GastroJournal - Magnus Nilsson - 21. Mai 2015 - marmite

Restaurant
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21. Mai 2015 | Nr. 21 | www.gastrojournal.ch
Mit Events und Zusatzangeboten verlängern die Badi-Beizli ihre Saison
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Die schönste Lage der Welt
Im Mai beginnt
die Saison der Badeanstalten. Die Badi-Restaurants
haben sich davon aber
längst unabhängig gemacht.
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Cristina Bürgi
«Am Meer oder See können die
Gäste tagsüber baden und am Abend
lecker essen. Für mich ist es einfach
die schönste Lage», schwärmt Ali
Sarikaya. Aus diesem Grund hat er
sich vor drei Jahren entschieden, die
Strandbeiz Stampf in RapperswilJona zu pachten. Das Restaurant bietet 60 Sitzplätze drinnen und eine
grosse Terrasse draussen – so können die Gäste bei jedem Wetter verköstigt werden.
Die Strandbeiz Stampf ist von März
bis Dezember geöffnet, also weit
über die Badesaison hinaus. Damit
ist sie nicht alleine, denn immer
mehr Badi-Restaurants verstehen
sich als unabhängig von den Badeanstalten. So ist das Seerestaurant
Richterswil bereits seit Mitte März
offen und schliesst erst im Oktober
oder November. «Wir sind mit der
Saison sehr flexibel. Wenn es schon
im Frühjahr schön ist und Leute dem
See entlang spazieren, lohnt es sich,
das Restaurant früher zu öffnen»,
erklärt Gastronom Renaldo Senn.
Mit seiner Frau führt er das Restaurant seit 45 Jahren – und hat es bisher noch keinen einzigen Tag bereut.
CRISTINA BÜRGI
«Wir haben einen bedienten Teil und
einen Self-Service-Bereich», erklärt
Sarikaya. Die Lebensmittel werden
von lokalen Produzenten bezogen,
eine Spezialität sei der Fisch aus
dem Zürichsee (Felchen, Egli, Hecht,
Wels und Seeforelle). Da im Restaurant viele Hochzeiten und Taufen
stattfinden, sei das Lokal meist auch
bei schlechtem Wetter gut gefüllt.
«Natürlich spüren wir die Wetterabhängigkeit, aber wir sind gar nicht
so unfroh, wenn wir an einem Tag
etwas früher schliessen können»,
meint Sarikaya. Denn es gleiche sich
mit den sonnigen, umsatzstärkeren
Tagen aus.
Markenzeichen gibt
Standortsuche vor
Renaldo und Mäggi Senn führen das Seerestaurant Richterswil seit 45 Jahren – und geniessen die Lage jeden Tag aufs Neue.
«Das Stimmvolk von Richterswil hat
kürzlich 4,1 Millionen Franken für
den Bau eines neuen Restaurantkomplexes bewilligt», freut sich
Senn. Ein Zeichen dafür, dass die
Restaurants am See geschätzt werden. Im Seerestaurant bewirtet er
auch Gäste, welche das zugehörige
Strandbad nicht besuchen, und hat
ausserhalb der Saison mit Veranstaltungen und dem Catering-Angebot alle Hände voll zu tun. «Die Wetterabhängigkeit ist nicht so tragisch,
allenfalls haben die Mitarbeitenden
frei», erklärt Senn. Er sei jedoch immer im Betrieb und könne daher bei
jedem Wetter Gäste empfangen.
Das Seerestaurant Richterswil bietet
täglich ein frisches Salatbü0fet sowie
verschiedene Grilladen an. An Spitzentagen besuchen zwischen 3000
und 3500 Gäste das Seebad. Dann
arbeiten bis zu 15 Mitarbeitende im
Seerestaurant. Die meisten Aushilfen arbeiten auf Abruf und Stundenbasis. Die Stelle sei vor allem bei
Hausfrauen und Studenten beliebt,
die sich über die Sommerferien etwas dazuverdienen möchten.
Wenn die Saison für das Badi-Restaurant vorüber ist, werden die Mitarbeitenden meistens nicht weiterbeschäftigt – und haben monatelang
frei. Die langen Ferien führt Guido
Müller als Grund auf, warum er vor
34 Jahren den Kioskbetrieb in der
Badi Bichelsee übernahm. «Wenn
man die Lebensunterhaltskosten in
der Schweiz tief hält, kann man danach gut ein halbes Jahr in Asien
Ferien machen», erklärt er. Im Unterschied zur Strandbeiz Stampf und
dem Seerestaurant Richterswil ist
sein Kiosk von den Öffnungszeiten
der Badi abhängig. Dennoch finden
auch viele Gäste von ausserhalb den
Weg zu ihm und geniessen dort traditionelle Badi-Gerichte wie Bratwurst, Pizza und Pommes frites.
Das Badi-Beizli in Tribschen bietet mit
Hot Dogs, Hamburgern und Salaten
ein ähnliches kulinarisches Angebot.
«Wir arbeiten viel mit Tiefkühlprodukten, denn wir haben eine kleine
Küche und nicht viel Platz zum Kochen», erklärt Gastronomieleiterin
Vreni Sigrist. Trotz den kreativen
Engpässen liebt sie die Arbeit im
Badi-Restaurant: «Ich geniesse es,
draussen zu arbeiten, und mag es,
wenn es hektisch wird und das Adrenalin fliesst», erklärt sie lachend.
Ali Sarikaya hat mit der Strandbeiz
Stampf in Rapperswil-Jona seinen
Traumbetrieb gefunden. Für ihn hat
ein Badi-Restaurant enorm viele Vorteile: Da die Gemeinde den Pächter
der Strandbeiz unterstützt, zahlt er
eine tiefere Miete als für einen Betrieb am See üblich. Dies bewirkt,
dass er seine Menüs zu akzeptablen
Preisen von 20 bis 25 Franken anbieten kann. Das freut wiederum die
Gäste, die vermehrt das Strandbad
und zugehörige Restaurant besuchen. «Es ist eine Win-win-Situation
für alle», freut sich Sarikaya.
La saison des piscines s’ouvre en
mai. Les restaurants qui en font
partie sont depuis très longtemps
indépendants et accueillent presque
toute l’année des clients. Ce qu’ils
entreprennent pour prolonger leur
saison.
LESERBRIEF
Die Natur auf dem Teller geniessen
Einfach hirnverbrannt
Wertes GastroJournal-Team
gangen, und dort rieche es genauso
wie in Schweden. Nilsson lobt die
ausgezeichnete Qualität der Schweizer Produkte. Ein Kriterium, dass
ihm sehr wichtig ist: «Egal wo man
kocht, man sollte immer lokale Produkte benutzen», rät er. «In Schweden haben wir rund hundert Lieferanten. Die meisten liefern uns nur
ein einziges Produkt, aber das lohnt
sich, weil die Qualität stimmt.»
gern und Sammlern? Der schwedische Koch Magnus Nilsson macht es
vor: In seinem abgelegenen Restaurant «Fäviken Magasinet» werden
die Zutaten selbst geerntet und gejagt. Das Angebot orientiert sich an
den Jahreszeiten. Wenn im Winter
keine Frischprodukte zur Verfügung
stehen, greift Nilsson auf getrocknete, gepökelte oder eingekochte
Waren zurück.
Nordisch: Forelleneier im Blutkörbchen.
Bei der «master class» im Marmite
Foodlab in Zürich bot sich die Gelegenheit, Magnus Nilssons Küchenphilosophie näher kennenzulernen.
Unter dem wachsamen Auge von
Schweizer Jungköchen grillierte der
Schwede Jakobsmuscheln und servierte sie auf glühenden Wacholderzweigen. Als Vorspeise gab es eine
Creme aus Schweineblut, garniert
mit Wildforellenrogen, und als Nachspeise einen salzigen Porridge, den
Nilsson mit gepuffter Gerste, Reibkäse und Schnittlauch verzierte.
«Dieser Brei reflektiert die Gegend,
wo sich mein Restaurant befindet»,
erklärt Nilsson. «Weizen und Milch
sind bei uns sehr wichtige Zutaten.»
Der Brei könne aber genauso gut aus
der Schweiz stammen, fügt er hinzu.
Vor dem Kochkurs sei er in den
Schweizer Wäldern spazieren ge-
Nilsson hält nichts von weit importierten Zutaten, weil diese teuer und
weniger frisch sind. Eine Ausnahme
macht er bei Süsswasserfischen, die
er von der norwegischen Küste bezieht, sowie Wein, der aus Frankreich stammt. Nilssons Küche eignet
sich eher für kleine Gesellschaften:
Sein Restaurant Fäviken Magasinet
ist nur abends ab 19 Uhr geöffnet
und bietet 16 Gästen Platz. Dafür
werden diese mit einem intimen,
«hyperlokalen» Essen belohnt. cb
Nieder mit dem Bass
EN BREF
Wo die nordische Küche Parallelen zur Schweiz schlägt
Wie kochte man zu Zeiten von Jä-
Die vegetarische Restaurantkette
Tibits der Gebrüder Christian, Daniel
und Reto Frei in Kooperation mit Rolf
Hiltl spürt den Frühling. Im Herbst
geht im Luzerner Hauptbahnhof das
nächste Restaurant auf, im Frühling
2016 wird beim Sternen Oerlikon eine
weitere Filiale eröffnen und nach derzeitigem Kenntnisstand Ende 2017
am Bahnhof in St. Gallen. Sie werden
sich neben dem Haupthaus in Zürich
in die Reihe der bestehenden Filialen
gesellen, so beim Zürcher Opernhaus,
in Basel, in Winterthur, in London und
zwei in Bern. Tibits sucht weitere
Standorte: «zentrale, gut frequentierte Lage, Parterre mit 200 Quadratmetern, Eckliegenschaft mit Aussenbereich und mindestens 3,5 Metern
Raumhöhe». Insbesondere das reich
bestückte Büfett als Markenzeichen
ist den ganzen Tag auf Frequenzen
angewiesen.
Der Beitrag «Welttrinkgeldtag» in
GastroJournal Nr. 20 finden wir total
daneben. Wir können die Verhältnisse
in der Schweiz (Löhne nach dem
Landes-Gesamtarbeitsvertrag des
Gastgewerbes mit Service inklusive)
nicht mit jenen in Deutschland
vergleichen!
Zudem geben unsere Gäste für gute
Leistung immer noch gerne einen
Over-Tip. Wenn, wie bei uns im
Restaurant zum alten Schützenhaus
in Schaffhausen, dieser Obolus
wöchentlich durch Service, Küche
und Office geteilt wird, ist das super.
Aber die Gäste animieren, etwas
mehr Trinkgeld zu geben, ist doch
hirnverbrannt.
WALTER UND ROLAND REUTIMANN
Restaurant zum alten Schützenhaus
8200 Schaffhausen
Sobald die Temperaturen steigen,
nimmt die Anzahl Beschwerden gegen
die Nachtruhestörung zu. Was derzeit
in Chur und an der Zürcher Langstrasse
bemängelt wird, unterliegt in Basel bereits dem Gesetz: So muss nicht nur
der Schallpegel in Nachtclubs begrenzt
werden, sondern neu auch der Bass.
Dies fordert das Amt für Umwelt und
Energie in seiner «Anleitung für die
Lärmmessungen und -beurteilungen
von Diskotheken und Musiklokalen».
Die Folgen der Regelung vom Mai
2014 zeichnen sich nun deutlicher ab –
vor allem für Konzertveranstalter: So
könnten viele Hip-Hop- und Elektrobands nicht mehr gebucht werden,
weil sie auf tiefe Basstöne setzen. Bei
der Basler Regierung wurde bereits
eine Interpellation eingereicht. Die
Bassbegrenzung wird auch vom Wirteverband Basel-Stadt und dem Verein
Kultur und Gastro abgelehnt.
Gemeinsam für die Gäste
Die Innerschweizer Gastgeber feiern
200 Jahre Gastfreundschaft Zentralschweiz. Im Rahmen des «Gästivals»
bieten diverse Restaurants wiederentdeckte, traditionelle Spezialitäten an.
Kalbsmilken oder «suuri Läberli» sind
ebenso auf den Spezialkarten zu
finden wie die klassische Luzerner
Kügelipastete. Wie erfolgreich solche
gemeinsamen Aktionen sein können,
bewies 2013 beispielhaft der Schwingerteller anlässlich des Eidgenössischen Schwingfestes im Emmental.