DER FUND UND DAS WASSER

DER FUND UND DAS WASSER
5. Fachtagung der Fachgruppe Archäologische Objekte
mit freundlicher Unterstützung des Deutschen Schiffahrtsmuseums in Bremerhaven
Bericht: Ute Meyer-Buhr, Fotos: Matthias Rummer, Tatjana Held und Ute Meyer-Buhr
Blendend empfing Bremerhaven die ankommenden Tagungsteilnehmer, alte Schiffe und moderne Hafenarchitektur leuchteten in der Sonne. Vom 19. bis 21. März 2015 trafen sich 165 Restauratoren aus ganz Europa, um die Beziehung des archäologischen Objektes zum Wasser auszuloten.
Gleich bei der Begrüßung machte die Direktorin des Deutschen Schiffahrtsmuseums Frau Dr. Warnke deutlich, dass die Restauratoren der Fachgruppe Archäologische Objekte mit ihren Gästen den richtigen Ort für
Ihre Tagung gewählt hatten: Die Kogge und das Flussschiff Karl sind herausragende archäologische Objekte,
deren Konservierung an ihrem Haus Anlass und wichtiger Motor zur nationalen Forschung in der Nassholzkonservierung war.
Das deutsche Schiffahrtsmuseum, ein Forschungsmuseum der Leibnitzgemeinschaft, wird als Ergebnis der
Evaluierung im vergangenen Jahr diesen Schwerpunkt aber nicht mehr weiterverfolgen.
Der Museumsbau von Hans Scharoun als denkmalgeschütztes Objekt: In einem Forschungsprojekt der Forschungs-Allianz Kulturerbe (FALKE) soll u.a. der Frage nachgegangen werden, wie die Tageslichtbauten in Einklang mit den präventiven Erfordernissen der Ausstellungsobjekte gebracht werden können.
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Die Leiterin der Landesarchäologie Bremen Frau Prof. Dr. Halle begann Ihre Begrüßung mit ihren ersten Begegnungen mit Feuchtbodenobjekten, welche entlang der Weser im Stadtgebiet von Bremen natürlich nie
ausgehen. Lobende Worte gab es für die Kompetenz der Restauratorinnen der Landesarchäologie, Gütha
Klonk und ihrer Nachfolgerin Tanja Töbe, derer Nachdrücklichkeit es zu verdanken ist, dass die Arbeitsflächen
der Werkstatt von einsturzgefährdeten 320m2 auf 1800m2 erweitert wurden.
Kritisch sah sie die Entscheidung der Evaluierungskommission, die Holzkonservierung in Bremerhaven aufzugeben, da dadurch Großobjekte, wie Schiffswracks, in Zukunft unversorgt blieben.
Vom Großen…
Unterwasserarchäologie und Pfahlbausiedlungen, UNESCO-Welterbe, Bauhölzer
So groß…
Ein Grabungsingenieur eröffnete unseren ersten Vortragsblock:
Roman Scholz stellte die Unterwasserarchäologie vor. Unter Wasser fänden sich die alltäglichen Dinge der
Menschen aus organischem Material, wo sich obertägig nur Steinwerkzeuge erhalten haben. Umso gewaltiger seien die Verluste von Kulturschichten durch das Ausbaggern von Flussbetten. Ein beeindruckendes Diagramm zeigte: Die bekannten Zerstörungen durch den Braunkohletagebau stellen nur eine kleine Säule dar,
gegenüber der Menge der bewegten Erde bei der geplanten Weservertiefung.
Die auch von Roman Scholz vorgestellten Prospektionsmethoden fanden ihre Fortsetzung in dem Beitrag von
Otto Cichoki über Untersuchung und Schutzmaßnahmen von Pfahlbauten der Voralpenseen in Österreich,
UNESCO-Welterbe seit 2011.
Strukturierte Planung
Auch der nächste Beitrag beschäftigte sich mit den Pfahlbauten: In ihrem Beitrag zeigten Marushi Yoshida und
Heike Rührig auf, wie mit Hilfe von strukturierter Planung, Klimacontainern und einer neuen Konservierungsmethode, Probleme wie Raummangel, Zeit- und Mittelknappheit im Sinne des zu erhaltenden Kulturerbes
angegangen werden können. Aufpoppende Smileys in der Präsentation signalisierten die gelösten Probleme.
Wirtschaftlichkeit
Ingrid Wiesner sucht in einem Forschungsprojekt der DFG die Gefriertrocknungsmethoden zu optimieren, um
die Menge der anfallenden fragilen organischen Funde aus baden-württembergischen Welterbe-Pfahlbauten
zu erhalten. Auch hier, wie auch im nachfolgenden Ansatz, wurde aufgezeigt, dass man neben den guten Konservierungsergebnissen auch die Wirtschaftlichkeit nicht aus den Augen zu verlieren darf.
Projektmanagement DIN 69901
Große Fundmengen waren das Thema von Philipp Schmidt-Reimann: In dem erzgebirgischem Silberbergwerk
in Dippoldiswalde hatten sich hochmittelalterliche Holzeinbauten wie in einer Zeitkapsel erhalten. Die Bergung und Konservierung der Hölzer, ein EU-Projekt, wurde mit Hilfe des Projektmanagement DIN 69901 strukturiert geplant, sodass innerhalb des vorgesehenen Budgets und von Zeit und Geld die Maßnahmen abgeschlossen werden konnten.
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Pause und Posterpräsentation
Wohin mit den Feuchthölzern?
Die oft praktizierte langjährige Lagerung im Wasser führt zu Substanzverlust. Sandra Kaiser konnte dies über
Messungen nachweisen.
Qatna, Syrien
Was in Friedenszeiten ein vielleicht abenteuerlicher Einsatz bei der Meisterung von neuen Konservierungsmethoden (Lactitol) sein könnte, bekommt durch das Wissen, um die Kriegszerstörungen eine andere Gewichtung und doch hatten syrische Grabungsarbeiter auch während des Krieges die Konservierung fortgeführt.
Bislang scheint Qatna noch nicht zerstört.
Wasser im Museum
Lebhafte Diskussion entspann sich nach dem Vortrag von Sigrun Martins und Thomas Flügen: Antike Mauerreste gibt es ja schon häufig im modernen Baukontext, aber eine komplette mittelalterliche Kaimauer als
Feuchtbefund in ein Museum zu integrieren war neu. Wird Sie eines Tages grün sein, wegen der als Biozid
eingesetzten Cu-Ionen? Fortsetzung folgt.
….ins Kleine
Leder
Schon Sigrun Martins eröffnete den Blick zum fusslicheren Objekt aus Leder; Gabriele Zink geht jetzt allen ans
Leder, tief in die Haut. Ihr Standpunkt ist: Leder muss nicht weich sein und sollte nicht gefettet werden. Eindrücklich schildert sie Erfahrungen und Recherche. Kleine Schritte bei der Verformung, kleine Klebungen, das
Einfühlen in das Objekt zeichnete viele Beiträge dieser Tagung aus.
Festvortrag
Ganz frisch aus der tagesaktuellen Forschung stellten Amandine Colson und Julien Guery das 3D-Monitoring
der konservierten Kogge vor. Zum Dank werden Wasserflaschen in der Fundtüte überreicht.
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…. und beim Stehempfang das untersuchte Objekt im Blick
Am nächsten Morgen:
Wracks
Es wird noch einmal größer, beeindruckende Mengen Holz und kombinierte Objekte aus Schiffswracks sind im
Polish Maritime Museum in Gdańsk zu konservieren, eifriges Mitschreiben begleitet den Vortrag von Irena
Jagielska.
Zeitgenössische Kunst
Erfordern Installation aus Schiffswrackfragmenten der Arte Povera eine ganz andere Herangehensweise? Sicher, das Problem Konzept des Künstlers, Vergänglichkeit contra Museumsauftrag des Bewahrens stellt sich in
der Objektrestaurierung nicht, aber die Authentizität der Dinge zu bewahren ist auch die Intention bei der
Konservierung von archäologischem Kulturgut. Und so ergaben sich Dialoge. Außerdem: die griechischen
Bootsbauer schützten ihre Boote mit einer Grünspanschicht! S.o.
Hannover 96 / FSV Mainz 05 gemischtes Doppel?
Monika Lehmann als verletzte Mittelstürmerin, Markus Wittköpper
auf der Ersatzbank, Teamplayer für Homo erectus und die ältesten
erhaltenen Waffen der Menschheit.
Die Schöninger Speere - Geologie, Bergung, Dokumentation, Konservierung und Präsentation. Tröstlich für alle ausstellungserfahrenen Restauratoren: „Restauratoren dürfen sich was wünschen,
aber das Leben ist kein Ponyhof“, Stichwort Vitrine, Eröffnungstermine… Aber alles ist gut, Restauratoren sorgten dafür, dass der
Speer nicht schaukelt.
Bewegte Ausstellungshistorie
Ein Einbaum macht was mit, von der rustikalen Aufstellung in einem Kloster bis zum Klimaforschungsobjekt,
berichtet Cord Brune. Wieder eine fächerübergreifende Methode: Monitoring mit Rissmessgeräten für Tafelmalerei. Die Vorführung der Messgeräte erfolgte anschließen vor der Kogge siehe Abbildung oben.
Wieder kleinere Objekte
Ein Bastschuh der Pfahlbauer, konserviert und präsentiert von Friederike Moll-Dau. Erfolgreich werden Holzkonservierungsmethoden auf die Textilkonservierung übertragen. Interessant ein Aerosol aus Hausenblasenleim für die Festigung der äußerst empfindlichen Bastfasern.
Einen Korb gekriegt
hat Janet Schramm in den Werkstätten des BLfD in Schloss Seehof, auch hier zeigen die Modifizierung von
bekannten Konservierungsmethoden und kreative Lösungen, wie auch der Einsatz von einem passenden Eimer als Stütze, bis zu wasserquellbaren Kugeln als Feuchtigkeitspuffer, wie mit Erfolg ein Stück aus dem römischen Alltag mitsamt Teeranhaftungen in unsere Zeit überliefert wird.
Warum heben wir das auf?
Kerstin Heitmann und Gabriele Zink beantworten diese Frage, Mengen abgetrennter Wollstränge, Kalfatmaterial eines Schiffes aus dem 12. Jahrhundert geben Konservierungsprobleme auf. Ein insitu auf einem
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Reparaturbrett befindliches Textilgewebe wird exemplarisch bearbeitet und zeigt den Informationsgewinn
durch diese wenig beachtete Fundgruppe.
Ich bringe Ihnen hier einen unansehnlichen Klumpen,
zitierte Tatjana Held, die Fundübergabe. Diese hatte sich als eine von Textil umschlossene mittelalterliche
Klappwaage entpuppt. „Die Archäologen hätten aber gerne die Klappwaage!“, bildgebende Verfahren lösen
den Konflikt, eine 3D-CT-Aufnahme erlaubt eine genaue Rekonstruktion und Vermassung.
Kartierungssystem für organische Materialien
Britt Nowak-Böck und Helmut Voss stellten das von ihnen entwickelte Kartierungssystem auf Adobe Photoshop Basis vor. Es soll helfen, auch bei Fundmengen die Qualität der Dokumentation sicher zu stellen und
diese vergleichbar zu machen. Britt Nowak-Böck betonte das geplante Herangehen an den Befund: Zu Anfang
der Arbeiten solle man schon das Ende im Blick haben und wissen, wo man hin will!
Kompositobjekte
Dies war der dritte Beitrag über Kompositobjekte, das heißt Metall in Kombination mit Organik. Christine
Leßmann hatte die Möglichkeit einer Entsalzung mittels Kompresse untersucht. Die Anwendung zeigte Erfolg
bei einem Klappmesser. Moderator Professor Eggert gestand, dass er da wohl eine Wette verloren hätte.
Weiter mit Natriumsulfitentsalzung
Jörg Stolz, Thomas Stöckl und Stephanie Gasteiger konnten, entgegen den Erwartungen, bei gut erhaltenen
Eisenobjekten durch Unterdruck eine höhere Effizienz der Entsalzung erreichen, da sich dort die Kapillarwirkung besser entfalten kann.
Kanonen in der Entsalzung
Karen Stemann-Petersen und Almandine Colson berichten über die immer noch laufenden elektrochemischen
Entsalzung der Eisen- und Bronzekanonen, geborgen aus Schiffswracks in Vorbereitung auf den Fehmarn Belt
Tunnel.
„Seute Deern“ musste warten: erst noch die Fachgruppensitzung mit Wahl
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Neue Fachgruppensprecherin: Janet Schramm, 1.stellvertretende Sprecherin: Tatjana Held, 2. stellvertretender Sprecher : Sven Spantikow
Samstag
Büschel und Bäumchen
Immer noch Forschungsbedarf besteht bezüglich der schwarzen Flecken, Charlotte Kuhn-Wawrzinek geht den
klimatischen Faktoren und der Identifizierung der Kupfersulfide in einem Forschungsprojekt nach und ruft zu
weiteren Proben auf. Sieben Kollegen melden sich spontan.
Videobotschaft
Omid Oudbashi konnte leider doch nicht aus Isfahan anreisen und schickte uns seinen Vortrag als Video. Sein
Thema, die Methode des Risk Management als Ansatz zur präventiven Konservierung der Bronzeobjekte im
Museum von Haft Tappeh. Viel Applaus gab es für diese Präsentation.
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47 Wasservögel aus Bronze
China lehrt uns immer ganz andere Dimensionen: Stephan Ritter und Uwe Herz stellten technologische Untersuchungen von gefassten Bronzevögeln vor. Mit Hilfe radiologischer Untersuchungen ließen sich u.a. unerwartete Gusstechniken wie Metallseelen und keramische Abstandshalter identifizieren.
Glas
Andreas Weisgerber berichtete aus dem Fundus seiner langen Arbeit mit Glas und plädierte für die Lagerung
der frischen Funde im Wasser mit anschließender langsamer Runtertrocknung mit Ethanol/ Wassergemischen
und Acrylharztränkung. Er stellte das Festigungsmittel ORMOCER®e vor ein anorganisch-organische Hybridpolymer des Frauenhofer-Institutes, welches am Kölner Dom seit 20 Jahren angewandt wird.
Die Tagung endete mit einem Resümee der Moderatorin Stephanie Gasteiger.
Wir, die Fachgruppe Archäologische Objekte im VDR, bedanken
uns, dass unsere Tagung Gast im Deutschen Schiffahrtsmuseum
Bremerhaven sein durfte. Es war ein toller Tagungsort mit einzigartiger Atmosphäre. Vielen Dank an das Direktorium für die Unterstützung. Besonderen Dank aber der Museumsrestauratorin
Amandine Colson für Initiative, Einladung und Durchführung.
Vielen Dank Elke Kreowski für das Museumsmanagement. Wir
haben uns wohlgefühlt!
70 Personen haben sich für die Werkstattführung in der Landesarchäologie Bremen bei Tanja Töbe angemeldet. Ein geschicktes Planen von Amandine Colson und Umlenken in die Gastronomie des Überseemuseums,
teilt die Gruppen. Die Hausherrin Frau Prof. Halle lässt es sich auch nicht nehmen und führt an ihrem ersten
Urlaubstag durch die neu bezogene Landesarchäologie. Die Restauratorin Tanja Töbe führt viermal durch Ihre
Werkstätten, ohne Ermüdungserscheinungen und wie immer ergeben sich in der Werkstatt die besten Gespräche. Und es gab auch noch Kaffee und Stärkungen! Vielen Dank!
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