Mitgliederzeitschrift von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ausgabe 01/15 [März 2015] FÜR EIN GUTES MORGEN GRÜNE WIRTSCHAFTSPOLITIK MIKROBRAUEN GROSS IM TREND Entdeckt die Bierbranche die Nachhaltigkeit? ANDERS WIRTSCHAFTEN, ABER WIE? Dieter Janecek und Gerhard Schick im Streitgespräch 35-JÄHRIGES BESTEHEN GRÜNE würdigen Ehemalige GR R NG O K T S AINZ F HA M SC I IN T N IR W . J U R E ./ 1 ÜN 1 ES S Entdecken Sie mehr Unterschiede auf sparkasse.de Liebe Freundinnen und Freunde, dieses Jahr haben wir viel zu feiern: Im Januar sind wir GRÜNE 35 Jahre alt geworden. Im Februar vor 25 Jahren wurde Bündnis 90 aus der Taufe gehoben. Seitdem streiten wir für eine bunte, moderne und offene Gesellschaft. Es war nicht immer einfach und häufig turbulent, aber erfolgreich. Heute sind wir in allen Landtagen vertreten. In Regierung oder Opposition – wir haben immer für unsere Ziele und Überzeugungen und gegen eine verkrustete Politik gekämpft und haben neue Ideen vorangebracht. Mit Freude blicken wir auf diese Jubiläen und gehen selbstbewusst voran. Lasst uns die Welt noch grüner machen! Ein Thema, das uns seit 35 Jahren beschäftigt und für Kontroversen sorgt, ist die Abwägung zwischen Ökologie und Ökonomie und TITELTHEMA: WIRTSCHAFT dem Umbau unserer Wirtschaft. In spannenden Debatten, auf dem Länderrat im April und auf einem Kongress im Juni werden wir das Thema dieses Jahr voranbringen. Deshalb ist es auch das Hauptthema in diesem Heft. Viel Spaß beim Lesen. Euer Michael PS: Dieses Jahr wollen wir auch den Klimaschutz nach vorne rücken. Nehmt zum Beispiel teil an der KlimaschutzDemo in München am 4. Juni 2015 anlässlich des G7-Gipfels! Mehr Infos findet Ihr rechtzeitig auf gruene.de PARTEILEBEN EUROPAGRÜN 16 Versagen der Sicherheitspolitik Von Jan Philipp Albrecht 17 Geld raus aus fossiler Energie Von Reinhard Bütikofer 18 Untersuchungsausschuss zu Steuerdumping durchgesetzt Von Sven Giegold 19 Freizügigkeit und EU-Förderpolitik: Antworten statt Populismus Von Terry Reintke JÄ H R I G E S B E S T E H E N Seit knapp einem Jahr läuft die Programmdebatte der GRÜNEN – im schrägstrich geht es diesmal um Wirtschaftspolitik. Wie sieht grünes Wirtschaften praktisch aus? 35 Jahre DIE GRÜNEN, 25 Jahre Bündnis 90 und 12,3 Prozent bei der Hamburger Bürgerschaftswahl: Die GRÜNEN sind gut ins Jahr gestartet. 4 Wir brauchen eine grüne Marktwirtschaft Gastbeitrag von Cem Özdemir 20 35 Jahre DIE GRÜNEN Ehemaligentreffen zum Jubiläum 6 Biernation im Umbruch? Die Bierindustrie experimentiert mit nachhaltigen Konzepten 8 Gefährlicher Geiz Gastbeitrag von Frank Bsirske 9 Das Teilen und das Geld Bedrohen profitorientierte Start-ups das Modell der Share Economy? Titel: thinkstock.com/Sarellita 10 Grüne Wirtschaftspraxis Erfolg auf Länderebene 12 „Wir müssen Monopole knacken“ Gerhard Schick und Dieter Janecek im Streitgespräch 14 Wachsen, schrumpfen, entkoppeln? Ein Überblick über die grüne Wachstumsdebatte 15 TTIP – so nicht! Über Proteste gegen „Schattengerichte“ 21 Aller guten Dinge sind drei Bürgerschaftswahlen in Bremen und Hamburg 22 „Mama Maria“ aus Scharnebeck Maria Lazer über Flüchtlingsarbeit 23 Ein Thema, das bewegt BAG Mobilität und Verkehr 23 Was macht eigentlich …? Regine Barth im Porträt MÄRZ 2015 AGRARWENDE GRIECHENLAND EINWANDERUNG 24 „Fift y-Fift y“ für Vielfalt und mehr Demokratie Kampagne für die innerparteiliche Frauenquote bei den GRÜNEN 24 Grüne Gretchenfrage Die Frage nach dem Verhältnis von Staat und Religion 25 Magazin 26 Literatur und Impressum schrägstrich | Heft 1/2015 3 Titelthema: Wirtschaft WIR BRAUCHEN EINE GRÜNE MARKTWIRTSCHAFT Wir GRÜNE wollen aus der sozialen eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft machen, indem wir Produktion und Konsum nachhaltiger gestalten. Die ökologische Modernisierung der Wirtschaft ist dafür ein wichtiger Meilenstein. von cem özdemir Im Klimajahr 2015 wollen wir daher unsere Wirtschaftspolitik weiterentwickeln und einen Weg beschreiben, wie wir Wohlstand schaffen können, der nicht auf dem Raubbau an Mensch und Natur fußt. Es ist unsere Aufgabe, die ökologische 4 schrägstrich | Heft 1/2015 Modernisierung unserer Wirtschaft zu einer Erfolgsgeschichte zu machen. Die öffentliche Hand kann diesen Umbau sehr gut gestalten, wenn sie den richtigen Rahmen setzt und an den richtigen Stellschrauben dreht. Zum Beispiel kann sie durch gezielte Förderung mehr grüne Innovationen ermöglichen. Von der Elektrifizierung bis zum Internet – es gibt in der Vergangenheit viele Beispiele für Innovationen, die ohne die öffentliche Hand so nicht passiert wären. Warum sollte es nun anders sein? Sie kann auch dazu beitragen, dass die Digitalisierung als Katalysator für den ökologischen Umbau genutzt wird. Die digitale Revolution bietet mit Blick auf die Einsparung von Ressourcen unglaubliche Chancen – wir müssen sie nur nutzen! Foto: 2009 Michael Cavén Laut WWF werden wir im Jahr 2030 eine zweite Erde brauchen, um unseren Ressourcenhunger auf jetzigem Niveau zu stillen. Da wir diese in den nächsten 15 Jahren nicht mehr finden werden, müssen wir möglichst bald auf eine nachhaltige Wirtschaftsweise umsteuern. Das heißt vor allem, die Produktion und den Konsum vom ungebremsten Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Wirtschaftspolitik muss heute etwas anderes leisten, als einfach nur die Rahmenbedingungen für immer mehr Wachstum zu schaffen. Titelthema: Wirtschaft Damit neue Ideen und Akteure auf dem Markt eine Chance haben, muss die Politik aber besser für fairen Wettbewerb sorgen – auch indem wir Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Selbstständigen, die vor Ort Steuern zahlen, den Rücken stärken und Freiräume schaffen. Monopole und die überproportionale Marktmacht einzelner, global agierender Konzerne sind nicht nur ein soziales und ökonomisches Problem, sie können auch wichtige ökologische Veränderungen aufhalten. Auch unser Top-Runner-Ansatz (siehe Glossar S.¯7) zum Beispiel bei umweltverträglichen und energiesparenden Haushaltsgeräten funktioniert nur in einem Markt mit fairem Wettbewerb und mehreren unabhängigen Herstellern. Außerdem müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher, die nachhaltig konsumieren wollen, besser unterstützt werden, indem wir dafür sorgen, dass Preise deutlicher die ökologische Wahrheit sagen. Wichtige Alternativen wie zum Beispiel Teilen, Tauschen, Fair Trade, Kreislaufwirtschaft oder gemeinnützige Genossenschaften brauchen mehr Raum, um sich zu entfalten. Dies sind wichtige Grundlagen für den ökologischen Umbau der Wirtschaft. Dabei werden wir natürlich nicht aus dem Blick verlieren, dass nicht alle aus eigener Kraft diesen Weg beschreiten können, sodass dieses Projekt natürlich eingebettet wird in eine Politik, die die soziale Frage ebenso in den Blick nimmt wie die ökologische. Grüne Marktwirtschaft ist immer beides: nachhaltig und gerecht, im nationalen wie im internationalen Rahmen – sie hat immer das Ganze im Blick. Partner gewinnen Foto: Sedat Mehder Die ökologische Modernisierung ist nicht nur eine Notwendigkeit, sie ist auch eine riesige Chance für unsere Gesellschaft. Eine andere Art von Wohlstand ist möglich – mit sauberer Luft, klarem Wasser und weniger Lärm. Etwas, was immer mehr Menschen zu schätzen wissen. Für den europäischen Wirtschaftsstandort, gerade angesichts von Rekordjugendarbeitslosigkeit in Spanien und Griechenland, hat sie das Potenzial zum Jobmotor – zumindest wenn wir damit bald loslegen und nicht weiter in einer Schockstarre verharren. Um diesen Kraftakt zu stemmen, brauchen wir nicht nur gute Gesetze, sondern auch Unternehmen, die die Modernisierung umsetzen. Dafür müssen wir auch verstehen, wie sie ticken. Im Sommer 2014 habe ich deshalb ein Betriebspraktikum absolviert und war mehrere Tage bei ebm-papst, einem Hersteller von Elektromotoren und Ventilatoren aus dem Ländle. Am Ende waren beide Seiten davon überrascht, wie viel Gemeinsamkeiten es mit Blick auf politische Forderungen gibt – sei es bei der Ökodesignrichtlinie, Energieeffizienz oder gar bei der Frage nach einer gerechten Besteuerung der Vermögenden zur Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur. Mir hat das noch einmal deutlich vor Augen geführt: Es gibt genügend Unternehmen, die die StatusQuo Politik der Regierung ebenso ablehnen wie wir, weil sie unter der Verlängerung des fossilen Zeitalters leiden. Sie wollen wir als Partner für unsere Strategie, anders zu wirtschaften, gewinnen – schließlich tun sie es längst. 2015 wird spannend Am Ende des Jahres werden wir auf der BDK in Halle einen Beschluss fassen, der auch zeigen soll, warum es sich lohnt, aus der sozialen eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft zu machen. Ich freue mich sehr auf die Debatten innerhalb unserer Partei und mit den unterschiedlichen Akteuren in der Wirtschaft. Diskutieren wollen wir auch am 12./13. Juni auf unserem Wirtschaftskongress in Mainz, zu dem Ihr alle herzlich eingeladen seid. Klar, wer gegen die Energieeffizienzrichtlinie aus Brüssel Lobby gemacht hat, Atomkraftwerken nachtrauert, mehr Kohlekraft fordert und tierquälerische Massentierhaltung für ethisch verantwortbar hält, wird auch in Zukunft die GRÜNEN nicht als seinen Ansprechpartner betrachten. Aber die vielen anderen sind herzlich eingeladen, mit uns gemeinsam die ökologische und soziale Transformation der Gesellschaft in Angriff zu nehmen. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren – wir haben nur diese eine Erde. Cem Özdemir, 49, ist Bundesvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN GRÜNER WIRTSCHAFTSKONGRESS 12./13. JUNI, MAINZ, RHEINGOLDHALLE Der Bundesvorstand lädt Euch alle ein, unsere Vorstellungen guter Wirtschaftspolitik zu diskutieren. Die Akzeptanz und Durchsetzung unserer wirtschaftspolitischen Konzepte wird nicht nur davon abhängen, die Bedeutung für Klima und Natur aufzuzeigen, sondern auch die Chancen für den europäischen Wirtschaftsstandort zu beschreiben. Freitagabend soll es losgehen und am Samstag werden wir bis in den Nachmittag hinein diskutieren. Mehr Informationen zu Anmeldung und Programm gibt es im März auf www.gruene.de und im Newsletter. schrägstrich | Heft 1/2015 5 Titelthema: Wirtschaft BIERNATION IM UMBRUCH? In der Werbung wird Bier zwar gerne mit Naturverbundenheit in Verbindung gebracht, als Musterbeispiel für nachhaltiges Wirtschaften und umweltfreundliche Produktion ist die Branche bislang aber nicht aufgefallen. Das scheint sich zu ändern. auch für andere Länder. Der Verbrauch von Wasser und Energie pro produziertem Liter Bier sei innerhalb von zwei Jahren EU-weit um 4,5 beziehungsweise 3,8 Prozent gesunken, der CO2-Ausstoß um 7,1 Prozent. Ein Grund dafür ist, dass Brauereien großes Interesse daran haben, Energie zu sparen. Der Deutsche Brauer-Bund, der die „gesamte deutsche Brauwirtschaft“ vertritt, gibt ein Beispiel: „Brauereien benötigen zur Bierproduktion im Sudhaus Wärme, aber für die Lager- und Reifetanks gleichzeitig auch Kälte. Hier konnten intelligente Kreislaufsysteme entwickelt werden, die sicherstellen, dass Energie optimal genutzt und gespeichert wird.“ Die Branche sei offen für ökologisches Energiemanagement: „Ein brauereieigenes Windrad produziert Energie für den Eigenbedarf und zur Einspeisung in das öffentliche Netz, wenn es gerade nicht gebraucht wird.“ Oder eine Brauerei klärt ihr Abwasser und gewinnt mithilfe des gewonnenen Biogases Strom und Wärme. Der europäische Dachverband Brewers of Europe ist neuerdings sogar Mitglied im „Product Environmental Footprinting Project“ der Europäischen Kommission. Er vertritt mehr als 5.000 Brauereien aus 29 Ländern und bestätigt die Beobachtung des deutschen Dachverbands Weitere positive Impulse kommen von einem Trend, den die Begriffe Craft Beer, Mikrobrauerei und alternative Brauszene zu fassen versuchen: Es kommen immer mehr Biere auf den Markt, die sich abheben vom bestehenden Angebot. Zum Spektrum gehören zwar auch unpolitische Hobbybrauer und clevere Produktstrategen, die aus rein kommerziellem Interesse handeln. Aber viele Selbst- und Kleinbrauer wollen durchaus etwas verändern. Den Markt aufmischen. Ein Beispiel für eine kleine Brauerei mit politischem Anspruch ist Quartiermeister. Der Gewinn aus dem Bierverkauf fließt in soziale Projekte. Im Schlussquartal 2014 wurden so aus rund 26.000 Litern etwas mehr als 3.000 Euro Projektmittel. „Wir wollen eine Alternative bieten zu Rendite und Profit und den alltäglichen Konsum damit verbinden, etwas Gutes zu tun“, sagt Daniel Griedelbach aus der Geschäftsführung. Zur Craft-Beer-Bewegung zählt er Quartiermeister nicht. „Da geht es eher um Brauhandwerk, Geschmack und Qualität. Uns geht es tatsächlich um eine neue Art des Wirtschaftens.“ 6 schrägstrich | Heft 1/2015 Foto: thinkstock.com/melissaf84 Die Bierbranche ist nachhaltiger geworden und öffnet sich für neue Energie- und Wirtschaftskonzepte. Sie steht aber erst am Anfang eines Wandels. Das zeigt sich beispielsweise im Segment Biobier. von schrägstrich-redakteur dirk nordhoff Titelthema: Wirtschaft Der Deutsche Brauer-Bund empfindet den Trend eher als Bereicherung denn als Bedrohung: „Das lenkt den Blick auf die Ursprünge der deutschen Braukultur. Die Craft-Welle wird dazu beitragen, neue Konsumentenkreise zu erschließen und die Wertschöpfung sowie das Image des Bieres zu steigern.“ Nischenprodukt Biobier Der Wandel steht aber erst am Anfang, das betont zum Beispiel Susanne Horn, eine von Deutschlands Biobier-Vorkämpferin. Sie ist seit 2008 die Generalbevollmächtigte bei Neumarkter Lammsbräu. Eine Unternehmerin mit Idealen, aufgewachsen auf dem Biohof der Eltern, verantwortlich für das operative Geschäft eines Getränkeherstellers, der neben Deutschlands ältestem und erfolgreichstem Biobier auch Biolimonade und Biomineralwasser im Angebot hat. Horn sagt: „Wenn man sich nicht mit Kleinstschritten zufriedengibt, kann ich in der Bierbranche noch keinen grundlegenden Wandel erkennen – nicht in den Gesprächen mit den Menschen und nicht im Handeln der Unternehmen.“ Die Nachhaltigkeitsberichte der Marktgrößen seien oft Papiertiger: „Wenn ich weniger Wasser verbrauche, kostet mich das weniger und das ist gleichzeitig ein tolles Aushängeschild für meine Umweltbilanz.“ Das sei zwar besser als nichts, aber letztlich beuge sich die konventionelle Brauwirtschaft nur dem Druck, entwickle aber selten langfristige Strategien für mehr ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Horn wünscht sich mehr Wertschätzung für die Rohstoffe, die im Bier stecken – Verbraucherin und Verbraucher, die bewusst genießen, und Brauereichefinnen und -chefs, die auch mal ein Gerstenfeld betreten. Ihre eigene Firma wachse zwar konstant, auf dem Gesamtmarkt habe Biobier aber nur einen Anteil von 0,4 Prozent. In der konventionellen Bierproduktion kommen zum Beispiel irgendwo auf dem Weltmarkt eingekaufte, stark verarbeitete Hopfenextrakte zum Einsatz. Denn Kreislaufwirtschaft und Quartiermeister zum Trotz: Die Bierindustrie ist immer noch ein Massenmarkt mit hartem Wettbewerb und Großkonzernen, die kleinere Firmen schlucken und verdrängen. Die weltgrößte Gruppe Anheuser-Busch InBev (unter anderem Becks, Franziskaner) verkaufte 2013 jedes fünfte Bier auf der Welt und hatte in Deutschland den größten Marktanteil nach der Radeberger Gruppe (unter anderem Jever, Radeberger, Sternburg). WIRD DIE MÄNNERBRANCHE BIER WEIBLICHER? Auf der Ebene der Geschäftsführung ist die traditionelle Männersphäre Bierindustrie ein Stück weiblicher geworden: Anna Hellers führt in Köln die Geschäfte der gleichnamigen Familienbrauerei, Susanne Horn leitet als Generalbevollmächtigte bei Lammsbräu das operative Geschäft. Und unter dem Label www.holladiebierfee.de vermarkten vier Bierliebhaberinnen Biere speziell für Frauen. „An der Basis muss sich aber noch viel bewegen“, sagt Susanne Horn. Die Auszubildende in ihrem Unternehmen sei in ihrer bayerischen Berufsschule die einzige angehende Brauerin und Mälzerin. Der Deutsche Brauer-Bund hält dagegen: An der Berliner Berufsschule sei der Anteil der angehenden Brauerinnen und Mälzerinnen deutlich höher als in den Vorjahren. Hoffnung und Skepsis Bio-Vorkämpferin Susanne Horn hofft, dass der Selbstbrau-Trend diesen Markt tatsächlich etwas aufmischen kann. „Was ich an dem Trend toll finde ist, dass die Menschen wieder lernen, dass handwerklich gebraute Biere einen Wert haben, der auch etwas kostet.“ Marktaufmischer Daniel Griedelbach glaubt an den gesamtgesellschaftlichen Wandel: „Die unkritischen Konsumentinnen und Konsumenten werden in Zukunft eine Minderheit sein, da haben wir bereits eine Schwelle überschritten.“ Und auch der Deutsche Brauer-Bund hat ein Signal gesetzt, indem er 2014 mit Cem Özdemir erstmalig einen grünen Politiker zum „Bierbotschafter“ ernannt hat. Der offiziell überparteiliche Branchenverband sieht eine Schnittmenge mit BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, „etwa in der strikten Ablehnung grüner Gentechnik und in der Forderung nach einer umfassenden Regulierung von Fracking.“ Für eine Idealistin wie Susanne Horn ist trotz allem noch viel Luft nach oben: Wenn man den Status quo der Biernation mit den Wähleranteilen der politischen Parteien vergleiche, „dann würden die GRÜNEN aktuell noch mit der Fünfprozenthürde kämpfen.“ Anders gesagt: Das Glas ist noch nicht mal halb voll. WIRTSCHAFTSPOLITIK ERKLÄRT: 10 WICHTIGE BEGRIFFE TOP-RUNNER-ANSATZ Mit dem Top-Runner-Modell kann die Politik mit marktwirtschaftlichen Mechanismen die Standards zur Energieeffizienz von Endgeräten wie Computern regulieren. Die Idee: Am Stichtag X werden die Kennzahlen des umweltfreundlichsten Gerätes zum Standard für die gesamte Produktgruppe erklärt. Den Herstellern wird eine Frist von zum Beispiel fünf Jahren gesetzt. Danach dürfen nur noch Geräte angeboten werden, die den gesetzten Standard erfüllen. Als Musterland dieser Politik gilt Japan. GL OS SA R ÖKOLOGISCHE FINANZREFORM Preise stellen selten dar, ob Produkte zu Lasten der ökologischen Lebensgrundlage erstellt wurden oder sauber sind. Damit es sich nicht weiter lohnt, auf Kosten der Umwelt Geschäfte zu machen, soll Verschmutzung einen Preis bekommen. Das lässt sich über den Abbau umweltschädlicher Subventionen (52 Mrd. € in der BRD), Emissionshandelssysteme oder Ökosteuern erreichen. Der europäische Emissionshandel, einst internationaler Vorreiter, wurde aber von den Staats- und Regierungschefs kaputtgemacht. schrägstrich | Heft 1/2015 7 Kongress Auf der Suche nach der grünen Erzählung Die ökosoziale Frage GEFÄHRLICHER GEIZ Unser Wohlstand ist bedroht. In den Schulen bröckelt der Putz. Der Wind- und Solarstrom kommt nicht von Nord nach Süd. Und auf dem Land lahmt das Internet. von frank bsirske Fr, 20. März 2015 (17.30 Uhr – 22 Uhr) Sa, 21. März 2015 (9.30 Uhr – 17 Uhr) Heinrich-Böll-Stiftung Schumannstr. 8, 10117 Berlin Grüne Argumente bauen auf das Ökologische. Grüne Argumente bauen auf das Soziale. Dahinter verbergen sich unterschiedliche Erzählstränge: von unserem Umgang mit der Natur, von unserem sozialen Zusammenleben. Doch wie passt das zusammen? Was ist die öko-soziale Frage? Vom Verhältnis des Sozialen zum Ökologischen Ein öko-sozialer Widerspruch? Positionen zu einem grünen Spannungsverhältnis Ökologie als soziale Frage. Wer ist vom Klimawandel betroffen? Ökologische Ordnungspolitik. Wie ökologische Maßnahmen fair gestalten? Ökologie und Wohlstand. Versuch aus einer globalen Perspektive Wir versprechen einen spannenden Kongress zu einer grünen Schlüsselfrage. Wir versprechen Generaldebatte und Konkretion zum Verhältnis von Ökologie und Sozialem. Mit Open Floors zur öko-sozialen Erzählung... von der Ernährung | vom Fliegen | von der Energiewende | vom Wohnen Programm und Anmeldung: calendar.boell.de Michael Stognienko E [email protected] T 030 285 34 241 www.boell.de 8 schrägstrich | Heft 1/2015 LY_150204_ANZ_Schrägstrich_58x255_4c.indd 1 Unis: bis zu 45 Millarden Euro jährlich Allein in Kitas, Schulen und Universitäten müssten künftig bis zu 45 Milliarden Euro jährlich investiert werden. Der Investitionsstau bei öffentlichen Krankenhäusern ist auf 50 Milliarden Euro angewachsen. Die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude kostet alles in allem 75 Milliarden Euro. Um die Verkehrsinfrastruktur zu erhalten und den öffentlichen Verkehr zu modernisieren, bedarf es jährlicher Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Euro. Der kommunale Investitionsstau beläuft sich auf insgesamt rund 130 Milliarden Euro. Darüber hinaus gibt es einen dringenden sozialpolitischen Finanzierungsbedarf (weniger Altersarmut, Jugendarbeit, Pflege, Gesundheit, bezahlbares Wohnen etc.) von 35 Milliarden Euro. Unter dem Strich summieren sich die notwendigen Zukunftsinvestitionen und Sozialausgaben auf einen jährlichen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag. Die Große Koalition sieht inzwischen Handlungsbedarf. Sie will in die Zukunft investieren. Doch die Akteure stehen sich selbst im Weg. Die schwarz-rote Regierung kann aus eigener Kraft nicht genug investieren, da sie weder neue Schulden machen noch die Steuern erhöhen will. Und das, obwohl Wolfgang Schäuble sein Konto bis 2018 um 150 Milliarden Euro überziehen könnte, ohne die europäischen und nationalen Schuldenregeln zu verletzen – zu historischen Tiefzinsen. Deswegen versucht Wirtschaftsminister Gabriel jetzt, die Investitionslücke mit privatem Kapital zu schließen. Privates Kapital gibt es aber nicht zum Nulltarif. Private Investitionsfinanzierung ist teurer als eine Finanzierung über Staatsschulden oder Steuern. Die Regierung kann und muss jetzt in die Zukunft unseres Landes investieren. Mehr öffentliche Investitionen können große gesellschaftliche Bedarfe decken. Finanziert werden kann dieser Kraftakt wahlweise durch höhere Schulden oder höhere Steuern. Da beides nicht populär ist, muss um die gesellschaftlichen Mehrheiten gerungen werden. Information: Heinrich-Böll-Stiftung Die grüne politische Stiftung Investitionsbedarf für Kitas, Schulen und Die Republik fährt auf Verschleiß. Unternehmen und Staat investieren zu wenig. Die Investitionsquote – Anteil der Bruttoinvestitionen am Sozialprodukt – liegt bei niedrigen 17 Prozent. Vor über 20 Jahren wurde noch fast jeder vierte Euro investiert. Besonders dramatisch schrumpfen die öffentlichen Investitionen. Die staatlichen Nettoinvestitionen – Bruttoinvestitionen abzüglich Abschreibungen – sind seit 2003 im roten Bereich. Der öffentliche Kapitalstock verfällt. Die Investitionsschwäche bedroht das langfristige Wachstum. Schumannstr. 8 10117 Berlin 04.02.2015 17:44:33 Frank Bsirske, 63, ist Vorsitzender von ver.di und seit langen Jahren Mitglied bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Foto: Kay Herschelmann, zabalotta/photocase.de Anzeige Titelthema: Wirtschaft Titelthema: Wirtschaft DAS TEILEN UND DAS GELD Gemeinsam nutzen statt allein besitzen: Die Share Economy trägt zu nachhaltigerem Wirtschaften bei, wirft aber auch kritische Fragen auf. von schrägstrich-redakteurin andrea schmitz Das Regal soll sicher verschraubt werden, aber im Haushalt fehlt die Bohrmaschine? Kein Problem, auch ohne freundliche Nachbarn. Immer mehr Vermittlungsplattformen machen es möglich, via Internet oder mobiler App mit völlig Fremden Dinge zu teilen und zu tauschen. Share oder Sharing Economy heißt der globale Trend. KoKonsum oder kollektiver Konsum lautet das deutsche Schlagwort für die Bewegung, die traditionellen Tauschhandel, Verschenken und Verleihen neu erfindet. dem unbegrenzten Wachstum des Besitzes zu verknüpfen“, sagt die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Paus. „Share Economy entspringt aus den grünen Werten von Innovation, Nachhaltigkeit, Teilhabe und Kollaboration. Sie kann ein Ausdruck praktischer Wachstumskritik sein, weil Konsummuster hinterfragt und Alternativen aufgezeigt werden.“ Gemeinsam genutzte Autos sind effektiver genutzte Autos. Mitwohngelegenheiten ermöglichen dem einen günstiges Reisen oder Übernachten, der andere erhält einen Zuschuss zu seinen Kosten. Produzierte Dinge bleiben länger im Kreislauf. Ressourcen werden geschont. Weniger Müll und Emissionen belasten die Welt. Regeln für schwarze Schafe? Neue Konsummuster Foto: Francesca Schellhaas/photocase.de Aus grüner Sicht trägt die Teil- und Tausch-Ökonomie zum ökologischen Umbau der Wirtschaft bei. Es sei wichtig, „die Lust am Teilen neu zu wecken und das individuelle Glück nicht mehr mit INVESTITION Bei einer Investition werden Mittel gezielt für materielle oder immaterielle Vermögenswerte eingesetzt, um langfristig Vorteile zu erhalten. Das kann die Anschaffung einer Maschine sein, aber auch der Einkauf von Software-Patenten, um ein Unternehmen zu stärken. Im Zusammenhang mit staatlichen Mitteln fällt oft der Begriff Zukunftsinvestition. Aus grüner Sicht sind das Investitionen in Klima- und Umweltschutz sowie in öffentliche Institutionen wie Kitas, Büchereien oder Schulen. Doch soziale und ökologische Motive bewegen nicht jeden, der im Sharing-Bereich unterwegs ist. Neben dem Teilen – kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr – gibt es das rein kommerzielle Vermieten. Dass mit innovativen Geschäftsideen im Internet Geld verdient wird, ist nicht verwerflich. Problematisch wird es, wenn Firmen ihren Erfolg darauf gründen, dass Gesetze umgangen, Mindestlöhne unterlaufen und Steuern nicht gezahlt werden. Besonders in der Kritik stehen immer wieder der Mitfahrdienst Uber und der Wohnungsvermittler Airbnb. „Sie unterscheiden sich nicht von anderen in ihrem Streben nach Gewinnmaximierung und müssen deshalb ebenfalls auf soziale oder wohnungspolitische Standards verpflichtet werden“, fordert Lisa Paus. Trotz solcher Marktmechanismen bleiben der kollektive Konsum und seine Spielarten Repair Economy, Transition Town oder Do it yourself eine wirkungsvolle Graswurzelbewegung, betont der Nachhaltigkeitsexperte Reinhard Loske (vgl. Beitrag im schrägstrich 2/2014). Neben der Politik seien auch die Netzgemeinde, die Ökologiebewegung und die Gewerkschaften gefragt, damit die Bewegung nicht zum Spielball der Internetriesen werde. GL O SS CREATIVE-COMMONS-LIZENZEN AR Creative Commons ist eine gemeinnützige amerikanische Organisation, deren Lizenzverträge es ermöglichen, geistiges Eigentum so zu veröffentlichen, dass es frei genutzt werden kann. Darunter fallen etwa Bilder, Texte und Musik. Das Internetlexikon Wikipedia verwendet den Lizenztyp CC-BY-SA. Die Nutzer können die Inhalte frei verwenden und verbreiten, ohne Geld dafür zu zahlen oder Rechte zu verletzen, sofern sie den Lizenztyp angeben und die Urheberin oder den Urheber namentlich erwähnen. schrägstrich | Heft 1/2015 9 Titelthema: Wirtschaft GRÜNE WIRTSCHAFTSPRAXIS In Rheinland-Pfalz und Hessen führen GRÜNE das Wirtschaftsministerium, in BadenWürttemberg das Staatsministerium. Die GRÜNEN in den Ländern sind treibende Kraft für die ökologische Modernisierung der Wirtschaft. von schrägstrich-redakteurin katharina wagner 2011 übernahm Winfried Kretschmann das Amt des Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg, Eveline Lemke wurde eine Woche später in Rheinland-Pfalz zur Wirtschaftsministerin ernannt. Seit gut einem Jahr stellt Tarek Al-Wazir außerdem die Weichen des hessischen Wirtschaftsministeriums neu. Alle drei haben seitdem viel angestoßen und verändert – manchmal gegen Vorbehalte aus der Wirtschaft, meist aber im Schulterschluss mit ihr zusammen. Winfried Kretschmann, 66, hat die Digitalisierung in Baden-Württemberg Baden-Württemberg: Vorreiter mit Digitalstrategie Vernetzte Umwelttechnik in Rheinland-Pfalz In Baden-Württemberg wird derzeit nichts weniger als die vierte industrielle Revolution vorangetrieben. Industrie 4.0 (siehe Glossar S.11) meint das Verschmelzen von Hard- und Soft ware: Maschinen kommunizieren zum Beispiel über Chips und Sensoren miteinander. „Wenn unsere mittelständischen Unternehmen die Digitalisierung verschlafen, werden sie in wenigen Jahren das Nachsehen haben“, warnt Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Ein wichtiges Element sei dabei die Sicherheit der Daten, denn solange die Unternehmen fürchteten, dass ihre Daten aus einer Cloud abgegriffen werden, stiegen sie nicht ein. Außerdem, so Kretschmann, „leistet Industrie 4.0 einen wichtigen Beitrag zur Senkung des Energieund Rohstoff verbrauchs – die Produktionslinien werden effizienter gestaltet.“ Der Ministerpräsident hat die Digitalisierung in BadenWürttemberg zur Chefsache erklärt. Die Modernisierung der Wirtschaft ist aber nur ein Baustein einer landesweiten Digitalstrategie, die neben den Unternehmen etwa auch die Internetversorgung der Privathaushalte, Medienbildung in Schulen und Investitionen in Hochleistungsrechner für die Wissenschaft umfasst. Allein um den digitalen Wandel in die Breite der Unternehmen zu bringen, investiert die Landesregierung mindestens 8,5 Millionen Euro. Alles für die Wirtschaft, aber immer mit Blick aufs Gemeinwohl. In Rheinland-Pfalz trägt die Energiepolitik eine klare grüne Handschrift . Ende 2014 verteilten sich auf dem Landesgebiet fast 1.500 Windkraftanlagen. Nur in den Küstenländern SchleswigHolstein und Niedersachsen sowie dem Windland Brandenburg kamen 2014 mehr neue Anlagen dazu. Dass mehr als 70 Prozent der Bevölkerung die Erneuerbaren akzeptieren, geht auch auf die 2012 neu gegründete Energieagentur zurück, die landesweit die Bürgerinnen und Bürger informiert. Ein „Leuchtt urmprojekt“, das Unternehmerkultur und ökologischen Wandel zusammenführt, ist die Gründung des Umwelttechniknetzwerkes „Ecoliance“ unter grüner Regierungsbeteiligung. Ein Schritt in die richtige Richtung, meint Eveline Lemke: „Diese Branche wächst, indem sie die Umwelt nicht mehr, sondern weniger belastet.“ Hier werde deutlich, dass sich wirtschaftlicher Erfolg und Umweltschutz nicht ausschließen, sondern zwei Seiten der gleichen Medaille seien. Dass wirtschaftliche Aktivität die Interessen der Menschen in den Blick nehmen muss, signalisiert auch der 2014 veröffentlichte „Regionale Wohlfahrtsindex Rheinland-Pfalz“. Er koppelt die wirtschaftliche Entwicklung im Land an soziale Bedürfnisse und den Zustand der natürlichen Lebensgrundlagen – ein grünes Kernprojekt, nicht nur für Ministerin Lemke. 10 schrägstrich | Heft 1/2015 Foto: picture alliance / dpa zur Chefsache erklärt, damit auch die Förderung der Industrie 4.0 Titelthema: Wirtschaft Eveline Lemke, 50, hat einen Industriedialog angestoßen, um Perspektiven für den Standort Rheinland-Pfalz zu entwickeln Tarek Al-Wazir, 44, fördert die Energiebranche in Hessen und setzt auf mehr Bürgerbeteiligung Neue Innovationskultur in Hessen Partner auf Augenhöhe Fotos: HMWEVL, Wirtschaftsministerium Rheinland-Pfalz Schon nach seinem ersten Amtsjahr wird deutlich, welche neuen Impulse Tarek Al-Wazir in Hessen setzt. Mit 1,5 Millionen Euro fördert das hessische Wirtschaftsministerium beispielsweise einen Frankfurter Energieversorger, der erneuerbaren Strom in Wasserstoff umsetzt, der dann wiederum ins Erdgasnetz eingespeist wird. „Damit kann unstetiger Wind- und Sonnenstrom speicherfähig gemacht werden“, erläutert Al-Wazir. „Ein wichtiger Baustein für die Energiewende.“ Auch nach klassischen Maßstäben zeigt die Wirtschaftspolitik des grünen Ministers Erfolg. Im letzten Jahr zogen 144 Unternehmen aus aller Welt nach Hessen oder stockten ihre bisherigen Investitionen dort auf – auch ein Verdienst der landeseigenen Standortwerbung. Der Wirtschaftsminister setzt außerdem auf die für die GRÜNEN charakteristische Dialogkultur: „Flughafen Frankfurt, Energieleitungsausbau, Errichtung von Windkraftanlagen – das sind alles Themen, die schon vor SchwarzGrün in Hessen streitig diskutiert wurden“, so Al-Wazir. „Neu ist, dass die Landesregierung den Dialog mit allen Beteiligten und betroffenen Bürgerinnen und Bürgern sucht.“ INDUSTRIE 4.0 Das Schlagwort soll einerseits verdeutlichen, dass wir aufgrund der Digitalisierung mit Blick auf unsere Produktion vor einer fundamentalen Veränderung stehen, die unsere Wirtschaftsweise substanziell verändern wird. Andererseits ist damit auch die Hoffnung verbunden, dass Wirtschaftsstandorte, die stärker von der Produktion als von Dienstleistungen abhängig sind, eine Zukunft haben. Der Begriff vermittelt die Idee einer intelligenten Fabrik (Smart Factory), die extrem wandelbar, effi zient und ‒ wenn die Politik entsprechende Rahmenbedingungen vorgibt ‒ auch nachhaltig ist. Auch Kretschmann hat mehrfach klargestellt, dass er in BadenWürttemberg Unternehmen als Partner und Wegbegleiter für die Wirtschaftspolitik betrachtet und mit vielen eng zusammenarbeitet. Für viele Unternehmen ist es eine willkommene Neuerung, dass sie im politischen Betrieb nun Gesprächspartnerinnen und -partner mit klarer Agenda haben, die nicht nur zuhören, sondern auch ehrlich kritisieren, wenn sie Geschäftsmodelle für reformbedürftig halten. „Fast drei Jahre lang haben wir mit rund 500 Akteuren einen kritischen Dialog zu Zukunftsperspektiven der Industrie geführt. Es war ein in der Bundesrepublik einmaliger Prozess“, berichtet Ministerin Lemke aus Rheinland-Pfalz. Viele Innovationen werden mit GRÜNEN in der Landesregierung erst richtig angestoßen, auch in Zweigen, die keine traditionelle Nähe zum Parteiprogramm haben. „Als Wirtschaftsminister bin ich für die gesamte Wirtschaft in Hessen Ansprechpartner, nicht nur für ‚grüne‘ Branchen“, ergänzt Al-Wazir. Wahrscheinlich liegt darin der Erfolg der GRÜNEN in den Ländern – die ökologische Modernisierung der Wirtschaft mit und nicht gegen die Unternehmen voranzutreiben. GL O SS WIRTSCHAFTSPOLITIK AR Unter Wirtschaftspolitik werden alle Maßnahmen verstanden, die von der öffentlichen Hand durchgeführt werden, um eine Volkswirtschaft hinsichtlich bestimmter Zielvorgaben zu beeinflussen. Unterschieden werden Ordnungspolitik (etwa Wettbewerbspolitik), Strukturpolitik (etwa Infrastrukturpolitik) und Prozesspolitik (etwa Arbeitsmarkt- und Konjunkturpolitik). Grüne Wirtschaftspolitik orientiert sich an sozialen und ökologischen Zielen innerhalb des marktwirtschaftlichen Rahmens, sodass erfolgreiches Wirtschaften zu einer nachhaltigen und gerechten Gesellschaft beitragen kann. schrägstrich | Heft 1/2015 11 Titelthema: Wirtschaft „WIR MÜSSEN MONOPOLE KNACKEN“ Dieter Janecek und Gerhard Schick eint die Vision einer Wirtschaft, die auf fairem Wettbewerb basiert und die weniger Ressourcen verbraucht. Doch es gibt auch Differenzen. Der schrägstrich hat den wirtschaftspolitischen und den finanzpolitischen Sprecher der grünen Bundestagsfraktion zu einem Streitgespräch eingeladen. schrägstrich: Was muss grüne Wirtschaftspolitik am dringendsten anpacken? Gerhard Schick: Es geht darum, erst einmal die Gestaltungsmacht wiederzugewinnen, und dazu müssen wir gegen entfesselte Finanzmärkte und die Konzentration von Vermögen vorgehen. Wir GRÜNE müssen aufpassen, dass wir bei aller Öffnung für die Wirtschaft nicht die Auseinandersetzung mit den großen Unternehmen scheuen, die ganze Märkte kontrollieren und die Politik stärker beeinflussen, als es für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft gut sein kann. Dieter Janecek: Ich gebe dir recht, dass wir Monopole knacken müssen. Dafür haben wir das Kartellrecht. Aber: Ich bin dagegen, die Wirtschaft in Gut und Böse aufzuteilen. Großes Unternehmen ist nicht gleich schlechtes Unternehmen. Es gibt auch kleine Start-ups mit katastrophalen Arbeitsbedingungen. Andererseits gibt es große Unternehmen wie Infineon, die ein starkes Interesse an der Energiewende haben, weil sie in diesem Bereich Produkte verkaufen. Wir müssen denen ja nicht nach dem Mund reden, aber wir müssen ohne Scheuklappen in der gesamten Wirtschaft nach Partnern suchen. Bei den Kleinen und Großen, im Mittelstand und bei den Kreativen. Es gibt überall potenzielle Partner für eine grünere Wirtschaftspolitik. FAIRER WETTBEWERB Fairer Wettbewerb ist eine wichtige Voraussetzung für eine solidarische und prosperierende Wirtschaft. „Konkurrenz belebt das Geschäft“ ist ein geflügeltes Wort – aber Wettbewerb kann nicht nur Innovation und technologischen Fortschritt fördern, sondern sorgt auch für sinkende Preise. Damit Wettbewerb funktioniert, braucht es jedoch klare Regeln und auch staatliche Eingriffe, etwa damit Preise die ökologische Wahrheit sagen. Wettbewerb muss aber auch international fair sein. So dürfen wir unseren Wohlstand nicht auf Kosten anderer Länder sichern. 12 schrägstrich | Heft 1/2015 Gerhard: Das führt uns aber unweigerlich in ein Dilemma. Denn um für die kleinen und mittleren Unternehmen faire Marktbedingungen herzustellen, musst du dich mit den großen, dominanten Playern auseinandersetzen. Wenn wir an die Energiewende so zögerlich drangegangen wären wie an die Wirtschaftspolitik, wäre bis heute kein einziges Atomkraftwerk vom Netz gegangen. Ich habe den Eindruck, dass Teile von uns GRÜNEN sagen: Wir machen den freundlichen Teil der Wirtschaftspolitik und vermeiden die Auseinandersetzung mit Unternehmen, die nur nach der Maximierung der Rendite streben und damit Natur und Menschen zerstören. schrägstrich: Liegt in der Digitalisierung eher eine Chance für nachhaltigeres Wirtschaften oder birgt sie mehr Risiken als Vorteile? Dieter: Ich sehe darin ganz klar die Chance, dass wir eine ökologischere Wirtschaftsform ermöglichen können. 100 Jahre lang war das Automobil das Sinnbild der deutschen Industrie. Wenn dieses Bild nun vom Smartphone abgelöst wird, mit dem ich mit selbstfahrenden Autos kommunizieren kann, und die Leute das Auto nicht mehr besitzen, sondern nutzen, ist das gut. Über digitale Plattformen können wir unser wirtschaftliches Leben ganz anders organisieren. Wir können zum Beispiel die Energienachfrage über moderne Sensorik intelligent mit dem Energieangebot GL O SS ORDNUNGSPOLITIK AR Ordnungspolitik gestaltet den Rahmen, in dem Wirtschaftsprozesse stattfinden. Sie zielt darauf ab, Preisabsprachen und den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu verhindern und für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Ordnungspolitik heißt nicht, dass der Staat sich raushält und jeder macht, was er will. Es geht darum, den gesetzlichen Rahmen – ökologische und soziale Standards ebenso wie die Finanzmarktregulierung – in einem demokratischen Prozess festzulegen. Dabei soll Lobbyeinfluss durch Unternehmen ebenso verhindert werden wie politische Einmischung in einzelne Betriebe. Titelthema: Wirtschaft Gerhard Schick (links), 42 , finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, sagt: „Wer faire Bedingungen für kleine und mittlere Unternehmen will, muss in die Auseinandersetzung mit Großkonzernen gehen.” Dieter Janecek, 38, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion, will mit Foto: Marion Hunger der ganzen Wirtschaft im Dialog sein, um besser entscheiden zu können, welchen Rahmen die Politik setzen muss. zusammenführen, um Ressourcen zu sparen. Und das Teilen, Tauschen und genossenschaftliche Wirtschaften, das wird über das Internet auch einfacher. Gerhard: Das ist mir zu optimistisch. Bisher wurden die technologischen Verbesserungen immer kompensiert oder sogar überkompensiert. Eingesparte Zeit wird in umweltschädliche Reisen investiert, trotz effizienterer Haushaltsgeräte wird insgesamt mehr Strom verbraucht. Mit dem 3D-Drucker kann ich auch unsinnige Dinge herstellen, die ich dann wegwerfe. Und dann sind da noch das Ersetzen menschlicher Arbeitskraft durch digitale Prozesse und neue ausbeuterische Arbeitsverhältnisse. Ich nenne nur das Stichwort „Uber“. Die Gesamtbilanz hängt deshalb davon ab, ob wir die richtige Regulierung für die digitalisierte Wirtschaft durchsetzen können. schrägstrich: Hat die Politik bei Unternehmen wie Google denn überhaupt noch Einflussmöglichkeiten? Gerhard: Durchaus. Das Unternehmen hat ungerechtfertigte steuerliche Vorteile. Deswegen brauchen wir in Europa endlich ein Steuerrecht, das sicherstellt, dass solche Unternehmen genauso behandelt werden wie ein Bäcker oder ein Start-up. Zweitens geht Google so mit unseren Daten um, dass wir riskieren, unsere Freiheit zu verlieren. Und drittens hat Google eine zu große Marktmacht, weil es die zentrale Suchplattform anbietet und gleichzeitig mit Unternehmen kooperiert, die über diese Plattform gefunden werden. Die Politik muss solche Machtkonzentrationen auflösen. Dieter: Gerhard, hier gehe ich voll mit. Auch wenn das ein ambivalenter Fall ist, muss die Politik hier eingreifen, um den Wettbewerb fairer zu machen. Google ist zwar ein Unternehmen, das sich sehr grün gibt. Es investiert sehr viel Geld in erneuerbare Energien, bringt in den USA das selbstfahrende Auto auf den Weg und setzt damit auch die deutsche Automobilindustrie unter Druck. Aber der Marktmacht und dem Datenhunger müssen wir mit Datenschutz, Kartellrecht und Transparenzpflichten begegnen. schrägstrich: Muss auch stärker umverteilt werden, um Veränderungen zu erreichen? Dieter: Priorität Nummer eins ist eine ökologisch gerechte Steuerreform, die schnellstmöglich umweltschädliche Subventionen abbaut. Und ja, wir müssen für gerechtere Umverteilung sorgen, aber so, dass wir Selbstständige und Mittelstand nicht wieder überfordern wie im Bundestagswahlkampf 2013. Gerechtigkeit hat nicht nur etwas mit Steuern zu tun: Wie verteilen wir in Zukunft die Arbeit und sichern Wohlstand für alle? Wie ermöglichen wir Erziehenden und Familien mehr Zeit füreinander, ohne dass sie finanziell um ihre Existenz bangen müssen? Das sind für mich die zentralen Gerechtigkeitsfragen. Gerhard: Wer sich als Wirtschaftspartei bezeichnen will, der muss die Verteilungsfrage angehen. Da können wir uns nicht drum herummogeln. Die Stabilität unserer Wirtschaft und unseres Finanzsystems ist heute durch die Vermögenskonzentration bei einigen wenigen bedroht. Das führt zu sozialen Verwerfungen. Und ohne Korrektur der Verteilungsverhältnisse ist eine ökologisch nachhaltige Wirtschaft mit niedrigen Wachstumsraten weder ökonomisch denkbar noch politisch durchsetzbar. Das Gespräch führten Andrea Schmitz und Dirk Nordhoff. schrägstrich | Heft 1/2015 13 Titelthema: Wirtschaft WACHSEN, SCHRUMPFEN, ENTKOPPELN? Seit ihren Gründungstagen streiten die GRÜNEN für nachhaltige Wirtschaftspolitik, die den Planeten nicht rücksichtslos ausbeutet – auch miteinander. Die Wachstumsdebatte ist vorangekommen, aber 2015 noch längst nicht am Ende. von schrägstrich-redakteur dirk nordhoff „Es ist eine elementare, aber anstrengende Debatte“, sagt Stefka Wiese aus der BAG Wirtschaft und Finanzen, die die Diskussion seit 20 Jahren verfolgt. „Urgrüne Wachstumskritiker, linke und neoliberale Ökonomen haben sich lange im Kreis gedreht.“ Seit einigen Jahren sei die Diskussion konstruktiver, „auch wenn es noch keine knackige Synthese gibt und das Thema weiter polarisiert.“ Wirtschaftspause mit Symbolwirkung: der autofreie Sonntag im November 1973 die grüne Partei bemühen, erste Ansprechpartnerin dieser Bewegung zu bleiben“, mahnt Stefka Wiese. Zwischen diesen zwei Polen hat die Bundestagsfraktion Modelle entwickelt, um Wohlstand breiter zu definieren als nur über wachsendes oder schrumpfendes Bruttoinlandsprodukt (BIP). „Wachstum oder Schrumpfung, das ist ein ideologischer Grabenkampf, aber gar nicht die Frage!“, sagt Hermann Ott. Er gehörte 2011 bis 2013 der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ im Bundestag an, die versucht hat, die erwähnte Synthese zu finden. Ob die Wirt- DAS MAGISCHE VIERECK BESCHREIBT DAS... ...Zusammenspiel von vier wichtigsten wirtschaftspolitiischen Zielen in der klassischen sozialen Marktwirtschaft: hoher Beschäftigungsgrad, Preisstabilität, stetiges Wirtschaftswachstum und außenwirtschaftliches Gleichgewicht. Der Zusatz „magisch“ weist darauf hin, dass die Ziele kaum gleichzeitig zu erreichen sind und es immer zu einer Abwägung bei der Wahl der Instrumente kommen muss. Da die Kritik daran wächst, haben die GRÜNEN Alternativen entwickelt, etwa ein neues Wohlstandsund Nachhaltigkeitsgesetz. Die tragenden Säulen darin sind: 14 schrägstrich | Heft 1/2015 schaft wachse oder schrumpfe, dürfe nur ein Nebeneffekt der Politik sein, kein Ziel, sagt Ott. „Das Ziel muss sein, den weltweiten Ressourcenverbrauch absolut zu senken, und zwar auf eine gerechte Art, die einen globalen Wohlstand ermöglicht.“ Ansätze, Zufriedenheit und Wirtschaftsleistung zu entkoppeln, sollen der grüne Wohlstandskompass oder ein neues magisches Viereck sein, die Kaufkraft, Lebenszufriedenheit und Nachhaltigkeit zusammendenken. „Wie wir unseren Stoffwechsel mit der Natur organisieren, bleibt die zentrale Frage des 21. Jahrhunderts“, glaubt Hermann Ott. Die Suche nach der Antwort dauert an. GL O SS materieller Wohlstand, soziale, ökologische und ökonomiAR sche Nachhaltigkeit sowie Zukunftsfähigkeit der Staatsfinanzen. RESSOURCENEFFIZIENZ Produktion und Konsum sollten möglichst ressourceneffizient sein, indem so wenig Rohstoffe wie möglich dafür verbraucht werden. In der weiten Definition zählt dazu auch der technischwirtschaftliche Aufwand für Personal, Kapital und erforderliches Wissen, in der engen nur der Verbrauch von erneuerbaren und nicht erneuerbaren Energieträgern sowie Wasser, Luft und Boden. Foto: picturealliance.com/ Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, hat mit seinem Buch „Intelligent wachsen“ einen Essay pro Wachstum geschrieben. „Mich treibt die Frage um, wie wir den historischen Wachstumsschub, der sich gerade in Asien und Lateinamerika abspielt, in ökologische Bahnen lenken können“, sagt er. Sein Lösungsvorschlag in der TwitterVariante: „Eine grüne industrielle Revolution.“ Die Aktiven aus der Degrowth-Bewegung (siehe Magazin, S.Â5) widersprechen: Nach all dem Raubbau am Planeten überfordere auch „grüneres“ Wirtschaftswachstum die Ökosysteme. Lösungsvorschlag: weniger Flugverkehr, weniger Fabriken – schrumpfen. Darin stecke auch verordneter Konsumverzicht, der derzeit kaum mehrheitsfähig ist. „Umso mehr muss sich Titelthema: Wirtschaft TTIP – SO NICHT! Erst haben Bilder von „Chlorhühnchen“ die Bürgerinnen und Bürger aufgeschreckt, jetzt formiert sich breiter Widerstand gegen die „Schattengerichte“. Die Proteste gegen TTIP zeigen, dass internationaler Handel nicht auf Kosten von sozialen Standards oder der Umwelt gehen darf. von schrägstrich-redakteurin katharina wagner Die Debatte um die geplanten EU-Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) beziehungsweise mit Kanada (CETA) ist um vier Buchstaben reicher: ISDS. Sie stehen für das „Investor-State Dispute Settlement“, das Investor-StaatSchiedsgerichtsverfahren. Es sind vier Buchstaben, die zum neuen Symbol im Streit um fairen Wettbewerb geworden sind. Denn die Freihandelsabkommen scheinen vor allem Unternehmen zu dienen – und nicht den Menschen oder der Umwelt. Am Beispiel des ISDS wird dies besonders deutlich: Beide Abkommen TTIP und CETA sollen Sonderklagerechte für Konzerne festschreiben. Ändert ein Land seine Gesetze, beispielsweise zum Schutz der Umwelt, und entgehen dem Investor dadurch Gewinne, kann er ein privates Schiedsgericht einschalten und Schadenersatz vom betreffenden Staat fordern. Ganze Kanzleien in den USA haben diese „Schattengerichte“ als Geschäftsmodell für sich entdeckt. Bereits die Androhung einer Klage könnte politische Entscheidungsprozesse in Europa beeinflussen. Die ökologische Modernisierung der Wirtschaft würde damit blockiert und verkrustete Wirtschaftsstrukturen zementiert. Auch die Bürgerinnen und Bürger in den EU-Mitgliedsstaaten misstrauen diesen „Schattengerichten“. In einem Konsultationsverfahren der EU-Kommission äußerten sich knapp 150.000 Personen zum ISDS – mit eindeutigem Ergebnis: 97 Prozent lehnen es ab. „Unklar definierte Klagegründe, intransparente Verfahren, fehlende Berufungsmöglichkeiten, keine Trennung von Anwälten und Richtern, fallabhängige Bezahlung der Anwälte: Die Liste der Mängel ist lang“, fasst die Sprecherin für Wettbewerbspolitik der grünen Bundestagsfraktion Katharina Dröge die Kritikpunkte zusammen. „Ein solches Instrument jetzt in TTIP einzubauen, wäre falsch und verantwortungslos.“ Das Fazit der GRÜNEN: TTIP – so nicht! Anzeige ‘s mit Na, wie wär uns beiden? Leere Getränkekartons gehören in die Gelbe Tonne! Nur so können daraus neue Produkte wie z. B. Schuhoder Pizzakartons entstehen. Denn in Getränkekartons stecken hochwertige Papierfasern. Viel zu schade, um in der Müllverbrennung zu landen. Rund 2,7 Millionen Nee, lass mal. Ich steh’ auf gelb! Tonnen gebrauchter Getränkekartons wurden seit 1991 recycelt. Das ersparte dem Klima bislang rund eine Million Tonnen CO2. Trotz Recycling verursachen Einweg-Plastikflaschen deutlich mehr CO2 als ökologisch vorteilhafte Getränkeverpackungen. Das Umweltbundesamt empfiehlt den Kauf von Mehrwegflaschen und ökologisch vorteilhaften Getränkekartons. Natürlich Klima schützen! Mehr auf: www.karton-natürlich.de Eine Initiative des Fachverbandes Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel e. V. EUROPAGRUPPE GRÜNE EU-Datenschutz retten Timmermans = Öko ade? Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst ökologisch-bürokratischer Überregulierung, und EU-Kommissionsvizepräsident Timmermans, ein Sozi, hat sich vorgenommen, es zu verjagen. Er redet von „besserer Regulierung“. Aber praktisch stoppt er dann die Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft. BusinessEurope ist happy. Ergo: Um Grundsätze und Praxis einer ökologischsozialen Marktwirtschaft muss verstärkt gekämpft werden in der EU. Aber wir haben Verbündete. Auch in der Wirtschaft. Reinhard Bütikofer www.reinhardbuetikofer.eu Subventionsirrsinn bei Regionalflughäfen Der Europäische Rechnungshof bestätigt: Die meisten Regionalflughäfen sind Steuergräber. Von 20 untersuchten Fällen in Europa schreibt die Hälfte rote Zahlen. In Deutschland verbuchen 17 der 23 Flughäfen Defizite. Der eklatanteste Fall: Kassel. Obwohl der Flughafen Frankfurt schnell mit dem Zug zu erreichen ist, wurden dort 270 Millionen Euro versenkt. Die Kommission schreibt vor, dass Flughäfen 2024 auf eigenen Beinen stehen müssen. Ein überfälliger Einschnitt beim Subventionsirrsinn! Michael Cramer www.michael-cramer.eu Europagruppe GRÜNE EUROPAGRUPPE GRÜNE Versagen der Sicherheitspolitik von Jan Philipp Albrecht Die schrecklichen Anschläge in Paris haben die Welt schockiert. Die Anteilnahme war gewaltig. Nach den Ereignissen in Kopenhagen zeigt sich erneut, wie wichtig diese Reaktion ist. Sie signalisiert: Auch in der größten Bedrohungslage glauben wir an die Kraft unserer freiheitlichen Gesellschaft. Glaube allein wird aber nicht reichen, um Sicherheit zu garantieren. Es braucht eine kluge und effektive Innenpolitik, die im Rahmen des Rechtsstaats ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleistet. Leider machen die Anschläge deutlich: Die Anti-Terror-Politik seit dem 11. September 2001 ist in einer gefährlichen Sackgasse. Die in Frankreich geltende anlasslose Vorratsdatenspeicherung konnte die Anschläge nicht verhindern. In Kopenhagen war es offenbar genauso. Doch lagen den Behörden bereits vor den Anschlägen konkrete Informationen über alle Täter vor, die auf eine Gefährdung hindeuteten. Das Problem liegt nicht in fehlenden Daten, sondern in der zügigen Auswertung und Nachverfolgung vorhandener Anhaltspunkte. Das zeigen zahlreiche Fälle verübter oder verhinderter Terroranschläge: Auch in Ottawa, Boston, Toulouse, Brüssel und im Flugzeug nach Detroit hatte es Verdachtsmomente gegeben, die eine zielgerichtete Überwachung erlaubt hätten. Doch sie gingen in der Masse der Informationen unter oder es fehlte an Personal und Ausstattung zur zügigen Datenauswertung. Die Ursache ist ein Fehler der Sicherheitspolitik: Während man die anlasslose Datensammlung als vermeintlich günstiges (in Wahrheit aber sehr kostspieliges) Mittel gegen Terroristen und Kriminelle fördert, wird bei den Sicherheitsund Ermittlungsbehörden – vor allem vor Ort – massiv gespart. Der gefühlte Sicherheitsgewinn führt damit zu einem realen Verlust an effektiver Sicherheit auf den Straßen. Selbst Ermittler bezweifeln zunehmend, dass die anlasslose Datenspeicherung einen Mehrwert für die Sicherheit bietet. Statt 500 Millionen Euro in die Überwachung von Fluggästen zu stecken, sollte das Geld in die Polizei vor Ort und bessere Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden fließen. Außerdem brauchen wir mehr Personal, um gegen die Radikalisierung in Gefängnissen vorzugehen. Das zeigen die Fälle des kurz vor den Kopenhagener Anschlägen aus der Haft entlassenen dänischen Attentäters sowie der beiden Franzosen Kouachi und Coulibaly, die auch im Gefängnis radikalisiert wurden. »Der gefühlte Sicherheitsgewinn führt damit zu einem Verlust an effektiver Sicherheit auf den Straßen.« Die Forderung nach immer mehr Daten hat Innenpolitiker und Sicherheitsbehörden blind gemacht für die eigentlichen Notwendigkeiten effektiver Terrorismusbekämpfung. Ein diffuses Unsicherheitsgefühl führt zu symbolischen Maßnahmen auf Kosten effektiver Arbeit für mehr Sicherheit – und damit auf Kosten der Freiheit und Sicherheit von uns allen. Um dagegen anzugehen, braucht es mehr denn je eine offensive grüne Sicherheitspolitik. Jan Philipp Albrecht ist innen- und justizpolitischer Sprecher der GRÜNEN Europafraktion und stellvertretender Vorsitzender im Innen- und Justizausschuss des Europäischen Parlaments. Foto: Fritz Schumann Die fast einstimmige Annahme des von mir verhandelten Textes der EU-Datenschutzverordnung jährt sich zum ersten Mal. Doch weil es im Ministerrat noch immer keine Position gibt, verzögert sich die endgültige Verabschiedung. Leider werden die Datenschutzregeln in den dortigen Verhandlungen teilweise stark abgeschwächt, auch auf Initiative der Bundesregierung. Damit machen sie eine baldige Einigung mit dem Parlament schwer, auf Kosten von Verbraucherinnen, Verbrauchern und Unternehmen in Europa. Jan Philipp Albrecht www.gruenlink.de/egu EUROPAGRUPPE GRÜNE Geld raus aus fossiler Energie von Reinhard Bütikofer Eines wissen wir heute schon über die Klimakonferenz, die Ende des Jahres in Paris stattfinden wird: Die internationale Klimadiplomatie wird nur dann über mehr oder weniger unverbindliche Absichtserklärungen hinauskommen, wenn es aus der Gesellschaft heraus massiven Druck dafür gibt. Noch einmal wird die Bewegung der klimapolitisch Aktiven nicht die ganze Hoffnung im Kampf gegen den Klimawandel nur auf die Verhandlungen eines UNO-Gipfels setzen. Doch lässt sich dieser Druck aufbauen? Die noch junge Carbon-Divestment-Bewegung ist eine große Hoffnung dafür, dass es diesmal vielleicht doch anders ist. Begonnen in den USA, setzt sie auf die Erfahrung mit früheren Divestment-Bewegungen, etwa gegen die Apartheid in Südafrika. Aber sie stützt sich auch auf eine zusätzliche Ressource, nämlich – große Überraschung! – die Finanzmärkte. Man muss kein Mathematiker sein, um die politische Ökonomie und die Dramatik fossiler Investitionen zu verstehen. Wollen wir die Erderwärmung auf +2°C begrenzen, dürfen bis 2050 nur noch 565 Milliarden Tonnen CO² ausgestoßen werden. Das bedeutet zugleich, dass zwischen zwei Dritteln und 80 Prozent aller weltweit bekannten fossilen Energiereserven unter dem Boden bleiben müssen! Anders ausgedrückt: Wer sein Geld in solchen Investitionen festgeritten hat, droht große finanzielle Verluste zu erleiden, wenn sich vermeintlich produktive Investitionen in wertlose, gestrandete Anlagen verwandeln. Deswegen sprechen inzwischen mehr und mehr Akteure an den Finanzmärkten von der Sorge, dass die „Carbon Bubble“, die CO²-Blase, platzt. Da Rentenkassen, Sozialsysteme, städtische Haushalte, Spareinlagen und vieles mehr – direkt oder indirekt – eng mit dem fossilen Sektor verwoben sind, könnte der unweigerliche Niedergang der fossilen Branche, wenn man nicht rechtzeitig Investitionen umschichtet, weitreichende gesellschaftliche Folgen haben. Finanzielle Risiken abzuwehren und die Zukunft unserer Kinder gegen dramatische Klimaveränderungen zu schützen, das erweist sich nicht als Gegensatz, sondern als zwei eng verknüpfte Ziele. Saubere EU-Politik Ich bin Berichterstatter für einen Initiativbericht zu Transparenz, Integrität und Verantwortlichkeit in den EU-Institutionen. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger kritisieren den starken Lobby-Einfluss in Brüssel und den Mitgliedsländern. Jährlich verliert die Europäische Wirtschaft 120 Milliarden Euro durch Korruption. Mit dem Bericht können wir Druck für strengere Regeln machen. Macht mit und schickt mir Eure Vorschläge für saubere EU-Politik. Sven Giegold www.sven-giegold.de/transparenz Hinkley Point C Was an der Divestment-Bewegung auch schön ist: dass sie sich an so viele verschiedene Adressaten richten kann; nicht nur Regierungen, auch Banken, Versicherungen, Kommunen, Hochschulen, Kirchen. Jeder einzelne Erfolg, jeder kleine Schritt nach vorne schafft zusätzliches Momentum für die ganze Bewegung. Deswegen eignet sich der Carbon-Divestment-Ansatz auch dazu, der Klimabewegung, die erheblich Schwung verloren hatte, neue Dynamik zu geben. Reinhard Bütikofer ist Mitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie sowie stellvertretender Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zur VR China im Europäischen Parlament. Gegen den ersten AKW-Neubau in Europa seit Fukushima regt sich Widerstand: Österreich und Luxemburg reichen Klage vor dem EuGH ein, auch Greenpeace Energy prüft rechtliche Schritte gegen die von der alten EU-Kommission durchgewunkenen britischen Beihilfen in Milliardenhöhe. Sollte Labour im Mai die Parlamentswahlen gewinnen, steht der Neubau auf der Kippe. Wir leisten Schützenhilfe im Kampf gegen das teure und riskante Projekt mit einer großen Konferenz am 5. März 2015 in London. Rebecca Harms www.rebecca-harms.de/index.php/ presse/termine CO₂-Blase und Divestment: Die vollständige Infografik gibt es unter www.gruenlink.de/w5u ZWEI DRITTEL ALLER FOSSILEN ENERGIEVORRÄTE DÜRFEN NICHT VERBRANNT WERDEN Um das 2°C-Ziel zu erreichen, darf der globale C02 -Ausstoß bis 2050 nicht mehr als 900 Gigatonnen betragen. Umgerechnet bedeutet das, dass rund 68% der globalen Öl-, Gas- und Kohlereserven unter der Erde bleiben müssen. Europagruppe GRÜNE | Europäisches Parlament | www.gruene-europa.de | [email protected] | twitter: @gruene_europa | facebook.com/europagruene EUROPAGRUPPE GRÜNE Tierarznei- und Arzneifuttermittel Eine Haltung, die krank macht: Auch das Europaparlament befasst sich in diesem Jahr intensiv mit dem Einsatz von Arznei- und Arzneifuttermitteln in der Tierhaltung. Als Schattenberichterstatter der drei Verordnungsvorschläge setze ich mich dafür ein, die richtigen Prioritäten zu setzen: Nicht das Verkaufsinteresse der Pharmaindustrie darf im Mittelpunkt stehen, sondern die Begrenzung missbräuchlicher Anwendungen. Diese gelingt mit der – richtigen! – Haltung von Tieren. Martin Häusling, www.martin-haeusling.eu Milchpolitik: Jetzt handeln! Das Ende der Milchquoten ab April 2015 soll die EU-Milchwirtschaft fit für den Weltmarkt machen. Dabei drohen umwelt-, tierschutz- und entwicklungspolitische Ziele ins Hintertreffen zu geraten. Die Risiken der Liberalisierung, wie volatile und nicht kostendeckende Preise, werden auf die Milchbäuerinnen und -bauern ausgelagert. Im Landwirtschaftsausschuss setze ich mich dafür ein, vorausschauende Kriseninstrumente zu schaffen und das Angebot an die Nachfrage in der EU anzupassen. Maria Heubuch, www.gruenlink.de/wfc Konfliktmineralien stoppen! Unsere Elektrogeräte funktionieren oft durch Metalle aus Krisenregionen, deren Verkauf die Konfliktparteien unterstützen. Im Handelsausschuss besprechen wir zurzeit ein Gesetz, das den Import von solchen sogenannten „Konfliktmineralien“ regelt. Leider ist der Gesetzesvorschlag schwach: Es soll nur eine unwirksame freiwillige Selbstverpflichtung für Importeure von Mineralien geben. Wir fordern eine verpflichtende Regulierung für alle Produkte, die Konfliktmineralien beinhalten. Ska Keller, www.skakeller.de Raif Badawi Im Februar verabschiedete das Europaparlament eine von uns mitinitiierte Resolution zur Menschenrechtslage in Saudi-Arabien und zum Fall des Bloggers Raif Badawi. Die konservative EVP-Fraktion, der auch CDU und CSU angehören, stimmte mehrheitlich gegen den Text. Die Forderung, den Netzaktivisten unverzüglich freizulassen, ging ihr offensichtlich zu weit. Für uns GRÜNE ist das nur ein Anfang: Wer foltert, darf nicht als Stabilitätsanker in der Region gelten. Der Export von Waffen nach Saudi-Arabien gehört umgehend gestoppt. Barbara Lochbihler, www.barbara-lochbihler.de EUROPAGRUPPE GRÜNE Untersuchungsausschuss zu Steuerdumping durchgesetzt von Sven Giegold Transnationale Unternehmen missbrauchen seit Jahrzehnten den europäischen Binnenmarkt, um Steuern zu vermeiden. Das ist ein Ärgernis für ehrliche Steuerzahler und die lokal verwurzelte Wirtschaft, die zu solchen Steuerschiebereien keine Möglichkeiten hat. In den letzten Jahren hat dieser aggressive Steuerwettbewerb in Europa Ausmaße angenommen, die ernsthaft an der Glaubwürdigkeit der europäischen Werte, wie fairer Wettbewerb und sozialem Zusammenhalt, rütteln. Seit Mitte 2014 prüft nun endlich die EU-Kommission, ob Mitgliedsstaaten durch ihre Steuerpraktiken gegen EUBeihilfevorschriften verstoßen. Konkret geht es darum, dass die Finanzämter bestimmter EUMitgliedsstaaten transnationalen Konzernen maßgeschneiderte Steuerbescheide („rulings“) schicken, die ihre individuelle Steuerlast erheblich reduzieren. »Wir werden die unlauteren Praktiken in allen EU-Staaten untersuchen und Gesetze gegen Steuerdumping vorbereiten.« Die Kommission hat seit Beginn der Untersuchungen in vier Fällen förmliche Prüfverfahren eingeleitet: gegen Irland (Apple), Niederlande (Starbucks), Luxemburg (Fiat Finance & Trade und Amazon) sowie Belgien. Auf Initiative der GRÜNEN werden diese unlauteren Praktiken zu Steuerdumping und -vermeidung nun auch im Rahmen eines Sonderausschusses des Europäischen Parlaments umfassend aufgeklärt. Denn die Mitgliedsstaaten haben durch ihre Steuerpraktiken eventuell nicht nur Wettbewerbsrecht gebrochen. Nach unseren Erkenntnissen verstoßen diese Staaten wohl auch gegen die seit 1977 bestehende Pflicht zum Spontanaustausch von Steuerinformationen. Die EU-Kommission selbst steht ebenfalls in der Kritik, die Mitgliedsstaaten nicht eher zur Achtung des Unionsrechts angehalten zu haben. Unter Beobachtung stehen außerdem einzelne Konzerne, die durch das künstliche Verschieben von Gewinnen in Niedrigsteuerländer eventuell nationale Steuergesetze gebrochen haben. Zu untersuchen ist auch, warum die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und vieler anderer Länder dem Treiben der Großunternehmen widerstandslos zugesehen haben. Unter Hinweis auf fragwürdige rechtliche Bedenken verhinderten EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sowie die Fraktionsvorsitzenden von Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen einen von uns geforderten echten Untersuchungsausschuss mit weiter reichenden Kompetenzen. Dass sich 191 Abgeordnete, das sind mehr als 25 Prozent des EU-Parlaments, mit ihrer Unterschrift fraktionsübergreifend für einen Untersuchungsausschuss ausgesprochen hatten, ignorierte Schulz und trat damit die Minderheitsrechte des Parlaments mit Füßen. Doch unter dem durch LuxLeaks entstandenen großen Druck der Öffentlichkeit konnten wir gegen den Widerstand der Großen Koalition im Europäischen Parlament zumindest einen Sonderausschuss durchsetzen. Wir GRÜNE werden nun alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um im Rahmen dieses Mandats die unlauteren Praktiken in allen EU-Staaten zu untersuchen, und darüber hinaus Gesetzesinitiativen vorbereiten, um Steuerdumping und -vermeidung in Zukunft zu verhindern. Über Hinweise freue ich mich. Sven Giegold ist Sprecher der Europaabgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. EUROPAGRUPPE GRÜNE Freizügigkeit und EU-Förderpolitik: Antworten statt Populismus von Terry Reintke Jugendbeschäftigung Wenn ich Parolen wie „Wer betrügt, der fliegt!“ von der CSU lese, möchte ich Horst Seehofer und Co. gerne höchstpersönlich in eine internationale Förderklasse nach Gelsenkirchen einladen: Dort sitzen Micaela aus Rumänien und Denisa aus Bulgarien, die gemeinsam Deutsch und Mathe lernen und die Möglichkeit bekommen, sich in der Ruhrmetropole zurechtzufinden. Bei einem Besuch könnten sich die Gäste aus Bayern ein Bild davon machen, wie gelebte Inklusion aussehen kann. Foto: Bülent Suat En Güzel »Die europäische Förderpolitik muss die Menschen, die Unterstützung am nötigsten brauchen, in ihre Prozesse einbinden.« Die Freizügigkeit ist ein für uns GRÜNE unumstößlicher Grundpfeiler der Europäischen Union. Dort, wo sich daraus Herausforderungen ergeben, bedarf es politischer Antworten statt populistischer Hetze. Mit meinem Bericht im Regionalausschuss leiste ich dazu einen Beitrag: Die europäische Förderpolitik muss die Menschen, die Unterstützung am nötigsten brauchen, in ihre Prozesse einbinden. Dabei ist es wichtig, die konkreten Herausforderungen anzugehen, denen sich Städte wie Gelsenkirchen gegenübersehen. Armut sowie Wohnungs- und Arbeitslosigkeit sind besonders stark unter zugewanderten Bürgerinnen und Bürgern verbreitet, für Unterkünfte, Schulen und soziale Leistungen muss Geld aufgebracht werden. Viele Kommunen sind dabei auf finanzielle Hilfe angewiesen, insbesondere auf Mittel der Europäischen Union. Die EU will also Freizügigkeit und lässt die Städte dann mit den Herausforderungen alleine? Ganz im Gegenteil: In der neuen Förderperiode 2014 bis 2020 wird die EU ein Drittel ihres Haushalts, also circa 350 Milliarden Euro, für regionale Förderprojekte einsetzen. Dabei stehen seit 2014 nun auch sogenannte marginalisierte Gruppen im Fokus: Randgruppen in großer Armut, systematischer Chancenlosigkeit und Diskriminierung, wie beispielsweise Roma, sollen aktiv in die Mittelvergabe aus den EU-Fonds einbezogen werden. Der Praxistest steht noch aus – und diesen habe ich im Regionalausschuss des Europaparlaments auf die Tagesordnung gesetzt. Bei der Umsetzung des Partnerschaftsprinzips bestehen die umfangreichen Mitspracherechte der Zivilgesellschaft leider oft nur auf dem Papier. Organisationen von Sinti und Roma berichten mir sehr deutlich, dass eine echte Teilhabe bei der Planung der Mittelvergabe derzeit nicht stattfindet. Die Mitgliedsstaaten der EU müssen hier verpflichtet werden, echte Partnerschaften aufzubauen. Aber auch die Europäische Kommission muss ihre Aufgaben wahrnehmen und die Umsetzung regelmäßig einfordern und überprüfen. Zu oft verlässt sie sich dabei noch auf das Wohlwollen der Behörden vor Ort. Eine inklusive und transparente Mittelvergabe entlastet die Kommunalfinanzen und macht die Strukturpolitik der EU gerechter. So können Micaela und Denisa gemeinsam weiterlernen und der Horst aus Bayern hat auch in Zukunft die Möglichkeit, sie in Gelsenkirchen zu besuchen. Um eine rasche Umsetzung der Jugendbeschäftigungsinitiative zu ermöglichen, hat die Kommission vorgeschlagen, die Verordnung zum Europäischen Sozialfonds zu ändern. Die Vorfinanzierung der Kommission könnte so auf 30 Prozent erhöht werden. Damit gehen den betroffenen Staaten die Ausreden aus. Es ist nun an ihnen, die Mittel unverzüglich den Begünstigten zur Verfügung zu stellen. Bis zu 650.000 arbeitslose Jugendliche können davon profitieren. Jeder Tag, den die Regierungen warten, ist ein verlorener Tag für junge Menschen in der EU. Terry Reintke www.terryreintke.eu TTIP: Kultur- und Bildungsausnahme Als Berichterstatterin im Kultur- und Bildungsausschuss für TTIP fordere ich gemäß der UNESCO-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt, dass die EU weiterhin Filme, Fernsehsendungen und audiovisuelle Dienste fördern und regulieren kann. Die Buchpreisbindung muss erhalten bleiben. Bildung, staatlich oder in Teilen staatlich finanziert, darf nicht zur Marktöffnung angeboten werden und für private US-Bildungsanbieter müssen unveränderte Qualifikationsstandards gelten. Helga Trüpel www.helgatruepel.de/?p=4399 Verantwortlich Europaseiten: Paul Maximilian Alex Terry Reintke ist regionalpolitische Sprecherin der Fraktion Die GRÜNEN/EFA im Europäischen Parlament. Europagruppe GRÜNE Europagruppe GRÜNE | Europäisches Parlament | www.gruene-europa.de | [email protected] | twitter: @gruene_europa | facebook.com/europagruene Parteileben: 35 Jahre DIE GRÜNEN on opf v arder K r ühere P r n e g f ä e r l e i p h d t n ir 0: Ei nne B nis 9 Bünd fin Maria e t e ic h So viel Parteigeschichte auf einem Fleck war noch nie: 19 Parteivorsitzende, 2 Politische Bundesgeschäftsführerinnen und -geschäftsführer, 5 Schatzmeister und 28 weitere Mitglieder im Bundesvorstand feierten am 12. Januar 2015 zusammen 35 Jahre GRÜNE Das Klassen treffen der besonderen fünf Schatzm Art : eister auf ei nem Bild. V. Benedikt M ºl.ºn.ºr.: ayer, Alfred Vordermaier Gründungs (im vorstand 19 8 0) Dietmar Str , A xel Vogel , ehl und Hen ry Selzer en , r ssch i n bi it z e n d e r : e k u n d t e i vo r s r d n e t e … Par geo ahre 3 5 J . Fr ü h e r s t a g s a b e l e b e e l e i s e B u n d n St r ö ia t h e u - Ch r i s t s Han Kaum zu glauben … eben war noch Gründungsparteitag in Karlsruhe – und schon sind die GRÜNEN gar nicht mehr wegzudenken aus dem Parteiensystem. Zugegeben, ganz so einfach war der Weg dorthin nicht. Höhenflüge, Grabenkämpfe, Zus amm en auf die Zuk unf Auf- und Umbrüche schrieben grüne Geschichte. Und mit t: Joh ann Müller- Gaz ure k, eins t ihnen viele Weggefährtinnen und -gefährten. Bei sitz er im Bun des vor sta nd Das Jubiläum zum 35. war der Anlass, sie wieder zu versammeln und noch einmal für sich und für die Partei sprechen zu lassen. Der amtierende Bundesvorstand lud dazu erstmalig ehemalige Vorstandsmitglieder ein – eine Premiere für die junge, alte Partei! Mehr als 50 Gäste und 35 Jahre geballte grüne Geschichte fanden bei dem Festessen in der Bundesgeschäftsstelle zusammen. 35 ist aber kein Alter, um nur zurückzublicken – sondern ge auch, um auf die Zukunft anzustoßen und die Erfolgsinsti Der e ach : s u geschichte gemeinsam fortzuschreiben: Jung & rN nha s ein e den t io n e n e r a n a b e m i t m t ie r e n e Alt, Ost & West, Neumitglieder & Grüne der ersten g r a h K e m m M e l r es he dd Stunde. Herzlichen Glückwunsch und weiter so, G r ün ichef Wil Ro th un ä ft sführe h c dia s u ar te e a l P g BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN! rin C ndes f o lg e h e n B u r isc P o l i t e l Ke l l n e a M ic h N och e in Ost g r ü G r und z u fe ie n Friedr en haben 25 rn: Die ich He -J ilmann ähriges. im Vor w stand dabei. ar 1990 20 schrägstrich schrägstrich ||Heft Heft1/2015 1/2015 35 JAHRE GRÜNE Geschichte kurzweilig erzählt! Jetzt die Jubiläumsbroschüre bestellen unter www.eshop.gruene.de Par t ei vo m e r z ä h l u n ehem g aus L u ka a e s B ec ligen Vo r ster Ha r si t z k man ende nd n n Foto: BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, Ingo Kuzia Oldie s Grise but Goldie ba s: mit P ch, Par teiv Manon An e t ra K d r ea s orsitz e N a ch folge lly, im Ges ende gem r L ud e p in r ä sa c h ge r V olmer mit ihrem m JÄHRIGES BESTEHEN S ech s Vo für die rsitzende mit Par tei. Luft un V Krista d Liebe Sager, .ºl.ºn.ºr.: Renat J ü r gen e Kü n a mir, Wil st , Trittin , helm K Ce na be u nd Sim m Özdeone Pe ter Parteileben: Bürgerschaftswahlen in Bremen und Hamburg Aller guten Dinge sind drei In Bremen kann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Mai zum dritten Mal in Folge in die Regierung gewählt werden. Rückenwind erhält das Wahlkampfteam aus Hamburg, wo die GRÜNEN bei der Bürgerschaftswahl 12,3 Prozent erreichten. von schrägstrich-redakteurin katharina wagner Foto: picture alliance / dpa Am 10. Mai ist Bürgerschaftswahl in Bremen, die Messlatte liegt hoch. Bei der letzten Wahl 2011 erzielte BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Rekordergebnis von 22,5 Prozent. Seit acht Jahren regieren die GRÜNEN in einer Koalition mit der SPD. Die Wählerschaft erneut zu mobilisieren, ist eine Herausforderung, aber auch eine historische Chance, die dritte Regierung in Folge zu sichern. Die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer arbeiten außerdem gegen einen Trend an, der sich zuletzt bei der Hamburger Bürgerschaftswahl fortsetzte: Rechte Parteien haben gefährlichen Zulauf, während die Wahlbeteiligung so niedrig wie nie ist. Mut machen die Wahlergebnisse aus Hamburg: Die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer wussten mit einem schlauen Programm aus grünen Kernthemen von sich zu überzeugen. „Klimaschutz, Radfahren wie in Kopenhagen, eine bunte Stadt für alle und Beteiligung statt Basta“ – 12,3 Prozent der Wählerinnen und Wähler stimmten für das grüne Konzept. Der Hamburger Landesverband von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verbesserte nicht nur sein Wahlergebnis um 1,1 Prozentpunkte, sondern erreichte auch sein zweites Wahlziel: die Alleinregierung der SPD zu beenden. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses stehen alle Zeichen auf Rot-Grün. Ein Mutmacher für Bremen: 12,3 Prozent holte das Hamburger Spitzenteam Katharina Fegebank, 38, und Jens Kerstan, 49 Anzeige Unser Maßstab: UNABHÄNGIGE FORSCHUNG FÜR MEHR QUALITÄT Wir vernetzen Wissenschaft und Pflegepraxis. Unsere gemeinnützige Stiftung gilt bereits als nationales Kompetenzzentrum. Sie stellt ihr Wissen kostenlos zur Verfügung. Damit setzen wir Maßstäbe. Und machen Pflege für alle besser. www.pkv.de Parteileben: Grüne Heldengeschichten opposition gestalten „Mama Maria“ aus Scharnebeck Nur eigenständig gut 63 Flüchtlinge leben im niedersächsischen Scharnebeck – Maria Lazer kennt sie alle persönlich. Die Grüne hilft ihnen auf ihre Weise – direkt, pragmatisch und mit viel Herz. von schrägstrich-redakteurin katharina wagner undestag befinden sich die Grünen zwischen den Fronten: Von Nein, als angreifen, eine Art Mutt er Teresa sieht sich Maria nicht. Und -gelbe Regierung andererseits stehen sie imLazer Wettbewerb doch sagt ihr Spitzname „Mama Maria“ einiges über die Grüne müssen sich von diesen abgrenzen. artei in keit. Als re Posiinie als Ein Kont ökolosondern asteten ken die bt zwar r Politik are Difbereits en wird, Linke ist en eine ucht sie n. Darüen-Wähbis zur status zunehmend auch ihre Rechte als Staatsbürger einbüßen, weil sozialerAUF Ausschluss in vielen Fällen gleichzeitig Ausschluss EIN BLICK SICH SELBST von demokratischer bedeutet. die ihr Glück selbst in die Maria Lazer gehört Teilhabe zu den Menschen, Hand nehmen – und wenn es die Sache erfordert, auch das anderer Die Oppositionsstrategie der Grünen müsste sichJahren, vor diesem HinLeute. Es war in der Vorweihnachtszeit vor zwei ihr Mann tergrund vor allem von einem Prinzip leiten lassen: der feierte seinen Geburtstag. Die Erkenntnis, „dass wir jaBetonung alles haben“, Eigenständigkeit. Strategie schließt ein gemeinsames Vorgebewegte sie dazu,Diese an die lokale Flüchtlingshilfe zu spenden. Das hen den beiden anderen Oppositionsparteien Geldmit brachten ihr Mann und sie persönlich vorbei nicht – dasaus, war bedeufür sie tet andererseits aber auch: Opposition gegen die Initialzündung. „Von dem keine Moment an habe ich michSchwarz-Gelb eingeklinkt.“ um jeden Preis. In beiden Fällen geht es für die Grünen darum, ausgehend von ihrem Kernthema Ökologie, eigenständige Profil 63 Flüchtlinge, größtenteils junge Männer das aus dem Sudan, leben im kenntlich zu machen. Dabei kommt es darauf an, ob und wie es den Gemeindeverbund von Scharnebeck. Maria Lazer, die nie eine VerGrünen Ökologie mit der Umsteuerung der inWirtschaft in bindung gelingt, zur Flüchtlingshilfe hatt e und „auch noch nie Afrika war“, Richtung grüner Wachstumsmärkte, mit nachhaltiger Finanzpolitik wurde innerhalb kürzester Zeit zu einer engen Vertrauten. Behörsowie mit Armutsbekämpfung zu verknüpfen. Darüber hinaus dengänge, Arzt- und Anwaltsbesuche – mit ganzer Kraft setztbleisie ben Bürgerrechte und Flüchtlinge demokratische Teilhabe Anliegen, sich für das Wohl der ein. Mit ihremzentrale Kleinwagen flitzt in zukünftig eine eigene Handschrift erkennbar siedenen durch auch die Region und sammelt die grüne Spenden großzügiger Bürgesein müsste. ø rinnen und Bürger ein. Sie selbst schenkt den Flüchtlingen inzwischen vor allem ihre Zeit und ein offenes Ohr: „Ich kenne alle Flüchtlinge mit Namen – und ich kenne ihre Geschichten.“ So wundert es nicht, dass sie von ihnen den Spitznamen „Mama Maria“ erhielt. Auch ihr Ansehen in der Gemeinde als stellvertretende BürgerLothar Professor amGrünenmitglied hilft ihr dabei, meisterinProbst und alsist stadtbekanntes Institut für Politikwissenschaft pragmatische Lösungen zu findender – zum Beispiel, wenn es um die Universität Bremen der undSachspenden leitet den geht. Ihre einfühlsame, aber gerechte Verteilung Arbeitsbereich Parteien- und direkte Art ist Wahl-, dann besonders gefragt, sowohl gegenüber den Partizipationsforschung. gebenden wie den nehmenden Händen. Anzeige Maria Lazer, 64, im „Café Noir“ – ein von ihr gegründeter Treff punkt für Flüchtlinge und Einheimische MIT GANZEM HERZEN DABEI Doch was ihr Engagement für die Flüchtlinge wirklich auszeichnet, ist die große Selbstverständlichkeit, die die Grüne dabei umgibt. Sie nimmt die Dinge in die Hand, ohne viel Aufhebens. Und wie sie gibt es Tausende in Gemeinden und Dörfern im ganzen Land – Menschen, die sich „einklinken“, wie die 64-Jährige sagen würde. Die sich für andere in einer Notlage starkmachen und damit ganz unaufgeregt allen Schreihälsen von Pegida & Co. zeigen: Wer am lautesten brüllt, hat trotzdem nicht recht. Maria Lazer ist somit ein Gesicht der starken Bürgerbewegung für Flüchtlinge, der sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verpflichtet fühlt. Rückblickend hätte sich die frühere Krankenschwester und Lehrerin für Pflegeberufe auch vorstellen können, in die internationale Entwicklungszusammenarbeit zu gehen. Das Leben aber führte sie in eine kleine Gemeinde nach Niedersachsen – ein guter Ort für jemanden mit so viel Herz. Danke, „Mama Maria“! Anzeige GRÜNE HELDENGESCHICHTEN Sie nehmen sich selbst nicht so wichtig. Für die Partei sind sie es aber umso mehr: die grünen Heldinnen und Helden an der Basis. Der schrägstrich stellt in jeder Ausgabe ein solches Parteimitglied vor. Wir freuen uns über Deine Vorschläge und Heldengeschichten an: PD und ter den Generadarum, ht, wäre ie Linke ernsten rker als [email protected] 22 schrägstrich | Heft 1/2015 seite 9 Foto: privat ung für m neuen u besetOb Röttann, ist etenzen fel. Wie ch sein estrebt, den Grü- aus der niedersächsischen Gemeinde Scharnebeck im Landkreis Lüneburg. Man kennt sie hier: als stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde, als Organisatorin des beliebten „Kleidermarktes für starke Frauen“, als Demonstrantin gegen Tiermastanlagen. Oder eben als „Mama Maria“ – eine Rolle, die der 64-Jährigen wie Anwalt auftreten, die mit ihrem sozialen Armutsauf den für Leibdiejenigen geschrieben ist. Parteileben: Porträts Ein Thema, das bewegt Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mobilität und Verkehr entwickelt inhaltliche Konzepte für eine zukunftsfähige Mobilität. von schrägstrich-redakteurin andrea schmitz „Da ist noch viel Luft nach oben, in Sachen Klimaschutz etwas zu bewegen“, sagt Hermino Katzenstein zu seiner Motivation, sich mit Verkehrspolitik zu beschäftigen. Für 25 bis 30 Prozent der klimaschädlichen Emissionen ist der Verkehr verantwortlich. Daher steht auch für Sabine Müller, die mit Katzenstein seit 2012 das Sprecher-Duo der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mobilität bildet, fest: „Ohne Verkehrswende wird die Klimawende scheitern.“ Persönlich haben Sabine Müller und Hermino Katzenstein schon lange umgesteuert. Sowohl die Kölnerin, die sich am Fraunhofer-Institut Euskirchen mit „technologischen Trends im Bereich Logistik und Mobilität“ beschäftigt, als auch der Neckargemünder, der an der Uni Heidelberg arbeitet, setzen auf Fahrrad und Bahn als Haupttransportmittel. Dass die Infrastruktur den Radverkehr noch immer an zu vielen Stellen vernachlässigt, ist natürlich ein Thema in der BAG. Rund 35 Personen arbeiten in der Gruppe an zukunftsfähigen Mobilitätskonzepten. Fast immer mit dabei: Michael Cramer (MdEP), Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Tourismus. Beim nächsten Treffen im März in Kassel wird ein Referent ein Bonus-Malus-Konzept für den Kauf von Autos darlegen, das sich selbst finanziert und nicht auf Elektro-Antrieb beschränkt ist. Die ungeklärte zukünftige Finanzierung des ÖPNV steht regelmäßig auf der Tagesordnung. Es gab und gibt interne Diskussionen zur Straßenmaut. Aber: „Wir sind uns in der Ablehnung der uneuropäischen, unökologischen, unrentablen und unsinnigen CSU-Maut einig. Dieses Konzept ist völlig hirnrissig!“, beschreibt Katzenstein die Position der Arbeitsgemeinschaft. Unstrittig sei auch, dass eine Lkw-Maut bereits ab 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht kommen soll. Sabine Müller liegt angesichts des demografischen Wandels zudem die Frage am Herzen, wie sich ältere Menschen in Zukunft auch ohne Auto sicher und selbstständig bewegen können. „Es reicht nicht, dass sie ohne Stufen in die S-Bahn kommen“, sagt sie. Sabine Müller Hermino Katzenstein Was macht eigentlich … Regine Barth? Sie prägten die Partei – und die Partei prägte sie. Was machen ehemalige grüne Spitzenpolitikerinnen und -politiker heute, wie gestalten sie ihr Leben außerhalb des Politikbetriebs? In der neuen Serie „Was macht eigentlich …?“ begibt sich der schrägstrich auf Spurensuche. Diesmal mit: Regine Barth. von schrägstrich-redakteurin andrea schmitz „Ich kann gut zwischen verschiedenen Welten vermitteln“, sagt Regine Barth über sich selbst. Und genau das ist auch gefordert von der Leiterin der neuen Stabsstelle „Fluglärmschutz“ im hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium. Tarek Al-Wazir holte die Volljuristin und ausgewiesene Fluglärmexpertin zum 1. November 2014 vom Öko-Institut in Darmstadt. Seit 2001 hatte Regine Barth beim Öko-Institut den Bereich Umweltrecht und Governance geleitet – eine Schnittstellenfunktion zwischen Wissenschaft und Politik. Nicht Politikbetrieb pur, keine Karriere aufgrund des Parteibuchs. Dafür hatte sie sich nach vier Jahren im Bundesvorstand, wo sie von 1994 bis 1998 zuständig für Jugend, Bildung und Forschung und zudem International Secretary war, bewusst entschieden. Das hat bei der Gründergeneration für hochgezogene Augenbrauen gesorgt, weil sie sich selbst noch als jung empfanden und keine Notwendigkeit für eine Jugendorganisation sahen. „In gewisser Weise waren wir eine zweite Generation, die Politik bei den GRÜNEN mitgestalten wollte, aber ohne den teilweise brachialen gegenseitigen Umgang“, sagt sie rückblickend. Mitglied ist die Wahl-Frankfurterin bis heute. Und klar ausgerichtet ist auch ihr „innerer Kompass an Werten und Zielen“, wie sie es nennt. Aber jenseits von Wahlperioden und -programmen denken zu können, das schätzt sie ebenfalls. Und so arbeitet sie an ganz konkreten und integrierten Lösungen für mehr Lärmschutz am Frankfurter Flughafen. Fotos: privat Regine Barth, 46, war von 1994 bis Dass sie ihren eigenen Weg sucht und findet, bewies Regine Barth auch, als sie Anfang der 1990er-Jahre grüne Hochschulgruppen gründete, strömungsübergreifende U-30-Treffen organisierte, um junge grüne Politikerinnen und Politiker zu vernetzen, und die Gründung des Grün-Alternativen Jugendbündnisses unterstützte. 1998 Sprecherin des Bundesvorstands für Jugend, Bildung und Forschung. Seit 1. November 2014 leitet sie die neue „Stabsstelle Fluglärmschutz“ im hessischen Verkehrsministerium. schrägstrich | Heft 1/2015 23 Parteileben: Neues aus der Partei Pünktlich zum Internationalen Frauentag am 8. März startete die Kampagne „Fifty-Fifty“. Das Ziel: der Frauenquote in den eigenen Reihen zu neuem Leben verhelfen. von gesine agena Keine andere Partei in Deutschland hat so viele weibliche Mitglieder und so viele Frauen in Spitzenpositionen wie BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Der Grund dafür? Die grüne Frauenquote! Aber: Auch wir GRÜNE können noch mehr für die Gleichberechtigung in den eigenen Reihen tun! Das hat eine Umfrage unter 151 Kreisverbänden gezeigt, die wir im Vorfeld unserer neuen parteiinternen Kampagne durchgeführt haben. Mancherorts finden sich trotz großer Bemühungen nicht genug Kandidatinnen für die Gremienarbeit. An anderen Stellen hapert es bei der praktischen Umsetzung des Frauenstatuts, wie bei Listenaufstellungen, Redelisten oder Frauenveto. Das liegt zum Teil an Unwissenheit oder Unsicherheit, in einigen Fällen wird das Frauenstatut aber auch leider bewusst nicht eingehalten. Das will ich gemeinsam mit Euch ändern – denn von mehr Gleichberechtigung profitieren wir alle! Wenn das Frauenstatut richtig angewendet wird, ist es weit mehr als eine trockene Satzungsfrage. Mit der Kampagne „Fifty-Fifty“ wollen wir neue Lust auf die Quote wecken – über Facebook und Twitter sowie mit Aktionsideen im Wurzelwerk. Eine neue Broschüre gibt Tipps für die politische Arbeit im Kreisverband, von der richtigen Ansprache bis hin zu Mentoringprogrammen für Frauen. Auch wie die Frauenquote praktisch funktioniert und warum sie so wichtig ist, wird in der Broschüre erklärt. Denn obwohl wir GRÜNE mit 40 Prozent mehr weibliche Mitglieder haben als andere Parteien – bis zu „Fifty-Fifty“ ist noch Luft. Kampagnenmaterialien sind erhältlich unter www.eshop.gruene.de und im Wurzelwerk. Wenn Ihr Fragen habt oder Unterstützung bei der Umsetzung benötigt, wendet Euch gern an mich! Gesine Agena, 27, ist frauenpolitische Sprecherin im grünen Bundesvorstand VERSTEHEN WIR UNS? Wir wollen die Kommunikation zwischen Bundesverband und Mitgliedern verbessern. Dazu müssen wir wissen: Wie kommen unsere Botschaften bei Dir an? Schenk uns zehn Minuten und sag uns, was Du über den schrägstrich und andere Kommunikationswege denkst: www.gruene.de/mitgliederumfrage 24 schrägstrich | Heft 1/2015 URABSTIMMUNGSINITIATIVE Philipp Schmagold hat im Oktober zwei Urabstimmungsinitiativen eingereicht. Alle Infos zu den Inhalten der Initiativen und der Haltung des Bundesvorstandes dazu findest Du unter www.gruenlink.de/w8z Grüne Gretchenfrage Wozu braucht es eine Kommission zu Religionen, Weltanschauungen und Staat? von bettina jarasch In Deutschland gibt es immer mehr Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften neben den Kirchen. Gleichzeitig gehören immer mehr Menschen keiner Konfession an. Wir GRÜNEN sind die einzige Partei, die den rechtlichen Rahmen für das Verhältnis von Religion und Staat – inklusive Religionsverfassungsrecht – modernisieren will. Dabei geht es uns um Gleichbehandlung, um ein Ende der Diskriminierung sowie um eine konsequente Orientierung an der Religionsfreiheit: als individuelle und kollektive Freiheit zur Religion ebenso wie als Freiheit von Religion. In der Kommission arbeiten GRÜNE mit und ohne Konfession, Christen, Musliminnen und Juden, Humanistinnen und Säkulare. Dementsprechend intensiv sind unsere Diskussionen! Wir sind uns einig, dass unser Ziel kein laizistischer Staat wie in Frankreich ist, in dem Religion nur im Privaten stattfindet. Gerade angesichts der Gefahr von Fundamentalismus kann es sich als gute Prävention erweisen, dass Religion bei uns auch im öffentlichen Raum stattfindet, etwa an Hochschulen und Schulen. Wir sehen allerdings massiven gesetzlichen Reformbedarf im kirchlichen Arbeitsrecht: Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in kirchlichen Einrichtungen wird das Streikrecht verwehrt, ihre persönliche Lebensführung oder sexuelle Orientierung kann zum Kündigungsgrund werden, ihre Konfession oder Nicht-konfession kann Arbeits- und Aufstiegschancen verhindern. Das kann nicht so bleiben. Dringenden Änderungsbedarf sehen wir auch bei der Kirchenfinanzierung. Unser Kongress im Düsseldorfer Landtag mit rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat gezeigt, wie aktuell und überfällig diese Diskussion ist. Mehr unter www.bettina-jarasch.de Bettina Jarasch, 46, Mitglied des Bundesvorstands, leitet die Kommission „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat“ Fotos: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Fifty-Fifty” für Vielfalt und mehr Demokratie Bodenlose Ausnutzung 1 BODENATLAS Daten und Fakten über Acker, Land und Erde 2015 Keine gesunde Ernährung ohne gesunde Böden. Passend zum grünen Schwerpunktt hema „Ernährung und Landwirtschaft “ liefert der „Bodenatlas 2015“, herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stift ung gemeinsam mit dem BUND, dem Potsdamer Nachhaltigkeitsinstitut IASS und Le Monde diplomatique, Daten und Fakten zum Zustand von Acker, Land und Erde. Anzeige Magazin Aktuelle Veranstaltungen Mo, 16. / Di, 17. März, Berlin Heinrich-Böll-Stiftung Neue Weg zum öffentlichen Bunt? Biodiversität und Attraktivität der Stadt Mi, 18. März, 19 Uhr, Berlin Heinrich-Böll-Stiftung Berliner Disput Gesellschaft der Angst Mit Jutta Allmendinger und Heinz Bude Damit zehn Zentimeter fruchtbarer Boden entstehen, braucht es 2000 Jahre. Und doch nutzen wir die Böden der Welt, als wären sie unerschöpflich. Allein in Deutschland werden täglich 77 Hektar Land als Verkehrs- und Siedlungsflächen ausgewiesen. Damit geht eine Fläche von mehr als 100 Fußballfeldern für die Nahrungsmittelproduktion verloren. Aber unseren Hunger stillen wir ohnehin auf Kosten anderer, vorwiegend ärmerer Länder: Der „virtuelle Land-Fußabdruck“ der EU für den Import von Nahrungs- und Futtermitteln beträgt schätzungsweise 640 Millionen Hektar pro Jahr – eineinhalbmal so viel wie die Fläche aller 28 Mitgliedsstaaten zusammen. Landrecht ist Menschenrecht, doch weltweit ist das Land noch ungerechter verteilt als Einkommen. Intakte Böden brauchen wir aber auch für unser Trinkwasser, die Klimaregulation und den Erhalt der Biodiversität. Im Internationalen Jahr der Böden, das die UN für 2015 ausgerufen hat, macht der Atlas deutlich, dass es höchste Zeit ist für globale Lösungen zum Schutz unserer Lebensgrundlage. (as) Download oder kostenfreie Bestellung unter www.boell.de/de/bodenatlas Fr, 20. / Sa, 21. März, Berlin Heinrich-Böll-Stiftung Die ökosoziale Frage Auf der Suche nach der grünen Erzählung? Do, 26. März, 16.30 Uhr, Berlin Heinrich-Böll-Stiftung Projekt Aufarbeitung Die Grünen und ihr Umgang mit sexualisierter Gewalt Mo, 27. April, 19.30 Uhr, Berlin Heinrich-Böll-Stiftung Auf der Höhe – Diagnosen zur Zeit Humor Wie die Generation heute show Politik verändert Mit: Benedikt Porzelt, Medienwissenschaftler Do, 29. / Fr, 30. April, Berlin Heinrich-Böll-Stiftung Besondere Beziehungen – Besondere Verantwortung? Konferenz zu Stand und Perspektiven des deutsch-israelischen Verhältnisses Vorschau Blog zur Postwachstums-Debatte Wie kann ökologische Nachhaltigkeit mit sozialer Gerechtigkeit verbunden werden? Und wie können Wirtschaftsmodelle aussehen, die nicht auf Wachstum ausgerichtet sind? Mehr als 3.000 Teilnehmer haben darüber im September bei der 4. Internationalen Degrowth-Konferenz in Leipzig diskutiert. Die vielfältigen Positionen in der Debatte um die Abkehr vom Wachstumsdogma spiegeln sich in den Beiträgen des Blogs Degrowth. Ursprünglich zur Vorbereitung und Begleitung der Konferenz entstanden, soll er künftig als fester Teil der Website leipzig.degrowth.org weiterbestehen. Ziel des Teams ist es, einen Überblick über aktuelle Themen der Bewegung zu liefern. Dazu kooperieren die Macher mit dem Blog „Postwachstum“ des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), der wiederum gemeinsam mit der Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung (VÖW) und dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie getragen wird. (as) Neben Impressionen von und Nachbetrachtungen zur Konferenz gibt es auf leipzig.degrowth.org/de/blog Interviews, Videos und zahlreiche Debattenbeiträge. Fr, 25. / Sa, 26. Juni, Berlin Heinrich-Böll-Stiftung Baustelle Grüne Ordnungspolitik Ein Update für die sozial-ökologische Marktwirtschaft Publikationen Schriften zu Wirtschaft und Soziales, Band 15 Der Wert öffentlicher Güter Bericht der «Kommission Öffentliche Güter» der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin, Januar 2015 Böll.Thema Das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung Freiheit Erscheint April 2015 Weitere Infos: www.boell.de Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstraße 8, 10117 Berlin Fon 030-285 34-0, Fax 030-285 34-109 E-Mail [email protected] Internet www.boell.de schrägstrich | Heft 1/2015 25 Magazin LITERATUR Impressum schrägstrich – Zeitschrift für bündnisgrüne Politik Nr. 105, ISSN 1434-3835 Postvertriebszeichen: A 02908 Selbstversuch: Malte Spitz auf Datensuche Herausgeber: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Michael Kellner, Politischer Bundesgeschäftsführer Die Wahrheit ist: Die meisten Menschen wissen noch nicht einmal, welche Daten wo über sie gespeichert sind. Der grüne Netzpolitiker Malte Spitz ist aus diesem Grund auf eine „Expedition“ zu seinen Daten gegangen – und hat gemeinsam mit Brigitte Biermann ein Buch darüber geschrieben. Mobilanbieter, Bank, Schufa, Stadtverwaltung, Bibliothek, Deutsche Bahn, Fluggesellschaft, Krankenkasse, Bundeskriminalamt und viele mehr – überall will Spitz wissen: „Was macht ihr mit meinen Daten?“ V.i.S.d.P.: Robert Heinrich, Leiter Öffentlichkeitsarbeit Verlag: KOMPAKTMEDIEN – Die Kommunikationsbereiter GmbH Pappelallee 78/79, 10437 Berlin Tel.: 030.30 88 11 0 | Fax: 030.30 88 11 11 E-Mail: [email protected] In den meisten Fällen rücken Unternehmen und staatliche Stellen die gespeicherten Daten nur widerwillig heraus. Spitz muss sie ihnen mühevoll abringen – in Briefen, E-Mails, persönlichen Treffen und zum Teil mit anwaltlicher Unterstützung. Umso leichtfüßiger schildern Spitz und Biermann, wie der Grüne immer mehr gespeicherte Informationen über sich selbst anhäuft. Sein „Datenschatten“ gewinnt an Kontur. Redaktion: Dirk Nordhoff (dno), Andrea Schmitz (as), Franziska Teubert (fte), Katharina Wagner (kaw) Unaufgeregt beschreibt das Autorenteam nicht wenige Unglaublichkeiten auf diesem Weg, etwa als Malte Spitz versehentlich das Log-in zum Datenprofil eines Namensvetters erhält. Der rhetorische Kniff, diese Erlebnisse aus der Sicht des 30-jährigen Netzpolitikers zu erzählen, macht das Abstrakte – die digitalen Metadaten – sehr plastisch. Dieses Buch öffnet Augen! (kaw) Gestaltung und Produktion: Laura Dreßler, Fabienne Hargarten, Dennis Michaelis Kontakt Redaktion: E-Mail: [email protected] Redaktion schrägstrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Pappelallee 78/79, 10437 Berlin Tel.: 030.30 88 11 0 | Fax: 030.30 88 11 11 Den Auflagen von Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen liegen Zeitungen der Landesverbände oder Landtagsfraktionen bei. Werbemittel der Green City Finanzbetriebs GmbH und Ökoworld AG liegen bei. Für Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Die nächste Ausgabe erscheint im Juni 2015. Spendenkonto: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN GLS Gemeinschaftsbank IBAN: DE73 4306 0967 8035 8159 00 BIC: GENODEM1GLS für MiMiMis* und Bio-Deutsche** Kleines Lexikon Druck: 61.000 Ex., Dierichs Druck+Media GmbH & Co. KG, Kassel, auf 100Â% Recycling-Papier. Schmunzeln als Integrationshilfe Omid Nouripour Kleines Lexikon für MiMiMis* und Bio-Deutsche** Omid Nouripour Anzeigenverwaltung: Runze & Casper Werbeagentur GmbH Linienstraße 214, 10119 Berlin Tel.: 030.28 01 80 | Fax: 030.28 01 84 00 E-Mail: [email protected] Malte Spitz und Brigitte Biermann: Was macht ihr mit meinen Daten? Hoffmann und Campe Verlag, 2014, 240 Seiten, 17,99 Euro, ISBN: 978-3-455-50328-9 * Mitbürger Mit Migrationshintergrund ** Schon-Immer-Deutsche _ Vor acht Jahren legte der grüne Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour mit „Mein Job, meine Sprache, mein Land – Wie Integration gelingt“ ein ernsthaftes Buch zur Integrationsdebatte vor. Auch in seinem zweiten Werk „Kleines Lexikon für MiMiMis und Bio-Deutsche“ widmet er sich diesem Thema – diesmal mit einem unüberhörbar ironischen Zungenschlag. MiMiMis, das sind die „Mitbürger mit Migrationshintergrund“. Das augenzwinkernde Prädikat „BioDeutsche“ erhalten dagegen die „Schon-immer-Deutschen“. premium Nicht allein der Titel, auch die einzelnen Lexikoneinträge kommen unterhaltsam daher. Ironische Anspielungen folgen auf ernsthafte Definitionsversuche, an manchen Stellen blitzt Sarkasmus durch. Mit diesem ungewöhnlichen Wechselspiel zwischen Ernsthaftigkeit und Humor parodiert Nouripour die Absurditäten einer Debatte, die längst in eine Schieflage geraten ist. Von A wie Abschiebehaft bis Z wie Zwangsheirat greift der in Teheran geborene Bundestagsabgeordnete aus Frankfurt am Main mehr als 200 Begriffe auf. Das letzte Wort ist damit freilich noch nicht gesprochen, prägen doch täglich neue Begriffe die Debatte. Nouripour ergänzt sein „Kleines Lexikon“ deshalb von Zeit zu Zeit online auf dem Blog www.mimimisundbiodeutsche.com. (kaw) Omid Nouripour: Kleines Lexikon für MiMiMis und Bio-Deutsche dtv premium, 2014, 200 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978-3-423-26032-9 26 schrägstrich | Heft 1/2015 #vwfuture www.volkswagen.de/emobility e-Mobilität von Volkswagen. Der e-Golf und der XL1. Die Mobilität von morgen ist keine Fiktion mehr, wenn wegweisende Konzepte und innovative Technologien schon heute Realität werden. Vom automobilen Meilenstein XL1, dem ersten 1-Liter-Fahrzeug der Welt, bis zum vollelektrischen und dabei komplett alltagstauglichen e-Golf: Volkswagen bringt die Zukunft auf die Straße. Stromverbrauch des e-Golf in kWh/100 km: kombiniert 12,7, CO2-Emission in g/km: 0. Kraftstoffverbrauch des XL1 in l/100 km: kombiniert 0,9, Stromverbrauch in kWh/100 km: kombiniert 7,2, CO2-Emissionen in g/km: kombiniert 21. Abb. zeigt optionale Sonderausstattungen. Mehr unter www.sharedichdrum.de #sharedichdrum
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