pzh2015 Das Magazin des Produktionstechnischen Zentrums der Leibniz Universität Hannover / Jahresbericht 2014 Schon zehn – und jetzt? Ein Geburtstagsheft fürs PZH Editorial kooperation stärkt innovation – von der Idee zum fertigen Produkt Liebe Leser, 21,5" multi-touchbildschirm app menu für einfache und schnelle Bedienung. wie auf einem SmartPhone hat der Bediener über das „APP MENU” direkten Zugriff auf alle verfügbaren Applikationen. Die APPs unterteilen sich in 5 Gruppen. multi-touchbedienfeld CELOS® mit Siemens bei CELOS® mit MAPPS auf MITSUBISHI, für zukunftsweisenden Bedienkomfort mit einzigartiger Funktionalität. CELOS® mit MAPPS 4 neue APPs ab 01. 04. 2015 verfügbar – die neueste CELOS® Version mit nunmehr 16 APPs JOB SCHEDULER Produktions- und Fertigungsplanung für alle Maschinen. MESSENGER So wissen Sie jederzeit, was in Ihrer Fertigung läuft. SERVICE AGENT Steigerung der Maschinenverfügbarkeit durch intelligentes Wartungssystem. TOOL HANDLING Kürzere Rüstzeiten durch Soll-Ist-Vergleich der Magazinbelegung für Folgeaufträge. Technische Informationen und Broschüren unter: www.dmgmori.com oder über Ihre DMG MORI Deutschland NEU ! Vereinfachte Maschinenbedienung. Die ganzheitliche Integration der Maschine in die Betriebsorganisation. PC-Version von CELOS® – Ermöglicht die Planung und Steuerung Ihrer Produktionsund Fertigungsprozesse direkt in Ihrer Arbeitsvorbereitung. Zusätzlich können Sie mit der CELOS® PC-Version beliebige Maschinen oder Betriebsmittel in eine ganzheitliche CELOS® Peripherie integrieren. zehn Jahre Forschung am PZH: Es ist erstaunlich, wie schnell – in der Rückschau – diese zehn Jahre vergangen sind! Andererseits scheint die Zeit davor, als wir in zu klein gewordenen Gebäuden in Hannovers Nordstadt ansässig waren, bereits extrem weit zurückzuliegen. Dieses erste runde Jubiläum ist ein guter Anlass, zurückzublicken und auch uns selbst die PZH-„Geschichte“ ins Gedächtnis zu rufen. Nur vier von uns sieben Professoren, die im PZH heute ein Institut leiten, haben den Umzug miterlebt, die anderen sind im Laufe der zehn Jahre dazugekommen. Bei den Wissenschaftlichen Mitarbeitern ist es nur eine kleine Minderheit, die selbst mit umgezogen ist. Es ist gut, sich bewusst zu machen, welche Erleichterungen bei der täglichen Arbeit und welche Möglichkeiten ein Zentrum wie das PZH bietet. Prof. Dr.-Ing. Bernd-Arno Behrens Das beste Beispiel dafür ist der Sonderforschungsbereich „Gentelligente Bauteile“, der parallel zum PZH vorbereitet wurde und nun ebenfalls zehn Jahre alt ist. Aus diesem SFB heraus wird ein Netzwerk mit der Industrie gegründet, um die interdisziplinären Forschungsergebnisse im Sinne der Industrie-4.0-Entwicklung in die Praxis zu bringen. Die Reportage vom großen Kick-off im Januar dieses Jahres erzählt davon (Seite 38). Auch die Geschichte des neuen Leichtbaustahls, die ebenfalls maßgeblich im PZH geschrieben wird, beleuchtet das Zusammenwirken unterschiedlicher Disziplinen, um eine neue Prozesskette nicht in ihren Einzelschritten, sondern als Ganzes optimal zu entwickeln (Seite 48). Natürlich hoffen wir, dass dieser Blick auf unsere Geschichte und unser aktuelles Wirken auch für externe Leser unterhaltsam und gewinnbringend ist. Für unsere Kollegen aus der Fakultät für Maschinenbau, die noch in der Nordstadt arbeiten und in wenigen Jahren im Neubau vis-à-vis des PZH ebenfalls auf kurze Wege setzen können, mag es Trost und Ansporn sein: So ein Umzug ist kein Spaß, aber Tür an Tür zu forschen ist es dafür umso mehr. Prof. Dr.-Ing. Berend Denkena Viel Spaß beim Lesen wünschen Bernd-Arno Behrens Vorstandssprecher 2014 Berend Denkena Vorstandssprecher 2015 3 Panorama 8 6 Die Nacht, die Wissen schafft 8 Mädchen-und-Technik-Kongress 22 10 Kurz & gut 13 Konferenz & Co. 16 Fokus Forschung 28 Zehn Jahre PZH 34 342004 bis 2014: Menschen & Geschichten Meriem Akin ist aus Berkeley zurückgekommen – nach Hannover, nicht nach Tunis. Peter Nyhuis nimmt eine Auszeit als Institutsleiter – um mal wieder richtig forschen zu können. 48 28Am Anfang war... ... nicht Rohbau mit Blasmusik, sondern die Idee des gemeinsamen Forschungszentrums. Ein kleiner Bilderbogen vom ersten Spatenstich hin zu einigen Glanzlichtern aus zehn Jahren. 38Jetzt zusammen – Kickoff zum Industrie-4.0-Netzwerk Er begleitet das PZH von Anfang an: Der Sonderforschungsbereich „Gentelligente Bauteile“ ist quasi mitgewachsen. Jetzt weist er mit seinen Industrie-4.0-relevanten Ergebnissen weit in die Zukunft. 442004 bis 2014: Menschen & Geschichten Tim Wolfer wählt auch mal längere Wege – beim Laufen und bei der Bildungslaufbahn. Thomas Hassel fühlt sich am UWTH ver wurzelt. Angefangen hatte er als LKW-Fahrer. 48Stahl, ganz leicht Leichtbaustahl für den Motor: Ein Team am PZH entwickelt gemeinsam die Prozesskette, die aus einem vielversprechenden Werkstoff einen erfolgreichen Werkstoff macht. 52 4 PZH 2015 52And Action, Please! Einen Roboter bauen, programmieren, das ganze im Team und auf Englisch – das ist ein neues Lehrangebot, das viele gute I. Und das viel Spaß macht. Titelillustration: Dorota Gorski Jahresbericht 2014 58 60 62 64 ZH – Fakten und Zahlen P PZH – Angebote für die Industrie PZH – Vorlesungen PZH – Promotionen, Auszeichnungen, Gastdozenten, Veranstaltungen Geschichte, Aktuelle Themen, Lehre, Forschungsprojekte, Veröffentlichungen, Anschaffungen: 66IFA – Institut für Fabrikanlagen und Logistik 70IFUM – Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen 78IFW – Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen 88IMPT – Institut für Mikroproduktionstechnik 94ITA – Institut für Transport- und Automatisierungstechnik 98 match – Institut für Montagetechnik 102IW – Institut für Werkstoffkunde 112TEWISS Technik und Wissen GmbH 114Unternehmen am PZH 117Anreise 122Impressum Redaktioneller Hinweis: Wir verwenden den personenbezogenen Plural („die Mitarbeiter“, „die Forscher“) in seiner geschlechtsneutralen Bedeutung, um die Lesbarkeit der Texte zu bewahren. 5 Panorama – PZH 2014 / 2015 Mon Dieu! Herr Leibniz hat sich ausgiebig umgeschaut – jetzt hilft er den „Universal-Gelehrten“-Anwärtern, den Schatz zu entsperren. Großer Andrang im Spine – an den einzelnen Stationen dagegen gab es Fotos: Bettina Fischer (3), Illustration: Türk viele Gelegenheiten, sich die Exponate in Ruhe zeigen zu lassen. 6 PZH 2015 Die Nacht, die Wissen schafft ... hat im Jahr 2014 gut 2000 Besucher und einen Zeitreisenden namens Leibniz besonders glücklich gemacht. Eigentlich hatte Leibniz dem kleinen Roboter Peezah versprochen, den Aktivierungscode für dessen Zeitreisemaschine zu reparieren. Und dann das: Leibniz war so beeindruckt von all den spannenden Exponaten, die die gesamte Fakultät für Maschinenbau genau an diesem 15. November 2014 im PZH zusammengetragen hatte, dass er guckte, probierte, mit den „jungen Gelehrten“ diskutierte ... und nicht mehr an den Code dachte. Das übernahmen erfreulicherweise viele Kinder und andere der über 2000 Besucher: Auf Leibniz’ Spuren staunten sie über wachsende Schokoküsse unter Glas; sie besiegten Roboter, erlebten eine Turbine, montierten Hubschrauber, entdeckten die Gesetze von Leibniz’ altem Kollegen Newton ganz neu und vervollständigten mit etwas Geschick auch noch den defekten QR-Code, der nicht nur die Zeitreisemaschine wieder in Gang setzte – sondern natürlich auch den Schatz des Maschinenbaus entsperrte. 7 Mädchen-und-Technik-Kongress MuT 2014 Panorama – PZH 2014 / 2015 oben: Professor Lutz Rissing vom IMPT begrüßt die Mädchen im Hörsaal des PZH. links: Diese Kälte erfordert Schutzkleidung – und was geschieht bei diesen Temperaturen auf der Bahn? rechts: Ein Lötkolben ist gar kein so exotisches Gerät mehr, wenn man ihn denn erst mal in der Hand hält. großes Bild rechte Seite: Auch Schweißen lässt sich nicht jeden Tag einfach ausprobieren, so wie hier . Fotos (4): sliwonik.com MuT!! Mehr als 100 Mädchen und junge Frauen konnten am 12. November 2014 einen Tag lang Technik erleben – beim MuT-Kongress, den das Institut für Mikroproduktionstechnik (IMPT) bereits zum 6. Mal organisiert hat. Während die Mädchen nach der Begrüßung bereits in ihren Workshops verschwunden waren, um dort zu gießen oder zu schweißen, zu löten oder zu kältekonservieren, Herzklappen zu untersuchen oder ein Handymikroskop zu basteln .... währenddessen also tauschten sich einige der Sponsoren und Aktiven mit Vertretern der Presse darüber aus, warum diese Veranstaltung so wichtig ist. „Wir engagieren uns in der Fachkräfteallianz der Region Hannover“, sagt etwa Holger Habenicht, Sprecher der Agentur für Arbeit. „Und natürlich sehen wir den engen Zusammenhang von fehlenden Fachkräften auf der einen Seite und den vielen Mädchen, die einen großen 8 PZH 2015 Bogen um die MINT-Fächer machen, auf der anderen Seite.“ Deshalb sei die Agentur für Arbeit beim Kongress dabei – und deshalb freue sie sich immer über entsprechende neue Ideen. Auch Barbara Schneider, Bildungsreferentin der Stiftung NiedersachsenMetall, sieht noch immer viele Berührungsängste von Mädchen im Umgang mit Technik. Ihre Stiftung bietet eigene Nachwuchsförderprogramme. Martina Behne vom Team Beschäftigungsförderung der Region Hannover, die ebenfalls als Sponsor dabei ist, betont, wie wichtig es sei, junge Frauen für einen technisch-naturwissenschaftlichen Werdegang zu begeistern. Zu den Aktiven des Kongresses gehört Thomas Biedermann vom Christian-Gymnasium Hermannsburg. Er ist Landesbeauftragter von Jugend forscht in Niedersachsen und findet, dass auch der Wettbewerb ,Jugend forscht‘ mit einem Mädchenanteil von über 38 Prozent eine gute Grundlage bietet, Mädchen zu einem Einstieg in die Welt der Forschung zu motivieren. „Frauen machen im Schnitt die Hälfte der Konsumenten und Kunden aus“, sagt Professor Lutz Rissing zur Motivation seines Instituts, diesen Kongress zu organisieren, „aber in der Planung und Umsetzung neuer technischer Produkte sind sie eher selten vertreten. Das ist für die Frauen und die Unternehmen ein großer Nachteil.“ Die Gastgeber aus dem IMPT – neben Professor Rissing die Ingenieure Rahel Kruppe, Lisa Jogschies und Mathias Rechel – konnten wieder ein tolles Angebot auf die Beine stellen. Sie wurden dabei auch von den SFBs „Gentelligente Bauteile“, „Produkt-Regeneration“ und „PlanOS“, dem Gleichstellungsbüro der Leibniz Universität und der üstra unterstützt. Für die Mädchen war es ein bunter Tag mit viel Spaß – und vielleicht ihr Einstieg in die MINT-Welt. Heiß und kalt, laut und still, grob und ganz fein – beim MuT-Kongress erlebten rund 100 Mädchen wieder die große Vielfalt, die hinter MINT steckt. 9 Kurz & gut Panorama – PZH 2014 / 2015 Triple-E Award StartUp-Impuls Kolloquium mit Ehrengast Ausgezeichnet: Der Prototyp Ihr Konzept einer mobilen Werk- Professor em. Hans Kurt Tönshoff wird für sein Lebenswerk geehrt. einer engergieeffizienten Werk- zeugmaschine beschert zwei zeugmaschine braucht rund ein Gründern aus dem IFW den Drittel weniger Energie. ersten Preis und 20.000 Euro. Große Ehre; von links: Lars Hülsemeyer und Dominik Dahlmann vom Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen. Foto: enercity Lars Hülsemeyer und Dominik Dahlmann vom Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen sind im April 2014 für ihren Prototypen einer energieeffizienten Werkzeugmaschine ausgezeichnet worden. Der Energie-Effizienz-Preis von enercity, dem regionalen Energieversorger aus Hannover, ist mit 10.000 Euro dotiert und wurde im Rahmen des „enercity dialogs“ im Schloss Herrenhausen verliehen. Dahlmann und Hülsemeyer entwickelten in ihrem Forschungsprojekt NCplus (www.ncplus.de) einen Prototyp, der den Energiebedarf um 36 Prozent senkt. Möglich wird dies durch die bedarfsgerechte An- und Abschaltung einzelner Aggregate sowie die Umgestaltung und Neuentwicklung einiger Schlüsselkomponenten. Die Jury lobte insbesondere die vorbildliche Verknüpfung von Forschung und Praxis: Die Kooperation mit acht Partnern aus der Industrie stelle sicher, dass die Ergebnisse ihre praktische Umsetzung erfahren. Prof. Dr. Friedbert Pflüger, Direktor European Centre for Energy and Resource Security (EUCERS) am King’s College London und Vorsitzender der Jury, betonte, ein Beitrag zur Senkung des Energieverbrauches wie vom IFW könne Einfluss auf die weltweite Produktion nehmen. Dominik Brouwer und Thomas Krawczyk überzeugten die Jury in der Kategorie Hochschul- und Wissenschaftspreis mit ihrer Idee: eine mobile Werkzeugmaschine, die zum Bauteil kommt. Die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) freuen sich über den mit 20.000 Euro dotierten Preis. Auch der Präsident der Leibniz Universität, Professor Volker Epping, der den beiden ihren Preis übergab, zeigte sich von ihrer Idee beeindruckt. Verliehen wurden die Preise, für die sich 145 Neu-Unternehmer in insgesamt fünf Kategorien beworben hatten, am 25. Februar 2015 in Hannover. „Für Produkte wie Flugzeuge, Schiffe, Maschinen oder Windkraftanlagen werden große und teure Bauelemente benötigt. Heute werden sie nach dem Prinzip „Bauteil zur Maschine“ bearbeitet, so dass auch die Maschinen entsprechend groß und teuer sind und die Bearbeitung sehr unflexibel und kostspielig ist“, schildert Krawczyk die Situation. Maschinenexperte Brouwer will, dass ihre Maschine zum Bauteil kommt und sich auf diesem Bauteil auch bewegen kann. Das Interesse aus der Industrie ist ihnen sicher: Ein halbes Dutzend großer Unternehmen steht als Anwendungspartner bereit. Weitere Partner können sich noch beteiligen.Die erste Maschine soll in rund 30 Monaten auf dem Markt sein. Strahlende Sieger: links Thomas Krawczyk, rechts Dominik Brouwer, in der Mitte der Präsident der Leibniz Universität, Professor Volker Epping. 10 PZH 2015 Foto: hannoverimpuls Mehr als 300 Gäste waren am 24. Mai 2014 zum „Internationalen Kolloquium der Fertigungstechnik“ ins Schloss Herrenhausen nach Hannover gekommen. Neben dem fachlichen Austausch galt es, einem herausragenden Wissenschafler zu gratulieren: Hans Kurt Tönshoff feierte seinen 80. Geburtstag. Er war von 1970 bis 2002 Leiter des IFW und ist einer der Initiatoren des PZH. Fotos (2): Janto Trappe „Einen wirklich großen Mann erkennt man an drei Dingen: Großzügigkeit im Entwurf, Menschlichkeit in der Ausführung und Mäßigkeit beim Erfolg.“ Mit den Worten von Otto von Bismarck charakterisierte Professor Berend Denkena seinen Vorgänger und Doktorvater, Ehrengast Professor Hans Kurt Tönshoff. Von 1970 bis 2002 leitete Tönshoff das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover. Er hat in dieser Zeit 257 Mitarbeiter zum Doktor geführt. Beeindruckende 20 von ihnen sind heute selbst Professoren. Am Nachmittag stand der wissenschaftliche Austausch im Mittelpunkt. Professor Manfred Weck und Professor Fritz Klocke von der RWTH Aachen, Professor Ekkard Brinksmeier von der Universität Bremen und Professor HansPeter Wiendahl von der Leibniz Universität Hannover zeichneten Entwicklungen aus den vergangenen Jahrzehnten in den Bereichen Fertigungstechnologie, Werkzeugmaschinen und Fertigungsplanung nach und blickten dabei auch in die Zukunft. Ganz nebenbei konnte man lernen, dass sich Kontinuität in mehr als 30 Jahren Forschung und Lehre in der Krawattenwahl widerspiegelt: Professor Tönshoff trug seine blau-rot-gestreifte Krawatte auch zum Kolloquium. Grußworte gab es vom damaligen Präsidenten der Leibniz Universität Hannover, Professor Erich Barke, und vom Generalsekretär der VolkswagenStiftung, Dr. Wilhelm Krull. Die VolkswagenStiftung hatte für die Veranstaltung die Räumlichkeiten im Schloss zur Verfügung gestellt. Präsident Barke ließ es sich trotz eines vollen Terminkalenders nicht nehmen, dem Ko-Referenten seiner Dissertation persönlich seine Grußworte zu übermitteln: „Sie sind als Nachfolger von Otto Kienzle und Werner Osenberg in große Fußstapfen getreten. Aber für Sie waren die Fußstapfen keineswegs zu groß“. Krönender Abschluss am Abend: herrliches Wetter, eine Schlossterrasse mit Blick auf die illuminierten Gärten und drinnen launig-liebevolle Show-Darbietungen der ehemaligen Doktoranden. Unter den Gästen waren auch viele der 257 Doktoranden, die Professor Tönshoff als Doktorvater betreut hat. 20 von ihnen lehren heute selbst als Professoren. 11 Kurz & gut Panorama – PZH 2014 / 2015 Sommer mit Montagetechnik Gaststudentinnen aus den USA Austausch mit der Ukraine Das IW organisiert einen Praktikumsaustausch Metallurgie. match mit Sommergästen. Ganz vorn links, sitzend: Lauren Kershner. Foto: match Für RISE-Studentin Lauren Kershner aus Arizona jagten sich die neuen Erfahrungen geradezu: Am Institut für Montagetechnik (match) waren es nicht-holonome Roboter-Arme, in Hannover war es Skate by Night, in ganz Deutschland die Architektur. Und unterwegs: viel Gelassenheit. „Bei uns springt man in sein Auto, springt wieder raus – und hier wartet man eben, wenn der Zug noch nicht kommt. Man kann es sowieso nicht ändern, also kann man auch entspannen.“ Die Leidenschaft für ihr Studienfach, die Lauren während der Sommermonate 2014 wiederentdeckt hat, hängt mit dem match zusammen, bei dem sie wie zwei andere Studentinnen aus den USA drei Monate lang mitarbeitete. Sie kehrte mit einer klaren Vision nach Hause zurück: An der Northern Arizona University mehr Regelungs-Kurse belegen, mehr Deutsch lernen, den Bachelor machen. Und dann, vielleicht, für den Master zurückkommen ans match. Neu im Wissenschaftsrat Der studentische Praktikantenaustausch des Instituts für Werkstoffkunde wird vom Deutschen Akademischen Austauschdienst mit 390.000 Euro vier Jahre lang aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung als „Strategische Partnerschaft“ gefördert. Sie deckt die Reiseund Aufenthaltskosten für Studierende und Betreuer ab, die ein MetallurgiePraktikum im jeweils anderen Land absolvieren. Kooperationspartner sind der Lehrstuhl für Werkstoffkunde der Universität Paderborn und die Nationale Metallurgische Akademie der Ukraine. Ukrainische Wissenschaftler von der Nationalen Metallurgischen Akademie der Ukraine und Mitarbeiter vom Institut für Werkstoffkunde (IW) der Leibniz Universität Hannover pflegen seit mehr als zehn Jahren einen wissenschaftlichen Austausch und forschen an gemeinsamen Projektideen. Professor Peter Nyhuis wird berufen Der Leiter des Instituts für Fabrikanlagen und Logistik (IFA) ist zum 1. Februar 2015 in die Wissenschaftliche Kommission des Wissenschaftsrates berufen worden. Professor Nyhuis ist damit einer von 24 Wissenschaftlern aller Disziplinen, die, vom Bundespräsidenten berufen, in der Wissenschaftlichen Kommission vertreten sind. Der Wissenschaftsrat berät die Bundesregierung und die Regierungen der Länder in Fragen der inhaltlichen und strukturellen 12 PZH 2015 Entwicklung der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung. Er tritt viermal im Jahr zusammen. Nyhuis sieht seine neue Aufgabe insbesondere darin, die Ingenieurwissenschaften angemessen zu vertreten und entsprechende Sichtweisen in die Diskussionen mit einzubringen. Als ebenfalls neu berufenes Mitglied der acatech und als Mitglied der WGP ist er innerhalb der Technikwissenschaften und der Produktionstechnik gut vernetzt.(Professor Nyhuis im Portrait: S. 36) Offizieller Start der „Strategischen Partnerschaft“ Ende Januar 2015 im PZH. Foto: Helge Bauer Professsor Berend Denkena (Mitte, rechts) begrüßt Experten aus 20 Nationen im PZH. Fotos: Bayölken Neues aus der Fertigungstechnologie für die Luft- und Raumfahrt Machining Innovations Conference Rund 200 Besucher aus 20 Ländern kamen am 19. und 20. November 2014 im Produktionstechnischen Zentrum Hannover (PZH) zur „ Machining Innovations Conference – Neue Fertigungstechnologien in der Luft- und Raumfahrt“ zusammen, um sich über Entwicklungen und Herausforderungen auszutauschen. Organisiert wird das renommierte, internationale Treffen vom Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) am PZH und dem Machining Innovations Network (MIN). Der Umgang mit Komplexität und Größe der Bauteile, die hohen Anforderungen an die Sicherheit und die Vorgaben zur Reduktion des Energieverbrauchs waren einige der aktuellen Themen, die die Konferenz in insgesamt fast 40 simultan übersetzten Vorträgen aufgriff. Auch die Forschungssession, die im Vorjahr zum ersten Mal angeboten wurde, hat sich bewährt und stand nun wieder auf dem Tagungsprogramm. Erstmals wurden die zum Teil parallel laufenden Vortragssessions ergänzt um eine Industrie-4.0-Live-Vorführung im Versuchsfeld des IFW. Einen Überblick über die aktuellen Themen boten die vier Plenarredner von Airbus Operations, Rolls-Royce Deutschland, den Chiron-Werken und Boeing. Die Organisatoren freuen sich über außerordentlich positive Rückmeldungen. Fazit ist ein klares „Go ahead!“ Der Termin steht bereits fest: Die 15th Machining Innovation Conference findet am 18. und 19. November 2015 wieder im Produktionstechnischen Zentrum Hannover statt. Am Abend dürfen einige KonferenzTeilnehmer selbst fliegen – wenn auch nur im Simulator während der Abendveranstaltung im Skylight / Hannover Airport. 13 Konferenz & Co. Panorama – PZH 2014 / 2015 Tagen und lernen Schulungen, Foren, Arbeitskreise. Messen und Konferenzen: Wissen aus dem PZH wird auf vielen Wegen weitergegeben. Mit Exponaten aus vier Sonderforschungsbereichen war die Fakultät für Maschinenbau der Leibniz Universität auf der Hannover Messe 2014 vertreten, das PZH ist an allen beteiligt. Der SFB 653 etwa präsentierte seine Vision smarter Produkte und einer „denkenden Fabrik“, in der Werkstücke und Maschinen miteinander kommunizieren, mithilfe des entsprechend umgebauten Formula Student Rennwagens. Der interdisziplinäre Sonderforschungsbereich/Transregio 123 PlanOS verdeutlichte sein Ziel, optische Sensoren großflächig in eine nur 100 Mikrometer starke Polymerfolie zu integrieren. Der Sonderforschungsbereich 871 zeigte am Beispiel eines Flugzeugtriebwerks die wissenschaftlichen Grundlagen einer effizienten Instandsetzung komplexer Investitionsgüter und der SFB 599 einen Korrosionsprüfstand mit „In-vitro-Degradationstester“. 14 PZH 2015 Wissensforum: Energietechnik CAx-Kreis: Fertigungsqualität Energietechnik ist ein spannender Markt – und ein Markt voller Herausforderungen für Hersteller von Energietechnik-Bauteilen sowie für Werkzeug- und WerkzeugmaschinenHersteller. Die VDI Fachkonferenz zeigte in Kooperation mit dem Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen aktuelle Lösungen und Entwicklungen. Bauteile von Windenergieanlagen müssen etwa im XL-Format gefertigt werden und dabei trotzdem sehr genau sein. Die Anforderungen an die Werkzeugmaschinen sind entsprechend hoch: Die Maschinen müssen sehr steif, aber auch genau sein, und dennoch wirtschaftlich fertigen. Verschiedene Lösungskonzepte, Trends und ein Ausblick, wohin die Reise geht, wurden auf der Fachtagung Energietechnik am PZH erarbeitet. Ein Fachbeirat mit Experten aus der Industrie flankierte die Veranstaltung. Im Arbeitskreis CAx treffen sich Mitglieder und Experten des Machining Innovations Network, um sich über Themen aus dem Bereich CAD/CAM und NC-Simulation auszutauschen. Der Arbeitskreis CAx 2014 widmete sich der Fertigungsqualität. Zeit, Kosten und Qualität sind die drei klassischen Zielgrößen in der Produktion und damit auch der Fertigungsplanung. Während die Kosten und die Zeit bei der Prozessauslegung meist ein wesentliches Optimierungskriterium bilden, das heißt, je kürzer/günstiger desto besser, werden die Qualitätskenngrößen im Allgemeinen eher als gegeben betrachtet. Eine möglichst präzise Prognose des Werkstückzustandes nach der Bearbeitung ist jedoch der Schlüssel für eine bestmögliche Kombination aller Zielgrößen. Ein wichtiges Mittel hierfür sind leistungsfähige CAx-Tools und Simulationen. IFA-Lernfabrik: Lernen in „echter“ Umgebung Fotos/Illustrationen: Horsepower, IFW (3), Bettina Fischer, com&on GmbH Hannover Messe: vier SFB-Hits Mit der IFA Lernfabrik hat das Institut für Fabrikanlagen und Logistik 2014 eine Schulungsumgebung geschaffen, die Studenten als auch Fach- und Führungskräften aus der Industrie ein realitätsnahes und innovatives Lernen ermöglicht. Auf dem Stundenplan stehen wissenschaftliche und praxisrelevante Themen zur Gestaltung und Steuerung effizienter Produktionssysteme. In einem modernen Schulungskonzept werden die Teilnehmer in eine reale Betriebssituation mit echten Fertigungsund Montageprozessen sowie exzellenter Infrastruktur versetzt und bekommen individuell abgestimmte Inhalte aus den Forschungsgebieten des IFA praxisnah vermittelt. Der Fokus liegt insbesondere auf der betrieblichen Organisation von Fertigungs- und Montageprozessen, um eine effiziente und kundenorientierte Auftragsabwicklung zu erreichen. Das Schulungsangebot umfasst verschiedene Module, die sich beispielsweise mit der Anwendung von Methoden des Lean Managements, den unterschiedlichen Verfahren der Fertigungssteuerung oder Methoden des Produktionscon trollings beschäftigen. Die Teilnehmer können aber auch Kompetenzen zur Bewertung ergonomischer und alternsgerechter Arbeitsplätze oder zum Umgang mit Werkzeugen für die Fabrikplanung erwerben. www.ifa-lernfabrik.de 2nd Sysint: Erfolgskurs Mehr als 120 Wissenschaftler aus zwölf Ländern waren vom 2. bis 4. Juli 2014 nach Bremen gekommen zur „2nd International Conference on Systemintegrated Intelligence: New Challenges for Product and Production Engineering“, kurz: SysInt. Sie diskutierten über die Entwicklung intelligenter Systeme für die denkende Fabrik und smarte Produkte. Conference-Chair Professor Berend Denkena, Leiter des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, freute sich über die gestiegene Teilnehmerahl der Konferenz, die 2012 am PZH gestartet war. Für das Jahr 2016 planen die Organisatoren – der SFB Gentelligente Bauteile der Leibniz Universität Hannover, das Spitzencluster „it’s OWL“ an der Universität Paderborn und die zentrale wissenschaftliche Einrichtung „Inte grated Solutions in Sensorial Structure Engineering“ (ISIS) der Universität Bremen, ihre Fortsetzung an der Universität Paderborn. 15 Fokus Forschung Panorama – PZH 2014 / 2015 Lichtwellenleiter Gedruckt. Und messbar. Kühlschmierstoffe Energiesparparadies Neuartige Lichtwellenleiter können mit Kanülen appliziert oder auf „Viel hilft viel“ hat als Motto ausgedient. Allein über die Folien gedruckt werden. Aber wie misst man deren Eigenschaften? Dosierung von KSS haben Wissenschaftler am PZH die Energie- Antworten hat eine einzigartige Mess-Station am PZH. aufnahme einer Werkzeugmaschine um 37 Prozent reduziert. Beim klassischen Glasfaserkabel ist es ganz einfach, die Dämpfung – den Lichtverlust pro Strecke – zu messen: An beiden Enden des Kabels wird ein Messadapter aufgeschraubt, um an einer Standardstation zu messen, wie viel des hineingeschickten Lichts unterwegs verlorengeht. Die Lichtwellenleiter, die am Institut für Transport- und Automatisierungstechnik (ITA) entwickelt werden, lassen sich aber nirgends aufschrauben und auch nicht wie ein Kabel aufwickeln. Sie werden vielmehr als Polymerstrang per Kanüle auf beliebig geformte Flächen appliziert oder mit einer umgerüsteten Offset-Druckmaschine auf große Folien gedruckt. Das Spektrum möglicher Anwendungen der neuen Lichtwellenleiter ist riesig. Voraussetzung ist aber, dass ihre Eigenschaften verlässlich messbar sind. Daher haben die ITA-Wissenschaftler Michael Dumke und Tim Wolfer eine Messstation mitentwickelt, die der ganzen Bandbreite der am Institut erforschten Lichtwellenleiter gerecht wird. Basierend auf ihrer Konstruktion hat der Industriepartner „TSO Thalheim Spezialoptik“ eine Station „Wie viel Kühlschmierstoff braucht ein Zerspanprozess wirklich, damit die Werkzeuge nicht unnötig verschleißen?“ und „Wie viel Energie lässt sich einsparen, wenn weniger Kühlschmierstoff zugeführt wird?“ Das waren die beiden Fragen, mit denen sich Lars Hülsemeyer und Patrick Helmecke, beide Ingenieurwissenschaftler am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW), im Projekt ECOcut gemeinsam mit vier Industriepartnern beschäftig haben. Mit dabei waren der Werkzeugmaschinenhersteller DMG MORI SEIKI, der Werkzeughersteller Sandvik Coromant, der Pumpenhersteller Grundfos sowie Bosch Rexroth Interlit als Anlagenbauer für Kühlschmiertechnik. Das Ergebnis liest sich spektakulär: Einzig über eine kontinuierlich am Bedarf ausgerichtete Zuführung von Kühlschmierstoffen lässt sich bei einer typischen Bearbeitung an einem typischen Fünf-Achs-Bearbeitungszentrum die Energieaufnahme um 37 Prozent, also um mehr als ein Drittel, reduzieren. Wie kann das sein? Hülsemeyer kennt die Antwort: „Bisher galt: Viel hilft viel. Energie war einfach zu günstig, um sich intensiv mit dem Einsparpotenzial von Kühlschmierstoffen zu beschäftigen.“ Und das, obwohl bei Bearbeitungszentren etwa die Hälfte des gesamten Energiebedarfs auf die Kühlschmierstoffpumpen entfällt – zumindest dann, wenn es sich um Hochdruckpumpen mit etwa 80 bar handelt. Je höher der Druck, desto gebaut, die in dieser Form einzigartig sein dürfte. „Ein Hexapod sorgt dafür, dass der Lichtwellenleiter, egal ob er auf einer Folie oder einer dreidimensionalen Fläche verläuft, mikrometergenau platziert wird“, erklärt Wolfer begeistert, „und wir können, während wir Licht in den Wellenleiter einkoppeln, gleichzeitig dessen Querschnitt über ein Mikroskop perfekt justieren“. Finanziert wurde die Messstation aus den Mitteln des SFB/ TRR PlanOS – Planare Optronische Systeme, der am ITA angesiedelt ist und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in der ersten Förderphase mit zehn Millionen Euro finanziert wird. Für die sensitive Folie mit ihren aufgedruckten Lichtwellenleitern, die im Sonderforschungsbereich entwickelt wird, gibt es ein anschauliches Bild: Sie ist wie eine künstliche Haut, die von optischen Nervenbahnen durchzogen wird. Optische Systeme erzeugen keine Funken, werden nicht durch elektromagnetische Wellen gestört und sind außerdem leichter als elektromagnetische Systeme. Tim Wolfer nutzt bereits den neuen Messplatz. „Wir sind noch bei den Grundlagen, aber man kann sich zum Beispiel vorstellen, dass diese Folien, die Druck, Dehnung, Temperatur oder auch Feuchtigkeit auf optischem Wege registrieren, später genutzt werden, um die Temperatur von Batterien in Elektroautos oder den Zustand von Flugzeugtragflächen zu überwachen. Der Messplatz ist sozusagen unser Auge in diese Welt der künftigen Lichtwellenleiter. Einzigartige Messstation: Während Licht in den Um mehr als ein Drittel lässt sich die Wellenleiter eingekoppelt wird, lässt sich dessen Energieaufnahme eines typischen 5-Achs- Position genau justieren. Foto: ITA 16 PZH 2015 höher der Energieverbrauch, desto höher natürlich auch das Einsparpotenzial. Hülsemeyer, Helmecke und die Forschungspartner aus der Industrie haben nun begonnen, systematisch zu erforschen, wie viel Kühlschmierstoff wirklich gebraucht wird – abhängig von den zahllosen Parametern, die einen Zerspanprozess und seine Werkzeuge charakterisieren. „Da steckt noch viel Wissenschaft drin“, wie Hülsemeyer sagt. Mit Abschluss des Projekts ECOcut haben sie nun erste Ergebnisse auf den Tisch gelegt. Sie zeigen, dass viele Werkzeuge mit sehr viel weniger Kühlschmierstoff auskommen, ohne an Standzeit einzubüßen, und dass es sich wirtschaftlich tatsächlich rentiert, eine komplexe Einsparstrategie in Angriff zu nehmen. Dabei macht es unter anderem eine Simulation des Zerspanprozesses möglich, die Zufuhr des Kühlschmierstoffs während des Prozesses kontinuierlich dem Bedarf anzupassen. So erreicht man eine Reduzierung des Energiebedarfs um eben jene 37 Prozent. Bearbeitungszentrums reduzieren. Foto: IFW 17 Fokus Forschung Panorama – PZH 2014 / 2015 MBL-Schweißen Verbindung am Bohrloch Fabrikplanung Raus aus der Stadt Gewindeverbindungen zwischen den Rohrelementen sind die Ein Traditionsunternehmen kann im alten Werk seine Wett- Schwachstelle jeder Bohrlochauskleidung. Die Rohre stattdessen bewerbsposition auf lange Sicht nicht halten. Im PZH gibt es zu schweißen ist bislang nicht möglich. Das soll sich ändern. Unterstützung, von der Planung bis zur Umzugslogistik. Spektakulär ist bereits der aktuelle Stand der Technik der Varahram und sein IW-Kollege Dragan Aldag sind Experten Monobohrloch-Konstruktion. Monobohrloch bedeutet, dass für das Schweißen mit magnetisch bewegtem Lichtbogen, der Durchmesser des Bohrlochs ab einer gewissen Tiefe gleich kurz: MBL-Schweißen oder auch Magnetarc. Dabei sorgt bleibt und sich nicht weiter verringert wie bei konventioneleine geschickte Manipulation des Schweißlichtbogens durch lem Aufbau. Je etwa zehn Meter lange Rohrelemente werden externe Magnetfelder für seine optimale Rotation entlang der – oberhalb des Bohrlochs mit dem bereits versenkten Rohr in diesem Fall – gegenüberliegenden Rohrenden. Die Stirnzusammengeschraubt. Dafür gibt es spezielle Gewindeverflächen werden gleichmäßig aufgeschmolzen, im Anschluss bindungen. Wenn die Rohre im Bohrloch an der richtigen mit entsprechender Kraft aufeinander gepresst und somit fest Position angekommen sind, wird der Rohrabschnitt auf den verschweißt. erforderlichen Durchmesser mit einem Konus aufgeweitet – Das Verfahren ist etabliert – für Wandstärken von bis zu um bis zu 20 Prozent! sechs Millimetern. Zehn Millimeter Sobald ein Abschnitt des Bohrlochs gelten als Verfahrensgrenze. Die verrohrt wurde, werden die Rohre Rohre, die die Bohrlöcher auskleieinzementiert – und der nächste Abden, haben eine Wandstärke von schnitt kann mit dem ursprünglichen mindestens zwölf Millimetern. Durchmesser durch die aufgeweiteten Aldag und Varahram konnten aber Rohre verlegt werden – übrigens auch in zeigen, wie zusätzliche Magnetfelhorizontaler Streckenführung. Problemader sich so einsetzen lassen, dass tisch an diesem Verfahren sind die Gedurch eine erweiterte Lichtbogenwindeverbindungen. Sie halten deutlich bewegung auch diese Wandstärken weniger aus als die Rohrelemente selbst. schweißbar sind. „Die Gewindeverbindungen machen drei Den Nachweis soll ein impoProzent der Auskleidung aus, verursasanter Prototyp im Maßstab 1:1 chen aber 90 Prozent der Fehlstellen“, liefern, der mittlerweile im Unsagt Aret Varahram vom Institut für terwassertechnikum des IW steht, Werkstoffkunde (IW). bereit für erste Funktionstests. Die Bei dem anspruchsvollen Vorhaben, ersten Patente sind angemeldet, die eine Alternative für diese GewindeErwartungen hoch: „Bis zu 50 Proverbindungen zu entwickeln, ist Baker zent Einsparungen könnte das neue Hughes, eine der großen Erdöl-ServiceSystem bei der Bohrlocherstellung Imposant: Allein ein Meter Rohrsegment wiegt 80 Kilogramm. Der Prototyp fürs MBL-Schweißen im Gesellschaften der Welt mit deutscher bringen“, schätzt Aldag. „Wenn alles Unterwassertechnikum. Foto: Helge Bauer Niederlassung in Celle, Projektpartner. wie geplant funktioniert.“ Florenz Sartorius gründete vor 145 Jahren in Göttingen eine feinmechanische Werkstatt, um präzise Waagen herzustellen. Heute hat das Unternehmen über 5000 Mitarbeiter, die in mehreren Sparten und auch in außereuropäischen Werken arbeiten. Die Wägetechnik ist ein wichtiges Standbein geblieben, und der Standort dieser „Lab Products & Services“ hat Tradition: Seit über 100 Jahren werden die HighTech-Waagen am innerstädtischen Standort in der Weender Straße in Göttingen produziert. „Es ist ein Gebäude voller verwinkelter Gänge, Treppenhäuser und kleiner Aufzüge, die Vorfertigung ist bereits ausgegliedert, aber in der 4. Etage findet die Montage statt“, beschreibt Matthias Schmidt vom Institut für Fabrikanlagen und Logistik (IFA) die Situation, die ihrem langjährigen Forschungspartner Sartorius mehr und mehr zu schaffen machte. Sartorius war klar: Die Prozesse mussten schlanker werden, um auf dem weltweiten Markt langfristig erfolgreich anbieten zu können. Aber ließen sich die notwendigen Schritte in den bestehenden Gebäuden realisieren? Gemeinsam mit dem IFA und dem IFA-Spin-Off GREAN ermittelte und bewertete Sartorius die Alternativen. „Das Ergebnis war eine Grundsatzentscheidung für die Investition in die Wägetechnologie und für einen entsprechenden Neubau“, fasst Volker Große-Heitmeyer, Leiter der Produktionssystemgestaltung bei Sartorius, das Ergebnis zusammen. Es 18 PZH 2015 war deutlich geworden, dass das alte Gebäude, das „Logistikern die Haare zu Berge stehen ließ“, sich nicht sinnvoll hätte umbauen lassen, und dass ein bestehender Standort am Stadtrand die wirtschaftlichere Lösung ist. Aktuell wird das neue Werk gebaut – an diesem Standort, der nun bis 2020 zu einer attraktiven, modernen Konzernzentrale mit Campus-Charakter ausgebaut wird. Mitarbeiter vom IFA und von GREAN sind als forschende beziehungsweite beratende Layout- und Logistikplaner dabei. Sie arbeiten eng mit dem Architekten und dem Verantwortlichen für die Technische Gebäudeplanung und natürlich mit Sartorius zusammen. „Unsere Aufgabe ist es“, erläutert Schmidt, „mit dem neuen Bau die Transparenz zu erhöhen und das Logistik-Konzept so zu überarbeiten, dass sich die Prozesse verschlanken und Verschwendung eliminiert wird.“ Geplant ist auch ein Gebäuderiegel, der als Schulungs- und Showroom genutzt werden kann und etwa Prototypen ausstellt. Die Fertigstellung des Baus ist nicht das Ende des Projekts. „Es ziehen 800 Mitarbeiter samt Arbeitsplatz um“, sagt Schmidt. „Und schließlich soll ja die Produktion nicht zwei Wochen ruhen.“ Braucht man doppelte Bestände? Wer zieht zuerst um? Die Fabrikplaner wollen den Umzug so planen, dass er nicht nur für Sartorius möglichst reibungslos funktioniert, sondern dass die zugrunde liegende Methodik universell gilt. In den Entwurf des neuen Sartorius-Werks des Architekten Christian Rathmann aus Hannover sind auch die Ergebnisse aus dem IFA mit eingeflossen. Entwurf: Bünemann & Collegen GmbH 19 Fokus Forschung Panorama – PZH 2014 / 2015 Formhärten Sensoren im Werkzeug Hologramme Schöner Plagiatschutz Wie heiß ist das Bauteil wirklich? Beim Formhärten ist der Ob edle Handtasche oder teure Maschine: Ein Hologramm, direkt Abkühlverlauf entscheidend, er lässt sich bisher aber nicht ins Blech geprägt, lässt potenzielle Nachahmer alt aussehen. präzise messen. Neue Sensoren sollen das ändern. Am PZH entstehen Hologramme auch auf gekrümmten Flächen. Von diesem Sensor wird wirklich abgeführt, und das Werkstück was verlangt: Anwendungen wird dort fehlerhaft.“ Außerbei mehr als 950° Celsius mit dem entspricht die gemessene Abkühlgeschwindigkeiten von Temperatur nicht der Temperamehr als 27°C pro Sekunde. tur neben der Messstelle. Wenn Wärmeleitfähigkeit. Widerman aber nicht präzise messen standsfähigkeit gegen die enorme kann, ist das Abkühlen wie mechanische Belastung beim eine Black Box – angesichts der Einsatz im Umformwerkzeug. Bedeutung, die es für die QuaFolke Dencker vom Institut lität und die Eigenschaften der für Mikroproduktionstechnik Bauteile im Automobilsektor Die Wärmeableitung beim Formhärten noch ohne neuen Sensor: An (IMPT) hat die Herausforderung hat, kein schöner Zustand. der Bohrung wird die Wärme schlechter abgeführt. Simulation: IMPT angenommen. Er arbeitet in dem Die Lösung entwickelt Folke seit November 2014 von der AiF und über die ForschungsvereiDencker: einen verschleißfesten mikrotechnischen Sensor, der nigung Stahlanwendung e. V. geförderten Projekt mit Henning ins Werkzeug integriert wird und alle Anforderungen erfüllt. Niemeier zusammen. Niemeier kommt quasi von der „anderen“ Zurzeit laufen die Vorversuche mit einer einige hundert NanoSeite. Er gehört zum Institut für Umformtechnik und Ummeter dünnen Verschleißschutzschicht, die die Oberfläche des formmaschinen (IFUM), und damit auf die Seite derer, die die Sensors hart macht – und ihn gleichzeitig schützt. Der Sensor Anforderungen stellen. Warum diese Anforderungen? ist klein genug, um die homogene Wärmeableitung aus dem Beim Formhärten verbleibt ein soeben umgeformtes, noch Werkstück nicht zu behindern. Dass er die schnellen zyklischen heißes Bauteil im Umformwerkzeug, bis die gewünschte, vom Temperaturwechsel unbeschadet übersteht, ist eine der größten Abkühlvorgang abhängige Gefügeveränderung stattgefunden Herausforderungen. Und die hohen Prozesstemperaturen selbst? hat. So wird das Werkstück gehärtet. Bei vorangegangenen Dencker zuckt nur mit den Schultern: „Wir haben Sensoren, die Forschungsprojekten zum Thema – beispielsweise zur Prozessman eingießen kann.“ verkürzung mit Hilfe des Spraykühlens (siehe Seite 51) – hatten Interessant ist auch die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler am PZH die Grenzen der Temperaturmessung den beiden Instituten. „Da prallen Welten aufeinander“, sagt direkt am Bauteil beklagt. Sie initiierten damit das aktuelle ProDencker gut gelaunt, „wir fassen, wenn wir die Sensoren im jekt. Niemeier fasst die unbefriedigende Ausgangslage zusamReinraum herstellen, alles nur mit Handschuhen an ...“ „Und bei men: „Man kann zurzeit nicht gleichzeitig messen und härten. uns im IFUM“, ergänzt Niemeier wie aufs Stichwort, „schmeiWenn man mit Infrarotthermometern misst, die in Bohrungen ßen wir es in der Werkstatt in die Kiste“. Beide sind sich einig: des Werkzeugs stecken und keinen direkten Kontakt zum Werk„Die Zusammenarbeit ist vielversprechend. Und mit den kurzen stück haben, wird die Wärme an dieser Stelle nicht schnell genug Wegen am PZH funktioniert das noch besser.“ Hologramme sind erstaunlich, selbst wenn man versteht, warum man etwas sieht, das so gar nicht da ist. Noch größer ist das Erstaunen, wenn ein Blech je nach Blickwinkel in unterschiedlichen Farben schillert, Schrift mit 3D-Effekt in ihm zu liegen scheint, und klar ist: Das ist allein durch einen Umformprozess entstanden. Normalerweise werden Hologramme mit Prägestempeln aus Nickel in Kunststofffolien geprägt; die Hologrammfolien können dann als schwer zu fälschende Produktkennzeichnung etwa auf Kreditkarten geklebt werden. Am Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) werden die Hologramme direkt in die Oberfläche von Blechen geprägt. „Hologramme in Blech zu prägen bedeutet, in einer Oberflächenschicht von nur 200 bis 300 Nanometer ein Miniaturgebirge zu erzeugen. Einfallendes Licht wird an den Bergen und Tälern des Gebirges gebeugt. Das heißt, dass Licht in unterschiedlichen Farben in verschiedenen Winkeln reflektiert wird.“ Das erklärt Jan Jocker, der das von der AiF geförderte Projekt der Europäischen Forschungsgesellschaft für Blechverarbeitung e. V. am IFUM bearbeitet. Um die Struktur des Miniaturgebirges braucht er sich dabei nicht so sehr zu sorgen – die Prägestempel werden derzeit von einem Projektpartner aus der Industrie zur Verfügung gestellt. Ein weiterer Projektpartner, das Hannoversche Zentrum für Optische Technologien, 20 PZH 2015 HOT, arbeitet an einem eigenen Verfahren zur Herstellung von Hologrammen und Prägestempeln. Jocker beschäfigt sich eher mit der Frage: Wie lassen sich die Nanostrukturen bei den enormen Kräften, die beim Umformen von Blechen auftreten, möglichst unversehrt und in großer Stückzahl reproduzieren – beziehungsweise: wie lassen sich die Umformkräfte so fein einstellen, dass die Struktur auf den Prägewerkzeugen nicht leidet. Und wie lässt sich das Hologramm-Prägen so weiterentwickeln, dass es auch für KMU nutzbar wird für den Schutz eigener Produkte vor Fälschern? Im aktuellen Forschungsprojekt, das bis Ende 2015 läuft, arbeitet Jocker bereits daran, die Hologramme auch auf gekrümmte Flächen zu bekommen. Denn davon gibt es viele, und die Nachfrage ist groß. Ob Lippenstiftdeckel, Flacon-Verschluss oder Blech-Emblem an teurer Tasche: Viele Anbieter sehen eine große Chance darin, einen Plagiatschutz in ihr Sortiment zu integrieren, der gleichzeitig als hochwertiges Design-Element wirkt. Bleche, die in einer Achse gekrümmt sind, kann Jocker bereits mit einem Hologramm versehen, bei zwei-achsigen Krümmungen ermittelt er derzeit die Grenzen des Möglichen. Fast zu schade, aber denkbar: die geprägten Hologramme lassen sich auch unter einer Lackschicht sicher verstecken. Erst wenn Zweifel an der Echtheit des Produktes bestehen, wird das Hologramm enttarnt. Blech, Blech mit geprägtem Hologramm ... und daraus wird in mehreren Tiefziehschritten ein Lippenstiftdeckel mit Hologramm. Serie: Jocker, IFUM 21 Fokus Forschung Panorama – PZH 2014 / 2015 Hybrider Leichtbau Gut aufgelegt Serienreife Öffnen ohne Keimkontakt In der Open Hybrid LabFactory in Wolfsburg entsteht die Prozess- Nicht anfassen! Meistens muss man aber doch: An der Türklinke technologie für Funktionsbauteile aus Organo- und herkömmli- führt oft kein Weg vorbei. Das ändert sich mit dem neuen chen Blechen. Aus dem PZH kommt die Robotertechnik. Fußtüröffner, den TEWISS zur Serienreife gebracht hat. Alle 90 Sekunden fällt aus der Umformpresse ein hybrider Batterietrog, der ein Fünftel leichter ist als herkömmliche Modelle und rund ein Fünftel günstiger in der Herstellung. Er umgibt die Batterien im Elektromobil und sorgt dafür, dass im Falle eines Unfalls Crashenergie absorbiert wird und die Autoinsassen vor Stromschlägen sicher sind. Das ist Zukunftsmusik. Aber sie soll schon 2018 Realität werden. Das ambitionierte Forschungsprojekt heißt „Funktionsintegrierte Prozesstechnologie zur Vorkonfektionierung und Bauteilherstellung von FVK-Metall-Hybriden.“ Kurz: ProVorplus. Es ist im Forschungscampus Open Hybrid LabFactory in Wolfbsurg angesiedelt, einer öffentlich-privaten Partnerschaft, es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und von etwa einem Dutzend Partner vorangetrieben: Industriepartner wie Volkswagen und Siempelkamp sind ebenso beteiligt wie die Universitäten in Hannover, Braunschweig und Clausthal. Vom PZH ist neben dem Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen das Institut für Montagetechnik (match) beteiligt – es übernimmt alle Aufgaben auf der Ebene „Automatisierung / Steuerung“. Die Idee erläutert Christopher Bruns, der ProVorplus am match betreut: „Wir wollen den richtigen Werkstoff an der richtigen Stelle haben – je nach Funktion im späteren Bauteil. Deshalb kombinieren wir Metalle – Stahl- und Aluminiumbleche – mit faserverstärkten Kunststoffen, die hier als sogenannte OrganoBleche verwendet werden. Unsere Partner geben vor, welche dieser Halbzeuge in verschiedenen Größen, Dichten und Formen in welcher Schichtung in die Presse oder auch in eine Spritzgussvorrichtung eingelegt werden müssen, um das gewünschte Ergebnis zu bekommen, und wir legen unsere Roboterprozesse so aus, dass einer oder mehrere Roboter die entsprechenden Bleche greifen und auf einer Ablagestation vorkonfektionieren.“ Wenn der Roboter am anderen Ende dieser Station diese zusammengelegten Schichten, die hinterher eine Wanne mit Maßen von etwa 1 mal 0,8 mal 0,2 Meter ergeben, zum Umformen weiterreicht, müssen sie handhabungsfest sein, dürfen also nicht auseinanderfallen. Der erste Roboterprozess muss daher entsprechende Fügeschritte berücksichtigen. Was dabei entsteht, nennen die Wissenschaftler Multi-Material-Vorformlinge. Der große Vorteil dieses Vorgehens: Die Vorfomlinge können in einem einzigen Takt in der Presse gefertigt werden und sind dennoch ideal auf die Anforderungen im Einsatz optimiert. Türklinken, die man wirklich nicht anfassen will, gibt es auf jeder öffentlichen Toilette. Als Sascha Klein mal wieder eine sehr unappetitliche Begegnung mit einer solchen Türklinke hat, entschließt er sich zu handeln: Der Handwerksmeister aus Garbsen erfindet den Fußtüröffner, der die Türklinke mit dem Fuß bedient. Er holt sich bei der Fertigung seines Prototypen am nahen PZH Hilfe. Dann gewinnt er einen Start-upWettbewerb und mehrere Preise, mit Dieter Bartels einen sehr Das Prinzip der Vorkonfektionierung: Der erste Roboter nimmt die benötigten Bleche vom Magazin ganz links und fügt sie auf der Ablagestation so zusammen, dass sie vom zweiten Roboter in die Umformpresse gelegt werden können, ohne auseinanderzufallen. Tatsächlich liegen im Magazin links natürlich 22 PZH 2015 deutlich mehr als drei Blechvarianten. Ob ziehen oder drücken: Mit dem Fußtüröffner kommt man durch jede Vision: match Tür, ohne die Klinke zu berühren. Foto: Metiba engagierten Investor und auch die ersten Kunden. Klein und Bartels gründen die Metiba Vertriebs GmbH. Jetzt wird es Zeit für die Serienreife des Fußtüröffners: Im Oktober 2013 beauftragen die beiden die TEWISS Technik und Wissen GmbH am PZH mit dieser Aufgabe. „Es waren zu viele Teile“, erinnert sich Leif-Erik Lorenzen, der TEWISS-Geschäftsführer. „Wir mussten ja auch die Funktionsfähigkeit und Robustheit des Fußtüröffners über einen längeren Zeitraum sicherstellen.“ Als erstes tauschte Edgar Ulbrich, der das Projekt als Konstrukteur für TEWISS betreute, deshalb das Innenleben aus. Bowdenzüge raus, Zahnräder rein. Alle Teile mussten konstruiert und designt werden, es mussten Zulieferer für alle Teile gefunden und angeleitet und Kosten verglichen werden ... Dann kam der Tag, an dem Ulbrich eigentlich in Rente gegangen wäre, aber da er „seinen“ Fußtüröffner nicht mittendrin verlassen wollte, hat er weitergemacht. „Da ist eine wirklich tolle Geschäftsbeziehung gewachsen,“ sagt Lorenzen. Mittlerweile ist Ulbrich zwar noch in Kontakt mit dem Fußtüröffner-Team, aber nun wirklich als Rentner. Denn der Fußtüröffner ist serienreif – inklusive Abreißfunktion: „Wenn das Kind die Tür zuhält und Papi auf den Öffner tritt, dann reißt der Kontakt ab, verbindet sich aber bei der nächsten Klinkenbewegung wieder, das ist magnetisch gelöst.“ Auch ein Montagekit gehört dazu, das jeden Tischler in die Lage versetzt, den Öffner in eine Tür einzubauen. Metiba bietet allerdings auch einen entsprechenden Service an. Das Potenzial des Öffners schätzen Bartels und Klein als sehr hoch ein. Nicht nur im Sanitärbereich und in Krankenhäusern sehen sie Fußtüröffner als hygienische Alternative, sie können sie sich auch im Gastrobereich vorstellen. Schließlich kann man die Türen damit weiterhin mit der Hand öffnen – man muss es aber nicht. 23 Panorama – PZH 2014 / 2015 Nachruf Professor Friedrich-Wilhelm Bach † 18. August 2014 Nach langer schwerer Krankheit ist Professor Friedrich-Wilhelm Bach am 18. August 2014 verstorben. Er war eine herausragende Persönlichkeit nicht nur fürs PZH. Über viele Jahre prägte er auch die Fakultät für Maschinenbau der Leibniz Universität Hannover. Als Direktor des Instituts für Werkstoffkunde und auch als Dekan der Fakultät für Maschinenbau (2005-2010) zeigte Professor Dr.-Ing. habil. Dr.-Ing. E. h. Dr. h.c. Friedrich-Wilhelm Bach großes Verantwortungsbewusstsein. Er lebte seinen Beruf. Als Hochschullehrer hat Professor Bach viele seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter zur Promotion geführt und durch sein offenes und interessiertes Engagement etliche interdisziplinäre Kooperationen entwickelt, die heute zur Normalität in den Ingenieurswissenschaften an unserer Universität zählen. Ob Rückbau Kerntechnischer Anlagen oder Biomedizintechnik: alle diese Disziplinen führte er aus dem Blickwinkel der Werkstofftechnik zusammen und prägte damit nachhaltig die Forschungslandschaft der Ingenieure. Mit ihm verlieren wir nicht nur einen exzellenten Hochschullehrer, sondern auch einen technikbegeisterten Vor- und Querdenker und einen besonderen Menschen. Professor Bach wirkte über viele Jahrzehnte an den Erfolgen des Institutes für Werkstoffkunde mit: Bereits 1972, nach dem Studium der Werkstofftechnik an der Technischen Universität Hannover, begann er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Werkstoffkunde (IW) zu arbeiten. Die Promotion auf dem Gebiet der Plasmametallurgie erfolgte 1978. Anschließend leitete er den Bereich „Technologie der Werkstoffe“ und habilitierte sich 1983 mit einer Arbeit zum Thermischen Schneiden dickwandiger Werkstücke. 1983 wurde er Oberingenieur des IW, 1987 zum außerplanmäßigen Professor an der Universität Hannover ernannt. Im Jahr 1997 wurde er an den Lehrstuhl für Werkstofftechnologie der Universität Dortmund berufen. Bereits 2001 kehrte er als Professor und geschäftsführender Leiter an das Institut für Werkstoffkunde zurück und übernahm zudem die kommissarische Leitung des Institutes für Kerntechnik und Zerstörungsfreie Prüfverfahren. Er hat das Institut für Werkstoffkunde elf Jahre lang, von 2001 bis 2012, als geschäftsführender Direktor geleitet. Als Vorstandsmitglied wirkte er maßgeblich an der Entwicklung des PZH, aber auch des Niedersächsischen Zentrums 24 PZH 2015 für Produktionstechnik NFP und des Clausthaler Zentrums für Materialtechnik CZM mit. Als Zeichen der besonderen Wertschätzung seiner erfolgreichen wissenschaftlichen Arbeit wurde er im Jahr 2006 Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und im Jahr 2012 zum Niedersachsenprofessor berufen. Er war Sprecher zahlreicher koordinierter Programme wie etwa des Sonderforschungsbereiches „Prozesskette zur Herstellung präzisionsgeschmiedeter Hochleistungsbauteile“, des Graduiertenkollegs „Herstellung, Bearbeitung und Qualifizierung hybrider Werkstoffsysteme“ und der Forschergruppe „Hochleistungsfügetechnik für Hybridstrukturen“. Professor Bach hat sich in herausragender Weise um die Materialwissenschaft und Werkstofftechnik verdient gemacht. Viele Jahre war er als Gutachter für die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ tätig. 2004 wurde er in das DFGFachkollegium „Werkstofftechnik“ gewählt. Darüber hinaus war er Vorsitzender des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Werkstofftechnik e.V. WAW, der Fachgruppe „Stilllegung“ der Kerntechnischen Gesellschaft (KTG), des DVS-Fachausschusses „Sonderschweiß- und Schneidverfahren“ und des Kuratoriums des Heinz-Piest-Instituts für Handwerkstechnik. Für seinen Einsatz und sein Engagement wurde ihm 2006 das Verdienstkreuz am Bande verliehen. 2007 wurde er Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften der Hochschulen der Ukraine; im April 2009 wurde ihm die Ehrendoktorwürde (Dr. h.c.) durch den Fachbereich der Produktionstechnik der Universität Bremen und im Mai 2009 die Ehrendoktorwürde (Dr.-Ing. E.h.) durch die Fakultät Mathematik/Informatik und Maschinenbau der Technischen Universität Clausthal verliehen. Wir werden unseren Professor Bach als Mensch, Kollegen, Mentor und Freund sehr vermissen und behalten ihn stets in guter Erinnerung. Professor Hans Jürgen Maier, Institut für Werkstoffkunde, mit allen IW-Mitarbeitern und den Kollegen aus dem PZH 25 ... noch ein Jubiläum: Das halbe Dutzend ist voll! Schon zehn – und jetzt? Z Unsere Magazine finden Sie zum Download unter www.pzh-hannover.de/pzh-publikationen Restexemplare auf Anfrage unter [email protected] 26 PZH 2015 ehn Jahre sind eindeutig zu wenig für eine Timeline, und auch eine Gala mit Abendgarderobe ist für das ja doch junge PZH ein eher unpassender Rahmen. Was ihm dagegen gefällt: Es gewährt gern einen Bick in sein Fotoalbum. Und es lädt ein, einige der vielen spannenden Menschen kennenzulernen, die es täglich prägen. Stolz ist es auch auf „seinen“ Sonderforschungsbereich: Wie es mit „Gentelligenten Bauteilen“ die Industrie-4.0-Entwicklung entscheidend mitprägen will, präsentiert es daher ebenso gern wie jene Wissenschaftler, die einen ganz neuen Leichtbaustahl nutzbar machen. Empfehlen möchte es außerdem ein zukunftsweisendes Lehrangebot. „Und jetzt?“ – Das also ist die Antwort: Ein paar schöne Erinnerungen an die vergangenen zehn Jahre teilen. Und dann auf in die Zukunft! Foto: PZH 27
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