1-2015 - Deutsche Sängerschaft

1
120. Jahrgang - I/2015
Der neue Sprecher der
Sängerschaften im Interview
- Bericht Übergabekommers
S. 3
DS 1/2015
„Das musikalische Herz der
DS schlägt in Mainz “ - Ein
Bericht zum „Hauskonzert“
S. 6
Chorwochenenden 2014 Bericht und neue Einladung
S. 8
Lügenpresse halt die Fresse
- ein Zwischenruf
S. 9
Demokratische
Verortungen in Lübeck
S. 10
Vergessene Schriftsteller Hermann Sudermann
S. 16
Karneval u. Fasching i.d.DS
S. 18
OAS Essen stellt sich vor
S. 19
DS-Boßeln in Jever
S. 21
Runde Stiftungsfeste:
Termine und Einladungen,
Ankündigungen und Hinweise
S.
25 und 28
S. 23
10 bis
u. 16
Kooperationsvertrag PFH
Göttingen/CC Akademie
S. 26
Editorial
2
Impressum
Herausgeber im Auftrag der
»Deutschen Sängerschaft«
Dr.-Ing. Hans Zsagar
Rubensstr. 12
41539 Dormagen
Druck, Herstellung und Vertrieb
Gieseking Print- und
Verlagsservices GmbH
Deckertstraße 30
33617 Bielefeld
0521/1456136
Auflage: 2.000 Exemplare
»DS«-Deutsche Sängerschaft erscheint vierteljährlich zum Ende
des Quartals und wird als
Verbandsorgan der Deutschen
Sängerschaft (Weimarer CC) im
Beitrag mit berechnet.
Für unverlangt eingesandte
Beiträge und Fotos wird keine
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Deutschen Sängerschaft:
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Die »Deutsche Sängerschaft«
im Internet:
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Redaktionsschluss für Ausgabe
Nr. 1I/2015 30.5.2015
Lektorat:
Winfried Lamprecht
Layout und Druckvorbereitung
Prof. Dr. Manfred Kröger
Anschriftenverwaltung:
Jörg Seyffarth (s. letzte Seite)
Deutsche Sängerschaft
(Weimarer CC)
Vorsitzer
Markus Knöfel
Ernst-Cassel-Straße 1
51067 Köln
Tel. 0221 636 7482
[email protected]
Präsidierende Sängerschaft 2015
Sängerschaft Frankonia-Brunonia
Pockelsstraße 8
38106 Braunschweig
Tel: 0531/337798
Geschäftsführer
Dr. Hanns-Henning Bössler
Stefan-George-Weg 44
64285 Darmstadt
Tel: 06151-63015
[email protected]
Sprecher der Altherrenverbände
RA Jörn Meineke
Bürgerstraße 17
37073 Göttingen
[email protected]
Tel. 0551-3035561
Schatzmeister
Dipl.-Kfm. Gerd Stapelmann
14 Rue de la Toison d'Or
L - 2265 Luxemburg
Tel: +352-450269
[email protected]
Schriftleiter
Prof. Dr. Manfred Kröger (MKr)
PF 1224, 35449 Heuchelheim
Tel: 0641-9605870
[email protected]
Verbandschorleiter
Dr. Johannes Viehrig
Jenergasse 14
musik@deutsche-sängerschaft.de
Sprecher der Sängerschaften
Walter Zürn
via S! Frankonia-Brunonia
stellv. Sprecher der Sängerschaften
Kai Hofmann
via S! Erato
Will man die ersten drei Monate des Jahres 2015 mit einem Wort beschreiben, so könnte „Angst“ dieses Wort
sein. Eine Schreckensmeldung nach der anderen erreichte
uns. Schaut man aber nach der Ursache der Angst, dann
stellt man schnell fest, dass es Konflikte gibt, die wir nicht
nachvollziehen können. Aber häufig genug sind es Einzelpersonen, die bei uns Angst auslösen. Kann man etwas dagegen tun?
Ja, man kann. Ja, wir können („Yes, we can“). Schon seit
beinahe zweihundert Jahren sind unsere Sängerschaften
ein hervorragendes Beispiel dafür, dass man Einzelpersonen ein Leben lang integrieren kann, und zwar unabhängig
von allen Lebensumständen. Genauso möchte ich die vorliegende Ausgabe der DS-Zeitung verstanden wissen.
Wir haben den 120. Jahrgang erreicht und sind dabei stets
mit der Zeit gegangen. Vielleicht liegt es daran, dass wir unser verbindendes Band, den Gesang immer gepflegt haben.
Wir haben es wieder und wieder geschafft, der Versuchung
zu unterliegen, nur der Geselligkeit zu frönen. Genau dafür
stehen die Beiträge dieser Ausgabe. Es muss ein Vergnügen
sein zu lesen, wie unser Verbandschorleiter es schafft, unsere Aktiven aus den verschiedenen Sängerschaften über
das Singen zu einer Gemeinschaft zu formen. Es muss begeistern zu lesen, wie in Mainz ein Hauskonzert aussieht.
Dann erfahren wir, dass in diesem Jahr drei große Stiftungsfeste gefeiert werden. Dabei wetteifern die Markomannen
mit den Mainzer Paulinern.
Gleichzeitig wollen wir fortfahren, die Handelnden in unserem Verband vorzustellen. Hier ist es das Recht der Jugend,
geschichtliche Zusammenhänge für weniger bedeutend zu
halten. Gleichwohl gestalten sie den eigenen Übergabekommers mit einem Vortrag über die Geschichte ihrer Universität. Hier ist es auch das Recht der Älteren unter uns, sich
unqualifizierten Vorwürfen argumentativ entgegenzustellen,
wie Vbr Wagener es tut. Vbr Grütter zeigt uns, dass man
auch schon vor hundert Jahren ins Abseits geriet, wenn man
dem Zeitgeist offensichtlich nicht mehr entspricht.
Es ist für den Schriftleiter eine Freude, viele Berichte aus
unseren Ortsvereinigungen abdrucken zu dürfen. Und wir
berichten über einen Durchbruch bei den Seminaren der
CC-Akademie. Wir können auch dicke Bretter bohren! Und
große Veranstaltungen gibt es diesem Jahr reichlich!
Vielen Dank für die zahlreichen Beiträge!
Euer Manfred Kröger (Hols, Ar-Altpr, Gui-Nie)
Zum Titelbild: Ein sog. Hauskonzert fand am 7.2.2015
in der Kirche St.Stephan in Mainz-Gonsenheim statt.
Die Leipziger Universitätssängerschaft zu St.Pauli
setzt damit eine langjährige Tradition fort und bietet
eine musikalische Qualität, die ihresgleichen sucht.
Wir berichten darüber auf den Seiten 6 und 7.
DS 1/2015
Der Sprecher der Sängerschaften im
Gespräch mit dem Schriftleiter der
DS-Zeitung
Vbr Walter Zürn (Fr-Brun)
ist der erste Sprecher der
Sängerschaften seit Einführung der neuen Geschäftsverteilung im HA, mit dem
wir die Reihe unserer Vorstellungsinterviews fortführen. Eigentlich ist er schon
ein alter Hase, trotzdem
wollen wir ihn zu Beginn
seiner Amtszeit kennenlernen.
DS: Woher kommst du?
Geboren wurde ich in dem
kleinen Städtchen Gehrden,
welches südwestlich von
Hannover gelegen ist. Einige
Kilometer weiter bin ich
schließlich in Nienstedt aufgewachsen, einem kleinen
Dorf, welches mitten im Deister liegt und gänzlich von
hügeligem Wald umschlossen
ist.
DS: Wo bist du zur
Schule gegangen?
Die ersten Stationen meiner
schulischen Laufbahn lagen in
den Orten der näheren Umgebung, genau genommen in
Eimbeckhausen und Barsinghausen, da mein Heimatdorf
selbst keine Schuleinrichtungen besitzt. Ab der 11. Klasse
zogen mich mein technisches
Interesse und der Wunsch
nach einer guten Vorbereitung auf ein solches Studium
ins dreißig Kilometer entfernte Hannover auf das dortige Berufliche Gymnasium
Technik, wo ich mein Abitur
abschloss.
DS: Wie bist du mit der
DS in Berührung
gekommen?
Wie die meisten Verbandsbrüder sicherlich, habe ich
DS 1/2015
die DS erstmals über meinen
Bund wahrgenommen. Als
ich damals auf Wohnungssuche war, hatte ich selbst keine Ahnung von Studentenverbindungen und bin aufgrund der günstigen Zimmerpreise während meiner
Besichtigungen auf einigen
Korporationshäusern gelandet. In meiner Familie wird sicher nicht zuletzt deshalb,
weil mein Vater Opernsänger
von Beruf ist - die Musik
hochgehalten, weshalb mich
die Sängerschaft FrankoniaBrunonia besonders ansprach. Etwa einen Monat
nach meiner Reception ging
es dann zu meiner ersten
DS-Veranstaltung, dem
Übergabekommers in Halle
2009, wo sich mir erstmals
die Vielfalt unseres Dachverbandes offenbarte.
DS: Was und wo
studierst du?
Seit Herbst 2009 studiere
ich an der Technischen Universität Braunschweig. Auf
mein Bachelorstudium des
Maschinenbaus baut nun ein
Masterstudium der Luft- und
Raumfahrttechnik auf, welches ich mit dem Schwerpunkt Aerodynamik und
Strömungsakustik bestreite.
DS: Welche Ämter hast
du bei uns ausgeübt?
Bevor ich als Sprecher der
Sängerschaften mein erstes
offizielles Amt innerhalb der
DS antrat, war ich in der
Frankonia-Brunonia insgesamt sechs Semester als
Chargierter tätig, jeweils zur
Hälfte Senior und Fuxmajor.
Damit sollte es auch genug
sein, jedoch freue ich mich,
meine Korporations-“Karriere“ als Aktiver nun mit dem
Sprecheramt vervollständigen zu können.
DS: Welche Pläne hast
du während deiner Zeit
als Sprecher der DS?
Um ehrlich zu sein, habe ich
für die DS an sich keine großen Überraschungen geplant.
Ich möchte meinen Bundesbrüdern, insbesondere den
jüngeren, gerne die Möglichkeit bieten, andere Sängerschaften in „ihrem natürlichen Umfeld“ während Besuchen zu erleben und hoffe,
dass sich auf diese Weise
Freundschaften entwickeln,
wie man sie auch im eigenen
Bund aufbaut. Ebenso ist es
3
Anders als die Generation PC
und I-Phone? Der neue
Sprecher der DS nutzt noch
Papier und Bleistift für seine
Notizen. Vielleicht, weil man
das wiederfindet?
4
mein Wunsch, auf diese
Weise meine Frankonia-Brunonia wieder stärker für den
Verband begeistern zu können. Ein Plan, der halbwegs
egoistisch anmutet, jedoch
sicherlich allen Beteiligten,
inklusive der DS, zugutekommt.
DS: Wohin soll es beruflich gehen?
Das lässt sich im Vorfeld ja
bekanntlich nie so genau definieren. Ziele ändern sich
während des Studiums.
Anfänglich war es mein
Wunsch, in den Triebwerksbau einzusteigen, im Moment
reizt mich eher die Kraftfahrzeugaerodynamik und -akustik. In der Umgebung von
Braunschweig wäre zum Beispiel Volkswagen in Wolfsburg eine interessante
Adresse. Da ich aktuell am
Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt arbeite,
ist es natürlich auch möglich,
nach dem Studium dort zu
landen. Die Zukunft ist immer ungewiss, als Ingenieur
zum Glück nicht ganz so sehr
wie in manchen ande-ren
Berufsfeldern.
DS: Wie könntest du zur
Attraktivität der DSZeitung beitragen?
Hätte man mir früher diese
Frage gestellt, hätte ich sofort
antworten können: die
Qualität der abgebildeten
Fotos steigern. Ich möchte
Letzter Aufruf!
hier niemandem auf die Füße
treten, jedoch war die Bildverarbeitung ehemals so ungelungen, dass einige Bundesund auch Verbandsbrüder
abgeschreckt wurden, ihre
Veranstaltungsberichte zu
veröffentlichen. Glücklicherweise wurden diese Mängel
nun behoben und motivieren
gemeinsam mit der neuen
Struktur der Zeitung (z.B.
Aktivenberichte in Heft 3)
wieder zu verstärkter
Berichterstattung.
Trotzdem wird es nicht
ausbleiben, dass die den
Aktiven eigene Schläfrigkeit
weiterhin bekämpft werden
muss, um an die Berichte zu
gelangen. Wer bereits einmal
das Amt des x oder xx (bei
uns Schriftwart) innehatte,
weiß, wovon ich spreche;
den Leuten so lange auf die
Nerven gehen, bis sich eine
Selbstständigkeit einstellt.
Eine weitere Idee, die ich
beizutragen hätte, ist die
folgende: Bisher bestehen die
Artikel der DS-Zeitung
hauptsächlich aus Artikeln
der geschichtlichen Aufarbeitung, „simpler“ Berichterstattung usw., jeder Leser
weiß, wovon ich spreche. Ich
denke, dass sich der Wert
der DS-Zeitung gerade für
die Aktiven erheblich steigern
würde, könnte man hilfreiches Wissen für den korporierten Alltag nachschlagen.
Liebe Verbandsbrüder!
Ein Beispiel: Eine Verbindung
veranstaltet ein Seminar
irgendeiner Art. Statt nur zu
berichten, was geschehen ist,
wäre es möglich, auch gezielt
auf den Inhalt und das Erlernte einzugehen, sodass
auch andere Verbandsbrüder
davon profitieren können.
Vielleicht betreibt ein Bund
auch ein besonders erfolgreiches Keilkonzept.
Innerhalb des Verbandes
sollten wir nicht in Konkurrenz stehen, eventuell würde
eine Veröffentlichung zahlenmäßig schwächeren Bünden
helfen. Die Möglichkeiten
sind hier mannigfach und
Artikel in einer verwertbaren
Detailliertheit habe ich erst
ein- oder zweimal zu Gesicht
bekommen. Natürlich wären
hier nicht nur die Aktiven
gefragt, auch Alte Herren
sind angehalten, ihr Wissen
und ihre Erfahrungen nicht
nur bundesintern weiterzugeben.
Auf diese Weise wäre jedem
gedient und die DS-Zeitung
würde als vermittelndes
Medium stark an Attraktivität
gewinnen.
DS: Wir danken dir für
das Gespräch und deine
Anregungen, aber auch
für dein Lob. Wir werden auf dem eingeschlagen Weg weitermachen
und hoffen auf deine
Unterstützung.
Letzter Aufruf!
Die Arbeit an den neuen DS-Chorliederbüchern ist so gut wie beendet. Zum Sängerschaftertag
in Weimar im Mai sollen sie vorgestellt und das erste Mal aus ihnen gesungen werden. Wiederholt
hatte ich um rege Beteiligung aus dem Verband gebeten, um das musische Talent unserer
eigenen Reihen würdig im Buch zu repräsentieren – mit überschaubarem Erfolg.
Daher hier noch einmal die letzte Gelegenheit, eigene Vorstellungen in unser Liederbuch
einzubringen, sei es durch eigene Kompositionen, selbst gesetzte Lieder aller erdenklichen
Genres, entrüstetes Insistieren auf Streichkandidaten, „die unbedingt drin bleiben müssen“,
oder Ideen neuaufzunehmender oder neuzusetzender Gesänge.
Frist: 30. April, damit Redaktion und Buchbinderei noch eine reelle Chance haben…
Johannes Viehrig (PJ), Verbandschorleiter
DS 1/2015
Übergabekommers im Zeichen
interkorporativer Zusammenarbeit
Manches war beim Übergabekommers in Braunschweig
so wie gewohnt: Die Sprecher
der Sängerschaften „übergaben sich“, der Hauptausschuss war vollständig präsent, die Korona war richtig
gut gefüllt, der mehrstimmige
Kommersgesang stellte sich
aus rein architektonischen
Gründen von selbst ein. Man
gewöhnt sich daran, dass die
Chargierten einziehen wie sie
möchten, schließlich hat ja
keiner mehr „gedient“. Sollte
man hier nicht gleich auf den
Begleitmarsch verzichten?
Ungewöhnlich war bereits
die Einladung. Wer keinen
QR-Code auslesen konnte,
durfte sich bereits als ausgeladen fühlen. Dann führte die
„Getränke-Flatrate“ gewiss
nicht zur Steigerung der Teilnahmefrequenz durch AH²
aus dem Verband. Immerhin
waren bei 21 Euro für drei
Bier noch ein Getränkepass
und eine handgebastelte
Streichholzschachtel dabei.
Bei 5 Euro für die unfrankierte Couleurkarte dachte ich
an meine eigenen Fuxenausflüge und kaufte eine Karte
für die Sammlung. Der Text
auf der Rückseite der Streichholzschachtel gab mir dann
die Erleuchtung: „Tradition
besteht nicht in der Aufbewahrung der Asche, sondern im
Weiterreichen der Streichhölzer. Zitat aus Tatort Münster
2007“. Wieso eigentlich?
Man raucht doch gar nicht
in einem Kneipsaal. Damit
genug der Kritik, schließlich
ist der Übergabekommers
die Veranstaltung des Verbandsjahres von Aktiven für
Aktive. Und so soll es auch
bleiben. Vielleicht verstehen
die AH² das Wort Tradition
nur ein wenig anders.
DS 1/2015
Kommen wir also zu den positiv ungewöhnlichen Punkten
des Kommerses. Das waren
die Festrede und vor allem
die Gästereden der vertretenen Braunschweiger Korporationen. Hier sprach ein
Burschenschafter von der
hervorragenden Zusammenarbeit innerhalb des Braunschweiger Korporationsringes. Hier lobte der Vertreter
der T! Brunsviga-Brunonia die
engen Freundschaftsbeziehungen zu unserer neuen
Präsidierenden. Das war für
mich überraschend, denn die
heutige Turnerschaft war bis
1913 als AGV Brunsviga Mitglied der DS, dabei auch Mitglied des Trikartells der Technischen Sängerschaften und
Gründungsmitglied des DASB.
Noch heute befinden sich
drei bemerkenswerte Bleifenster jeweils für Erato Dresden, PGV Hannover und AGV
Brunsviga auf ihrem imponierenden Haus direkt an der
Oker. Das Haus diente nach
dem Krieg als Mensa, ähnlich
wie das Dresdner Eratonenhaus zuerst Bibliothek war
und jetzt als Rektorat dient.
Die Festrede hielt Prof. Dr.
Gerd Biegel, der humorvoll,
aber sehr bestimmt die Technische Universität Braun-
schweig vorstellte. Immer
wiederkehrendes Motiv war
dabei die Konkurrenz zu
Göttingen. Heute gehören
die beiden Universitäten zu
Niedersachsen, aber bis zum
Ende des Zweiten Weltkriegs war Braunschweig eigenständig. Zeichen herrschaftlicher Gewalt findet
man ausreichend in Braunschweig. Biegel verschwieg
auch nicht die unrühmliche
Rolle Braunschweigs bei der
Machtergreifung Hitlers.
Großen Wert legte er auf
den berühmtesten Sohn der
Stadt, auf Carl Friedrich Gauß
(1777-1855), der das 1745
gegründete Collegium Carolinum besuchte. Daraus erwuchs 1862 die „Polytechnische Schule“ als Vorläufer
der heutigen TU. Das war
viel zu spät für Gauß, der
schon in jungen Jahren nach
Biegels Worten von Göttingen abgeworben wurde.
Heute ist Braunschweig stolz
auf seine Landesfürsten, die
aus eigenem Interesse an
Technik, vor allem an der
Luftfahrt, den Grundstein für
das Bundesamt für Luftsicherheit, für die Physikalisch
Technische Bundesanstalt
und für ein Zentrum der Biotechnologie legten.
Den Göttinger Studenten
war die Selbstständigkeit
Braunschweigs stets recht.
Das kleine Dorf Bremke vor
den Toren Göttingens wurde
zum Austragungsort unzähliger Partien, als das in Göttingen noch verboten war. Und
als die Göttinger noch keine
eigene Biochemie hatten,
wurden die Promovierenden
in diesem Fach in Braunschweig geprüft. Das gilt auch
für den Chronisten.
MKr
5
Die Bleiglasfenster des Trikartells
der akademischen Gesangvereine
an Technischen Hochschulen. Von
oben nach unten: Erato Dresden,
PGV Hannover (heute T! Hansea)
und AGV Braunschweig (heute T!
Brunsviga-Brunonia)
6
„Das musikalische Herz der DS
schlägt in Mainz“
Ein Konzertbericht von Verbandschorleiter Dr. J.Viehrig (PJ)
„Das musikalische Herz der DS
schlägt in Mainz!“ tönt der
DS-Vorsitzer Markus Knöfel
(Leop) am Abend im Kneipsaal der Leipziger Universitätssängerschaft zu St. Pauli
in Mainz. Lautstarke Zustimmung. „Unter dem angekündigten ‚Hauskonzert‘ “, setzt
Vbr Knöfel erklärend nach,
„stellt sich jeder Gast ein paar
schräg intonierte Männerchorweisen vor, abgerundet durch
das Blockflötenspiel zweier Altherrentöchter im Kindergartenalter.“ Lächelndes Kopfnicken.
„Was ihr uns heute in der Kirche als ‚Hauskonzert‘ geboten
habt, ist die Untertreibung des
Jahres!“ Stolzer Jubel der
Pauliner – und: Recht hat der
Mann.
Die Musik wird in Mainz von
den Aktiven gemacht: Junge
Gesichter prägen den Chor.
Als ich im Dezember die Einladung zu besagtem Hauskonzert nach Mainz erhielt,
wurde mir bewusst, dass ich
mich dort schon drei Jahre
lang nicht habe sehen lassen
– bei einer der traditionell
sangesstärksten Verbandssängerschaft. Für meine
Funktion als Verbandschorleiter eigentlich untragbar.
Die gute Gelegenheit ergriff
ich umso entschiedener, als
ich das Einladungskärtchen
aufklappte, und mir die Namen Mendelssohn-Bartholdy
und Rheinberger elektrisierend entgegensprangen. Dazu
noch in der unprätentiösen
Besetzung Chor, Soli und
Orgel, die mir als Kirchenmusiker besonders am Herzen liegt. Die Entscheidung
war gefallen, und so fand ich
mich am 7. Februar in St.
Stephan in Mainz-Gonsenheim wieder.
Berichte aus den
Aktivitates
Die Kirche war gut gefüllt,
vielleicht 150, vielleicht 200
Besucher. Kurz vor Beginn
gesellte sich besagter Vorsitzer zu uns und der Paulinerchor betrat den Chorraum.
Zwei Dinge auffallend: Einen
dem Anlass angemessenen
Aufgang des Chores – eigentlich eine Selbstverständlichkeit – erlebt man immer seltener, aber in Mainz war er
sehr gelungen. Wohl geordnet, gemessenen Schrittes,
die Mappe unter der Linken.
Auch so etwas ist wichtig
und versprüht den Reiz von
Professionalität. Bemerkenswerter aber war die Anzahl
der Chordamen. Sie schien
kein Ende zu nehmen. Einen
Verbandschor mit einer so
hohen Frauenstärke habe ich
noch nie gesehen. Toll! Auf
Gründe hierfür wird zurückzukommen sein.
„Es stand die schmerzensreiche Mutter…“ – natürlich als
„Stabat mater“ auf Latein –
stand am Beginn des Konzer-
tes. Mutig, das schwermütige
Oratorium Joseph G. Rheinbergers an den Beginn zu stellen, aber es war sehr gelungen. Hier zeigte sich, wie effektvoll Kirchenmusik der
Romantik auch in großen
Räumen sein kann, wenn
man einen großen Chor zur
Verfügung hat. Die Pauliner
Damen und Herren füllten
die gotische Hallenkirche in
Gonsenheim so stimmgewaltig aus, dass sich auch die begleitende Orgel nicht zurückhalten musste und sogar einige Male Zungenregister ziehen konnte. Das erhöhte die
respekteinflößende Wirkung
des Tuttiklangs nochmals.
Nach dem Stabat Mater wurde dadurch Kontrast geschafft, dass nun zwei Solistinnen zur Orgel sangen. In
einer bekannten Arie aus
dem „Elias“ von Mendelssohn
setzten die beiden – Manuela
Strack und Esther Frankenberger dienen dem Chor
wohl auch als Stimmbildnerinnen, wie ich erfuhr – ihre
glockenreinen Sopranstimmen in einer atemberaubenden Weise ein, die dem bescheidenen Komponisten
selbst wohl sehr imponiert
hätte. Angenehm uneitel,
ohne übertriebenes Vibrato,
und gerade nicht mit opernhaftem Geschrei, das man
von Solosopranistinnen so
kennt, trugen sie im Verlauf
des Abends weitere Arien
und Solopartien in Liedern
und Motetten Mendelssohns
vor. Einziger Wermutstropfen war die unüberhörbar
fehlende Synchronisation mit
der Orgel, die nicht selten
einen halben Takt hinter dem
DS 1/2015
Gesang spielte. Auch wenn
dies für große überakustische Hallenkirchen durchaus
nicht ungewöhnlich ist, so
stellte der Zeitversatz an den
Hörer doch einige Herausforderungen, sich die Musik
im Hirn wieder zusammenzupuzzeln.
Die dritte Komponente des
Konzertes bildete das in jeder Hinsicht bemerkenswerte Orgelspiel, das nicht nur
sämtliche Vokalwerke begleitete, sondern auch solistisch
zu hören war. Michel Götz ist
aktiver Bursche des Paulus
und entwickelte an zwei Stellen freie Improvisationen, die
an das harmonische Verständnis der Hörer durchaus
Ansprüche richtete. Das war
wirklich gut gemacht und bildete einen gelungenen Kontrapunkt zu den romantischlieblichen Harmonien und
Melodien Mendelssohns –
auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob jeder der Besucher die Orgelwerke verstanden hat. Aber dafür kann ja
der Organist nichts. Umso
bedauerlicher, dass aB Götz
das Musikstudium zugunsten
eines anderen Studiengangs
an den Nagel gehängt hat, wie
der Chronist erfahren konnte. Mann, wenn ich so ein Talent hätte…
Wir blicken auf ein ganz
wunderbares Konzert zurück, für das sich die weite
Reise allemal gelohnt hat.
Nicht nur der tollen Musik
wegen, die wir achtzig Minuten lang genießen durften,
sondern auch für die Erkenntnis, dass alle Darbietenden Pauliner waren. Keine
„Leihgabe“ der Hochschule,
keine „Kooperation“ mit anderen Chören, keine „Gastsänger“, keine bezahlten Instrumentalisten, wie das
sonst im Verband oft üblich
ist. Nicht nur der Organist,
auch der Dirigent, Sebastian
Kunz, ist Pauliner. Im PauliDS 1/2015
nerchor sangen Burschen,
Füxe und Alte Herren Seite
an Seite, und die Damen – in
Mainz ohnehin näher an der
Verbindung als anderswo im
Verband – gaben zahlreich
und sangesfreudig Sopran
und Alt. Ja, es ist unzweifelhaft, solche großen Konzerte
kann man nur als gemischter
Chor aufführen. So schön
auch Männergesang ist, ohne
Chordamen ist die wirklich
große Musik nicht darstellbar. Wie weit man nun alte
Bräuche und Gepflogenheiten über Bord werfen soll,
um Damen zu gewinnen und
zu halten, muss jede Sängerschaft an ihrem Hochschulort selbst beurteilen und
entscheiden. Aber eines ist
klar: In Mainz funktioniert
das, wie die Pauliner es machen, wunderbar.
Und das eine oder andere
Korporative hielt der Abend
dann auch noch für uns bereit, denn im Anschluss an
das Konzert fand auf dem
Haus ein Empfang statt, zu
dem alle Konzertbesucher
eingeladen waren. Ergebnis:
Mit 150 Leuten die Hütte
wieder voll. Sagenhaft! So
langsam ging mir ein Licht auf,
was sich in Mainz hinter dem
„Hauskonzert“ verbirgt: Der
Semesterhöhepunkt.
Genauso kam es dann auch.
Es folgten Rezipierungen,
Burschungen und die Verleihung von Ehrenbändern, bevor ein Mitternachtsimbiss
gereicht und bis weit in die
Nacht hinein getafelt, gefeiert
und gesungen wurde.
Ich hatte das Gefühl einer
florierenden, lebendigen Sängerschaft, großer Harmonie
untereinander und einer großen musisch-schöpferischen
Gestaltungskraft. Dies bestätigte mir dann am Abend
auch ein Alter Herr, der mir
– befragt nach dem Erfolgsrezept des Paulus – antwortete: „Wir haben halt im Moment einen wohltuenden Frieden untereinander“. Wenn ein
wohltuender Frieden untereinander solche Energien
freisetzt und ein Bund so attraktiv für Außenstehende
sein kann, dann wäre dies allen Verbandssängerschaften
nur zu wünschen. Dass Prinzipiendiskussionen, Satzungsrevisionen und Fraktionenkämpfe eine vergleichbare
Integrationskraft entfalten
können, wird mir ja wohl keiner erzählen wollen...
Vivat cantus! Vivat Paulus!
Vivat Deutsche Sängerschaft!
Johannes Viehrig (PJ)
Verbandschorleiter
7
Der wohlverdiente Dank nicht
nur an die Solistinnen, aber
besonders an sie.
8
Die DS-Karawane zieht weiter
Bericht und Einladung zum nächsten Chorwochenende
von Verbandschorleiter Dr. Johannes Viehrig (PJ)
Wer das Verbandsleben beobachtet wird feststellen,
dass unsere gemeinsamen
Chorwochenenden zu einer
festen Konstante des sängerschaftlichen Lebens werden.
Zwei- oder dreimal im Jahr
treffen sich circa zwanzig junge und junggebliebene Verbandsbrüder für ein Wochenende, um Kontakte zu
knüpfen und zu pflegen, sich
auszutauschen, gemeinsam
zu feiern und vor allem: zu
singen. Diese Wochenenden
sollen keinesfalls als Ersatz für
die nach wie vor stattfindenden
Sängerschafterwochen missverstanden werden, sondern
auch jenen die Möglichkeit zu
gemeinsamem Musizieren mit
Verbandsbrüdern geben, die
keine ganze Woche frei nehmen können.
Besonderes Merkmal unserer
Chorwochenenden ist ihre
möglichst gerechte regionale
Verteilung, damit jede Verbandssängerschaft mal kurze
Wege hat und damit besonders angesprochen werden
soll. Nachdem wir nun 2014
im thüringischen Holzland
und im württembergischen
Kochertal gastierten, „überfiel“ die DS-Karawane im Januar 2015 das oberfränkische
Ebermannstadt,
um das örtliche
Pfadfinderhaus
mit sängerschaftlicher Lebensfreude zu
füllen. Etwa fünfundzwanzig Verbandsbrüder waren angereist, darunter die „Reiseeifrigen“ des Verbandes aus Bayreuth, Halle, Karlsruhe und
Jena. München fehlte nur
ausnahmsweise, dafür erschien zu unserer Freude die
Präsidierende aus Braunschweig. Und es wurde ein
tolles Wochenende!
Trotz der etwas überdurchschnittlichen Feierlust vieler
Teilnehmer (und wohl auch
des Chorleiters, wie mir berichtet wurde), wurde viele
Stunden lang einstudiert, geprobt und gefeilt, sodass wir
es in der Zusammenschau
am Sonntagvormittag auf eine
beachtliche Anzahl von Liedern brachten.
Besonders glücklich macht
mich auf solchen Wochenenden immer die sonntägliche Frage nach dem nächsten Chorwochenende. Dieses soll im Sommersemester
2015 – fairerweise diesmal in
Norddeutschland – stattfinden, um auch den Göttingern, Braunschweigern,
Münsteranern und Hauptstädtern mal eine zumutbare
Anreisezeit zu verschaffen.
Alle anderen sind natürlich –
wie immer! – genauso gern
gesehen. Im Herbst geht’s
dann ins Rheinland. Also,
gebt euch einen Ruck und
folgt meiner
Einladung zum DSChorwochenende
ins Jugendgästehaus Bruchtorf bei Bad Bevensen
(Am Alten Kreishaus, 29585
Jelmstorf-Bruchtorf)
vom 19. bis zum 21. Juni
2015.
Mitzubringen ist neben persönlichen Dingen nur Bettwäsche oder Schlafsack;
kneiptaugliche Kleidung ist
nicht notwendig, Noten werden vorab per Post versandt.
Die Kosten der Unterkunft
übernimmt wieder die DS;
für die Verpflegung wird ein
geringer Obolus (max. 10
Euro p.P.) erhoben.
Jungs, ich freue mich auf
euch und wünsche einen erfolgreichen Start ins neue Semester. Wir sehen uns zum
ST oder spätestens im Juni in
Niedersachsen!
Euer Johannes,
Verbandschorleiter
Anzeige
capella scan & play
bringt Noten zum Klingen
Auf so ein Programm haben alle Sängerinnen und Sänger
gewartet: capella scan & play scannt Ihre Noten und spielt
sie vor. Jetzt können Sie Ihre Stimme allein zu Hause üben
ohne Chorleiter und ohne Klavier.
Einfach Noten scannen oder PDF öffnen, erkennen lassen und
vorspielen - Chorsatz oder Einzelstimme, so oft Sie wollen.
capella scan & play, Software für Windows, gibt es bei
www.capella.de ab 28,- Euro
capella-software AG
An der Söhrebahn 4 34320 Söhrewald
Tel. +49 (0)5608-3923 Fax. +49 (0)5608-4651
E-Mail: [email protected] Internet: www.capella.de
Registergericht: Amtsgericht Kassel, HRB 15433
Aufsichtsrat: Dr. Jutta Bott (Vorsitzende) Vorstand: Ute Kirchner
DS 1/2015
9
„ Lügenpresse, halt die Fresse! “
Ein Zwischenruf aus Hamburg mit Ergänzungen aus Mittelhessen
Nicht verwunderlich ist die ungemein
allergische Reaktion der Medien auf
diesen Schlachtruf der Dresdener Pegida-Demonstanten. So etwas sind die
verhätschelten Journalisten nicht gewohnt. Sie erwarten vielmehr, ein jeder
möchte, in der Zeitung ein Interview
geben oder im Fernsehen auftreten.
Hier wollen plötzlich viele mit diesem
Berufsstand nichts zu tun haben.
Die zitierte Parole ist in der Tat völlig
unzutreffend. Wir haben eine freie
Presse, auf die wir stolz sein können
und die in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen unverzichtbar ist.
Dennoch sollte der zu Unrecht angegriffene Berufsstand darüber nachdenken, wie es zu solchen Parolen einer
Vielzahl von Bürgern kommt. Immerhin
haben Tausende wiederholt gewaltfrei
demonstriert. Friedlich zu demonstrieren, ist ihr gutes demokratisches Recht.
Wenn man den Linken nachsieht, dass
sie schnell zur Gewalt neigen, muss
man ertragen, wenn andere anderer
Meinung sind. Sie alle als Ultrarechte
oder gar unbelehrbare Nazis abzutun,
ist mit Sicherheit unzutreffend, dazu
waren zu viele zu häufig dabei.
Hier zeigt sich vielmehr eine verbreitete Staatsverdrossenheit, die auch in der
immer geringeren Wahlbeteiligung
zum Ausdruck kommt. Die Sorgen dieser Leute müssen ernst genommen
werden. Eine Politik der Tabuisierung
oder Verdrängung wird erfolglos sein.
Radikale Parteien werden sonst, wie in
unseren Nachbarländern, immer mehr
Einfluss gewinnen. Le Pen & Co lassen
aus Frankreich herzlich grüßen! Diese
Entwicklung ist auch in Deutschland zu
spüren. Nur der AfD ist es bei der letzten Hamburger Wahl gelungen, zahlreiche bisherige Nichtwähler für sich zu
gewinnen. Die Journalisten sollten vielmehr, möglichst frei von parteilichen
Scheuklappen, sachlich und berichtend,
nicht immer belehrend, nach den Ursachen dieses Bürgerprotestes suchen. Es
bedarf des Dialoges mit den Demonstranten.
Reimer Göttsch (Hols,PJ)
DS 1/2015
1979 wollten wir aus dem gelobten Forschungsland USA zurück
nach Deutschland. Ein wichtiger
Grund dafür war, dass wir endlich
wieder richtige Nachrichten haben
wollten. Schon bald nach unserer
Rückkehr begann aber auch hier
das private Fernsehen. Schnell
passten sich die staatlichen Sender
dem Niveau an. Auch wenn die
Nachrichten hier nicht durch Werbung unterbrochen werden, so
kann man sich kaum noch einen
Sender ansehen, mit Ausnahme
von Phoenix. Immer dasselbe (billige) Bildmaterial, immer dieselben
Gäste in den Talkshows, immer
dieselbe Panikmache überall. Ebola
beherrschte wochenlang die Schlagzeilen; dass nun offenbar ein Impfstoff gefunden wurde, ist nur paar
Zeilen wert. „Charlie Hebdo“
machte uns so betroffen, dass man
in Köln lieber einen leeren Wagen
in den Zug gab, als einmal im Jahr
den Herrschenden – und damit
meine ich nicht die stets nur reagierende Politik - seine Meinung zu
sagen. Aus war mit „D´r Zoch kütt“.
In Braunschweig wurde der Zug
sogar ganz abgesagt. Berufsmäßige
Demonstranten aus ganz Europa
machen Randale in Frankfurt. So
kann man es bei uns bis zum Vizekanzler bringen. Offenbar aus Angst
davor, wieder einmal wegen eines
einzigen Ereignisses eine Wahl zu
verlieren, sagt man lieber alle Termine für die Tragödie in Südfrankreich ab. Der Tsunami ist längst
vergessen. So wird es auch mit anderen Dingen sein, wenn man
nicht endlich agiert statt reagiert.
Nur ein kleines Dorf in Mittelhessen lässt sich von der ganzen Panikmache nicht beeindrucken.
Wenn alle Fernsehsender den Karneval am Rosenmontagabend für
faktisch beendet erklären, geht es
am Fastnachtsdienstag in Heuchelheim erst los. Selbst den Rücktritt
von Benedikt XVI. karikierten die
Narren innerhalb von nur einem
Tag mit „Wir waren Papst“. In diesem Jahr waren die Hessen
vielleicht die einzigen, die den in
Köln nicht gezeigten Motivwagen
nachbauten und mitführten.
[www.giessener-anzeiger.de/lokales/kreis-giessen/heuchelheim/beifastnachtsumzug-des-heuchelheimer-carneval-vereins-kriegt-jedersein-fett-weg_15029291.htm].
Wollen auch wir lieber schnell
vergessen? Lieber nicht! Und
wenn wir in unserem Verband
schon händeringend nach neuen
Texten für das Liederbuch der DS
suchen (vgl. S.4), warum nehmen
wir nicht einfach die Hymne der
friedlichen Demonstrationen in
der DDR? Bettina Wegner hat sie
geschrieben und gesungen [www.
bettinawegner.de; mit Hörprobe].
Wir haben eine CD von einem
berühmten Konzert in der Berliner Waldbühne, auf dem Joan
Baez dieses Lied im Beisein von
Wegner nota bene auf Deutsch
singt: „Sind so kleine Hände“.
Zuletzt heißt es im Text: „Leute
ohne Rückgrat haben wir schon
zu viel.“; leider, leider auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung.
Lasst uns das Lied auf der Rudelsburg am 3.Oktober gemeinsam
singen.
MKr
10
Berichte aus den AHVerbänden
Verbändekommers in Lübeck
Die Altherrenschaften der Akademischen Verbände in Lübeck trafen sich, wie alljährlich,
am 17.1.2015 zum großen Kommers im golddekorierten Großen Saal der „Gemeinnützigen“ zu Lübeck. Für die Ausrichtung war dieses Mal die DS zuständig. Da legten wir uns,
angespornt durch den Vorsitzenden der VAS
Lübeck Vbr Hans J. Mauersberger (Got-Balt),
tüchtig ins Zeug. Vbr Johannes D. Schindler (FrBrun) agierte souverän als Kommersleiter.
Mein Bbr Winfried Wagener (Hols, L! Mecklenburgia-Rostock im CC/Hamburg) wurde als
Festredner aufgeboten. Der Vorsitzer der DS
Vbr Markus Knöpfel (Leop) reiste vom Rhein
an. 14 Holsaten, überwiegend aus Hamburg,
erschienen und bildeten innerhalb der knapp
30 Verbandsbrüder am DS-Tisch eine nicht
zu übersehende Fraktion blauer Mützen. Wer
zu spät kam, den bestrafte hier zwar nicht das
Leben, er hatte aber Platzprobleme.
Wie der Festredner in der nebenstehend abgedruckten Festrede ausführte, war es in
Hamburg in der jüngsten Vergangenheit nicht
immer möglich, solche Kommerse zu veranstalten. Aber jetzt geht es wieder. Wir dürfen
nicht nachlassen bei der Verteidigung unsere
Ideale. Dem Festredner ist deshalb für sein
unermüdliches Wirken für den Hamburger
Kommers vielmals zu danken. Bis zum Hamburger SPD-Innensenator ist er für uns mit
Erfolg vorgedrungen.
In Lübeck fehlte dieses Mal zwar die politische
Prominenz, dafür war es gelungen, aktive Lehrer für die Teilnahme zu gewinnen. Um die
Jugend für uns zu aktivieren, ist dieser Ansatz
von großer Bedeutung. Für die DS war es natürlich kein Problem die Liederauswahl so zu
gestalten, dass sie den nicht korporierten Pädagogen keine Angriffspunkte bot. Wer kann
schon etwas gegen „In allen guten Stunden“,
„Gaudeamus igitur“ und gleichartige Lieder haben? Wir zeigten, wer wir sind, indem der offizielle Teil des Kommerses, wie immer mit
der Nationalhymne als unserem friedlichen
und demokratischen Bekenntnis zu Deutschland in einem vereinten Europa schloss.
Reimer Göttsch (Hols, PJ)
Berichte aus den
Ortsverbänden
Demokratische
Verortungen
von RA Winfried Wagener, Hamburg
(Hols, L! Meckl; Sprecher der ÄdDS)
Festrede anlässlich des Großen Kommerses der Altherrenschaften der Akademischen Verbände zu Lübeck
Das Unheil kommt von links.
Davon jedenfalls waren die
alten Griechen überzeugt.
Deshalb wollte auch niemand
auf dem linken Flügel kämpfen. Andererseits waren die
Griechen trotz ihres Aberglaubens Realisten. Ohne linken Flügel konnte man nicht
in die Schlacht gehen. Also
lösten sie das Problem begrifflich. Sie nannten den linken
Flügel euonymos, was soviel
heißt wie „mit gutem Namen“,
„von guter Vorbedeutung“.
Und damit war links eben
nicht mehr links.
Von den Griechen stammt
die Idee der Demokratie, und
man möchte meinen, auch
das Flügelkonzept. Nur dass
man heute als Ursache für
politisches Unglück den rechten Flügel im Verdacht hat.
Der Aberglaube ist geblieben,
die Aufnahme in die Realität
ist aber eine andere. Rechts
soll niemand mehr kämpfen,
rechts soll rechts bleiben.
Das bedeutet heute für unser Land, dass es politisch
ganz linksaußen anfängt und
schlagartig in der Mitte aufhört. Nicht einmal in der rechten Mitte will noch einer
sein. Denn rechts ist inzwischen zu einem Synonym für
rechtsradikal oder rechtsextremistisch geworden.
Täglich lesen und hören wir
von „rechter Gewalt“, „rechtem Terror“, „rechter Szene“.
Und von den Aktivitäten dagegen: „Kirche gegen Rechts“,
„St. Pauli gegen Rechts“ und
all die „Bündnisse gegen Rechts“,
kurz B.g.R., Hamburger B.g.R.,
B.g.R. Braunschweig, Magdeburg, Weimar, Fürth, Neumünster, Weißenburg, Düren, Nürnberg, Kyffhäuserkreis und endlich das „Bündnis alle gegen
Rechts“. Auch die Union, die
früher einmal die halbrechten Positionen des demokratischen Lebens, das bürgerlich-konservative Lager, den
Mittelstand vertreten hatte,
im Verein mit rechtsliberalen
Kräften, geht ganz und gar in
der Kampagne gegen Rechts
auf.
Schon in der vorangegangenen Legislaturperiode hat sie
als Regierungspartei beachtliche Mittel für Programme
gegen Rechts zur Verfügung
gestellt. 24 Millionen Euro für
„Vielfalt, Demokratie und Toleranz“, später für „Toleranz
fördern - Kompetenz stärken“. Diese Mittel kommen
zur Verteilung an sog. Mobile
Beratungsteams mit Vernetzung auf Landesebene. An sie
kann sich jeder wenden, der
mit rassistischen, rechtsextremen oder antisemitischen
Vorgängen in Berührung gekommen ist. Es werden da
aber auch Programme für allgemeine Informationen entwickelt, für öffentliche Auftritte, Vortragsreihen und
Herausgabe von Broschüren.
Und daran nehmen auch andere politische Vereine und
Gruppierungen teil.
DS 1/2015
Damit Verlass war auf deren
demokratische Gesittung, gab
es Geld zunächst nur gegen
eine Demokratie-Erklärung.
Auf diese Weise sollten Extremisten von einer Förderung ausgeschlossen sein.
Das war die sog. Extremistenklausel. Dagegen erhob sich
heftige Kritik, mit der Begründung, wer gegen rechts tätig
werde, habe per se die Vermutung demokratischer Gesinnung für sich.
So hat denn auch die jetzige
Regierung die Extremistenklausel wieder abgeschafft.
Dabei versteht sich durchaus
von selbst, dass nur demokratische Bestrebungen gefördert werden sollen.
Ob dieses Selbstverständnis
allerdings ausreicht, Extremisten davon abzuhalten, in
demokratische Kassen zu
greifen, mag mit guten Gründen bezweifelt werden.
Es gab bisher auch Mittel zur
Förderung von Aktivitäten
gegen Linksextremismus,
immerhin mit einem Etat von
5 Millionen Euro. „Initiative
Demokratie stärken“ hieß
das Programm. Das hat die
amtierende Regierung jetzt
aber als überflüssig gestrichen. Von der zuständigen
Familienministerin verlautete
dazu, dass jemandem, der einen rechtsextremistischen
Nachbarn hat, nicht mit einem Programm gegen links
geholfen sei.
Das hat nun aber eine logische Tiefe, mit der man auch
etwa die Zahnheilkunde, weil
sie sich zur Behandlung von
Bindehautentzündung als ungeeignet erwiesen hat, abschaffen oder einfach auch
nur den Augenärzten überlassen könnte.
Die 5 Millionen Euro aus dem
Programm „Initiative Demokratie stärken“ sollen im Wesentlichen in den Topf gegen
rechts fließen, der damit für
DS 1/2015
2015 ein Volumen von 30,5
Millionen Euro erhält.
Nun lohnt es sich, einen
Blick in die Statistik des Bundesverfassungsschutzes zu
werfen. Für 2013 sind da
21.700 Rechtsextremisten
ausgewiesen, darunter 9.600
gewaltbereite Personen, an
Linksextremisten 27.700, unter ihnen 6.900 Gewaltbereite. An rechtsextremistisch
motivierten Gewalttaten hat
der Verfassungsschutz 801
Vorfälle, an linksextremistisch
motivierten 1.100 erfasst.
Während die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten
stagniert, haben linksextremistische mit 26,7 % zugenommen.
Natürlich darf man das Zahlenwerk nicht überfordern.
Steine gegen Polizisten einerseits und Angriffe gegen Ausländer andererseits - das lässt
sich rechtlich und gesellschaftlich nicht gegeneinander abwägen, zumindest solange nicht, wie noch keine
richterliche Wertung stattgefunden hat. Aber eines ergibt
die Statistik schon: Ruhig ist
es auf dem linken Flügel
nicht, jedenfalls nicht so ruhig, dass man Verständnis für
die Entscheidung der Regierung haben müsste, Förderprogramme gegen links ersatzlos entfallen zu lassen.
Und zum anderen drängt
sich die Frage auf, wieso es
rechts gleich um 30,5 Millionen Euro schlimmer zugeht
als links. Die Zahlen des Verfassungsschutzes geben das
jedenfalls nicht her.
Gedacht sind die Fördermittel dafür, einen Teil der ideologischen Arbeit in die Zivilgesellschaft hineinzuverlagern. Die ideologische Hauptlast bleibt unabhängig davon
bei den etablierten Parteien.
Und dann haben wir ja auch
noch den Staatsapparat, die
Polizei, die Strafverfolgungsbehörden und den Verfassungsschutz. Da müssen die
Initiativen gegen rechts sich
schon etwas einfallen lassen,
um ihre förderungswürdige
Unentbehrlichkeit zu behaupten. Und da die Initiativen immer mehr werden,
besteht durchaus die Gefahr,
dass ihnen die Themen ausgehen, mit der Folge, dass einige ihr Arbeitsfeld immer
mehr in die rechte Mitte ausdehnen. Da treffen sie dann
auf das konservative Bürgertum, dessen Traditionen und
Tugenden ihnen fremd und
verdächtig erscheinen. So
wie Helmut Kohl es mal auf
den Punkt gebracht hat: in
den Verdacht des Rechtsextremismus gerate schon jeder,
der regelmäßig und pünktlich
zur Arbeit erscheint.
Hilfe gegen diesen Verdacht
gibt es kaum, auch nicht von
der mittigen Mitte. Da gilt:
Jeder sehe, wo er bleibe;
rechts hat niemand etwas zu
suchen, und wer sich da erwischen lässt, hat selber
Schuld.
11
Vbr Winfried Wagener ist in
der DS und im Coburger
Convent als geistreicher und
humorvoller Festredner
bekannt. Andererseits hat er
bereits in seiner Aktivenzeit
als ASTA-Vorsitzender
Rückgrat bewiesen und seine
Ziele eloquent vertreten.
12
Die Bündnisse gegen rechts
sind allesamt linkslastig. Für
das Hamburger Bündnis gegen Rechts genügt es, aus
dem Bericht des Verfassungsschutzes zu zitieren. Da heißt
es:
Das H.B.g.R. wirkt als Klammer
zwischen undogmatischen
Linksextremisten, orthodoxkommunistischen und revolutionär-marxistischen Gruppen. Es
dient zunächst als Schnittstelle
zu nichtextremistischen Gruppen und Einrichtungen und versucht dadurch, seinen Einfluss,
insbesondere zu Mobilisierungszwecken, geltend zu machen.
Der Bericht erwähnt im weiteren kritisch, dass Sprecher
des Bündnisses und verantwortlich für dessen Internetauftritt der Hamburger DKPVorsitzende ist. Und Hauptaktionsfeld der DKP in Hamburg ist seit Jahren das Thema „Antifaschismus“.
Die Grüne Jugend Hamburg
stößt sich an dieser distanzierten Berichterstattung.
Ihre Sprecherin erklärt dazu:
Häufig geht es dem Bündnis
darum, extrem rechten Parteien die Öffentlichkeit zu nehmen ... Dabei ist das gemeinsame Ziel der Dreh- und Angelpunkt der Bündnisarbeit - Weltanschauungen der Bündnispartner spielen keine Rolle.
Und der Koordinator der
Arbeitsgruppe Antifaschismus/Antirassimus der Grünen Jugend Hamburg bemerkt ergänzend: Gerade
den im Bericht [des Verfassungsschutzes] erwähnten Vorsitzenden der Hamburger DKP
... haben wir als engagierten
und couragierten Bürger kennengelernt, der sehr sachbezogen und undogmatisch arbeitet.
Nun fragt man sich allerdings,
wie das gehen soll, dass
jemand undogmatisch gegen
rechts antritt, zumal als
ausgewiesener Kommunist
und Antifaschist. Dabei darf
man sich keineswegs vor-
stellen, dass es den Antifaschisten darum zu tun ist, die
Demokratie zu retten. Die
erscheint ihnen gleichermaßen überflüssig wie den
Rechtsextremisten, nur dass
sie sich von denen nicht das
Heft des Handels aus der
Hand nehmen lassen wollen.
So heißt es denn in einem
Demonstrationsaufruf
Ultralinker zum Tag der
Deutschen Einheit in Leipzig:
Antifaschismus bedeutet nicht,
das „demokratische Gemeinwesen“ kapitalistischer Prägung
gegen die „Verfassungsfeinde“
zu verteidigen, wie es die so
bezeichnete „Zivilgesellschaft“
tut. Vielmehr ist Neonazismus
eine Bedrohung für emanzipatorische linke Gesellschaftskonzepte.
Das bedeutet für Teilnehmer
aus der Zivilgesellschaft,
durchaus darauf gefasst sein
zu müssen, von den orthodoxen Kommunisten unter
diejenigen gerechnet zu werden, auf die Lenin den Begriff
der „nützlichen Idioten“ geprägt hat.
Mit seiner Arbeit gegen
rechts hatte sich das Hamburger Bündnis als Drehund Angelpunkt eine Landsmannschaft, ein Weinheimer
Corps und ganz besonders
eine Burschenschaft in Hamburg vorgenommen. Bei denen wollte es im Wesentlichen Kontakte mit Personen
ausgemacht haben, die
wiederum Kontakte zur
NPD gehabt haben sollen.
Der angemaßte Wahrheitsanspruch des Bündnisses
lässt eine sachliche Diskussion nicht zu. Es mag daher
ausreichen, anzumerken,
dass die drei Verbindungen,
anders als das Hamburger
Bündnis gegen Rechts, nicht
vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
Natürlich interessierte sich
das Bündnis auch für das
Umfeld der drei Verbindun-
gen. Und da deren Verbände
mit ihren Ortsvereinigungen
Mitglieder der Vereinigung
Hamburger Akademikerverbände waren, darf es nicht
verwundern, dass das Hamburger Bündnis gegen Rechts
auch da seine Mobilisierungszwecke verfolgte.
Die Vereinigung Hamburger
Akademikerverbände (kurz:
VHA) ist 1903 als Akademischer Bismarck-Ausschuss
gegründet worden. Mitglieder
sind die Ortsvereinigungen
der beiden Corpsverbände,
des Coburger Convents, der
Deutschen Burschenschaft,
der Deutschen Sängerschaft
und des Bundes Deutscher
Ingenieur-Korporationen, im
freundschaftlichen Zusammenwirken mit anderen
Ortsvereinigungen, so des
CV und des VDSt.
Mehr als 30 Jahre lang hatte
die VHA ihre Kommerse in
der Aula der Handwerkskammer Hamburg gefeiert.
2006 gab es erstmals Unstimmigkeiten im Verhältnis
zur Handwerkskammer. Das
Hamburger Bündnis gegen
Rechts hatte die von ihm beobachtete Burschenschaft
wegen angeblicher Propagandastraftaten angezeigt und die
Polizei zu Ermittlungen veranlasst. Das Verfahren wurde
später eingestellt. Aber erst
einmal berichtete die Presse
über den Vorgang und verschaffte der Sache damit einige Aufmerksamkeit. In dem
Zusammenhang kam der
damals anstehende Verbände-Kommers ins Gerede. Die
Polizei, aufgrund ihrer Erfahrung mit dem Hamburger
Bündnis, hielt es deshalb für
richtig, den Kommers unter
polizeilichen Schutz zu stellen. Das erwies sich aber als
unnötig. Die befürchteten
Störungen blieben aus.
Gleichwohl fühlte sich die
Handwerkskammer unbehaglich und legte der VHA nahe,
DS 1/2015
„dass Sie darüber nachdenken, ob es nicht auch in Ihrem Interesse liegt, in einem
anderen, nicht so exponierten Haus wie die Handwerkskammer zu tagen, um
ähnliche Vorkommnisse zu
vermeiden“. Die VHA wich
deshalb in der Folgezeit auf
andere Säle in der Stadt aus.
Umso überraschter war sie,
ein Jahr später ein Schreiben
des Geschäftsführers der
Handwerkskammer zu erhalten, mit der Einladung, ihre
Kommerse wieder ins Haus
der Kammer zu verlegen. In
dem Schreiben war von einem bedauerlichen Missverständnis die Rede und es
heißt da: Eine Absage wollte
ich Ihnen nicht erteilen, denn
selbstverständlich haben wir Sie
gern zu Gast in unserem Hause. Unser Gewerbehaus steht
grundsätzlich allen demokratischen Organisationen zur Anmietung offen. Dies gilt auch
für den Verbändekommers.
Für 2009 buchte die VHA
daraufhin wieder den Festsaal
der Handwerkskammer.
Kurz vor dem Termin richtete das Hamburger Bündnis
gegen Rechts einen offenen
Brief an die Handwerkskammer. Daraus zitiere ich hier:
Das Hamburger Bündnis gegen
Rechts fordert in einem offenen
Brief die Handwerkskammer
Hamburg auf, die Räume für
den Verbändekommers zu kündigen. ... Elitedünkel und Vetternwirtschaft, Diskriminierung
von Frauen und Nichtdeutschen, das Pflegen von ritualisierten Alkoholexzessen und
Körperverletzungen, sowie eine
offene Flanke zu neofaschistischen Kreisen sind mit einer
modernen, demokratischen
Universität, welche allen Studierenden, unabhängig von
Herkunft und Geschlecht offensteht, unvereinbar. Wir fordern
Sie deshalb hiermit höflich auf,
den Veranstaltern des Verbändekommerses keine Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.
DS 1/2015
Gleichzeitig meldete das
Hamburger Bündnis eine Demonstration gegen den Kommers an, natürlich zeitgleich
und vor dem Haus der
Handwerkskammer. Die Polizei stellte sich deshalb bei
der Kammer vor, um geeignete Sicherheitsmaßnahmen
zu besprechen. Damit war
die Kammer allerdings überfordert. Sie entschloss sich,
der VHA eine Absage zu
schicken, mit der Begründung:
Wie bereits in der Vergangenheit ist es betreffend Ihrer Veranstaltung erneut zu Presseanfragen und Reaktionen aus der
Öffentlichkeit gekommen. So
sollen studentische Verbindungen, denen rechtsextremistisches Gedankengut nachgesagt
wird, den Wunsch geäußert haben, an dem Kommers teilzunehmen. Aufgrund der angekündigten Teilnahme wurden
wir von dem zuständigen Polizeikommissariat über anstehende Demonstrationen informiert. Die Handwerkskammer
ist ein weltoffenes und modernes Haus. Die Veranstaltung
des Verbändekommerses passt
unter diesen Umständen nicht
in diesen Kontext.
Eine Gelegenheit zur Stellungnahme gab es nicht. Die
VHA versuchte noch im letzten Augenblick, den Kommers in einen Saal des Hotels
Intercontinental zu verlegen.
Der Mietvertrag war bereits
unterzeichnet.
Da trat wieder das Hamburger Bündnis gegen Rechts in
Erscheinung, wie zuvor mit
einem offenen Brief und der
Anmeldung einer Demonstration vor dem Hotel. Das
wollte die Hotelleitung ihren
Gästen nicht zumuten und
kündigte ebenfalls kurzerhand das Mietverhältnis mit
der VHA.
So musste der Kommers
2009 ausfallen. Und das
Bündnis gegen Rechts notier-
te mit Genugtuung: Die VHA
musste dieses Jahr erstmalig
eine empfindliche Niederlage
einstecken.
Auch in den beiden folgenden Jahren gab es keinen
Verbändekommers in Hamburg. Die VHA musste
schon, wenn sie sich nach
anderen Räumen für ihren
Kommers umsah, den Eigentümer und Vermieter auf
ihre Gegnerschaft mit den
Linken hinweisen. Ein Verschweigen wäre unredlich
gewesen, angesichts der
Wahrscheinlichkeit, dass das
Bündnis gegen Rechts wieder
mit Offenen Briefen und Demonstrationen reagieren
würde. Das aber wirkte abschreckend auf die Vermieter geeigneter Räumlichkeiten.
Die VHA versuchte noch
einmal, die Handwerkskammer umzustimmen, im Verein mit ihr nahestehenden
Mitgliedern der Handelskammer und Politikern. Leider
ohne Erfolg. Die Handwerkskammer war nicht bereit,
über ihren Schatten zu springen. Zwar gestand der Kammerpräsident in einem
Schreiben an den Vorstand
der VHA ausdrücklich zu: Sie
und Ihr Verband genießen in
dieser Stadt ein hohes Ansehen
und sind fest in der Hamburger
Gesellschaft verwurzelt.
Gleichwohl hielt er an seiner
Entscheidung fest, die Aula
der Kammer auch künftig
nicht mehr an die VHA zu
vermieten. In seiner Begründung heißt es: Diese Entscheidung wurde ausschließlich auf
der Basis getroffen, dass die
Handwerkskammer Hamburg
ein weltoffenes und modernes
Haus ist und die Veranstaltung
des Verbändekommerses gerade im Rahmen der soeben gestarteten Imagekampagne nicht
länger in diesen Kontext passt.
Da die Kammer zwei Jahre
zuvor noch versichert hatte,
13
14
dass ihr Gewerbehaus
grundsätzlich allen demokratischen Organisationen zur
Anmietung offen stehe, hat
es den Anschein, als sei es
ihre Imagekampagne, die aus
dem demokratischen Kontext gefallen ist, mal ganz abgesehen von der Diskriminierung eines Verbandes, der in
der Stadt „ein hohes Ansehen“ hat und „fest in der
Hamburger Gesellschaft verwurzelt“ ist. Auch auf diese
Unvereinbarkeiten kann sich
das Hamburger Bündnis gegen Rechts allerdings etwas
zugutehalten.
Als nächstes hatte sich die
VHA mit einer Broschüre zu
befassen unter dem Titel
„Rechtsextremisten nicht auf
den Leim gehen. Ein Ratgeber
für die Gastronomie“, herausgegeben von Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR), Mobiles
Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Hamburg und
dem Deutsche Hotel- und
Gaststättenverband Hamburg (DEHOGA), bezahlt aus
dem Bundesprogramm
„Kompetent für Demokratie“. Darin wurden der Hotellerie und Gastronomie
Hinweise dafür gegeben, wie
man rechtsextremistische
Gäste erkennt und den Umgang mit ihnen vermeidet.
Die Einleitung nennt einige
Beispiele für rechtsextremistische Veranstalter, die versucht hatten, sich in Hotels
und Gaststätten einzuschleichen. Und da liest man dann
tatsächlich: Auch das Intercontinental Hotel und die Handwerkskammer Hamburg positionierten sich klar gegen eine
extrem rechte Veranstaltung in
ihren Räumen - nachdem sie
durch das Hamburger Bündnis
gegen Rechts über den Hintergrund der Mietanfrage informiert worden waren. In diesem
Fall ließ der Name der Veranstaltung, „Verbändekommers
der Vereinigung Hamburger
Akademikerverbände - Akademischer Bismarckausschuss“
(VHA), nicht gleich auf einen
rechtsextremen Hintergrund
schließen.
Ein Hinweis auf die über 30jährige Geschäftsbeziehung
zwischen der VHA und der
Handwerkskammer sowie
auf langjährige Übung des
Hotels Intercontinental, Räume an einen der Mitgliedsverbände der VHA zu vermieten, fehlt natürlich, denn
das hätte das Eingangskapitel
der Broschüre entscheidend
um seine Wirkung gebracht.
Aber nicht nur deshalb verwahrte sich die VHA gegen
ihre Verunglimpfung in der
Broschüre, und sie verlangte
Unterlassung. Das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Hamburg wies die
Forderung zurück. Für seine
Begründung berief es sich
weitgehend auf die Meinungshoheit des Hamburger
Bündnisses gegen Rechts,
machte seine Entscheidung
aber auch daran fest, dass die
VHA als Redner zu ihrem
letzten Kommers, der abgesagt werden musste, Prof.
Menno Aden eingeladen hatte.
Nun ist zwar richtig, dass
Prof. Aden die konservative
Seite des politischen Lebens
vertritt. Daraus aber ableiten
zu wollen, dass man sich mit
einer Einladung an ihn ins
rechtsextremistische Abseits
begebe, lässt eher auf ideologische Verirrung schließen,
jedenfalls nicht auf demokratische Kompetenz. Für eine
Stärkung solcher Kompetenz
waren aber die Fördermittel
des Bundes gedacht gewesen,
die auch an das Hamburger
Beratungsnetzwerk gegen
Rechtsextremismus reichlich
geflossen sind, immerhin in
2010 200.000 Euro und in
2011 und 2012 jeweils 250.000
Euro.
Der DEHOGA kam dagegen,
auch ohne Förderung aus
Mitteln des Bundesfamilienministeriums, zu der richtigen Erkenntnis und gab dem
Verlangen der VHA nach. Er
schrieb der Vereinigung:
Der DEHOGA Hamburg e.V.
hat nach genauer Prüfung der
von Ihnen unterbreiteten Unterlagen und aufgrund eigener
eingehender Recherchen und
Gespräche festgestellt, dass die
Qualifizierung Ihres seit vielen
Jahrzehnten veranstalteten
Verbändekommerses als „extrem rechte Veranstaltung“ und
als Veranstaltung mit „rechtsradikalem Hintergrund“ in der
Broschüre „Rechtsextremisten
nicht auf den Leim gehen“ unzutreffend ist. … Der DEHOGA Hamburg e.V. sagt Ihnen
daher zu, diese Broschüre und
die ihm überlassenen Exemplare in der derzeitigen Fassung ...
nicht mehr zu verwenden.
Danach fand die VHA auch
wieder Räumlichkeiten und
einen Vermieter, der nicht
bereit ist, sich dem Druck
der Straße zu beugen. Seitdem finden die Kommerse
wieder in gewohntem Rahmen statt. Vor zwei Jahren
mit Weihbischof Dr. Jaschke
als Festredner, vor einem
Jahr sprach Pastor Blaschke
von der Stadtmission.
Ruhig ist es auch auf den Nebenkriegsschauplätzen geworden. Das Hamburger
Bündnis gegen Rechts hatte
nicht nur die VHA und einige
Verbindungen angegriffen,
sondern auch einzelne Funktionsträger, so den Altherrenvorsitzenden jener Burschenschaft, stellvertretender Leiter eines Finanzamts,
und den Vorsitzenden einer
Ortsvereinigung in der VHA,
leitender Mitarbeiter des
NDR. In beiden Fällen hatte
das Bündnis Entfernung aus
dem Dienst verlangt. Finanzverwaltung und Rundfunk
haben das nach ausgiebiger
Prüfung schließlich zurückgewiesen.
DS 1/2015
Man darf sich das aber nicht
so einfach vorstellen. Das
Zurückweichen der Handwerkskammer und des Hotels Intercontinental machen
hinreichend deutlich, dass
sowohl öffentlich-rechtliche
Institutionen als auch Unternehmer aus Furcht vor Unbequemlichkeit und geschäftlichen Nachteilen geneigt
sind, sich aus rechtlichen
Bindungen mit Vertragspartnern zu lösen, die von Linken
an deren rechtsextremistischen Pranger gestellt werden. Eine Gegnerschaft mit
Linksextremisten kann
durchaus Gefahr für eine
bürgerliche Existenz bedeuten.
Im Fall des NDR-Mitarbeiters
hatte das Hamburger Bündnis gegen Rechts im Übrigen
aus einer vertraulichen
Email-Korrespondenz zwischen den Vorsitzenden der
in der VHA vertretenen
Ortsvereinigungen und dem
VHA-Vorstand zitiert. Bis
heute konnte nicht ermittelt
werden, wie das Bündnis sich
Zugang zu diesem Schriftwechsel hat verschaffen können. Ähnlichkeiten mit Methoden der aufgelösten
Staatssicherheit sind wahrscheinlich nicht zufällig.
Gegen die Umtriebigkeiten
der Ultralinken ist die Politik
keine verlässliche Hilfe.
Einmal scheint es ihr egal zu
sein, wem sie mit ihren Förderungsprogrammen gegen
rechts in die Hände spielt.
Zum anderen erlaubt sie linke Demonstrationen gegen
unsere Veranstaltungen, in
Kenntnis dessen, dass es
dabei nicht um grundrechtlich geschützte Meinungsäußerung geht, sondern um
Störungen mit dem Ziel, uns
das Grundrecht der Versammlungsfreiheit zu nehmen. Dass der Staat dagegen
auch gleich noch seine Polizei
mitschickt, macht die Sache
DS 1/2015
nicht besser, im Gegenteil, es
steigert eher noch das Interesse der Demonstranten und
die Besorgnis der Raumvermieter.
Auch in anderen Städten
sind die Ereignisse nach diesem Muster abgelaufen. So in
Frankfurt, als dort 2010 der
CDA sein 60-jähriges Bestehen feierte und gleichzeitig
der 10. Deutsche Akademikertag stattfand. Auch da
kam es zu Raumkündigungen
seitens der Industrie- und
Handelskammer und des Hotels Mövenpick, und es fehlte
gleichfalls nicht an massiven
Störungen durch die linke
Szene.
Auf einer gesellschaftspolitischen Veranstaltung des Lassalle-Kreises, einer Vernetzung von Korporierten in
der SPD, in Gemeinsamkeit
mit dem VDSt. Ende 2011
gab es Gelegenheit zu einer
Diskussion mit dem Hamburger Innensenator. Da
habe ich die Nöte der VHA
ins Gespräch gebracht und
vorgeschlagen, ihr Räume im
Rathaus zur Verfügung zu
stellen. Das wollte der Senator, nach Hamburger Brauch,
aber nur für den Fall eines
runden Jubiläums in Erwägung ziehen. Inzwischen riet
er dazu, die Auseinandersetzung mit den Ultralinken politisch zu bewältigen.
Das mag wenig erscheinen,
und so ist es mir zunächst
auch vorgekommen. Aber es
lohnt sich, darüber nachzudenken. Um politisch wirken
zu können, müssen wir erst
einmal die Öffentlichkeit gewinnen, die uns die Linken
nehmen wollen. Wir dürfen
uns nicht in unseren Häusern verschanzen, müssen
sie vielmehr offenhalten für
Gespräche mit Politikern,
Wissenschaftlern, Literaten
und Künstlern. Es geht darum, uns den Ideen der Zeit
zu stellen, mit den Werten
unserer Tradition. Das muss
unser Beitrag sein, die demokratische Balance in unserem
Land wieder herzustellen
und die extremistischen Gespenster, gleich welcher
Couleur, dahin zu verbannen, wo sie hingehören, in
das Gruselkabinett der Geschichte.
Blick in die
Musikgeschichte
(dpa) Hamburg hat ein neues
Komponistenquartier: Nach
zwei Jahren Planungs- und
Bauzeit wurden die neuen Ausstellungsräume für Georg Philipp Telemann, Carl Philipp
Emanuel Bach und Johann
Adolf Hasse eröffnet. In den
historisch rekonstruierten Bürgerhäusern in der Nähe des
Michels ist bereits seit 1971 das
Brahms-Museum untergebracht.
Originale Libretti und Noten,
Entwürfe von Bühnenbildern,
Instrumente, Konzertprogramme und Briefe geben auf 200
Quadratmetern Einblicke in die
Lebens- und Arbeitsbedingungen der Komponisten. Grafiken
und Wandtexte stellen Bezüge
zur Stadtgeschichte her, zeigen
politische Hintergründe und
machen musikstilistische Entwicklungen nachvollziehbar.
Gießener Anzeiger 19.3.2015
15
16
Vergessene Schriftsteller (2):
Hermann Sudermann (1857-1928)
Sodoms Ende (1890).
Karikatur von Georg Brandt
zur Zensur von Sudermanns
gleichnamigen Stück. Die
Bildunterschrift lautet: Der
Dichter Sudermann wird
nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass sein
Stück mit dem polizeilichen
Sittenkodex in Widerspruch
steht.
Der Memelländer Hermann
Sudermann wurde als Theaterschriftsteller begeistert gefeiert, allerdings auch heftig kritisiert. Er galt lange als berühmtester Naturalist und
lief Gerhart Hauptmann zeitweise den Rang ab. Er war
ein Großverdiener und konnte sich das Schloss Blankensee, südlich von Berlin gelegen, und eine Villa im Berliner
Grunewald als Wohnstätte
leisten. Stolz veröffentlichte
sein Verleger, der Cotta Verlag in Stuttgart, 1922 die Auflagen seiner epischen Werke,
als Sudermanns Jugend-Autobiographie, das Bilderbuch
meiner Jugend [1] erschien.
Seine bekanntesten Romane,
Frau Sorge und Der Katzensteg brachten es zusammen
auf 400 000 Exemplare. Naturgemäß hatten die gedruckten Dramen geringere
Auflagen, waren dafür aber
auf den deutschen Theatern
gefragt.
Einer seiner schärfsten Kritiker Alfred Kerr (1867-1946)
bekannte in einer Kritik des
Stücks von
1896, dass
Sudermanns
Stück „Die
Ehre“ ein
namenloser
Erfolg gewesen sei [2].
Sudermann
war also zu
Lebzeiten
ein gefeierter Autor
und wurde
doch von
den führenden Theaterkritikern
Berlins ver-
rissen. Ihn muss das sehr geschmerzt haben, denn er
wehrte sich gegen seine allzu
gnadenlosen Kritiker mit der
Schrift Die Verrohung in der
Theaterkritik. J. G. Cotta’sche
Buchhandlung Nachf., Berlin
und Stuttgart 1902. Gegen
diese Antikritik hatte Kerr
frühere Kritiken mit einem
Vorwort veröffentlicht (Titel
s. oben). Der Verriss seiner
Stücke muss Sudermann hart
getroffen haben, denn er
wollte glänzen und musste
sein fehlendes Selbstbewusstsein kompensieren. Er
bekennt nämlich in seinen
Jugenderinnerungen, dass er
mehrfach gedemütigt wurde,
was „eine Stimmung des Gedrückt- und Geducktseins in mir
schufen, die im späteren Leben
bei jeder Attacke meiner Umgebung lähmend hervortrat
[3]“. Paul Fechter (18801958) bestätigt Sudermanns
Empfindsamkeit in einer
posthumen Würdigung des
Schriftstellers: „Die Kritik begann ihn fast gewohnheitsmäßig
zu verhöhnen, und der empfindliche Mann litt dabei Höllenqualen“[4]. Als Wilhelm II.
ihm 1890 den Schillerpreis
verweigerte, weil sein Drama
Sodoms Ende einen Theaterskandal verursachte, nannte
der Berliner Volksmund das
Stück in Sudermanns Ende um.
Das entsprach nicht den Tatsachen. Ab 1910 werden viele seiner Werke verfilmt, bis
1975 mehrfach. Seine Theaterstücke werden in der
Spielzeit 1911/12 1.169mal
aufgeführt, 1927 malt Max
Slevogt auf Veranlassung seines Verlages das Porträt Sudermanns. Ab 1912 erhält er
mehrere Ehrungen, unter an-
derem auch den Preußischen
Kronenorden und das Eiserne Kreuz.
Sudermann hatte erreicht,
was er schon als Kind erträumt hatte: Ein Leben als
Berühmtheit und Herr, herausgehoben aus der Menge
der Mitmenschen. Niemand
hätte ihm das bei seiner Geburt vorhersagen können, als
er am 30. September 1857
als Sohn eines Bauern und
Bierbrauers in Matzicken
(Kreis Heydekrug, Ostpreußen) geboren wurde. In seinen Memoiren lässt er keinen Zweifel aufkommen,
dass er einfacher Herkunft
war: Auf einem Gutshof kam
ich zur Welt. Doch nicht etwa
im Herrenhause. So hoch verstiegen sich meines Lebens
Sterne nicht. Gleich links am
Torweg lag eine Brauerei {…}
ein dürftiger Feldsteinbau [5].
Eine Tante, die den Jungen
bei sich aufnimmt, ermöglicht
ihm eine höhere Bildung in
der Realschule Elbing. Nach
einer nicht abgeschlossenen
Apothekerlehre in Heydekrug kann er das Realgymnasium Tilsit besuchen und erwirbt dort 1875 das Abitur.
Ein Studium in Königsberg
und Berlin schließt sich an,
kann aber aus Geldmangel
nicht beendet werden. Er
nimmt später das Studium
noch einmal wieder auf, erreicht aber nie einen Abschluss. Die Wende in seinem reichlich chaotischen
Jugendleben beginnt, als er
sich mit Anfängerarbeiten an
den bayerischen Schriftsteller Hans Demetrius Ritter von
Hopfen (1835-1904) wendet.
Der ermutigt ihn zu weiteren
DS 1/2015
Arbeiten und nimmt ihn als
Hauslehrer bei sich auf.
Dadurch hat er endlich ein
geregeltes Einkommen und
wird durch den jüdischen
Bankier Neumann mit Politikern und Journalisten bekannt. An dieser Stelle seines
Lebens lässt er seine Jugendbiographie enden; eine Fortsetzung bleibt Fragment.
Nun beginnt sein grandioser
gesellschaftlicher Aufstieg,
allerdings auch sein Leiden an
der Berliner Theaterkritik.
Sudermann war Sozialdemokrat und hatte großen Erfolg
mit seinen Theaterstücken,
die sich kritisch mit der deutschen Gesellschaft der Kaiserzeit beschäftigten. Deshalb
sind aber auch seine Dramen
historisch geworden und fehlen heute auf deutschen Bühnen. Wir haben nun auch
mehr Verständnis für Alfred
Kerrs allzu gnadenlose Kritik.
Sudermann, so schimpft Kerr
im Präludium seiner Schrift
von 1902 [6], sei ein Schädling in der Kunst unseres Landes; als ein Operettengeneral;
als ein Abschöpfer, der die neuen Bewegungen der Zeit mit
der Marlitt verschmolz [7], das
Wesentliche trivialisierte. In
seinen Kritiken, die er in diesem Büchlein nochmals abdrucken ließ, urteilte er: Sudermanns Werke seien verlogen [8], er selbst sei ein Blender [9], insgesamt sei er die
„harmloseste Poetennatur, die
noch über die Erde wandelt“
[10]. Das ist weiß Gott starker Tobak und ohne Zweifel
Ausdruck eines selbstbewussten Gottesgnadentums.
Sudermann wehrte sich dagegen in seiner Antikritik [11].
Er druckte darin Aufsätze
wieder ab, die er im Berliner
Tageblatt veröffentlicht hatte.
Er spricht von einer „Verseuchung unseres Theaterfeuilletons mit Hohn und Verachtung“
[12] und nennt Maximilian
Harden (1861-1927) als einen aufzuspießenden Kritiker.
DS 1/2015
Er verzichtet nicht auf einen
Sündenkatalog der neueren
deutschen Theaterkritik und
bringt Beispiele und Zitate.
Alfred Kerr ist für ihn der extremste dieser Kritiker: „Er
nährt die schadenfrohe Lachlust
der Menge, und diese Lachlust
nährt ihn“ [13]. Dabei erkennt
er durchaus Kerrs ästhetischen
Tiefblick an [14]. Schließlich
fordert er die ehrliebenden
Elemente des Publikums auf,
„ein für allemal ihr [der Kritiker] mörderisches Handwerk
zu legen“ [15].
Sudermann hätte auf seine
Kritikerschelte auch ebenso
gut verzichten können, denn
so löste er nur weitere Kritiken aus; diese selbst verhinderten nicht seinen Erfolg:
1903/04 reist er in damals
exotische Länder, kauft 1909
im Grunewald eine Villa und
erlebt in der Spielzeit 1911/
12 eine Aufführung seiner
Stücke 1.169mal.
Zusammen mit den vielen
Filmrechten muss er hohe
Einnahmen gehabt haben.
Allerdings bleiben persönliche Krisen nicht aus: Der
Tod seiner Frau Clara 1924
wirft ihn beinahe aus der
Bahn. Er stirbt am 21.11.28
in Berlin und wird auf dem
Friedhof Grunewald begraben, neben seiner Frau.
Es bleibt schließlich die Frage
offen: Warum hat die Ablehnung seines Werkes von den
berühmtesten Theaterkritikern seiner Zeit seinen Erfolg
nur unwesentlich behindert?
Man muss sich zunächst darüber klar werden, dass die
Kritiker die Basis ihrer Urteile auf höchstem intellektuellem Niveau ansiedelten, das
Sudermann und mit ihm das
Publikum nicht verstanden.
Kerr übertrieb schließlich
seine Abneigung und verlor
jedes Maß, selbstverliebt in
seinen brillanten Schreibstil.
Sudermann dagegen schrieb
nicht für die Ewigkeit, son-
dern für die Gegenwart und
geriet für spätere Generationen ins Abseits. Sein Stil ist
lesbar, aber nicht vorbildhaft.
In seinen Romanen und Novellen ist er bis heute spannend geblieben. In seinen
Litauische[n] Geschichten
verzichtet er auf fiktive Ortsnamen, sondern bildet realistisch seine Heimat ab. In die
Nähe der Marlitt rückt er
aber mit seinen vielen Handlungsumbrüchen. Im Roman
Katzensteg z. B. zeigt der Romanheld anfangs der ihm
treu ergebenen Dienerin
eher Verachtung als Zuneigung, was aber in einer überraschenden Kehrtwendung
doch noch zur Heirat führt.
Sudermann benutzt Handlungsumbrüche als Mittel zur
Spannungssteigerung. Seine
Prosa lebt also von überraschenden Wendungen, so
wie sie auch in der Trivialliteratur häufig zu finden sind.
Kerr hat mit seinem Hinweis
auf die Romane Marlitts doch
nicht ganz Unrecht.
Werner Grütter
(Hols, Htb, Frid)
1. Hermann Sudermann, Das
Bilderbuch meiner Jugend. J. G.
Cotta’sche Buchhandlung Nachf.,
Stuttgart und Berlin 1922
2. Alfred Kerr, Herr Sudermann,
Der D..Di..Dichter. Ein kritisches
Vademecum, Verlag Helianthus,
Berlin 1903, S.22
3. Bilderbuch meiner Jugend. a.a.O.,
S. 51f.
4. Paul Fechter Hrsg., Hermann
Sudermann, Heimat im Osten. J.
G. Cotta’sche Buchhandlung
Nachf., Stuttgart o. J. (1957), S. 15
5. Bilderbuch meiner Jugend. a.a.O.,
S. 7
6. Alfred Kerr, Herr Sudermann …
a.a.O. S. 10
7. a.a.O. S. 10
8. a.a.O., S. 27
9. a.a.O., S. 45
10. a.a.O., S.56
11. Verrohung in der Theaterkritik.
Zeitgemäße Betrachtungen. J. G.
Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger, Berlin und Stuttgart 1902.
12. a.a.O., S. 6
13. a.a.O., S. 29
14. a.a.O., S. 31
15. a.a.O., S. 35
17
18
Berichte aus den
Aktivitates
S! Leopoldina Breslau
Köln
Auch wenn der Elferrat nur
fünf Jecken umfasst, auch
wenn die Band in die dunkelste Ecke verbannt wurde, der
Stimmung tat das ganz
offensichtlich keinen Abbruch.
Der Fuchs schaut derweil
etwas skeptisch drein: Wie
soll das nur werden, wenn
jetzt schon in der DS-Zeitung
für 2016 Reklame gemacht
wird? Wir tun es gern!
Siebte Karnevalskneipe
Wenn in Köln die fünfte Jahreszeit auf ihren Höhepunkt zusteuert, geht das ausgelassene Feiern
natürlich auch an unserem Leopoldiner-Haus nicht vorbei. So
ist die Karnevalskneipe nun
schon seit sechs Jahren fester
Bestandteil des Wintersemesters.
Die Corona musste dicht zusammenrücken und einige Stühle
wurden beigestellt, ehe der Präsident nebst Elferrat einmarschierte. Auch in diesem Jahr
hatte sich wieder die Saalkapelle,
bestehend aus AHx Boris Pohlmann (Gitarre/Gesang), Thomas
Bonni (Schlagzeug), Arne Laufkötter (E-Bass), Steffen Rotthues (EBass/Gitarre) und Jens-Philipp Dahl
(Posaune), nach zwei intensiven
Proben im Vorfeld, zusammengefunden. Unter den Klängen des
bekannten Karnevalsliedes der
Höhner „Dicke Mädchen“ schritt
Sven Tritschler an der Spitze des
Elferrats, der sich aus Matthias
Büschges, Johannes Bärmann, Ben-
jamin Funke und Kijawash ShahHoisseini zusammensetzte, ins
Präsidium. Große Mengen Kamelle und Konfetti wurden beim
Einzug in die Menge geworfen.
Mit dreimal „Kölle Alaaf“ begrüßte unser AH Sven Tritschler
die Jecken im Saal, besonders die
anwesenden Damen, drei Farbenbrüder aus Münster, einen
Verbandsbruder aus Berlin, zwei
Waffenbrüder aus Bonn sowie
alle Bundesbrüder und Gäste,
die sich vom unbeständigen
Wetter nicht hatten abschrecken
lassen und den Weg auf unser
Haus fanden.
Die Karnevalskneipe lebt von
ihren Beiträgen. So forderte ich
als erster Redner des Abends
das Publikum auf, mich bei einem Lied zu unterstützen. Das
entpuppte sich für die Corona
zwar als Herausforderung, aber
niemand ließ darin nach, diese
anzunehmen. Der zweite Auftritt
gehörte Hermann Lucks und Philip
Hlawaty, die in langer Vorbereitung ein humoristisches Grußwort mit besonderen sprachlichen Kniffen verfasst hatten. Das
Lachen im vollbesetzten Kneipsaal verstummte nicht, denn
schon stand der nächste Beitrag
von Johannes Bärmann und Steffen Rotthues im Programm. Sie
hatten zahlreiche kurze Witze
vorbereitet, bei denen die Füxe
Anthony Greinke und Philip Hlawaty
sich mit Wasser gefülltem Mund
gegenüberstanden und es den
beiden sehr schwer fiel, im
wahrsten Sinne den Mund zu
halten. Am Ende siegte Philip Hlawaty knapp, der zweimal weniger
vor Lachen das Wasser ausspucken musste. Sicher hat auch die
Kohlensäure das Einhalten erschwert.
Zwischen den Auftritten wurden
immer wieder Karnevalslieder
gesungen, die in einem eigens für
den Tag angefertigten Heft für
jeden zum Mitsingen bereitlagen.
Auch unser Chor unter der Leitung von Thomas Bonni ließ es
sich nicht nehmen, einige Karnevalslieder teils mehrstimmig zum
Besten zu geben.
Ein besonderes Lied in kölschem
Dialekt bot AH Marcus Heinen
dar. Dieser Klassiker rheinischer
Kultur sorgte mit seinem
schwungvollen Rhythmus für
Stimmung. Marcus Heinen war es
auch der in diesem Jahr aufgrund seiner besonderen Verdienste eine Narrenkappe überreicht bekam und zum Ehrensitzungspräsidenten ernannt wurde. Originell war auch der Beitrag unseres AH Eberhardt Brauner, der einen schelmischen
Überblick über das Leben jedes
Mannes gab. Wer in den letzten
Jahren dabei war, wartete sicher
auch schon auf einen Vortrag
von Bbr Heiko Pfeil, der in seiner
Paraderolle „Goethes Faust in
fünf Minuten“ präsentierte und
damit alle Lacher auf seiner Seite
hatte.
Unsere Karnevalskneipe war aus
meiner Sicht wieder ein besonderes Highlight dieses Semesters
und ist in dieser Form sicherlich
einzigartig. Letztes Lied des
Abends war wie schon in den
letzten Jahren „Bye Bye My
Love“ von den Black Föös, ehe
unsere Band an Fastelovends*-DJ
Shah übergab, zu dessen teils
ganz neuen Karnevalsliedern bis
in die Morgenstunden gefeiert
wurde.
Jens-Philipp Dahl (Leop x)
* Ausdruck für Fastnachtsabend
Berichte aus den
Ortsverbänden
OAS München
Bericht und Programm
Rechtzeitig zum Rosenmontag
erging eine Einladung an die Mitglieder der OAS München als
Gruppe am Medizinerball im Hotel Bayerischer Hof teilzunehmen. In der offiziellen Einladung
wird der Ball als eine Institution
im Münchner Fasching bezeichnet. Aus einem Kostümball der
„Wilden Zeit“ (frisch nach dem
Motto: „Warum so lange studieren, ich geh´ zum Medizinerball,
da habe ich meinen Doktor in
2 Stunden!“) hat sich der
Medizinerball vom Kostümball zu
einem eleganten Faschingsball
entwickelt. Wichtig dabei ist,
dass der Ball schon seit Jahrzenten von unserem Vbr und
DS 1/2015
Bbr Schorsch Schmidt (PUS-B, AW) organisiert wird. Nachdem
schon im letzten Jahr wieder einige junge und ältere Barden
dabei waren, fragte Vbr Schorsch
provokant, ob die OAS dafür
schon zu alt sei. Offenbar galt
das nicht für dieses Jahr, denn
während der OAS-Vorsitzende
sich selbst zitiert: „Mir persönlich kam es sehr entgegen, dass
die Tanzfläche immer voll ist, so
dass man nicht unbedingt tanzen
muss. Und hinten ist eine schöne
Bierbar …“, hatten andere offenbar Spaß am Tanzen und Verkleiden, wie die beigefügten Bilder belegen.
Kurz nach diesem Bericht gab
Vbr Werner das vorläufige Programm für 2015 bekannt.
Do, 7. Mai Tagesausflug nach
Burghausen
Sa, 4. Juli od. 11. Juli Segeln /
Dampfer fahren auf dem Ammersee, Mittagessen im akademischen Segelclub in Herrsching
Di, 22. September ab 17:00
Uhr Wiesnbesuch
Mo, 5. bis Mi, 7. Oktober
Weinfahrt nach Baden / Kaiserstuhl (hier wurde ein Zimmerkontingent bestellt in der Achkarrer Krone, einem historischen
Gasthaus, seit 1561in FamilienDS 1/2015
besitz, für die man sich noch anmelden kann: http://www. kroneachkarren.de oder e-Mail:
[email protected])
Do, 5. November Kegeln
Und jeweils der letzte Mittwoch
im Monat 18:00 Uhr Stammtisch
im Hofbräuhaus, Erker 1. Stock
Ihr seht, ein schönes Ziel mit
Spitzenweinen, ein volles Programm zu einer Zeit, die sehr
gut in unser Jahr passt (nach der
Wiesn und vor dem AH-Tag der
Barden). Ich bitte euch, so früh
wie möglich mir euer generelles
Interesse mitzuteilen und die
Zimmer direkt in der Krone zu
buchen. Anfahrt, z.B. mit dem
Bahnbus bis Freiburg, etc. regeln wir dann, wenn die Teilnehmer feststehen.
Die Details zu den einzelnen
Veranstaltungen werden jeweils
zeitnah vorher mitgeteilt.
Mit herzlichen sängerschaftlichen
Grüßen
Klaus-Jürgen Werner
(Got-Balt, Alt-W., PUS-B)
Vorsitzer OAS München
und MKr
Ausschnitte aus Bildern vom 22.2.2013
Bildrechte bei (cc) creative commens
unter der folgenden Lizenz: https://
creativecommens.org/license/by-nd/2.0/#
OAS Essen
Es gibt eine OAS in Essen, mitten
im Ruhrgebiet, auch wenn man
von ihr bisher nichts gehört hat.
Sie hat eine lange Tradition und
verfügt über ein Gästebuch, das
am 19.03.1921 beginnt. Darin
tragen sich bis heute zu den
OAS-Veranstaltungen jeweils alle
Teilnehmer und Teilnehmerinnen
ein. Die OAS-Veranstaltungen
sind bis zum Karfreitag 1939 verzeichnet. Direkt unter dieser Eintragung zeigt die Liste vom 7.11.
1952, dass die OAS zu diesem
Zeitpunkt wieder erstanden ist.
Diese Eintragung blieb jedoch
singulär. Erst am 13.01.1961 beginnen wieder regelmäßige Eintragungen. Zu diesem Zeitpunkt
war das Gästebuch beim Tode
der Witwe eines Verbandsbruders wieder aufgetaucht, die es
seit dem Tode ihres Mannes als
Andenken an ihn verwahrt hatte.
Seitdem dient es, inzwischen mit
Einlageblättern im alten Einband
neu gebunden, der OAS für regelmäßige Eintragungen bis heute
und weiterhin. Zur Illustration
dienen ein Foto des Einbandes
und einer Seite mit Zeichnung
und Unterschriften (vgl. S.20).
Die OAS erlebte eine numerische und auch sonstige Blütezeit
nach dem Krieg in den fünfziger
Jahren, als sehr viele Verbandsbrüder vor allem aus ost- und
mitteldeutschen Sängerschaften
hierhergekommen waren, in Essen und Umgebung eine neue
Existenz aufbauten, in der OAS
ihre sängerschaftliche Verbundenheit wiederfanden und auch
viele neue persönliche Freundschaften schlossen. Unter den
Hinzugekommenen waren insbesondere viele Prager Barden, die
nicht nur am Leben der OAS
teilnahmen, sondern daneben
noch eigene regelmäßige Treffen
hatten. In späteren Jahren kamen
viele Mitglieder der Breslauer L!
Glacia hinzu, die sich der Leopoldina angeschlossen hatte. Das
Leben der OAS bestand in regelmäßigen monatlichen Veranstaltungen mit und ohne Damen,
darunter Kneipen, auch Keilkneipen, Damenfesten, Karnevalsveranstaltungen und lediglich
geselligen Zusammenkünften.
19
20
Mit den Jahren nahm die Zahl
der älter gewordenen Mitglieder
immer mehr ab, nachdem gegen
Ende der sechziger Jahre noch
einmal eine Zufuhr frischen Blutes durch mehrere Rheno-Silesen
aus Clausthal-Zellerfeld erfolgt
war, die nach dem Schrumpfen
des Bergbaus in anderen Bereichen eine berufliche Aufgabe in
Essen gefunden hatten. Danach
versiegte, von wenigen Ausnahmen abgesehen, der Nachwuchs.
Die Zahl der aktiven OAS-Mitglieder wurde immer geringer
und wegen ihrer zumeist starken
beruflichen Beanspruchung auch
die Teilnahme an den monatlichen Veranstaltungen. Der fehlende Nachwuchs beruht im
Ruhrgebiet darauf, dass es
inzwischen hier eine Vielzahl von
Universitäten gibt, an denen
man als Fahrstudent von Hause
aus studiert, sodass es im Ruhrgebiet fast keine Korporationen,
geschweige denn Sängerschaften
gibt.
Berichte aus den
Ortsverbänden
Inzwischen gehören, nachdem
ein Verbandsbruder plötzlich
verstarb und ein anderer nach
Berlin verzog, zu unserer OAS 7
aktive Mitglieder. Sie, ihre Ehefrauen und Lebensgefährtinnen
und Witwen verstorbener Verbandsbrüder und teilweise weitere Verbandsbrüder nehmen an
den Veranstaltungen, soweit keine Hinderungsgründe bestehen,
regelmäßig teil. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist gut, was wir
auch dem Zusammenhalt der
Damen untereinander verdanken. Deshalb sind wir einem seinerzeitigen Wunsch der DS
nicht näher getreten, unter unserer Beteiligung eine OAS des
Ruhrgebiets zu gründen, weil wir
glauben, dass dadurch unser guter enger Zusammenhalt gelitten
hätte. Wir lassen jedoch gern
alle Verbandsbrüder aus der näheren und weiteren Umgebung
Den Umschlag des Gästebuchs der OAS
Essen aus dem Jahre 1921 zieren Motive
aus dem Ruhrpott und zahlreiche Wappen
der Sängerschaften, die sich im Jahre 1919
zum Weimarer Verband Deutscher Sängerschaften (VDS) zusammengeschlossen
haben. Es ist also ein frühes Zeugnis des
damals jungen Verbandes. Darunter eine
besonders dekorative Seite des Gästebuchs.
am Leben unserer OAS teilnehmen.
Nach dem Tode des letzten
OAS-Vorsitzenden Vbr Gerhard
Ehlis (Rhen-Sil), der dieses Amt
20 Jahre innehatte, haben wir auf
die Wahl eines neuen Vorsitzenden verzichtet und haben nur
noch einen Kassenwart.
Die aktiven OAS-Mitglieder treffen sich jedes Jahr im Januar, legen fest, welche Veranstaltungen
durchgeführt werden und welcher Verbandsbruder für welche
Veranstaltung zuständig ist und
sie leitet.
Es finden im Jahre in der Regel 4
Veranstaltungen statt, ein geselliges Zusammensein im Frühjahr,
ein ebenfalls geselliges Zusammensein im Sommer in einem
Biergarten an der Ruhr, im
Herbst eine Vortrags-oder kulturelle Veranstaltung und im Dezember mit Sektempfang eine
Weihnachtsfeier, die den Namen
Weihnachtsfeier verdient und in
den letzten Jahren von Vbr Walther Henßen (Ar-Altpr), Pfarrer
im Ruhestand, geleitet wird.
Daneben gibt es in unregelmäßigen Abständen Kegelabende, die
sich nicht wegen großer keglerischer Leistungen, sondern wegen
Spaß und gemütlicher Unterhaltung großer Beliebtheit erfreuen.
Zu den Herbstveranstaltungen
sei erwähnt: Im Jahre 2013 unternahmen wir unter Leitung von
Dr. Andreas Freislederer (Htb),
Oberarzt für Gerichtsmedizin
am hiesigen Universitätsklinikum
mit Assistenz der Dekra einen
„Trinkversuch“, der theoretisch
und praktisch in hervorragender
Weise über die Wirkungen des
Alkohols im Straßenverkehr aufklärte.
2014 berichtete OStD Klaus Kircher (BB) über seine sechsjährigen Erfahrungen als Leiter einer
deutschen Mädchenoberschule in
Ost-Jerusalem.
Dieses Jahr ist der Besuch des
neu erbauten Hauptverwaltungsgebäudes von Thyssen-Krupp in
Essen vorgesehen. Alle Herbstveranstaltungen sind mit einem
anschließenden Abendessen verbunden.
Dr. Harald Schulz (Htb, BB)
Kontakt: Tel. 0201-41505
DS 1/2015
OAS Ostfriesland
27. DS-Boßeln
Fast nichts war wie sonst
„Fast nichts“ bedeutet natürlich
auch, dass manches so war, wie
wir es schon lange gewohnt sind
und warum wir so gern zum Boßeln nach Ostfriesland fahren.
Die S! Holsatia Hamburg stellte
wie gewohnt die meisten Boßler.
Neben zahlreichen Verbandsbrüdern aus Göttingen, Köln, Hannover, Braunschweig, und nota
bene Tübingen waren auch wieder Vertreter anderer Verbände
dabei. Allen voran natürlich unser Ehrenmitglied Vbr Lönnecker
mit seinen Bundesbrüdern aus
Marburg und Leipzig.
Erfreulich ist, dass verschiedene
Söhne unserer Verbandsbrüder
teilnehmen, auch wenn sie in
anderen Verbänden aktiv geworden sind. Noch ist es kein interkorporatives Boßeln, aber es ist
interkommunikativ, und darauf
kommt es an. Gleich fünf Mitglieder unseres Hauptausschusses
und ebenso viele Älteste der DS
waren dabei. Folglich hatte Boßelbaas Helmut Lehnhardt (Hols,
Franc) wieder einmal eine gewaltige Begrüßungsliste abzuarbeiten.
Das Hotel war für unsere Zwecke ideal, der Grünkohl ausgezeichnet und reichlich. Für alle
Anreisenden gab es ausreichend
Suppe vor der Abfahrt der Busse. (Das hatten wir auch schon
mal anders.) Es gab auch wieder
eine Couleurkarte von Vbr Glander – wie immer gegen eine
Spende für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.
Außerdem sorgte Vbr Glander für
neue Liederhefte. Wer Interesse
an der zugehörigen Druckvorlage hat, möge sich vertrauensvoll
an ihn wenden, bevor der
Schwund erneut augenfällig wird.
Schön auch, dass am Morgen
danach wieder eine Stadtführung
angesetzt war, damit wir nicht
nur das Schloss, sondern auch
die mit Spiegelglas verkleideten
Gärtürme der Brauerei bewundern konnten.
Dass die OAS Ostfriesland gern
mal in Friesland boßelt, ist
gleichfalls nichts Neues. Nach
DS 1/2015
Sande und Obenstrohe war es
nun Jever, das bekanntlich
gleichfalls zum Großherzogtum
Oldenburg gehörte und damit
eben nicht zu Ostfriesland zählt.
Auch heute noch ist die Grenze
zwischen den beiden benachbarten Kreisstädten Wittmund und
Jever spürbar. Es gibt dazwischen eine Sprachgrenze und
einen hohen Konkurrenzdruck.
Ursprünglich war die Grenze
eine natürliche Flussgrenze. Man
merkt sie nicht mehr, weil der
Trichter vor Wangerland eingedeicht ist.
Historisch war die Herrschaft
Jever nie wirklich selbstständig.
Mindestens zehnmal wechselten
die Zugehörigkeiten. Unter anderem wurde Katharina die Große
als Prinzessin von Anhalt-Zerbst
die Herrin von Jever. Katharina
war wohl nie in Jever, und Russland hatte kein Interesse an diesem ewig überfluteten Landstrich, so dass es bald wieder
oldenburgisch wurde.
Geblieben ist ein kleines Residenzstädtchen auf der ersten
Anhöhe vor dem heute eingedeichten Wangerland. Nachdem
Kaiser Wilhelm II. Wilhelmshaven
zum Marinestützpunkt ausbauen
ließ, nachdem man die Autobahn
gebaut hat, um den Containerhafen Weserport als echten Tiefwasserhafen anzubinden und
nachdem die Nato den Fliegerhorst weiter betreibt, sollte man
meinen, dass hier wirtschaftlich
eine blühende Region entstanden ist. Nichts dergleichen. Die
Wirtschaft blüht nur als Jever
Pilsener und der Weserport ist
wohl eine gigantische Fehlinvestition. Nur das Wasser ist immer
noch dasselbe und genau das
war das Problem beim 27. DSBoßeln.
Bevor es richtig losging, öffnete
der Himmel seine Schleusen. Unverdrossen erklärte Boßelbaas
Helmut Lehnhart die Boßelregeln
und definierte zum 27. Mal, was
ein Schöt ist und zum 27. Mal
hatte jeder Teilnehmer das Gefühl, dass Vbr Lehnhardt es selbst
nicht verstanden hat. Er erklärt
es stets mit derselben Inbrunst,
aber diesmal auch noch mit dicken Regentropfen auf der Nasenspitze.
21
Links: Das neue Wahrzeichen
Jevers, die Gärtürme. Doch vor
den Genuss (links unten) hat
der Boßelbaas (rechts unten)
den Schweiß, sprich die Nässe
gesetzt.
Oben: Noch sind alle
"nur" von oben nass,
aber dann kam der
neue Boßel-Dreikampf:
Suchen (links)
Finden (rechts)
Gemeinsam Freuen
(unten)
22
Berichte aus den
Ortsverbänden
Das gehört dazu: Freie
Wahl der Kopfcouleur
und sorgfältiges
Aufschreiben der
Schöts.
Die knapp 4 km lange Boßelstrecke war quasi durchgehend
beidseitig von Entwässerungsgräben flankiert. Boßelbaas Helmut
Lehnhardt hatte zwar vorsichtshalber jeder Gruppe eine dritte
Kugel mitgegeben, aber es half
alles nichts. Insgesamt gingen
sechs Kugeln verloren.
Während am Anfang alle sieben
Gruppen quasi durcheinander
warfen, weil es niemandem
schnell genug ging, war die Karawane am Ende weit auseinandergezogen. Alle waren immer
länger mit der Suche nach irgendeiner im Schilf untergegangenen Kugel beschäftigt. Eine
Gruppe gab sogar entnervt auf,
nachdem auch die zweite Kugel
auf Nimmerwiedersehen untergegangen war. Aber halt, vielleicht hatten die nachfolgenden
Gruppen dann genau diese gefischt, während die eigene verloren wurde; wer weiß das schon
so genau.
Äußerst ungewöhnlich und hoffentlich einmalig war, dass wir
einen Unfallwagen rufen mussten, um ein paar Schnittwunden
Das gehört nicht
dazu: Unfallwagen
im Einsatz, während
die Bundesbrüder mit
sorgenvoller Miene
davor warten. Dann
war es vorbei und die
Vertreter der
Präsidierenden ließen
sich Grünkohl mit
Pinkel schmecken.
versorgen zu lassen. Zu allem
Überfluss kugelte sich ein anderer Boßler die Schulter aus, so
dass der Unfallwagen noch einmal kommen musste.
Über alle diese Aktionen verging
die Zeit und es wurde langsam
so dunkel, dass die sportliche
Betätigung erstmals abgebrochen
werden musste.
Kein böses Wort von irgendjemandem. Im Gegenteil, der Zusammenhalt der eingeschworenen Boßlergemeinde lässt sich
ganz besonders gut daran erkennen, dass der Boßelbaas bei der
traditionellen Bekanntgabe der
Ergebnisse – sie reichten von 1:1
bis 8:8 - den Schaden auf 300
Euro bezifferte. Die anschließende Sammlung ergab in wundersamer Weise auf Anhieb 300 Euro.
Das nennen wir doch mal Solidarität.
Hauptgesprächsthema war am
Frühstückstisch der Gesundheitszustand unseres Unglücksraben. Er blieb nur zur Beobachtung im Krankenhaus und konnte mit seinen Bundesbrüdern
wieder nach Hamburg zurück.
Ende gut, alles gut. Bis zum
nächsten Mal: Lüch up un fleu herut!
Manfred Kröger
(Hols, Ar-Altpr, Gui-Nie)
Die Deutsche Sängerschaft gratuliert ihrem
ältesten Mitglied Vbr Friedrich Stier, Pfarrer i.R.
zu seinem 101. Geburtstag.
Während Vbr Lars Glander
(Got-Balt) mit neuen Liederheften für den Text sorgte, ...
... sorgte Vbr Wulf Riedell (Hols) mit seinem
Schifferklavier für den richtigen Ton. Den
Südlichtern aus Tübingen gefiel es offenbar.
Vbr Stier feierte in kleinem Kreise seiner
Bundesbrüder aus Münster. Ein Interview mit
Vbr Göttsch findet sich DS 3-4/2010 p. 5.
DS 1/2015
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„Ins Land der Franken fahren …“
120. Stiftungsfest der Sängerschaft Franco-Palatia
Festfolge
vom Freitag 26. Juni bis Sonntag 28. Juni 2015
Freitag, 26. Juni 2015
20 hst Festkommers mit Landesvater
akademischer Festvortrag: Dr. Dr. Harald Lönnecker
Festsaal Hotel Rheingold
parallel hierzu Damenprogramm
Samstag, 27. Juni 2015
14 hst Festkonzert
mit dem Chor und dem Orchester der
Sängerschaft Franco-Palatia u. a.
Aula des Markgräfin-Wilhelminen-Gymnasiums
20 hct akademischer Festball
mit Show- und Tanzeinlagen, Chorauftritt, Semestertänze, Damenrede …
Festsaal Hotel Rheingold
Sonntag, 28. Juni 2015
11 hct Stiftungsfestausklang
mit Frühschoppen
Georg-Fischer-Haus
Liebe Verbandsbrüder,
wir feiern in diesem Jahr das 120. Stiftungsfest unserer Sängerschaft Franco-Palatia und möchten diese
Feierlichkeit mit möglichst vielen Verbandsbrüdern aus ganz Deutschland begehen. Aus diesem Grund laden wir
Euch ganz herzlich ein, mit uns ein rauschendes Fest zu feiern. Franken und speziell Bayreuth im Sommer sind
immer eine Reise wert.
Eure Anmeldungen nehmen wir gern entgegen unter
[email protected]
oder telefonisch unter
01577 - 3314293.
Der Altherrenverband
Die Aktivitas
Im Hotel Rheingold haben wir für unsere Gäste ein spezielles Zimmerkontingent zu einem Sonderpreis
reserviert, das unter dem Stichwort „Franco-Palatia“ direkt von Euch gebucht werden kann.
Hotel Rheingold
Austraße 2
D-95445 Bayreuth
DS 1/2015
Telefon: +49 921 990085-0
Telefax: +49 921 990085-999
[email protected]
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125.
der Sängerschaft
zu Brünn in
Stiftungsfest
Markomannen
Karlsruhe
Liebe Verbandsbrüder,
ein hochfestlicher Anlass steht uns bevor: Unsere liebe S! Markomannen feiert im kommenden Semester ihr 125.
Stiftungsfest. Trotz gesonderter Schreiben möchten wir euch auch hiermit herzlich zu diesem einladen und bitten, den
04.-07.06.2015 in euren Semesterprogrammen freizuhalten. Anbei ein kurzer Programmablauf:
Donnerstag, 04.06., 19 hst
Sängerschaftlicher Begrüßungsabend mit den Chören der Herren Kartellbrüder und dem Männerchor der S!
Markomannen
Freitag, 05.06., 19 hct
Stiftungskommers in der Karlsburg in Durlach mit feierlichem Landesvater.
Damenprogramm auf dem Markomannenhaus
Samstag, 06.06.
10:30 hst
Couleurbummel über den Campus der Universität mit Einkehr ins Schloßcafé
16:00 hst
Auftritt des gemischten Chores der S! Markomannen
19:00 hst
Festball in der Karlsburg Durlach
Sonntag, 07.06., 9 hst
Weißwurstfrühstück mit anschließendem Grillen auf dem Markomannenhaus
Für einen geringen Unkostenbeitrag von 10 Euro könnt ihr Bier sowie alkoholfreie Getränke auf dem
Markomannenhaus nach Herzenslust konsumieren. Des Weiteren bietet unser Haus nach Rücksprache mit dem
Festkomitee auch einige Schlafplätze für unsere Gäste.
Wir freuen uns auf euer Kommen und bitten um Anmeldung bis zum 01.Mai.
Verbandsbrüderliche Grüße,
i.A. des Festkomitees Tobias Joseph Z! CM
Ein Vorbericht zum SF erschien bereits in einer örtlichen Zeitung:
„Markomannen“ stimmen an
Studentische Sängerschaft feiert 125-jähriges Bestehen mit Chorprojekt
Die Vorbereitungen beginnen, die Spannung steigt: Am 6. Juni
feiert die Sängerschaft Markomannen zu Brünn in Karlsruhe ihr
125-jähriges Bestehen mit einem Auftritt in der Stadtkirche Durlach. Das Besondere an dem Geburtstagskonzent: Musikbegeisterte sind eingeladen, sich dem Projektchor der Sängerschaft
anzuschließen und diese bei ihrem Auftritt zu unterstützen. In
diesem Monat beginnen die wöchentlichen Proben.
Begleitet werden die Sängerinnen und Sänger von einem zehnköpfigen Orchester, das Philip Wesserling, Chorleiter und Mitglied
der studentischen Korporation, eigens für das Jubiläum zusammengestellt hat. Seit seiner Ausbildung, die er als 19-Jähriger
parallel zur Gymnasialzeit abschloss, träume er davon, Karl Jenkins Meisterwerk „Stabat Mater“ aufzuführen, berichtete Wesserling – wohl wissend, dass die Realisierung dieses umfangreichen
Stücks eine Herausforderung für ihn als Chorleiter ist.
Die Jubiläumsfeier der Markomannen wird nicht zufällig ein musikalisches Ereignis. Für die Sängerschaft ist die Pflege von Gesangund Instrumentalmusik das wichtigste Element ihres Gemeinschaftslebens. „Jede Verbindung hat ihre Prinzipien; unser Prinzip
ist die Musik“, erklärt Anatolij Friske, der Vorsitzende und Mit-
glied des Organisationskomitees. Die Vorbereitung der Feier solle
auch Vorurteilen gegenüber studentischen Verbindungshäusern
entgegenwirken. Die Chorproben sollen Interessierten die Gelegenheit bieten, sich ein eigenes Bild von der Sängerschaft zu
machen.
„Um bei uns mitzusingen, ist keine Chorerfahrung notwendig.
Auch dem Alter der Teilnehmer, das momentan zwischen 18 und
70 Jahren liegt, sind keine Grenzen gesetzt. Einzige Voraussetzung
ist der Spaß am Gesang“, sagt Beate Stolzer, die seit fünf Jahren
zum Chor gehört. Besonders schätze sie das Gemeinschaftsgefühl. Nach den Proben wird gemeinsam zu Abend gegessen,
einschließlich regem Austausch.
Der Zusammenhalt soll auch im Projektchor nicht zu kurz kommen.
Unter anderem ist ein Kennenlern-Ausflug nach Straßburg geplant. Die Sängerinnen und Sänger treffen sich montags um 19 Uhr
im Verbindungshaus der Markomannen, einer Villa in der Beiertheimer Allee, die seit 1971 Sitz der Sängerschaft ist.
Alina Meister
I -Kontakt Ansprechpartner Philip Wesserling, ist telefonisch zu
erreichen unter der Telefonnummer 0176 2575 3881.
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Für Euch gelesen
Die Autoren Bernhard R. Grün und Christoph Vogel legen mit „Die Fuxenstunde“ ein Handbuch des Korporationsstudentums auf. Das 408 Seiten starke Werk ist durchgängig farbig gestaltet und verspricht von Aufmachung
und Titel ein attraktives Buch zu sein. Aber bereits der
zweite Blick lässt die Erwartung deutlich schrumpfen.
Jeder Hinweis auf das bunte
Titelbild fehlt. Mit Mühe findet man auf Seite 249 die
Vorlage dazu und erkennt,
dass es häufig Zeichen sind,
die heute niemand mehr
trägt. Irritierend ist auch,
dass jeder Hinweis auf die 4.
Auflage des gleichnamigen
Buches derselben Autoren
(SH-Verlag 1996) fehlt.
Das Buch will kritisch und
kompetent sein. Wieso ist
denn das Deutschlandlied
und nicht dessen dritte
Strophe die Deutsche Nationalhymne? Habe ich da
etwas nicht mitbekommen?
Modern und aktuell soll das
Konzept sein. Es erinnert
stark an die Zettelwirtschaft heutiger sog. Trainer. Nur
beachten diese leere Zettel nicht weiter, während hier
z.B. bei Netzverweis häufig nur Worte, nicht aber wie erwartet Internetadressen stehen. Wie also Informationen
bekommen, wenn der CDA in Auflösung und seine Adresse also veraltet ist, während sich die aktiven Burschenschaften und die Altherrenverbände gerade neu organisieren?
Die Gretchenfrage bleibt gleichfalls völlig unbeantwortet:
Welcher Spefux liest heute noch ein Buch? Er will alles
aus dem Internet haben. Dem glaubt er. Gedruckte Texte
sind ihm dagegen suspekt. Erfreulich ist aus Sicht der DS,
dass der Artikel „Wie kam der Student zum Gesang?“ ein
Zitat aus der DS-Zeitung 2/2013 ist.
Damit will ich auch gern auf die durchaus vorhandenen
positiven Aspekte des Buches eingehen. Der Fuxmajor
kann sich hier zahlreiche Anregungen für seine Fuxenstunden holen. Sehr vieles ist zwischen den Verbänden
übertragbar. Nähere Einzelheiten zu seinem eigenen Verband und seinem eigenen Bund hat er ohnehin parat.
Manche Fuxenstunde mag sich auch durch die Karikaturen im Schlussteil des Buches aufheitern lassen.
Als Fazit entscheide ich mich dagegen, ganze Sätze des Buches zum Vorzugspreis von 13,80 Euro zu empfehlen. Jede
Sängerschaft möge für ihre Hausbibliothek ein Exemplar
zum Normalpreis von 14,80 Euro beschaffen. Das wird
dem aktuellen und ständig wechselnden Stand völlig ausreichend gerecht.
Manfred Kröger (Hols (x,xx,x),Ar-Altpr(FM), Gui-Nie)
Endlich geschafft !
Kooperationsabkommen zwischen der
PFH Göttingen und der CC-Akademie
ist seit dem 15. Februar 2015 in Kraft.
Es ist eine fast unendliche Geschichte, die im November
2009 auf der Greifensteintagung in Bad Blankenburg begann. Dort stellte ich der Arbeitsgruppe „Neue Aufgaben der VACC“ meine Idee von Seminaren der CCAkademie mit ECTS-Studienpunkten vor. Nach der Aufnahme der DS in die CC-Akademie, nach meinem Eintritt in das Komitee der CC-Akademie, und nach zwei
Sitzungen in Coburg konnte ich im Juni 2013 die ersten
Gespräche mit potentiellen Dozenten führen. Durch
eine außerordentlich großzügige Zusage des Schatzmeisters der CC-Akademie wurde ein erstes Probeseminar
in Gießen möglich. Wir berichteten parallel in den CCBlättern und der DS-Zeitung (3/2014) darüber. Die
überaus positive Resonanz dieses Seminars führte zur
Zusage der Freisinger L! Bavaria im CC, das nächste Seminar auf ihrem Haus zu veranstalten.
Nachdem wir bewiesen hatten, dass wir „ECTS-Seminar“ können, ging es im Herbst 2014 darum, die bis
dato nur mündlichen Vereinbarungen mit der PFH Göttingen auf eine juristisch einwandfreie Basis zu stellen.
Nach ein wenig Hin und Her – bis dahin waren ja nur
Nichtjuristen beteiligt gewesen – wurde von beiden Seite grünes Licht gegeben und der ersehnte Vertrag unterzeichnet. Da war es aber schon wieder Februar und
das Ende des Wintersemesters nahte. Dozent Marc-Alexander Glunde und zwei seiner Kollegen aus der Leguan
Consult Agentur und Akademie wurden von der PFH offiziell als Dozenten anerkannt. In enger Absprache zwischen Dozent Glunde und den Chargierten der L! Bavaria Freising wurden zwei Wochenenden für das Seminar
festgelegt.
Allergrößter Dank geht dafür an Vbr Roman Werner
(PUS-B). Er ist der Sohn des Münchner OAS-Vorsitzenden (vgl. S. 18) und mit dem Zweitband auch Mitglied
der L! Bavaria. Eine bessere Konstellation ist für uns
schlechterdings nicht vorstellbar.
Nebenstehend wollen wir die PFH Göttingen unter
Verwendung ihres Pressetextes vorstellen. Wir dürfen
stolz darauf sein, mit dieser äußerst innovativen Hochschule einen kompetenten und anerkannten Partner gefunden zu haben. Ich wage die Vermutung, dass Verhandlungen mit einer staatlichen Hochschule noch
einmal mindestens fünf Jahre gedauert hätten. Wenn sie
dann überhaupt zu einem Abschluss geführt hätten.
Wir bitten um Beachtung des nebenstehenden Textes
und der Einladung auf der letzten Seite dieser Ausgabe.
Keine Angst. Auch wenn ich nun nicht mehr gebraucht
werde, ich lehne mich nicht zurück.
Manfred Kröger (Hols, Ar-Altpr, Gui-Nie)
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Die PFH Private Hochschule Göttingen ist eine private, staatlich anerkannte Hochschule. Der
Gedanke, mit einer rein privatwirtschaftlich finanzierten Hochschule neue Impulse im Bereich
Wissenschaft und Lehre zu setzen und ein Studienangebot an realen Bedürfnissen der Wirtschaft
zu orientieren, war Anstoß zur Gründung 1995. Diesen Ansprüchen wird die Hochschule durch
konsequente Praxisorientierung, ausgeprägte Internationalität und durch die Entwicklung
innovativer Lehrangebote gerecht. Zurzeit studieren rund 2.000 Studierenden an der PFH.
Mit der Wirtschaft für die Wirtschaft
In der Wirtschaft findet das Hochschulkonzept breite Zustimmung. Zahlreiche Unternehmen
unterstützen die Hochschule aktiv seit der ersten Stunde. Zum Kuratorium zählen neben
renommierten Unternehmen wie Airbus Operations GmbH, Bahlsen GmbH & Co. KG, Baker Tilly
Roelfs Unternehmensberatung GmbH, Gothaer Versicherungen, Johnson Control Power Solutions
Europe, Novelis Deutschland GmbH, Otto Bock HealthCare GmbH, PricewaterhouseCoopers AG
WPG, T-Systems Business Services GmbH und TUI AG auch die beiden DAX-Unternehmen
Continental AG und SAP AG sowie das Kompetenznetzwerk CFK-Valley Stade e. V.
Campus-Studiengänge
Unsere Homepage: https://www.pfh.de
Am Campus Göttingen werden die Studierenden in den Studiengängen General Management
(B.Sc. und M.Sc) und Business Administration (B.Sc.) auf die Bewältigung komplexer
Managementaufgaben vorbereitet, während sich die Studiengänge Orthobionik (B.Sc.),
Medizinische Orthobionik (M.Sc.) sowie Sports- und Reha-Engineering (M.Sc.) mit dem
Orthopädiebereich beschäftigen. Am PFH Hansecampus Stade bietet die Hochschule neben der
Ingenieursstudiengängen Verbundwerkstoffe/ Composites (B.Eng. und M.Sc.) das Bachelorstudium
Business Administration an. Außerdem können Studierende in Berlin den Masterabschluss in
General Management erreichen.
Fernstudium
Ihre Fragen: [email protected]
Darüber hinaus engagiert sich die Hochschule für die Karriereentwicklung per Fernstudium. Damit
ermöglicht sie auch denjenigen einen ersten bzw. weiteren akademischen Abschluss,
die bereits im Berufsleben stehen. Im Management-Bereich bietet sie vier Programme an:
Betriebswirtschaftslehre (B.A., M.A.) Advanced Management (M.A.) und Business Administration
(MBA). Zudem werden die Fernstudienprogramme Psychologie (B.Sc.) und Wirtschaftspsychologie
(B.A.) angeboten. 2015 folgen die entsprechenden Master-Studiengänge Psychologie (M.Sc.),
Wirtschaftspsychologie (M.A.) und Angewandte Psychologie für die Wirtschaft (M.A.) Die
Studiengänge werden an unterschiedlichen Standorten (Berlin, Dortmund, Göttingen, Hannover,
Heidelberg, Korneuburg (Austria), Ludwigshafen, München, Ratingen/Düsseldorf und Stade)
angeboten.
DS 1/2015
Postvertriebsstück - G 11317 - Gebühr bezahlt
28
Anschriftenänderungen bitte direkt an:
Deutsche Sängerschaft, z.H. Jörg Seyffarth
Wittekindstr. 22
32312 Lübbecke
Tel. 05741-1474, E-Mail : [email protected]
Eilige Hinweise für den
geplanten Einheitskommers
25 Jahre Wiedervereinigung
am 3.10.2015 auf der Rudelsburg
Für die Aktiven wurden im Euroville Naumburg 100 Plätze reserviert, die durch
Aufbettung auf 120 erweitert werden können. Für Alte Herren sind folgende
Kontingente von insges. 50 Zimmern in drei Naumburger Hotels bei einer
Buchungsfrist 1.7.2015 reserviert. Es wird gebeten ab sofort in den folgenden
Hotels zu reservieren: Center Hotel Kaiserhof (Tel. 03445 244-0), Hotel Stadt
Naumburg, (Tel. 03445 239-0) Hotel Stadt Aachen (Tel. 03445 26106-0). Ein
Bustransfer ist geplant mit 3 Bussen um 18 Uhr zur Rudelsburg; nachts ist
bisher nur ein Shuttlebus geplant.
Einladung
zum 2. Probeseminar
mit ECTS-Punkten
in Freising bei München
27. / 28.6. und 8. / 9.8.15
.
Kommunizieren und Verhandeln
Seminarbeschreibung siehe DS-Zeitung 3/2014 p. 10-12 und
dieses Heft p.26. Die Teilnahmekosten werden erneut von der
CC-Akademie übernommen.
Kontakt: Dipl.-Ing (TUM) Roman Werner (PUS-B)
Email:
[email protected]; Fon: 0178 777 6626
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