Ludwig: Ärzte sollen besser verschreiben

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ARZNEIMITTELAUSGABEN
Ludwig: Ärzte sollen besser verschreiben
Julia Pradel, 29.04.2015 10:54 Uhr
Berlin - Mehr als 700 Euro für eine Tablette – der
Preis des Hepatitis-Präparats Sovaldi (Sofosbuvir)
hat die Diskussion um Arzneimittelkosten
angefeuert. Vielfach wird debattiert, wie die
Ausgaben beschränkt werden können. Bei einem
Diskussionsforum der AOK Nordost sah man vor
allem die Ärzte in der Pflicht, ihr
Rational verschreiben: Der AkdÄ-Vorsitzende
Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig fordert bessere
Informationen für Ärzte.
Foto: Elke Hinkelbein
Verordnungsverhalten anzupassen. Außerdem
müsse es Regulierungsinstrumente geben, um
Mondpreise zu verhindern, forderte Helmut
Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des
Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO).
Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen
Ärzteschaft (AkdÄ), kritisierte erhebliche Mängel bei den Zulassungen. Aus seiner Sicht kann im
Umfeld der Markteinführung noch gar nicht bewertet werden, wie gut das Arzneimittel wirkt.
Ludwig hält die frühe Nutzenbewertung daher nur für sinnvoll, wenn sie von einer späten
Nutzenbewertung ergänzt wird.
Ludwig forderte, Arzneimittel rationaler einzusetzen, um Kosten zu vermeiden. Dafür müsse es
mehr wissenschaftsinitiierte und unabhängige Studien geben, eine Kosten-Nutzen-Bewertung,
eine verbesserte Evidenz nach der Zulassung und eine Qualitätsverbesserung anstelle neuer
Wirkstoffe. Ludwig setzt sich außerdem dafür ein, innovative Arzneimittel gezielt einzusetzen. In
der Schweiz beispielsweise werde Sovaldi erst ab einem bestimmten Fibrosegrad eingesetzt, so
Ludwig.
Der Mediziner kritisierte, dass viele Kollegen Arzneimittel verordneten, obwohl der Gemeinsame
Bundesausschuss (G-BA) eine negative Bewertung abgegeben hätte. „Wir erreichen nur 10 bis 20
Prozent der Ärzte“, schätzt Ludwig, der auch Herausgeber des Arzneimittelbriefs ist. Er ist
überzeugt, dass sich enorme Kosten allein dadurch sparen ließen, dass ein gutes
Informationssystem für Ärzte aufgebaut würde – aus seiner Sicht vielleicht sogar ein Projekt für
den Innovationsfonds. Schröder hält auch Qualitätsverträge mit Ärzten für einen Weg. Dafür
würde man auch ein Beratungshonorar in Kauf nehmen.
Ursula Nonnemacher, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im
Landtag Brandenburg, betonte: „Wir müssen uns klarmachen: Wir haben beschränkte
Ressourcen und mit denen müssen wir klar kommen.“ Die Ärztin setzt dabei auf
Verhaltensänderungen und Präventionsangebote, mit denen aus ihrer Sicht viele Kosten gespart
werden könnten.
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30.04.2015
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Aus Nonnemachers Sicht ist ein Mentalitätswechsel auf verschiedenen Ebenen nötig: bei der
Politik, bei den Patienten mit ihrer Erwartungshaltung und bei Ärzten. Solange Mediziner in
einem System mitspielten, in dem sie offen für Pharmareferenten seien und gesponserte
Fortbildungen besuchten, seien sie „korrumpierbar“. Und solange müssten sich die Mediziner
auch selbst in Frage stellen.
Schröder kritisierte, dass die Kassen der Preisgestaltung der Hersteller „machtlos“
gegenüberstehen. Daher brauche es Regulierungsinstrumente. Die Forderung, dass die
ausgehandelten Preise rückwirkend gelten, sei dabei nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“: Für
die 56 Wirkstoffe, für die Erstattungsbeträge ausgehandelt wurden, hätten damit lediglich rund
220 Millionen Euro eingespart werden können – allein für Sovaldi hätten die Kassen aber bereits
1,5 Milliarden Euro ausgegeben. Für die Hochpreiser sieht er allerdings keine Lösung.
Nonnemacher betonte, dass es durchaus einen Ausgleich für die Pharmaindustrie geben müsse.
Diese sei immerhin ein wichtiger Arbeitgeber und solle nicht zum Nulltarif tätig sein, aber eine
freie Preisfestsetzung ist aus ihrer Sicht auch problematisch. Sie fordert daher Transparenz über
Forschungs- und Entwicklungskosten sowie zu den Gewinnerwartungen der Industrie. Auf dieser
Basis könnten faire Preise ausgehandelt werden, meint auch Schröder.
Dem stimmte Ludwig zu. „Für echte Innovationen sollten vernünftige Preise gezahlt werden“,
betonte er. Allerdings gibt es aus seiner Sicht zwei Unbekannte: den Nutzen zum Zeitpunkt der
Zulassung und die Forschungs- und Entwicklungskosten. Er kritisiert, dass die Unternehmen nur
13 bis 14 Prozent dafür aufwenden, aber 30 Prozent für das Marketing.
Ludwig betont, dass man sich zunächst über die Evidenz klar werden müsse, um die Ressourcen
gerecht zu verteilen. „Es ist ein Skandal, dass wir nicht in der Lage sind, Krebspatienten
vernünftig mit Gesprächen zu betreuen“, sagte er. Stattdessen werde in den letzten Monaten der
Krebstherapie so viel Geld verpulvert wie kaum woanders. „Wir brauchen eine gute
palliativmedizinische Versorgung“, forderte Ludwig.
Quellen-URL (abgerufen am 30.04.2015 - 10:02):
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