1/2015 | www.eav.admin.ch Das Magazin der EAV Alkohol und Politik Totalrevision des Alkoholgesetzes Suche nach Alternativen geht weiter Im Gespräch Roland Bilang, Geschäftsführer der Erdöl-Vereinigung Schweizer Spirituosen 10 Jahre AbsinthLegalisierung Ethanol Was passiert mit Alkoholabfall? Kultur EAV-Wandbild von Heinrich Danioth Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Inhaltsverzeichnis 3|Zweiter Frühling 4 | Die Suche nach Alternativen geht weiter 7 | Neues Instrument für eine erfolgreiche Alkoholpolitik in den Kantonen 10 | Alkoholkonsum: Wie viel ist zu viel? 12 | Auf welchen Gebrauchsgegenständen ist Spirituosenwerbung erlaubt? 14 | «In der Schweiz wird wohl künftig mehr ethanolhaltiges Benzin verkauft» 16 | Von der Alltäglichkeit der Selbstheilung 18 | Absinth: Traditionsgetränk mit politischen Nebenwirkungen 22 | Alkoholabfall: nutzloser Müll oder wertvolle Ressource? 24 | Weltweit harmonisierte Kennzeichnungen für mehr Chemikaliensicherheit 26 | EAV-Wandbild vom «Teufelsmaler» 28 | Von Alkohol, Schuhen, Oldtimern und Paketen 30 | La Val Poschiavo all’EXPO 2015 31|Bierland Schweiz 34|Nachruf Impressum Herausgeberin Eidgenössische Alkoholverwaltung (EAV) Länggassstrasse 35, Postfach 516, CH-3000 Bern 9 E-Mail: [email protected] Redaktion Kommunikation EAV/ Yvonne Mäder-Bogorad Übersetzungen Sektion Sprachdienste EFD Vertrieb BBL, Verkauf Bundespublikationen, CH-3003 Bern, Fax: 031 325 50 58 Internetseite: www.bundespublikationen.admin.ch E-Mail: [email protected] Art.-Nr.: 621.300.1/15D Bestellen oder ändern Sie Ihr Abonnement online: Unter www.bundespublikationen.admin.ch können Sie mit der Artikel-Nummer den Antworttalon abrufen, diesen ohne grossen Aufwand ausfüllen und per E-Mail absenden. 2 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Editorial Zweiter Frühling Es ist genau 10 Jahre her. Am 1. März 2005 verliess die grüne Fee nach beinahe einem Jahrhundert im Untergrund ihr Versteck und trat ganz offiziell wieder ans Tageslicht. 2015, am zehnten Geburtstag der wiedergewonnenen Freiheit und Legalisierung, kann sich der Absinth rühmen, die einzige Spirituose zu sein, von der die Schweiz weitaus mehr exportiert, als sie importiert. In der Schweiz ist der Absinth ausserdem die einzige Spirituose, die über ein eigenes Museum verfügt: das 2014 in Môtiers eröffnete «Haus des Absinths» («Maison de l‘Absinthe»). Der traditionelle Kundenkreis des Absinths hat sich ausgeweitet, neue Kategorien von Konsumentinnen und Konsumenten sind hinzugekommen. Noch besitzt der Absinth keine geschützte Ursprungsbezeichnung (GUB), der Prozess für die Erlangung einer solchen ist jedoch im Gang. Gedämpft werden könnte die Dynamik seines zweiten Frühlings höchstens noch von den Schwankungen in der globalen Wirtschaftskonjunktur (Seiten 18–21 dieses Magazins). Bis vor Kurzem wurden Produktionsrückstände als unbrauchbare und lästige Abfälle eingestuft. Sie wurden schnell, einfach und möglichst kostengünstig vernichtet. Immer wieder erinnern uns verseuchte Böden oder verunreinigtes Grundwasser an alte Sünden. Zum Glück ändern sich die Mentalitäten, und auch der technologische Fortschritt geht weiter. Rückstände gelten heute als Ressource, ja sogar als vollwertiger Rohstoff. Die Rückstände aus der Alkoholherstellung und -verarbeitung sind dafür ein Paradebeispiel (Seiten 22 und 23). In der Industrie werden grosse Investitionen getätigt, um die Rohstoffverluste zu verringern und aufbereitetes Ethanol wieder in die Produktionskette zurückzuführen. Im Kleinen mehren sich die Partnerschaften, die es sich zur Aufgabe machen, Alkoholabfälle in Biogas umzuwandeln. Welch schöner Karriereabschluss für die Früchte aus unseren Obstgärten, wenn sie nach einer Existenz als Zutat zur Herstellung von Edelspirituosen unsere Häuser und Wohnungen beheizen und den öffentlichen Verkehr ins Rollen bringen können! 3 Ein neuer Aufbruch, eine zweite Chance, eine Wiedergeburt. Diese Worte bekommt man in Selbsthilfegruppen von ehemaligen Alkoholikern und Drogensüchtigen, denen es gelungen ist, sich aus den Fängen ihrer Abhängigkeit zu befreien, immer wieder zu hören. Ihre Erfahrungen sind eine mächtige Quelle der Inspiration. Leider stossen sie in der übrigen Gesellschaft nur auf sehr wenig Gehör. Doch auch wir bewegen uns viel öfter am Rande der Abhängigkeit, als wir ahnen. Der Übergang ist fliessend, und manchmal braucht es nur sehr wenig, dass wir «kippen». Der Soziologe Harald Klingemann lädt uns zu einer Besinnung auf die inneren Ressourcen ein; sie sind es, die vielen Suchtabhängigen dazu verholfen haben, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Und sie können uns allen helfen, den Sturz in den Abgrund zu vermeiden (Seiten 16 und 17). Auch die EAV bereitet sich auf ein neues Leben vor. Nach Abschluss der Totalrevision des Alkoholgesetzes – noch geben drei Differenzen zwischen Stände- und Nationalrat zu angeregten Diskussionen im Parlament Anlass (Seiten 4 bis 6) – wird die EAV ihre rechtliche Selbstständigkeit aufgeben. Eine «EAV 2.0» wird in der Oberzolldirektion in der Form einer Abteilung Alkohol und Tabak wiederauferstehen. Dieser Neubeginn wird mit zahlreichen Veränderungen, unter anderem einem Umzug, einhergehen. Die EAV wird ihre Berner Räumlichkeiten verlassen und sich in der Nähe des Bahnhofs von Delsberg niederlassen (Seite 6). Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich diese angebliche «Revolution» vielmehr als «Restauration». In Delsberg erwarb die EAV nämlich im Juni 1889 ihr allererstes Gebäude. Die vorliegende Ausgabe von «C2H5OH» lädt Sie auf eine Entdeckungsreise ein, auf der Sie erfahren, was aus diesem Standort sowie drei weiteren ehemaligen Alkohollagern und Standorten der EAV (deren Umnutzung manche Überraschung bereithält) geworden ist (Seiten 28 und 29). Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre. Nicolas Rion, Leiter Kommunikation Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Totalrevision des Alkoholgesetzes Die Suche nach Alternativen geht weiter Die erste Etappe des Differenzbereinigungsverfahrens zur Totalrevision des Alkoholgesetzes wurde im Ständerat am 24. November 2014 abgeschlossen. Jetzt geht es noch um drei Fragen, bei denen zwischen National- und Ständerat keine Einigkeit besteht. Die vorberatende Kommission des Nationalrates will nun sämtliche möglichen Alternativen zur Ausbeutebesteuerung von der Verwaltung prüfen lassen, bevor sie sich nochmals zum Steuersystem äussert. Frage 1: Wie kann die Branche verfassungskonform unterstützt werden? Beide Räte, der National- und der Ständerat, möchten den Schweizer Spirituosenbrennern in der Steuerfrage entgegenkommen. Nur über das Wie sind sie sich noch nicht einig. Die Idee, die Spirituosenproduktion nach der Ausbeute zu besteuern, wurde im Frühjahr 2013 in die Parlamentsdebatte eingebracht – und zwar vom Ständerat. Heute lehnt die kleine Kammer die Ausbeutebesteuerung jedoch ab mit der Begründung, dass diese nicht verfassungskonform sei, wie Rechtsgutachten mittlerweile ergeben haben. Die Ständeratskommission hatte sich im Vorfeld der Beratungen im Ratsplenum an zahlreichen Sitzungen mit der Frage der Ausbeutebesteuerung befasst und konkrete Ersatzlösungen für diese vorgeschlagen, die bei der nationalrätlichen Schwesterkommission aber auf Ablehnung stiessen. Die Nationalratskommission vertrat damals die Ansicht, dass das Differenzbereinigungsverfahren lediglich die Art und Weise der Umsetzung der Ausbeutebesteuerung betreffe, jedoch nicht das Besteuerungssystem an sich. In Anbetracht dieses Nichteintretens der Nationalratskommission auf mögliche Ersatzlösungen sprach sich der Ständerat in der Wintersession 2014 mit 33 zu 12 Stimmen für die ersatzlose Streichung der Ausbeutebesteuerung aus. Am 12. Januar 2015 hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats ihre Haltung nochmals überdacht. Sie hat nun ihrerseits die EAV damit beauftragt, Alternativen zur Ausbeutebesteuerung auszuarbeiten. Die von der Ständeratskommission im Sommer 2014 angeregten Massnahmen und weitere Vorschläge werden unter die Lupe genommen. 4 Frage 2: Soll die Steuer auf Spirituosen erhöht werden? «Nein», sagt der Ständerat und folgt damit dem Bundesrat. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Konsum von Alkohol in der Schweiz sei seit Jahren rückläufig; eine Steuererhöhung sei somit nicht gerechtfertigt. Der Nationalrat seinerseits hat sich im Rahmen der Erstberatung der Totalrevision des Alkoholgesetzes für eine Erhöhung der Spirituosensteuer ausgesprochen (von 29 CHF auf 32 CHF pro Liter reinen Alkohols). Es geht weniger darum, den Alkohol aus gesundheitlichen Gründen zu verteuern, als vielmehr darum, allfällige Steuereinbussen infolge der Ausbeutebesteuerung auszugleichen. Denn die Kantone legen Wert darauf, dass der Alkoholzehntel, der ihnen zur Finanzierung zahlreicher Präventions- und Suchtbekämpfungstätigkeiten dient, nicht geringer ausfällt als bisher. Die Festlegung des Steuersatzes ist eng mit der Wahl des Besteuerungssystems verbunden. Die Nationalratskommission hat sich deshalb im laufenden Differenzbereinigungsverfahren noch nicht dazu geäussert. Frage 3: Braucht es ein Nachtverkaufsverbot für Alkohol? Zusammen mit den Lockvogelangeboten bildete das Verbot für den Verkauf von alkoholischen Getränken zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens ursprünglich einen der beiden Pfeiler des sogenannten «Nachtregimes». Im vergangenen November hat der Ständerat mit 24 zu 20 Stimmen bei 1 Enthaltung sein Ja zum Nachtverkaufsverbot bekräftigt. Er will dadurch die Exzesse eindämmen, die durch missbräuchlichen Alkoholkonsum in der Nacht entstehen und den Städten und Kantonen grosse Sorgen bereiten. Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Die Nationalratskommission hat am 12. Januar 2015 mit 16 zu 7 Stimmen an der Ablehnung der Massnahme festgehalten, die sie als ineffizient und einen Eingriff in die persönlichen Freiheiten erachtet. Die Totalrevision des Alkoholgesetzes steht im Fokus vieler Interessengruppen – auch im Parlament. Nächste Etappen Die Beratung der Totalrevision des Alkoholgesetzes geht nun ins dritte Jahr, was Ständerat Konrad Graber am 24. November 2014 im Plenum augenzwinkernd zur Frage veranlasste, ob sie am Ende so lange dauern werde wie die Einführung des Frauenstimmrechts im Kanton Appenzell Ausserrhoden … Die drei verbleibenden Differenzen dürfen nicht vergessen lassen, dass sich die beiden Räte in 5 allen anderen Aspekten der Totalrevision und insbesondere bei der Aufhebung der Monopole und bei der Reorganisation der Verwaltung einig sind. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats wird von den Alternativvorschlägen zur Ausbeutebesteuerung im zweiten Quartal 2015 Kenntnis nehmen. Das Nationalratsplenum wird sich frühestens in der Sommersession 2015 damit befassen. Entscheide mit Blick auf die Umsetzung Die künftige Umsetzung der Totalrevision des Alkoholgesetzes erfordert bereits heute umfangreiche Vorarbeiten, die parallel zur laufenden parlamentarischen Beratung der Totalrevision Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch geleistet werden. Die Richtung und der Zeitplan dieser Vorarbeiten hängen direkt von den Beschlüssen der eidgenössischen Räte ab. Ende 2014 haben der Bundesrat und die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements zwei wichtige organisatorische Entscheide gefällt: Wahl des Sitzes der Abteilung Alkohol und Tabak Die neue Abteilung Alkohol und Tabak der Oberzolldirektion (OZD) – also die Nachfolgeorganisation der EAV nach Abschluss der Totalrevision des Alkoholgesetzes – soll ihren Sitz in Delsberg haben. Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hat mit diesem Entscheid dem von den jurassischen Behörden im Frühjahr 2012 eingereichten Gesuch stattgegeben. Die neue Verwaltungseinheit wird sich voraussichtlich ab 2017 im Hauptort des Kantons Jura niederlassen. Für die betroffenen Mitarbeitenden sind gegebenenfalls Massnahmen im Rahmen des Bundespersonalgesetzes vorgesehen. Erneuerung des Verwaltungsrats der alcosuisse ag Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 5. Dezember 2014 von der Zusammensetzung des neuen Verwaltungsrats der alcosuisse ag Kenntnis genommen: Ivan Vollenweider (Präsident), Anton Lenz, Beth Krasna und Beat Zwahlen sind in verschiedenen Bereichen der Privatwirtschaft tätig. Sie bringen die erforderlichen unternehmerischen Kompetenzen und Erfahrungen mit, die für den operativen Start und die Privatisierung der alcosuisse ag unabdingbar sind. Das Parlament begrüsst die Liberalisierung des Ethanolmarkts, welche die vollständige Veräusserung des heutigen Profitcenters der EAV erlaubt. Dessen Privatisierung erfolgt frühestens 2017. Nicolas Rion Weitere Informationen: www.eav.admin.ch > Totalrevision Alcosuisse senkt Ethanolpreise Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank hat für exportorientierte oder stark im Wettbewerb mit europäischen Konkurrenten stehende Unternehmen massive Auswirkungen. Davon sind auch viele Alcosuisse-Kunden betroffen. Um die Kunden in ihrem Bestreben um Erhalt der Konkurrenzfähigkeit und Sicherung des Produktionsstandorts Schweiz zu unterstützen, hat Alcosuisse die Verkaufspreise für Ethanol gesenkt. Seit dem 16. Februar kosten ihre Ethanolqualitäten ab Lager je nach Qualität, Liefermenge und Incoterm (internationale Handelsklausel) bis 15 Prozent weniger. Alcosuisse hat sich für diese substanzielle Preisreduktion entschieden, obschon sie ihre Beschaffungen fast zur Hälfte in Dollar tätigt und auf den vorhandenen Lagerbeständen Wertberichtigungen vornehmen muss. www.alcosuisse.ch 6 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Alkoholpolitik Neues Instrument für eine erfolgreiche Alkoholpolitik in den Kantonen Was macht eine erfolgreiche Alkoholpolitik aus? Welche Faktoren sind für eine wirksame Alkoholpolitik besonders förderlich? Welche sind eher ein Hemmnis? Um die Kantone bei der Umsetzung einer kohärenten und zielgerichteten Alkoholpräventionspolitik zu unterstützen, wurde das Instrument «Erfolgsfaktoren kantonaler Alkoholpolitik» entwickelt. Es hilft den Kantonen, die Stärken, die Schwächen und das Potenzial ihrer Alkoholpolitik zu analysieren. ler Alkoholpolitik». Die Kantone erhalten ein Arbeitsmittel, mit dem sie die Stärken und Schwächen sowie das Potenzial ihrer Alkoholpolitiken analysieren und, falls gewünscht, neue Ziele und Schritte definieren können. Das Instrument orientiert sich am Vorgehen einer klassischen Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse (SWOT-Analyse; Analysis of Strengths, Weaknesses, Opportunities and Threats). Es wurde jedoch mit weiteren Elementen angereichert. So kann beispielsweise festgehalten werden, mit welcher Priorität die kantonalen Aktivitäten verbessert werden sollten. Das Instrument besteht aus einer Reihe von Tabellen mit Fragen zu den verschiedenen Handlungsfeldern der kantonalen Alkoholpolitik, die dem jeweiligen Hauptthema – Stärken-Schwächen-Analyse oder Chancen-Risiken-Analyse – entsprechen. Diese Tabellen sind miteinander verknüpft, und das Ergebnis der ausgewählten Antworten wird schliesslich grafisch in einem Spinnenprofil sowie in der SWOT-Übersicht und der SWOT-Matrix dargestellt. Damit die Sicherheit an Grossveranstaltungen gewährleistet wird, sind die Kantone u. a. für einen verantwortungsvollen Alkoholausschank zuständig. Das Instrument «Erfolgsfaktoren kantonaler Alkoholpolitik» wurde im Rahmen des Nationalen Programms Alkohol vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) in enger Zusammenarbeit mit Pilotkantonen (BL, FR und NW), Fachverbänden (Fachverband Sucht und Groupement Romand d’Etudes des Addictions, GREA) und dem Büro Interface entwickelt. Das Instrument in Kürze Eine systematische Bestandesaufnahme und Beurteilung des Ist-Zustands der kantonalen Alkoholpolitik sowie eine Potenzialanalyse – dies erlaubt das Instrument «Erfolgsfaktoren kantona- 7 Das Instrument kann wie folgt angewendet werden: Vorbereitung: Das Thema Alkohol ist innerhalb eines Kantons oft an vielen verschiedenen Stellen verortet; unterschiedliche Akteure tragen ihren Teil zum Gelingen einer kohärenten und wirksamen Alkoholpräventionspolitik bei. Das Instrument «Erfolgsfaktoren kantonaler Alkoholpolitik» richtet sich in erster Linie an die kantonalen Stellen, welche für die Umsetzung der kantonalen Alkoholpolitik zuständig sind. Ein erstes Element des Instruments ist der Einbezug weiterer wichtiger Akteure innerhalb oder ausserhalb der kantonalen Verwaltung und damit die Förderung des interdisziplinären Austauschs und der Vernetzung. Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch «Erfolgsfaktoren kantonaler Alkoholpolitik» – ein Beispiel Handlungsfeld 4: Individuelle und gesellschaftliche Schadensminderung 2. Beurteilung Ist‐Zustand Wie beurteilen wir den Ist‐ Zustand? 3. Priorisierung Mit welcher Priorität möchten wir uns verbessern? Ausreichend Mit mittlerer Priorität Werden Massnahmen zur Prävention von Alkohol und Gewalt umgesetzt? Eher schlecht Mit hoher Priorität Werden Massnahmen zur Prävention von Mischkonsum (Alkohol und Drogen) umgesetzt? Eher schlecht Mit hoher Priorität Werden Massnahmen in Bezug auf Alkohol und Sexualität umgesetzt? Eher schlecht Mit hoher Priorität Ausreichend Mit mittlerer Priorität Vermeidung von gesundheitlichen Folgen des Alkoholkonsums 1. Bestandes‐ aufnahme Haben/machen wir bereits etwas? Werden adäquate Massnahmen zur Prävention von Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit bei verschiedenen Zielgruppen (Jugendlichen, Erwachsenen, älteren Personen, Migranten/‐innen, usw.) umgesetzt? Werden die Gelder aus dem Alkoholzehntel zweckgebunden und wirkungsorientiert verwendet? 4. Begründung Bitte begründen Sie Ihre Einschätzungen. Gesamtbeurteilung: Wie beurteilen wir unseren Kanton insgesamt in Bezug auf die Vermeidung von gesundheitlichen Folgen des Alkoholkonsums? Für die Bestimmung der Erfolgsfaktoren muss u.a. eine Stärken-Schwächen-Analyse durchgeführt werden. Dazu gehört auch eine Beurteilung der Massnahmen zur individuellen und gesellschaftlichen Schadensminderung. Arbeiten zugunsten eines politischen Auftrags Sensibilisierung und Information der Öffentlichkeit Sehr gut Erarbeitung von strategische Grundlagen und Evaluation der Aktivitäten Eher gut Koordination der Aktivitäten der relevanten Akteure/-innen Ausreichend Preisgestaltung für alkoholische Produkte Eher schlecht Sehr schlecht © Interface, 2014 6 von 10 Einschränkung der Werbung für alkoholische Produkte Früherkennung und Frühintervention in verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten Bereitstellung von spezifischen Behandlungsund Beratungsangeboten Einschränkung der Erhältlichkeit von alkoholischen Produkten Vollzug geltender Bestimmungen Vermeidung von gesundheitlichen Folgen des Alkoholkonsums Gewährleistung der Sicherheit im öffentlichen Raum Ist-Zustand Priorität Das Resultat der Analyse wird in einem Spinnenprofil dargestellt. 8 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Stärken-Schwächen-Analyse: Zur fundierten Standortbestimmung werden bei der Stärken-Schwächen-Analyse die aktuellen alkoholpolitischen Aktivitäten des Kantons systematisch erhoben. Die Aktivitäten werden den folgenden Handlungsfeldern zugeordnet: – Führungsstärke und Entschlossenheit – Gesundheitsschutz und Früherkennung – Behandlung und soziale Integration – Individuelle und gesellschaftliche Schadensminderung – Marktregulierung und Jugendschutz – Information und Sensibilisierung Schliesslich wird für jede der Aktivitäten der Ist-Zustand beurteilt. Darüber hinaus wird aufgezeigt, mit welcher Priorität in den nächsten Jahren welche Verbesserungen angestrebt werden sollten. Die Antworten werden in einem Spinnenprofil dargestellt. Dieses gibt Aufschluss über die aktuelle Alkoholpolitik und zeigt auf, in welchen Bereichen Optimierungen durchgeführt werden könnten. Chancen-Risiken-Analyse: Zur Beurteilung der Chancen und Risiken werden die vier Ebenen «Gesundheit, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik» charakterisiert. Konkret geht es u. a. um die Beantwortung von Fragen zum Pro-Kopf-Konsum von Alkohol, zur Akzeptanz von alkoholpolitischen Massnahmen in der Bevölkerung, zur wirtschaftlichen Bedeutung von Gastgewerbe und Alkoholproduktion, zu den Folgekosten übermässigen Alkoholkonsums sowie zu den bestehenden gesetzlichen Grundlagen. SWOT-Übersicht: Durch die Verknüpfung mit den ausgefüllten Tabellen werden in der SWOT-Übersicht die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken für die kantonale Alkoholpolitik überschaubar darge- 9 stellt. Die SWOT-Übersicht kann helfen, aus der Standortbestimmung strategische Schlussfolgerungen zu ziehen. SWOT-Matrix: Die SWOT-Matrix kann bei Bedarf dazu genutzt werden, die Ziele und Aktivitäten der Alkoholpolitik strategisch auszurichten. Die in einem vorangehenden Tabellenblatt priorisierten Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken werden in dieser Matrix dargestellt. Unterstützung bei der Anwendung Neben der Handlungsanleitung zum Instrument «Erfolgsfaktoren kantonaler Alkoholpolitik» stehen den zuständigen Stellen in den Kantonen das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Fachverbände (Deutschschweiz: Fachverband Sucht; Romandie: GREA) unterstützend zur Verfügung. Als erster Schritt fand im März 2015 eine Einführungsveranstaltung für interessierte Vertreterinnen und Vertreter der Kantone statt, an welcher das Instrument und die Erfahrungen der Pilotkantone präsentiert wurden. Von der Diagnose zur Umsetzung Das Instrument «Erfolgsfaktoren kantonaler Alkoholpolitik» unterstützt die Kantone bei der Analyse ihrer aktuellen Situation und ermöglicht eine Standortbestimmung. Es liegt in der Kompetenz jedes einzelnen Kantons, welche Schlüsse er aus den gewonnenen Erkenntnissen zieht, welche Strategien er entwickelt und welche Massnahmen er ergreifen will. BAG / Ruth Widmer Weitere Informationen: www.kap-pac.ch Kontakt: Amanda Kiefer: [email protected], Tel.: 058 462 62 00 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Prävention Alkoholkonsum: Wie viel ist zu viel? Unter dem Motto «Wie viel ist zu viel?» findet zwischen dem 30. April und dem 9. Mai 2015 die dritte nationale Dialogwoche Alkohol statt. Sie verfolgt das Ziel, Grenzen des Alkoholgenusses aufzuzeigen, ohne den Alkoholkonsum grundsätzlich zu verteufeln. Die Dialogwoche steht 2015 im Vordergrund der Alkoholpräventionskampagne, die im Rahmen des Nationalen Programms Alkohol (NPA) am 23. April 2015 lanciert und bis Ende 2017 laufen wird. Wie bereits vor zwei Jahren führt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gemeinsam mit den Fachverbänden, Sucht Schweiz und den Kantonen eine Dialogwoche Alkohol durch. Humorvoll und ohne zu moralisieren soll die Aktion die Bevölkerung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol sensibilisieren. «Wie viel ist zu viel?» weist auf eine Grenze des «vernünftigen» Alkoholkonsums hin. Mit der Frage nach dem «Zuviel» wird aber auch impliziert, dass Alkoholkonsum bis zu einem gewissen Mass okay ist. Das Motto «Wie viel ist zu viel?» kann je nach konkreter Situation individuell angepasst werden. «Wie viel ist für mich zu viel?», «Wie viel ist für mein Liebesleben zu viel?», «Wie viel ist für Jugendliche zu viel?» sind nur einige der möglichen Fragen, die zum Dialog anregen sollen. Mit der Frage nach dem Einfluss von Alkohol auf konkrete Lebenssituationen können die diversen Bevölkerungsgruppen gezielt angesprochen werden. Quiz, Icon-Geschichten und Give-aways Im Zentrum der Dachkampagne steht die Website www.alcohol-facts.ch mit einem Quiz, das mit konkreten Beispielen auf Gesundheitsrisiken und andere Gefahren im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol aufmerksam macht. Die Quizfragen sind aus dem Leben gegriffen. Junge Menschen, die sich noch nicht für die langfristigen gesundheitlichen Folgen des Alkoholkonsums interessieren, können z. B. mit Informationen zum Abbau von Alkohol im Blut abgeholt werden. Gerade Neulenkende interessieren sich bestimmt dafür, wie lange sie nach wie viel Alkoholgenuss warten müssen, bis sie keinen Alkohol mehr im Blut haben und sich ans Steuer setzen dürfen. Auch die Frage nach den Kalorien wird im Quiz behandelt. Begleitet von einer humorvollen Animation, die einen leicht nachvollziehbaren Vergleich darstellt, erfahren Interessierte, wie viele Kalorien z. B. Rotwein enthält. Ein Astronaut feiert seinen letzten Abend vor dem Abflug mit einer Flasche Champagner. Um Mitternacht legt er sich ins Bett. Wann darf er frühestens mit seiner Rakete zum Mond fliegen? 10 A B C D Nach einem Kaffee am nächsten Morgen Nach dem Mittag Nach dem Katerfrühstück Nach einem Saunagang Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch DIALOGWOCHE Auch Icon-Geschichten sollen humorvoll auf die Gefahren des Alkohols aufmerksam machen. Minuten_BAG_Alk_210x68_DE.indd 3 Für die Folgen übermässigen Alkoholkonsums sensibilisieren ausserdem diverse nützliche Give-aways. Dazu gehören z. B. Kaugummis, auf deren Verpackung hilfreiche Informationen enthalten sind, und Sticky Cleaner für die Reinigung von Smartphone-Bildschirmen, die auf die App «After Party» der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) und des BAG hinweisen. Eine Partnerkampagne mit: Sucht Schweiz, Fachverband Sucht, Groupement Romand d’Etudes des Addictions GREA, Ticino Addiction und Kantone Aktivitäten in den Kantonen Während der diesjährigen Dialogwoche führen 18 der 19 Kantone aus der deutschsprachigen Schweiz, 6 Kantone aus der Romandie und das Tessin viele verschiedene Aktivitäten durch. Während in der Dialogwoche 2013 zahlreiche kleine Einzelaktionen stattgefunden haben, ALKOHOL setzen die Kantone Jahr auf eine bessere 30. April – dieses 9. Mai 2015 in Ihrer Nähe KoordinationAktionen und grössere Veranstaltungen. Ganz nach dem Motto, auf spielerische und nicht moralisierende Art auf die Folgen des «Zuviels» hinzuweisen, findet z. B. im Kanton Schwyz ein sogenanntes «Rauschbrillen-Minigolf» statt. Die Minigolfspielenden erhalten die Möglichkeit, mit WIE VIEL Stärke, die unter«Rauschbrillen» verschiedener IST ZUim VIEL? schiedliche Promillewerte Blut simulieren, den alcohol-facts.ch Parcours zu absolvieren. Im Kanton Genf findet neben einer Reihe weiterer Aktivitäten eine Aktion in Anlehnung an die international bekann20.03.15 14:23 te Quizshow «Wer wird Millionär?» statt. Der Kanton Tessin präsentiert u. a. Angebote wie Midnight Sports, die Jugendlichen Alternativen zum Alkoholkonsum an den Wochenenden anbieten. Weiter finden Wettbewerbe für Jugendliche, Informationen über den Alkoholkonsum bei älteren Menschen, freiwillige Atemlufttests, Theaterspektakel und Kinoabende sowie öffentliche Vorträge statt. BAG / Ruth Widmer Das Nationale Programm Alkohol in Kürze «Wer alkoholische Getränke trinkt, tut dies, ohne sich selber und anderen Schaden zuzufügen» – dies ist die Vision des Nationalen Programms Alkohol (NPA), welches 2008 vom Bundesrat verabschiedet wurde und bis 2016 läuft. Zahlreiche Akteure auf verschiedenen Ebenen engagieren sich mit ihren Aktivitäten und Projekten im Rahmen des NPA. Es sind dies Bundesstellen, Kantone, Nichtregierungsorganisationen sowie regionale und nationale Verbände, die in den jeweiligen Themen des NPA bereits aktiv sind. Für die letzte Phase des NPA stehen drei Anliegen im Zentrum: 1. Der Jugendschutz 2. Die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Schädlichkeit des problematischen Konsums 3. Eine verbesserte Koordination der vielfältigen Präventionsaktivitäten Unverändert bleibt die Leitidee, die Alkoholprävention in der Schweiz nach wissenschaftlichen Erkenntnissen («Evidence-based Policy») zu gestalten und erfolgreiche Massnahmen zu fördern. Die nationale Alkoholpräventionskampagne 2015–2017 ist eine der zahlreichen Massnahmen des NPA und trägt insbesondere zur Erreichung der Ziele 2 und 3 bei. Weitere Informationen zum NPA: www.alkohol.bag.admin.ch 11 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Recht und Markt Auf welchen Gebrauchsgegenständen ist Spirituosenwerbung erlaubt? Eine Bar ohne Dekoration ist genauso charmant wie der Wartesaal der Einwohnerkontrolle. Doch unabhängig davon, ob eine Bar im dezenten No-Frills- oder im extravaganten More-is-still-not-enough-Stil dekoriert ist: die Werbebestimmungen des Alkoholgesetzes müssen – sobald Spirituosen involviert sind – eingehalten werden. steht? Ein solcher ist vorhanden, wenn der Gegenstand zur Herstellung eines Drinks, zum Servieren oder zum Konsumieren einer Spirituose dient. Bei einem Glas ist der direkte Zusammenhang gegeben, bei einem Kugelschreiber hingegen nicht. Gegenstände ohne direkten Zusammenhang zu Spirituosen dürfen nicht mit Spirituosenwerbung versehen werden. Ein gebrandeter Kugelschreiber gehört demnach in die Kategorie der illegal gebrandeten Gegenstände. Ein Glas hingegen darf gebrandet sein. Damit die Spirituosenwerbung gesetzeskonform ist, muss eine weitere Bestimmung eingehalten werden, die u. a. die Angaben und die Art der Darstellung in der Werbung betrifft: Bestimmung Nr. 2: «Die Werbung für gebrannte Wasser darf in Wort, Bild und Ton nur Angaben und Darstellungen enthalten, die sich unmittelbar auf das Produkt und seine Eigenschaften beziehen.» (Art. 42b Abs. 1 des Alkoholgesetzes) Ein Spiegel darf Spirituosenwerbung enthalten, wenn er durch die Werbung seine Funktion als Spiegel verliert. Bestimmung Nr. 1: «Verboten ist die Werbung für gebrannte Wasser … auf Packungen und Gebrauchsgegenständen, die keine gebrannten Wasser enthalten oder damit nicht im Zusammenhang stehen.» (Art. 42b Abs. 3 Bst. g des Alkoholgesetzes) Getränkelieferanten schenken ihren Grosskunden (Läden, Restaurants, Bars usw.) häufig coole Dekogegenstände, die mit dem Namen einer Spirituose versehen, also gebrandet, sind. Aber Vorsicht bei der Verwendung dieser Gegenstände denn «cool» bedeutet in vielen Fällen auch gesetzeswidrig! Wie beurteilt man nun, ob ein Gegenstand mit Spirituosenwerbung gesetzeskonform ist? Das erste Kriterium betrifft die Art des Gegenstands selbst: Handelt es sich um einen Gegenstand, der in direktem Zusammenhang mit Spirituosen 12 Das zweite Kriterium betrifft den Inhalt des Brandings bzw. der Werbung: Beziehen sich die Werbeinhalte (Bild und Schrift) unmittelbar auf die Spirituose und deren Eigenschaften? Oder anders gefragt: Ist die Werbung auf dem Gegenstand sachlich? Der Name sowie ein Bild der Spirituose dürfen in der Werbung (sofern Bestimmung Nr. 1 eingehalten ist) immer verwendet werden. Auch dürfen Serviervorschläge oder Angaben zum Geschmack des Getränks gemacht werden. Saisonale Elemente wie zum Beispiel Oster- und Weihnachtsmotive sowie Elemente, die an Ferien oder an eine Party erinnern (Palmen, Inseln, Abbildungen von Menschen usw.), haben keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Produkt und dürfen nicht für die Werbung verwendet werden. Fassen wir anhand eines Beispiels kurz zusammen: Ein Glas ist mit der Aufschrift «Bacardi» Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch versehen. Der Gebrauchsgegenstand ist legal gebrandet. Wenn auf dem Glas zusätzlich eine Palme abgebildet ist, handelt es sich um einen Gebrauchsgegenstand, der zwar gebrandet werden darf, aber eine illegale Werbung zeigt. Sonderfälle Es gibt auch Gebrauchsgegenstände, die je nach konkreter Ausgestaltung der Werbung sowohl als illegaler als auch als legaler Werbeträger klassifiziert werden können. Ein Spiegel darf zum Beispiel nur dann als Werbeträger dienen, wenn er wegen der aufgedruckten Werbung nicht mehr als Spiegel benutzbar ist. Steht zum Beispiel im oberen Bereich «Trojka», so dass der grösste Teil des Spiegels frei ist, dann ist der Spiegel ein gebrandeter Gebrauchsgegenstand ohne direkten Zusammenhang mit der Spirituose. Wird ein Spiegel aber von einer Werbung fast gänzlich bedeckt, zum Beispiel durch eine Abbildung der «Jack-Daniel’s»-Etikette, dann kann der Spiegel nicht mehr als solcher benutzt werden und gilt nicht mehr als Gebrauchsgegenstand, sondern als Werbeträger ähnlich einem Plakat oder einem Metallschild. Neben Plakaten und Metallschildern gibt es weitere Werbeträger, die in der Praxis der EAV nicht als Gebrauchsgegenstände eingestuft werden. Dazu gehören u. a. Leuchtreklamen, aufblasbare Gummiflaschen, welche nicht als Schwimmhilfen benutzt werden können, Fahnen/ Wimpel und jegliches Dekomaterial, das keinen Zweitnutzen hat (siehe Tabelle). Kostenloses Beratungsangebot Der EAV können sämtliche Werbemittel, also auch Dekorationsgegenstände, zur kostenlosen Prüfung vorgelegt werden. Werbematerial, das montags bis spätestens um 16 Uhr bei der EAV eintrifft, wird an der jeweils am Dienstag stattfindenden Prüfung beurteilt. Einfach Fotos an [email protected] schicken. Ein entsprechender Prüfbericht wird normalerweise spätestens am Mittwochnachmittag versandt. Karin Staub Kontakt: [email protected] Tel.: 031 309 14 57 Branding erlaubt Branding nicht erlaubt – Trinkgläser – Serviertabletts – Flaschenverschlüsse – Theken – Bar Runners – Fässer – Tische – Stühle – Kissen – Uhren – Aschenbecher – aufblasbare Schwimmhilfen – (Dart)Spiele – Lampen – Leis (hawaiianischer Schmuck) – Sonnenschirme – Modellautos (-flugzeuge, -boote) Beispiele von Gebrauchsgegenständen, auf denen Spirituosenwerbung erlaubt bzw. nicht erlaubt ist 13 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Im Gespräch «In der Schweiz wird wohl künftig mehr ethanolhaltiges Benzin verkauft» Die Erdöl-Vereinigung (EV) vertritt die Anliegen der schweizerischen Erdölwirtschaft. Ihre 27 Mitglieder tätigen 95 Prozent der schweizerischen Importe von Rohöl und Erdölprodukten. Im Interview mit «C2H5OH» spricht EV-Geschäftsführer Roland Bilang über «Alkohol im Tank» und «Alkohol im Shop» und erklärt auch, wie die EV zum Schweizer Leader bei den Alkoholtestkäufen wurde. EAV: In den Tankstellenshops wird seit mehreren Jahren deutlich weniger Alkohol an Minderjährige verkauft als in den meisten anderen Schweizer Verkaufsstellen. Welches sind die Zutaten des Erfolgsrezepts? Roland Bilang: Die EV hatte im Jahr 2006 erstmals Testkäufe in Tankstellenshops im Raum Zürich durchführen lassen. Damals wurde auch in diesen Shops in bis zu 60 Prozent der Testfälle Alkohol an Minderjährige verkauft. Unterdessen führen wir gesamtschweizerisch jedes Jahr zwischen 1500 und 2500 Testkäufe durch. Die Durchfallquote lag letztes Jahr noch bei 15 Prozent. Mit diesem Resultat stehen die Tankstellenshops nicht nur wesentlich besser da als noch vor 10 Jahren, sondern auch besser als viele andere Branchen. Als zweites Standbein des Erfolgs sehen wir unsere regelmässig durchgeführten Weiterbildungsveranstaltungen für die Mitarbeitenden in den Tankstellenshops. Sowohl Schulung als auch Testkäufe werden von uns daher auch in Zukunft konsequent weitergeführt. Die Erdöl-Vereinigung Die Erdöl-Vereinigung (EV) setzt sich als Verband der schweizerischen Erdölwirtschaft für die Wahrung und Förderung der Interessen ihrer Mitglieder ein. Die zurzeit 27 EV-Mitglieder tätigen 95 Prozent der schweizerischen Importe von Rohöl und Erdölprodukten. Die EV versteht sich als Drehscheibe für Informationen zum Energieträger Erdöl. Für alle Fragen, die den Transport, die Verarbeitung und den Einsatz von Erdölprodukten betreffen, ist die EV die erste Anlaufstelle in der Schweiz. Roland Bilang (52) ist seit April 2013 Geschäftsführer der EV. Zuvor leitete er die Geschäftsstelle des Nuklearforums Schweiz und war auch in leitender Position in einer grösseren PR-Agentur tätig. 14 Sind die Kurse freiwillig oder obligatorisch? Die Teilnahme an diesen Schulungen ist für die Mitarbeitenden freiwillig, aber es besteht durchaus ein gewisser Gruppendruck, weil die Resultate der Testkäufe den Unternehmen bekannt sind und niemand gerne das schwarze Schaf ist. Mit anderen Worten: Die Kurse, die jeweils im Frühjahr und im Herbst in der Deutschschweiz, in der Romandie und im Tessin angeboten werden, sind in der Regel ausgebucht. Das hängt sicher auch mit der relativ hohen Personalfluktuation in diesem Branchensegment zusammen. Für die inhaltliche Ausgestaltung der Kurse pflegen wir den Kontakt mit den Verantwortlichen der EAV, und wir sind dafür besorgt, dass die Schulungsmodule aktuell sind und dass den kantonalen Besonderheiten Rechnung getragen wird. Es gibt Detailhändler, die freiwillig ein einheitliches Alter (18) für die Abgabe von allen alkoholischen Getränken festgelegt haben. Wie steht die EV dazu? Wir begrüssen diese Vereinfachung, weil sie es auch den Verkäuferinnen und Verkäufern leichter macht, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Einige Tankstellenshops haben diese Regelung bereits eingeführt. Weiter gehende Einschränkungen, wie zum Beispiel ein Werbeverbot oder ein Verbot für den Verkauf von Alkohol durch minderjähriges Personal (wie etwa Lernende), haben wir im Zusammenhang mit der Totalrevision des Alkoholgesetzes hingegen klar abgelehnt. Die Tankstellenshops sind bekannt dafür, dass sie noch geöffnet sind, wenn die anderen Geschäfte bereits geschlossen haben. Gerade für den Kauf von alkoholischen Getränken werden sie gerne besucht. Was antworten Sie den Kritikern? Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch auf die strengeren ökologischen und sozialen Mindestanforderungen zurückzuführen, die unser Gesetz an Biotreibstoffe stellt, damit sie von der Mineralölsteuer befreit werden und als CO2-Reduktion anrechenbar gelten. Nun entwickelt sich mehr Dynamik im Markt, denn seit Anfang 2013 besteht eine CO2-Kompensationspflicht für Importeure von fossilen Treibstoffen. Gemäss dieser Pflicht müssen Importeure in zunehmenden Anteilen bis 2020 10 Prozent der beim Verbrauch von Benzin und Diesel entstehenden CO2-Emissionen durch CO2-Reduktionsmassnahmen im Inland kompensieren. Eine mögliche Massnahme zur CO2-Kompensation ist die Beimischung von Biotreibstoffen zu Benzin und Diesel. Vor diesem Hintergrund zeichnet sich seit Ende letzten Jahres eine Zunahme bei der Beimischung sowohl von Ethanol zu Benzin als auch von Biodiesel (FAME) zu Diesel ab. Wir gehen davon aus, dass auch die Zahl der Tankstellen, welche ethanolhaltiges Benzin (E5) und FAME-haltigen Diesel (B7) verkaufen, zunehmen wird. Erwachsene Personen sind für sich selbst verantwortlich; niemand sollte ihnen vorschreiben, wo und um welche Tageszeit sie welche Produkte erstehen dürfen. An Tankstellenshops wird Alkohol an Autofahrer verkauft. Ist das nicht problematisch? Für Lenker und insbesondere für Neulenker gelten richtigerweise strenge Vorschriften, was Alkohol am Steuer anbelangt. Es obliegt allerdings der Polizei und nicht dem Shop-Personal, die Einhaltung dieser Vorschriften zu überprüfen. Nach mehreren Jahren der Stagnation zeigt der schweizerische Bioethanolmarkt zu Treibstoffzwecken nun einen Aufwärtstrend. Wie erklären Sie das? Die im Vergleich zum Ausland verzögerte Entwicklung des inländischen Bioethanolmarkts ist 15 In umliegenden Ländern gibt es eine Pflicht zur Beimischung von Biotreibstoffen zu Benzin und Diesel. Müsste die Schweizer Gesetzgebung auch eine Beimischungspflicht festlegen? Wichtiger als eine Mengenvorgabe in Form einer Beimischungspflicht scheint uns im Moment, dass die erwähnten hohen Mindestanforderungen an Biotreibstoffe eingehalten werden können. Biotreibstoffe, welche diese Anforderungen erfüllen, sind zurzeit nur in begrenzten Mengen verfügbar. Der Verzicht auf eine allgemeine Verpflichtung eröffnet einzelnen Unternehmen auch die Möglichkeit, sich mit Biotreibstoffen am Markt zu differenzieren. Das Interview wurde im Januar 2015 schriftlich geführt. Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Forschung Von der Alltäglichkeit der Selbstheilung Ist der Ausstieg aus einer Sucht aus eigenem Antrieb und ohne professionelle Hilfe von Experten möglich? Der Soziologe, Volkswirt und Spezialist für Suchtfragen Harald Klingemann hat sich intensiv mit dem selbst organisierten Ausstieg aus der Sucht (Selbstheilung) auseinandergesetzt und die gewonnenen Erkenntnisse in diversen Publikationen veröffentlicht. Die EAV hat Harald Klingemann zu seinen Erfahrungen mit dem Konzept der Selbstheilung von Personen mit Suchtproblemen befragt. EAV: Was genau verstehen Sie unter dem Begriff Selbstheilung? Harald Klingemann: Unter dem Begriff der Selbstheilung verstehen wir «die Bewältigung von (Sucht- oder anderen) Problemen ohne professionelle Hilfe (oder auch Selbsthilfegruppen)». Wie kamen Sie auf die Idee, sich mit diesem Thema zu befassen? Im Verlaufe meiner langjährigen Tätigkeit in der Suchtforschung wurde mir zunehmend klar, dass die Lösung von Suchtproblemen wohl kaum allein von therapeutischen Experten abhängen dürfte. In der Behandlungspraxis wird nur die Spitze des Eisbergs sichtbar. Auslöser für meine Forschungsarbeit am Thema Selbstheilung war 1988 eine Bemerkung meines damaligen Chefs. Als ich gerade eine Untersuchung von Möglichkeiten der Suchtbehandlung vorbereitete, kam er in mein Büro und sagte: «Weisst du, Harald, es wäre interessant, mal zu schauen, was eigentlich mit den Betroffenen passiert, die nie im Wartezimmer auftauchen und in keiner Kartei stehen.» Dies war der Startschuss für mein Forschungsprogramm der folgenden Jahrzehnte. Worum geht es beim Konzept der «gestützten Selbstheilung», und welche Rolle spielen die neuen Medien? Der erfolgreichen Selbstheilung liegt ein Prozess des Abwägens zugrunde: Was kann ich gewinnen oder verlieren, wenn ich z. B. aufhöre zu trinken, zu rauchen oder Kokain zu konsumieren? Es ist falsch zu glauben, dass suchtkranke Menschen ihr Verhalten erst ändern, wenn sie komplett am Boden sind. Oft helfen auch positive Erlebnisse, die Sucht zu bekämpfen. Die Selbstbeobachtung der eigenen Gefühle und Verhaltensweisen, der Erfolge und Misserfolge spielt eine entscheidende 16 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Rolle. Es gibt verschiedene Instrumente, die dabei Unterstützung bieten. Die bewährten Trink- oder Rauchtagebücher gibt es heute in Form von telefon- oder computergestützten Applikationen. Die Nutzung dieser Instrumente hilft den Betroffenen, ihr Konsumverhalten systematischer zu beobachten und sich selber besser einzuschätzen. Wo wird dieses Konzept konkret angewendet? Aktuelle Anwendungsbeispiele finden sich mit Bezug auf Tabak, Kokain, Cannabis und Alkohol. Diese Programme sind nicht notwendigerweise auf Abstinenz fixiert und erlauben flexible, individuelle Zielsetzungen. Selbstbeobachtung ist insgesamt salonfähig geworden, und Personen mit Suchtproblemen befinden sich in guter Gesellschaft, wenn sie mit ihrem Smartphone nicht nur ihr tägliches Schrittpensum, ihre Schlafzyklen und ihren Kalorienverbrauch, sondern eben auch ihren Alkohol- oder Drogenkonsum über Sensoren/ Apps erfassen und auswerten und über Internet Bilanz ziehen. Beispielhaft zu nennen sind in diesem Zusammenhang: www.weniger-trinken.ch (Forel Klinik), www.definiertestrinken.ch und www.alcotool.ch (Berner Gesundheit) Selbstheilungswillige können sich aber auch mit der Technik des motivationsfördernden Interviews online oder persönlich coachen lassen. Das motivationsfördernde Interview macht gleich zu Beginn Spass, geht es doch über einen Positiveinstieg an die Sache heran. Einleitend etwa so: «Beschreiben Sie doch einmal, was Ihnen am Rauchen (Trinken) Freude bereitet!» Dies, um dann im folgenden Wechselgespräch zum Nachdenken über Vor-, aber auch Nachteile anzuregen. Gibt es aus Ihrer Forschung Erkenntnisse für die Prävention? Es gilt, Suchtbilder und Vorurteile in der Gesellschaft zu erkennen und zu beeinflussen. Hartnäckig hält sich die Vorstellung, dass es zwei Kategorien von Menschen gibt, nämlich Süchtige und Nichtsüchtige. Sucht ist jedoch viel umfassender zu verstehen. Sie reicht von «Ich trinke wohl mal gelegentlich ein Glas zu viel» bis «3 Monate in der Alkoholfachklinik wären eigentlich nötig». Aus Angst vor Stigmata behalten Selbstheilende ihre Erfolgsstorys lieber geheim. Das ist schade. 17 Denn wenn sie darüber sprechen würden, könnten sie Leute in ihrem Umfeld zu einem Überdenken und evtl. auch Ändern von deren Suchtverhalten anregen. Wie sind die langfristigen Erfolgsaussichten, und gibt es suchtspezifische Unterschiede? Im Rahmen unserer Nationalfondsstudien zeigte sich, dass die Mehrheit der Selbstheiler und Selbstheilerinnen den langfristigen Ausstieg aus der Sucht schaffte. Interessant ist, dass trotz einer insgesamt positiven Bilanz die Erfolge der Heroinselbstheiler noch dauerhafter waren als die der Alkoholselbstheiler. Überraschend? Eigentlich nicht: Denken wir daran, dass Alkohol in der Schweiz leichter erhältlich ist als Milch und einem auf einer Party in der Regel kaum Heroin oder Kokain angeboten wird. Der Druck auf Personen, die ihr Alkoholproblem in den Griff bekommen haben, ist also ungleich höher als bei Drogenaussteigern, wenn diese einmal das Milieu gewechselt haben. Über den Autor Prof. Dr. rer. pol. Dr. h. c. Harald Klingemann, ehemals Forschungsleiter bei Sucht Schweiz, der Hochschule für Soziale Arbeit Bern sowie der Klinik für Suchttherapien «Südhang», ist Forschungsdozent an der Berner Fachhochschule (BFH) im Forschungsbereich Kommunikationsdesign der Hochschule der Künste (HKB). Buchhinweise: Harald Klingemann & Linda Carter Sobell (Hrsg.) (2006): Selbstheilung von der Sucht. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. ISBN-10 3-53114862-1 Harald Klingemann (2014): L’autoguérison au quotidien. Alcool, drogue, tabac, jeu, troubles alimentaires. Stratégies pour changer son parcours de vie. Editions Favre (vorläufig nur auf Französisch erhältlich), ISBN-987-2-8289-1446-2 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Schweizer Spirituosen Absinth: Traditionsgetränk mit politischen Nebenwirkungen Baudelaire, Manet, Degas, van Gogh, Wilde, Rimbaud und Hemingway mochten sie sehr, und sie waren damit nicht alleine. Die grüne Fee, wie der Absinth auch genannt wird, weist eine lebhafte und von vielen Mythen umrankte Geschichte auf. Seit zehn Jahren darf die Spirituose in der Schweiz wieder legal hergestellt werden. Seit Ende des 18. Jahrhunderts wird im Val-deTravers kontinuierlich Absinth gebrannt – auch zwischen 1910 und 2005 wurde er hergestellt, obwohl die Produktion verboten war. Mit der grünen Fee sind denn auch einige Legenden über mutige Schwarzbrennerinnen und -brenner verbunden, die sich trotzig-anarchisch dem Berner Diktat widersetzten und herstellten, was sie als gut und richtig erachteten. Das Getränk: Vom Heilmittel … Das Rezept für Absinth ist vermutlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Neuenburger Val-de-Travers entstanden. Ursprünglich galt Absinth als Heilmittel, das u. a. bei Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts verschrieben wurde. Das erste überlieferte Rezept gehörte einer Familie Henriod, die für ihre Heilkunst mit unkonventionellen Mitteln bekannt war. … über den Aperitif … Als die Nachfrage nach Absinth immer grösser wurde und die Henriod-Schwestern sie nicht mehr befriedigen konnten, verkauften sie das Rezept 1797 an Major Dubied, der mit seinem Sohn und seinem Schwiegersohn Henri-Louis Pernod eine Absinthbrennerei in Couvet gründete. 1805 verlegte Pernod die Brennerei ins französische Pontarlier. In Frankreich wurde der Absinth schnell zu einem sehr beliebten AperitifGetränk – u. a. auch bei Künstlern und Literaten. … zum erklärten Nervengift Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurde vor den negativen Folgen des übermässigen Absinthgenusses gewarnt: Absinth führe u. a. zu Übererregbarkeit, Halluzinationen und Epilepsie. Im August 1905 ermordete ein Waadtländer Weinbergarbeiter unter Alkoholeinfluss seine schwangere Frau und seine beiden Töchter, was die Absinthgegner als Beweis für die Schädlichkeit von Absinth 18 werteten. Obwohl der Mann vor seiner Tat neben zwei Gläsern Absinth auch erhebliche Mengen an Wein und Branntwein getrunken hatte, machten sie nicht den Alkohol an sich, sondern nur den Absinth für die Morde verantwortlich. Sie lancierten eine Volksinitiative für ein Absinthverbot, der am 5. Juli 1908 63,5 Prozent der Stimmbürger und fast alle Kantone – ausser Neuenburg und Genf – zustimmten. Im Oktober 1910 trat das Verbot in Kraft. Die Geschichte: Von der illegalen Produktion … Das Absinthverbot wurde nur bedingt eingehalten. Vor allem im Val-de-Travers produzierten diverse Brennerinnen und Brenner weiterhin ihren Absinth. So auch Berthe Zurbuchen. Als sie 1960 an einem Prozess wegen ihrer Schwarzbrennaktivität zu einer Busse von 3000 Franken verurteilt wurde, soll sie den Richter gefragt haben, ob sie sofort bezahlen oder die nächsten Flaschen Absinth, die er ja demnächst bei ihr abholen werde, mit dem Bussgeld verrechnen solle. Um ein weiteres Zeichen zu setzen, strich sie nach dem Prozess ihr Haus absinthgrün. … über die Begnadigung … Mehr als 90 Jahre nach der Aufnahme des Absinthverbots in die Bundesverfassung wurde es im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung von 1999 ohne politische Nebengeräusche wieder gestrichen. Diese Streichung war ein formaler, kein politischer Entscheid: Die Verfassungsrevisoren vertraten ganz einfach die Ansicht, dass solche Verbote auf Gesetzes- und nicht auf Verfassungsebene geregelt werden müssen. Auf Gesetzesebene blieb das Verbot zunächst bestehen. Der Prozess der Wiederlegalisierung verlief dann aber ziemlich reibungslos. Im Juni 2004 stimmten sowohl der Ständerat als auch der Nationalrat in erster Lesung der Anpassung des Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Das Interieur des Absinthmuseums erinnert an einige berühmte Absinthkonsumenten. Lebensmittelgesetzes zwecks Legalisierung der Absinthproduktion zu. Die Gesetzesänderung trat im März 2005 in Kraft. Die EAV musste für die Umsetzung der neuen Bestimmung sorgen. Sie gewährte eine Übergangsfrist von 18 Monaten, in denen die bisherigen Schwarzbrenner ihre Produktion anmelden bzw. eine Konzession beantragen konnten, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Diese Gelegenheit nahmen denn auch einige Produzenten wahr, und die EAV erteilte in dieser Übergangsfrist zehn Konzessionen für die Herstellung von Absinth. Auslöser für die Legalisierung der Absinthproduktion war die parlamentarische Initiative des Freiburger (nicht etwa Neuenburger!) Ständerats Jean-Claude Cornu, der seine Forderung u. a. 19 damit begründete, dass im Interesse der Volksgesundheit der maximale Thujongehalt für Absinth (35 mg/kg) bereits 1995 in der Verordnung des EDI über Fremd- und Inhaltsstoffe in Lebensmitteln geregelt worden war. «Würde das Absinthverbot aufgehoben, so könnte im Val-de-Travers wieder legal Absinth hergestellt werden. Damit würde man der stetig wachsenden Nachfrage gerecht, und es könnten längerfristig neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Zudem würde die Landwirtschaft vielfältiger, weil Absinth, Pfefferminze, Zitronenmelisse und Hysop angebaut werden könnten. Die grüne Fee, die über unsere Landesgrenzen hinaus bekannt ist, wäre ein Werbeträger für das Val-de-Travers. Mit diesem geschätzten Produkt und allem, was dazugehört, könnte das Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Val-de-Travers bekannt gemacht und ein positives, dynamisches Image dieser Region geschaffen werden», so Cornu in seiner parlamentarischen Initiative. Ausserdem verhindere das Verbot die Auszeichnung mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung (GUB) oder einer geschützten geografischen Angabe (GGA). Ausland im Sommer 2014 vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt. Im November 2014 hat der Branchenverband nun entschieden, ein neues GUB-Gesuch mit angepasstem Pflichtenheft für den Schutz von «Absinthe du Val-de-Travers» und «Fée verte du Val-deTravers» einzureichen. Ob für die GUB auch alle verwendeten Pflanzen aus dem Val-de-Travers stammen müssen, wie der Branchenverband es verlangt, ist umstritten. … zum Schutz der grünen Fee Genau einen solchen Schutz strebt der Branchenverband Association interprofessionnelle de l’absinthe an. Er reichte im Jahr 2008 beim Bundesamt für Landwirtschaft ein Gesuch ein, das darauf abzielte, die Bezeichnungen «Absinthe», «Fée verte» und «La Bleue» für Absinthe aus dem Val-de-Travers zu schützen. Dieses Gesuch wurde nach etlichen Einsprachen verschiedener Absinthproduzenten aus dem In- und Der Konsum: Von der traditionellen Spirituose ... Der Absinthkonsum ist eng mit der Region und den dortigen Trinkgewohnheiten verbunden. Im Val-de-Travers gehört der Absinth zum Kulturgut, auf das man stolz ist. Absinth wird denn auch von Frauen und Männern verschiedener Generationen Produktion, Import und Export von Absinth 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 2005 2006 2007 Import 2008 Export 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Produktion CH (in Hektoliter reinen Alkohols) Schweizweit wird im Val-de-Travers immer noch am meisten Absinth hergestellt: nämlich rund 75 bis 80 Prozent der Inlandproduktion. Weitere Absinthbrennereien gibt es u. a. in den Kantonen Bern, Freiburg, Genf, Luzern, Neuenburg, Waadt und Wallis. In den vergangenen Jahren wurden zwischen 500 und 800 Hektoliter Absinth (Angaben in Liter reinen Alkohols) produziert. Zwischen 2006 und 2008 nahmen Produktion (2008: 1362 hl) und Export (2008: 824 hl) wegen des Absinthbooms in den USA rasant zu. Wegen der Immobilienkrise in den USA, die eine Wirtschaftskrise auslöste, sanken im Jahr 2009 Produktion (598 hl) und Export (110 hl) ebenso drastisch, wie sie in den Vorjahren zugenommen hatten. Die Importzahlen bewegten sich im Zeitraum 2005–2014 zwischen 75 Hektolitern (2005) und 27 Hektolitern (2014). Schweizer Absinth geniesst im Ausland einen ausgezeichneten Ruf. Absinth ist die einzige Spirituose, von der die Schweiz bedeutend mehr exportiert als importiert. Die meisten Exporte gehen in die USA und nach Deutschland. Die meisten Importe kommen aus Frankreich und Deutschland. 20 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch und sozialer Schichten getrunken. Zur Erweiterung des Kundensegments werden heute auch Absinthliköre produziert, die weniger als 20 Volumenprozent enthalten. Auch Absinthpralinés, Absinthgebäck und sogar Würste mit Absinthgeschmack werden gerne konsumiert. … über das Szenegetränk … In den Schweizer Städten gibt es verschiedene Bars, die Absinth im Angebot führen. Der korrekte Ausschank ist jedoch relativ aufwändig: Das Eiswasser im Absinthbrunnen muss immer frisch sein, und die richtige Mischung von Absinth und Wasser ist eine Wissenschaft für sich. Absinth wird nach wie vor meistens in reiner Form, d. h. nur mit Wasser und Eis vermischt, als Aperitif oder Digestif konsumiert. Neben einer älteren Kundschaft gibt es auch einen kleinen Kreis an jungen Absinthliebhabern. Diese konsumieren Absinth nicht zuletzt wegen des Hauchs des Verbotenen, der den Absinth im Zusammenhang mit dem früheren Verbot aufgrund der vermeintlich psychoaktiven Wirkung umweht. … zum soziokulturellen Statement Sehr beliebt ist der Absinth z. B. in den USA bei wohlhabenden Menschen, die politisch eher links stehen und mit einer nichtbürgerlichen, künstlerisch geprägten Lebensweise sympathisieren. Dabei spielt der Ruf des Absinths als ursprüngliche Arbeiterspirituose mit vermeintlich psychoaktiver Wirkung, die namhafte Künstler und Literaten zu ihrem Schaffen inspiriert haben soll, eine nicht unwesentliche Rolle. Allerdings trinkt man den Absinth in den USA meistens als Bestandteil eines Cocktails. Absinth ist und bleibt ein Nischenprodukt. Die Absinthproduzierenden setzen daher nicht auf Quantität, sondern auf Qualität und Diversifizierung. Mit einer Erweiterung der Angebotspalette und geschicktem Marketing auch auf internationaler Ebene ist es durchaus möglich, das eine oder andere neue Marktsegment für die grüne Fee zu erschliessen. Marc Gilliéron / Ruth Widmer «Maison de l‘Absinthe» in Môtiers Anfang Juli 2014 eröffnete das Absinthmuseum in Môtiers (Val-deTravers) seine Tore. Auf drei Stockwerken zeigt das «Maison de l‘Absinthe» viel Interessantes und Überraschendes rund um die geheimnisumwitterte Spirituose: von antiken Gegenständen aus der Belle époque über Poesie zur grünen Fee und Informationen zum Absinthverbot bis hin zur Bedeutung des Absinths für die lokale Wirtschaft und den Aussenhandel. Auch über die Zutaten, die verwendet werden können (es sind rund 1200 verschiedene Kräuter), informiert das Museum. Und zu guter Letzt kann an der Museumsbar Absinth auch degustiert werden. www.maison-absinthe.ch 21 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Ethanol Alkoholabfall: nutzloser Müll oder wertvolle Ressource? Was passiert mit dem methanolhaltigen Vorlauf bei der Produktion von Spirituosen oder mit Likören, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist? Wohin mit Alkohol, der beim Entalkoholisieren von Bier entsteht oder der nach der Verwendung als Lösungsmittel verschmutzt zurückbleibt? In der Schweiz entstehen bei der Produktion und Verarbeitung von Alkohol Jahr für Jahr beträchtliche Mengen an Alkoholabfall. Je nach Art des Abfalls und nach Grösse des Betriebs wird entschieden, den Abfall möglichst kostengünstig zu vernichten, ihn nachhaltig zu entsorgen oder ihn gar in einer eigenen Anlage aufzubereiten. Dabei geht es in erster Linie darum, die Umweltauflagen zu erfüllen. Vernichtung ohne Schaden Die Entsorgung von Alkoholabfall kann die Umwelt sowohl schützen als auch schädigen. In kontrollierter Menge unterstützt Alkoholabfall die Bakterien, die für die Zersetzung von Verunreinigungen im Abwasser zuständig sind. Ob der Abfall aus denaturiertem Alkohol oder aus Trinkalkohol stammt, spielt dabei eine marginale Rolle: Die Konzentration der Denaturierstoffe ist sehr gering und nicht umweltschädlich. Die Spirituosenhersteller und einige chemische sowie pharmazeutische Firmen vereinbaren mit der Abwasserreinigungsanlage (ARA) ihrer Region, welche Mengen an Alkoholabfall in welchem Zeitraum in die Kanalisation gelangen dürfen. Gemäss Beat Ammann, Direktor der ARA Bern, werden die Alkoholkonzentration und die Menge dieser Abfälle sowohl bei den alkoholverarbeitenden Betrieben als auch bei der ARA laufend überprüft. So kann die ARA jederzeit dafür sorgen, dass eine für die Reinigung ideale Menge an Alkoholabfall dem Abwasser beigefügt wird. Gemäss Gewässerschutzgesetz müssen auch kleine Lohnbrenner, die nur geringe Mengen an Spirituosen und somit nur wenig Alkoholabfall produzieren, mit der lokalen ARA vereinbaren, wie viel Abfall sie der Kanalisation beigeben dürfen. Entsorgung mit Nutzen Alle grossen Schweizer ARA produzieren heute aus Klärschlamm Biogas. Zur Unterstützung des Vergärungsprozesses in den Faultürmen kann 22 Alkoholabfall beigefügt werden. Seit 1967 nutzt die ARA Bern die Energie des in den Faultürmen entstandenen Biogases mittels eines Blockheizkraftwerks für alle Prozesse, die Wärme benötigen. Seit 2008 betreibt die ARA Bern zusätzlich eine Anlage, die aus dem Biogas Biomethan in Erdgasqualität herstellt. Seit 2014 wird mit der zweiten Biogasaufbereitungsanlage das gesamte Biogas zu Biomethan aufbereitet und in das Erdgasnetz der Energie Wasser Bern (ewb) eingespeist. So fahren die 72 Gasbusse von BERNMOBIL mit einem Anteil Biogas von rund 37 % und tragen damit zur Senkung des CO2Ausstosses bei. Die Gasbusse sind den ganzen Tag unterwegs; die Dieselbusse fahren nur noch während der Stosszeiten zusätzlich zu den übrigen Bussen. Nicht zuletzt dank des Einsatzes der Gasbusse erhielt Bern im Jahr 2010 den «European Energy Award®GOLD», die europaweit höchste Auszeichnung für Städte mit nachhaltiger Energiepolitik. Alkoholabfall kann durch Verbrennen auch direkt als Brennstoff zum Heizen verwendet werden. So wird z. B. ein Teil der Stadt Rheinfelden mit «Bierwärme» beheizt. Vor ein paar Jahren hat der dort ansässige Bierbrauer Feldschlösschen nämlich damit begonnen, den Restalkohol, der bei der Produktion von alkoholfreiem Bier entsteht (Bierbrand), und die Abwärme aus dem Brauprozess zum Heizen seiner Gebäude einzusetzen. Mittlerweile versorgt die Brauerei in Kooperation mit dem «Wärmeverbund Rheinfelden Mitte» bereits 200 Liegenschaften mit Heizwasser für Raumwärme und mit Warmwasser. Bis Ende 2015 werden es 600 sein. Aufbereitung für die Wiederverwendung Alkoholabfall, der während des Produktionsprozesses in der Lebensmittel- und in der chemischpharmazeutischen Industrie entsteht, kann grundsätzlich wieder aufbereitet – d. h. gereinigt und neu destilliert – werden. Für grosse Spirituo- Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Der grösste Teil der Busflotte von Bernmobil fährt mit Biogas. senhersteller oder andere Betriebe, bei denen grosse Mengen an Alkoholabfall entstehen, lohnt sich die Investition in eine eigene Wiederaufbereitungsanlage. Der Pharmakonzern Hoffmann-La Roche in Basel betreibt seit mehr als 50 Jahren eine eigene Anlage zur Lösungsmittelregeneration. Dank der Regeneration muss er jährlich zwischen 3000 und 6000 Tonnen Lösungsmittel weniger entsorgen und einkaufen und spart so zwischen 2–6 Millionen Franken pro Jahr. Im Jahr 2014 betrug der Anteil an regeneriertem Alkohol 25 Prozent (1700 Tonnen) der Gesamtmenge an regenerierten Lösungsmitteln. Kontrolle durch die EAV Im Zusammenhang mit der Behandlung von Alkoholabfall hat die EAV vielfältige Aufgaben: Sie spielt bei der Vernichtung von nicht denaturiertem Alkohol, der Rückerstattung von bereits bezahlter Alkoholsteuer und der Kontrolle der Verwendung von aufbereitetem Alkoholabfall eine Rolle. Wenn in einem Betrieb mehr als 20 Liter reinen Alkohols an Abfall entstehen, kontrolliert die EAV sowohl an der Produktionsstätte als auch am Ort der Vernichtung (z. B. Kehrichtverbrennung oder ARA) das Gewicht des Abfalls; sie sorgt auch dafür, dass der Alkohol denaturiert wird. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass kein Alkoholabfall für steuerpflichtige Konsumzwecke verwendet wird. Entsteht während der Produktion von Spirituosen Abfall, z. B. durch den Mazerationsprozess, können die Produzenten bei der EAV ein Gesuch um Rückerstattung der Alkoholsteuer für den beim Produktionsprozess verlorenen Alkohol einreichen. Auch für den Verlust von Alkohol durch Unwettereinflüsse oder andere Schadensereignisse erhalten Spirituosenproduzierende unter Umständen eine Rückerstattung der bereits bezahlten Alkoholsteuer. Je nach Schadensereignis entscheidet die EAV gemäss den gesetzlichen Grundlagen über die Rückerstattung der Alkoholsteuer. Weiter überprüft die EAV den Verwendungszweck von aufbereitetem Alkoholabfall (Ethanol) für Nichtkonsumzwecke. Für die Verwendungsbewilligung gelten die gleichen Regeln wie für gekauftes Ethanol. Firmen, die über eine solche Bewilligung verfügen, müssen der EAV jedes Jahr mitteilen, für welchen Zweck sie welche Menge an Ethanol verwenden. Bernhard Moser / Ruth Widmer 23 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Alcosuisse Weltweit harmonisierte Kennzeichnungen für mehr Chemikaliensicherheit Ethanol ist bekanntlich eine leichtentzündliche Substanz, die je nach beigefügtem Denaturierstoff auch gesundheitsschädigend sein kann. Alcosuisse hat für jede Ethanolqualität ein Sicherheitsdatenblatt verfasst, das sich neu am global harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) der Vereinten Nationen orientiert. Der GHS-Standard ist ab dem 1. Juni 2015 weltweit verbindlich, wobei für Zubereitungen, die vor dem 1. Juni 2015 verpackt und gekennzeichnet worden sind, Übergangsfristen gelten. das Verhalten bei einer Havarie explizit beschrieben. Alcosuisse hat für jede ihrer Ethanolqualitäten ein sehr detailliertes Sicherheitsdatenblatt verfasst. Auf diese Weise erfährt z. B. eine Person, die mit Ethanol der Qualität F15-AC arbeitet, dass der Stoff leichtentzündlich ist und bei einer Konzentration von mehr als 50 Volumenprozent schwere Augenreizungen verursacht. Damit es weder zu einem Brand noch zu Augenreizungen kommt, sind auch die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen beschrieben. Und für den schlimmsten Fall informiert das Sicherheitsdatenblatt schliesslich auch über Massnahmen zur Brandbekämpfung und über Erste-Hilfe-Massnahmen. Ausserdem ist festgehalten, welche Gefahren durch das Produkt für die Umwelt entstehen können und was beim Transport oder bei der Entsorgung berücksichtigt werden muss. Wer beim Putzen auf hartnäckige Verschmutzungen stösst, die sich nicht einfach entfernen lassen, greift schon mal zu Mitteln mit starken Wirkstoffen. Und da ist es üblich, dass diese Produkte mit einem Gefahrensymbol zu einem vorsichtigen Umgang auffordern. Je nach Symbol sollten bei ihrer Anwendung z. B. Gummihandschuhe getragen werden. Für Menschen, die beruflich regelmässig mit gefährlichen Substanzen arbeiten, gibt es zusätzlich zu den Gefahrensymbolen auch Sicherheitsdatenblätter. In diesen Sicherheitsdatenblättern sind die Gefahren, die Schutzmassnahmen und 24 Gleiche Piktogramme für gleiche Gefahren In Gefahrensituationen ist es wichtig, dass schnell und kompetent gehandelt wird. Missverständnisse könnten fatale Folgen haben. Deshalb sorgt das global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) der Vereinten Nationen dafür, dass auf der ganzen Welt alle Chemikalien einheitlich gekennzeichnet werden. Abgesehen von der Verbesserung von Arbeitssicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz hat das GHS auch eine Harmonisierung des Transportrechts für gefährliche Güter sowie Handelserleichterungen im globalen Warenverkehr zum Ziel. Am besten sichtbar ist diese Harmonisierung an den neuen Piktogrammen mit weissem Hintergrund, welche die bisher verwendeten Piktogramme mit orangefarbenem Hintergrund ersetzen. Wenn Sie also in Zukunft Putzmittel kaufen, die für perfekte Sauberkeit sorgen, werden Sie Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch (spätestens nach Ablauf der Übergangsfrist im Jahr 2017) auf der Verpackung Ihres Putzmittels nicht mehr Piktogramme mit orangefarbenem Hintergrund über mögliche Gefahren aufklären, sondern neu Piktogramme mit roter Aussenlinie und schwarzen Symbolen auf weissem Hintergrund. Die Übergangsfristen im Detail: Zubereitungen, die vor dem 1. Juni 2015 verpackt und gekennzeichnet worden sind, dürfen: – von der Herstellerin bis zum 31. Mai 2016 in Verkehr gebracht werden; – bis zum 31. Mai 2017 an Endverbraucherinnen und -verbraucher abgegeben werden. Andreas Roth / Ruth Widmer Weitere Informationen finden Sie beim Bundesamt für Gesundheit: http://www.bag.admin.ch/anmeldestelle > Selbstkontrolle > Kennzeichnung-Zubereitung Alte Piktogramme Neue Piktogramme (verbindlich ab Juni 2015) Allgemeine Beschreibung Ethanol Hochentzündlich Kann sich durch den Kontakt mit Flammen und Funken, durch Schläge, Reibung, Erhitzung, Luftoder Wasserkontakt entzünden. Kann sich bei falscher Lagerung auch ohne Fremdeinwirkung selber entzünden. Die Flüssigkeit und der Dampf sind leichtentzündlich, und es besteht das Risiko einer Zündung durch statische Entladungen. Vorsicht gefährlich Kann die Haut irritieren, Allergien oder Ekzeme auslösen, Schläfrigkeit verursachen. Kann nach einmaligem Kontakt Vergiftungen auslösen. Kann die Ozonschicht schädigen. Auch die Gefahr von Hautirritationen ist bei jeder Ethanolqualität gegeben. Je nach Denaturierstoff ist diese Gefährdung unterschiedlich gross. Gefahr für die Gesundheit Kann bestimmte Organe schädigen. Kann zu sofortiger und langfristiger massiver Beeinträchtigung der Gesundheit führen, Krebs erzeugen, das Erbgut, die Fruchtbarkeit oder die Entwicklung schädigen. Kann bei Eindringen in die Atemwege tödlich sein. Ethanol, das mit Methanol denaturiert wurde, ist gesundheitsschädigend, wenn es eingenommen wird oder auch nur die Dämpfe eingeatmet werden Gefahrensymbole, die für den Umgang mit Ethanol relevant sind. 25 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Kultur EAV-Wandbild vom «Teufelsmaler» Im Januar 2015 kam ein Dokumentarfilm des Schweizer Regisseurs Felice Zenoni über den Urner Maler Heinrich Danioth in die Schweizer Kinos. Bekannt wurde Heinrich Danioth vor allem wegen seines roten Teufels an der Felswand in der Schöllenenschlucht und der Wandmalerei am Bundesbriefmuseum in Schwyz. Was kaum jemand weiss: Auch das Wandbild am sogenannten Neubau der EAV in der Berner Länggasse ist ein Werk des «Teufelsmalers». «Fassade Länggassstrasse» zugestellt wurden. Vier der fünf Künstler sandten Entwürfe ein, die Ende Oktober 1948 von einer Jury geprüft wurden (neben dem EAV-Direktor Otto Kellerhals gehörten der Jury Mitglieder der Eidgenössischen Kunstkommission – eine Kunstmalerin, ein Kunstmaler, ein Bildhauer – und der Vizedirektor der eidgenössischen Bauten an). Beurteilt wurden die eingegangenen Entwürfe nach Sinn und Bedeutung der Darstellung, dem Thema, der Beziehung zwischen Malerei und Architektur und der Farbenkomposition. Ende Juni 1948 schrieb die EAV einen Wettbewerb «für den künstlerischen Schmuck an der Fassade Länggassstrasse» ihres neuen, im Jahr zuvor bezogenen Bürogebäudes aus. In der Ausschreibung hiess es, dass das Thema der Darstellung den Künstlern freigestellt sei, ein Zusammenhang mit den Aufgaben der EAV jedoch erwünscht wäre. Zu den aufgezählten Aufgaben gehörten u. a. die Verminderung der Herstellung und des Verbrauchs von Branntwein sowie die Förderung der brennlosen Verwertung von Kartoffeln und Obst. Zur Teilnahme am Wettbewerb wurden fünf Künstler eingeladen, denen das Wettbewerbsprogramm sowie ein Aufriss und eine Fotografie der 26 Politische und künstlerische Argumente für Danioth In die engere Auswahl schafften es die Entwürfe «Pomona» von Karl Hügin und «Rot/Grün» von Heinrich Danioth. Nach eingehender Beratung erhielt «Rot/Grün» eine Stimme mehr als «Pomona». Begründet wurde der Entscheid gemäss Protokoll der Jurysitzung u. a. mit der grösseren Volksnähe und Dynamik von Danioths Entwurf. Als Mitglied der Eidgenössischen Kunstkommission erklärte der Bildhauer Hans von Matt, das Sujet sei sehr gut gewählt worden. Danioth habe die «originelle Idee» gehabt, neben dem Obst auch den Obstbau und dessen Pflege einzuschliessen, womit er ein weiteres Tätigkeitsgebiet der EAV gekonnt angedeutet habe. Auch technisch sei die Lösung gut, die Verbindung von Verputz mit Sgraffito sei reizvoll und die Einbettung in die Architektur mit der Wiederholung der Horizontale der Fensterreihen nach der Vertikale des Lichtschachtes sei sehr gelungen. Auch EAV-Direktor Kellerhals sprach sich für Danioths Entwurf aus, u. a. deshalb, weil die Darstellung aus dem Leben gegriffen sei und sie eine «Entwicklung» aufzeige, welche die Tätigkeit der EAV besser wiedergebe als die vornehmlich statisch wirkende Figur des anderen Projekts. Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Eine wichtige Rolle spielte auch die Tatsache, dass Danioths Entwurf den Geist der damals laufenden Revision des Alkoholgesetzes traf. So bemerkte Kellerhals während der Besichtigung des vollendeten Werks im Oktober 1949, dass Danioth mit der Darstellung des Bemühens um gepflegtere Bäume und gesündere Früchte die gesetzgeberische Arbeit widerspiegle, die gerade parallel am Laufen sei. Bei der Gesetzesrevision ging es nämlich u. a. um die Regelung der brennlosen Verwertung von Obst und Kartoffeln. Die Kartoffeln waren im ursprünglichen Entwurf von Danioth nicht vorgesehen. Auf Wunsch der EAV fügte der Künstler sie nachträglich noch hinzu, was Kellerhals zu würdigen wusste: «Herr Danioth hat auf unseren Wunsch hin auch den Kartoffeln einen (…) Platz gewährt. Glücklicherweise hat er sich dabei nicht von van Gogh inspirieren lassen. Van Goghs ‚Kartoffelesser‘ sehen denn doch allzu sehr nach Insassen eines Idiotenasyls aus, als dass sie dem Wandschmuck zur Zierde gereichen und gar den Beschauer zur Wertschätzung der Kartoffel anregen würden.» Heinrich Danioth erhielt für sein Wandbild 11 760 Franken. Die Kosten für Gerüst, Verputz und «allfällige andere Bauarbeiten» übernahm die EAV, Danioth haftete für eine zehnjährige Haltbarkeit seines Werks. Restauriert wurde das Wandbild schliesslich 1993 – und zwar vom damals 71-jährigen Künstler Franz Fedier, der bereits 1949 an Danioths Seite massgeblich an der Entstehung des Wandbildes beteiligt war. Ruth Widmer Kurzbiografie Heinrich Danioth wurde 1896 in Altdorf geboren. Mit 16 Jahren verliess er die Schule und absolvierte ein Kunstpraktikum in Basel, 1925/26 studierte er an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Danioth war ein vielseitig begabter Künstler. Neben seinen berühmtesten Werken, dem roten Teufel an der Felswand in der Schöllenenschlucht und dem Wandbild am Bundesbriefmuseum in Schwyz, schuf er auch viele Porträts, Landschaftsbilder und Holzschnitte. Als politisch engagierter Zeitgenosse arbeitete er 1923–1942 zudem für die Satirezeitschrift «Nebelspalter», für die er u. a. einige bissige Hitlerkarikaturen zeichnete. In seiner zweiten Lebenshälfte war Danioth auch als Schriftsteller tätig und schrieb Hörspiele, Prosa, Lyrik und Theaterstücke. Danioth war verheiratet und Vater dreier Kinder. 1953 starb er in Flüelen an den Folgen eines Hirntumors. 27 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Geschichte Von Alkohol, Schuhen, Rennwagen und Paketen Bis Ende der 1990er-Jahre unterhielt die EAV mehrere eigene Alkohollager: Die Schweizer Industrie wurde von Burgdorf, Romanshorn, Daillens, Delsberg und Schachen aus mit Ethanol versorgt. Heute ist die Ethanollagerung auf die beiden Standorte Delsberg und Schachen konzentriert. Burgdorf, Romanshorn und Daillens haben neue Besitzer und Funktionen erhalten. Das erste Alkohollager der EAV wurde im Juni 1889 eröffnet und lag mitten in der Stadt Delsberg, was aus sicherheitstechnischen Überlegungen heute undenkbar wäre. 1957 wurde das Lager an den Stadtrand verlegt, wo es heute noch in Betrieb ist. Auf dem Areal des ehemaligen Alkohollagers befinden sich heute die Postautostation, die Post und ein Parkplatz. Das letzte Gebäude, das noch existiert, wird von den SBB genutzt. Delsberg Von 1890 bis 1957 betrieb die EAV am Bahnhof Burgdorf, mitten in der Stadt, ein eigenes Alkohollager. Wie in Delsberg lag dieses verkehrstechnisch zwar an einer äusserst günstigen Lage, die aus Gründen der Sicherheit jedoch bedenklich war. Nachdem in Delsberg das neue Lager am Stadtrand in Betrieb genommen werden konnte, wurde das Lager in Burgdorf aufgehoben. Seit 2013 dient das Gebäude als Lager eines traditionsreichen Schuhgrossisten, der sogar noch ein paar Jahre älter ist als die EAV. Burgdorf 28 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Das dritte Alkohollager der EAV war von 1893 bis 1997 in Romanshorn in Betrieb. Der ehemalige Rennfahrer Fredy Lienhard erwarb 2007 das Territorium von der Stadt Romanshorn, um seine private Bolidensammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Romanshorn Daillens Von 1971 bis 1997 war in Daillens ein weiteres Alkohollager in Betrieb. Daillens liegt zwischen zwei Bahnlinien und in der Nähe der Autobahn Bern–Yverdon–Lausanne und ist somit verkehrstechnisch sehr gut erschlossen. Es ist deshalb nicht weiter verwunderlich, dass Daillens die Aufgabe eines Zentrums für die An- und Auslieferung von Gütern erhalten geblieben ist – auch wenn heute nicht mehr Ethanol, sondern Pakete verteilt werden. Seit 1999 steht auf dem Gelände des ehemaligen Alkohollagers eines der drei nationalen Paketverteilzentren der Schweizer Post. Ruth Widmer 29 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Bevande spiritose La Val Poschiavo all’EXPO 2015 La Regione Valposchiavo sarà rappresentata all’EXPO 2015 che si svolgerà a Milano dal 1 maggio al 31 ottobre 2015. Padiglione svizzero all’Expo di Milano. Nel ristorante del padiglione i visitatori troveranno un’eccellente e vantaggiosa offerta di prodotti alimentari svizzeri, vini e distillati di qualità. Il tema dell’ EXPO «Nutrire il pianeta, energia per la vita» è un’occasione unica per la Svizzera per presentare la sua molteplicità culturale e paesaggistica, la sua capacità di ricerca e forza innovativa, in particolare nel settore delle derrate alimentari, quindi anche dei vini e distillati. Il cantone Grigioni si presenterà al Padiglione svizzero a Expo 2015 assieme ai Cantoni Partner San Gottardo Ticino, Uri e Vallese. La Val Poschiavo si è impegnata anche su una seconda via, il progetto «Valtellina Valposchiavo EXPO» scelto dalla Convenzione delle Alpi come caso esemplare di cooperazione transfrontaliera per la valorizzazione della montagna all’EXPO 2015 di Milano. Il progetto è stato encomiato in quanto frutto di un’unione di intenti che ha saputo cogliere le comuni radici storiche e le somiglianze tra le due aree per sviluppare sinergie economiche. Il progetto 100% Valposchiavo prevede la valorizzazione della filiera agroalimentare, la sua integrazione nel settore turistico, il miglioramento della promozione e della distribuzione dei prodotti, lo sviluppo di un marchio di qualità e a medio termine la certificazione 100% BIO dell’intera Valle. Tutto questo rifletterà su come la Regione Valposchiavo abbia saputo creare i presupposti politici, pianificatori ed economici per rendere possibile un’idea innovativa, e delle iniziative in corso per lo sfruttamento promozionale e turistico del progetto. Cosa che si spera possa portare ottimi frutti anche per i distillatori e produttori di acqueviti della Valle. Nell’ambito dei progetti concreti di messa in scena del territorio e dei suoi sapori, verrà presentato e messo in funzione lo Slow Train Valtellina Valposchiavo EXPO, il treno gourmet d’epoca che nel 2015 collegherà l’EXPO con Tirano e la Ferrovia del Bernina, Patrimonio Mondiale UNESCO, un’esperienza enogastronomica d’eccezione con prodotti tipici locali d’eccellenza curata da chef stellati Michelin. Tra i vari prodotti culinari spiccheranno anche gli eccellenti vini prodotti dalle case vinicole della Valle e non si potranno dimenticare i digestivi, in particolare le ottime grappe e i tipici liquori. Sergio Peverelli Informazioni dettagliate: www.gr.ch/IT/ > Media > Communicati > Communicati stampo 2015 > I Grigioni a Expo Milano www.regione-valposchiavo.ch 30 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch EZV Bierland Schweiz In der Schweiz gibt es 483 registrierte Bierbrauereien, dazu kommen unzählige Hobbybrauer. Seit dem Inkrafttreten des Biersteuergesetzes im Jahr 2007 ist die Zahl der registrierten Bierbrauereien um 86 Prozent gestiegen. Schätzungen gehen von über 1000 verschiedenen Schweizer Biersorten aus. Wie dieser Boom möglich geworden ist, hat «Forum Z.», das Informationsmagazin des Schweizer Zolls, bei Patrick Richner von der Sektion Tabak- und Bierbesteuerung (Oberzolldirektion) nachgefragt. Verhältnis zum Bierpreis garantiert. Dies gab den Brauereien die Gewähr, dass die prozentuale fiskalische Belastung des Biers gleich blieb. Der Bund seinerseits profitierte von jeder Erhöhung des Bierpreises. Mit dem Wegfall der garantierten Gesamtbelastung in der BV wurde der Weg frei für eine Neuregelung der Bierbesteuerung. Bis zum Inkrafttreten des Biersteuergesetzes per 1. Juli 2007 stützte sich die Besteuerung des Biers noch auf den Bundesratsbeschluss von 1934 über die eidgenössische Getränkesteuer. Eidgenössische Zollverwaltung (EZV): Herr Richner, seit wann wird Bier überhaupt besteuert? Patrick Rohner: Gegen Ende des 19. Jahrhunderts befasste sich die Politik erstmals damit, das Bier zu besteuern. In Anbetracht der finanziellen Bedürfnisse des Bundes wurden ab 1927 auf die Einfuhr von Bier, Braugerste und Malz neben dem Zoll zusätzlich Zollzuschläge erhoben. Bier wurde damit erstmals zu einer Finanzquelle des Bundes. In der Zeit von 1935 bis 1937 existierte die allgemeine Getränkesteuer. Diese war infolge der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre eingeführt worden und generierte für den Bund dringend benötigte Mittel. Dieser Steuer waren neben Bier und Wein auch sämtliche nichtalkoholischen Getränke, z. B. Mineralwasser, unterworfen. Mit ihrer Aufhebung 1937 blieb lediglich die Steuer auf Bier bestehen. Bis zum Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung (BV) am 1. Januar 2000 war die fiskalische Gesamtbelastung des Biers im 31 Ist man automatisch steuerpflichtig, wenn man zu Hause Bier braut? Das Biersteuergesetz sieht für Haus- und Hobbybrauer Ausnahmeregeln vor. Bier, das mit eigenen Einrichtungen zum unentgeltlichen Konsum in der Brauerei gebraut wird, ist von der Steuer befreit. Die Menge ist jedoch auf 400 Liter pro Kalenderjahr beschränkt (800 Liter für Brauvereine). Wird mehr gebraut oder ein Teil des Bieres verkauft resp. unentgeltlich an Dritte abgegeben, ist diese Menge steuerpflichtig, und es entsteht die Pflicht zur Eintragung ins Register der Inlandbrauereien bei der Oberzolldirektion, Sektion Tabak- und Bierbesteuerung (S T+B). Wie wird die Biersteuer erhoben? Die Biersteuer ist jedes Quartal geschuldet. Die Erhebung erfolgt im Selbstveranlagungsprinzip. Die registrierten Brauereien erhalten per Quartalsende die Biersteueranmeldung per Post zugesandt. Die Brauereien deklarieren die steuerpflichtige Menge und berechnen den daraus resultierenden Steuerbetrag selbstständig. Die Steueranmeldung ist im Folgemonat nach dem Quartalsende an die S T+B einzusenden. Der Steuerbetrag ist ohne Verfügung unsererseits geschuldet und muss eigenständig überwiesen Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch werden. In den nächsten Jahren soll eine webbasierte Informatikanwendung die heutige Deklaration auf Papier ersetzen. Biersteuer und Pro-Kopf-Konsum in Europa (Bier mit 12° Plato oder 4,8 % vol. Alkohol) 20.90 Schweiz 57.9 9.40 Deutschland 107.2 24.00 Österreich 108.1 13.20 30.0 28.20 29.0 10.00 Frankreich Italien Spanien 48.2 18.40 Portugal 53.0 20.50 Belgien 78.0 32.60 Niederlande 71.7 9.50 Luxemburg 85.0 117.30 Grossbrittannien 73.7 75.40 86.0 Irland 168.00 Island 63.0 271.70 Norwegen 59.0 94.00 Schweden 50.7 143.50 Finnland 87.2 40.95 Dänemark 68.0 13.60 Estland 71.6 15.00 Lettland 74.0 11.80 Littauen Wozu werden die Steuereinnahmen verwendet? Bei der Biersteuer handelt es sich um eine sogenannte besondere Verbrauchssteuer. Die Steuer ist nicht zweckgebunden und fliesst in die allgemeine Bundeskasse. Im Jahr 2013 beliefen sich die Einnahmen auf rund 113 Mio. Franken. 95.6 15.40 Tschechien 145.0 17.20 Slowakei 72.9 24.70 Ungarn 65.0 22.50 Polen Mit dem Biersteuergesetz ist die Biersteuermengenstaffel eingeführt worden. Wer profitiert davon? Mit dem neuen Biersteuergesetz im Jahr 2007 ist die politische Forderung nach einer Steuerentlastung für Klein- und mittelgrosse Braubetriebe umgesetzt worden. Von den zurzeit 483 registrierten Brauereien kommen nur wenige Betriebe nicht in den Genuss einer Steuerreduktion. Die restlichen Brauereien profitieren, abgestuft nach Jahresproduktion, in unterschiedlicher Höhe von der Reduktion. Die Maximalreduktion von 40 Prozent auf dem Steuertarif wird bei einer Jahresproduktion von weniger als 16 000 Hektolitern erreicht. In diese Kategorie fallen 96 Prozent aller registrierten Brauereien. Für diese reduziert sich die Steuer für normales Bier von 25 auf 15 Rappen je Liter. Am Gesamtausstoss haben diese jedoch lediglich einen Anteil von etwa 2 Prozent. Wir verzeichnen seit einigen Jahren eine starke Zunahme bei den Inlandbrauereien. Bei diesen handelt es sich ausnahmslos um kleine, regionale Betriebe oder Hausbrauereien. Die Biersteuermengenstaffel hat sich sicherlich positiv auf diese Entwicklung ausgewirkt. 95.0 9.00 Rumänien 89.0 25.80 Kroatien 85.6 52.80 Slowenien 81.0 31.20 30.0 22.90 Griechenland Zypern 51.0 18.00 Malta 45.2 0 25 50 75 Biersteuer in EUR Quelle: The Brewers of Europe 32 100 125 150 175 200 225 Pro-Kopf-Konsum in Litern 250 275 300 Wie steht die Schweiz bei der Steuerbelastung im europäischen Vergleich da? In der Europäischen Union existiert ein Mindeststeuersatz von EUR 0,748 pro Hektoliter und Grad Plato oder EUR 1,87 pro Grad Alkohol. Daneben existieren reduzierte Steuersätze für Kleinbrauereien und für Bier mit einem Alkoholgehalt von ≤ 2,8 Prozent Vol. Ein Maximalsteuersatz existiert nicht. Die Steuersätze präsentieren sich denn auch sehr unterschiedlich. Im nördlichen Europa ist die Steuer tendenziell höher als in den südlichen Ländern. Obwohl in der Schweiz das Bier Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Anzahl steuerpflichtiger Brauereien in der Schweiz 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 seit jeher nicht allzu stark belastet wird, was auch damit zusammenhängt, dass Konkurrenzprodukte wie Wein und Apfelwein nicht besteuert werden, wird der EU-Mindeststeuersatz deutlich übertroffen. Die Schweiz befindet sich, was die Steuerlast betrifft, im europäischen Mittelfeld. Es zeigt sich auch, dass der Pro-Kopf-Verbrauch in jenen Ländern mit einer hohen Steuerbelastung nicht generell tiefer ist. Vielmehr wird deutlich, dass Bier in den verschiedenen Ländern einen ganz unterschiedlichen Stellenwert hat. In der Schweiz gilt das Bier als Volksgetränk. Der Pro-Kopf-Konsum ist seit einigen Jahren stabil, jedoch deutlich tiefer im Vergleich zu den frühen 90er-Jahren (-20 Prozent). Leichte Schwankungen ergeben sich jeweils durch Grossanlässe (FussballEM/WM, Schwingfeste usw.) oder lange Schlechtwetterperioden. 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2000 1995 1985 1975 1965 1955 1945 1935 0 Wie hat sich der Konsum von in der Schweiz gebrautem und in die Schweiz eingeführtem Bier entwickelt? Es wird immer mehr ausländisches Bier getrunken. Da der Gesamtkonsum seit einigen Jahren stabil ist, geschieht dies auf Kosten der inländischen Biere. Wie viele Biersorten gibt es in der Schweiz? Die Biervielfalt hat in den letzten Jahren erfreulicherweise stark zugenommen. Noch immer machen die mit untergäriger Brauhefe gebrauten Lagerbiere zwar den Löwenanteil am Konsum aus, doch gibt es mittlerweile eine grosse Fülle an regionalen Bieren. Eine genaue Zahl zu nennen ist unmöglich. Wir schätzen die Vielfalt bei den inländischen Sorten auf über 1000. «Forum Z. 3/4» 33 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch EAV Nachruf Nach schwerer Krankheit verstarb am 30. Januar 2015 Mario Blum, der Betriebsleiter des Ethanollagers in Schachen. Während mehr als 20 Jahren arbeitete Mario Blum für die EAV in Schachen, davon 17 Jahre als äusserst kompetenter und engagierter Betriebsleiter. Am 1. Juni 1994 nahm Mario Blum seine Arbeit im Ethanollager in Schachen auf. Seine Qualitäten wurden früh erkannt, so dass er bereits vier Jahre später zum Betriebsleiter befördert wurde. Die Aufgabe als Betriebsleiter bringt eine unglaublich vielfältige, anspruchsvolle und komplexe Tätigkeit mit sich. Die technischen, logistischen, kommerzi- ellen und vor allem auch sicherheitstechnischen Aspekte machen die Führung eines Gefahrstofflagers zu einer permanenten Herausforderung mit grosser Verantwortung. Mario Blum nahm diese Verantwortung immer sehr ernst. Mit der Zeit übernahm er auch immer mehr Aufgaben, die über die reine Betriebsführung hinausgingen. Er wurde zum wichtigsten internen Berater für technische und logistische Weiterentwicklungen, er übernahm den Einkauf der Denaturierstoffe und war in die zentralen Projekte für die bevorstehende Privatisierung von Alcosuisse involviert. Mario Blum blieb auch in hektischen Situationen immer ruhig und traf gut durchdachte Entscheidungen. Sein engagierter, geradliniger und aufrechter Charakter wurde von allen Mitarbeitenden hoch geschätzt. Noch bis Ende des vergangenen Jahres unternahm Mario Blum alles, um seine Aufgabe als Betriebsleiter möglichst voll wahrnehmen zu können. Er tat dies einerseits aus seinem grossen Pflichtbewusstsein gegenüber seinen Mitarbeitenden, seinem Betrieb und der gesamten Alcosuisse heraus. Er tat es anderseits aber auch, weil ihm seine Arbeit nie nur einfach Pflichterfüllung, sondern immer auch eine echte Herzensangelegenheit war – er nahm seine Verantwortung stets mit grosser Freude wahr. Wir werden Mario Blum als Menschen und als Mitarbeiter sehr vermissen. Florian Krebs, Geschäftsführer von Alcosuisse 34 Das Magazin der EAV 1/2015 | www.eav.admin.ch Bildnachweis Bilder und Grafiken © EAV, ausser: Titelseite: Absinth-Fest in Boveresse, Val-de-Travers. S.5: Keystone S.7: Keystone S. 8: Bundesamt für Gesundheit S.12: BAR-NEWS, Ruedi Zotter S.15: Erdöl-Vereinigung S.17: Harald Klingemann S.19: Absinthmuseum www.maison-absinthe.ch S.23: BERNMOBIL S.26: filmcoopi Zürich S.27: Marco Schibig S.29: www.zwischengas.com / Balz Schreier www.post.ch 35 4.15 4600 862638468
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