die Berechtigten hätten dadurch „innerhalb von zehn Tagen ihr Gehalt“ erhalten. Die Personalabteilung habe darin viel Energie investiert, um Mitarbeitern
zu vermitteln, dass es im Unternehmen weitergeht und die
Versorgung ein wichtiges Anliegen bleibt.
sentiert mit weniger Lieferanten und einer geringeren Artikelbreite nun eine stärkere Sortimenttiefe.
Das Straffen der Strukturen hat die Effizienz erhöht. Für
die Gesamkosten ergab sich daraus ein Einsparungspotenzial von 17 bis18 Prozent. Ein Erfolg, aus dem die Führung
die Erfahrung zieht, dass wichtige Entscheidungen schon
vor der Insolvenz hätten getroffen werden müssen. Danach
klingt die Einschätzung von Personalleiter Hönig: „Unsere Betriebsblindheit wurde uns leider erst da bewusst. Wir
hätten eingefahrene Strukturen früher durchbrechen und
schleichenden Effekten eher entgegensteuern können.“
Faktenbox
1902 Gründung des Handelsgeschäfts für Kurz-,
Weiß- und Wollwaren durch die Eheleute
Maria und Heinrich Strauss in der Düssel
dorfer Altstadt
2004 Expansion auf über 100 Filialen
2008 Restrukturierung: Investorenlösung
(EQT Opportunity Fonds), Schließung
von rund 15 Filialen, Entlassung von über
400 Mitarbeitern
2010 Einrichtung eines Online-Shops, vorsichtige
Expansionstendenzen nach erfolgreichem Turnaround
2012 Investor (Sun European Partners)
2014 Insolvenzantrag unter Eigenverwaltung
und Schutzschirm (30. 01. 2014),
Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter
Eigenverwaltung (30.03.2014),
Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach
Bestätigung des Insolvenzplans(31.01.2015)
und Investorenlösung (Mühleck Family
Office)
2015 79 Filialen, 1200 Mitarbeiter
Anstoß zur Selbstreflexion
„Ich lebe die Überzeugung, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist. Ein
Weggang ist unabhängig von der Insolvenz immer meine freie Entscheidung. Ich bin nach zehn Jahren Mitarbeit bei Strauss nicht der Mensch,
der geht, wenn es eng wird. Ich wollte meinen Beitrag dazu leisten, dass es
weitergeht. Bei einem Weggang hätte ich mich schlecht gefühlt.“
Strauss Innovation hat das Schicksal an- und damit verbundene Chancen wahrgenommen. Gleichwohl galt es zwischendurch den Blick zurück zu richten, um für die Zukunft
mehr zu lernen. Zur kritischen Selbstreflexion von Führungskräften sollte eine Insolvenz auch Anlass geben. Bei
Strauss Innovation ermittelte die fruchtbare Runde konkrete
Ergebnisse:
u
die Führungsspanne (spread of control) ist erhöht,
u
Hierarchieebenen sind abgebaut, wodurch eine
Führungskraft nun Verantwortung für mehr Menschen trägt,
u
der Betreuungs- und Arbeitsaufwand ist reduziert, was
mit den Filialschließungen einhergeht,
u
die Führungsebene ist schlanker,
u
die Kommunikationswege sind kürzer und einfacher und
u
die Verantwortlichkeiten sind klarer.
Marc Hönig, Personalleiter Strauss Innovation.
Mit den Maßnahmen ergeben sich jetzt weniger abstimmungsbedürftige Themen.
Umstrukturierungen greifen auch im Einkauf. Strauss prä34
Durch die Insolvenz sei die Führung enger zusammengerückt und habe sich auch die Kommunikation der Verantwortlichen untereinander verändert, hat Hönig bemerkt.
Institutionalisiert erleben sie dies jetzt in wöchentlichen
Update-Treffen zu Umsatz- und Kennzahlen, bei denen sie
über Preisstruktur und Warensortiment sprechen. Damit
ist sowohl ein fortlaufender Informationsaustausch und ein
jeweils aktueller Stand gewährleistet wie die Planung der
nächsten Schritte und der Ausblick auf Zukunftsthemen.
Dieser Dialog kostet nicht viel, stellt das Machbare und Realistische in den Mittelpunkt und vermittelt allen das Gefühl,
Gestalter im gesamten Prozess zu sein.
Führungskräfte in die Gestaltung des neu positionierten
Unternehmens einzubinden und dabei Verantwortung zu
übernehmen, gehört zu den wichtigen Aspekten der konstruktiven Arbeit an der Zukunft. „Dieser Unterschied im
Denken und Handeln hat Auswirkungen auf die Motiva35
SCHWERPUNKT
SCHWERPUNKT
fene Fragerunde mit „manchmal auch unangenehmen Fragen“ (Hönig) schuf Transparenz.
Gleichwohl herrschte im Betriebsrat auch Skepsis nach Veränderungen mit einhergehenden Kürzungen zuungunsten
der Belegschaft in der Vergangenheit. Auch wenn „die Zusammenarbeit zwischen Personalleitung und Betriebsrat im
Vorfeld zur Krise sehr gut und stimmig funktionierte“, wie
Petra Zerning als Arbeitnehmervertreterin bestätigt. Faire
Lösungen für Mitarbeiter seien auch während der Krise gefunden worden.
Einen Weg zur konstruktiven Zusammenarbeit wies die
Definition des gemeinsamen Ziels trotz teilweise konträr
gegenüberstehender Interessen. „Die Gespräche waren mitunter heftig und kräftig, sodass wir kurz vor dem Scheitern
standen“, erinnert sich Hönig. Allerdings habe das gemeinsame Ziel, den Fortbestand des Unternehmens zu sichern,
beide Seiten dann doch immer wieder an konstruktiven Lösungen arbeiten lassen. „Für alle stand fest, dass wir nicht
auseinandergehen, bevor wir keine Lösung für die 1200
Menschen gefunden haben.“
Wertschätzung ohne Effekthascherei
tion. Wer aktiv eingebunden ist, empfindet sehr lebendig
wie etwas Neues entsteht. Wir haben also nicht erfahren,
dass Insolvenz wie ein Todesurteil klingt“, erklärt Hönig. In
den Filialen ist dieses Signal auch angekommen. Dort haben Mitarbeiter zwar weniger Gelegenheit, die Prozesse zur
neuen Ausrichtung aktiv mitzugestalten, bestätigt Hönig,
doch dafür habe Strauss nun „eine engmaschige Informations- und Kommunikationskultur gepflegt“. Dazu zählen
mehrere Telefonkonferenzen mit allen Filialleitern über den
aktuellen Stand. „Dieser Informationsfluss führt dazu, dass
Mitarbeiter außerhalb der Zentralverwaltung auch das Gefühl bekommen, dass wir uns gut um den Fortbestand und
die Weiterentwicklung kümmern“, sagt Hönig.
FAQ-Hotline zur Insolvenz
Insbesondere für eine verbesserte Kommunikation haben die
Personalverantwortlichen ein großes Engagement bewiesen.
So ist speziell ein FAQ-System zum Insolvenzverfahren eingerichtet. Mitarbeiter stellen darin ihre Fragen über ihren
Filialleiter an die Personalabteilung.
Alle Fragen sind dort zusammengefasst, um beantwortet
zu werden. „Und zwar jede. Das war uns wichtig“, sagt Hönig. Auch die Fragen, die noch nicht beantwortet werden
konnten, sind dort zu lesen mit der Bitte um Geduld auf die
Antworten. Das halten die Verantwortlichen für besser als
36
wenn Beschäftigte ihre Informationen im Internet irgendwo
einholen. Denn andere Quellen streuen mit Ungenauigkeiten schnell Gerüchte und schüren damit Ängste und Unsicherheiten.
„Transparenz und Kommunikation sind alles. Denn eine Insolvenz verändert alle Regeln. Mitarbeiter kennen sich damit
nicht aus. Sie wissen nicht, was geschieht, haben viele Ängste
und bekommen oftmals falsche Informationen von Dritten“,
bestätigt Sachwalter Dr. Andreas Ringstmeier die Bedeutung. Daher sei es nicht ungewöhnlich, wenn sie „ein Gefühl
des Ausgeliefertseins“ beschleiche. Auf sie zuzugehen, ihnen
Zusammenhänge zu erklären, sie am Sanierungsprozess zu
beteiligen – dies alles sei geeignet, ihnen zu vermitteln, nicht
„Schachfigur, sondern Spieler“ zu sein.
„Wir gehen nicht auseinander, bevor
wir hier keine Lösung für die
1200 Menschen gefunden haben!“
Bei Strauss gehörten zum Mitgliederkreis im Gläubigerausschuss auch die Gesamtbetriebsratsvorsitzende und eine
Mitarbeiterin der Gewerkschaft. Kommunikation auf Gegenseitigkeit prägte auch die Betriebsversammlungen in der
Zentrale. Zum Austausch gehörte, keine einseitigen Information zu verkünden, sondern Mitarbeitern die Möglichkeit
einzuräumen, auch unangenehme Fragen zu stellen. Die of-
Zur Lösung gehörte auch der Ausspruch von rund 250
Kündigungen. „Ich habe den Mitarbeitern, die uns verlassen
mussten, Wertschätzung entgegengebracht in der Hoffnung,
dass sie – bei aller Enttäuschung – auch so angenommen
wird“, sagt Hönig. In fast allen Filialen, deren Schließung
beschlossen war, sei er gewesen. Diese Art von Trennungsbewältigungsarbeit, den persönlichen Austausch zu suchen,
verstehe er als Verantwortung in seiner Rolle als Personalleiter.
Zum Zurücklehnen ist nicht die Zeit
Insolvenzverfahren und akute Krise sind beendet. „Unser Job
ist jetzt, eine Mitarbeiterversammlung einzuberufen. Dem
neuen Investor ist das persönliche Kennenlernen ein ausdrückliches Anliegen“, sagt Hönig. Gekommen sei er, um zu
bleiben – nicht nur der Investor im Hintergrund. Auch sei es
an der Zeit, nochmals klarzustellen, was künftig anders wird,
welche Möglichkeiten auch finanzieller Art bestehen.
Der Personalleiter selbst hat sich vorgenommen, noch mehr
direkte Kommunikation zu pflegen, kürzere Wege zu gehen
und mit gestiegener Verantwortung noch häufiger in den Filialen zu sein. „Das Wichtigste ist, sich im Alltag zu beweisen und gute Arbeit zu liefern. Die Mannschaft bei Strauss
ist dafür unfassbar belastbar und motiviert“, lobt Hönig. Auf
diese Stärken müsse sich die Führung besinnen, um eine Erfolgsstory zu schreiben und die Belohnung für die Mühe und
den Einsatz einzustreichen. Im Unternehmen bricht die Zeit
der Stabilisierung und der nachhaltigen Entwicklung an.
Abgehoben scheint bei Strauss Innovation deshalb niemand.
Der Vogel Strauß kann ja auch nicht fliegen. Mit Bodenhaftung laufen klingt aber auch nach einem zukunftsfähigen
Lebensmotto. ~
Erfahrungswerte-Toolbox von
Personalleiter Marc Hönig
1. Etablierung einer gesunden Unternehmenskultur
vor der Krise
In der Insolvenz eine Kehrtwende zu machen, kann
nicht fruchten. Der Grundstein für ein funktionierendes Miteinander muss vorher gelegt sein.
2. Dialogbereitschaft und Dialogfähigkeit
Kommunikation ist einer der wichtigsten Punkte in
der Krise. Dies heißt nicht nur einseitige Information und Transparenz, sondern im Wesentlichen der
Dialog. Für die Führungsebene bedeutet dies: Fragen
der Belegschaft annehmen und das Signal setzen, sich
darum zu kümmern.
3. Aktivität und Gestaltungswille der Führungsmannschaft
Veränderungsprozesse können gut gelingen, wenn
jeder seinen Teil dazu beiträgt. Passivität lähmt.
4. Perspektiven
Den Mitarbeitern müssen kontinuierlich Perspektiven
aufgezeigt werden. Das Erreichen kleiner Etappenziele ist zu kommunizieren.
5. Brauchtum leben
Liebgewonnene Kleinigkeiten und „Unternehmensbräuche“ dürfen nicht zugunsten der aktuellen Krise
geopfert werden: Zeit nehmen für Geburtstagsgrüße,
Glückwünsche zum Jubiläum und Freundlichkeit etc.
Das Thema Krise darf nicht zu viel Raum einnehmen
und als Feigenblatt dafür hergehalten werden, dass
Wertschätzung nicht gelebt wird.
37
SCHWERPUNKT
SCHWERPUNKT
Wollen will gelernt sein
Manager-Coaching für Change-Prozesse
Text: Michael Groß
D
as Können allein ist nicht entscheidend, um ein Unternehmen aus der Krise zu führen. Was zur Bewältigung einer Krise rational notwendig ist, muss emotional
noch lange nicht überzeugend sein. Nur objektive Argumente reichen kaum aus, um Mitarbeiter zum engagierten
Mitmachen zu bewegen. Überzeugung und Vertrauen können nicht verordnet, nur aufgebaut werden. Die Führungskräfte sind dabei die Schlüsselfiguren. Sie sind zugleich
meistens Treiber und Antreiber, Beteiligte und Betroffene.
Kurzum: Unternehmensleitung und Führungskräfte stehen
unter einem außergewöhnlich hohen Entscheidungs- und
Erwartungsdruck. Trotz harter Einschnitte, zuweilen auch
für die eigene Person, haben sie sich als vertrauensvolle
Partner der Mitarbeiter zu bewähren.
Das Training und Coaching der Führungskräfte als wichtigste Träger der Change-Prozesse in Insolvenz- und Sanierungssituationen ist elementar, um ein Unternehmen
aus der Krise zu führen. Mit relativ geringem Aufwand ist
kurzfristig einiges zu bewirken. Hier ein Beispiel dafür, wie
Krisen als eine meist neue Erfahrung für Führungskräfte
individuell bewältigt werden können.
Selbstbewusstsein
erlangen
Der Bereichsleiter war im Unternehmen bekannt und anerkannt als entscheidungsfreudig und absolut zuverlässig in
der Umsetzung. Die Sanierung stellte kurzfristig hohe Anforderungen. Die Geschäftsführung sah im Bereichsleiter
einen der wichtigsten Mitstreiter. Denn auf ihn konnte man
sich ja verlassen – bisher.
Die Geschäftsführung sah im Bereichsleiter
einen der wichtigsten Mitstreiter. Denn auf
ihn konnte man sich ja verlassen – bisher.
Plötzlich haderte er aber mit Entscheidungen, zögerte bei
der Umsetzung und stellte immer wieder die Frage, ob der
eingeschlagene Weg auch richtig sei. Neue Fähigkeiten waren nicht nötig. Auch hatte er die volle Rückendeckung der
Geschäftsleitung.
Im Coaching zeigte sich schnell der Grund für seinen über38
raschenden Wechsel im Verhalten. In der neuen, unkalkulierbaren Krisensituation war sich der Bereichsleiter nicht
mehr sicher, den eigenen Maßstäben gerecht werden zu
können. Einer seiner sogenannten „Glaubenssätze“, die seine Arbeit prägten, war, alles im Griff haben zu wollen. Und
er vermutete, unter den neuen Rahmenbedingungen diesem
Anspruch nicht mehr gerecht werden zu können – also packte er nicht mehr beherzt an.
In wenigen Gesprächen wurde ihm in kurzer Zeit der Hintergrund für sein Verhalten selbst bewusst. Er konnte damit
umgehen und erkannte die neuen Unsicherheiten als Chance, nun erst recht den eigenen Ansprüchen gerecht werden
zu können. Die Krise im Unternehmen wurde so zur „Meisterprüfung“ der eigenen Führungsfähigkeit.
Engpässe
identifizieren
Situative Führung in Krisen bedeutet, schnell und konsequent Ziele zu verfolgen und akut relevante Stärken zu aktivieren. Dabei sind zahlreiche Herausforderungen im Alltag
zu bewältigen und – es tauchen unkalkulierbare Probleme
auf. Die Begleitung der Führungskräfte zentriert genau diese
Anforderungen im „Hier und Jetzt“, um die Krise im Unternehmen erfolgreich zu managen.
Dieses „Centric Coaching“ befähigt die Führungskräfte:
• persönliche Hindernissen zu erkennen und zu überwinden,
• Ursachen ihrer Herausforderungen zu bestimmen,
• passenden Lösungswege und Verhaltensweisen festzulegen,
erfolgreiche Verhaltensänderungen zu vertiefen.
Ausgehend von den individuellen Zielen und Motiven in
Bezug auf die aktuelle Krisensituation werden zunächst die
individuellen Leistungsanforderungen betrachtet und die
Herausforderungen herausgearbeitet, die sich daraus ergeben. Auf dieser Basis werden gemeinsam die wichtigsten
der vorhandenen Kompetenzen zum weiteren Vorgehen bestimmt, auch, um mit äußeren Einflüssen und Ereignissen
gezielt umgehen zu können.
Training und Coaching für Führungskräfte
hält Dr. Michael Groß für elementar wichtig
im Change-Prozess während einer Insolvenz
oder Sanierungsphase.
39
SCHWERPUNKT
Typischerweise ist der Ablauf im „Centric Coaching“:
1. Erstgespräch zur Klärung des Anliegens und
Möglichkeiten zur Unterstützung,
2. gemeinsame Formulierung der Zielsetzung und des
Vorgehens,
3. Coaching mit fortlaufender Überprüfung der Ergebnisse,
4. Anlassbezogene Begleitung im Alltag bei Bedarf
(auch telefonisch).
Für die ersten drei Schritte bedarf es in der Regel drei bis vier
Stunden innerhalb von zwei bis drei Wochen. Die Effekte
sind unmittelbar im Alltag spürbar, weil konkrete Situationen im Mittelpunkt des Coachings stehen.
Koffer voller
Instrumente
Je nach dem individuellen Engpass richtet sich auch der
Einsatz der Instrumente im Coaching. Die verborgenen
„Glaubenssätze“ sind nur eine von vielen Ansatzpunkten,
denen sich der Beratene durch die Fragetechnik des Coaches
bewusst werden kann.
Mitunter wollen Herz und Hand
etwas anderes – besonders in Krisensituationen. Die Beziehung der
Führungskräfte zu Mitarbeitern
wird auf eine Bewährungsprobe
gestellt. Das Herz hängt an der
alten Wirklichkeit, die Hand muss
die neue Realität umsetzen. Notwendige Entscheidungen können
mit dem sogenannten „Needs-Meter“ den Bedürfnissen
entsprechen. Falls kein Ausgleich möglich ist (und das ist
die Regel), wird sich die Führungskraft bewusst, warum sich
ein Teil der eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen lässt, und
lernt damit umzugehen, zum Beispiel ein ungestörtes Verhältnis zu Mitarbeitern zu wahren.
Häufig entstehen in Krisen auch Zweifel an der eigenen Stärke und Leistungsfähigkeit. Vor allem engagierte Führungskräfte können Krisen sehr persönlich nehmen, Fehler bei
sich suchen und „hadern mit ihrem Schicksal“. Einfach „den
Schalter umlegen“ fällt in dieser emotionalen Lage schwer.
Das Coaching kann die entscheidende Unterstützung bieten, den Weg aus der plötzlich entstandenen persönlichen
Krise zu finden. Mit dem „Star-Modell“ gelingt der Umgang
mit Schwächen und Aktivierung der vorhandenen Stärken,
passend zu den aktuellen Aufgaben.
Die Liste an möglichen Interventionen ist lang, passend zur
jeweiligen Situation. Grundlage ist immer, dass der Krisenmanager sich freiwillig und aus eigenem Antrieb dem Coaching widmet, wenn ein entsprechendes Angebot gemacht
wird. Anders bei einem Training von notwendigen Führungsfähigkeiten, also der Vermittlung und Vertiefung von
Kompetenzen. Dieses kann für alle Führungskräfte umgesetzt werden, um sie schnell „fit zu machen“.
40
Krisenkompetenz
sehr unterschiedlich
Auch bei Trainings ist ein „One size fits all“ wenig angemessen. Jede Führungskraft hat, je nach Zugehörigkeit im
Unternehmen und auch nach Erfahrungen, unterschiedliche Anforderungen und Erwartungen. Insofern eignet sich
ein modulartiger Aufbau, die Bedarfe abzudecken. Zugleich
wird dadurch erreicht, dass die Führungskräfte „on the run“,
also gestaffelt und in kompakten Einheiten während ihres
Krisenmanagements, trainiert werden.
Das Training und Coaching der Führungskräfte
erreicht, dass in Krisensituationen das Können
und das Wollen schnell aufgebaut und zusammen
wirksam werden. Überzeugte Führungskräfte sind
viel eher fähig, glaubwürdig und vertrauensvoll
aufzutreten, um das Personal zu binden und
erfolgreich durch die Krise zu führen.
„Führung in Krisen“
u
Aufgaben
priorisieren und Meilensteine verfolgen
In Krisen ist der Mut zur Lücke, nicht alles auf einmal
anpacken zu können, entscheidend. Die Entscheidungen
sind nicht nur zu treffen, vielmehr auch darzustellen.
u
Transparenz nach unten und oben schaffen
Verläufe und Zwischenstände, Unklarheiten und notwendige Justierungen sind im eigenen Team und
gegenüber den Vorgesetzten darzustellen.
u
Unsicherheiten annehmen und damit umgehen
In Krisen sind viele Fragen offen. Führung bedeutet, das
Wahrnehmen und Einordnen der entstehenden Unsicherheiten gegenüber Mitarbeitern, um nicht stillzustehen.
u
Inkonsistente Entscheidungen kanalisieren
Gegenüber Mitarbeitern entstehende Widersprüche
durch Fokussierung auf die aktuell wichtigen Aufgaben
nicht eins zu eins weitergeben und Problemstellungen
„nach oben“ spiegeln – mit Lösungsvorschlägen.
u
Fehlertoleranz erhöhen
In Krisen entstehen mehr Fehler als im Routinebetrieb,
nicht hadern, akutes Problem fixieren und im Übrigen die
Vorwärtsorientierung der Mitarbeiter bewahren.
u
Konflikte umgehend anpacken
In Krisen schaukelt sich schnell ein Thema hoch,
bekommt durch die erhöhte und selektive Wahrnehmung
eine erhöhte Relevanz. Entstehende Konflikte zu den
Zielen und Strategien, auch zwischen Mitarbeitern, sind
sofort anzugehen und aufzulösen.
41
SCHWERPUNKT
SCHWERPUNKT
Intelligente
Emotionen mit Effekt
Was in stürmischen Zeiten motiviert, an Bord zu bleiben
Text: Marzena Sierant
Mit mentalem Training unterstützt Marzena Sierant auch Mitarbeiterteams, ihre
innere Überzeugung positiv zu gestalten.
I
nnere Kündigung steht hoch im Kurs: Nur wenige Mitarbeiter haben eine hohe emotionale Bindung zu ihrem
Arbeitgeber. Mit diesem Ergebnis schockt die alljährliche
Studie des Gallup-Institutes regelmäßig den Markt.
Die Studie 2014 offenbarte Erschütterndes: 84 Prozent der
Mitarbeiter fühlen sich danach gering oder gar nicht an das
Unternehmen gebunden. Der negative Effekt für das jeweilige Unternehmen bedeutet: Dienst nach Vorschrift, höhere
Krankenstände und Fluktuation, weniger Motivation und
Innovation. Dabei gelten diese Ergebnisse nur für gesunde
Unternehmen. Wie die Zahlen in Firmen aussehen, die gerade eine Krisenphase durchstehen, möchte man sich nicht
ausmalen.
chen Fluktuation, Abwesenheit, Innovation, Qualität und
Arbeitsunfälle.
Emotional gebundene Mitarbeiter stehen für positive Werte:
¢ 43 Prozent weniger Fehlzeit
¢ 45 Prozent höhere Innovationskraft
¢ 72 Prozent mehr Empfehlung der Produkte und Dienste
Quelle: Studie Engagement Index Gallup 2013, Ausarbeitung: Marzena Sierant
Bedeutung von Bezahlung für
emotionale Bindung
Bezahlung und ein sicherer Arbeitsplatz zählen zu sogenannten Hygienefaktoren. Unzufriedenheit ist zwar damit
abzubauen, wenn diese Faktoren gegeben sind, Zufriedenheit und Motivation sind dadurch aber nicht gleichzeitig
aufzubauen. Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung setzen
viele Unternehmen mit monetären Reizen gleich. Bezahlung ist wichtig, hat aber geringere Bedeutung als gedacht.
Als Faktoren für Motivation gelten eher das berufliche Vorwärtskommen, das Weiterentwickeln, die Anerkennung, das
Übertragen von Verantwortung und interessante Aufgaben.
Auch diese Erkenntnisse bestätigt die Gallup-Studie. Mitarbeiter wertschätzen Werte wie Wachstum und Weiterentwicklung, wie Wahrnehmung als Mensch, wie das
freundschaftliche Umfeld, wie die Beachtung der Mitarbeitermeinung, wie Strategie und Mission, wie Talentförderung
und Anerkennung.
42
Emotionale Bindung durch
erfüllte Erwartungen
Je höher die Bedürfnisse und die Erwartungen der Mitarbeiter erfüllt sind, desto höher ist die emotionale Bindung.
Insbesondere in Zeiten von Veränderungen und Krisen, des
ständigen Wandels und der damit einhergehenden gestiegenen Anforderungen an jeden Einzelnen, ist es wichtig, sich
als Führungskraft mit der Frage der emotionalen Führung
auseinanderzusetzen.
Emotional kompetente Führungskräfte steuern eigene
Emotionen und Gefühlslagen und die ihrer Mitarbeiter. Sie
lenken Stimmungen und Haltungen in eine positive Richtung. Diese Kompetenzen sind erlernbar. Diese Kompetenzen zahlen sich in barer Münze aus.
Laut Gallup-Studie zeigen Arbeitsgruppen mit hoher emotionaler Bindung insbesondere Unterschiede in den Berei-
Während nur knapp die Hälfte der befragten Mitarbeiter
ohne emotionale Bindung beabsichtigen, noch in einem
Jahr bei derzeitiger Firma zu sein, wollen 93 Prozent mit
hoher emotionalen Bindung ihrem Arbeitgeber treu bleiben. Planungssicherheit hat also ein Unternehmen insbesondere mit Mitarbeitern, die emotional gebunden sind.
Zufrieden mit der Tätigkeit, die sie gerade ausführen, sind
immerhin 91 Prozent der befragten Mitarbeiter. Auch die
materielle Zufriedenheit wird von mehr als der Hälfte der
Befragten bejaht. Doch diese Zustimmung bringt anhand
der anderen Studien-Ergebnisse kaum Verlässlichkeit mit.
Bedeutende Rolle
des direkten Chefs
Auf die Frage „Haben Sie innerhalb der vergangenen zwölf
Monate aufgrund Ihres oder Ihrer direkten Vorgesetzten
daran gedacht, Ihr derzeitiges Unternehmen zu verlassen“
antworteten 45 Prozent der Mitarbeiter ohne emotionale
Bindung mit einem „Ja“. Bei emotional gebundenen Mitarbeitern waren es nur fünf Prozent.
Mitarbeiter verlassen nicht das Unternehmen, sie verlassen
in der Regel ihre unmittelbare Führungskraft. Der Schlüssel zur emotionalen Bindung der Mitarbeiter ist also das
Verhältnis zwischen dem Mitarbeiter und dem direkten
Vorgesetzten. Führungskräfte von Mitarbeitern, die emotional gebunden sind, haben diese laut Gallup offensichtlich
anders behandelt. Aussagen der Mitarbeiter spiegeln dies
wider:
¢ Ich habe bei der Arbeit die Gelegenheit, das zu tun,
was ich am besten kann.
¢ Bei der Arbeit scheinen meine Meinungen zu zählen.
¢ Mein Vorgesetzter interessiert sich für mich als Mensch.
Empathie und Reflexion
mit sozialer Kompetenz
Der unmittelbare Chef trägt also Verantwortung dafür, Bedürfnisse und Erwartungen von Mitarbeitern zu erfüllen. Je
besser dies gelingt, desto höher ist die emotionale Bindung.
Um Bedürfnisse aufzuspüren, sind diese Kompetenzen
wichtig: Empathie, Reflexion und soziale Kompetenz –
also Stärken in der emotionalen Intelligenz.
Eine der wichtigen Voraussetzungen für eine gesunde Führungskultur ist eine offene Kommunikation. Insbesondere in
Zeiten von großen Veränderungen und Krisen in Unternehmen ist es wichtig, den Mitarbeitern ein klares Bild zu skizzieren und sie einzubeziehen. Jeder Einzelne muss verstehen,
weshalb er diese Veränderung mitgehen soll. Eine regelmäßige und umfassende Kommunikation spielt dabei eine
wichtige Rolle. Ein häufig begangener Fehler in der Kommunikation während Veränderungsprozessen ist das stückweise Preisgeben von Informationen als „Salami-Taktik“.
Vertrauen und Loyalität stehen auf dem Spiel. Mitarbeiter
fühlen sich getäuscht statt einbezogen.
Bei Veränderungen geifen oft Ängste und Unsicherheiten
43
SCHWERPUNKT
um sich. Deshalb ist eine ausgeprägte andere Art von Klugheit bei Führungskräften gefragt: Einfühlungsvermögen, Interesse an Menschen und ein feines Gespür für die Situation
sind von großer Bedeutung. In Umbruchzeiten helfen mentale Stärke und emotionale Intelligenz (EQ) – Führungskräften wie Mitarbeitern. Emotionale Intelligenz ist messbar. Anhand eines EQ-Tests kann der Status quo analysiert
werden. Auf der Grundlage der Ergebnisse können Maßnahmen zur Entwicklung der Kompetenzen ergriffen und so
diese Stärke trainiert werden.
Die Gallup-Studie bestätigt: Sind die Bedürfnisse erfüllt,
steigt die emotionale Bindung. Das Thema wird aktuell auch
im Kontext mit der sogenannten „Generation Y“ diskutiert.
„Wir sind nicht faul. Wir wollen arbeiten. Nur anders. Im
Einklang mit unserem Bedürfnissen“, heißt es etwa im Buch
von Kerstin Bund „Glück schlägt Geld“. Über ihre Generation schreibt sie: „Das Statussymbol meiner Generation heißt
Selbstbestimmung. Was wir wollen, kostet nicht einmal
Emotionale Intelligenz
auf fünf Ebenen
Selbstwahrnehmung
Die eigenen Emotionen kennen und verstehen
Am Anfang steht die Selbstreflexion: Inwieweit kann
ich meine eigenen Stimmungen und Emotionen erkennen und verstehen?
Selbstregulierung
Emotionen handhaben
Inwieweit kann ich meine Stimmung und Emotionen regulieren? Wie gehe ich mit belastenden Situationen um?
Selbstmotivation und emotionale Beherrschung
Emotionen bewusst einsetzen
Inwieweit kann ich meine Gefühle positiv beeinflussen, mich motivieren, optimistisch und beharrlich sein?
Inwieweit setze ich Emotionen bewusst ein, um meine
Ziele auch in Krisenzeiten zu erreichen?
Empathie
Zu wissen, was andere fühlen
Die Grundlage der Empathie ist die Selbstwahrnehmung. Kann ich mich in andere hineinversetzen? Erkenne ich, wie es meinem Gegenüber, zum Beispiel meinen
Mitarbeitern, gerade geht?
Soziale Kompetenz
Umgang mit Beziehungen
Inwieweit kann ich mich auf Stimmungen meines
Gegenübers einstellen, Beziehungen aufbauen und
angemessen reagieren? Inwieweit kann ich die Stimmungen zum Beispiel meiner Mitarbeiter handhaben?
44
Geld: Mehr Flexibilität und Freiräume, regelmäßiges Feedback, gute Führung und Arbeit, die Sinn stiftet“.
Sinn und Arbeitszufriedenheit hängen bei vielen Menschen
Ihr Spezialist für die neuen Möglichkeiten
der Sanierung unter Insolvenzschutz
„ Ihr Unternehmen
ist mein Unternehmen
und am Erfolg der Sanierung
lasse ich mich messen.“
Quelle: Grundlegende Definition der emotionalen Intelligenz nach Mayer/
Salovey in Daniel Goleman „EQ. Emotionale Intelligenz“, Deutscher Taschenbuchverlag, München Ausarbeitung: Marzena Sierant
eng zusammen. Wann ergibt Arbeit einen Sinn? Wenn sie
mit den persönlichen Werten, Neigungen und Stärken des
Einzelnen im Einklang ist. Emotional intelligente Führungskräfte sehen und hören hin. Sie nehmen sich Zeit, um
ihre Mitarbeiter mit ihren Stärken, Werten und Motiven
kennenzulernen. Welche Bedürfnisse und Erwartungen haben sie? Was macht ihnen Freude? Was beschäftigt die Mitarbeiter? Was treibt sie an und was motiviert sie? Welche
Sorgen und Ängste haben die Mitarbeiter insbesondere in
Krisenzeiten?
Jan H. Wilhelm
Sanierungsberater - Insolvenzverwalter
Emotional gebunden
auch in Krisenzeiten
Führungskräfte sollten den Mitarbeitern dabei helfen, über
sich selbst zu reflektieren, sie sollen fordern und fördern.
Emotional kompetente Führungskräfte verstehen es insbesondere in Krisenzeiten, sowohl ihre eigenen Emotionen als
auch die ihrer Mitarbeiter zu verstehen und zu managen. Sie
beherrschen es, die kollektiven Emotionen und auch negative Stimmungen in eine positive Richtung zu lenken und zu
motivieren. Dabei sind sie nicht immer „nett“, sie reagieren
nur anders – zur rechten Zeit auf die richtige Art und Weise
– mit einer anderen Art von Klugheit außerhalb der fachlichen Kompetenz, eben mit emotionaler Intelligenz. Inhaber
und Manager fördern diese Art von Klugheit in ihrem Unternehmen, damit sie zu den wenigen Arbeitgebern gehören,
die stolz von sich behaupten können „Unsere Mitarbeiter
sind emotional an uns gebunden und sind auch in Krisenzeiten mit Herz, Hand und Verstand bei der Arbeit.“ ~
hww wienberg wilhelm Insolvenzverwalter
•
Mehr als 350 Mitarbeiter an über 20 Standorten in Deutschland.
•
Weltweites Netzwerk durch hww wienberg wilhelm insolvency
cooperation partner.
Gründungspartner Jan H. Wilhelm
Albert-Einstein-Ring 11
22761 Hamburg
Tel.: 040-85 399 78 – 0
E-Mail: [email protected]
45
SCHWERPUNKT
SCHWERPUNKT
Dr. Michael Groß, S.38
Marzena Sierant, S.42
Wichtig ist Transparenz:
Auch eine Führungskraft kann
ruhig Bedenken äußern, muss
gleichzeitig aber auch richtungsweisend den Weg aufzeigen, um
die Mitarbeiter zu motivieren.
Emotional intelligente Führungskräfte sehen und hören hin. Sie
nehmen sich Zeit, um ihre Mitarbeiter mit ihren Stärken, Werten und
Motiven kennenzulernen.
Corinna Schulz, S.60
Jochen Schümann, S.56
Statements:
Personal –
Bindung als
Anker?
Reibung ist schon erwünscht, denn richtig geführt sorgt die Vielfalt eines Teams
für neue Entwicklungspotenziale.
Persönliche Wertschätzung und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten – darauf
legen Führungskräfte in ihren Unternehmen den größten Wert.
Marc Hönig, S.32
Das Thema Krise darf nicht zu viel
Raum einnehmen und als Feigenblatt dafür hergehalten werden, dass
Wertschätzung nicht gelebt wird.
Peter Hützen, S.48
Wer öfter mal den Grünstift
statt den Rotstift nutzt, hat bald
auch wieder rosa Aussichten.
46
Thomas Schulz, S.52
Kommunikation ist ein zentrales Führungsmittel und ein entscheidender Erfolgsfaktor.
Viele Unternehmen funktionieren mehr schlecht
als recht stark vereinfacht nach dem Schema:
„Oben die Würdenträger, unten die Leistungsträger, in der Mitte die Bedenkenträger“.
47
SCHWERPUNKT
SCHWERPUNKT
Grünstift statt Rotstift
Arbeitsrechtlicher Rahmen für
Mitarbeiterbindung in der Krise
Text: Peter Hützen
K
risen
fordern
Sparmaßnahmen.
Auch im Personalbereich. Stellenstreichungen, Sozialauswahl, Entlassungen
– diese Einschnitte
hinterlassen Lücken. Eine Rationalisierung verlangt mitunter, dass wichtige Mitarbeiter gehen
müssen. Aber ist dies in jedem Fall zwingend? Wer den
rechtlichen Rahmen bei Restrukturierungen voll auszuschöpfen weiß, hat Alternativen.
Personal, qualifiziertes noch dazu, ist wertvoll.
Und teuer. In der Krise meist zu teuer. Regelmäßig wird restrukturiert und rationalisiert.
Reflexartig werden Arbeitsplätze zur (Personal-)Kostensenkung abgebaut. In der Krise
regiert der Rotstift. Die Kosten müssen runter,
die Belegschaft dafür raus.
Dabei ist die vermeintlich einfache Lösung,
Personalkosten über Entlassungen zu senken,
alles andere als eine leichte Übung. Die Entlassung von Mitarbeitern ist ein schmerzhafter und schwieriger Prozess mit
vielen juristischen Tücken. Die
meist ohnehin schon knappe
Liquidität kann dies kurzfristig
zusätzlich stark belasten.
Entlassungen
hinterlassen
Lücken. Gerade Mitarbeiter
in Schlüsselpositionen, oft für
eine erfolgreiche Sanierung
dringend benötigt, müssen
48
als Erste gehen oder verlassen
aus eigenem Antrieb das Unternehmen. Die Restbelegschaft
bleibt verunsichert zurück. Das
Betriebsklima ist durch den Personalabbau nachhaltig gestört. Die
Attraktivität als Arbeitgeber nimmt womöglich ab.
Eine sinnvolle Sanierungsstrategie erfordert deshalb
nicht nur kurzfristige Personalmaßnahmen zur Bewältigung einer akuten Krise. Vor allem gilt es, in Krisenzeiten langfristig den Bedarf, den Einsatz und die
Entwicklung von Personal zu planen sowie neu ausund einzurichten. Um eine aktuelle Krise erfolgreich
zu bewältigen, sind erforderliche, kurzfristig umzusetzende personelle Maßnahmen auf die
langfristig angestrebten Personal- und Erfolgsziele abzustimmen.
Orientiert an
Flexibilität
Einschneidende Maßnahmen wie Massenentlassungen lassen sich durch flexibilitätsorientierte Personalmaßnahmen mitunter
vermeiden. Es muss nicht stets die Kündigung sein. Zum „Entlassungsaktionismus“
gibt es Alternativen, die möglicherweise einen ausreichenden Beitrag zur Kostensenkung leisten.
Wo Zeit und Geld vorhanden sind, bieten
sich weniger einschneidende Maßnahmen zur
Kostenreduzierung an: Abbau von Überstunden, Ausgleich von Arbeitszeitkonten, Reduzieren von Weiterbildungsangeboten oder
Kürzen freiwilliger Sozialleistungen. Auch
Einstellungen zu stoppen, befristete Verträge
nicht zu verlängern oder Leiharbeit zu beenden, belasten die
Stammbelegschaft nicht.
Reichen flexibilitätsorientierte Maßnahmen nicht oder sind
alternative Maßnahmen bereits ausgeschöpft, können Kosten über Urlaubsabbau und Kurzarbeit gesenkt werden.
Angebote auf
Freiwilligkeit
Geht kein Weg mehr an Entlassungen vorbei, bieten sich
zunächst Freiwilligenprogramme, Vorruhestandslösungen
und Altersteilzeitvereinbarungen an. Sind diese weniger
einschneidenden Maßnahmen zeitlich oder finanziell nicht
umsetzbar, bleibt der Ausspruch von Kündigungen. Hierbei
sind allerdings die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu
wahren. Sind erhebliche Teile der Belegschaft betroffen von
einer krisenbedingt geplanten Betriebsänderung, etwa der
Stilllegung eines wesentlichen Betriebsteils, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die beabsichtigten Maßnahmen
unterrichten und mit ihm über das „Ob“ und „Wie“ der geplanten Restrukturierung beraten.
Außerdem ist ein Sozialplan mit dem Betriebsrat abzuschließen. Der Sozialplan, dessen Aufstellung der Betriebsrat bei
Massenentlassungen erzwingen kann, dient dem Ausgleich
bzw. der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile betroffener Mitarbeiter. Massenentlassungen erfordern zudem eine
Anzeige bei der Agentur für Arbeit.
Ausgleich aller
Interessen
Der Spagat zwischen dem kurzfristigen Abbau eines Personalüberhangs und der langfristigen Sicherung von Knowhow und Leistungsträgern wird meist schon sehr deutlich
bei den Beratungen mit dem Betriebsrat über das „Ob“ und
„Wie“ eines Personalabbaus, also den sogenannten Interessenausgleichsverhandlungen. Neben die Interessen des
Arbeitgebers treten die Interessen des Betriebsrats, der regelmäßig sämtliche Mitarbeiter vor Kündigungen bewahren
will.
Zusätzlich müssen bei der Auswahl der zu entlassenden
Mitarbeiter soziale Gesichtspunkte beachtet werden. Fehlt
eine soziale Auswahl oder sind soziale Aspekte der Mitarbeiter nicht ausreichend berücksichtigt, ist eine betriebsbedingte Kündigung auch dann unwirksam, wenn dringende
betriebliche Gründe für eine Entlassung vorliegen, etwa
beim Abbau eines Personalüberhangs.
Der Arbeitgeber muss daher im Vorfeld von Entlassungen
eine Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter nach ihrer
Betriebszugehörigkeitsdauer, ihrem Lebensalter, ihren Unterhaltspflichten und einer etwa bestehenden Schwerbehinderung vornehmen. Unter den vergleichbaren Mitarbeitern
eines Betriebes sind diejenigen zu kündigen, die am wenigsten sozial schutzwürdig sind. Kündigungen treffen danach
regelmäßig junge und leistungsfähige Mitarbeiter mit Potenzial, die im Vergleich zu älteren Mitarbeitern sogar geringere Kosten verursachen.
Ausnahmeklausel für
Leistungsträger
Mitarbeiter mit besonderen Kenntnissen, Fähigkeiten und
Leistungen können unter bestimmten Voraussetzungen jedoch von der Sozialauswahl ausgenommen und so vor Kündigung bewahrt werden. Allerdings stellt diese sogenannte
Leistungsträgerklausel eine Ausnahme dar. Stets ist eine einzelfallbezogene Abwägung des betrieblichen Interesses an
einer Weiterbeschäftigung des Leistungsträgers gegenüber
dem Interesse des aus sozialen Gründen schutzbedürftigeren
Mitarbeiters erforderlich.
Erleichterung bei der Sozialauswahl schafft auch die Möglichkeit, Mitarbeiter zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur von der Sozialauswahl auszusparen. Die soziale
Auswahl erfolgt dann nur innerhalb der hierfür gebildeten
Altersgruppen. Die Voraussetzungen für diese beiden gesetzlichen Ausnahmen von der Sozialauswahl werden von
den Arbeitsgerichten im Streitfall streng geprüft. Sie unterliegen hohen Anforderungen und führen daher meist nur
bedingt zum Erfolg.
Strategisches
HR-Management
Selbst dann, wenn es gelingt, die Mitarbeiter von Kündigungen auszunehmen, die für eine erfolgreiche Sanierung zentral
und wichtig sind, steht noch lange nicht fest, dass diese Mitarbeiter bleiben. Leistungsträger, Fach- und Schlüsselkräfte
mit erfolgskritischen Kompetenzen sind begehrt und umworben. Kriselt es im Unternehmen, bröckelt die Loyalität
und die, die dringendst gebraucht werden, gehen als Erste.
Krisen auf HR-Seite zu bewältigen erfordert daher neben
meist unumgänglichen, kostensenkenden Personalmaßnahmen ein langfristiges, strategisches Personalmanagement zur
Bindung leistungsbereiter und -fähiger Mitarbeiter. Gerade
in der Krise, in Sanierungs- und Restrukturierungssituationen gilt es, die für den Turnaround notwendigen Mitarbeiter
zu binden und damit die Weichen für die Zukunft zu stellen.
Entscheidend für die Mitarbeiterloyalität sind
eine frühzeitige, eindeutige und transparente
Kommunikation sowie die Unterstützung der vom
Personalabbau betroffenen Mitarbeiter durch Outplacement oder Transferleistungen.
Wie aber bleibt ein Unternehmen trotz Stellenabbau und
unsicherer Zukunft attraktiv für Schlüsselmitarbeiter und
Leistungsträger? Entscheidend für die Mitarbeiterloyalität
sind eine frühzeitige, eindeutige und transparente Kommunikation sowie die Unterstützung der vom Personalabbau
betroffenen Mitarbeiter durch Outplacement oder Transferleistungen. Dies belegt eine Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP), die im Jahr 2009 als
Praxispapier unter dem Titel „Personalmanagement in der
Wirtschaftskrise“ erschienen ist.
49
SCHWERPUNKT
Bindung flankieren mit
Bleibe- und Treueprämien
Arbeitsrechtlich kann die Bindung von Mitarbeitern vor
allem durch „Retention-Boni“, also Bleibe- oder Treueprämien flankiert werden. Repressive Bindungsmöglichkeiten,
wie das Vereinbaren von Wettbewerbsverboten oder Rückzahlungsklauseln, eignen sich dagegen in der Regel nicht als
wirksames Bindungsinstrument in der Krise.
Die Ausgestaltung der Boni unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, wenn die Treueprämie neben
ausgewählten Mitarbeitern auf Leitungsebene für eine größere Zahl oder Gruppen von Mitarbeitern zur Verfügung
stehen soll. Dies gilt, soweit es sich nicht um tarifvertraglich
geregelte Ansprüche handelt. Zwar kann der Arbeitgeber
frei darüber verfügen, ob er Treueprämien einführt. Bei der
Entscheidung darüber, welche Mitarbeiter(-gruppen) eine
Prämie unter welchen Voraussetzungen in welcher Höhe
erhalten sollen, ist indes der Betriebsrat zwingend zu beteiligen.
Auf die Art der Boni
kommt es an
Bei der vertraglichen Ausgestaltung von Retention-Boni
sind Besonderheiten zu beachten. Zum einen kommt es für
die Zulässigkeit und Wirksamkeit bei Bonusvereinbarungen
auf die Art der Prämie an. Üblich ist es, die Bonuszahlung an
den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten
Stichtag zu knüpfen. Oftmals wird auch danach unterschieden, ob das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt (Stichtag) entweder von keiner Seite oder zumindest
nicht vom Mitarbeiter gekündigt wurde.
Manche Vereinbarungen sehen neben dem Treueaspekt,
50
dem (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses, zusätzlich das Erreichen bestimmter Ziele oder Leistungen als
Voraussetzung für die Bonuszahlung vor. Bonizahlungen,
die zumindest auch die Arbeitsleistung honorieren, können nicht mehr von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses
zu einem bestimmten Stichtag abhängig gemacht werden.
Eine solche Verknüpfung von Arbeitsleistung und Bestand
des Arbeitsverhältnisses hält die Rechtsprechung inzwischen
für unzulässig.
Die reine Belohnung der Betriebstreue kann jedoch nach wie
vor vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses
zum Auszahlungszeitpunkt der Prämie abhängig gemacht
werden. Bei einer allein auf die Loyalität des Mitarbeiters
abstellenden Zahlung muss auch nicht danach unterschieden werden, wer gekündigt hat und auf welchen Gründen
eine Kündigung beruht.
Personaleinsparungen, insbesondere ein
massiver Personalabbau, können nur dann einen
erfolgreichen Beitrag zur Sanierung leisten, wenn es
gleichzeitig gelingt, wichtige Mitarbeiter an
das Unternehmen zu binden.
Fazit
Erfolgsstrategien zur Krisenbewältigung erfordern auf HRSeite einen weiten Spagat. Personaleinsparungen, insbesondere ein massiver Personalabbau, können nur dann einen
erfolgreichen Beitrag zur Sanierung leisten, wenn es gleichzeitig gelingt, wichtige Mitarbeiter an das Unternehmen zu
binden. Wer öfter mal den Grünstift statt den Rotstift nutzt,
hat bald auch wieder rosa Aussichten. ~
SCHWERPUNKT
SCHWERPUNKT
Nach innen wie nach außen
Reputation aufbauen
Text: Thomas Schulz
V
„Vergessen Sie Ihre externen Konkurrenten, wenn Ihr
schlimmster Feind die Art und Weise ist, wie Sie im Unternehmen miteinander kommunizieren.“ – Mit dieser
Botschaft bringen Jack und Suzy Welch in ihrem Bestseller
„Winning – Das ist Management“ die Herausforderungen
auf den Punkt.
ernachlässigte oder unzureichende interne Kommunikation ist häufig Beleg dafür, dass einem Unternehmen
seine Strategie abhandengekommen ist. Die Führung lebt
planlos von der Hand in den Mund, wartet auf Impulse von
außen, blockiert gute Ideen.
„Managementfehler und mangelnde interne Kommunikation“ nannte Horst Piepenburg als Vorstandsvorsitzender von Babcock Borsig in
Interviews als häufigste Ursache für Unternehmenskrisen.
Beim Studium der Hidden
Champions bis hin zur Analyse der schlimmsten Managementfehler finden sich
mannigfaltige Erfahrungswerte zu gutem Management. Die
spannende Frage dabei ist, ob Fehlentscheidungen tatsächlich ausschließlich im Rückspiegel zu erkennen sind. Viele Vorstände haben sich Übernahmen und Fusionen in den vergangenen Jahren schöngeredet,
unterm Strich jedoch den Wert des eigenen Unternehmens
drastisch gemindert. Mit den entsprechenden Reputationsund Vertrauensverlusten nach innen wie nach außen. Statt
offener Fehlerkultur konzentrieren Manager sich zu sehr
darauf, schon getroffene Entscheidungen zu rechtfertigen –
und intern „von oben herab“ zu kommunizieren.
In der Praxis erstaunt zum Beispiel immer wieder, wie sehr
sich Vertrieb, Marketing und Unternehmenskommunikation gegenseitig blockieren können und dürfen.
Zentrales Führungsmittel
Kommunikation
Kommunikation ist ein zentrales Führungsmittel und ein
entscheidender Erfolgsfaktor. Viele Unternehmen funktionieren mehr schlecht als recht stark vereinfacht nach dem
Schema: „Oben die Würdenträger, unten die Leistungsträger,
in der Mitte die Bedenkenträger“. Zahlreiche Führungskräfte genießen nach wie vor ihr Herrschaftswissen – gegenüber
52
ihren Mitarbeitern und gegenüber ihren Kollegen. Dabei
sollten sie eigentlich dafür Sorge tragen, dass ihre Mitarbeiter die Unternehmensziele nicht nur kennen, sondern diese
im Dialog verinnerlichen und tagtäglich umsetzen. Glaubwürdige Reputation von Unternehmen entwickelt sich von
innen nach außen. Dazu gehört die Herausforderung, Kommunikation zwischen Abteilungen und Bereichen
zu befördern. Andernfalls besteht die
Gefahr, an Schnittstellen zu verbluten. Betriebsversammlungen sind
selbstverständlich ein notwendiges Mittel der internen Kommunikation. Sie allein reichen
indes nicht aus. Regelmäßig unterschätzen Unternehmensleitungen unter anderem die Bedeutung der
lokalen Pressearbeit als wesentlicher
Bestandteil der Kommunikation mit
Mitarbeitern. Nur wer sich selbst vertraut, dem wird vertraut.
Projekte mit Sinn und
Verstand vorbereiten
Scheitern Unternehmen, Projekte oder auch Beziehungen,
dann ist „mangelnde Kommunikation“ die klassische Ausrede. Dabei wird unter den Teppich gekehrt, dass Führungskräfte falsche Lehren aus ihren bisherigen Erfahrungen ziehen, zu wenige Ressourcen zur Verfügung stehen, Projekte
unzureichend vorbereitet sind. In manche Projektteams werden in erster Linie entbehrliche Führungskräfte und nicht
unbedingt die eigentlichen Leistungsträger beordert.
Die Teammitglieder haben ihre Projektaufgaben jedenfalls
regelmäßig über ihr Alltagsgeschäft hinaus zu meistern.
Diese Teams brauchen von Beginn an einen ersten plausiblen „Sprachschlüssel“ gegenüber Mitarbeitern, einen anregenden Austausch mit einem motivierten Vorstand – und
immer einen konstruktiven Querdenker im Team. Andernfalls werden innere oder formelle Kündigungen schon zu
Beginn des Projekts provoziert.
53
SCHWERPUNKT
Vorstände, die sich vor allem auf harte Kennziffern wie
Quartalszahlen und Personalkosten konzentrieren, bezweifeln mitunter, dass ihr Unternehmen wegen einer inhaltlich
und strukturell gut aufgestellten Kommunikation mehr Geld
verdient. Gute Pressesprecher arbeiten ‚drinnen draußen‘
und ‚draußen drinnen‘. Sie vertreten selbstverständlich ihr
Unternehmen standhaft in der Öffentlichkeit. Sie können
und sollten gleichzeitig im Unternehmen als beratendes
SCHWERPUNKT
dann mitunter so heftig auseinander, dass Coaches oder Mediatoren situativ hilfreich zur Seite springen müssen.
Sie taugen aufgrund ihrer Erfahrungen als Sparringspartner,
bringen sich bei Krisen oder Konflikten mit ergänzenden
Sichtweisen und Perspektiven ein. Sie prüfen, wie plausibel
der Sprachschlüssel gegenüber allen Anspruchsgruppen ist
und identifizieren somit offen Stärken und Schwächen der
Geschichte hinter dem Projekt.
Kommunikation als Treiber
des Transformationsprozesses
Frühwarnsystem agieren und dafür Wertschätzung erfahren.
Sie sagen offen und ehrlich, in welche Richtung sich – intern
wie extern – Meinungen, Themen oder auch Märkte aus ihrer Sicht entwickeln.
Zu erfolgreicher Kommunikation gehört der rechtzeitige
Dialog mit Mitarbeitern, mit Kunden, mit Lieferanten, mit
Geschäftspartnern und mit Zielgruppen der (Fach-)Öffentlichkeit. Wer diese Mühen auf sich nimmt, der kann seine
Mitarbeiter frühzeitig mitnehmen, Meinungsführerschaft
erreichen, Zweifler überzeugen und Kritikern intern wie extern angemessen Paroli bieten.
Kommunikation ist Treiber von Transformationsprozessen,
die Unternehmen vorwärts bringen sollen. Belegschaften
können frühzeitig daran mitwirken, die Strategie und die
Ziele zu formulieren. Sie postulieren zu Recht „Wir sollten
unser Geschäft am besten kennen“ oder „Wenn das Unternehmen wüsste, was das Unternehmen weiß“.
Sobald Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rechtzeitig eingebunden werden, verstehen sie die Ziele als ihr Eigen. Dabei
dürfen keine falschen Erwartungen geweckt werden. Nachhaltige, widerstandsfähige Transformationsprozesse fordern
von allen Beteiligten Konsequenz und einen langen Atem.
Je glaubwürdiger Unternehmensführungen eine Kommunikationspolitik des offenen Wortes pflegen und erlebbar gestalten, desto zügiger verändern sie Strukturen und Prozesse.
Der offene Dialog berührt alle Bereiche – von der Forschung
und Entwicklung über die Personalentwicklung und den
Vertrieb bis in den Service. Zahl und Umfang von Projekten
sollten das Unternehmen schlicht nicht überfordern. Man
sollte nicht immer und immer wieder eine neue „Projektsau
durch’s Unternehmen jagen“.
Kopf, Herz
und Hand
Ein Facharbeiter der Automobilindustrie soll sich in seine
wohlverdiente Rente mit der Bemerkung verabschiedet haben, das Unternehmen habe immer nur seine Hände bezahlt
– dabei hätte es auch seinen Kopf haben können. Auf allen
Ebenen gibt es engagierte Mitarbeiter, die sich gerne mit
Kopf, Herz und Hand einbringen. Dies gilt es zu fördern
und zu fordern. Dazu bedarf es einer offenen Dialogkultur
quer durch das Unternehmen. Einer Kultur, in der es für
Vorstände eine Selbstverständlichkeit ist, auf den Fluren mit
Mitarbeitern regelmäßig Gespräche zu führen. Einer Kultur,
in der die Vertriebsorganisation ihre zahlreichen Gespräche
regelmäßig auswertet und Konsequenzen daraus zieht. Eine
Kultur, in der Beschwerden dazu genutzt werden, jeden Tag
besser zu werden.
Der Prophet gilt nichts im eigenen Land bzw. im eigenen
Unternehmen. Deshalb bearbeiten häufig Externe die Aktionsfelder, die den konstruktiven Dialog quer durch das Unternehmen fördern und fordern sollen.
Selbst in konstruktiven Unternehmenskulturen drohen
Sackgassen, in die sich Mitarbeiter, Führungskräfte und
Projektteams verfahren. Treiber und Blockierer setzen sich
54
der Versuch, den meist ohnehin schon spärlichen Informationsfluss zu stoppen, häufig auf „höchst vorsorglichen“
anwaltlichen Rat. Damit stellt der Unternehmer jedoch
Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und Journalisten einen
Freibrief für Gerüchte und Spekulationen aus. Besser ist es,
angemessen sachlich nach innen wie nach außen zu kommunizieren. Es gilt, gerade jetzt Vertrauen zurückzugewinnen,
sprachfähig und aussagekräftig zu sein.
Selten brechen Krisen völlig überraschend über die Belegschaften
herein. Diese kennen ihr Geschäft und erkennen Tendenzen und Entwicklungen
häufig zuerst. Es gab und
gibt sachlich keine guten
Gründe für eine ‚Vogel Strauß
Politik‘ des Zu-Spät-Wahrnehmens, des Zu-Spät-Auseinandersetzens,
des Zu-Spät-Gegensteuerns, des Zu-Spät-Kommunizierens, selbst wenn dies menschlich nachzuvollziehen ist.
Je ehrlicher eine Geschäftsführung oder ein Vorstand zu
sich selbst sein kann, desto früher kann sie bzw. er realistische Ziele und Wege aus der Krise erarbeiten und vorgeben.
Diese Ziele und Maßnahmen sollten durchaus ambitioniert
sein, nicht jedoch zu verständnislosem Kopfschütteln in der
Belegschaft und bei Marktpartnern führen. Die Herausforderung in dieser Phase lautet, die Leistungsträger im Unternehmen auf allen Ebenen an Bord zu halten – obwohl
Wettbewerber und Headhunter nunmehr ständig bei eben
dieser Olympiamannschaft durchklingeln.
Die Arbeitnehmer wollen, sollen und müssen die Gewissheit haben, dass mit ihnen und ihren Jobs verantwortungsvoll und fürsorglich umgegangen wird – auch wenn Einschnitte wirtschaftlich geboten und vernünftig sind. Eine
glaubwürdige, verlässliche Kommunikationspolitik ist dabei
ein wesentlicher Baustein.
Solides Handwerk,
keine Raketenwissenschaft
Viele Anbieter trauen sich Kommunikation in der Krise
zu. Das Spektrum reicht von europa- und weltweit aufgestellten Strategen, die mit ihren Juniorberatern intern eine
lange Werkbank anbieten, bis hin zu einer überschaubaren
Anzahl an Dienstleistern, die die Nische der internen wie
externen Kommunikation bei Insolvenzverfahren beherrschen. Viele Agenturen oder
im Zuge der Verlagskrise entlassene
Journalisten kennen sich in einzelnen Branchen besonders gut aus.
Am Ende des Tages betreiben
diese alle keine Raketenwissenschaft, sondern solides Handwerk
– manche mit erfahrenen Gesellen,
andere mit jungen oder auch erfahrenen
Meistern. Gerade in der Krise sollte es
im Projektteam menschlich passen
und ein gemeinsames Verständnis
von Information als Bringschuld bestehen. In der Krise müssen Aktionsfelder ‚auf Zuruf‘ bearbeitet werden können.
Ausblick: Der Stellenwert von (interner) Kommunikation
nimmt weiter zu. Auf absehbare Zeit kommen Geschäftsleitungen nicht umhin, einen professionellen Dialog mit ihren
Belegschaften zu führen. Das verlangt schon der demografische Wandel. Manager und Inhaber sollten rechtzeitig notwendige Dialog- und Transformationsprozesse anstoßen. ~
Externe Expertise
durch Krisenerprobte
Es gibt nichts Gutes …
Entscheiden!
Unternehmerisches Risiko ist davon geprägt, dass bei einer Entscheidung nicht alle Informationen umfassend zur
Verfügung stehen. In akuten Krisenszenarien potenziert
sich diese Herausforderung. Zügige Entscheidungen sind
gefordert und – mehr noch als beim alltäglichen unternehmerischen Risiko – auf Grundlage der aktuell vorhandenen
Informationen auch zu fällen.
Gerne leugnen Unternehmenslenker anfangs, dass etwas
nicht stimmt. Damit vergeuden sie wertvolle Zeit. Es folgt
Die Geschäftsleitung sollte wissen, ob das Unternehmen
selbst ausreichend Expertise und Courage besitzt, Krisenszenarien zu bewältigen. Möglicherweise benötigt das Unternehmen lediglich noch eine verlängerte Werkbank, um
den zusätzlichen Aufwand qualifiziert bewältigen zu können. Häufig allerdings sind externer Sachverstand, weitere
Perspektiven und hinreichend Erfahrung mit den Besonderheiten und Eigenheiten in kritischen Situationen gefordert.
Folgende Herausforderungen sollten – insbesondere bei Insolvenzverfahren – auf jeden Fall gemeistert werden:
• Die Mannschaft und die Leistungsträger sind an Bord
zu halten.
• Der Geschäftsbetrieb ist im Zusammenspiel mit Kunden und Lieferanten stabil sicherzustellen.
• Das Interesse eines geeigneten Investors ist in
einem strukturierten Bieterverfahren zu wecken.
55
SCHWERPUNKT
SCHWERPUNKT
„Kapitäne binden jedes
Crew-Mitglied ein“
Führen, vertrauen, gewinnen im Team – Deutschlands
erfolgreichster Segelsportler aller Zeiten weiß, wie es geht.
Ein Interview mit Jochen Schümann über Erfolgsstrategien.
Text: Sylvia Wipperfürth
© Esimit Europa/Manuel Kovsca
Herr Schümann, Sie sind in Köpenick geboren und leben im oberbayerischen Penzberg. Segeln drängt sich da
nicht unmittelbar auf? Wieso ist es dieser Sport geworden und nicht ein Sport wie Fußball?
Jochen Schümann: Am Anfang meiner Schulzeit habe ich einige Sportarten und Hobbys ausprobiert. Über Schwimmen,
Turnen, Fußball bis hin zum Musizieren. Zum Segelsport
bin ich über eine Schul-Arbeitsgruppe gekommen, die sich
„Bootsbau und Segeln“ nannte. Interessiert haben mich dabei zunächst das Handwerkliche und das Arbeiten mit Holz.
Wenn man als kleiner Junge Boote baut, möchte man natürlich irgendwann einmal ausprobieren, ob das Boot auch
funktioniert. Das war dann der Startschuss zum Segelsport
in Berlin.
Welche Faszination übt der Segelsport auf Sie aus?
Das Faszinierende ist nach wie vor die Komplexität, das
Zusammenspiel von technischen und sportlichen, vor allem
aber auch strategisch-taktischen Komponenten. Das breite
Spektrum der Anforderungen macht die Sportart sehr abwechslungsreich und interessant.
Die Komplexität macht es sicher nicht immer leicht, auf
Kurs zu bleiben. Schaffen Sie dies mit erlerntem Wissen,
Intuition oder durch Heranziehen von Erfahrungswerten?
56
Für jede Tätigkeit, in der man Erfolg haben möchte, sind die
Antriebsfedern stets die eigene Begeisterung und Freude an
der Sache selbst. Das hört sich vielleicht zunächst ein wenig lax an. Nur dann, wenn man in dem, was man tut, seine
Erfüllung findet und den tieferen Sinn für sich darin sieht,
ist man in der Lage, überdurchschnittlich viel zu leisten, all
diese Facetten auszufüllen, sich weiterzuentwickeln. Wer
diese Motivation aus dem Inneren heraus nicht hat, wird nur
durch äußere Anreize nie so erfolgreich werden, wie er es
gerne wäre. Dazu kommen alle anderen Bereiche, die man
sich nur mit viel Disziplin erarbeiten kann: Technikverständnis, Fitness, das Erlernen des erforderlichen Handwerks, der
Trainingsfleiß, eine starke Psyche. Nur, wenn alle Faktoren
ausgebildet sind, wird man auch langfristig erfolgreich sein.
bewerbsfähig ist. Dies ist in allen technischen Sportarten so.
Die Techniker, Bootsbauer und Segelmacher sind Teil des
Teams und müssen einen super Job machen und die Voraussetzungen schaffen, dass die technische Wettbewerbsfähigkeit überhaupt erst gewährleistet ist.
Die Segler müssen im Vorfeld zu einer Regatta eine Menge
Informationen einholen und bewerten. Es geht hauptsächlich
um die Analyse harter Fakten als Basis für spätere, im Rennen
selbst zu treffende Entscheidungen anhand von Wetterdaten,
Strömungsdaten etc. Schon vor dem Rennen informiere ich
das Team über die Vorhersagen und erläutere unsere Strategie, und bereite sie auf die einzelnen Ziele innerhalb der
Wettfahrt vor. Das ist immens wichtig, damit alle auch in die
gleiche Richtung und auf das gleiche Ziel hinarbeiten.
Mich selber bereite ich vor, indem ich meine Ernährung entsprechend ausrichte, meine Kleidung auswähle, sodass die
Abläufe im Wettkampf selber so perfektioniert sind, dass sie
mich nicht mehr ablenken von den Führungsaufgaben als
Skipper sowie von taktischen und strategischen Entscheidungen. Im Rennen gilt meine ganze Aufmerksamkeit dem
Team, dem Boot, den Gegnern und den sich permanent ändernden äußeren Bedingungen.
Wie lange dauert so eine Vorbereitungsphase?
Das ist eine Frage der sportlichen Priorisierung. Im Jahresverlauf bereite ich mich stets auf einen Jahreshöhepunkt vor.
Steht eine Teilnahme bei den Olympischen Spielen an, ist
der Rhythmus ein vier Jahre umfassender mit dem Fokus auf
die Spiele, wobei alle anderen Wettbewerbe während dieses
4-Jahres-Zyklus – auch Weltmeisterschaften etc. – untergeordnet sind. Diese Wettkämpfe dienen zur Entwicklung der
Wettkampfhärte bei Olympia.
Die detaillierte Vorbereitung ist durchgeplant bis zu dem Tag,
an dem der eigentliche Wettkampf stattfindet. Dann geht es
darum, seine Routine abzuspulen, sich nicht beeinflussen zu
lassen, gleichzeitig aber offen genug zu sein, alles wahrzunehmen, was an dem Tag Besonderes und Wettkampfrelevantes
passiert, um darauf konkret reagieren zu können.
„Führung ist eine Frage gegenseitigen Vertrauens.
Wichtige Aufgabe des Team-Captains ist,
jedes Crew-Mitglied ins Team einzubinden.“
Sie segeln auf verschiedenen Booten. Eines der größten
ist die Esimit Europa 2, die im Moment auch als Botschafter für die Europäische Vision segelt. Eine Mannschaft von 20 Crew-Mitgliedern an Bord eines 30 Meter
langen Schiffes, das einen Mast von 44 Metern Höhe hat
– da bleibt trotzdem nicht viel Platz für Privatsphäre oder
individuelle Vorlieben und Sonderwünsche. Wie halten
Sie Ihre Mannschaft an Bord? Wie halten Sie den Teamspirit hoch?
Bei solch einer Rennmaschine müssen alle 20 Crew-Mitglieder das Boot technisch verstehen. Notwendig ist eine sehr,
sehr gut abgestimmte Interaktion von allen 20 Crew-Mitgliedern. Eine einzelne Person kann nichts ausrichten. Allen
muss dabei das Hauptziel klar sein. Außerdem geht es darum,
die aktuellen, kleineren Ziele während eines Rennens konkret festzulegen und perfekt auszuführen. Wenn diese kleinen
Etappenziele erreicht werden, sind dies Erfolgserlebnisse, die
Was davon ist übertragbar auf den Bereich des Lebens als
„Nicht-Segler“?
Eigentlich kann man all dies auf jeden Lebensbereich übertragen. Unabhängig von der Tätigkeit entwickelt man sicher
nur Interesse und sucht nach Perfektion in seinem Job, wenn
man aus innerer Überzeugung seine Erfüllung darin findet.
Der eigene Antrieb ist Voraussetzung für den Erfolg. Unsere
Gesellschaft ist so vielfältig, dass fast jeder die Möglichkeit
hat, seine Passion zu finden, um darin dann besonders gut
zu sein.
„Der eigene Antrieb ist Voraussetzung für Erfolg“
Neben dieser Motivation bedarf eine Segelregatta sicher
auch einer konkreten Vorbereitung? Wie gestalten Sie
diese Phase für sich, wie für Ihre Mannschaft?
Im Segelsport gehen die Vorbereitungen weit zurück, bis hin
zum Design, dem Bau und der Installation neuer Technik.
Das ist ähnlich wie bei der Formel 1, wo etliche Menschen
in der pitlane dafür sorgen, dass das Auto überhaupt wett-
© DSBL/Lars Wehrmann
Eingespielte Teams muss Kapitän Jochen Schümann führen.
57
SCHWERPUNKT
die Motivation stärken. Jeder sieht, was seine Beteiligung am
Gesamterfolg ist. Erfolg spornt an. Wenn diese Kette einmal
in Fluss kommt, sich jeder gefordert fühlt, seine Wertigkeit
für den Erfolg kennt und dafür die entsprechende Anerkennung erhält, ist das Hauptziel in erreichbarer Nähe.
Mannschaftsführung ist eine Frage des gegenseitigen Vertrauens. Ein Teammitglied braucht zum Beispiel mehr Zuspruch
als ein anderes. Ein Anderer muss eher gebremst werden,
wenn er nervös oder übermotiviert ist. Und wenn ich als Skipper merke, dass einer nicht oder nicht im gleichen Rhythmus
mitzieht, bzw. ein Hand-in-Hand-Arbeiten nicht gelingt,
dann werde ich zuerst versuchen, die Beteiligten selbst zum
Sprechen zu animieren, damit sie das Problem selbst erkennen und einer Lösung zuführen. Eine wichtige Aufgabe des
Team-Captains ist, jedes Crew-Mitglied ins Team einzubinden. Die Einbindung und das Erkennen der Notwendigkeit
der Intervention gelingen nur, wenn man das nötige Gespür
und die kommunikative Kompetenz dafür mitbringt und in
der Lage ist, auch Feedback des Einzelnen zu akzeptieren.
„Auch schwierige Charaktere anheuern, wenn
das neue Fachkompetenzen ins Team integriert“
Wie gehen Sie mit Teamkonflikten um?
Die Konflikte entstehen meist bei der Zusammenstellung
der Crew im Vorfeld des Wettbewerbes. Dann merke ich, ob
ein Einzelner in das Team passt oder eben nicht. Dabei sammelt man als Skipper Erfahrungen und führt die Leute in
die richtige Position und in die Aufgabe hinein mit dem Ziel
der Interaktion aller Mitglieder. Das ist auch eine Frage des
Managements. Dabei geht es auch nicht darum, den butterweichen Weg zu wählen. Dies schließt ein, dass man durchaus auch schwierige Charaktere anheuert, wenn dadurch
neue Fachkompetenzen in das Team integriert werden können. Reibung ist schon erwünscht, denn richtig geführt, sorgt
die Vielfalt eines Teams für neue Entwicklungspotenziale.
Wichtig ist nur, dass dies im Sinne des gesamten Teams ist
und nicht zum Herausheben eines Einzelnen. Dabei helfen
Transparenz und Ehrlichkeit und eine offene Kommunikationskultur. Ebenso habe ich nie das Motto „hire & fire“ gelebt.
Die Investition in jede Person ist eine wertvolle Ressource
und eine wichtige Entscheidung. Daher war es mir immer
wichtig, die gesamte Crew von Anfang bis Ende einer Kampagne zusammenzuhalten. Eine neue Heuer kann nur selten
die einmal getätigte Investition wettmachen. Außerdem ist
die Einbindung eines neuen Crew-Mitglieds in ein bereits
gewachsenes Team schwierig und ein aufwendiger und langwieriger Integrationsprozess.
Welche Aufgaben haben Sie als Skipper und welche Eigenschaften muss ein guter Skipper mitbringen?
Hier geht es um Vertrauen und Verantwortung, um Respekt
und Verständnis. Natürlich muss man bereits benannten Sachverstand mitbringen und einen Vertrauensvorschuss durch bereits erbrachten Erfolg erhalten. Darüber hinaus muss man,
58
SCHWERPUNKT
um eine gewisse Leadership zu haben, Ruhe ausstrahlen, viel
Erfahrung haben, die Übersicht behalten können, viel Verständnis auch für situative Leistungen und Minderleistungen
Einzelner mitbringen und Verantwortung übernehmen. Entscheidungsfreudigkeit ist ebenfalls immens wichtig.
zuverlässig als Erster zu erreichen. Zaudern würde bedeuten,
dass man mit flatternden Segeln im Wind steht und rückwärts treibt. Segeln ist wie dreidimensionales Schach: ein
Strategiesport in Verbindung mit modernsten Technologien,
konsequentem Teamwork und angetrieben von den sich permanent ändernden Kräften der Natur.
„Rockstar-Charaktere haben im Team
keinen Platz – das Team ist der Star!“
Loyalität bedeutet für Sie…?
Gute Frage… dazu hatten wir ein relativ schlechtes Beispiel
im America´s Cup. Da wurde von einem Team die Gegnerschaft gegenüber den anderen Teams überbetont unter der
„Flagge der Loyalität“. Wenn man sich gegen andere ausspricht, wird der Begriff natürlich sehr schnell schlecht besetzt. Ansonsten glaube ich, dass Loyalität extrem wichtig ist,
gerade innerhalb eines Teams. Insbesondere, wenn es darum
geht, technisches Know-How und gemeinsame Teamerfahrungen innerhalb des Teams offen zu kommunizieren,
verlangt dies, dass diese Informationen auch innerhalb des
Teams bleiben und nicht nach außen verloren gehen.
Legen Sie die „Kapitänsmütze“ als Privatperson, als Manager und als Gesellschafter ab?
Privat habe ich nicht den Anspruch, immer vorne zu stehen.
Entscheidung treffe ich allerdings auch da, denn nur mit
einer rechtzeitigen Entscheidung kann ich auch eine gute
Wochenendgestaltung verwirklichen: Wo will ich hin, wann
muss ich losfahren, um ...
Können Sie sich an ein Erlebnis erinnern, bei dem eine
schwierige Phase Auslöser dafür war, dass Mannschaftsmitglieder das Team verlassen haben? Welches waren die
Gründe, die die einen zum Bleiben, die anderen zum Gehen bewegt haben?
Ein besonderes Erlebnis gab es konkret nicht. Die Motivation, in ein Team aufgenommen zu werden und dann auch zu
bleiben, ist zunächst die Person des Leaders. Dieser muss allgemeine Anerkennung genießen, die Kompetenz vermitteln,
dass er die Aufgaben bewältigen und das Team zum Erfolg
führen kann. Dies hat den Effekt, dass Leute sich bewusst
für ein Team entscheiden, weil sie genau für dieses Team arbeiten und ihre eigenen Fähigkeiten einbringen wollen, um
Erfolg zu haben. Die Trennung während einer Kampagne
versuche ich durch die beschriebenen Möglichkeiten der Intervention zu vermeiden. Eine Trennung erfolgt nur dann,
wenn Basics des Sports und der Teamkultur wiederholt nicht
respektiert werden. Rockstar-Charaktere haben im Team
keinen Platz – das Team ist der Star!
Bei einer Regatta ist man Naturgewalten ausgesetzt. Wie
gehen Sie mit unvorhersehbaren Ereignissen um? Greift
im Team ein Automatismus, wenn nicht antizipierbare
Situationen eintreten? Wie wurde dieser verinnerlicht?
Die Natur kann man als Segler nur nutzen, diese aber niemals bestimmen. Das verlangt mit einem großen Respekt
und einer besonderen Demut eine sehr gute technische und
personelle Vorbereitung.
Wir sind beim Segeln ja auch in der Situation, dass wir von
den Kräften der Natur angetrieben werden. Direkt gegen den
Wind zu segeln, ist physikalisch nicht möglich. Man muss
sich im ersten Moment entscheiden, in welcher Richtung –
rechts oder links, backbord oder steuerbord – man gegen den
Wind kreuzt. Dabei nutzen wir die permanenten Änderungen der äußeren Bedingungen – Windrichtungsänderungen,
wechselnde Windstärken, Wasserströmungen –, um jederzeit einen optimalen Kurs zu steuern. Das erfordert permanent neue Entscheidungen, um das gleiche Ziel weiterhin
mitglieder fast nie sehen. Ein gutes Team braucht eigentlich
eine emotionale und physische Basis, um Vertrauen, Eigenverantwortung und „Ownership“ zu entwickeln.
Der Deutschen Fußballnationalmannschaft wird derzeit
unterstellt, dass nach dem WM-Sieg „die Luft raus“ sei.
Sie selbst haben nahezu alles erreicht, was man als Segelsportler erreichen kann. Was motiviert Sie, dem Sport
weiter nachzugehen? Wie motivieren Sie Ihre Mannschaftsmitglieder?
Beim Fußball treten die Spieler bei vielen Wettbewerben
parallel an, dabei aber mehr von der Unterhaltungsindustrie
vereinnahmt, als nur dem Sport zugehörig. Dass die Jungs
dann irgendwann ausgebrannt sind, liegt fast auf der Hand.
„Segeln ist wie dreidimensionales Schach:
ein Strategiesport“
Ist Loyalität eine Einstellung oder kann man diese nach
Ihrem Dafürhalten erlernen?
Ich glaube, so etwas lernt man. Das Merkmal von gut
funktionierenden Teams ist die Entwicklung einer eigenen
Teamkultur. Es entsteht ein neues Momentum, wenn die
Interaktion funktioniert und sich das Team mit den eigenen,
vielfältigen Erfahrungen gegenseitig fordert und unterstützt.
Sie sind nicht nur Sportler, sondern auch Gesellschafter, Manager, Projektentwickler und -leiter. In welchem
Bereich sind Sie ein Stratege und welche Strategie ist die
erfolgreichste?
Ich glaube, es gibt nicht die eine erfolgreiche Strategie. Strategische Entscheidungen sind immer an Fakten orientiert.
Übergreifende Managementprinzipien und entwickelte
Teamkulturen sind dagegen wieder übergreifend in ihrer Art –
unabhängig von der Branche.
Welchen Erfahrungs- und Wissensschatz vermitteln Sie
als Keynote-Speaker und wer ist der Adressatenkreis?
Der Adressatenkreis ist branchenunabhängig. Das betrifft
vieles, was wir schon besprochen haben. Darüber hinaus sind
es die segelspezifischen Metaphern, die ich gerne anbringe.
Etwa „Als Team sitzen alle in einem Boot!“. Wer sich von
dem Boot verabschiedet, geht alleine unter. Dazu muss das
Boot auch gut ausbalanciert sein. Das ist Aufgabe des Kapitäns. Wenn dieser das nicht schafft, gibt’s irgendwann die
Meuterei und der Kapitän wird kielgeholt.
Zudem braucht ein Team eine physische Basis, die an Bord
eines Bootes gegeben ist. Es ist für global strukturierte Unternehmen eine große Herausforderung, wenn Teams global
und digital zusammenarbeiten müssen, wobei sich die Team-
Es kommt ja auch nicht von ungefähr, dass die meisten mit
30 am Karriereende sind. Das ist schon eine sehr spezifische
Gruppe. Wichtig zur Motivation ist meines Erachtens, dass
man seine Leistungen und seine Ziele periodisch plant, um
sein Team auf das eine konkrete Haupt-Ziel auszurichten.
Das haben auch unsere Fußballer zur WM perfekt umgesetzt. Man muss seine eigenen Grenzen und Ressourcen
kennen, um die Energien auf die Highlights zu bündeln.
Dabei ist auch Motivation eine wichtige, aber nicht unendliche Ressource!
Ihre Ziele für 2015 sind definiert als…?
Meine eigene Karriere ist im Sinn der großen Wettbewerbe
beendet. Daher sind meine Ziele eher ein bisschen bescheidener. Das Segeln auf der Esimit Europa 2 ist im Moment
ein Schwerpunkt – unser Team ist in über 30 Rennen in Folge
ungeschlagen. Diese Serie wollen wir natürlich Aufrecht erhalten. Mein Engagement beim Sailing Team Germany soll
langfristig helfen, unsere jungen Segler sportlich auf neue Erfolge in Rio 2016 und darüber hinaus vorzubereiten. ~
59
SCHWERPUNKT
SCHWERPUNKT
P
Wertschätzung
schafft Wertschöpfung
Führungskräfte in Deutschland erwarten Lob und Entwicklungschancen für sich, ergab
eine aktuelle Befragung. Daran hapert es aber häufig – mit negativen Auswirkungen auf
die Motivation der Manager. „Integrität“ erhielt als wichtigster Wert erstmals die höchste Zustimmung in der sechsten Auflage der Studienreihe, vermutlich weil ComplianceThemen in der Wirtschaft an Bedeutung gewinnen. Zum Schlusslicht im Werte-Ranking
wählten die Manager etwas überraschend „Mut“.
Text: Corinna Schulz
GUT
GEMACHT
60
ersönliche Wertschätzung und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten – darauf legen die Führungskräfte
in Deutschland in ihren Unternehmen den größten Wert.
Auch das Streben nach Innovationen spielt für die Manager
eine zentrale Rolle.
Diese zentralen Ergebnisse stammen aus der Führungskräfte-Befragung, die die Wertekommission „Initiative Werte Bewusste Führung“ und das Reinhard-Mohn-Institut
für Unternehmensführung und Corporate Governance der
Universität Witten/Herdecke (RMI) zum sechsten Mal
erhoben haben (www.wertekommission.de). Die Studienautoren wollten von rund 350 männlichen und weiblichen
Führungskräften wissen, welche Wertedimensionen ihnen
im Unternehmen wichtig sind, wie diese im Unternehmen
gelebt werden und welche Kernwerte auf der Führungsetage
am beliebtesten sind.
Orientierung an
Human Resources
Während Wertschätzung und Entwicklungsmöglichkeiten,
hier zusammengefasst als Orientierung an Human Resources
(HR), sowie Innovationsbereitschaft erstmals die obersten
Plätze des persönlichen Rankings der Manager mit Werten
zwischen 80 und 90 Prozent anführen, erzielten Leistungsbereitschaft und interne Stabilität im Unternehmen deutlich
niedrigere Ergebnisse.
Die Ergebnisse zeigen allerdings, dass Wunsch und Wirklichkeit im Unternehmensalltag stark auseinanderklaffen.
Die Autoren sehen eine deutliche Diskrepanz zwischen den
Wertvorstellungen der Führungskräfte und der Realität, die
sie im Unternehmen erleben. So sehen die Führungskräfte
die Leistungsorientierung, die nur zwei Drittel persönlich
als „wichtig“ oder „sehr wichtig“ einschätzen, im Alltag am
stärksten ausgeprägt. Bei der HR-Orientierung zeigt sich die
größte Differenz zwischen den persönlichen Werten der Befragten und den im Unternehmen erlebten Werten. Ähnlich
groß beschreiben sie die Diskrepanz im Innovationsstreben,
denn sie stufen ihre persönliche Relevanz sehr viel höher ein
als die Umsetzung im Unternehmen gelingt.
Diskrepanz
mit Folgen
Das bleibt nicht ohne Folgen. So sehen die Autoren negative Auswirkungen sowohl auf die Motivation als auch auf
die Kooperationsbereitschaft der Manager. „Eine möglichst
große Übereinstimmung zwischen persönlichen Werten der
Führungskräfte und den Unternehmenswerten erhöht die
Selbstmotivation des Einzelnen und fördert sein eigenverantwortliches Handeln“, erläutert Ludger Heidbrink, Gastprofessor am RMI und Vorstandsmitglied der Wertekommission. Unternehmen seien daher gut beraten, gerade den
weit verbreiteten Wunsch nach Wertschätzung, persönlicher
Entwicklung und möglichst großen Entscheidungsspielräumen durch eine entsprechende Unternehmenskultur zu unterstützen, empfiehlt Heidbrink.
Gibt es hingegen keine ausreichende Basis an gemeinsamen
Werten im Unternehmen, droht die Gefahr, dass Führungskräfte nur noch wegen äußerer Anreize wie Bonuszahlungen
oder dem Streben nach Beförderung arbeiten. Solche sogenannten extrinsisch motivierten Führungskräfte bringen laut
Studie eine geringere Kooperationsbereitschaft mit. Das erweist sich besonders in innovativen Branchen als Nachteil,
in denen Unternehmen auf bereichsübergreifende Innovationen und Synergien angewiesen sind, um im Wettbewerb
zu punkten.
Compliance-Systeme
kein Ersatz für Werte
Da es in Organisationen nicht selten an Selbststeuerung
mangelt, sind solche Unternehmen auf mehr Vorschriften
und Regeln angewiesen – und darauf, Compliance-Gebote
einzuhalten. „Es bleibt offen, ob die wachsende Zahl von
Vorschriften in den Unternehmen nur die steigende Regulierungsdichte widerspiegelt oder auch den Wunsch von
Führungskräften und Mitarbeitern nach integrem Verhalten
reflektiert“, betont Sven Korndörffer, Vorsitzender des Vorstands der Wertekommission: „Fest steht jedoch, dass auch
die ausgefeiltesten Compliance-Systeme eine werteorientierte Unternehmenskultur nicht ersetzen können.“
Neben den Wertedimensionen der Führungskräfte und deren Einschätzung der gelebten Realität im Unternehmen erfragten die Studienautoren auch, wie wichtig den Managern
bestimmte Kernwerte sind. Die Wertekommission hatte zu
Beginn ihrer Arbeit sechs dieser Werte identifiziert: Vertrauen, Verantwortung, Integrität, Respekt, Mut und Nachhaltigkeit. Vermutlich eng verknüpft mit den aktuellen Debatten über eine vermehrte Compliance und im Zuge jüngster
Manipulations- und Korruptionsfälle in der Wirtschaft hat
offensichtlich die Werte-Bedeutung von Integrität deutlich
zugenommen. Er rangiert mit 41 Prozent erstmals bei befragten Führungskräften an der Spitze der von ihnen geschätzten Eigenschaften. Integrität erachten sie somit beispielsweise für wichtiger als „Vertrauen“ (28 Prozent) oder
„Verantwortung“ (20 Prozent). Diese beiden Begriffe hatten
Führungskräfte bei vorherigen Befragungen in die Rangliste
der sechs wichtigsten Werte angesiedelt. Diesmal belegen sie
die Plätze zwei und drei, gefolgt von „Respekt“ und „Nachhaltigkeit“. Schlusslicht: der „Mut“.
Klares Bekenntnis fehlt für
unternehmerisches Handeln
Dass der für Unternehmertum wichtige Wert „Mut“ in der
Bewertung seiner Bedeutung nachgelassen hat, könnte nach
Einschätzung der Studienautoren eine negative Folge der
anhaltenden Compliance-Diskussion sein. Deutlich weniger Führungskräfte bekennen sich zu unternehmerischem
Handeln. „Dass ,Mut‘ nur auf dem letzten Platz landet, ist
bedauerlich. Denn es kommt jeden Tag aufs Neue darauf an,
für seine Werte einzutreten. Das erfordert mitunter großen
Mut“, unterstreicht Sven Korndörffer. ~
61
HINTERGRUND & WISSEN
HINTERGRUND & WISSEN
„Es gibt Situationen,
in denen man Luft holen muss“
Selbstführung: Coach und „Albatros“
Dr. Michael Groß spricht über Erfolg
Interview: Sylvia Wipperfürth
Dr. Michael Groß weiß aus Spitzensport und aus Management: Wenn das
Wasser bis zum Hals steht, ist kräftiges Schwimmen ein probates Mittel
um vorwärts zu kommen.
Als mehrfacher Olympiasieger, Weltmeister, Europameister und Weltrekordhalter hat der Schwimmstar gezeigt wie das Siegen gelingt. Nach der
beispiellosen Karriere als „Albatros“ hat Michael Groß promoviert und
arbeitet mittlerweile seit fast 20 Jahren als Coach und als Unternehmer.
Nur geflogen ist er nie.
62
Herr Dr. Groß, Sie sind einer der erfolgreichsten deutschen Schwimmer aller Zeiten, haben promoviert, sind
erfolgreicher Unternehmer und Familienvater. Das klingt
nach einem sorglosen und geradlinigen Leben. Gab es
Rückschläge auf Ihrem bisherigen Weg, die Sie maßgeblich geprägt haben?
Dr. Michael Groß: Natürlich gibt es Rückschläge. Als Unternehmer bin ich auf Aufträge angewiesen. In meinem Beruf
kann nur der Erste den Auftrag bekommen. Jede Absage bedeutet, dass ich nur Zweiter bin. Nichtberücksichtigungen
veranlassen mich immer wieder zu schauen, was ich anders
und besser machen kann. Trotzdem gibt es bei mir immer
wieder mal, manchmal auch überraschend, Rückschläge. Das
muss ich akzeptieren. Für Außenstehende sieht das insbesondere in Biografien und Statistiken immer alles wie eine
gerade Schnur aus. Die Realität weicht davon ab. Um im
Bild zu bleiben: Ich versuche stets, die Schlangenlinien im
Leben auf kleine Ausschläge zu begrenzen und mich vor allem nicht immer im Kreis zu drehen.
Das habe ich natürlich auch im Sport gelernt: Nach dem
Rennen ist vor dem Rennen. Nach dem Rennen fängt man
immer wieder „bei Null“ an, denn der Erfolg von heute basiert auf den Leistungen von gestern.
Ihren Traumberuf Pilot mussten Sie abschreiben, weil
Sie mit 2,01 Meter zu groß sind. Wie sind Sie mit dem
geplatzten Traum, der Ziel-Sackgasse, umgegangen?
Sacken lassen und abhaken, denn ich kann´s nicht ändern!
Da gilt der berühmte Ausspruch „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den
Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Statt in der Luft, sind Sie im Wasser gelandet. Und das
sehr erfolgreich. Erfolg bedeutet – ebenso wie Krisen –
Druck. Da sind der Druck des eigenen Anspruchs, der
Erwartungsdruck von außen, der Leistungsdruck und
das Gefühl, vieles andere hintanstellen zu müssen. Was
hat das mit dem „Klaus-Impuls“ zu tun und wie hilft Ihnen dieser Impuls heute als Unternehmer?
Woher schöpfen Sie als Unternehmer neue Kraft und
Der berühmte „Klaus-Impuls“ ist für mich der Hinweis, wie
Motivation, gerade in schwierigen Phasen?
ich mein damaliges Hobby, das Schwimmen, betrachten
Ich stütze mich auf die täglichen Fortschritte. Es gibt Phasollte und wie ich bis heute mein Leben gestalte.
sen, in denen ich den Eindruck habe, dass nichts vorangeht.
Damals saß ich auf der Tribüne bei den Weltmeisterschaften
Gerade dann gilt es zu schauen, welche kleinen Fortschritte
im Schwimmen 1978 in Berlin. Unten liefen die Finalisten
ich mache. Wenn man unfallbedingt im Krankenhaus liegt
über 100 Meter Freistil der Männer in die Arena ein. Klaus
und verletzt ist, denkt man in der Rekonvaleszenz auch nicht
Steinbach, damals einer der
als Erstes daran, wieder einen
besten Schwimmer der BunMarathon zu laufen.
„Die wichtigste Aufgabe ist die Verantwortung
desrepublik Deutschland, war
Ich bin kein „Berufs-Optifür andere Menschen zu übernehmen“
mit dabei. Er trug Bart, kam
mist“, also ich sage mir in solam Vortag seines Physikums im Medizinstudium und gechen schlechteren Phasen nicht: „Och, das wird schon wiewann die Bronzemedaille. Klaus kam unmittelbar vor seiner
der“, sondern beschäftige mich schon damit und lasse auch
Prüfung und schwamm einfach drauf los mit dem Ergebnis:
die Enttäuschung über einen verlorenen Auftrag zu. Auch
Bestzeit! Das hat mir gezeigt, dass eins das andere nicht ausdie berühmte „Nacht drüber schlafen“ gehört dazu. Danach
schließen muss. Im Gegenteil: Emotional betrachtet ist auf
finde ich dann wieder das Licht am Ende des Tunnels und
zwei Beinen zu stehen für uns Menschen wesentlich stabidefiniere den nächsten, zielführenden Schritt. Ein weiteres
ler als auf einem. Denn wenn ein Bein wegfällt, fällt man
wichtiges Element ist das ständige Lernen und stetig neuimmer noch nicht um, hat emotional zumindest noch einen
gierig zu bleiben. Diese Woche beispielsweise haben mich
weiteren Bereich, der begeistert. Das Erlebnis gab mir den
zwei neue Kunden überraschend angerufen, da jetzt der
Impuls, das Abitur und parallel die Olympiavorbereitung zu
richtige Zeitpunkt war, um sich einmal zusammenzusetzen.
machen – wäre eines von beiden weggefallen, hätte ich imDie Anfrage war Resultat kontinuierlicher Netzwerkpflege.
mer noch den anderen Bereich gehabt.
Allerdings ist es nicht meine Art, eingetretene Pfade so lange
Heute ist es so, dass ich nicht nur im Job meine Erfüllung
durchzutreten, bis das ganze Gras verdorrt ist.
finde. Daneben gibt es andere, genauso wichtige LebensfelWer immer nur das macht, was er kann, bleibt immer derjeder: die Familie, Sport. Das Gesamtpaket gibt mir die Stabinige, der er ist. Das ist langweilig. Ich bin neugierig wie ein
lität, die ich brauche.
kleines Kind, denn das schönste Gefühl ist, etwas Unerwartetes zu schaffen. Bei einem Kleinkind sind es die Klötzchen,
Stabilität braucht man auch, wenn man unter Druck
die aufeinander gebaut werden, ohne dass sie umfallen. Bei
nicht zusammenbrechen möchte. Welcher Druck ist
mir ist es so, dass ich mein Fachwissen neu zusammenbaue,
nach Ihrer Auffassung größer: der Konkurrenzdruck, der
es dadurch anders einsetzen kann und sich so eine neue LöDruck als Unternehmer für andere Menschen (wie Mitsung ergibt. Ich motiviere mich nicht gezielt, sondern habe
arbeiter) eine Verantwortung zu tragen oder der eigene
mir einfach die Neugierde für das Neue erhalten. Das liegt
Perfektionsanspruch?
vielleicht auch an den Beobachtungen, die ich in meinem
Die wichtigste und vertrauensvollste Aufgabe ist, die VerantBeruf mache: Beim Changemanagement und beim Talentwortung für andere Menschen zu übernehmen.
management bekomme ich mit, dass jeglicher Stillstand
Der Marktdruck ist das geringste Problem für mich. Der ist
Rückschritt bedeutet.
63
HINTERGRUND & WISSEN
ohnehin da, daran kann ich auch nichts ändern, muss damit
umgehen. Insofern ist der Wettbewerbsdruck für mich nicht
besonders relevant.
Einen Perfektionsdruck verspüre ich nicht. Ich konzentriere mich schlicht auf meine eigenen Leistungen. Der Erfolg misst sich am Wettbewerb. Nehmen wir das Beispiel
Schwimmen: Meine Leistung kann top sein – ich kann eine
Bestzeit schwimmen, damit zufrieden sein und doch verlieren. Erfolgreich bin ich nur dann, wenn im Wettbewerb, also
im direkten Vergleich, niemand schneller schwimmt.
HINTERGRUND & WISSEN
Es gibt auch ganz andere Situationen, in denen man Luft
holen muss. Im Erfolgsrad ist es ganz wichtig, auch einmal
nein sagen und loslassen zu können.
Grundvoraussetzung für das Erkennen der eigenen Fähigkeiten und der situativen Notwendigkeiten ist stets eine gewisse Selbstreflexionsfähigkeit.
„Das Schlimmste, was eine Führungskraft
machen kann, ist keine Kommunikation“
Kann man Druck – unabhängig von der Art – präventiv
entschärfen? Wenn ja, wie?
Ja, das kann man. Ich erkläre es vielleicht an einem Beispiel:
Perfektionsdrang kann sehr hinderlich sein, wenn man sich
neuen Aufgaben stellt, weil dies impliziert, dass man alles
planen können muss, um ein perfektes Ergebnis abzuliefern. Wer aber zu viel plant, den überrascht jeder Zufall.
Einen entspannten Umgang damit zu lernen, ist eine Frage
des Coachings. Einen Perfektionsdrang zu haben, ist nicht
schlimm, denn es ist an sich ja ein gutes Ziel, wenn man
Um den nächsten Schritt zu gehen, braucht es Motivation. Macht es einen Unterschied, wenn sich das Unternehmen in einer wirtschaftlichen Krise befindet? Das
heißt: Überträgt es sich auf die ohnehin schon schwindende Motivation der Mitarbeiter, wenn die Führungsebene keine Energie nach vorne lebt? Heißt es dann für
die Führungsebene nicht besser: „Jetzt reiß Dich mal zusammen!“?
Eine Führungskraft muss seiner hohen Verantwortung gerecht werden, daher kann er oder sie nicht in jedem Fall
ein Schwächeln eins zu eins weitergeben. Wer selbst nicht
brennt, kann kein Feuer geben. Dies ist jedoch nicht gleichbedeutend damit, die eigenen Bedenken gar nicht zu kommunizieren. Wichtig ist Transparenz: Auch eine Führungskraft kann ruhig Bedenken äußern, muss gleichzeitig aber
auch richtungsweisend den Weg aufzeigen, um die Mitarbeiter zu motivieren. Der Mitarbeiter darf ruhig merken,
wenn die Führungskraft nicht hundertprozentig sicher ist,
ob der Weg funktionieren wird. Gleichzeitig gilt es aber, die
Überzeugung für den eingeschlagenen Weg zu vermitteln.
Das Schlimmste, was eine Führungskraft machen kann, ist
keine Kommunikation. Das führt in die „Black Box“. In dem
Moment fangen die Mitarbeiter an, sich ihren eigenen Reim
auf die Situation zu machen. Gerade in Restrukturierungsmaßnahmen ist Transparenz elementar. Man sollte auch
Klarheit darüber schaffen, was für die Führungskraft selber
noch unklar ist. Kein Mensch erwartet von Managern, dass
sie der liebe Gott sind, der alles perfekt macht.
„Im Erfolgsrad ist es ganz wichtig,
auch nein sagen und loslassen zu können“
etwas perfekt machen möchte. Es ist nur dann hinderlich,
wenn man eine neue Aufgabe gar nicht erst beginnt, weil
man vorher schon weiß, dass man es nicht perfekt machen
kann. Das ist der Kurzschluss. Den muss man verhindern,
was gut über Coaching gelingt.
Heute sind Sie erfolgreicher Unternehmer, früher ein
Leistungsschwimmer. Zwei völlig unterschiedliche Phasen – oder sind sie doch irgendwie miteinander verzahnt?
Es sind ganz sicher völlig unterschiedliche Phasen. Verzahnt
sind sie durch mein unternehmerisches Bewusstsein, selber gestalten zu wollen. Ich habe zwar keinen Einfluss auf
meine Kunden, aber auf meine eigenen Leistungen, die ich
gestalten kann, indem ich mich entsprechend präsentiere.
Eine „Gestalterhaltung“ setzt voraus, dass man seine eigenen
Grenzen und Fähigkeiten kennt, immer wieder neugierig im
Außen und auch auf sich selber ist – das ist im Sport gleichermaßen so.
Die Lebensphasen einmal heruntergebrochen auf kleinere Einheiten: Es gibt gute und es gibt weniger gute
Zeiten, Ups and Downs, Krisen und Erfolgsphasen.
Kann man sich nach Ihrem Dafürhalten auf die jeweils
folgende Krise einstellen oder vorbereiten? Auf welche
Stärken sollte man in der jeweiligen Phase zurückgreifen
und wie erkennt man diese?
In Krisen überlege ich: Was sind jetzt, ganz akut, relevante
Fähigkeiten, die es einzusetzen gilt und über die ich verfüge? Diese filtere ich heraus und auf diese konzentriere ich
mich. Das ist je nach Beruf, Branche und Situation ganz unterschiedlich. Bei Umstrukturierungsmaßnahmen wäre das
etwa, die neuen Wege mit Zielstrebigkeit zu verfolgen.
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beiten. Sie halten sich gar nicht lange mit den Fehlern auf,
sondern gehen sofort in die Lösungsfindungsphase. Fehler
werden dort nicht persönlich genommen, man macht einfach weiter und schaut nach vorne, ohne sich lange am Fehler
aufzuhalten. Es zählt nur das Ergebnis, der nächste Schritt.
Da kann zu viel Detailverliebtheit eher hinderlich sein.
Stichwort Selbstreflexion: Darf sich ein Unternehmer
oder eine Führungskraft erlauben, Schwächen einzugestehen? Sehen Sie einen Unterschied, ob das Eingeständnis nach außen oder nur vor sich selber gemacht wird?
Einen Unterschied macht das in jedem Fall. In gut funktionierenden Unternehmen, etwa die erfolgreichen Digital
Native Unternehmen, wird eine ausgeprägte Fehlerkultur
gepflegt. Sie leben nach dem Silicon Valley Mantra „fail fast,
fail often“. Man sollte also einen schnellen Fehler machen
und das möglichst oft, um sofort daraus zu lernen. Daher
gelingt es diesen Unternehmen, schnelle Lösungen zu erar-
Einen weitreichenden unternehmerischen Schnitt haben Sie 2011 gemacht: Mit dem Ziel, sich auf Changemanagement und Talentmanagement zu konzentrieren,
wollten sie den anderen Bereich, das Agenturgeschäft,
in eine andere Agentur einbinden. Dies ging einher mit
dem Arbeitsplatzverlust bzw. -wechsel von zehn Mitarbeitern, die sich in einem neuen Arbeitsumfeld zurechtfinden mussten. Wie haben Sie es geschafft, diesen
Menschen eine positive Perspektive zu geben, obwohl die
aktuelle Situation Unsicherheiten und Veränderungen
mit sich brachte?
Man kann nur etwas Neues aufbauen, wenn man etwas Altes loslässt. Dafür muss man Perspektiven geben. Als Führungskraft habe ich die Verantwortung übernommen, den
Menschen aufzuzeigen, dass in jedem Ende auch ein neuer
Anfang liegt. Im schlimmsten Fall ist es die Abfindung, die
aber stets begleitet sein sollte von einem ein- bis zweistündi-
gen Gespräch, in dem man dem Mitarbeiter aufzeigen kann,
dass er kein schlechterer Mensch ist, nur weil er seinen Job
verliert. Gleichzeitig ist es wichtig, ihm Mut zu machen für
einen neuen Job und die Jobsuche.
Wie reagieren Sie auf den Satz „Chef, das haben wir
schon immer so gemacht“?
Mit einer Gegenfrage: „Und das ist dann auch die Garantie
für den Erfolg in der Zukunft?“
Zweifeln Sie manchmal an sich und Ihrem Weg? Wenn
ja: Wie gehen Sie mit Zweifeln um? Und was merken
Ihre Mitarbeiter von Ihren Zweifeln?
Ja, auch ich habe manchmal Zweifel. Meine Mitarbeiter
merken dies daran, dass ich an der einen oder anderen Stelle
eine Entscheidung noch nicht getroffen habe. Ich sage ihnen dann, dass ich versuchen werde, zeitnah eine Lösung
zu finden. Auch hier ist wieder das Stichwort „Transparenz“
wichtig.
Wann zögern Sie oder haben Sie gezögert? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Und wann dürfen
Unternehmer zögern?
Ein Zögern ist immer dann angezeigt, wenn Rahmenbedingungen, die man nicht beeinflussen kann, ein solches Zögern
notwendig machen. Gründe, die in meiner Person liegen,
lassen mich nicht zögern. Ich kann ja nicht einfach nichts
tun, nur weil ich persönlich mit etwas ein Problem habe. Mit
dem eigenen Zögern muss ich im Sinne meiner Mitarbeiter
einen Umgang finden. ~
Veränderung als Chance:
Fünf Eckpunkte der Selbstführung
1. Stabilität in der Grundhaltung: Entdecken der
eigenen Motive und Motivationsstruktur
2. Zielprojektion und Zielrevision
3. Analyse der eigenen Talente und Defizite zur
Festlegung der persönlichen Potenziale und
aktuellen Grenzen
4. Definition der persönlichen Erfolgsdimensionen
und des Erwartungskorridors
5. Klärung der wesentlichen Einflussfaktoren in der
Umwelt und Erstellung des eigenen „Entscheidungsprofils“ für Alltagssituationen
Quelle: Dr. Michael Groß „Selbstcoaching“,
Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2013
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HINTERGRUND & WISSEN
HINTERGRUND & WISSEN
Bestellter Treuhänder
fremden Vermögens
SERIE
Teil 5: Insolvenzverwalter
Das Insolvenzrecht gehört zu den komplexen Gebieten im deutschen Wirtschaftsrecht. Es zählt zugleich zu den wichtigsten Normierungen, die mit
darüber bestimmen, inwieweit ein Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen darf. In dieser Serie vermittelt „return“ solides Basiswissen, praktische
Tipps zur Umsetzung und sachdienliche Hinweise zum Umgang.
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Welche
Rolle ist
gefragt?
Im Insolvenzverfahren ist kaum eine Rolle rechtlich so ausgeprägt und für das gesamte
Verfahren dermaßen dominierend wie die des Insolvenzverwalters. Gleichwohl gehen
mit der Funktion zahlreiche Reibungspunkte und Widerstände einher – ob an der
Person, an der Amtsführung, an der Bestellung, an der Teamfähigkeit, am unternehmerischen Können oder oft an der Vergütung. Das Bild des Insolvenzverwalters entwickelt
sich seit Jahrzehnten weiter weg vom liquidierenden Verwalter hin zum sanierenden
Gestalter.
Was
ist die
Aufgabe?
Ein gerichtlicher Beschluss überträgt dem Insolvenzverwalter die Verwaltung und Verwertung des Vermögens eines insolventen Schuldners. Mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens soll das Vermögen den Gläubigern gemeinschaftlich zur Befriedigung
„zugewiesen“ werden. Der Insolvenzverwalter übernimmt in deren Interesse die bestmögliche Verwertung, sei es durch Verkauf oder teilweise Erhaltung und Sanierung.
Der Insolvenzverwalter gilt daher als gerichtlich bestellter Treuhänder fremden Vermögens. Er ist übrigens auch im öffentlichen Interesse tätig.
Wo ist der
Einsatz
geregelt?
In der Insolvenzordnung (InsO) regeln die Paragrafen 56 bis 66 alle wesentlichen
Grundsätze. Dabei bestimmt Paragraf 56, dass der zu bestellende Insolvenzverwalter
für den jeweiligen Fall geeignet sein muss, über Geschäftskunde verfügt und unabhängig
von Gläubigern und Schuldnern ist. Allerdings legt Paragraf 56a seit Kurzem fest, dass
die Gläubiger schon im Eröffnungsverfahren bindende Vorschläge für die Person des
Verwalters einbringen können; eine Möglichkeit, die zunehmend Anwendung findet.
Wodurch
wird man
zum
Insolvenzverwalter?
Die Aufgabe übernehmen ausgewählte Experten ausschließlich durch gerichtliche
Bestellung. Die Auswahl trifft jedes Gericht regelmäßig aus einem Kreis von jeweils
„gelisteten“ Verwaltern oder auf Vorschlag der Gläubiger. Eine Ausbildung zum Insolvenzverwalter, ein gefestigtes Berufsbild oder eine Zulassung existieren nicht. Insolvenzverwalter kamen bis in die 80er-Jahre vor allem aus Reihen der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Kaufleute. Heute zählen mehr als 95 Prozent aller Insolvenzverwalter
zum Berufsstand der Rechtsanwälte, die eine spezifische Qualifikation mitbringen.
Wozu ist ein
Insolvenzverwalter
berechtigt?
Er tritt an die Stelle des Schuldners und erhält die volle Verfügungsgewalt über dessen Vermögen (§ 80 InsO) – einschließlich umfassender Gestaltungsrechte für alle
rechtlichen Beziehungen des Schuldners. Die Verwertung des Vermögens fußt auf den
Maßgaben, welche die Gläubigerversammlung in ihrer Beschlussfassung festgelegt hat.
Dies reicht vom Verkauf der Einzelvermögensgegenstände bis zum Erhalt des Unternehmens, seiner Fortführung und Sanierung. Im Außenverhältnis vertritt der Insolvenzverwalter die „Insolvenzmasse“, kann klagen und verklagt werden, haftet aber als
Kehrseite der umfassenden Rechtsmacht auch persönlich für alle Schäden, die durch
seine Amtsführung eintreten (§§ 60, 61 InsO).
Wer beaufsichtigt den
Insolvenzverwalter?
Der Insolvenzverwalter unterliegt hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit seines Handelns
der Aufsicht und Kontrolle des Insolvenzgerichts. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit achten auf sein Wirken die Gremien der Gläubiger, also die
Gläubigerversammlung oder der Gläubigerausschuss.
Wie hoch ist
die Zahl der
Insolvenzverwalter?
Rund 2.000 Insolvenzverwalter sind pro Jahr bestellt. Sie sind in der Mehrzahl in Kanzleien zusammengeschlossen und entwickeln mit anderen Verwaltern und mit einem
qualifizierten Mitarbeiterstab das Insolvenzverfahren. Die Konzentration zu immer
größeren Kanzleieinheiten nimmt zu, die Zahl der Einzelkanzleien zeigt sich zunehmend kleiner. Mehr als zwei Drittel aller Verfahren gehen an große Kanzleien, die bundesweit mit vielen Berufsträgern an mehreren Standorten tätig sind. Langfristig geht
die Branche von einem Schrumpfungsprozess auf ungefähr 500 Insolvenzverwalter aus.
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HINTERGRUND & WISSEN
HINTERGRUND & WISSEN
Das Jahr beginnt
im Brauhaus
Rechtliche Fragen des Pfändungsrechts sind nahezu so vielfältig wie die
Abrechnungsposten der Gehaltszettel. Ein prüfender Blick in die Positionen lohnt sich also. Anmerkungen und Fragen zu diesen hier regelmäßig
veröffentlichten Berechnungen bitte an die Redaktion richten.
Text: Hugo Grote
Illustration: Michael Henning
Eine in vielerlei Hinsicht spezielle Art der Beschäftigung ist die des „Köbes“ in Kölner Brauhäusern. „Köbes“ – so kann man
bei Wikipedia lesen – ist die kölsche Form von „Jakob“, gleichermaßen auch in anderen Dialekten im Rheinland vertreten und
wird gelegentlich auch in der Nebenbedeutung „eigensinniger, kantiger oder vierschrötiger Mensch“ verwendet. Diesen Ruf
haben sich die Köbese als Kellner redlich erarbeitet. Denn, so sagte mal der Kölner Kabarettist Jürgen Becker: Das Prinzip
„der Kunde ist König“ wird im Kölner Brauhaus umgekehrt. Man ist unfreundlich und bekommt trotzdem Trinkgeld.
Apropos Trinkgeld. Auf der Abrechung ist kein Trinkgeld zu finden, denn freiwillige Trinkgelder, die dem Kellner direkt
zufließen, sind sowohl steuerfrei (§ 3 Nr. 51 EStG) als auch unpfändbar, da sie als Geschenke gelten und nicht als Arbeitseinkommen (Stöber, Forderungspfändung, Rz. 900a). Pfändbar wären sie daher allenfalls durch eine Taschenpfändung des
Gerichtsvollziehers. Dies dürfte wohl eher eine theoretische Möglichkeit sein.
Quelle: Die Gehaltsabrechnung des Monats wird laufend von der Zeitschrift für Insolvenzsachbearbeitung und Entschuldungsverfahren - InsbürO - aufbereitet.
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HINTERGRUND & WISSEN
HINTERGRUND & WISSEN
(1) Bruttoeinkommen
Ausgangspunkt ist das Bruttoeinkommen
Dass der Auszahlungsbetrag um den Betrag der Jobtickets gekürzt wurde, hat darauf keine Auswirkungen.
Die Jobtickets sind für die Pfändungsberechnung nicht relevant, hierbei handelt es sich um eine reine Verwendung des Einkommens durch den Schuldner.
1.881,81 €
(2) Umsatzlohn Köbes
1.201,10 €
Auch das ist anders als „normal“. Der Köbes ist eine Art Unternehmer, denn er arbeitet nach Umsatz. Er
erhält laut Arbeitsvertrag 7,64 Prozent Umsatzbeteiligung vom Nettoumsatz. Allerdings wird ihm ein
gewisses Mindestgehalt garantiert. Nicht nur deswegen ist das Einkommen des Köbes als Arbeitseinkommen anzusehen. Der Begriff des Arbeitseinkommens ist in Paragraf 850 Zivilprozessordnung (ZPO) sehr
weit gefasst, hierzu können auch regelmäßige Einkünfte eines Freiberuflers gehören (zum Beispiel die des
Kassenarztes gegen die kassenärztliche Vereinigung, dazu Zöller-Stöber, ZPO, Paragraf 850, Rz. 6 und 9.
Der Umsatzlohn ist daher wie Arbeitseinkommen pfändbar.
D
Ob diese Beträge für ungünstige Arbeitszeiten pfändbar oder gemäß Paragraf 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar
sind, ist streitig. Nach der hier vertretenen Auffassung sind diese Beträge pfändbar (siehe hierzu die Abrechung im letzten Heft der return 4/2014).
Der Köbes erhält offenbar eine Lohnfortzahlung während der Feiertage. Auch diese Lohnfortzahlung ist
in vollem Umfang pfändbar.
(6) Mindestlohnaufstockung
Den gesetzlichen Mindestlohn wird es auch in der Gastronomie erst ab 2015 geben. Der Arbeitgeber sichert dem Köbes aber neben der Umsatzbeteiligung einen Mindestlohn zu, für den Fall, dass der Umsatz
hinter den Erwartungen zurückbleibt. Auch hierbei handelt es sich um in voller Höhe pfändbares Arbeitseinkommen.
Abzuziehen
Zahlen zu Insolvenzverfahren
Text: Jochen Wierz
(3,4) Feiertags- und Nachtzuschlag
(5) Feiertage Köbes
Allzeittief mit Ausnahmen
159, 28 €
377,47 €
ie gute Konjunktur führt zum Allzeittief bei den Zahlen zu Unternehmens-Insolvenzverfahren – allerdings
spiegelt sich diese Entwicklung nur bedingt bei größeren
Insolvenzverfahren wieder. Ein Blick auf alle Antragsverfahren von Unternehmen mit über 20 Millionen Euro
Umsatz und über 100 Mitarbeitern zeigt zwar im Vergleich
der Jahre 2013 und 2014 einen deutlichen Rückgang der
Verfahren. Doch in der Rückschau auf einen längeren
Zeitraum zeigt sich, dass die Zahl der Verfahren in der
Größenkategorie in den Jahren 2010 und 2011 unter dem
derzeitigen Niveau lag. Bei größeren Verfahren zu Unternehmensinsolvenzen ist also noch kein Allzeittief erreicht.
Spekulationen bleibt überlassen, inwiefern die disproportional zu der Gesamtanzahl von Unternehmensinsolvenzen
steigende Anzahl von „Großverfahren“ seit Einführung des
ESUG im Jahre 2012 darauf beruht, dass insbesondere eine
größere Zahl von Unternehmen den Sanierungsweg über
eine insolvenzrechtliche denn über eine außergerichtliche
Sanierung wählt. Überraschend indes ist, dass sich die Zahl
der Großverfahren seit 2012 deutlich anders als die Gesamtzahl der Unternehmensinsolvenzen entwickelt. Dabei
haben unter den Anträgen in 2014 die Eigenverwaltungsverfahren von Unternehmen in dieser Größenkategorie einen Anteil von über 25 Prozent.
Größenstruktur von Unternehmensinsolvenzen
0,00 €
Pfändungsrelevantes Nettoeinkommen
Da die Abrechnung keinerlei unpfändbare Beträge enthält, ist das darin ausgewiesene Nettoeinkommen
auch das pfändungsrelevante Nettoeinkommen.
Tabellenwert
1.381,37 €
(7) Pfändungsberechnung
Der Köbes hat Steuerklasse I, auf der Steuerkarte ist als Kinderfreibetrag 0,5 eingetragen. Er ist also nicht
verheiratet, aber einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Sofern er tatsächlich Unterhalt zahlt, ist Spalte
„1“ maßgeblich. Danach wäre allerdings nichts pfändbar. Ob der Schuldner tatsächlich Unterhalt zahlt
und wieweit er eigenes Einkommen hat, sollte vom Verwalter recherchiert und in regelmäßigen Abständen
überprüft werden. Bei minderjährigen Kindern ist es nicht Aufgabe des Personalbüros zu überprüfen, ob
der Schuldner auch tatsächlich Unterhalt leistet. Falls nicht, kann der Verwalter einen Antrag beim Insolvenzgericht analog Paragraf 850c Abs. 4 ZPO auf Nichtberücksichtigung der Unterhaltspflicht stellen,
wenn der Arbeitgeber die fehlende Unterhaltsleistung nicht von sich aus berücksichtigt.
Pfändbar wären im Monat November also nach Spalte 1
0,00 €
Neue Seminare zur Lohnpfändungsberechnung finden Sie unter www.judis.info
Quelle: perspektiv GmbH
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71
?
MUSTERTEXT & WISSEN
HINTERGRUND
Gewusst wie…
Die Lösungen finden Sie im Internet:
www.return-sanierungsmagazin.de
Inhalte adaptiert aus der Rubrik „Fragezeichen!“ der „Zeitschrift für Insolvenzsachbearbeitung und Entschuldungsverfahren“ (InsbürO).
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HINTERGRUND & WISSEN
Wissenquiz für Entscheider
Sachgebiet: Sicherungsrechte
Text: Andreas Ringstmeier
Der Schuldner hatte vom Unternehmen U
eine Ware unter einfachem und verlängertem
Eigentumsvorbehalt eingekauft (Abtretung der
Forderung aus Weiterverkauf der Ware an den Lieferanten), diese aber noch vor der Insolvenzantragstellung an einen seiner Kunden verkauft. Dieser Kunde hat noch nicht
bezahlt. Als der Insolvenzantrag über das Vermögen des
Schuldners gestellt wird, besteht die Forderung gegen den
Kunden immer noch. Außerdem hatte der Schuldner seine
sämtlichen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
in einem sogenannten Globalzessionsvertrag an eine Bank
abgetreten. Das Management von U macht sich nun Gedanken darüber, wie die eigenen Rechte aussehen und fragt
sich: Können verlängerter Eigentumsvorbehalt und Globalzession beide bestehen?
a) Nein, die Globalzession schließt den verlängerten
Eigentumsvorbehalt aus.
b) Nein, der verlängerte Eigentumsvorbehalt schließt
die Globalzession aus.
c) Ja, aber der verlängerte Eigentumsvorbehalt geht vor und
nur, wenn er nicht oder nicht mehr geltend gemacht wird,
greift die Globalzession ein.
d) Ja, aber die Globalzession geht vor und nur, wenn diese
nicht mehr geltend gemacht wird, gilt der verlängerte
Eigentumsvorbehalt.
e) Nein, es gilt nur eines von beiden, und zwar dasjenige
Absonderungsrecht, das früher entstanden ist
f ) In der Insolvenz gelten beide Rechte nicht.
Verwertungsberechtigt ist gemäß Paragraf 166 Absatz 2
Insolvenzordnung allein der Insolvenzverwalter.
Nach der Insolvenzantragstellung tritt der bestellte, vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt auf den Plan. Im Beschluss
des Insolvenzgerichts heißt es unter anderem, dass Drittschuldner ihre Zahlungsverpflichtungen an den vorläufigen
Insolvenzverwalter zu erfüllen haben.
Wer darf also jetzt die abgetretene Forderung aus Frage 1
einziehen?
a) Der Lieferant mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt.
b) Die Bank wegen der Globalzession.
c) Der vorläufige Insolvenzverwalter wegen des Beschlusses
des Amtsgerichts.
Die Forderung aus Frage 2 ist ohne Zutun irgendeiner Person kurz vor der Verfahrenseröffnung auf dem Konto des vorläufigen
Insolvenzverwalters eingegangen. Nachdem das
Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, fordert U das Geld
vom Insolvenzverwalter heraus. Dieser will für die Insolvenzmasse vier Prozent Feststellungspauschale und fünf Prozent
Verwertungspauschale einbehalten. Darf er das?
a) Der Insolvenzverwalter kann nur die Feststellungspauschale von vier Prozent, nicht auch die Verwertungspauschale einbehalten, weil es in Frage 3 heißt, dass die Forderung
„ohne Zutun irgendeiner Person“ eingegangen ist. Also hat
keine Verwertungshandlung des vorläufigen Insolvenzverwalters vorgelegen.
b) Ja, beide Pauschalen können einbehalten werden.
Auf die Entfaltung von aktiven Verwertungsmaßnahmen
kommt es nicht an, entscheidend ist nur, dass das Geld
beim vorläufigen Insolvenzverwalter eingegangen ist.
c) Nein, die Pauschalen bekommt die Insolvenzmasse nur
für den Forderungseinzug, der nach der Insolvenzeröffnung stattfindet, hier jedoch ist die Forderung vor der Insolvenzeröffnung eingegangen.
Das Lager des Gemeinschuldners, in dem auch
die in Frage 1 verkaufte Ware gelagert war, hatte der Gemeinschuldner vom Vermieter V gemietet. Kann V zusätzlich zum Lieferanten (verlängerter Eigentumsvorbehalt) und zusätzlich zur Bank (Globalzession)
wegen seiner offenen Mietzinsen sein Vermieterpfandrecht
an der Forderung geltend machen?
a) Ja b) Nein
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HINTERGRUND & WISSEN
HINTERGRUND & WISSEN
Überschuldungsstatus per 31.12.2013
Stille Reserven
Bilanz-Check: Auftakt exklusiver Analysen
Text: Christoph Hillebrand
Handelsbilanz per 31.12.2013
Unkenntnis steht oft am Anfang vom Ende.
Dabei liefern Kennzahlen von Unternehmen wichtige Erkenntnisse und nützliche
Dienste, um Krisen frühzeitig zu erkennen
und rechtzeitig zu bewältigen. Zur Handwerkskunst gehört, sie richtig zu lesen und
zu verstehen. Für diese exklusive „return“Reihe unterzieht Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Diplom-Kaufmann Christoph
Hillebrand das Zahlenwerk an konkreten
Beispielen brauchbaren Bilanz-Checks.
V
orstände, Geschäftsführer oder Inhaber behaupten
mitunter, die Lage sei gar nicht so schlimm, weil das
Unternehmen über „erhebliche“ stille Reserven verfüge.
Insbesondere nach dem Gang in die Insolvenz, kommt der
Insolvenzverwalter indes zu dem Schluss, dass der Antrag
viel früher hätte gestellt werden müssen. Auch dann noch
verteidigen sich Verantwortliche mit dem Hinweis, das Unternehmen habe in ausreichendem Maße stille Reserven
aufgewiesen. Kurzum: Diese Werte in der Bilanz haben erhebliche Bedeutung für die Lagebeurteilung eines Unternehmens und speziell für die Insolvenzantragspflicht.
Die Fachwelt spricht von stillen Reserven, wenn es eine
positive Wertedifferenz zwischen dem bilanzierten Wert
(Buchwert) und dem wahren Wert eines Vermögensgegenstandes oder auf der Passivseite eine negative Differenz zwischen der passivierten Verpflichtung und dem tatsächlichen
Erfüllungsanspruch gibt. Diese Wertedifferenz führt zu einer Erhöhung des bilanziellen Eigenkapitals.
Das deutsche Bilanzrecht ist geprägt durch Grundsätze
ordnungsgemäßer Buchführung und den darin enthaltenen Prinzipien – dem Niederstwertprinzip und dem Vorsichtsprinzip. Eine Ausprägung ist das Anschaffungskostenprinzip, nach dem positive Wertentwicklungen nach
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Anschaffung keinen Eingang in das Rechnungswesen finden. Klassisch ist dies bei Immobilien und bei Grundstücken, die oft einen Millionenwert haben, jedoch mit geringen Werten in der Bilanz stehen.
Der wahre Wert
Als wahrer Wert eines Vermögensgegenstandes könnte der
Verkehrswert, der Fortführungswert oder die Wiederbeschaffungskosten angenommen werden. Ist die Entscheidung für einen Wert gefallen, beispielsweise für den Verkehrswert, drängt sich die Frage auf: Gibt es nur einen Wert
oder viele verschiedene Werte, die abhängig sind von der
Verwertungsalternative?
Bei der Darlegung stiller Reserven werden bei Immobilien
oft Verkehrswertgutachten vorgelegt. Den Verkehrswert einer Immobilie zu realisieren, bedarf jedoch eines geordneten
Verkaufsprozesses. Kommt das Unternehmen in die Krise,
muss es schnell gehen. Dann lässt sich ein geordneter Verkaufsprozess nicht mehr realisieren. Die Immobilie ist oft
nur mit deutlichen Abschlägen zu veräußern. Bei der Wertermittlung sind also die möglichen Verwertungsalternativen
und die Länge des Verwertungszeitraums zu berücksichti-
gen. Genauso müssen Restriktionen von außen Berücksichtigung finden, etwa die Verwertung von Sicherheiten
durch Gläubiger durch eine beschlossene oder angedrohte
Zwangsversteigerung.
Fazit: es gibt nicht einen wahren Wert, sondern viele mögliche Ausprägungen. Die Unternehmensleitung trägt für ihren
Wertansatz die Darlegungslast.
Stille Reserven finden sich in der Bilanz sowohl im Anlagewie im Umlaufvermögen. Das Anlagevermögen dient dem
Unternehmen dauerhaft, sodass die Verwertung der stillen
Reserven schwierig sein dürfte. Wenn die Betriebsimmobilie
stille Reserven enthält, können diese nur gehoben werden,
wenn der Betrieb verlagert oder eingestellt wird. Leichter ist
es, stille Reserven im Umlaufvermögen zu realisieren, denn
hier geschieht dies im laufenden Betriebsprozess.
Vermeidet die Aufdeckung der stillen Reserven die Insolvenz?
Bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit wie auch bei
der Ermittlung drohender Zahlungsunfähigkeit handelt es
sich um eine reine Liquiditätsplanung ausgehend von einem
Liquiditätsstatus. Das Cash entscheidet, nicht die Differenz
zwischen verschiedenen Werten. Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit kann demnach nur die tatsächliche Realisierung
der stillen Reserven haben. Das bedeutet, dass die alleinige
Aufdeckung stiller Reserven, zum Beispiel durch Umwandlung oder Ähnliche die Zahlungsunfähigkeit nicht beseitigt.
Bei der Prüfung der Überschuldung gehört der zweistufige
Überschuldungsbegriff der Vergangenheit an. Heute ist im
Rahmen der Fortbestehensprognose ebenfalls die Zahlungsfähigkeit über den Prognosezeitraum zu ermitteln. Auch hier
finden stille Reserven nur Eingang, wenn sie tatsächlich realisiert werden und zwar in der Höhe, wie sie tatsächlich realisiert werden. Nur wenn die Fortbestehensprognose negativ
ausfällt, ist ein Überschuldungsstatus zu Liquidationswerten aufzustellen. Der Standard ES 11 zur „Beurteilung des
Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen“ des Instituts
der Wirtschaftsprüfer (IDW) lässt zu, dass bei Vorhandensein stiller Reserven auf eine detaillierte Prüfung verzichtet
werden kann, wenn die stillen Reserven eine Überschuldung
ausschließen. Stille Reserven können also eine Insolvenz
vermeiden – aber nur, wenn sie nicht nur in den Büchern
stehen, sondern auch im Planungszeitraum realisiert werden.
Der Bilanz-Check in „return 2/2015“ widmet sich der Frage, wie stille Lasten zu bewerten sind und ob diese gegebenenfalls zur Insolvenz führen können. ~
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HINTERGRUND & WISSEN
HINTERGRUND & WISSEN
ABC der Sanierung
Stärkung Eigenkapital
I wie unter Insolvenzschutz
Rund 50 Prozent der größeren Insolvenzverfahren planen Verantwortliche heute
aus dem Unternehmen heraus und führen auf dem Weg der Eigenverwaltung
eine strategische Sanierung unter Insolvenzschutz. Damit hat sich der Beginn
eines solchen Prozesses weit in das Feld der betriebswirtschaftlichen Notlage
vorverlagert und bewährt sich auch bei außergerichtlichen Verhandlungen als ein
strategisches Instrument zum Überwinden von Krisen. Soweit ein Effekt des vor
drei Jahren in Kraft getretenen Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung
von Unternehmen (ESUG). Mit dem reformierten Insolvenzrecht vertraute
und erfahrene Restrukturierer, Interim-Manager, Rechtsanwälte, Steuer- und
Unternehmensberater spielen dabei eine größere Rolle. Sie stoßen den Prozess
der Sanierung unter Insolvenzschutz im Unternehmen an, koordinieren und
begleiten das gerichtliche Verfahren. Zum besseren Verständnis greift „return“
wichtige Begriffe im „ABC der Sanierung“ auf.
Eigenverwaltung
Die Eigenverwaltung ist ein Insolvenzverfahren ohne Insolvenzverwalter (§ 270a InsO). An seiner Stelle lenkt und
steuert das Schuldnerunternehmen das Verfahren selbst –
begleitet und kontrolliert von einem gerichtlichen Sachwalter. Eine Eigenverwaltung ist auch nach einer schon eingetretenen Zahlungsunfähigkeit einzuleiten und bedarf der
Unterstützung durch die wichtigsten Gläubiger. Mit Einleitung des Verfahrens hat das Schuldnerunternehmen vorrangig im Interesse der Gläubiger tätig zu sein.
Sachwalter
Insolvenzschutz
Bei einer Sanierung unter Insolvenzschutz greifen die gesetzlichen Schutzmechanismen der Insolvenzordnung
(InsO). Das zu sanierende Unternehmen ist vor Eingriffen
seiner Gläubiger geschützt, Zwangsvollstreckungen sind untersagt, auch Sicherungsgläubiger können auf ihr Eigentum
nicht zugreifen. Das Unternehmen erhält zudem massive
Liquiditätshilfen wie die Übernahme der Löhne und Gehälter für bis zu drei Monate. Zudem kann es im Schutz des
Rechts „regenerieren“. Das gerichtliche Sanierungsverfahren
kann insbesondere dann und von vornherein die richtige
Wahl sein, wenn ein schlüssiges Sanierungskonzept vorliegt,
bei dem eine Zustimmung aller Gläubiger aber nicht zu erwarten ist.
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Der (vorläufige) Sachwalter – in der Regel ein erfahrener
Insolvenzverwalter – hat vorrangig die wirtschaftliche Lage
des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung sowie
die Ausgaben und Lebensführung des Schuldners zu überwachen. Er soll durch seine beobachtende Funktion möglichst frühzeitig Fehlentwicklungen erkennen, Missbrauch
verhindern sowie Risiken und Schäden für Gläubiger und
einzelne Beteiligte abwenden. Beim Sachwalter sind Insolvenzforderungen anzumelden. Der Sachwalter verantwortet
das Durchsetzen von Gesamtansprüchen und Insolvenzanfechtungen. Auf die Auswahl des Sachwalters haben Gläubiger und Schuldner in der Eigenverwaltung einen bestimmenden Einfluss.
Neben der Stärkung der Liquidität dient die Sanierung unter Insolvenzschutz mithilfe eines Insolvenzplans stets auch
der Bereinigung der Passivseite in der Bilanz. Aus Gesellschaftersicht hat das Planverfahren in Eigenverwaltung
den enormen Vorteil, dass der Gesellschafter seine Anteile behält. Mit vereinbarten Forderungsverzichten steht das
Eigenkapital und der Wert des Unternehmens insgesamt
deutlich stärker da. Neues Agieren im Markt, meist auf der
Basis von weitergehender oder neuer Finanzierung, gelingt
dadurch wesentlich einfacher.
Liquiditätshilfen
Im Interesse des Erhalts des Unternehmens und der nachhaltigen Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit zielt
der Insolvenzschutz auf eine massive Stärkung der Liquidität. Über das Insolvenzgeld werden nicht nur die Löhne
und Gehälter für bis zu drei Monaten aus dem Insolvenzgeld finanziert, sondern das eigenverwaltete Unternehmen
muss auch die vereinnahmte Umsatzsteuer nicht abführen
und bedient Dauerschuldverhältnisse jedweder Art nur noch
in einem ganz geringen Umfang. Die gewonnene Liquidität
soll die Sanierung massiv unterstützen.
Schutzschirmverfahren
Das Schutzschirmverfahren ist eine besondere Form der
Eigenverwaltung, mit weitergehenden Befugnissen für den
eigenverwaltenden Schuldner (§ 270b InsO). Einen Zugang
zum Schutzschirmverfahren haben nur Schuldner, die im
Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht zahlungsunfähig
sind. Die nur drohende Zahlungsunfähigkeit muss durch
einen Sachverständigen attestiert werden. Dieser muss auch
bestätigen, dass das Schuldnerunternehmen sanierungsfähig und fortführungswürdig ist. Der Schuldner erhält auf
einen entsprechenden Antrag und Beschluss des Gerichts
hin bis zu drei Monate Zeit unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters frei von Vollstreckungsmaßnahmen einen
Sanierungsplan zu erstellen, der anschließend als Insolvenzplan umgesetzt werden kann. Im Regelfall ist die „einfache“
Eigenverwaltung der rechtssicherere und kostengünstigere Weg, um eine Sanierung im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens in Eigenverwaltung durchzuführen (§ 270a
InsO).
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HINTERGRUND & WISSEN
HINTERGRUND & WISSEN
Gesagt, getan
Stationäre und mobile Spracherkennung
in der Anwaltskanzlei
Text: Markus J. Sauerwald
Ich ging früh ins Büro, um etwas auszuprobieren, von dem
ich gehört hatte, aber nicht glaubte, dass es funktionierte.
Eine Box mit Software, mit Headset und mit dem Versprechen, Sprache sofort in Text umzuwandeln. Magie?! Ich installierte, setze das Kopfhörermikrofon auf, fühlte mich kurz
wie im Kontrollzentrum von Houston und legte los.
Eine Umstellung war es schon, als der diktierte Text nicht
in meinem Diktiergerät verschwand, sondern direkt auf dem
Bildschirm erschien. Es war erstaunlich. Fehlerlos! Wort für
Wort. Mit einem kurzen Befehl wurden die Absenderangaben eingefügt. Meine langjährige Schreibassistenz schaute unversehens in mein Büro und als sie mich mit meinem
Monitor sprechen sah, murmelte sie: „Chef, schon da? Oh,
wieder ein neues Gadget für den Arbeitsalltag…?“.
Kann Spracherkennung tatsächlich schon so viel? Wie zuverlässig arbeitet sie? Und was sagen die Assistenten im Büro
dazu?
Geführtes Training bis zum
individuellen Sprachprofil
„Dragon NaturallySpeaking“ ist der Marktführer bei professioneller Spracherkennung. Nach der Installation (siehe
Kasten) erstellt ein über Menü geführtes Training das individuelle Sprachprofil des Nutzers. Das geschieht über das
am Rechner vorhandene oder ein angeschlossenes Mikrofon,
das vom Programm automatisch erkannt wird. Das Anlegen
des Sprachprofils ist erforderlich, um die Besonderheiten der
Stimme zu erfassen und dem zukünftigen Nutzer es zu ermöglichen, sein Diktat mit natürlicher Stimme sprechen zu
können. Ein kleines Tutorium zeigt die wichtigsten Funktionen und erläutert wichtige Diktierbefehle.
Ungewohnt ist, dass jedes Wort zählt. Man muss wissen, was
man sagt, denn Versprecher werden erkannt und miterfasst.
Es ist erstaunlich, wie gut das Programm sofort die Sprache
erkennt und schon das erste Diktat gelingen lässt. Praktisch
ist die Anwendung der Spracherkennung sehr schnell zu erlernen. Ich bekam rasch ein Gefühl dafür, wie man diktieren
muss, damit „Dragon NaturallySpeaking“ mich richtig versteht. Richtig Tempo nahm ich auf, nachdem ich mit den
78
wichtigsten Diktierbefehlen vertraut war, so Schriftsätze
und E-Mails im Nu erstellte, korrigieren und versenden ließ.
Spracherkennung ist aber nur so gut, wie sie in die benutzten
Büroprogramme integriert werden kann. „Dragon 13“ versteht sich mit allen gängigen Windows-Büroprogrammen,
insbesondere Outlook, Word und Excel, aber auch WebMailprogrammen, die über den Browser bedient werden.
Darüber hinaus kann es auch mit Anwaltssoftware verbunden werden. Und damit wird die Stimme tatsächlich zum
Tastaturersatz.
„Chef, diktieren Sie meine Stelle weg?“
Die geäußerte Sorge meiner Schreibassistentin ist nicht ganz
unbegründet, wenn sie um einen Teil ihrer Tätigkeit fürchtet.
Doch tatsächlich konnte ich erleben, dass sich die Arbeitsabläufe verbessern. Diktate, die bislang analog auf Bändern bei
der Assistenz ankamen, können nun als Word-Dateien in
gemeinsamen Ordnern weitergegeben und in den Schreibbüros veredelt werden. Die kleine Korrespondenz des Anwalts selbst wird per Sprachdiktat ungleich schneller erledigt
als bislang.
Aber wie gut versteht das Programm die vielen Spezialbegriffe und Gesetzesabkürzungen, die in einer spezialisierten
Kanzlei zum Alltag gehören?
Auch an dieser Stelle gibt sich das Programm keine Blöße.
Nach der Installation besteht die Möglichkeit, eigene Dokumente „scannen“ zu lassen. Das Sprachprogramm erweitert
damit das Vokabular enorm. Gleiches gilt auch für Adressbücher. In der Korrespondenz und beim Diktat werden die
diktierten Namen, mögen sie auch noch so individuell sein,
in aller Regel richtig geschrieben.
„Chef, das kommt ja fehlerlos an!“
Bei der Großschreibung in Anreden trifft das Programm im
Deutschen nicht immer die richtigen Entscheidungen, aber
fast immer. Nach ein wenig Übung kennt man die Tücken und
diktiert die Großschreibung mit. Auch Datums- und Zeitangaben, werden richtig umgesetzt oder können an individuelle
Schreibweisen angepasst werden. Jederzeit können neue Wor-
te nach einem Ad-hoc-Training gelernt werden und werden
zukünftig richtig geschrieben. Das gilt auch für fremdsprachige Begriffe wie „Compliance“ oder „Controlling“.
Sprachkommandos
zur schnellen Suche
Auch wenn viele Aufgaben, für die bislang die Tastatur erforderlich war, jetzt mit der Spracherkennung erledigt werden können, bleibt sie nicht ganz entbehrlich. Der Rechner könnte auch komplett mit Sprache bedient werden, so
reichhaltig ist das Arsenal an vorinstallierten Befehlen. Aber
in meinem Selbsttest war es dann oft eine Mischung aus
“Maus-Aktionen“ oder aus schnellen und kurzen Einfügungen per Tastatur. Beispielsweise beim Einfügen des fehlenden „Kommas“. Ein großer Gewinn ist das einfache Arbeiten am Rechner mit Akte, da während des Diktates – nur
mit einem Mikrofon in der Hand – gut geblättert werden
kann und viele Vorgänge ohne Umweg über das Schreibbüro
sofort erledigt werden konnten.
Zu schätzen wusste ich die Sprachkommandos bei der
schnellen Suche im Internet: Mit dem einfachen Kommando „Suche im Web nach [Begriff oder Satz]“ öffnet sich der
Standard-Browser und die voreingestellte Suchmaschine
fügt die genannten Begriffe oder das Wort in das Suchfenster und beginnt die Suche.
„Chef, aber von unterwegs
gibt‘s wieder Bandsalat, oder?“
Auch unterwegs muss man auf den Komfort der Spracherkennung nicht verzichten. „Olympus“ und „Philips“ als
Marktführer bieten Geräte für die digitale Spracherkennung
an. Die Diktate werden mit diesen auf digitale Speicherkarten aufgesprochen. Werden die Geräte zurück in der Kanzlei
per Kabel an den Kanzleirechner angeschlossen, transkribiert Dragon diese. Die erzeugten Word-Dateien werden
von mit den Geräten mitgelieferten Workflow-Programmen
in die gewünschten Ordner im Netzwerk verschoben, von
wo aus sie weiter verarbeitet werden können.
Auch das funktioniert perfekt, jedenfalls dann, wenn das
Diktat nach den „Diktierregeln“ von Dragon aufgesprochen
worden ist. Statt eines Stapels Bänder liegen dann am Morgen eines Arbeitstages ein Stapel Dateien im Netzwerkordner der Schreibassistenz.
Schneller und besser in
Routinekorrespondenz
Spracherkennung ist aus meinem Arbeitsalltag nicht mehr
wegzudenken. Die Lernkurve ist steil, die Lust, die Möglichkeiten des Programms auszuschöpfen, wächst mit jedem
Tag seiner Benutzung. Unter Windows ist die Anknüpfung
an vorhandene Programme ideal gelöst und bewährt sich im
Praxisalltag. Dies gilt auch für die mobil aufgenommenen
Diktate, die als akustische Dateien in das System eingespielt
werden. Als einziger Einwand bleibt, dass Spracherkennung
für viele zu schnell Gedanken in Schrift umsetzt und insbesondere bei komplizierten Zusammenhängen der Zeitversatz zwischen Gedanken, Finger, Tastatur, Bildschirm
praxisgerechter erscheint. In der Routinekorrespondenz, bei
Vermerken und Anweisungen jedoch gibt es kaum etwas, das
schneller und besser funktioniert. ~
Installation
Die Installation auf einem üblichen, modernen Rechner unter Windows ist problemlos. Bis die gewaltigen
Sprachdateien auf dem Rechner gelandet sind, vergehen
bei der Einrichtung aber einmalig gut 45 Minuten. Im
Anschluss daran wird in einem knapp zehnminütigen
Vorgang ein Sprachprofil erstellt Ein knappes Tutorium führt in die Grundfunktionen ein. „Dragon 13“ erscheint als diskrete Menüleiste am oberen Bildschirmrand. Es erkennt vorhandene Mikrofone, sowohl das
am Rechner eingebaute, als auch externe Headsets oder
angeschlossene Geräte.
Software
Mit der Version „Legal“ bringt
„Dragon 13“ von Haus aus einen
breiten juristischen Wortschatz
mit und hält zudem die Möglichkeit bereit, eigene Befehle zur Bedienung der eingesetzten Kanzlei-Software einzurichten. Diese
Version eignet sich für Kanzleien,
die mit Spracherkennung schon vertraut sind und diese
büroübergreifend implementieren wollen. Der Vertrieb
erfolgt daher über Servicepartner, die unter der Seite von Dragon abgerufen werden können. Empfohlen
wird die Version „Dragon 13 Premium“. Die Version
Dragon „Legal“ enthält weitere Spezifikationen für die
Arbeiten in Anwaltskanzleien die sich beim Testmuster
tadellos bewerten. Weitere Nachweise unter
www.nuance.de
Hardware
Bei der Auswahl stationärer und mobiler Diktiermikrofone sollte man vor allem darauf achten, dass sie ergonomisch gut zu handhaben sind. Marktführer auf diesem
Gebiet „Olympus“ und „Philips“. Bei beiden Herstellern
überzeugt die Sprachqualität. Philips hatte die aus meiner Sicht etwas besser durchdachten Lösungen mit verschleißfreien Schiebeschaltern, die sich zudem in ihrer
Funktion noch anpassen lassen. Mein Test habe ich mit
den Geräten „Philips SpeechMike“ und „Philips DPM
8000“ ausgeführt. Das mobile DPM 8000 kam dabei
auch mit schwierigen akustischen Verhältnissen zurecht;
wichtig im Flughafen-Wartebereich oder in lauten Umgebungen. Auswirkungen auf die Erkennungsleistung
beim Diktieren hatte dies hier nicht.
79
KOLUMNE
Anne’s Corner
Fließende Finanzen
designplus
E
büro für gestaltung
Individuelle Beratung
Konzeption
Gestaltung
Corporate Design
Geschäftsausstattung
Visitenkarten
Briefpapier
Responsive Webdesign
iPad Magazine
Illustrierte Erklärfilme
eBooks
Flashfilme
Websites
Facebookanbindung
Einladungen
Anzeigen
Messebanner
Imagebroschüren
Textentwicklung
Logoentwicklung
Flyer, Faltblätter
Newsletter
Plakate
Präsentationen für
mobile Geräte
Faire Budgetierung
80
igentlich sollte jeder wissen, dass Unternehmensführung vor und in der Krise mehr
als nur das Management der harten Fakten ist.
Denn heißt Sanierung nicht „heilen“? Ja – dann
ist doch der Sanierer „der Heiler“, ergo derjenige, der der Firma hilft, wieder „ganz“ zu werden.
Wie in der klassischen Medizin gilt es auch in der
Unternehmensheilung nicht nur Symptome zu heilen,
sondern neben der finanziellen Struktur des Unternehmens
die Ursachen anzuschauen. Auch wenn das Wort Finanz
ursprünglich von dem Lateinischen Wort „finis“ abstammt
und Grenze heißt, so gilt es in der finanzwirtschaftlichen Sanierung erst einmal Blockaden zu lösen, sodass die Finanzen
sozusagen gesund fließen können. Werden Unternehmensfinanzen nach Aristoteles geführt, dann ist „Das Ganze (ist)
mehr als die Summe seiner Teile“. Es lässt sich erahnen, dass
neben der Mathematik Finanzen damit vielleicht sogar etwas
Feinstoffliches haben könnten, etwas, das wir mit der rational
geführten Finanzwelt gar nicht in Verbindung bringen.
Im Dschungel aus
Cashflow-Begriffen
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Nehmen wir den Cashflow als Beispiel: Cashflow ist das, was
einem Unternehmen zu jedem Zeitpunkt für seine operative
Geschäftstätigkeit und für seine Investitionen und letztendlich für sein wirtschaftliches Überleben zur Verfügung steht.
Beschäftigt man sich mit der Terminologie des Cashflows, befindet man sich ziemlich schnell im Dschungel verschiedener
mathematisch klingender Begrifflichkeiten wie Brutto- und
Netto-Cashflow, Rücklagenzuführungen oder -auflösungen.
Bei all diesen Begriffen ist es schwer zu glauben, dass Cashflow auch etwas Esoterisches haben könnte. Das erste Mal,
als ich – als Engländerin – über das Wort Cashflow stolperte,
war ich mir sicher, dass dieser Begriff einer Meditation entspringen müsste, denn „flow“ heißt fließen und erinnert sehr
an Sprüche wie „Alles bleibt im Fluss“ oder „Lass es fließen“.
Also Formulierungen eher für das Lösen geistiger Blockaden.
Für jedes Unternehmen ist Liquidität das, was über geschäftliche Handlungsfähigkeit und Erfolg entscheidet, und auch
„liquide“ bedeutet nichts anderes als „flüssig sein“.
Der Fluss spielt also eine große Rolle im Unternehmen. Wie
in der Natur ist der Geldfluss (Cashflow) einer Reihe von
Ereignissen ausgesetzt. Ein Fluss, der durch Trockengebiete
fließt, verliert sehr schnell an Feuchtigkeit und muss genügend Wasser führen, um selbst im Trockengebiet nicht aus-
zutrocknen. Ein Fluss muss, wenn Hindernisse wie Felsen im Wege sind, einen anderen
Verlauf als ursprünglich geplant nehmen
und wenn die Hindernisse groß sind, an Geschwindigkeit gewinnen, um diese weiteren
Wege zu umfließen. Und ein Schiff, das zum
Ziel kommen möchte, muss sich auf den zuverlässigen Fluss verlassen.
Komisch, dass so viele der wichtigsten Wirtschaftsbegriffe
mit dem Transportweg Wasser zu tun haben. Auch das Wort
Scheitern kommt aus der Schifffahrt. So ist der Fluss des
Lebens auch im Unternehmen zu finden und ein Unternehmer muss bei Trockengebieten im Geldfluss dafür sorgen,
dass das Geld rechtzeitig gemanagt wird, sodass der Geldfluss nicht stoppt. Nur zu genau erinnere ich mich an die
Zeit, in der mein Cashflow kein Fluss mehr war, sondern ein
Cash-Rinnsal, das zu versiegen drohte. Benjamin Franklin
beschrieb passend: „Es gibt drei treue Freunde – eine alte
Ehefrau, einen alter Hund und flüssiges Geld.“ Um sich
der Freunde zu versichern, muss man sich vom Fluss inspirieren lassen. Wer die Schiffswege des Unternehmertums
auf der Wasserstraße des Cashflows erkennt und mit Voraussicht managt, erlebt Scheitern nur selten. Leonardi da
Vinci bemerkte: „Bei einem Fluss ist das Wasser, das man
berührt, das Letzte, was vorübergeströmt ist, und das Erste,
was kommt.“
Heilender Sanierer baut
Geldfluss-Blockaden ab
Also muss man den Geldfluss rechtzeitig anpacken, um die
Zukunft zu beeinflussen.
Der heilende Sanierer, der Blockaden löst und die Barrieren für „Finanzen“ abbaut, um das Geld in Fluss zu bringen,
verleiht der Lösung von Krisen wortwörtlich eine andere
Bedeutungsebene. Auf Deck gilt es, nicht ab in die Koje zu
gehen, sondern mit der Crew klar Schiff zu machen. So wirkt
das Team der Schlagseite entgegen und schwimmt im Kielwasser des Sanierers. Das wahre Geheimnis der erfolgreichen
Sanierung liegt darin, es einfach fließen zu lassen. Oder wie
wir Engländer sagen: to go with the flow.
In diesem Sinne
Ihre
Anne Koark
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SERVICE
SERVICE
Rechtsprechung
Aus der Praxis richterlicher Entscheidungen
Diese fortlaufende Folge über richterliche Entscheidungen erläutert insbesondere
Aspekte von Krise, Sanierung und Insolvenz. Denn wirtschaftliche Schieflagen werfen vielfach spezielle juristische Fragen auf – für alle Beteiligten. So steigen beispielsweise die Haftungsrisiken schneller, je enger der rechtliche Rahmen gestaltet
ist. Diesmal präsentiert „return“ drei Rechtsfälle.
Definition:
Die bei Restrukturierungs- und Sanierungsprozessen zu beachtende Rechtsprechung umfasst
ein weites Feld an rechtsübergreifenden Entscheidungen. Neben dem Insolvenzrecht sind stets auch
Urteile und Beschlüsse aus den Bereichen des
Steuer-, Gesellschafts-, Straf-, Arbeits-, Sozialund des allgemeinen Zivilrechts im Blick zu behalten. In dieser Ausgabe möchten wir einige wichtige
Entscheidungen der vergangenen sechs Monate
vorstellen, die jeder kennen sollte, der sich mit dem
Thema Sanierung und Restrukturierung beschäftigt
oder damit in Berührung kommt.
Haftung des Geschäftsführers einer
insolvenzreifen GmbH für
Vermögensschäden eines Vertragspartners
Änderung der Körperschaftsteuer
nach rechtskräftiger Bestätigung
eines Insolvenzplans
BGH, 21.10.2014 - II ZR 113/13,
www.lexetius.com/2014,4890
BFH, 22.10.2014 – I R 39/13, DB 2015, 35
Amtlicher Leitsatz:
Hat eine insolvenzreife GmbH die von ihr geschuldete vertragliche Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht und ist
dadurch die Schädigung des Vermögens des Vertragspartners der GmbH durch deliktisches Handeln eines Dritten
begünstigt worden, besteht darin unter Berücksichtigung
des Schutzzwecks der Insolvenzantragspflicht kein die Haftung des Geschäftsführers der GmbH für den eingetretenen Schaden auslösender innerer Zusammenhang zwischen
der Verletzung der Insolvenzantragspflicht durch den Geschäftsführer und dem Vermögensschaden des Vertragspartners der GmbH.
Anmerkung:
Der Schutzzweck der Insolvenzantragspflicht rechtfertigt
regelmäßig nur die Ersatzfähigkeit des Schadens, der dadurch entsteht, dass der vertragliche Neugläubiger infolge
des Vertragsschlusses mit der insolvenzreifen Gesellschaft
im Vertrauen auf deren Solvenz dieser noch Geld- oder
Sachmittel als Vorleistungen zur Verfügung stellt und dadurch Kredit gewährt, ohne einen entsprechend werthaltigen Gegenanspruch oder eine entsprechende Gegenleistung
zu erlangen, oder er infolge des Vertragsschlusses Aufwendungen erbracht hat. Wurde die vertragliche Leistung durch
die insolvenzreife Gesellschaft nicht ordnungsgemäß erbracht und ist dadurch die Schädigung des Vermögens des
Vertragspartners durch deliktisches Handeln eines Dritten
begünstigt worden, besteht darin unter Berücksichtigung
des Schutzzwecks der Insolvenzantragspflicht kein die Haftung des Geschäftsführers der GmbH für den eingetretenen Schaden auslösender innerer Zusammenhang zwischen
der Verletzung der Insolvenzantragspflicht durch den Geschäftsführer und dem Vermögensschaden des Vertragspartners der GmbH.
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Insolvenzverschleppung auch
bei faktischer Geschäftsführung
BGH, 18.12.2014 – 4 StR 323/14 und 4 StR 324/14,
ZInsO 2015, 196
Amtlicher Leitsatz:
Der faktische Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann Täter einer Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO sein.
82
Amtlicher Leitsatz:
Die nachinsolvenzliche Änderung einer vorinsolvenzlich
erfolgten Körperschaftsteuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2
AO ist nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplanes, der die vom FA angemeldete und im Prüfungstermin
vom Steuerpflichtigen nicht bestrittene Körperschaftsteuerforderung erfasst, nicht mehr zulässig.
Aus den Gründen:
Rz. 17: Die Finanzbehörden werden mit ihren Forderungen
mangels abweichender gesetzlicher Regelungen im Insolvenzplanverfahren wie andere Insolvenzgläubiger behandelt.
Sie unterliegen wie diese der Gruppenbildung gemäß § 222
InsO und sind innerhalb ihrer Gruppe mit allen Beteiligten
gleichzubehandeln (§ 226 InsO). Ergänzend zu den Regelungen der Insolvenzordnung bestimmt § 251 Abs. 2 Satz 2
AO lediglich, dass die Finanzbehörde nach Beendigung des
Insolvenzverfahrens berechtigt ist, im Fall des § 257 InsO
gegen den Schuldner im Verwaltungsweg zu vollstrecken.
Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass
die nachinsolvenzliche Beitreibung der festgestellten Steuerforderung nicht nach den Regeln des zivilprozessualen
Vollstreckungsrechts erfolgen muss, sondern im Verwaltungszwangsverfahren durchgeführt werden darf (vergleiche
Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Juli 2000
VII B 12/00, BFH/NV 2001, 144; BTDrucks VI/1982, 175).
Rz. 18: Nach diesen Grundsätzen ist nach der rechtskräftigen Bestätigung eines Insolvenzplanes und der damit verbundenen Aufhebung des Insolvenzverfahrens eine Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 AO, die zum
Wegfall der bereits in der Tabelle und dem Insolvenzplan
festgestellten Forderung des FA führen soll, unzulässig. Einwendungen des Steuerpflichtigen gegen die Forderung sind
durch Bestreiten im Prüfungstermin geltend zu machen. Ob
und unter welchen Voraussetzungen sonstige Änderungen
einer bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten Steuerfestsetzung in Betracht zu ziehen sind (zum Beispiel zwecks Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses oder eines später ergangenen Grundlagenbescheids
gemäß § 175 AO), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung,
da vorliegend allein die Korrekturvorschrift des § 164 Abs. 2
AO einschlägig ist.
Rz. 19: Die rechtsgestaltenden und abschließenden Regelungen des Insolvenzplanes stehen einer nachträglichen
Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 AO,
die zu einer Erhöhung, Verringerung oder dem Wegfall der
Steuerforderung führen würde, entgegen (andere Ansicht
Bartone, AO-StB 2008, 132).
83
SERVICE
SERVICE
Bücher
Medien
Zeitschriften
Robert Buchalik
§ 1 InsO – Der Erhalt des Unternehmens
als Ziel des Insolvenzverfahrens nach
Inkrafttreten des ESUG?
Seit mehr als 130 Jahren ist das Ziel eines Insolvenzverfahrens mit der Erzielung der bestmöglichen Quote für die
Gläubiger definiert. Der Autor stellt dies infrage und weist
darauf hin, dass diese zeitpunktbezogene Betrachtung zu
kurz greife, denn für die Gläubiger sei der Erhalt des Unternehmens und damit der Kunden- und Lieferantenbeziehungen viel wichtiger und langfristig ertragreicher. Buchalik
plädiert vor diesem Hintergrund für eine Überprüfung der
tradierten Positionen und weist auf die besonderen Erfolge
einer nachhaltigen Sanierung unter Insolvenzschutz nach
dem ESUG hin.
Dr. Benedikt Hövelmann, Sylvia Wipperfürth
Arbeitsrechtliche Handlungsflexibilität
im Restrukturierungsprozess
Die Autoren erläutern arbeitsrechtliche Möglichkeiten zur
Umsetzung von Restrukturierungsmaßahmen und diskutieren, ob und inwieweit durch Ausreizen des arbeits- und insolvenzrechtlichen Rahmens Handlungsoptionen bestehen,
die geeignet sind, Restrukturierungsmaßnahmen zu ökonomisieren. Der Beitrag zeigt das Handlungsspektrum auf,
welches sich bei einzelvertraglichen Abreden, Betriebsvereinbarungen, tarifvertraglichen Regelungen, Kurzarbeit etc.
bietet und beleuchtet unter monetären, zeitlichen und personalstrategischen Gesichtspunkten die Umsetzbarkeit von
Mediation, Güterichterverfahren, Mini Trial, Schlichtung,
Collaborative Practice sowie anderen mediativen Konfliktlösungsmodellen.
Original erschienen in ZInsO 2015, 480 - 485
Original erschienen in: ZInsO 2015, 225 - 231
Thorsten Decker/Dr. Thiemo Schäfer
Die Unternehmensinsolvenz
aus lnvestorensicht
Decker und Schäfer legen einleitend dar, dass der Unternehmenskauf aus der Insolvenz oder die Beteiligung an einem
insolventen Unternehmen im Rahmen einer Sanierung für
Investoren nicht nur mit ökonomischen, sondern auch mit
einer Vielzahl von rechtlichen Besonderheiten verbunden
ist. Sie zeigen auf, dass es in der Regelinsolvenz verschiedene
Investitionsmöglichkeiten gibt und stellen heraus, dass insbesondere das Insolvenzplanverfahren dem Investor vielfältige Investitionsmöglichkeiten eröffnet. Abschließend setzen
sich die Autoren dezidiert mit den Investitionsmöglichkeiten bei der Eigenverwaltung sowie beim Schutzschirmverfahren auseinander.
Original erschienen in BB 2015, 198 - 205
Klaus Maier
Zwischen Wahn und Sinn – zur Qualität
von Verteidigungsargumenten bei Insolvenzanfechtungen
Der durchaus launig verfasste und lesenswerte Beitrag setzt
sich mit 14 immer wieder auftauchenden Verteidigungsargumenten auseinander und weist die Haltlosigkeit dieser
verbreiteten Argumente nach. Der Autor verarbeitet dabei
seine Erfahrungen aus insolvenzrechtlichen Anfechtungsprozessen und schlussfolgert, dass die meisten in diesen
Verfahren vorgebrachten Argumente von Fachfremdheit
und fehlender Detailkenntnis der spezifischen gesetzlichen
Regelungen sowie der besonderen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes getragen sind. Für Unternehmen wie
für Rechtsanwälte gibt der Beitrag wichtige Orientierungen
und kann als eine Checkliste bei der Frage „Gute Verteidigung – schlechte Verteidigung“ genutzt werden.
Original erschienen in ZInsO 2015, 339 - 342
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Joerg Bartussek/Oliver Weyergraf
Mad Business – Was in
Führungsetagen der
Konzerne wirklich abgeht
Karlheinz Geißler/Jonas Geißler
Time is honey – Vom klugen
Umgang mit der Zeit
„Klartext über den Wahnsinn“ mit
„authentischen Stimmen Dutzender
Topmanager“ soll das Buch laut Verlags-Mitteilung dem Leser bieten. Die
fiktive Geschichte rund um die Figur
Paul Hecht basiere auf Interviews mit
Managern aus zehn verschiedenen Branchen, davon 25
Prozent in CEO-Funktion. Dabei seien „haarsträubende
Insiderberichte“ herausgekommen und eine „Realsatire“
entstanden, die mit einer „chaotischen und absurden Wirklichkeit“ konfrontiere.
Die beiden Autoren scheinen zumindest die Praxis zu kennen: Der studierte Rechtswissenschaftler Bartussek habe
selbst als Manager für Großunternehmen gearbeitet, der
studierte Betriebswirt Weyergraf führte als Geschäftsführer mehrere Internetfirmen und war lange als Manager in
internationalen Konzernen tätig.
„Zeit kann man nicht managen, man
kann sie nur leben“, lautet hier die Botschaft. Volle Seminare zum Zeitmanagement oder der „Zeit-Coach“ als
neuer Berufszweig – die Ökonomisierung von Tagen, Stunden und Minuten
lasse tief blicken, meinen die beiden
als „Zeitforscher und -berater“ ausgewiesenen Autoren. Sie
wollen der „Zeit-ist-Geld-Logik“ ihre Sicht entgegenstellen
und eine „Vielzahl von Zeitqualitäten“ aufzeigen. Prof. Dr.
Karlheinz Geißler hat Philosophie, Ökonomie und Pädagogik studiert und war Professor für Wirtschaftspädagogik an
der Universität der Bundeswehr in München. Er beschäftigt
sich seit 30 Jahren mit der Zeit und lebt seitdem ohne Uhr.
Jonas Geißler absolvierte ein Studium aus Soziologie und
Medien-Management und arbeitet als Trainer und Berater
mit den Schwerpunkten systematische Organisationsentwicklung, Führungskräftecoaching und Nachhaltigkeit.
240 Seiten, 22,99 Euro, seit 9. Februar 2015
ISBN 978-3-593-50124-6, Campus Verlag
240 Seiten, 17,95 Euro, ab 16. März 2015
ISBN-13: 978-3-86581-706-8, Oekom Verlag
Michael C. Frege
Verhandlungserfolg in
Unternehmenskrise und
Sanierung
Jürgen Staab
Die sieben häufigsten
Insolvenzgründe erkennen
und vermeiden
Eine Vielzahl an Tipps, Checklisten
und Praxishinweisen verspricht der
Verlag bei diesem gebundenen fast
300-Seiter in zweiter Auflage. Dem
möchte man glauben, denn erstens datiert die Erstveröffentlichung aus Dezember 2007. Zweitens verfügt der Autor nachgewiesen
über langjährige Erfahrungen. Dr. Frege arbeitet immerhin
in der renommierten Kanzlei CMS Hasche Sigle als Partner, als Rechtsanwalt, als Fachanwalt für Insolvenzrecht und
als Wirtschaftsmediator in einer Person. Als Insolvenzverwalter auf dem Gebiet der Unternehmensinsolvenzen und
als Sanierungsberater im Vorfeld von Insolvenzen größerer
Unternehmen befasst sich der Experte insgesamt seit über
20 Jahren mit dem Insolvenzrecht. Wie sind Verhandlungen zu führen, wenn die Ergebnisse allen Interessen gerecht
werden sollen? Gesetzmäßigkeiten und Regeln seien hier
methodisch erläutert, heißt es dazu in der Verlagsinformation, wissenschaftliche Grundlagen zu verschiedenen Disziplinen seien erklärt.
In acht von zehn Insolvenzfällen seien
Unternehmen bis zu fünf Mitarbeitern
betroffen, beruft sich die Verlagsankündigung auf Creditreform-Zahlen.
Entsprechend sieht Jürgen Staab seine
Empfehlungen als „Wegweiser speziell für kleinere und mittlere Unternehmen“. Er gibt einen
Überblick über die häufigsten „existenzbedrohenden Managementfehler“ und liefert „praxisbewährte Lösungen zur
Selbsthilfe“. Fördermittel-Einsatz, Finanzierung und nachhaltiges Management sind genannt. Seine Erfahrungen
speist er aus Stationen bei Andersen Consulting und PwC
sowie aus seinem aktuellen Wirken als Unternehmensberater und Vorstandsvorsitzender einer Energiegenossenschaft. Das Buch soll Geschäftsführer dabei unterstützen,
Risiken frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen sowie in
Schieflagen richtig zu handeln. Vorab sind acht Gründe für
Insolvenzen genannt – vom fehlenden Controlling über unzureichendes Debitorenmanagement bis zu Kommunikationsdefiziten.
290 Seiten, 69 Euro, seit 1. März 2015
ISBN-13: 978-3-81458-158-3, RWS Verlag
192 Seiten, 19,99 Euro, ab 14. März 2015
ISBN: 978-3-658-06425-9, Verlag Springer Gabler
85
SERVICE
SERVICE
Termine
Krisenkommunikationsgipfel 2015
Management von Reputation
Dem „Krisenmanagement in der digitalisierten Gesellschaft“ für Unternehmen, Behörde, Verband und Politik
widmen sich die Kommunikatoren, Krisenbeauftragten,
Wissenschaftler und Manager.
Termin:18. März 2015
Ort: Bonn
www.krisenkommunikationsgipfel.de
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
12. Deutscher Insolvenzrechtstag
Neueste Rechtsprechung
Geballtes Wissen rund um Urteil, Änderung, Auswirkung
und Anwendung vermittelt das viertägige Programm aus
zahlreichen Vorträgen und fünf Workshops.
Termin: 18. bis 20. März 2015
Ort: Berlin
www.arge-insolvenzrecht.de
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Fachlehrgang Sanieren unter Insolvenzschutz
Geprüfter ESUG-Berater
Erfolgreiche Teilnehmer können Unternehmen in Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung beraten oder als Interimsmanager begleiten. Abschluss als „Geprüfter ESUGBerater (DIAI)“ möglich.
Termin: 22. bis 25. April 2015 (Modul II)
Ort: Berlin
www.mfinso.de
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Seminar zu Sanierung und Abwicklung
Risiken in Verträgen
Referenten erläutern Gebiete, Gestaltungen, Probleme und
Lösungen zu den wichtigsten Verträgen und Formularen in
Sanierung, Insolvenz und Abwicklung.
Termin: 23. April 2015
Ort: Frankfurt/Main
www.fc-heidelberg.de
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
11. Handelsblatt Jahrestagung
Restrukturierung
„Zukunftsfähig durch Transformation“ lautet sinngemäß der
Untertitel des Jahrestreffens der Restrukturierungs- und Sanierungsbranche.
Termin: 23. und 24. April 2015
Ort: Frankfurt/Main
www.handelsblatt-restrukturierung.de
86
Deutscher Steuerberaterkongress
Berufsstand-Praxis
Themen, mit denen sich Steuerberater in der Praxis befassen, verspricht die Spitzenorganisation des Berufsstandes in
Arbeitskreisen, Foren und Workshops.
Termin: 4./5. Mai 2015
Ort: Hamburg
www.bstbk.de
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Kompaktseminar
Sanierung bei Firmenkunden
Grundlagen und Workshop vereint das Angebot zu Sanierung und Insolvenzrecht bei Firmenkunden.
Termin: 4. bis 6. Mai 2015
Ort: Karlsruhe
www.bwgv-akademie.de
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Insolvenztage 2015
Tools
Insolvenzverfahren deutschlandweit suchen
Die Insolvenzgerichte der Bundesrepublik Deutschland veröffentlichen alle Bekanntmachungen, die vorzunehmen sind,
wenn ein Insolvenzverfahren bei Gericht beantragt worden
ist. Eine komfortable Suche ist möglich unter:
www.insolvenzbekanntmachungen.de
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Stellenmarkt Personalbereich
Ein speziell auf den Personalbereich ausgerichteten Stellenmarkt finden Sie unter:
www.personalwirtschaft.de/de/html/content/460/Stellenmarkt/
Checkliste Arbeitgeberattraktivität zum
Download
Einen ersten Einstieg in das Themenfeld „Mitarbeiterbindung und Arbeitgeberattraktivität“ bietet die von I.O. BUSINESS® entwickelte Checkliste „Arbeitgeberattraktivität“.
Anhand von Indikatoren kann geprüft werden, wie es aktuell
um die Arbeitgeberattraktivität bestellt ist. In weiteren Schritten werden die Ziele sowie die strategische Ausrichtung zur
Steigerung der Attraktivität definiert. Die Checkliste versteht
sich als Tool, das Unternehmen, Unternehmern und Führungskräften eine Idee davon vermittelt, was unter Arbeitgeberattraktivität zu verstehen ist und zeigt Möglichkeiten auf,
die ein Engagement in dem Themenfeld geben kann.
Nähere Informationen unter: www.systagon.de
Rückblick und Ausblick
Ein „Update“ zu Reformen, Rechten, Verfahren und Praxisfällen stellt diese Fachtagung in Aussicht.
Termin: 21. Mai 2015
Ort: Düsseldorf
www.anwaltakademie.de
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Gläubigerkongress
Wirtschaft im Wandel
Tiefgreifende Folgen für die operative Sanierung greift der
Veranstalter in seiner Ankündigung beispielhaft im Handel
und in der Automobilbranche auf, die im Mittelpunkt des 4.
Deutschen Gläubigerkongresses stehen.
Termin: 10./11. Juni 2015
Ort: Köln
www.glaeubigerkongress.com
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Berufsbegleitender Studiengang
Berater-Ausbildung
Eine Ausbildung zum qualifizierten Berater im Wirtschaftsund Insolvenzrecht mit einem international anerkannten
und akkreditierten Mastergrad als akademischen Abschluss
gehört zu diesem Angebot unter dem Titel „Wirtschaftsrecht & Restrukturierung“.
Termin: Anmeldung bis 15. Juni 2015,
Beginn ab 14. September 2015
Ort: Münster
www.uni-muenster-llm.de
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RETURN BIS Z
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Vorschau 02/15
Leserservice
Impressum
Die nächste Ausgabe von „return – Magazin für
Sanierungsmanagement“ erscheint am 8. Juni 2015.
„return – Magazin für Sanierungsmanagement“ erscheint
viermal pro Jahr und ist im Abonnement zu beziehen. Verbände, Vereinigungen und Organisationen erhalten ab einer
gewissen Größenordnung für Mitglieder auch Heftkontingente zu Sonderkonditionen.
return – Magazin für Sanierungsmanagement erscheint im Carl Heymanns Verlag
in Zusammenarbeit mit dem Deutschen
Institut für angewandtes Insolvenzrecht
e.V. (DIAI)
Jahresabonnement (Print-Preis)
95,20 Euro zzgl. Versandkosten
Geschäftsführende Herausgeber
Prof. Dr. Hans Haarmeyer
Oliver Holzinger
Schwerpunkt:
Handel im Wandel – anpassungsfähige
und zukunftsweisende Geschäftsmodelle
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte direkt an
den Verlag:
Wolters Kluwer Deutschland GmbH
Frau Angela Bühs
Luxemburger Str. 449, 50939 Köln
Telefon: (02 21) 9 43 73-71 26
Telefax: (02 21) 9 43 73-1 71 26
[email protected]
Detaillierte Informationen zu den Abonnements finden Sie
im Internet:
www.return-sanierungsmagazin.de
Chefredakteur
Thorsten Garber
Redaktion und ständige Mitarbeit
Dr. Andreas Fröhlich, Peter Hützen,
Catrin Kindler, Anne Koark, Jürgen
Spreemann, Sylvia Wipperfürth
Freier Kolumnist
Ralf-Dieter Brunowsky
Verlag und Redaktionsanschrift
Wolters Kluwer Deutschland GmbH
Frau Angela Bühs
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Textnachweis
Beiträge ohne Autorennennung stammen
von der Redaktion.
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. Hans Haarmeyer, S. 3
Herausgeber
Urheber- und Verlagsrechte
Annahme nur von Originalaufsätzen, die
ausschließlich dem Verlag zur Alleinverwertung in allen Medien angeboten werden. Mit der Annahme des Manuskripts
durch den Verlag überträgt der Autor dem
Verlag für die Dauer von vier Jahren das
ausschließliche, danach das einfache Nutzungsrecht. Das Nutzungsrecht umfasst
insbesondere auch die Befugnis zur Einspeicherung in Datenbanken sowie zur
weiteren Vervielfältigung im Wege fotomechanischer oder elektronischer Verfahren, einschl. Disketten, CD-ROM, DVD
und Online-Diensten.
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen
Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der
gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages
unzulässig.
Thorsten Garber, S. 6/7/85
Chefredakteur
Umschlag, Satz und Layout
Dipl.-Des. Carina Harbarth, Köln
www.designplus.de
Dr. Michael Groß, S. 38
Geschäftsführer der Groß & Cie. GmbH
Erscheinungsweise
viermal pro Jahr
¢
Trends und Tendenzen für den Handel 2050 –
und wie clevere Kaufleute sie schon heute antizipieren
¢
Erfolgsstrategien namhafter Händler
¢
Vorbilder der Krisenbewältigung
NACHRUF
¢
Neuralgische Punkte des stationären Handels
Jeder Abschied ist die Geburt einer Erinnerung
¢
Ladenlokal versus Onlineshop? – von Gegnerschaft
und Bündnis
Tief betroffen nehmen wir Abschied von
unserem Redaktionsmitglied
¢
Führende Forscher über das Optimum
in Marketing, Filialprozess und Logistik
Jochen von Plüskow
¢
Technik und Mensch – Bedienung, die begeistert
verstorben am 6. Januar 2015
Wir trauern um einen lieb gewonnenen
Menschen, der für uns unvergesslich
bleiben wird.
Köln, im März 2015
Die return-Redaktion
Anzeigenverkauf
Karsten Kühn
Telefon: (02 21) 9 43 73-77 97
Telefax: (02 21) 9 43 73-1 77 97
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Das ePaper aller Ausgaben und weitergehende Informationen finden Sie unter
www.return-sanierungsmagazin.de
Artikel-Nr.: 58565501
ISSN: 2199-8841
Dr. Andreas Fröhlich, S. 8/10
Geschäftsführer der perspektiv GmbH
Ralf-Dieter Brunowsky, S. 13
Publizist und Kommunikationsberater
Jürgen Spreemann, S. 14
Freier Journalist
Sylvia Wipperfürth, S.18/56/62
Diplom-Rechtspflegerin und Mediatorin
Lutz Paschen, S. 24
Rechtsanwalt
Dr. Christoph Niering, S.26
Vorsitzender des Verbandes Insolvenzverwalter Deutschlands
Marzena Sierant, S. 42
Mental-Coach und Betriebspädagogin
Peter Hützen, S. 48
Rechtsanwalt, FA ArbR, vangard Arbeitsrecht
Thomas Schulz, S. 52
Journalist, tsc.komm
Anzeigendisposition
Stefanie Szillat
Telefon (02 21) 9 43 73-74 26
Telefax (02 21) 9 43 73-1 74 26
[email protected]
Corinna Schulz, S. 60
Freie Journalistin
Abbildungsnachweise
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Jochen Wierz, S. 71
Director der perspektiv GmbH
Prof. Dr. Hugo Grote, S. 68
Professor für Wirtschaftsrecht
Dr. Andreas Ringstmeier, S. 72
Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter
Christoph Hillebrand, S.74
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
Markus J. Sauerwald, S.78
Rechtsanwalt und Verlagsleiter
Anne Koark, S. 81
Schriftstellerin
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SERVICE
Gewinnen und genießen
Traumhaftes Wochenende im Rheinhotel Dreesen
Reif für eine Auszeit im außergewöhnlichen Ambiente? Im Gewinnspiel für
„return“-Leser lockt ein traumhaftes Wochenende für Zeit zu zweit im stilvollen Rheinhotel Dreesen. Erholsame Entspannung mit elegantem Komfort, Relaxen mit Rheinblick im traditionsreichen „weißen Haus“, aktive
Abwechslung in paradiesischer Natur oder anregender Museumsmeile – ein
Fest für Genießer.
Herzlichkeit und Köstlichkeit
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n!
Auch ohne tiefergehende Sprachkenntnisse im „Bönnsch“,
dem Bonner Dialekt, empfängt das Team des Dreesens einen Jeden mit der typischen Bonner Herzlichkeit, der sich
nach einem wohligen Zimmer sehnt und/oder Hunger und
Durst stillen möchte. Rheinische Spezialitäten wie der klassische Sauerbraten und Kölsch sind nur allzu selbstverständlich. Wer dem – zugegebenermaßen sehr speziellem Landestypischen weniger zugetan ist, kann sich bestens an dem
atemberaubenden Blick auf den Rhein und das Siebengebirge berauschen. Unmittelbarer und direkter wird der Rheinblick nirgends. „Schön“ ist stets Geschmackssache, aber die
Lage ist es sicher.
Dann sollten wir uns kennenlernen!
Gastfreundschaft mit Stil
120 Jahre Familientradition und gelebte Gastfreundschaft
verspricht die architektonisch stilvoll und mit neuzeitlichem
Komfort ausgestattete Herberge sowohl für Feriengäste als
auch Geschäftsleute, die die Tagungsmöglichkeiten für anspruchsvolle Konferenzen und Seminare nutzen möchten.
Mit einer Entfernung von knapp 7 km zur Bonner Innenstadt, dem unmittelbar angrenzenden Rheinufer sind der
Auszeit-Gestaltung kaum Grenzen gesetzt – Naturgenuss,
Ausflüge, Shopping und zahlreiche Sportmöglichkeiten.
Während der angeschlossene Rheinufer-Biergarten noch auf
warme Sonnenzeiten wartet, lädt der eindrucksvoll gestaltete
Salon des Hotelrestaurants ganzjährig zum Dinieren, Brunchen oder Feiern ein. Prädikat: Stil sicher!
SIE SIND
FÜHRUNGSKRAFT
AUF ZEIT?
Wir verlosen ein Wochenende für zwei Personen
(2xÜ/F) im Hotel Dreesen in einem Zimmer mit
Rheinblick. Senden Sie uns einfach mit dem Betreff
„Dreesen“ eine E-Mail an: [email protected]. Namen, Adresse und Telefonnummer
nicht vergessen! Der Gewinner wird per Mail benachrichtigt.
Der Rechtsweg und eine Barauszahlung des Gewinns sind ausgeschlossen.
Einsendeschluss ist der 20.04.2015.
Als führender Berufs- und Wirtschaftsverband setzt sich die
Dachgesellschaft Deutsches Interim Management e. V. (DDIM)
für professionelles Management auf Zeit sowie die Interessen
ihrer Mitglieder und Partner ein.
Wir organisieren Netzwerkveranstaltungen, fördern den Wissenstransfer, bieten Qualifizierungsangebote und Sonderkonditionen
für spezifische Versicherungs- und Rechtsberatungsleistungen.
Als kompetenter und unabhängiger Ansprechpartner versorgen wir
Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit mit relevanten Informationen
zu allen wesentlichen Branchenfragen.
Die Gewinner aus unseren Verlosungen für Schlemmertouren durch Köln, Hamburg und München heißen: Martin Malewski aus Köln, Claudia Ruks aus
Ammersbek und Antonella Siconolfi aus München. Herzlichen Glückwunsch!
Lernen Sie uns kennen! Besuchen Sie uns dazu doch auf einer
unserer vielen Veranstaltungen.
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www.ddim.de
Kontakt
DDIM - Dachgesellschaft Deutsches
Interim Management e.V.
Antwerpener Str. 14 | D-50672 Köln
T: +49 [221] 71 66 66-17
Wir helfen
in der Krise von
Unternehmen.
Je früher Sie sich an uns wenden, desto mehr können wir für Sie tun!
Rufen Sie uns an: 089 74 329 750.
Rechtsberatung · Sanierung & Restrukturierung · Insolvenzverwaltung
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