«Das ist reine Schikane»

THERAPIEN
«Das ist reine Schikane»
Bundesamt verlangt vom psychiatriekritischen Verein Psychex Subventionen zurück
Der Bund verstärkt den
Druck auf die Beratungsstelle Psychex: Sie soll
mehr als 400 000 Franken
zurückzahlen.
wischen den Behörden und
der Organisation Psychex eskaliert der Konflikt. Im letzten Herbst weigerte sich das Bundesamt für Sozialversicherungen, einen
Teil der Unterstützungsbeiträge zu
zahlen. Der Grund: Psychex hatte
dem Bundesamt nicht wie verlangt
eine Liste mit Namen und Geburtsdaten aller Ratsuchenden gegeben.
Doch damit würde sie, so die Beratungsstelle, ihre Patienten verraten
und das Anwaltsgeheimnis verletzen.
Anwälte der Psychex befreien immer
wieder Patienten, die unrechtmässig
in psychiatrischen Kliniken sitzen
(Gesundheitstipp 10/2014).
Jetzt verstärkt das Bundesamt für
Sozialversicherungen den Druck auf
Psychex nochmals massiv. Vor
Ostern teilte das Amt der Beratungsstelle mit, sie müsse alle Subventionen der letzten vier Jahre zurückzahlen – total über 400 000 Franken.
Begründung: Wegen des Widerstands von Psychex könne das Amt
nicht prüfen, ob Psychex berechtigt
sei, Subventionen zu erhalten.
Z
Teil der Namen fehle das Geburtsdatum. Zudem seien zu wenig
Klienten IV-Rentner. Deshalb sei
Psychex nicht berechtigt, Subventionen zu erhalten. Diese kommen
aus dem Topf der Invalidenversicherung: Geld vom Bund gibts nur,
wenn mindestens die Hälfte der
Klienten IV-Bezüger sind.
Fachleute sind entsetzt. Der
Zürcher Rechtsanwalt Viktor
Györffy, Präsident des Vereins
Grundrechte.ch, kritisiert: «Dass das
Bundesamt bereits ausbezahlte Subventionen zurückfordert, ist ein Verstoss gegen Treu und Glauben.» Das
Amt dürfe nicht im Nachhinein die
Spielregeln ändern.
Der St. Galler Rechtsanwalt Roger Burges, Generalsekretär des Vereins Psychex, wirft dem Bundesamt
vor, «brachial und willkürlich» vorzugehen. Die Kritik an den gelieferten Daten sei «reine Schikane». Der
Bund wolle Psychex ausschalten,
weil der Verein die Psychiatrie kritisiere. Burges widerspricht der Darstellung des Bundesamts: Gemäss
seinen Berechnungen sind mehr als
die Hälfte der Klienten IV-Bezüger.
Das Bundesamt könne die fehlenden Geburtsdaten problemlos selbst
herausfinden. Psychex will den Sachverhalt nun juristisch geklärt haben
und hat daher das Bundesverwaltungsgericht angerufen.
Neue Zweifel an
Zwangsmassnahmen
Jedes Jahr sperren Ärzte in der
Schweiz rund 9000 Leute gegen
ihren Willen in eine psychiatrische
Klinik ein. Fachleute kritisieren, dass
viele Ärzte dafür zu wenig Fachwissen hätten (Gesundheitstipp 2/15).
Der Auftritt eines urgauer Hausarztes in der TV-Sendung «Rundschau» vom 1. April nährt neue
Zweifel an den Zwangsmassnahmen: Der Arzt sagte, das Einsperren
in die Klinik könne für die Betroffenen ein «Denkzettel» sein. Damit
widerspricht der Arzt den gesetzlichen Regeln.
Zur Kritik der Fachleute sagt
Harald Sohns, Mediensprecher des
Bundesamts für Sozialversicherungen: Das Amt habe keine Spielregeln geändert, vielmehr habe Psychex gesetzliche Regeln und vertragliche Verpflichtungen nicht eingehalten. Die Rückforderung von
Subventionen sei im Subventionsgesetz geregelt. Die Ansichten von
Psychex spielen laut dem Bundesamt «keine Rolle». Die Beratungsstelle sei gesetzlich und vertraglich
verpflichtet, die vereinbarten Leistungen mit Personendaten zu belegen, habe diese Pflicht aber «trotz
wiederholter Aufforderung» nicht
Andreas Gossweiler
erfüllt.
Zwar hatte Psychex die Klientendaten der Jahre 2012 und 2013 im
letzten Herbst schliesslich nach
Bern geliefert. Doch das Bundesamt war damit nicht zufrieden: Anfang März verlangte es auch die
Klientendaten der Jahre 2011 und
2014. Zudem bemängelte das Amt
die eingereichten Daten: Bei einem
Gesundheitstipp April 2015
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«Ein Verstoss gegen
Treu und Glauben»
Eingesperrt: Psychex unterstützt Menschen, die zwangsweise in der Psychiatrie landen
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