Zwei NLA-Teams unter einem Dach

Freitag, 24. April 2015 / Nr. 94
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BOTE DER URSCHWEIZ
Zwei NLA-Teams unter einem Dach
KOMMENTAR
Sportredaktorin
Theres Bühlmann
über die Zusammenarbeit der
beiden Vereine
Das Ziel:
Topadresse
D
15. März 2015: Die Luzernerinnen Gabi Schottroff (Nummer 8) und
Sylvia Campos (rechts) feiern mit ihren Kolleginnen den Ligaerhalt.
Bild Philipp Schmidli
VOLLEYBALL Die NLA-Teams
des VBC (Männer) und des
FC Luzern (Frauen) trennen
sich von ihren Vereinen und
heissen nun Top Volley Luzern.
Bei den Frauen ist das nicht
die einzige Neuerung.
THERES BÜHLMANN
[email protected]
Zum ersten Mal seit 2009 ist der
Kanton Luzern sowohl bei den Männern
als auch bei den Frauen wieder mit zwei
Teams in der NLA vertreten. Die Frauen des FC Luzern konnten sich, trotz
harzigem Saisonverlauf, in der obersten
Klasse halten, die Männer des VBC Luzern steigen auf und spielen nächste
Saison ebenfalls erstklassig. Beide Vereinsvorstände haben deshalb nach Lösungen gesucht, um in Zukunft Doppelspurigkeiten zu vermeiden und Synergien zu nutzen, zumal beim FCL
Geschäftsführer Samuel Schnyder und
Sportchef Martin Flückiger kürzertreten.
Nun werden diese beiden Luzerner
Spitzenteams von ihren ursprünglichen
Vereinen losgelöst und bis Ende April
in den neu gegründeten Luzerner Leistungssportverein Top Volley Luzern
transferiert. Diese Zusammenführung
wurde an den ausserordentlichen Generalversammlungen beider Ursprungsvereine, der Volleyballsektion des FC
Luzern und des VBC Luzern, mit grosser Mehrheit beschlossen. Die beiden
Vereine, FC Luzern Volleyball unter
Präsidentin Lilly Huber und der VBC
Luzern mit Andrea Bünzli als Vorsitzender, bleiben bestehen und konzentrieren
sich auf den Breitensport: Dies sind zwei
Teams beim FC Luzern und elf Mannschaften beim VBC Luzern.
50-Prozent-Job für Geschäftsführer
Um den Leistungssportbetrieb beim
neuen Verein zu professionalisieren,
wird in der Person von Gabriel Wey (32)
ein Geschäftsführer in einem 50-Prozent-Pensum angestellt, der für die gesamten Belange des Vereins (Organisation, Personal- und Vertragswesen,
Sponsoring, Finanzen) zuständig ist und
das nötige organisatorische Umfeld kontinuierlich aufbaut. «Natürlich ist es
anspruchsvoller, gleich zwei NLA-Teams
in einem Verein zu führen», sagt Wey,
der in der Vergangenheit beim VBC
Luzern für das Fanionteam verantwortlich zeichnete. Dieses Konzept soll auch
helfen, bei der Geldbeschaffung die
dringend benötigten Ressourcen freizumachen.
Der Verein Top Volley Luzern soll
Spitzenvolleyball in der ganzen Innerschweiz erlebbar und dank neuer Vermarktungsansätze auch sichtbar machen. Zudem will Luzern für 15- bis
25-jährige Akteure zu einer Topadresse
im Ausbildungsbereich und im Spitzensport werden. Im Weiteren strebt der
Verein einen Ausbau der Zusammenarbeit mit der regionalen Talentschule
an. Dies gilt auch für die Partnerschaften mit Volley Emmen Nord und Volley
Luzern Nachwuchs bei den Männern
und bei den Frauen mit Volleya Obwalden, Volley Luzern Nachwuchs und
Ruswil. So sind zum Beispiele Gastheimspiele in Obwalden und Ruswil angedacht. Diese Partnerschaften sind für
ein regionales NLA-Projekt existenziell
wichtig. Gesucht wird auch die Zusammenarbeit mit weiteren Luzerner Vereinen, unter anderem mit den Handballern des HC Kriens-Luzern. Um den
Volleyballsport attraktiver zu machen,
muss auch die Infrastruktur dazu geschaffen werden. Die Bahnhofhalle in
Luzern ist zwar verkehrstechnisch optimal gelegen, atmosphärisch aber keine
Offenbarung. Viel verspricht sich deshalb dieser neue Verein von der geplanten Sport-und Eventhalle in Kriens.
Milanez geht, Bertolacci bleibt
Der neue Verein plant bei den Frauen ohne den brasilianischen Trainer
Denis Milanez, der im letzten Jahr die
Mannschaft übernahm. «Milanez entspricht nicht unserem Anforderungsprofil», sagt Wey, mehr konnte und
wollte er aufgrund der laufenden Verhandlungen nicht sagen. Milanez war
für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Wer seine Nachfolge antritt, ist noch
nicht bestimmt, «wir sind am Evaluieren», so Wey. Klar ist hingegen, dass
Lauren Bertolacci dem Männerteam als
Trainerin erhalten bleibt.
Tadesse Abraham jagt die Schweizer Rekorde
STADTLAUF Der prominenteste Teilnehmer im Elitefeld
ist Tadesse Abraham. Ein Athlet, der dabei ist, die Schweizer Leichtathletik mitzuprägen.
Die aktuelle Laufsaison ist gar nicht
alt, da hat sie Tadesse Abraham schon
so manche turbulenten Tage beschert.
Genau genommen ist der 32-Jährige im
Jahr 2015 erst bei drei Rennen angetreten – und hat dabei schon die ganze
Gefühlspalette durchlebt. Da gab es den
Schweizer Rekord im Halbmarathon von
Barcelona, als der in Eritrea geborene
und im vergangenen Jahr eingebürgerte Abraham in 1:00.42 Stunden eine
Bestmarke aufstellte. Oder die Enttäuschung am Marathon von Seoul.
Ein Lauf, bei dem er seine Bestleistung
(2:07.45 Stunden) und den Schweizer
Rekord von Viktor Röthlin (2:07.23)
unterbieten wollte. Weil er sich aber
kurz vor dem Marathon eine Erkältung
eingefangen hatte, wurde daraus nichts.
«Bis zu Kilometer 17 bin ich nach meinem Zeitenplan gelaufen. Dann habe
ich aber gemerkt, dass es nicht mehr
geht», sagt er, «danach bin ich nicht
mehr mit 100 Prozent zu Ende gelaufen,
damit der Körper hinterher nicht ganz
so kaputt ist wie normalerweise nach
einem Marathon. Ich habe nur noch
versucht, die WM-Limite zu erfüllen.»
Abraham hat WM-Ticket sicher
Und das ist ihm gelungen. Die Zeit
von 2:11.37 Stunden bedeutet zwar
aktuell Rang 103 in der Weltjahresbestenliste, die Qualifikation für die Titelkämpfe Ende August in Peking kann
ihm aber keiner mehr nehmen.
Nur zwei Wochen nach diesem Rückschlag stand Abraham schon wieder ganz
oben. In Uster gewann er die nationale
Meisterschaft über 10 Kilometer Strasse
– sein erster Schweizer-Meister-Titel. Und
der soll nur der erste von vielen gewesen
sein, die Abraham noch holen möchte.
Denn Abraham ist heiss darauf, die nationale Leichtathletikszene des Landes,
in dem er sich nach seiner Flucht am
Rande der Cross-WM vor elf Jahren längst
zu Hause fühlt, mitzuprägen.
Nächstes Ziel: Ryffels 10-km-Rekord
Als Nächstes peilt Abraham, dessen
Bestleistung über 10 Kilometer Strasse
bei 28:27.9 Minuten steht, den im Februar 1986 aufgestellten Schweizer Rekord von Markus Ryffel (28:25.0) an. Am
23. Mai soll es beim top besetzten Lauf
in Ottawa (Kanada) so weit sein. «Ich
bin noch nie im Leben die 10 Kilometer
Strasse auf einer flachen Strecke und in
einem Feld mit vielen starken Konkurrenten gelaufen», sagt er, «wenn ich dort
antrete, werde ich wissen, wie mein
Potenzial aussieht, was auf dieser Distanz möglich ist.»
Der Stadtlauf in Luzern morgen sowie
der GP Bern am 9. Mai dienen ihm auf
dem Weg dorthin als perfekter Test.
«Diese Wettkämpfe helfen», sagt Abra-
ham, «danach weiss ich, was ich bis zum
Lauf in Ottawa noch verbessern muss.»
Doch auch wenn der Lauf von Ottawa
im Vordergrund steht, so geht er beim
Rennen in Luzern mit Ambitionen an
den Start. 2013 war er Zweiter, 2014
und 2012 Dritter. Nun will er seinen
ersten Sieg in Luzern und damit den
ersten Schweizer Erfolg seit Pierre
Délèze im Jahre 1988 holen.
Und die Chancen, dass ihm das
gelingt, stehen gar nicht mal so
schlecht. Der Kenianer Patrick Mugur Ereng, der zuletzt dreimal in
Folge gewann, und dessen Landsmann
Abraham Kipyatich treten zwar grundsätzlich nur auf den kürzeren Distanzen
an und sind daher beim Rennen über
8,710 Kilometer im Vorteil – aber: «Ich
habe beide in den letzten Monaten
schon geschlagen», stellt Abraham klar.
Auch sein vierter Lauf im Jahr 2015
könnte für Tadesse Abraham ein
emotionaler werden.
STEFAN KLINGER
[email protected]
er FC Luzern und
der VBC Luzern haben die Zeichen der
Zeit erkannt und
arbeiten im Leistungsbereich
zusammen. Ein Spitzenteam
zu führen, in personeller wie
in administrativer Hinsicht, ist
mit grossem zeitlichen Aufwand verbunden. Von den
Verantwortlichen des FC Luzern wurde dies in den letzten zwei NLA-Saisons im
Nebenamt und ehrenamtlich
geleistet – und sie sind an
ihre Grenzen gestossen. Der
Zeitaufwand blieb beschränkt,
was sich vor allem in der Beschaffung von Sponsorengelder negativ auswirkte. Zudem
hat sich der FC Luzern mehr
Synergien aus dem FCL-Umfeld (Fussball) erhofft, diese
blieben aber aus.
Mit der Anstellung eines
Geschäftsführers in einem
50-Prozent-Pensum schlägt
der neue Verein Top Volley
Luzern den richtigen Weg ein,
einen professionellen. Synergien können genutzt, Doppelspurigkeiten vermieden und
das Vertrauen in Sponsoren
gestärkt werden. Denn beide
Mannschaften haben ein erklärtes Ziel: für die Zuschauer
in Luzern Sport auf höchster
Ebene zu bieten und für
Spielerinnen und Spieler eine
Topadresse zu werden.
THERES BÜHLMANN
[email protected]
Tadesse Abraham an der EM
2014 in Zürich.
Freshfocus/Diderich