Nicht bloß ein Hingucker... Bundeswehr zum Anfassen

D 8512
51. Jahrgang
Nr. 22
Montag, 8. Juni 2015
NachrichteN
Politik
Was will China?
Die Volksrepublik China schüttet
im Südchinesischen Meer Inseln
auf – offenbar für militärische
Zwecke.
Seite 4
Nicht bloß ein
Hingucker...
BuNdeswehr
Rettung geht weiter
Die Besatzung der Fregatte
„Hessen“ hat im Mittelmeer 880
Flüchtlinge gerettet – an einem
einzigen Tag.
S. 6/7
In Eutin üben die Aufklärer
mit Soldaten aus acht Verbänden
das gesamte Spektrum ihrer
Fähigkeiten. Seite 8
soziales/PersoNal
Vielfalt gewünscht
Grafik: Prochaska/RedBw
Auf der Diversity Konferenz geht
es um Integration – und um den
Nutzen, der sich aus der Vielfalt
der Truppe ziehen lässt. Seite 11
Bundeswehr zum Anfassen
Video der woche:
Am 13. Juni ist Tag der Bundeswehr – mit Programm in ganz Deutschland.
von Heike Pauli
Das 1. Bataillon des Objektschutzregiments „Friesland“
beim Gefechtsschießen: Die
Objektschützer sind die Kampftruppe der Luftwaffe. Zwei
Wochen lang üben sie in Lehnin
das ganze Spektrum des infanteristischen Kampfs – auch im
urbanen Gelände. Dieses Szenario gewinnt immer mehr an
Bedeutung: Weltweit leben
immer mehr Menschen in Ballungsgebieten. Die Möglichkeit, dass Konflikte in städtische
Gebiete getragen werden, lässt
sich nicht ausschließen. (vmd)
Der Beitrag „Objekt-
Berlin. Ein Tag der Bundeswehr
an 15 Standorten bundesweit –
der 13. Juni 2015 geht in die
60-jährige Geschichte der deutschen Streitkräfte ein.
Ob Bischofswiesen, Bonn,
Burg, Eckernförde, Flensburg,
Fritzlar, Hannover, Koblenz,
Laupheim, Leipzig, Manching,
Nörvenich, Storkow, Warnemünde oder Wilhelmshaven – es
gibt Dutzende Gründe für einen
Besuch vor Ort.
Action im Wasser, auf dem
Land und in der Luft: Elitesoldaten des Seebataillons und
Minentaucher zeigen in Eckernförde ihr Können. „Retten während eines Gefechtes“ – dynamisch geht es in Koblenz zu.
Richtig Betrieb herrscht am Himmel über Manching und Fritzlar mit Flugvorführungen unter
schützer Lehnin“ auf
www.youtube.com/
user/Bundeswehr.
[email protected]
anderem von „Tiger“, „Eurofighter“, „Tornado“ und „Transall“.
Mitreißende Mitmach-Aktionen: Beispielsweise Live-Ge-
tigt werden. Und wie sieht das
Leben auf der Fregatte „Hamburg“ aus? Antworten gibt es in
Wilhelmshaven.
spräche mit Soldaten in den Einsatzgebieten in Bonn oder die
Fitness-Challenge mit Eurofighter-Piloten in Nörvenich.
Blick hinter die Kulissen: Wie
viele Hängematten passen auf das
Segelschulschiff „Gorch Fock“?
Sie kann in Flensburg besich-
Kulinarische Leckerbissen:
Normalerweise kocht der Kapitän
der Bundeswehr-Kochnationalmannschaft auf dem Sommerfest des Bundespräsidenten. Am
13. Juni erfreut Stabsunteroffizier
Thomas Kucharski die Besucher
in Nörvenich.
Außerirdische Begegnung: Der
ferngesteuerte Roboter „Packbot“
– ein Könner im Umgang mit
gefährlichen Substanzen – kommuniziert mit Besuchern in Bonn.
Top-Athleten hautnah: Was
macht Eisschnellläufer Hauptfeldwebel Nico Ihle im Sommer?
Antworten und Autogramme gibt
es in Leipzig.
Leben im Feld: Wie fühlen sich
Soldaten in der Grundausbildung?
Ausgestattet mit Rucksack, Zelt
und Tarnschminke können Besucher es selbst ausprobieren, zum
Beispiel in Burg.
Show, Unterhaltung, Comedy:
Militärmusik erklingt an allen
Standorten, die Bigband tritt in
Bonn auf. Koblenz setzt neben
Diskussionsrunden auch auf
Comedy.
Das gesamte Programm auf www.
tag-der-bundeswehr.de.
2
aktuell
Intern
8. Juni 2015
Foto: dpa/pa
BILD Der WocHe
Das Leid mit einem Lächeln ertragen: Im türkischen Kirikhan leben syrische Flüchtlinge in Zelten – den blanken Boden unter den Füßen. Die Grenze zu ihrem Heimatland
ist nur wenige Kilometer entfernt. Seit Monaten befinden sich Zehntausende Flüchtlinge in der Stadt und geben die Hoffnung auf ein Ende der Kämpfe in Syrien nicht auf.
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Vivien-Marie Bettex (vmd)
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ZItat
Edi
„Natürlich ist dabei der Grundbetrieb
vernachlässigt worden.“
Der „Shangri-La Dialog“ in Singapur – zum ersten Mal nach
fast zehn Jahren hat Ende Mai
wieder ein deutscher Verteidigungsminister an der wichtigsten Sicherheitskonferenz für den
asiatischen Raum teilgenommen.
Direkt neben Ursula von der
Leyen auf dem Podium: Der
Generalstabschef der chinesischen
Streitkräfte, Admiral Sun Jianguo.
Er stellte die chinesische „Vision“
eines „neuen Modells der Internationalen Beziehungen“ vor. Ziel
sei die Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft für „eine
bessere Welt“ und „anhaltenden
Frieden“. Nach so verbindlichen
Tönen sahen es viele Delegierte
kritisch, dass Sun Fragen zu der
sich zuspitzenden Konfliktsituation im Südchinesischen Meer
(Seite 4) direkt im Anschluss
­lieber auswich.
Die deutsche Ministerin setzte
in ihrer Rede auf historische
Fakten sowie politische Analyse und nicht auf Visionen. Nach
dem Zweiten Weltkrieg habe
Deutschland sich entschieden, in
Partnerschaften und Allianzen zu
investieren. Die Arbeit in Bündnissen sei häufig anstrengend,
Transparenz die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg, sagte
die Verteidigungsministerin in
Singapur.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker,
im Interview mit Deutschlandfunk über die vorrangige Ausstattung
von Soldaten im Einsatz.
KaLenDerBLatt
Vor 25 Jahren: Am 12. Juni 1990 erklärt die Teilrepublik Russland die Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Ein Jahr später wird
Boris Jelzin in den ersten freien Präsidentschaftswahlen mit großer Mehrheit gewählt. Der 12. Juni wird in Russland seit 1994 als
­Nationalfeiertag begangen.
Vor 65 Jahren: Am 9. Juni 1950 wird die „Arbeitsgemeinschaft
der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik
Deutschland“ gegründet. Heute ist der Zusammenschluss verschiedener Landesrundfunkanstalten vielen Fernsehzuschauern unter dem
Namen ARD bekannt.
Vor 80 Jahren: Am 8. Juni 1935 wird vom deutschen Reichsinnenministerium die Ausbürgerung von Künstlern bekanntgegeben. Unter
den Ausgebürgerten befinden sich bekannte Schriftsteller wie Bertolt
Brecht, Erika Mann oder Journalisten wie Karl Höltermann.
Vor 85 Jahren: Am 12. Juni 1930 gewinnt Max Schmeling als
erster Europäer den Titel des Boxweltmeister im Schwergewicht.
Gegner war der amerikanische Boxer Jack Sharkey, der nach einem
regelwidrigen Tiefschlag in der vierten Runde disqualifiziert wurde.
Vor 200 Jahren: Am 9. Juni 1815 wird die Schlussakte des Wiener
Kongresses unterzeichnet. Nach der Niederlage von Napoleon Bonaparte
in den Koalitionskriegen wurde auf dem Kongress die politische Landkarte Europas von den Siegermächten neu geordnet.
(eb)
Im weltweiten Netz sorgte
die Rede für unterschiedliche
Reaktionen. Es werde nicht
gelingen, dem asiatischen Raum
europäische Erfolgsmuster überzustülpen, lauteten einige Kommentare auf Twitter. Von anderer Seite gab es Anerkennung
– darunter von namhaften Vertretern aus Wissenschaft und
Politik. „Die deutsche Verteidigungsministerin bekommt meine
Stimme für die beste Rede auf
dem ‚Shangri-La Dialog‘ 2015.
Klar, präzise, überzeugend und
mit Verve vorgetragen“, twitterte
Mark Fitzpatrick vom International Institute for Strategic Studies.
Das Institut mit Sitz in London
richtet den „Shangri-La Dialog“
aus und zählt zu den bedeutendsten Think Tanks weltweit.
Vivien-Marie Bettex
Redakteurin Politik
8. Juni 2015 MINISTERIUM / HINTERGRUND
G 36-Kommission startet
aktuell
3
Ministerin
in Rumänien
Haben Sie Hinweise, dass Soldaten durch Mängel am G 36
gefährdet oder sogar verletzt
wurden?
Nein. Bisher gibt es keine
Hinweise darauf. Die konkreten
Ermittlungen, ob Soldaten im
Gefecht – also in einem hochkomplexen Szenario, von dem es
keine Volldokumentation gibt –
geschädigt oder gefährdet wurden, sind schwierig. Wir können uns nur der Gefechtssituation
annähern. Für Angehörige von
gefallenen oder verwundeten
Soldaten oder für Soldaten, die
Kameraden verloren haben, ist es
Wie wird die Kommission bei
ihrer Arbeit vorgehen?
Wichtig ist, dass wir ein völlig
unabhängiges Gremium sind und
die volle Unterstützung der Bundeswehr haben. Die Kommission hat uneingeschränkte Akteneinsicht und uneingeschränktes
Recht, Beteiligte zu befragen.
Das wurde uns von höchster
Stelle zugesichert. Wir wollen
alle irgendwie zugänglichen
Quellen überprüfen, damit unser
Ergebnis so seriös ist, wie es nur
geht. Die Aussagen von Beteiligten sind dabei von ganz entscheidender Bedeutung.
Wie viele Mitarbeiter hat die
Kommission, um die Aufgabe
zu bewältigen?
Den Kern der Kommission
bilden Hellmut Königshaus, der
ehemalige Wehrbeauftragte, und
ich als Vorsitzender. Unsere
militärischen Stützen und Berater sind Generalmajor Johann
Langenegger, Kommandeur der
1. Panzerdivision, und Oberstleutnant Lutz Kuhn. Das Sekretariat hat sieben Mitarbeiter,
geführt von Oberst Oliver Kohl.
Die Mannschaft ist motiviert und
sehr professionell. Wir sollen
zum 1. Oktober einen Bericht
abgeben. Ich bin besten Mutes,
dass wir das schaffen.
Wir rufen ausdrücklich dazu
auf, dass Soldaten die seitens
des Ministeriums eingerichtete
Ansprechstelle nutzen, um über
Auffälligkeiten mit dem G 36 zu
berichten.
Können Soldaten auch auf die
Kommission zugehen, um über
ihre Erfahrungen zu berichten?
Verteidigungsexperte: Winfried
Nachtwei während einer seiner
Afghanistan-Reisen.
Warum haben Sie zugestimmt,
die Kommission zu leiten?
Ich war Abgeordneter des Bundestags und gehörte zu denjenigen, die die Soldaten in die Einsätze geschickt haben. 2009 bin
ich aus dem Bundestag ausgeschieden, aber damit ist für mich
die Verantwortung für die Entsendung der Soldaten in Einsätze nicht erledigt. Wenn wir
die Zuverlässigkeit des G 36 in
Gefechtssituation überprüfen,
dann geht es darum sicherzustellen, dass unsere Soldaten ihren
Auftrag bestmöglich erfüllen können und sie nicht durch das Sturmgewehr gefährdet werden dürfen.
Die Fragen stellte Vivien-Marie
Bettex.
Das vollständige Interview mit
dem Vorsitzenden der G 36-Kommission auf www.bmvg.de
Krisen früh erkennen
Wie können die Instrumente verbessert werden? Expertenworkshop tagt im Auswärtigen Amt.
Berlin. Deutsche und internationale Experten haben darüber diskutiert, auf welche Krisen sich
Deutschland in Zukunft vorbereiten sollte – und wie es seine Instrumente zur Krisenfrüherkennung weiter verbessern kann. Die
Tagung im Auswärtigen Amt war
der vierte Workshop in der Beteiligungsphase zum neuen Weißbuch.
Im Workshop wurde deutlich
herausgestellt, dass Deutschland
wiederholt die „bittere Erfahrung“ gemacht habe, eine Krise
nicht frühzeitig erkannt zu haben.
In der Regel fehle es nicht an
Informationen, sondern an der
Aufbereitung der Indikatoren zu
einem Gesamtbild. Sowohl das
BMVg als auch das Auswärtige
Amt haben daher in der vergan-
genen Zeit Strukturen und Abteilungen geschaffen, die Aspekte
Frühwarnung, Krisenprävention
und Stabilisierung bündeln. Auch
über die Notwendigkeit weiterer
Strukturen und Abstimmungsprozesse auf nationaler
wie internationaler Ebene wurden vorgestellt und diskutiert.
Neben der Situation in Deutsch-
struktureller Maßnahmen in diesem Bereich wurde diskutiert, um
zum Beispiel die Vernetzung der
Fachministerien und der nachgeordneten Behörden zu verbessern
und deren Handeln stärker abzustimmen.
land wurden auch die institutionellen Strukturen und angewendeten Verfahren in der
Europäischen Union und der
durch die Ukraine-Krise wieder an Bedeutung gewonnenen
OSZE dargestellt. Zusammen-
fassend wurden Strukturen und
Verfahren durchaus als geeignet
bewertet. Kapazitätsprobleme,
vor allem im Personalbereich,
stellten jedoch eine Herausforderung dar. Elemente effektiver Krisenfrüherkennung
seien Nachrichtenauswertung,
Risikobewertung und Analyse
der Konfliktursachen. Internationale Vertretung gaben bei der
Veranstaltung ihrer Erwartung
Ausdruck, Deutschland solle
mehr sicherheitspolitische Verantwortung übernehmen. (stö)
Mehr Informationen
zum Weißbuch auf
www.bmvg.de.
Foto: Bundeswehr/Hannemann
Bukarest. Vor dem Hintergrund
des Konflikts in der Ukraine ist Verteidigungsministerin Ursula von
der Leyen vergangene Woche nach
Rumänien (Foto) und anschließend
nach Tschechien gereist. Neben
Gesprächen mit ihren Amtskollegen Mircea Dusa und Martin
Stropnicky traf sie auch mit dem
rumänischen Staatspräsidenten
Klaus Johannis und Ministerpräsident Victor Ponta zusammen.
Themen waren unter anderem die
Einrichtung von NATO Force Integration Units (NFIU), der Action
Readiness Plan und die Very
High Readiness Joint Task Force
(VJTF). Mehr auf www.bmvg.de.
Mandate sollen
verlängert werden
Foto: Bundeswehr/Bannert
Herr Nachtwei, wofür gibt es
eine G 36-Kommission?
Der Auftrag ist, den Einsatz des
Sturmgewehrs G 36 in Gefechtssituationen zu untersuchen. Es
gilt zu klären, ob durch Präzisionsabweichungen des Gewehrs
Soldaten zu Schaden gekommen
sind oder einem erhöhten Risiko
ausgesetzt wurden.
von großer Bedeutung, Sicherheit
zu haben, ob da ein fehlerhaftes
G 36 eine Rolle spielte oder nicht.
Foto: Kazda/Bundeswehr
Berlin. Winfried Nachtwei war
für die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen von 1994 bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags
und wird für seine verteidigungspolitische Expertise über die
Parteigrenzen hinaus geschätzt.
Verteidigungsministerin Ursula
von der Leyen hat ihn gebeten,
den Vorsitz der G 36-Kommission zu übernehmen. Jetzt hat
Nachtwei sein Büro im Bendlerblock bezogen. Dort hat das
Verteidigungsministerium
­
der
Kommission eine eigene Büroetage zur Verfügung gestellt –
in unmittelbarer Nähe zur Leitung des Hauses.
Foto: imago
Der Vorsitzende Winfried Nachtwei im Interview über den Auftrag des unabhängigen Gremiums.
Berlin. Deutsche Soldaten sollen weiterhin im Kosovo, in
Mali und vor den Küsten des
Libanon eingesetzt werden. Das
Kabinett hat vergangene Woche
beschlossen, die Mandate zu verlängern. Der Bundestag muss
noch zustimmen. Bei KFOR im
Kosovo werden weiterhin maximal 1850 deutsche Soldaten eingesetzt, bei UNIFIL im Mittelmeer bis zu 300 Soldaten und
für die MINUSMA-Mission in
Mali (Foto) bis zu 150 deutsche
­Soldaten. (vmd)
Ausstellung: „Militär
und Gesellschaft“
Berlin. Zum Tag der Bundeswehr wird an 15 Standorten die
Ausstellung „Militär und Gesellschaft in Deutschland seit 1945“
vorgestellt. Die Ausstellung aus
20 großformatigen Plakaten
setzt sich mit der Geschichte der
Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee (NVA) auseinander. Sie begleitet den Prozess
der Wiederbewaffnung in beiden
deutschen Staaten und betrachtet die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Militär
im Kontext der Zeit. Die Plakate
für die Ausstellung können per
E-Mail unter [email protected] bestellt
werden.
(mat)
4
aktuell
Politik / Hintergrund
8. Juni 2015
Auf Sand gebaut
Afghanistan: Milizen
bekämpfen Taliban
Streit über
Gebietsansprüche
K
Künstliche Inseln
mitten im Meer
IS erbeutet 2300
Humvees im Irak
Bagdad. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat bei der
Einnahme der irakischen Stadt
Mosul vor einem Jahr 2300
Humvees der irakischen Armee
erbeutet, sagte der irakische Premierminister Haider al-Abadi in
einem TV-Interview. Seither hat
der IS die Humvees wiederholt in
Gefechten eingesetzt, unter anderem bei Selbstmordanschlägen.
Die Extremisten hatten im Mai
die Stadt Ramadi erobert. (eb)
Beobachtern zufolge riskiert
China durch das Bauprogramm,
dass der seit Jahren schwelende
Territorialkonflikt zwischen den
Anrainerstaaten des Südchinesischen Meers eskaliert. Auch
andere Staaten unterhalten Stützpunkte auf einzelnen Inseln und
sind dabei, ihre Präsenz auszubauen. So erweitert Taiwan derzeit den Hafen und die Landebahn auf Taiping, der größten
Insel der Spratly-Inselgruppe.
Foto: CSIS Asia Maritime Transparency Initiative/DigitalGlobe
Gewachsen: das Fiery Cross Reef im August (l.) und Dezember 2014 (m.) sowie im April 2015 (r.).
Das Interesse an den Inseln Volksrepublik die Inseln durch
ist vor allem auf den Hunger Aufschüttungen vergrößert. So
nach Rohstoffen zurückzufüh- habe China auf verschiedenen
ren – neben Fischgründen wer- Riffen und Atollen im Südchineden dort große Öl- und Gasvor- sischen Meer in den vergangenen
kommen vermutet.
18 Monaten mehr als acht MilliBrisanz erhält der Konflikt onen Quadratmeter Land hinzudurch die Nähe der Inselgewonnen. Carter drängte
gruppen zur Straße
auf einen sofortiCHINA
von Malakka.
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Golf und Asien. Die
Weg zu lösen.
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Grafik: N
Auseinandersetzung ruft
daher auch die US-Regierung auf
Welche Ziele
den Plan, die die Freiheit der Seeverfolgt China?
und Handelswege im gesamten
Südchinesischen Meer sicherNadine Godehardt von der
stellen will.
Stiftung für Wissenschaft und
Auf dem Shangri-La-Dialog Politik sieht vor allem in der
in Singapur – der bedeutendsten politischen Intransparenz, mit
Sicherheitskonferenz im asiati- der die chinesische Regierung
schen Raum (siehe Kasten) – in der Region agiert, eine Gefahr.
kündigte US-Verteidigungs- Denn die Absichten Chinas sind
minister Ashton Carter Ende Mai nach wie vor unklar. Der stellein 425-Millionen-Dollar-Pro- vertretende Generalstabschef der
gramm für den Ausbau der mariti- chinesischen Streitkräfte, Admimen Sicherheit im Asien-Pazifik- ral Sun Jianguo, erklärte auf dem
Raum an. Carter zeigte sich Shangri-La-Dialog, China wolle
besorgt über das Ausmaß und die Inseln lediglich zu zivilen
die Geschwindigkeit, mit der die Zwecken nutzen – unter anderem
als „meteorologische Stationen“.
Die Landaufschüttungen sowie
die chinesischen Gebietsansprüche seien rechtmäßig, sagte Sun
und kündigte an: „Wir werden
unsere Souveränität resolut verteidigen.“
Strategische
Neuausrichtung
Einen Einblick in die strategischen Überlegungen der Volksrepublik China bietet das neue
Weißbuch zur Verteidigung, das
Peking im Mai veröffentlicht hat.
Das Grundsatzdokument belegt
die Neuausrichtung der geostrategischen Interessen Chinas und
leitet eine Abkehr von der traditionellen Fixierung auf die Landstreitkräfte ein. Die maritime
Sicherheit spielt laut Godehardt
bei dieser Entscheidung eine tragende Rolle. Mittelfristig will
China so den Einfluss der USA
im Westpazifik eindämmen. Das
Südchinesische Meer nimmt
dabei für Peking eine Schlüsselstellung ein.
Dennoch warnt Godehardt
davor, die Absichten Chinas als
reine Bedrohung anzusehen. Die
chinesische Regierung schaffe
derzeit zwar Fakten, schließe eine
Kooperation mit anderen Akteuren aber nicht aus. Dennoch hält
die Politikwissenschaftlerin eine
mögliche Eskalation des Konflikts für real: „So etwas kann
sich schnell hochschaukeln.“
Von der Leyen spricht auf Sicherheitskonferenz in Singapur
Singapur. Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen hat in Singapur am
Shangri-La-Dialog teilgenommen – der
wichtigsten Sicherheitskonferenz im asiatischen Raum. Von der Leyen sprach zum
Thema „Aktive Konfliktlösung und Kooperation“ und zog ein Fazit aus den Erfahrungen der Vergangenheit. Nach dem Zweiten
Weltkrieg habe Deutschland sich entschieden, in Partnerschaften zu investieren. Transparenz sei die wichtigste Voraussetzung
für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Wichtig sei, gemeinsam mit den Partnern und
Verbündeten zu diskutieren und zu entscheiden, gemeinsame Konzepte aufzustellen und
die Macht des Gesetzes zu respektieren.
Foto: IISS
OSZE: Einsatz
schwerer Waffen
Aber nicht nur der offenbar
militärische Zweck der Anlagen
bereitet anderen Staaten in der
Region Sorge. Dass China den
Ausbau der neuen Anlagen durch
intensive Landgewinnungsmaßnahmen vorantreibt, wird von
den Nachbarn als Bedrohung
betrachtet.
Denn die Besitzverhältnisse des
Spratly-Archipels und der ParacelInseln sind umstritten. Neben
China erheben auch Taiwan
und Vietnam einen Anspruch auf
die Inselgruppen, andere Staaten
machen Teilansprüche geltend.
Taiwan, Vietnam und die
Philippinen sehen in den Landaufschüttungen den Versuch
Chinas, Fakten zu schaffen und
die eigenen Gebietsansprüche im
wahrsten Sinne zu zementieren.
Foto: CSIS Asia Maritime Transparency Initiative/DigitalGlobe
Singapur. Landebahnen, Häfen
und Radaranlagen – was hat die
Volksrepublik China mit den
strategisch wichtigen Inselgruppen im Südchinesischen Meer
vor, die auch andere Staaten für
sich beanspruchen?
Dass die Anlagen nicht nur
zivilen Zwecken dienen, sollen Satellitenbilder sowie Aufnahmen von Seeaufklärern der
US-Marine belegen. Sie sollen
Kommunikationseinrichtungen,
Verteidigungsanlagen sowie
Luftabwehrgeschütze in verschiedenen Baustadien zeigen.
hr
K
von Simon Klingert und
Vivien-Marie Bettex
Foto: CSIS Asia Maritime Transparency Initiative/DigitalGlobe
Foto (2): dpa/pa
Im Südchinesischen Meer erschafft China künstliche Inseln. Doch zu welchem Zweck?
In Singapur: Ursula von der Leyen.
8. Juni 2015 Einsatz / BundEswEhr
aktuell
5
Neue Mission – neue Erfahrungen
Inspekteur des Heeres besucht die Truppe bei Resolute Support: „Längere Stehzeiten für Berater? – Mittelweg finden“.
Kabul. „Es hat sich viel getan
hier in Kabul, das ist mir schon
bei meinem letzten Besuch im
vergangenen Jahr aufgefallen,
und so ist es diesmal auch“,
stellt der Inspekteur des Heeres,
Generalleutnant Bruno Kasdorf,
zu Beginn seiner Stippvisite in
der afghanischen Hauptstadt
fest. Aufmerksam folgt der
ranghöchste Soldat des Heeres
den Worten von Brigadegeneral
Michael B., Chief CJ7 im Hauptquartier und damit verantwortlich
für die Adviser der afghanischen
Streitkräfte.
„Die Afghanen können den
Kampf mittlerweile allein führen“, sagt B. Doch er verschweigt
auch nicht, dass es hier und da
Problemfelder gibt, die man
aus dem durchorganisierten
Deutschland so nicht gewohnt
ist. So verliere die Afghan National Army (ANA) pro Monat
Soldaten in Bataillonsstärke.
Aber weniger durch kampfbedingte Ausfälle oder Verwundungen. „Die Soldaten fahren
nach Hause und kehren zunächst
nicht zurück, ganz einfach weil
sie manchmal keine Reisemöglichkeit haben oder sie zu Hause
für die Erntehilfe gebraucht werden“, erklärt B. Das reiße Löcher
in der Personallage. Und weil
die Soldaten intensiv ausgebildet seien, gebe man ihnen trotz
Pflichtverletzung die Möglichkeit, innerhalb von acht Monaten zur Truppe zurückkehren zu
können.
Foto: Kazda/Bundeswehr
von Torsten Sandfuchs-Hartwig
Aus erster Hand gebrieft: Generalleutnant Kasdorf (l.) sucht das direkte Gespräch mit den Soldaten.
Der Brigadegeneral lobt die
Motivation der afghanischen
Soldaten: „Sie wollen für dieses
Land und seine Werte einstehen.“
Der Inspekteur nickt, seine Erfahrungen aus den Einsätzen decken
sich mit dieser Einschätzung.
Einsatz
ungeschminkt
Doch Kasdorf ist nicht nur an
den Hindukusch gereist, um Informationen aus erster Hand zur
Sicherheitslage oder zur Stimmung
unter den Soldaten einzuholen. Der
Inspekteur möchte wissen, ob die
einsatzvorbereitende Ausbildung hilfreich ist. Die Gesprächsrunde mit den Advisern verläuft in
gelockerter Atmosphäre. Kasdorf
erwartet von seinen Obersten
ungeschminkte Tatsachen – und
bekommt sie auch zu hören.
„Mein General ist kriegserfahren und wurde bereits über
Jahre beraten, der braucht mich
nicht als klassischen Berater, sondern viel mehr als Berater zur
Führung seiner Kräfte“, sagt
Oberst Wolfgang J. Zur Harmonisierung seiner Stabsabteilungen sei deutscher Rat mehr als
willkommen. Aufgrund eines
guten persönlichen Zugangs sei
es auch seine Aufgabe, die Sorgen und Nöte des Generals aufzunehmen und als Botschaft in
das Hauptquartier zu transportieren. „Den Führungsprozess,
wie wir ihn in der Bundeswehr
praktizieren, kennen die Afghanen so nicht“, so J. weiter. „Doch
wenn sie sich entscheiden, setzen sie sehr schnell um.“ Den
afghanischen Weg müssen die
deutschen Berater akzeptieren
und vorsichtig moderieren.
Diskussion um
Stehzeiten
„Aufgrund der Sicherheitslage
können wir nicht so oft vor Ort
bei unserem Partner sein, wie es
zweckmäßig wäre“, sagt J. Was
die Afghanen bedauern, ist der
aus ihrer Sicht schnelle Wechsel
der Berater. „Grundsätzlich nehmen sie uns als ehrliche Makler
wahr. Doch Vertrauen aufbauen
kostet Zeit“, erläutert Oberst Ralf
F. Stehzeiten im Einsatz – ein
Diskussionsthema. „Ich kann Ihre
Empfehlung für längere Stehzeiten inhaltlich nachvollziehen, wir
müssen aber auch immer die Situationen und das private Umfeld
aller unserer Frauen und Männer
im Blick haben“, macht Kasdorf
klar. Der General weiß, was es
heißt länger abwesend zu sein.
Als Chef des Stabes war er zwei-
mal für fast ein Jahr im Einsatz.
Das Thema ist sensibel. Kasdorf:
„Wir dürfen nicht außer acht lassen, dass das Personal zuhause
auch Lücken hinterlässt.“ Gesprochen werden müsse dennoch darüber. Es gelte, einen Mittelweg
zu finden. Und es sei ja durchaus
denkbar, dass ein Adviser gesplittet mehrfach diese Aufgabe wahrnehme. Deutlich zeichne sich ab,
dass „Train Advise Assist“ ein
Auftrag ist, der mit dem bisher
praktizierten Kontingentsystem
eher nicht optimal begleitet sei.
„Wir müssen darüber nachdenken, ob wir hier mehrere Kandidaten, die diese Aufgabe über
einen längeren Zeitraum ausführen, brauchen. Das Ganze muss
heeresweit geschultert werden“,
bekräftigt der 62-Jährige.
Für den Inspekteur steht vor
allem im Vordergrund, „was wir
noch besser machen können und
wie wir die Erfahrungen an die
Nachfolger weitergeben“. Das
bedeute im Zweifel, dass das Personal nach dem Einsatz zusätzlich
für Ausbildungsdurchgänge freigestellt werden müsse. Kasdorf
kennt die Herausforderungen, auf
die vor allem die Soldaten der ersten Kontingente treffen – hier ist
fordernde Pionierarbeit gefragt.
„Wir haben Sie dafür gezielt ausgewählt, weil wir wussten, dass
Sie mit diesen Umständen klar
kommen würden“, so Kasdorfs
klare Botschaft an seine Soldaten
– verbunden mit dem Dank für die
geleistete hervorragende Arbeit.
Mehr auf www.deutschesheer.de.
Nordirak: „Standards gesetzt“
Oberst Jochen Schneider spricht über seine Zeit als Kommandeur des „Kurdistan Training Coordination Center“.
Erbil. Vier Monate lang war
Oberst Jochen Schneider Kommandeur des „Kurdistan Training
Coordination Center“ (KTCC)
im Nordirak. Am vergangenen
Donnerstag übergab er das Kommando an seinen italienischen
Nachfolger. Das deutsche Einsatzkontingent führt nun Oberst
Stephan Spöttel, der zugleich
stellvertretender Kommandeur
des KTCC ist. Im Interview fasst
Schneider seine Zeit im Einsatz
zusammen.
Was war vor Ort Ihre Aufgabe?
Ich hatte hier in Erbil in den
letzten Monaten sozusagen drei
Hüte auf. Ich war der Kontingentführer der deutschen Soldaten.
Darüber hinaus war ich gleichzeitig der Kommandeur des „Kurdistan Training Coordination Center“
(KTCC) und Senior Advisor für
Foto: Bundeswehr
Diese Multinationalität ist
etwas Besonderes und funktioniert sehr gut. Darüber hinaus
können wir zeigen, dass wir als
NATO-Partner die Verfahren
beherrschen und in der internationalen Zusammenarbeit sehr
erfolgreich umsetzen können.
Oberst Jochen Schneider.
den Minister of Peschmerga und
für die Generalität, als Berater in
Ausbildungsfragen.
Sie haben das KTCC geführt.
Wie funktioniert die multinationale Zusammenarbeit?
Wie nachhaltig ist die Ausbildung der Peschmerga?
Selbstverständlich ist diese
Ausbildung nachhaltig. Die
Peschmerga nehmen das Wissen
schnell auf, und wir bekommen
regelmäßig ein Feedback. Dieses ist außergewöhnlich positiv,
also sehr erfreulich. Und wir
passen unsere Ausbildung an
die Wünsche und Erfahrungen
der bereits kampferprobten
Peschmerga an. Auch wir können immer noch dazulernen und
uns verbessern.
Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Ausbildern und
Peschmerga?
Ich glaube, mancher Lehrer
in Deutschland würde sich solche Schüler wünschen. Die
Peschmerga sind sehr engagiert.
Sie wollen lernen, sie fragen
nach, sie sind sehr interessiert
und machen große Lernfortschritte bei den einzelnen Ausbildungsthemen.
Wie zufrieden sind Sie denn speziell mit der Arbeit der deutschen
Soldaten hier vor Ort?
Die deutschen Soldaten
machen hier einen sehr guten
Job, wir setzen meines Erachtens ein Stück weit die Standards
hier. Unser Auftrag war es, das
KTCC aufzubauen. Alle Anstrengungen gingen in diese Richtung.
Als ich an meinen Nachfolger
übergeben habe, war dies, zumindest in den Kernbereichen, abgeschlossen, das ist eine Leistung
– insbesondere auch der deutschen Soldaten.
Was haben Sie Ihren Nachfolgern für die Arbeit im Irak mit
auf den Weg geben?
Ich denke, das Wichtigste ist
„Situation Awareness“ – Kenntnis von dem, was gebraucht wird,
um eine gute Beratung als Senior
Advisor durchführen zu können.
Genau daraus kann man dann die
richtigen Lehren für die Ausbildung ziehen.
(pm)
Das vollständige Interview lesen Sie am Montag unter www.einsatz.
bundeswehr.de
6
aktuell Einsatz
aktuell 7
Mission Mittelmeer: Hilfe für Hunderte
880 in Seenot geratene Personen hat die Besatzung der Fregatte „Hessen“ gerettet – an einem einzigen Tag. Jetzt endet der Einsatz des 1. deutschen Kontingents im Mittelmeer.
Von Vivien-Marie Bettex und
Victoria Kietzmann
Mittelmeer. Vier Wochen
waren die Fregatte „Hessen“
und der Einsatzgruppenversorger
„Berlin“ im Mittelmeer unterwegs. Der Auftrag: Die Rettung
in Seenot geratener Flüchtlinge,
die zu Tausenden aus Afrika via
Libyen nach Europa strömen
– in untauglichen Schlauchbooten von Schleppern auf
die lebensgefährliche Reise
geschickt. Diese Woche endet
die Mission des ersten Marinekontingents, die Schiffe nehmen
Kurs auf ihren Heimathafen Wilhelmshaven. Mehr als 2000 Menschen haben die deutschen Besatzungen retten können, das Elend
unmittelbar vor Augen.
Warten auf Rettung: 290 Mensch treiben in einem Holzboot.
Der Kommandant
muss entscheiden
880 Menschen
an einem Tag
Wenige Tage vor dem Ende
ihres Einsatzes müssen sie eine
Rettungsaktion ungeahnten Ausmaßes bewältigen. Am 29. Mai
um vier Uhr morgens erreicht
die Fregatte „Hessen“ ein Notruf aus dem MRCC (Maritime
Rescue Coordination Centre) in
Rom. Hier gehen die Meldungen
zu in Seenot geratenen Menschen
ein, und von hier wird ihre Rettung koordiniert. Die „Hessen“
erhält an diesem frühen Morgen den Auftrag etwa 30 Seemeilen nordwestlich der libyschen Stadt Abu Kammash bei
mehreren Seenotfällen Hilfe zu
leisten. Für die Besatzung der
deutschen Fregatte soll es der
forderndste Einsatz der vergan-
boot werfen Schwimmwesten
ins Wasser, ziehen die vom
Ertrinken bedrohten Menschen
an Bord. Die meisten von ihnen
können nicht schwimmen.
Innerhalb weniger Stunden
folgen vier weitere Einsätze. Am
Abend befinden sich 880 gerettete
Menschen an Bord der „Hessen“
– zu Beginn der Mission im
Mittelmeer Anfang Mai war
ursprünglich kalkuliert worden,
dass die deutsche Fregatte rund
150 Personen aufnehmen könnte.
Hilfe in letzter Sekunde: Das Schlauchboot sinkt bereits.
genen Wochen werden. Etwa
30 Seemeilen nordwestlich der
libyschen Stadt Abu Kammash
nimmt die „Hessen“ zunächst
104 Menschen aus einem vollbesetzten nicht hochseetauglichen Schlauchboot auf. Zu
diesem Zeitpunkt warten bereits
103 weitere in Seenot geratene
Menschen in unmittelbarer Nähe
auf Hilfe. Auch sie werden an
Bord genommen.
Am Nachmittag kommt es
zu dramatischen Szenen. Als
sich im Zuge einer dritten Rettungsaktion das Speedboot der
Fregatte „Hessen“ einem weiteren Schlauchboot mit 100 Personen an Bord erst nähert und
dann wieder abdreht, um die
Rettung der Menschen endgültig einleiten zu können, geraten
die Menschen in Panik – offenbar in dem Glauben, sie könnten
auf dem offenen Meer zurückgelassen werden. Ein Mann
greift zu einem Messer und zersticht eine der Luftkammern des
Schlauchbootes. Unter der Überlast der Menschen beginnt das
Boot sofort zu sinken. Die deutschen Soldaten auf dem Speed-
Der Entscheidung, so viele
Menschen an Bord zu nehmen,
sind genaue Überlegungen vorausgegangen. Kann die Sicherheit der Besatzung weiterhin
gewährleistet werden? Könnte
es angesichts der Enge an Bord
unter den geretteten Menschen
zu Unruhen kommen? Ist die
Verpflegung und medizinische
Versorgung der Menschen zu
leisten?
Als der Kommandant der
Fregatte „Hessen“, Fregattenkapitän Rainer
Muschalik, erfährt, dass
italienische und irische
Schiffe, die sich in der Nähe
befinden, ihr absoluten Grenzen
zur Aufnahme von in Seenot
geratenen Personen erreicht
haben, entscheidet er, weitere
Bereiche des Schiffes zusätzlich
zum Flugdeck zu öffnen.
Niemand wird
zurückgelassen
Im Backbord-Hangar werden
Frauen, Kinder und Familien
untergebracht, außerdem wird
das Dach des Hangars, das
sogenannte RAM-Deck, für die
Unterbringung vorbereitet (vgl.
Grafik). „Dem Kommandanten stellte sich die Frage, was
noch möglich ist, um niemanden zurücklassen zu müssen“,
sagt Fregattenkapitän
Alexander Gottschalk,
Presseoffizier an Bord der
„Hessen“. Einige der Geretteten berichten später, sie seien
13 Tage mit ihrem Schlauchboot
auf dem offenen Meer getrieben.
An Bord wird mit den aufgenommenen Menschen nach
einem festgelegten Ablauf
verfahren. Nach einem ersten
„Bodycheck“ auf Waffen und
gefährliche Gegenstände, erfolgt
eine kurze medizinische Überprüfung und die Versorgung mit
Wasser und Nahrung. Außerdem erhält jeder eine wärmende
Decke – in schrillen Farben, mit
Herzchen und Hunden als Muster. „Das waren die Decken, die
wir innerhalb kurzer Zeit in großen Menge beschaffen konnten“,
sagt Gottschalk. Aus hygienischen Gründen soll vermieden
werden, dass Decken von
verschiedenen Menschen genutzt
Rom
Lampedusa
Tunis
Tripolis
werden. Nachschub in großen
Mengen ist wichtig.
Als die 880 Menschen in
Italien die Fregatte „Hessen“
verlassen, endet für die Besatzung ein 34-stündiger Kraftakt.
„Ich danke meiner Besatzung für
die große Motivation und den
hohen persönlichen Einsatz“,
sagt Kommandant Muschalik.
Auf anderen
Booten gab es Tote
Die Besatzungen haben Not
und Leid gesehen, konnten letztlich aber immer alle Menschen
lebend retten. Die Besatzungen
anderer Schiffe haben andere
Erfahrungen machen müssen.
Italienische Soldaten mussten
Leichname von Schlauchbooten
bergen. Die Toten hatten tagelang inmitten der sich an Bord
drängenden und auf Rettung hoffenden Menschen gelegen.
Unterdessen sind der Tender
„Werra“ und die Fregatte
„Schleswig-Holstein“ auf dem
Weg ins Mittelmeer.
Vom Speedboot geht es über die Rettungsinsel an Bord.
Unter den 880 Geretteten waren 118 Frauen und 27 Kinder.
Der Bericht berücksichtigt
die Ereignisse bis zum Redaktionsschluss am 5. Juni. Aktuelle
Informationen zur Mission im
Mittelmeer auf www.bundeswehr.de
Pozzallo
Malta
Flüchtlingsboote
Die Anspannung kann endlich abfallen: Kinder malen an Bord.
Bengazi
Bilder, die im Kopf bleiben: „Das kann sich keiner vorstellen.“
Sie haben die Rettung Hunderter Flüchtlinge am 29. Mai unmittelbar miterlebt. Wie
ist die Situation auf den Flüchtlingsbooten?
Es ist einfach unvorstellbar. Die Schlauchboote sind zehn bis 13 Meter lang. Sie bieten
Platz für etwa 20 Personen, aber die Flüchtlinge sind mit mehr als 100 Menschen an
Bord. Die Menschen sind tagelang auf diesen
Booten unterwegs. Sie stehen oder hocken,
können sich nicht von der Stelle bewegen
und müssen ihre Notdurft inmitten der Menge
verrichten. Sie haben keine Nahrungsmittel, kaum Trinkwasser und nur wenige Liter
Treibstoff dabei. In der Not trinken einige
Salzwasser aus dem Meer. Anschließend
müssen sie sich übergeben.
In welcher Verfassung sind die Menschen
unmittelbar nach der Rettung?
Sie sind sehr erschöpft. Die meisten wirken unsicher und auch ein bisschen erschrocken. Sie wissen ja nicht, was sie erwartet. Aber nach kurzer Zeit wirken sie vor
allem sehr erleichtert. Besonders schlimm ist,
wenn Menschen unmittelbar vor ihrer Rettung panisch reagieren und damit ihr eigenes Leben und das der anderen riskieren.
Sie geraten in Panik, weil Rettung naht?
Ich habe einen Mann gefilmt. Er sprang
panisch ins Wasser, als sich das deutsche
Speedboot näherte und dann wieder entfernte,
um Rettungswesten zu holen. Er dachte wohl,
er würde nicht gerettet. Der Mann konnte
– wie so viele der Flüchtlinge – nicht schwimmen. Sein Kopf verschwand unter Wasser, dann packte ein deutscher Soldat zu,
zog den Mann nach oben und an Bord des
Speedbootes. Der Mann hat überlebt. In der
Situation selbst, war mir die Dramatik nicht
so bewusst. Erst als ich später mein Filmmaterial gesichtet habe, war mir plötzlich
klar, dass der Mann in allerletzter Sekunde
gerettet wurde.
Sind Sie – rückblickend betrachtet – mit
realistischen Erwartungen an Bord der
„Hessen“ gegangen?
Wie groß die Not dieser Menschen ist,
ist mir erst durch meine Beobachtungen
und Gespräche mit geretteten Menschen an
Bord klar geworden. Die Situation dieser
Menschen übertrifft die eigene Vorstellungskraft. Sie gehen ein immenses Risiko ein, um
nach Europa zu gelangen.
Im Backbord-Hangar: Platz für Frauen und Kinder.
Auf dem Flugdeck: Es herrscht Enge an Bord.
RAM-Deck
F 221
Foto: Wandelt/RedBw (2); Gottschalk/Bundeswehr (5); Grafik: Nothing/Hebbel/RedBw
Foto: Twardy/RedBw
Stabsunteroffizier
Robert Wandelt
war vom 23. Mai bis
1. Juni als Videojournalist der Redaktion der Bundeswehr
an Bord der Fregatte „Hessen“. Im Gespräch mit aktuell
schildert er seine
Eindrücke zur Situation im Mittelmeer und zur Not der Menschen, die den Weg über das Meer wagen.
8
aktuell
bundeswehr
8. Juni 2015
„Durchs Nadelöhr“
Fallschirmspringer
schaffen Weltrekord
München. Die Universität der
Bundeswehr München richtet den
ersten Studiengang für militäri­
sche Flugzeugführer der Bundes­
wehr ein. Der neue Bachelor­
Studiengang „Aeronautical
Engineering“ startet zum 1. Okto­
ber 2015 mit zunächst 13 ange­
henden Piloten der Luftwaffe
und der Marine. Die duale Aus­
bildung verbindet ingenieur­
wissenschaftliche Fähigkeiten
mit fliegerischen Kompetenzen.
Die Ausbildung wird sowohl auf
dem Ludwig Bölkow Campus in
Ottobrunn als auch auf dem Cam­
pus der Universität der Bundes­
wehr München stattfinden. (eb)
Kooperation über
Ländergrenzen
E
der Heeresauf­
klärungstruppe
ganz besonde­
res Augenmerk
gelegt. Mehr
als 200 Sol­
daten aus acht
Verbänden der
Aufklärungs­
truppe aus der
ganzen Bun­
desrepublik
waren an der
Übung vergan­
gene Woche
beteiligt.
• auf dem TPz
„Fuchs“ oder
abgesessen
einsetzbare
Radarsysteme
e
esw
und
:B
o
t
o
F
Leichte Späher
• werden mit TPz
„Fuchs“ in die
Nähe des Ziels
gebracht
• von dort zu Fuß
unterwegs,
verbleiben im
Aufklärungsziel
gung
aller relevan­
ten Aspekte treffen.
Unter
dem
Leitthema, „Ausbil­
dung, was kommt
nach Afghanistan?“,
definierte der Kom­
mandeur, Oberst­
leutnant Radü, die
eindeutige Absicht:
Gestaltung
einer fordern­
den, erlebnis­
orientierten,
attraktiven und
informativen
Gefechtsaus­
bildung. Dabei
wurde in einer
gemeinsamen
Rahmenlage
und in einem
Raum ausgebil­
det und geübt.
Alle fünf
Fähigkeiten
der Heeresauf­
klärungstruppe
waren in die­
sem „küs­
tenna­
h e n
Ein­
satz­
hr
raum“ ein­
gesetzt. So wurde allen
Beteiligten und Gäs­
ten noch einmal ver­
deutlicht, wie diese
Fähigkeiten einander
ergänzen und die Auf­
klärungsergebnisse im
Gefechststand zusam­
menlaufen.
Feldnachrichten
• Gesprächsauf­
klärung
• nutzt Aufklä­
rungsmedium
„Mensch“ in der
Bevölkerung
rungen und fordernder Gefechts­
ausbildung nahmen die Soldaten
zusammen an einem Geländelauf
über die Eutiner Waldkampfbahn
teil.
Der Erfah­
rungsaus­
tausch der
Soldaten aus
den unter­
schiedlichen
Verbänden
im Anschluss
an die einwö­
chige Übung
Luftgestütze
soll auch
Aufklärung
Impulse set­
• zum Beispiel
zen für die
mit der Drohne
zukünftige
Kleinfluggerät
Weiterent­
Zielortung
wicklung
• vier Stunden
dieser Trup­
Einsatzdauer
pengattung.
Der gute Ton der Truppe
Ein Rückblick aus Anlass der „Woche der Militärmusik“ – Tradition reicht bis in die Antike.
B
Foto: Wilke/RedBw
B
Flexibel: Die Musikkorps spielen zu verschiedensten Anlässen.
­
Zum Abschluss der Woche vol­
ler gemeinsamer Herausforde­
Foto: Wilke/RedBw
Radaraufklärung
Foto: Kazda/Bundeswehr
• auf„Wiesel“
oder „Fennek“
• mitderDrohne
ALADIN und
Bodensensor­
ausstattung
ausgerüstet
Ein zentra­
ler Punkt war der
Gefechtsstand
einer Aufklärungs­
kompanie (siehe
Foto Mitte), der als
„Nadelöhr“ dient,
durch das alle Infor­
mationen der Auf­
klärungssensoren
gelangen. Die Infor­
mationen gehen dort
ein, werden zuge­
ordnet und bewer­
tet, um so ein mög­
lichst lückenloses
Lagebild zu erhal­
ten. Damit kann der
taktische Füh­
rer seine Ent­
scheidun­
gen unter
Berück­
sichti­
Foto: Neumann/RedBw
Neuer Studiengang
für Piloten
Spähaufklärung
Foto: Neumann/RedBw
Zephyrhills/usA. Zwei Fall­
schirmspringer der Bundeswehr
haben kürzlich in einer Teamleis­
tung einen neuen Weltrekord im
Freifallformations­Springen in
Florida aufgestellt. Oberstleut­
nant Wolfgang Beyer und Oberst­
leutnant Frank Hölzner aus den
Bundeswehrkommandos USA
und Kanada vertraten Deutsch­
land unter 18 Nationen. Die bei­
den Soldaten präsentierten somit
die Leistungsfähigkeit der Frei­
fallspringer der Bundeswehr.
Bei dem Wettbewerb mit sechs
Flugzeugen wurden aus 5300
Metern Höhe insgesamt 122
Fallschirmspringer abgesetzt.
Sie bildeten zwei unterschied­
liche Formationen während eines
Freifallsprunges.
(eb)
von Moritz Unkel
Foto: Neumann/RedBw
Foto: Andrey Veselov
Bei der Ausbildungswoche der Heeresaufklärer gilt das Prinzip „Aufklärung aus einer Hand“.
peter und Pauker. Mit der Aufstel­
lung der „stehenden Heere“ nach
dem 30­jährigen Krieg entstan­
den zusätzlich zu den Trommlern
und Pfeifern der Bataillone musi­
kalisch leistungsfähigere Bläser­
gruppen. Aus diesen einfachen
Besetzungen entwickelten sich
im Laufe des 17. und 18. Jahr­
hunderts die „Hautboistenkorps“
und im weiteren Verlauf die spä­
teren Musikkorps.
Ab dem Jahre 1730 etablierte
sich in Preußen mit der Ein­
führung des Gleichschritts der
Marsch als essentielle militär­
musikalische Funktionsmusik.
Bis heute gilt er als Inbegriff
„militärischer Musik“.
Im Deutschland des 19. Jahr­
hunderts waren es vor allem
militärische Musikkorps, die auch
in den entlegensten Garnisonen
Opern und Orchester werke
bedeutender Komponisten der
Bevölkerung nahe brachten. Bis
zum Beginn des Ersten Weltkrie­
ges gab es im gesamten Deut­
schen Reich über 17 000 aktive
Militärmusiker. Im National­
sozialismus war die Militär­
musik Teil der Propaganda.
Beim Aufbau des Militär­
musikdienstes der Bundeswehr
entstanden zunächst 22 Musik­
korps. Heute gibt es insgesamt
noch 14 Musikkorps in den Uni­
formen von Heer, Luftwaffe
und Marine. Die Militärmusi­
ker, die in der Streitkräftebasis
organisiert sind, sorgen in der
Heimat und den Einsatzgebie­
ten für den „guten Ton“ inner­
halb wie außerhalb der Bundes­
wehr.
(jol/mag)
Hörproben gibt es auf www.
streitkraeftebasis.de
8. Juni 2015 innere Führung / Militärgeschichte
aktuell
9
Das Gespenst der Zerstörung
Vor 75 Jahren: Die Deutsche Wehrmacht besetzt innerhalb weniger Wochen die französische Hauptstadt.
G
die Auswahl der Damen. Ein
Teil von ihnen arbeitet für die
Résistance. Vielschichtig ist der
Pariser Kampf gegen Besatzer
und Kollaborateure. Dazu trägt
nicht zuletzt das deutsche Vor­
gehen in Paris und den übrigen
besetzten Gebieten bei.
Foto: dpa/pa
Das Gespenst der
Zerstörung
Tiefe Demütigung für Frankreich: Die Deutsche Wehrmacht marschiert 1940 in Paris ein.
Speer, „aber wenn wir in Berlin
fertig sind, wird Paris nur noch
ein Schatten sein. Warum soll­
ten wir es zerstören?“
Leben „wie Gott in
Frankreich“
Damit ist die Gefahr für
die Hauptstadt ein paar Jahre
gebannt. Eine über vierjährige
deutsche Besatzungsperiode
beginnt. Die Fassade der welt­
offenen Metropole wird lange
aufrechterhalten, Behörden und
Teile der Bevölkerung arrangie­
ren sich mit den Siegern. Auf
die deutschen Soldaten übt die
Stadt wegen ihres vergleichs­
weise hohen Lebensstandards
und vieler
­
Amüsiermöglichkeiten
­
große Anziehungskraft aus. Der
Zugang für Militärangehörige
wird deshalb streng reglemen­
tiert.
Die Hauptstadt und 60 Prozent
des Landes werden von den Deut­
schen verwaltet. Im unbesetz­
ten Süden Frankreichs etabliert
Marschall Henri Phillipe Pétain
mit Genehmigung des Siegers
eine Regierung. Der Held des
Ersten Weltkrieges versucht von
Vichy aus, einen französischen
Staat am Leben zu halten.
In Paris führt ein Wehrmachts­
stab die Besatzungstruppen, ein
deutscher Verwaltungsstab kon­
trolliert alle französische Behör­
den. Bei den Landsern ist der
Dienst im Nachbarland beliebt,
sie leben dort „wie Gott in
­
­
Autor: Johann R. Fritsch.
Wider des Kaisers Familie
Die Flottengesetze des Deutschen Reiches provozieren 1898 Großbritannien.
G
schaftlich ein­ oder sogar über­
holt. Deutschland war zu einer
Exportnation geworden und ver­
suchte seit etwa 1890, sich durch
verstärktes Engagement in Über­
see seinen „Platz an der Sonne”
zu sichern. Die Übermacht im
Seehandel müsse jedoch durch
eine mächtige Flotte gesichert
werden. Diese Theorie hatte der
Engländer Alfred Thayer­Mahan
entwickelt.
Der deutsche Kaiser Wilhelm
II. las Mahans Schriften mit
Begeisterung und schwärmte von
einer eigenen Flotte. Jener hörte
dies mit Verstimmung. Immerhin
war Edward VII. König von Eng­
land. Trotz wiederholter Beteu­
erungen Wilhelms, die Flotten­
rüstung sei nicht gegen England
gerichtet, sah sein Staatssekre­
tär im Reichsmarineamt, Groß­
admiral Alfred von Tirpitz, die
Sache anders. Er wollte eine
Flotte, um England Paroli bieten
zu können. Gestützt auf mas­
sive Propaganda, konnte er am
10. April 1898 ein erstes und am
12. Juni 1900 ein zweites „Gesetz
betreffend die deutsche Flotte”
durch den Reichstag bringen.
Das maritime Kräfteverhältnis
hätte mit dem ersten Gesetz 1:2
gegenüber England betragen.
Das zweite sollte dieses auf 2:3
verschieben. Diese Provokation
konnte das Vereinigte Königreich
nicht hinnehmen. Die sich ent­
wickelnde Rüstungsspirale trieb
beide fast in den Ruin. Initiativen
zur Rüstungskontrolle scheiter­
Zunehmende Unterdrückung
stärkt den Widerstand. Viele
Gruppen der Résistance verüben
Sabotageakte, arbeiten mit den
Alliierten zusammen und orga­
nisieren Streiks. Widerstand und
Kollaboration sind bis zum Vor­
marsch alliierter Truppen im Juli
1944 an der Tagesordnung. Dann
taucht das Gespenst der Zerstö­
rung wieder auf.
Der Oberbefehlshaber West
macht Hitlers Willen deutlich:
„Paris darf nicht oder nur als
Trümmerfeld in die Hand des
Feindes fallen.“ Aber General
der Infanterie Dietrich von Chol­
titz sieht in dem Befehl ein Stück
Papier ohne militärischen Wert.
Der Befehlshaber von Groß­
Paris nimmt Kontakt zum Feind
auf und verhandelt mit dem
Widerstand. Zugleich demons­
triert er Stärke. Es gelingt ihm,
Aufruhr und größere Kämpfe zu
verhindern. Am 25. August 1944
übergibt der “Retter von Paris“
die Metropole nahezu unversehrt
an die Résistance. Damit ist eine
der schönsten Städte der Welt
endgültig vor der Zerstörung
bewahrt worden.
ten an der deutschen Haltung.
Die Regierung des Kaiserrei­
ches war zu Abstrichen bei dem
Prestige projekt nicht bereit.
Wilhelm überschätzte anschei­
nend die familiären Bindungen.
Anstatt sich an seine Seite zu stel­
len, ging Edward eine Allianz mit
dem Kolonialgegner Frankreich
und auch Russland ein. Das hätte
Wilhelm nie für möglich gehal­
ten. Doch seine ungeschickte
Außen­ und Flottenpolitik nötigte
England praktisch dazu. Die so
entstandene Isolation des Deut­
schen Reiches trieb die Welt
1914 in den Krieg.
Bw Classix
Filmbeiträge aus sechs Jahr­
zehnten Bundeswehr – das
sind die Bw Classix. Mal in­
formativ, mal humorvoll be­
richten sie über die damaligen
politischen und gesellschaft­
lichen Verhältnisse.
Der Bericht zeigt ein Ver­
sorgungsmanöver auf hoher
See. Die „Nienburg“ soll
1979 einen Kampfverband
mit dem Nötigsten beliefern.
Das schwimmende Warenhaus
übergibt die Lieferung an das
Schiff und entsorgt den Müll.
Der Beitrag „Ver­
sorgung auf hoher
See“ unter www.
y o u t u b e . c o m /­
Autor: Alexander Linden ist
­Historiker.
bundeswehr.
10
aktuell
sport
Deutsche Ruderer
holen EM-Gold
R
8. Juni 2015
Neuer Hoffnungsträger
Raphael Kandra geht bei der Europameisterschaft auf Tuchfühlung zur Squash-Elite.
von Stefan Rentzsch
Bratislava. Der professio nelle Squashsport fristet hierzulande eher ein Nischendasein.
Während er unter Hobbysportlern seit den Siebzigerjah ren durchaus verbreitet ist ,
stehen die Profis eher weniger
im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Trotz zahlreicher Anläufe
seitens des Weltverbandes sucht
man den eigentlich dynami schen und spannenden Sport im
Programm der Olympische n
Spiele bis heute vergebens .
Einziges Aushängeschild des
Deutschen Squash-Verbandes (DSQV) ist seit Jahren
Simon Rösner. Der Würzburger steht derzeit auf Platz
sechs der Weltrangliste.
Barbara Engleder
trifft ins Schwarze
Meisterschaften Ende Mai erleben. Nach seinem dritten Platz
äußerte er sich enttäuscht und
unzufrieden.
Die Europameisterschaften, die
kürzlich im slowakischen Bratislava stattfanden, gaben Kandra
nun die Gelegenheit zur Wiedergutmachung. Immerhin war
nicht die Konkurrenz aus den
Topnationen USA und Ägypten
zu fürchten. Bei seiner zweiten
EM-Teilnahme kämpfte sich der
zweimalige deutsche Vizemeister
souverän bis ins Halbfinale. Dort
ging es gegen den übermächtigen
Franzosen Greg Gaultier. Trotz
kämpferischer Leistung hatte
Kandra keine Chance gegen
den achtfachen Einzel-EMSieger und verlor glatt in
drei Sätzen.
Foto (3): imago
Sportsoldat mit
Potenzial
S
Mit Stabsunteroffizier
(FA) Raphael Kandra (Foto)
gibt es nun einen weiteren
Hoffnungsträger des Squashs
in Deutschland. Seine Profikarriere hat der Athlet von der Sportfördergruppe Köln im Jahre
2009 begonnen. Seitdem hat er
immerhin neun Siege bei der
World Tour, der Turnierserie der
Professional Squash Association
(PSA), eingefahren. Dass der
24-Jährige Hunger auf mehr hat,
konnte man bei den Deutschen
Dass der
gebürtige Fürther jedoch
noch Kraftreserven hatte, bewies
er im Spiel um Platz drei. Gegen
Gaultiers Landsmann Gregoire
Marche ging es beim Stand von
2:2 in den fünften Satz, den
Kandra mit 11:6 für sich entschied. „Ein toller Erfolg, ich
bin super happy über den dritten Platz“, freute sich Kandra,
als sich der Franzose nach insgesamt 93 Minuten Spielzeit
schließlich geschlagen gab.
Der Gewinn der Bronzemedaille ist der größte internationale Erfolg des Sportsoldaten.
Auf der Weltrangliste hat er sich
im vergangenen
April gerade auf
Platz 47 hoch
gekämpft.
Sina Wall
auf Platz acht
Ein Achtungszeichen bei
der Europameisterschaft
setzte auch Stabsunteroffizier (FA) Sina
Wall. Die
25-Jährige,
die mit
Raphael
Kandra seit
2007 liiert ist, spielte
sich bis ins Viertelfinale
und scheiterte dort an der
Französin Camille Serme in drei
Sätzen. In den Platzierungsspielen musste die gebürtige Münchnerin ebenfalls unglückliche
Niederlagen hinnehmen und
landete am Ende auf einem
ordentlichen achten
Platz.
Bei aller Freude gab
es auch Anlass zur
Kritik an der Veranstaltung. So blieben aufgrund des
langen Saisonverlaufs einige
Topstars dem Turnier fern. Vielleicht spielte jedoch auch eine
Rolle, dass es bei dem Event
weder Weltranglistenpunkte
noch Preisgeld zu gewinnen
gab.
Raphael Kandra war
dennoch ziemlich
stolz auf seinen
Erfolg. Viel Zeit
zum Durchatmen blieb
i h m
indes
kaum.
In der
vergangenen Woche
machte er sich
zusammen
mit Sina Wall auf
den Weg nach Neuseeland, wo bereits
das nächste PSA-Turnier ansteht. Vielleicht
kommt er dort seinem
langfristigen Ziel, die Top
Ten der Weltrangliste zu
erreichen, ein Stück näher.
Erfolgreich in die Fluten
Sportsoldaten der Bundeswehr glänzen bei der Europameisterschaft im Kanuslalom.
Rugby-Teams
trumpfen auf
R
Markkleeberg. Auf der Tribüne stimmten die Fans La Ola
an, im Wildwasser-Kanal jubelten die Gastgeber um die Wette:
Die deutschen Slalom-Kanuten
haben bei der Heim-EM in der
sächsischen Kleinstadt Markkleeberg groß aufgetrumpft. Auch die
Sportler der Bundeswehr hatten
ihren Anteil daran.
Den Reigen eröffnete Oberfeldwebel Jan Benzien mit Franz
Anton im Canadier-Zweier. Das
Duo aus Leipzig lieferte sich ein
wahres Gänsehautfinale mit ihren
Teamkollegen Robert Behling
und Thomas Becker. Die beiden
Lokalmatadoren kamen nach
einem kleinen technischen Fehler
mit dem hauchdünnen Rückstand
von 0,26 Sekunden hinter ihren
Kontrahenten aus der eigenen
Nationalmannschaft ins Ziel. Am
Ende jubelten sie jedoch auch
über Silber und gaben sich als
faire Verlierer: „Wenn wir den
Sieg jemandem gönnen, dann den
beiden“, freute sich Benzien von
Balanceakt: Unteroffizier (FA) Ricarda Funk im Kampf mit dem
­anspruchsvollen Kanal von Markkleeberg.
ganzem Herzen für Behling und
Becker.
Für die favorisierten Olympiazweiten David Florence und
Richard Hounslow aus Großbritannien reichte es aufgrund einer
Zeitstrafe nur noch zum dritten
Rang. „Wir haben uns gut auf
sie eingestellt und ihre Schwach-
stellen erkannt“, lobte Jens Kahl,
Sportdirektor des Deutschen
Kanu-Verbandes (DKV).
Grund zum Jubeln hatte auch
Unteroffizier (FA) Ricarda Funk
(Foto) im Kajak-Einer. Zwar verpasste die 23-Jährige die erfolgreiche Titelverteidigung, durfte
mit dem zweiten Platz hinter
der spanischen Olympiadritten
Maialen Chourraut aber dennoch
zufrieden sein. „Silber ist mega“,
freute sich Funk, die vom am Rand
mitlaufenden deutschen Team den
Kanal heruntergeschrien wurde.
„Ich freue mich riesig. Ich habe
gekämpft bis zum Schluss.“ Die
Vorjahreszweite Stabsunteroffizier (FA) Melanie Pfeifer landete
nach einem verpatzten Lauf auf
dem zehnten Rang.
Die gute Form des deutschen
Teams zu Beginn der Saison
rundeten Stabsunteroffizier
Hannes Aigner, Stabsunter offizier Sebastian Schubert
und Alexander Grimm ab. Im
nicht-olympischen Kajak-Teamwettbewerb sicherten sie sich
den Titel vor den Mannschaften
aus Großbritannien und Italien.
Mit dem starken Abschneiden
zeigte sich auch Sportdirektor
Kahl zufrieden: „Der Eindruck
ist positiv. Wir haben zu alter
Stärke zurückgefunden“, resümierte Kahl.
(sid/sr)
8. Juni 2015 SozialeS / PerSonal
Vielfalt als Normalität
Foto: Janusch/Hebbel/RedBw
Berlin. Aussehen, Geschlecht
und Hautfarbe sollten eigentlich im Berufsleben keine
Rolle spielen. Die individuellen
Verschiedenheiten der Mitarbeiter in Geschlecht, Ethnie, Alter,
sexueller Orientierung, Religion
und Lebensstil aber wertschätzend anzuerkennen und im Sinne
des Arbeitgebers zu nutzen, ist die
Kunst eines gelungenen Diversity
Managements.
„Klar war mein Aussehen Thema,
denn ich sehe definitiv nicht wie
der typische Deutsche aus. Diskriminiert wurde ich aber nie und
auch die Vorurteile hatten sich
schnell erledigt. Spätestens im
ersten Einsatz zählt dann nur noch
eins: Zusammenhalt. Und das ist
auch gut so“, erzählt Oberleutnant Mark Vitas, dessen Eltern
vor 40 Jahren als Gastarbeiter von
den Philippinen nach Deutschland
kamen. Zur Bundeswehr wollte er
aufgrund seines Migrationshintergrundes eigentlich nicht – wurde
aber eingezogen.
Als Vitas vor 13 Jahren zur
Bundeswehr kam, gab es noch
nicht viele Soldaten mit ausländischen Wurzeln. Aus der
„Rarität“, wie er sich selbst nennt,
ist heute Normalität geworden.
Damit nimmt das Thema Integration in der Bundeswehr einen
wichtigeren Stellenwert ein.
„Am Zentrum Innere Führung
beschäftigt man sich intensiv
„Die westlichen NATO-Partner
haben alle ein strategisches
Diversity Management. Wir
wollen uns mit Vertretern aus
Politik, Wirtschaft und Streitkräften darüber austauschen, wie
Organisationsstrukturen künftig aussehen sollten und wie ein
gutes Diversity Management
gelingen kann“, so Wullers. Mit
der Konferenz, deren Schirmherr-
Berlin International Conference
June 7 - 10
mit dem Nutzen, den wir aus
den interkulturellen Kompetenzen ziehen können“, berichtet
Hauptmann Dominik Wullers. Er
ist Mitorganisator der Diversity
Konferenz, die bis zum 10. Juni
in Berlin stattfindet. Das Zusammentreffen von 90 Teilnehmern
aus zwölf Ländern soll den internationalen Dialog anregen.
201
schaft Ministerin von der Leyen
übernommen hat, ist das Thema
in Deutschland nun auch auf der
ministeriellen Ebene angekommen.
Wie hoch die Kameraden mit
interkulturellen ­Kompetenzen
in der Truppe heutzutage
geschätzt werden, weiß Oberfeldwebel Nariman Reinke. Ihre
Eltern kamen aus Marokko nach
Deutschland, erzogen sie und
ihre fünf Geschwister religiös
und kulturell nach arabischer
Tradition. Ihr erster Einsatz
führte Reinke als Übersetzerin
für Arabisch auf das Flottendienstboot „Oste“, mit dem sie
drei Monate im östlichen Mittelmeer kreuzte. „Aufgefallen bin
ich dort nicht wegen meiner arabischen Wurzeln, sondern weil
ich eine von zwei Frauen an
Bord war – unter 84 Männern“,
erinnert sie sich.
Auch in Afghanistan nutzten
ihre Kameraden gern ihre interkulturellen Kenntnisse. „Ich
weiß, wie ich mit den Einheimischen umgehen muss“, so
Reinke.
Das Besondere in der Bundeswehr, da sind sich Reinke und
Vitas einig, sei, dass man viel
zusammen erlebe – und das
schweiße zusammen. „Wir tragen schließlich alle dieselbe Uniformen. Die Kameradschaft ist
das, was uns miteinander verbindet“, sagt Vitas.
Botschafter und deutscher Soldat
Dominik Wullers bringt das Thema Integration in der Bundeswehr voran.
Was ist Ihr wertvollster Besitz?
Erfahrungen, die ich machen durfte, und Menschen, denen ich begegne.
Wie können Sie am besten entspannen?
Beim Joggen oder beim Modellbau, ein zeitintensives Hobby, das
ich leider aufgeben musste.
Foto: Wilke/RedBw
Berlin. Was macht einen Deutschen zu einem Deutschen? Für
Dominik Wullers ist das leicht
zu beantworten: „Deutsch ist
der, der sich als Deutscher fühlt
und etwas für sein Land und die
Gesellschaft tut. Egal, welcher
Herkunft er von Geburt aus ist.“
Wullers selbst hat einen kapverdischen Vater und entspricht
auf den ersten Blick nicht dem
Klischee eines typischen Bundeswehrsoldaten. Gerade deshalb
versteht er sich als Botschafter
und will als Mitbegründer und
Vorsitzender des Vereins „Deutscher Soldat“ mit Vorurteilen aufräumen. Auf Straßenfesten oder
Veranstaltungen wie „Kicken
gegen Vorurteile“ sind Wullers
und seine Mitstreiter präsent. Sie
initiieren Vorträge und stellen
sich der Diskussion. Der Ver-
ein ist auch der Hauptinitiator
des Diversity-Kongresses. Eine
internationale Debatte, die sich
darum dreht, wie Integration in
der Truppe gelingt und genutzt
werden kann. „Die Bundeswehr
wandelt sich, sie gewinnt an Vielfalt und interkultureller Kompetenz und könnte damit zu einem
Vorbild in der Gesellschaft werden.“
(fin)
Was treibt Sie an?
Der Glaube, dass man die Welt verbessern kann und die Feststellung, dass es geht.
Was wäre Ihre berufliche Alternative?
Ich wäre gerne Arzt geworden.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem anderen Menschen
am meisten?
Unbedingte Freundlichkeit.
Was können Sie überhaupt nicht leiden?
Unfreundlichkeit, Lügen und Ausflüchte.
Wie lautet Ihr Lebensmotto?
Planung ist die Ablösung des Zufalls durch den Irrtum.
11
Birgitt Heidinger
verabschiedet
Gelungenes Diversity Management heißt Unterschiede wertzuschätzen.
von Angelika Finkenwirth
aktuell
Berlin. Die Beauftragte für
Angelegenheiten für Hinterbliebene im Bundesministerium der
Verteidigung (BMVg), Birgitt
Heidinger, ist am 1. Juni 2015
in den Ruhestand verabschiedet
worden. Heidinger übernahm die
damals neu geschaffene Funktion im Januar 2013, nachdem
sie zuvor als Koordinatorin für
die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf tätig war. Zusammen
mit ihrem Team stellte sie eine
persönliche und vertrauensvolle
Betreuung der Hinterbliebenen
sicher, deren Angehörige im Einsatz oder bei der Ausübung ihres
Dienstes für die Bundeswehr ums
Leben gekommen waren, und leitete außerdem die Ansprechstelle
für Hinterbliebene im BMVg.
In enger Zusammenarbeit mit
dem Sozialdienst, der Militärseelsorge, dem psychologischen
Dienst der Bundeswehr und den
zahlreichen Eigeninitiativen von
Hinterbliebenen unterstützte und
begleitete Heidinger die Angehörigen bei der individuellen Trauerbewältigung. In ihrer Funktion
wirkte sie auch an der Entstehung
des „Waldes der Erinnerung“ mit.
Eine Nachfolge für den Dienstposten steht noch nicht fest.(uje)
Personalabbau
geht voran
Berlin. Die Verschlankung
des zivilen Personalkörpers der
Bundeswehr und des Bundesministeriums der Verteidigung
(BMVg) schreitet weiter voran.
Seit Beschlussfassung 1999
wurden bis Ende des Jahres
2014 im gesamten Bundeshaushalt über alle Ressorts hinweg
rund 126 600 Haushaltsstellen
abgebaut. Davon entfallen mit
113 100 Stellen rund 89 Prozent auf den Geschäftsbereich
des Verteidigungsministeriums.
Abweichend von der ursprünglichen Zielsetzung die zivilen Stellen auf 55 000 Vollzeitstellen zu
reduzieren, verbleiben nunmehr
1000 zusätzliche Stellen im Verteidigungsressort. Diese entstehen mehrheitlich durch den Verbleib des Travel Management
und des Campusservice der Personalabrechnung im Geschäftsbereich des BMVg. Der Abbau
der Stellen wurde größtenteils
durch die Neuausrichtung der
Streitkräfte und durch die neue
Organisationsstruktur der Bundeswehr erzielt. Der derzeitige
Personalüberhang von rund
23 300 Stellen soll in den kommenden Jahren sozialverträglich abgebaut werden. Derzeit
wird davon ausgegangen, dass
der Verteidigungshaushalt jährlich um etwa 2200 zusätzliche
Vollzeitstellen entlastet werden
kann.
(uje)
aktuell
„House of Cards“ in
neuer Auflage
Buch. Als
Berater der
ehemaligen
britischen Premierministerin Margaret
Thatcher und
Stabschef der
Regierung in London hat Michael
Dobbs tiefen Einblick bekommen in die Geschehnisse des politischen Systems. Ob es eigene
Erfahrungen waren, die er niedergeschrieben hat, oder doch eher
Fiktion, sei dahingestellt. Sein
Debütroman von 1989 wurde
jedenfalls ein voller Erfolg. Im
Mittelpunkt des Geschehens
steht die Regierung Großbritanniens. Dem alternden konservativen Politiker Francis Urquhart
wird nach einer mäßig erfolgreichen Wahl, entgegen aller Versprechungen, eine Beförderung
in höhere Kreise verwehrt. Daraufhin startet er einen gnadenlosen Feldzug aus Intrigen und
Erpressungen, um seinen politischen Werdegang zu ändern.
Dobbs hat nun seinen Erfolgsroman erneut überarbeitet und
aktualisiert. Ein kurzweiliges
Lesevergnügen auch für „Houseof-Cards“-Neulinge.
(akw)
Michael Dobbs: „House of
Cards“. Neuauflage 2015.
­Berlin Verlag. Taschenbuch
9,99 Euro. E-Book 8,99 Euro.
ISBN: 978-3-8333-1036-2
015
22/2
Vermischtes
8. Juni 2015
Aufbruch zu neuen Galaxien
Das Raumschiff Enterprise dringt in digitale Sphären vor.
Foto: Weber Shandwick
12
aufgezeichnet. Herausgekommen
ist eine zukunftstaugliche Version, mit tollen Effekten in bester hochauflösender Bild- und
Audioqualität.
­
Die vollständigen Star-TrekEnterprise-Episoden sind mit vielen Extras auf Blu-Ray erschienen und erstrahlen endlich in
High Definition. Jetzt kann der
Zuschauer erst richtig in die Serie
eintauchen und die zahlreichen,
atemberaubenden Spezialeffekte genießen, die seinerzeit gut
und gern das Niveau von Kinofilmen hatten. Die Box mit allen
vier Staffeln auf 24 Discs erreicht
HD-Sphären, die noch nie ein
Mensch zuvor gesehen hat.
Zukunftsvision Star Trek Enterprise: Aufbruch „zu neuen Welten und in unendliche Weiten“.
von Andreas Müller
enterprise. Die US-amerikanische Science-Fiction-TVSerie feiert 2016 bereits ihren
50. Geburtstag. Star Trek ist
Kult, nicht nur wegen der zeitlosen Inhalte und der Fähigkeit aller Beteiligten, mit wenigen Mitteln Atemberaubendes
zu erschaffen. Die Themen sind
unvergänglich: Die Angst vor
Fremdem oder künstlicher Intelligenz, Meinungsfreiheit, der genetisch aufgewertete Mensch. Die
US-Fernsehserie
­
„Raumschiff
Enterprise“ mit dem Titel „Star
Trek“ war zunächst eine reine
Fernsehproduktion.
Star Trek ist
längst Kult
Dem Schöpfer, Gene Roddenburry, lag eine bessere Zukunft am
Herzen. Deshalb wagte die Serie
viel, wie den ersten TV-Kuss zwischen einem Weißen und einer
Schwarzen, also zwischen Kirk
und Uhura.
In den Siebzigerjahren steigerten Wiederholungen die Popula-
rität gewaltig. Es folgten sechs
Kinofilme. „The Next Generation“
rückte eine neue Crew auf einer
neuen Enterprise in den Fokus. Es
folgten die Ableger „Deep Space
Nine“ und „Voyager“.
Der Serien-Klassiker Star Trek
Enterprise erstrahlt nun in neuem
Glanz – genau genommen in
HD-Glanz. Fans dürfen sich auf
eine komplett überarbeitete, aufpolierte und digitale Fassung der
Kultserie freuen. Umfangreich
wurden die Bilder restauriert und
auch der eingehende Soundtrack
mit einem Orchester neu digital
Komplettbox zu
gewinnen
Star-Trek-Fans aufgepasst!
aktuell verlost drei der kompletten Blu-Ray-Boxen in
HD-Qualität.
Einfach bis 14. Juni 2015
eine E-Mail mit Adresse und
dem Stichwort „Star Trek“ an
[email protected]
senden und mit etwas Glück
eine der begehrten Boxen
gewinnen.
SUDOKU
Vi
el G
Senden Sie die vier Lösungszahlen,
lück
die sich aus den farbigen Feldern
!
ergeben, per E-Mail mit dem Betreff
“Sudoku 22/2015” und Ihrer Postanschrift an:
[email protected]
Einsendeschluss:
Sonntag dieser Woche
Der Gewinn:
Eine Outdoor-Kaffeepresse
Lösung der Ausgabe 21/2015:
2362
Gewonnen hat:
Erik Pflanz
Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen.
Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt.
Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.