„Geschichte des Martinszuges in Bonn“ von 1920

Auszug aus den Aufzeichnungen von Sebastian Dani
über die „Geschichte des Martinszuges in Bonn“ von 1920 – 1977
Stadtarchiv Bonn – Signatur 80/277
Nach dem Krieg :
„Während der Kriegsjahre von 1940 bis 1945 fand der Martinszug nicht
statt. Nach dem 2. Weltkrieg, im Jahre 1946, fand sich ein Häuflein
Martinsfreunde zusammen, um wieder den Martinszug neu zu beleben“.
……..“Dieser Martinszug gestaltete sich zu einem wahren Volksfest. Viele
Straßen unserer Stadt lagen noch voll Trümmer, an den Häusern sah man
noch die Wunden des Krieges, den Zuschauern aber leuchtete die Freude
aus den Augen, nicht allein wegen des Martinszuges, der wiedererstanden
war, sondern auch weil der seelische Druck, den der unheilvolle Krieg bei
allen hinterlassen hatte gewichen war. Sogar einige Offiziere der
englischen Besatzungsmacht, darunter der Stadtkommandant Oberst
Brown, feierten mit uns das Martinsfest und freuten sich so wie wir über
die gebastelten bunten Fackeln und die leuchtenden Kinderaugen, die im
Fackellicht erstrahlten. Dieser erneute Auftakt hat gezeigt, dass unser
Martinsfest in der Bonner Bevölkerung ein fester bleibender Begriff
geworden ist und jedes Jahr wieder alt und jung erneut begeistert. Die
Kinder von damals, die mit ihren Fackeln singend im Martinszug mitzogen,
stehen heute als begeisterte Zuschauer am Straßenrand und sehen - nun
als Väter oder Mütter – ihre Kinder, so wie sie damals , mit der gleichen
Freude und Begeisterung vorüberziehen. Und dieses wird sich- so Gott will
– von Generation zu Generation fortpflanzen. Auch die Tradition, dass
aller Kinder, die mit dem Zug gehen, einen Weckmann bekommen, ist bis
heute erhalten geblieben. Es war schon – wie mit allem – nach dem
totalen Krieg ein schwerer Anfang. Unsere Stadt lag Trümmern. Viele
Bonner waren evakuiert und. kehrten jetzt zurück. Es wälzte sich
unaufhörlich ein Flüchtlings- und Vertriebenenstrom auf uns in den
Westen und so auch auf unsere Stadt zu. Sie hatten Haus, Hof und Heimat
verlassen müssen und erhofften sich, hier eine neue Heimat und eine
Existenz zu finden. Und wie man heute erfreut feststellen kann, haben
sich die meisten von ihnen hier bei uns gut zurecht gefunden.
1946 gab es alles, was man zum Leben brauchte, Nahrung- und Kleidung
nur auf Lebensmittelmarken und auf Bezugsschein, aber all das war nicht
viel. Trotzdem sollten die Kinder traditionsgemäß ihren Weckmann haben.
So habe ich das Mehl und die Zutaten zur Herstellung der Weckmänner
erbettelt. Hier sei noch heute ein Lob und Dank gesagt der Bonner
Auermühle für das Mehl und dem Lebensmittelamt unserer Stadt für
Zucker und Fett. Somit konnten alle Kinder ihren Weckmann erhalten.
Auch war es mühevoll, die Musik für den Martinszug zu besorgen. Ich
erwähne dieses, weil sich viele nicht mehr an diese Zeit erinnern und weil
die Jugend es s nicht mehr erlebt hat.
Heute ist alles "Gott sei Dank" leichter, nur teurer geworden.
1950 konnte Josef Weiden sein 30 jähriges Jubiläum als St. Martin feiern.
Im gleichen Jahr wurde auch der Ausschuß erweitert. Ihm gehörten nun
an:
Stadtdechant Prälat H.J.Stumpe, Rektor Matthias Frömbgen, Hans
Roesberg, Rektor Josef Müller, Heinrich Kutsch, Rektor Hans Kreutzberg,
Rektor Mann, Rektor Wickel, Stadtdirektor Sebastian Dani.
Außer Herrn Protonotar Prälat Stumpe und mir ist keiner der
vorgenannten mehr unter uns.
1951 ritt Hans Roesberg zum ersten Male als St. Martin durch unsere
Stadt.
Auch war es mühevoll, die Musik für den Martinszug zu besorgen. Ich
erwähne dieses, weil sich viele nicht mehr an diese Zeit erinnern und weil
die Jugend es s nicht mehr erlebt hat.
Heute ist alles "Gott sei Dank" leichter, nur teurer geworden. 1950 konnte
Josef Weiden sein 30 jähriges Jubiläum als St. Martin feiern. Im gleichen
Jahr wurde auch der Ausschuß erweitert. Ihm gehörten nun an:
Stadtdechant Prälat H.J.Stumpe, Rektor Matthias Frömbgen, Hans
Roesberg, Rektor Josef Müller, Heinrich Kutsch, Rektor Hans Kreutzberg,
Rektor Mann, Rektor Wickel, Stadtdirektor Sebastian Dani.
Nun zum Ablauf des Zuges: Traditionsgemäß besucht St .Martin an
mehreren Tagen mit seinem Gefolge- Pagen und Ausschussmitgliedern die
Kindergärten, Kinderhorte und. Kinderheime sowie die Altersheime, Diese
Besuche sind für alle Beteiligten ein Erlebnis besonderer Art. Und so
wiederholt sich dieses schöne Fest von Jahr zu Jahr, und es ist der
Eindruck vorhanden, als sei nichts geschehen - das 3. Reich, der Krieg mit
seinen Folgen wie Inflation, Zerstörungen waren vergessen. Nur ein
Kleinod war noch nicht wieder da, und zwar unser schöner Martinsbrunnen
vor dem Münster. Die Figuren, die aus Bronze bestanden, waren für
Kriegszwecke eingeschmolzen worden. Hans Roesberg und. ich haben uns
zur Aufgabe gemacht, den Brunnen wieder herzurichten. Zum Glück
waren die Formen von allen Figuren noch auf dem städtischen. Bauhof
vorhanden.- Die Figuren des Brunnens sind: der große Gänsebub, .der
kleinere Junge, das Gänseliesel und vier Einzelgänse.- Wir fanden in Köln
auf der Neußer Straße die Bronzekunstgießerei des Meisters Peter May
vor. Er übernahm dafür sofort den Auftrag und wir mussten nun dafür
sorgen, daß wir Geld bekamen. Wir haben dann 11.419,-DM gesammelt,
den Rest zahlten die Stadt Bonn und der Landschafts-Verband.
Das Steinmaterial am Brunnen ist Trachyt und der wurde gewonnen und
bearbeitet vom Meisterbetrieb Johann Bell in Siershahn (Westerwald),
1958 war der Brunnen wiedererstanden und - seht ihn alle an - er ist
wieder in alter Schönheit da wie früher. Nach der Fertigstellung erhielt ich
einen Brief aus Berlin von dem dort lebenden 62 jährigen Lektor
Götschmann, er schrieb:" Ich habe meinem Vater - dem Bildhauer
Götschmann damals für den Gänsejungen Modell gestanden, und somit
freue ich mich über die Wiederherstellung ganz besonders“. Langsam
begannen auch wieder die Ortsteile unserer Stadt (Poppelsdorf, Endenich,
Dransdorf, Rheindorf, Kessenich und Dottendorf) das Martinsfest und
somit die Martinszüge zu gestalten. Nach der Eingemeindung von Bad
Godesberg von Duisdorf und Beuel im Jahre 1969 sind es heute etwa 20
Martinszüge, die sich am Martinus, am 11.November, entweder kurz
vorher oder nachher durch die Straßen von Groß-Bonn bewegen, alle mit
St. Martin zu Pferde.
Kriegszwecke eingeschmolzen worden. Hans Roesberg und. ich haben uns
zur Aufgabe gemacht, den Brunnen wieder herzurichten. Zum Glück
waren die Formen von allen Figuren noch auf dem städtischen. Bauhof
vorhanden.- Die Figuren des Brunnens sind: der große Gänsebub, .der
kleinere Junge, das Gänseliesel und vier Einzelgänse.- Wir fanden in Köln
auf der Neußer Straße die Bronzekunstgießerei des Meisters Peter May
vor. Er übernahm dafür sofort den Auftrag und wir mussten nun dafür
sorgen, daß wir Geld bekamen. Wir haben dann 11.419,-DM gesammelt,
den Rest zahlten die Stadt Bonn und der Landschafts-Verband.
Das Steinmaterial am Brunnen ist Trachyt und der wurde gewonnen und
bearbeitet vom Meisterbetrieb Johann Bell in Siershahn (Westerwald),
1958 war der Brunnen wiedererstanden und - seht ihn alle an - er ist
wieder in alter Schönheit da wie früher. Nach der Fertigstellung erhielt ich
einen Brief aus Berlin von dem dort lebenden 62 jährigen Lektor
Götschmann, er schrieb:" Ich habe meinem Vater - dem Bildhauer
Götschmann damals für den Gänsejungen Modell gestanden, und somit
freue ich mich über die Wiederherstellung ganz besonders“. Langsam
begannen auch wieder die Ortsteile unserer Stadt (Poppelsdorf, Endenich,
Dransdorf, Rheindorf, Kessenich und Dottendorf) das Martinsfest und
somit die Martinszüge zu gestalten. Nach der Eingemeindung von Bad
Godesberg von Duisdorf und Beuel im Jahre 1969 sind es heute etwa 20
Martinszüge, die sich am Martinus, am 11.November, entweder kurz
vorher oder nachher durch die Straßen von Groß-Bonn bewegen, alle mit
St. Martin zu Pferde.
Zusammenstellung
über die Finanzierung und. die Kosten des Brunnens:
Baumann, Transport Brunnenschale
Bell, Siershahn, Brunnenschale
Kieserg, Steinmetzarbeiten
v. Rath, Restaurierung des Gussformen
Guß Kinderfiguren und Gänse
17.500,-DM
295,-DM
7.187,-DM
2.981,-DM
2.999,-DM
30.262,-DM
Die Differenz wurde auf einem heute noch bestehenden Sparbuch festgelegt.
Nun zum Aufbau und zur Gliederung des Zuges:
Der Ausschuß in dem jeder seine festgelegte Aufgabe zu erfülen hat - alles ehrenhalber,
das versteht sich von selbst – besteht aus folgenden Damen und Herren:
Der Pfarrer vom Münster ist Ehrenvorsitzender
Herr Hochwürden Stadtdechant
Walter Jansen, Vorsitzender
Herr Stadtdirektor a.D.
Sebastian Dani, geschäftsführender
Vorsitzender
Herr Apotheker
Heinrich Kutsch, Schatzmeister
Herr Angestellter
Peter Franken, erster Schriftführer
Herr Rektor a.D.
Karl Heinen , verantwortlich für
Frau Rektorin
Helma Klein die Verlosung
Herr Religionslehrer
Bruno Honig, St. Martin
Herr Schulrat a.D.
Erich Oyen , zweiter Schriftführer
Herr Lehrer
Büchel
Herr Kaufmann
H.J.Friedrich
Frau Jugendleiterin
Dietlinde Roemer Beisitzerin
Herr Rektor
Theo Winterscheid
Herr Hochw.Protonotar
Prälat H,S,Stumpe,Ehrenmitglied
Herr Oberverw.rat
Hermann Reifferscheid, inaktives Mitglieder
Herr Stadtverordneter
Willi Kaiser
Der Ausschuß beginnt seine jährliche Vorbereitung im September.
Hier werden festgelegt:
1) Tag und Datum des Zuges
2) Besprechung beim Vorsitzenden, dem Herrn Stadtdechanten vom Münster
3) Termin zur Besprechung mit den Schulen und Kindergärten
4) Besprechung beim Straßenverkehrsamt
5) Tag der Verlosung
Zu 3) und 5): Raum, Uhrzeit und Datum müssen beim Büro Oberstadtdirektor festgelegt
werden.
Zu 2): Dazu lädt der Stadtdechant vom Münster ein.
Zu 4) Beim Straßenverkehrsamt - Sachgebiet Straßenverkehrsangelegenheiten um
Termin bitten, hier wird die Genehmigung für den Zug erteilt, der Zugweg festgelegt und
die Absperrung besprochen. Von dem Amt werden dazu die Polizei, das Tiefbauamt und
die Stadtwerke (wegen Bus- und Straßenbahnverkehr) eingeladen.
Nachdem dies alles festgelegt ist, bittet der Schriftführer die Uni um
Erlaubnis für die Benutzung des Hofgartens und tritt an die Geschäfte und
Firmenbüros heran, ihre Schaufenster oder Fenster dem Martinstag
entsprechend zu beleuchten. Der Zug nimmt Aufstellung ab 16.30 Uhr im
Hofgarten, um 17 Uh ist Abmarsch.
Zum ersten Male findet die Mantelteilung im Hofgarten auf der Wiese
durch St .Martin statt. Alle Kinder können somit diesen Vorgang verfolgen.
Danach geht der Zug durch die festgelegten Straßen zum Marktplatz (
Rathaus ), an dem dort zu Pferde sitzenden St. Martin vorbei durch die
Remigiusstraße zum Münsterplatz, wo sich der Zug auflöst.
Nach der Auflösung des Zuges beginnt für die Kinder der 2 Teil an diesem
Vorabend von St .Martin. Jetzt sieht man die Trüppchen von Geschäft zu
Geschäft, von Haus zu Haus ziehen zum "Schnörzen". Viele ziehen mit
vollen Tüten nach Hause. Beim "Schnörzen" wird gesungen: "Hier wohnt
ein reicher Mann, der uns vieles geben kann..." Wer nichts gibt, wird mit
dem Lied bedacht:" Et soss en Kroh ob dem Dach un pekt der Ahl e Oog
us ….". Auch dieses sollte man den Kindern lassen - nach dem Motto "es
war immer so!“
Nach dem Vorbeimarsch bittet der Herr Oberbürgermeister den St.Martin
und sein Gefolge - also den Ausschuß zu einem Empfang ins Rathaus.
Zum Abschluß dieses Tages trifft sich dann der Ausschuß mit dem Herrn
Oberbürgermeister, dem Herrn Oberstadtdirektor, dem Herrn
Polizeipräsidenten, dem Herrn Polizeidirektor und dem Leiter der Städt.
Feuerwehr zum Martinsgans-Essen.
Die Finanzierung des Zuges und die Beschaffung der Weckmänner,
Musikkapellen usw. erfolgt aus dem Erlös der Verlosung und aus dem
Zuschuß der Stadt (pro Schulkind im Bereich des Martinszuges In diesem
Jahr 56 Pfennig).
Nachwort
Ich habe dies aus der Erinnerung aufgezeichnete und zwar aus folgenden
Gründen:
1. Ich hoffe, damit einen kleinen Beitrag zu leisten für die uns
Nachfolgenden
2. Es sollte nicht vergessen werden, wie schwer es war, nach diesem
unseligen Kriege Brauchtum zu erhalten und weiterzuführen.
Es ist nicht alles "Gold, was glänzt" - und so war es auch im Ablauf des
Geschehens in der Bonner Martinszug-Geschichte. In den 50-er Jahren,
(nachdem der Bund sich hier niedergelassen hatte) wurden Stimmen laut,
es wäre nicht mehr zeitgemäß, den Zug durch die verkehrsreichen
Straßen ziehen zu lassen. Wir sollten mit dem Zug am Rhein vorbei
ziehen. Als Gegenargument haben wir eingewendet: "Was Du; nicht willst,
was man Dir tut, das füge auch keinem anderen zu - ziehe Du an den
Rhein mit Deinem Verkehr, dann bleibt die City für die paar Stunden für
unsere Kinder im Martinszug und für die Bürger der anliegenden Straßen
reserviert. Die Schlacht haben wir gewonnen und haben somit dem
Wunsch und dem Willen der Begründer des Bonner Martinszuges von 1920
gemäß gehandelt. Ich appelliere hiermit an alle, respektiert auch in ferner
Zukunft den Willen und die Gedanken der Gründer unseres Bonner
Martinszuges, das Anliegen dieser Männer in der hektischer Zeit nicht
untergehen, pflanzt den Gedanken weiter fort.
In der Hoffnung, da noch vielen nach uns folgenden Generationen in
Frieden dieses schöne Brauchtum für jung und alt in unserer Stadt
erhalten bleiben möge, sei dieser Bericht allen Ausschußmitgliedern als
Dank für ihre Tätigkeit für die St. Martinsgeschehen gewidmet.“
Ihr
Oktober 1977
Stadtdirektor a.D.
Nachsatz:
Sollten einmal unsere Nachfolger an unserer Tätigkeit etwas auszusetzen
haben, dann tut bitte folgendes: Das Ungute unseres Tuns schreibt auf
fließendes Wasser. Das Gute aber schreibt in Marmor!“
Der Auszug ist von der Seite 10 bis 17