Monitorbericht zur Sendung vom 30. April 2015 und - Rats-Info

Mitteilungsvorlage
X
öffentlich
nichtöffentlich
Drucksache Nr.
14-20/1445
Referat, Auskunft erteilt, Telefon-Durchwahl
Datum
2 - Rat und Verwaltung - Herr Kemper, 1 69-22 14
04.05.2015
Beratungsfolge
Haupt-, Finanz-, Beteiligungs- und
Personalausschuss
Sitzungstermine Top
04.05.2015
Betreff
Monitorbericht zur Sendung vom 30. April 2015 und Stellungnahmen
Inhalt der Mitteilung
Textfassung des gesendeten Monitorbeitrages:
Mit Kindern Kasse machen? Wie Heimkinder ins Ausland verbracht werden | 10:14
min | 30.04.2015 | Monitor (WDR) | Das Erste
Georg Restle: „Kinder brauchen den Schutz dieser Gesellschaft, mehr als alle
anderen. Vor allem, wenn die Eltern ausfallen, ist der Staat gefordert: Jugendämter
oder Jugendhilfe. Dass ausgerechnet mit solchen Kindern Geschäfte gemacht
werden, und dass staatliche Stellen dabei sogar mitmischen, das konnten selbst wir
kaum glauben.
Bis wir nach Ungarn gefahren sind. Denn genau dorthin schicken deutsche
Jugendämter Kinder, die ihnen anvertraut sind. Offiziell soll es da um individuelle
pädagogische Konzepte gehen, um professionelle Betreuung - und um
Zukunftsperspektiven für solche Kinder, die es hier in Deutschland besonders schwer
haben. Was Nicole Rosenbach, Naima El Moussaoui und Jan Schmitt in Ungarn
dann allerdings vorgefunden haben, das hat auch uns ziemlich sprachlos gemacht.“
So sieht eine individualpädagogische Maßnahme in Ungarn aus. Seit einem halben
Jahr lebt hier ein deutscher Gymnasiast, nennen wir ihn Paul, gerade mal 11 Jahre
alt. Hier ist er untergebracht, auf einem Hof bei einem ungarischen Handwerker, der
kaum deutsch spricht und Paul vor einem halben Jahr noch gar nicht kannte.
Was ist passiert?
Paul lebte im Heim, seit er 6 Jahre alt war. Seine Mutter konnte sich wegen ihrer
schweren Depressionen nicht mehr um ihn kümmern. Stattdessen wollten die
Verwandten Harald und Petra H. für das Heimkind sorgen. Regelmäßig trafen sie
sich mit Paul. Alles sah gut aus. Paul kam sogar aufs Gymnasium. Aber schon kurz
-2danach nahm ihn das Jugendamt von der Schule, schickte ihn nach Ungarn. Seine
Mutter ist darüber schockiert.
Mutter von Paul: „In dem Moment, also, ist mir wirklich der Boden unter den Füßen
weggegangen. Ich hab nur gedacht, das kann ja wohl nicht wahr sein! Alle Zelte
komplett abgebrochen, die ganzen Möglichkeiten hier halt weiterhin zur Schule
gehen zu können, soziale Kontakte, alles abgebrochen.“
Verantwortlich: das Jugendamt in Dorsten. Hier wird über Pauls Zukunft entschieden
- und hier hat man verfügt: Paul soll nach Ungarn.
Wir wollen wissen, warum?
Und wir bekommen eine bemerkenswerte Antwort - vom Amtsleiter. Danach werden
Kinder offenbar dann ins Ausland geschickt, wenn man in Deutschland kein
„passendes“ Heim findet.
Dietmar Gayk, Leiter Jugendamt Dorsten: „Genau das jetzt passgenau zu finden, die
Hilfe so zu installieren, dass wir das möglichst Beste für das Kind oder den
Jugendlichen herausholen, ist eben die große Schwierigkeit, und letztendlich so als
ultima ratio bleibt bisweilen nur die Auslandsunterbringung.“
Die letzte Möglichkeit? Und das, um Paul hier unterzubringen, auf unbestimmte Zeit,
auf einem ungarischen Hof zwischen Schrott und Gerümpel?
Und das ist Pauls „Individual-Pädagoge“: Istvan B., 64 Jahre, Handwerker. Die Stadt
behauptet, er habe in einer Klinik in Deutschland Weiterbildungen zu Trauma- und
Bindungsstörungen gemacht. Die Klinik jedoch teilt uns mit, weder sei Istvan B. dort
gewesen noch würde man solche Weiterbildungen überhaupt anbieten.
Auf Deutsch können wir uns kaum mit ihm verständigen. Dem Dolmetscher sagt er
aber, er sei schon geeignet.
Istvan B. (Übersetzung MONITOR, Stimme nachgesprochen): „Hauptsächlich durch
Lebenserfahrung und auf autodidaktische Weise. Ein Experte sagte mir, das, was ich
mache, das lernt man nicht in der Schule.“
Und wie ist das mit Pauls Schule?
Reporterin: „Und wie viel Stunden hast Du am Tag Unterricht?“
Paul (Stimme nachgesprochen): „Nicht am Tag. Ich hab zwei Mal in der Woche
Unterricht.“
Reporterin: „Oh, das ist ja nicht so viel, ne?“
Paul (Stimme nachgesprochen): „Hab‘ ich immer für zwei Stunden.“
Reporterin: „Zwei Stunden nur? Was ist das für 'ne Schule?“
Paul (Stimme nachgesprochen): „Das ist gar keine Schule.“
-3Istvan B. (Übersetzung MONITOR, Stimme nachgesprochen): „Web-Schule. Das ist
wie eine Schule.“
Paul (Stimme nachgesprochen): „Ich krieg von Deutschland, krieg ich Materialien
geschickt.“
Zweimal die Woche, zwei Stunden Unterricht, eine Internetschule? Der Schulpflicht
genügt das nicht. Aber Deutschland ist ja weit weg.
Fast 8000 Euro lässt sich der deutsche Staat Pauls Betreuung in Ungarn kosten.
Jeden Monat. Das meiste davon geht vom Jugendamt Dorsten an eine private Firma:
die Life GmbH in Bochum. An die hat das Jugendamt die Organisation von Pauls
Leben abgegeben.
Pro Monat bekommt Life fast 7000 Euro, weitere knapp 800 Euro gehen an die
private Internetschule, die übrigens der Tochter des Life-Eigentümers Gerd
Lichtenberger gehört. Der will uns weder zur Qualifikation des ungarischen Betreuers
noch zur Schule etwas sagen. Und erst recht nicht dazu, wie viel Geld Life am Ende
damit verdient.
Das Jugendamt weiß das auch nicht. Es bezahlt nur, ohne die Einrichtung in Ungarn
zu kennen, geschweige denn zu kontrollieren.
Reporterin:„Vertrauen Sie erst mal auf den Träger?“
Dietmar Gayk, Leiter Jugendamt Dorsten: „Ja, anders wär’s nicht möglich. Wir haben
vertragliche Vereinbarungen. Und genauso wie der Träger uns vertraut, dass wir
monatlich die Zahlungen leisten, die ja nicht unerheblich sind in solchen Fällen,
vertrauen wir auch dem Träger, dass er entsprechend das fachlichen Know-how
mitbringt, damit die Ziele erreicht werden können.“
So einfach macht es sich die zuständige Behörde. Sie schaut nicht so genau hin.
Und der 11-jährigen Paul? Für ihn gibt‘s jetzt Internetschule in Ungarn statt
Gymnasium in Deutschland.
Ein Einzelfall?
Pecs in Ungarn, nahe der Grenze zu Kroatien. Dies war bis 2009 ein Kinderheim und
der Sitz der Neustart GmbH. Sie wurde gegründet, um hier deutsche Jugendliche zu
betreuen. Auch Marcel war in diesem Heim zu einer individualpädagogischen
Maßnahme. Heute schlägt er sich mit Gelegenheitsjobs durch. Wir treffen ihn auf
Montage im Allgäu. Zweieinhalb Jahre lebte Marcel in Ungarn, ohne Richtung, ohne
Hilfe, so empfindet er es heute.
Marcel H.: „Wenn wir nicht zur Schule gehen wollten, durften wir auch
weiterschlafen. Wir haben dort kiffen können und haben das auch getan. Das war
eigentlich allen egal oder es wurde halt drüber weggeschaut bzw. nicht gesehen.“
Das bestätigt auch József B., einer der damaligen Betreuer von Marcel in Ungarn.
Und er erzählt noch mehr: Die deutschen Kinder seien dort einfach abgestellt
worden.
-4József B., ehem. Betreuer: „Normalerweiselief es so: Ein Erzieher hat ein Kind
gebracht oder einen Jugendlichen und einfach dort stehen lassen bei uns. Wir hatten
keine Methode, wir haben einfach nur was gemacht.“
Irgendwas gemacht – heißt: ohne pädagogisches Konzept?
Deutsche Kinder, in Ungarn verwahrt statt gefördert? Kann das sein?
Wir stoßen auf eine eigenartige Konstruktion. Im Zentrum: dieser Mann, Alfons
Wissmann. Nicht irgendwer. Wissmann ist der Leiter des Jugendamts in
Gelsenkirchen. Und er - Thomas Frings - sein Stellvertreter. Beide hatten 2004
gemeinsam die Firma Neustart in Ungarn gegründet.
Ebenfalls wichtig: Dieses Kinderheim. Das St. Josef Heim in Gelsenkirchen. Nahezu
alle Jugendlichen in dem ungarischen Heim kamen aus diesem Heim.
Wir treffen mehrere Informanten, die damals ganz nah dran waren. Sie erzählen uns
übereinstimmend von einem angeblichen Deal zwischen Jugendamtsleiter
Wissmann, dem Kinderheim in Gelsenkirchen und der Firma Neustart in Ungarn.
Demnach soll dieser Deal so ausgesehen haben: Jugendamtsleiter Wissmann und
sein Stellvertreter Frings hätten zielgerichtet immer mehr Jugendliche ins St. Josef
Heim nach Gelsenkirchen geschickt. Das Heim habe damit seine Einnahmen erhöht.
Als Gegenleistung habe dieses Heim Jugendliche von anderen Jugendämtern nach
Ungarn geschickt, an das Heim, das Wissmann und Frings gegründet hatten.
Der Jugendamtsleiter und sein Stellvertreter bestreiten, dass es solch ein Deal
gegeben habe. Einen Interessenkonflikt habe es nicht gegeben.
Wir bekommen interne Belegungszahlen des Gelsenkirchener St. Josef Heims
zugespielt. Und die zeigen: Genau in den Jahren, in denen Kinder von dort nach
Ungarn geschickt wurden, explodieren im St. Josef Heim die Belegungszahlen:
2008 ist das Heim mit 139 Prozent deutlich überbelegt, ein Jahr zuvor sogar mit 151
Prozent. Vor allem mit Kindern aus Gelsenkirchen. Eine massive Überbelegung.
Dafür könnte man Heim und Träger die Betriebserlaubnis entziehen.
Das St. Josef Heim will diese Zahlen nicht kommentieren, eine Kooperation bestreitet
man.
Jugendamtsleiter Wissmann und Stellvertreter Frings bestreiten, sich mit dem Heim
in Ungarn bereichert zu haben. Fest steht allerdings: Für die Jugendlichen in Ungarn
hat der deutsche Staat monatlich 5500 Euro an den Träger bezahlt.
Für Marcel – so sagt er uns – hat die Unterbringung in Ungarn nichts gebracht, im
Gegenteil.
Marcel H.: „Ich komme mir heute dabei sehr benutzt vor, weil wir waren Jugendliche,
die da ihre eigentliche letzte Chance erhalten hatten, die uns aber nicht gegeben
wurde.“
Ein Jugendamtsleiter, der Geld mit einem Kinderheim in Ungarn verdienen wollte?
Warum hat die Stadt Gelsenkirchen diese Nebentätigkeit überhaupt genehmigt?
-5Manfred Beck, Stadtdirektor Gelsenkirchen: „Wir haben dann sehr klar gesagt, wir
wollen gar nicht in die detaillierte, rechtliche Prüfung gehen, sondern wir gehen
davon aus, dass dieses Verhältnis schnellstmöglich eingestellt wird. Das ist
geschehen.“
Glaubt die Stadt. Eine genaue Prüfung hielt man offenbar nicht für nötig.
Einige Monate nach der Gründung zogen sich Frings wie auch Wissmann offiziell
aus der Firma zurück, übergaben ihre Anteile: Der eine allerdings an seinen Bruder,
der andere an seine Frau. Und der Heimbetrieb in Ungarn lief weiter, vier Jahre lang,
ohne dass sich die Stadt Gelsenkirchen dafür interessiert hätte. Bis heute ist Alfons
Wissmann Leiter des hiesigen Jugendamts und Thomas Frings sein Stellvertreter.
Mit Kindern Kasse machen? Und das ausgerechnet mit denen, die Hilfe am
dringendsten brauchen?
Marcel H.: „Uns wurde nicht gezeigt, wie Leben funktioniert, und das hätte uns dort
gezeigt werden müssen, wie Leben funktioniert. Und als ich wieder in Deutschland
war, war alles viel schlimmer als vorher.“
Georg Restle: „Ganz sicher ein Thema mit Gesprächsstoff. Also, diskutieren Sie mit
uns wie immer im Internet unter monitor.de, bei Facebook oder wenn Sie mögen per
Telefon.“
Stellungnahme des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe:
Allgemein:
Eine „Heimaufsicht“, wie z.B. für die Überwachung von Heimen für ältere,
volljährige pflegebedürftige oder volljährige Menschen mit Behinderungen durch
eine staatliche Stelle, gibt es bereits begrifflich in der Kinder- und
Jugendhilfe nicht. Der Bundesgesetzgeber hat 1991 mit den §§ 45 ff. SGB VIII
einen generellen Erlaubnisvorbehalt eingeführt und damit zusammenhängende
Aufgaben den Landesjugendämtern übertragen (§ 85 Abs. 2 Ziffer 6 SGB VIII).
D.h., bevor ein Träger Minderjährige im Rahmen der Jugendhilfe betreuen darf,
benötigt er grundsätzlich eine Betriebserlaubnis des Landesjugendamtes. Die
Prüfung, ob in einer Einrichtung das Kindeswohl gewährleistet ist, soll nach
der Intention des Gesetzgebers dadurch bereits im Vorfeld eines
Einrichtungsbetriebes stattfinden, um eventuellen Gefahren für das Kindeswohl
präventiv zu begegnen.
Ist eine Einrichtung in Betrieb hat das Landesjugendamt während der
Betriebsführung zu beraten (§ 85 Abs. 2 Ziff. 7 SGB VIII). Der
Einrichtungsträger ist nach § 47 SGB VIII zu bestimmten Meldungen an das
Landesjugendamt verpflichtet, insbesondere auch zu „Ereignissen und
Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu
beeinträchtigen“ (§ 47 Ziff. 2 SGB VIII). Das Landesjugendamt soll nach § 46
SGB VIII „nach den Erfordernissen des Einzelfalls an Ort und Stelle
überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter
bestehen“. Im Gegensatz zur früheren gesetzlichen Regelung (vor 1991:
„Regelbesuche“) erfordert die örtliche Prüfung nach dem Willen des
Gesetzgebers einen Anlass.
-6Werden in einer Einrichtung durch das Landesjugendamt Mängel festgestellt,
sieht das SGB VIII ein gestuftes Verfahren vor
a)
Der Träger ist über die Möglichkeiten der Mängelbeseitigung zu beraten
(§ 45 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII).
b)
Werden Mängel nicht behoben, kann das Landesjugendamt Auflagen zur
Betriebserlaubnis erteilen (§ 45 Abs. 6 Satz 3 SGB VIII).
c)
Die Betriebserlaubnis ist zurückzunehmen, wenn das Kindeswohl gefährdet
ist und der Träger nicht bereit oder in der Lage ist, die Gefährdung
abzuwenden (§ 45 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII).
Der von Ihnen genannte Auslastungsgrad ist zunächst einmal eine rein
rechnerische Größe, der bei der Berechnung des Tagessatzes gewisse Leerstände
bzw. das Vorhalten von Plätzen berücksichtigt. Der Auslastungsgrad ist ein
Jahresdurchschnittswert, Vorgaben in der Betriebserlaubnis zur Platzzahl
gelten ständig.
1.
Wer hat die Aufsicht über die korrekte Belegung eines Heimes, das
örtliche Jugendamt oder das Landesjugendamt als übergeordnete Stelle?
Es gibt keine „Aufsicht“ über die korrekte Belegung der Einrichtung (s.o.).
Der Träger kann im Rahmen seiner Konzeption und der vereinbarten und in der
Betriebserlaubnis festgelegten Platzzahl die Belegung selber steuern. Der
Träger entscheidet bei Anfragen über Aufnahmen oder Ablehnungen. Folglich ist
zunächst der Einrichtungsträger für die Belegung in seinem Betrieb
verantwortlich. Aufgrund seiner praktischen Einsichts- und
Einwirkungsmöglichkeit (z.B. Belegungsvertrag, Hilfeplangespräche) ist auch
das leistungsgewährende (= belegende) Jugendamt für das Wohlergehen der Kinder
und Jugendlichen verantwortlich.
2.
Welche Belegung ist rechtlich zulässig und wo ist die Begrenzung
festgeschrieben? Bitte die Rechtsnorm konkret benennen.
Die Belegung ist rechtlich zulässig im Rahmen der in der Betriebserlaubnis
nach § 45 SGB VIII vereinbarten Konzeption und der in der Betriebserlaubnis
festgelegten Platzzahl.
3.
Ist eine Belegung von über 100 % rechtlich zulässig/erlaubt? Wo ist die
Obergrenze?
Eine unzulässige Überbelegung ist gegeben, sobald die genehmigte Platzzahl
überschritten wird. Die Berechnungsgröße "Auslastungsgrad" ist ein
Jahresdurchschnittswert und könnte trotz Überbelegung in bestimmten Zeiten auf
das Jahr betrachtet unter 100% liegen.
4.
Welche Auslastungsquote ist im Durchschnitt üblich? Welche Obergrenze
hält das Landesjugendamt für angemessen?
Eine Festlegung der durchschnittlichen Auslastungsgröße ist im Rahmen der
Entgeltvereinbarung Vereinbarungsgegenstand allein zwischen dem
Einrichtungsträger und dem örtlich zuständigem Jugendamt am Sitz des Trägers.
Dabei ist der Auslastungsgrad eine rechnerische Größe zur Berechnung des
Tagessatzes. Hierbei hat der Einrichtungsträger darauf zu achten, dass eine
Belegung nur im Rahmen der in der Betriebserlaubnis zugrundeliegenden
Platzzahl zulässig ist . Eine Vereinbarung über 100% erfordert für den
wirtschaftlichen Betrieb einer Einrichtung eine Belegung über die in der
Betriebserlaubnis festgelegte Platzzahl und wäre somit nicht zulässig.
Nach dem bis zum Jahre 2014 in NRW gültigen „Rahmenvertrag für die Übernahme
von Leistungsvereinbarungen in Einrichtungen der Jugendhilfe nach § 78 a – f
SGB VIII“ wurde eine Mindestauslastungsquote von 93 % zwischen den
Spitzenverbänden der Kostenträger und den Leistungsanbietern vereinbart.
-7Ausnahmen, z.B. bei Einrichtungen mit spezifischen Zielgruppen und
Einrichtungen mit weniger als 10 Plätzen, konnten zwischen Jugendamt und
Einrichtung vereinbart werden. Empfehlungen für eine allgemeine
Auslastungsquote werden vom Landesjugendamt nicht gegeben, zu unterschiedlich
können die Leistungsangebote sein.
5.
Welche Konsequenzen hat es für eine Einrichtung/Träger, wenn sie eine
Belegung über 100 Prozent hat?
Die Sanktionen des Landesjugendamtes richten sich nach dem Grad einer
möglichen Kindeswohlgefährdung durch das Ereignis. Wie oben beschrieben ist
das Landesjugendamt bei einer „Mängelfeststellung“ gehalten „den Träger der
Einrichtung über die Möglichkeiten der Beseitigung der Mängel zu beraten.“
Weitergehende Möglichkeiten stehen dem Landesjugendamt als
betriebserlaubniserteilende Behörde in Form der Auflagenerteilung bis zum
Widerruf der Betriebserlaubnis zur Verfügung. Das örtliche vereinbarende
Jugendamt kann i.R. der Entgeltvereinbarung prüfen, ob mit der Überbelegung
eine Leistung nicht in dem vereinbarten Umfang erbracht wurde und somit
Leistungsentgelte in der vereinbarten Höhe eventuell zu Unrecht gezahlt
wurden. Das Jugendamt kann hierzu die Schiedsstelle nach § 78 g SGB VIII
einschalten. Auch die belegenden Jugendämter können im Einzelfall
Leistungsentgelte mindern oder eventuell zurückfordern, wenn vereinbarte
Leistungen nicht erbracht worden sind.
6.
Konkret geht es um ein Heim in Gelsenkirchen, das in den Jahren 2005 bis
2009 mit bis zu 150 Prozent überbelegt war. Wer hatte die Aufsicht bzw. trägt
die Verantwortung für die Kontrolle dieser Überbelegung?
Eine regelhafte zeitnahe Aufsicht der Belegung eines Einrichtungsträgers durch
das Landesjugendamt oder andere Behörden ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen
(s.o.). Der Träger hat im Rahmen seiner Meldepflichten nach § 47 SGB VIII „die
Zahl der belegten Plätze jährlich einmal zu melden“. Die in der Anfrage
benannte erhebliche Überbelegung in den Jahren 2005 bis 2009 in einem Heim in
Gelsenkirchen ist hier nicht bekannt.
7.
Sind dem Landesjugendamt Kinder/Jugendeinrichtungen bekannt, die in der
Vergangenheit - einschließlich in dem genannten Zeitfenster - eine Belegung
von 150 Prozent aufwiesen? Wenn ja, um welche Einrichtungen/Träger handelt es
sich? Falls ja, was hat das Landesjugendamt unternommen? Was nein, was würde
das Landesjugendamt unternehmen, wenn es von Einrichtungen mit einer
Auslastung von 150 % erfahren würde?
Eine Überbelegung in dieser Größenordnung zum Stichtag bezogen auf eine
Einrichtung ist hier nicht bekannt. Temporäre Überbelegungen sind mit dem
Landesjugendamt als betriebserlaubniserteilende Stelle abzustimmen.
Belegt ein Träger seine Einrichtung im Rahmen eines Auslastungsgrades von 150%
liegt ein derart gravierender Verstoß gegen die Vorgaben der Betriebserlaubnis
vor, dass auch die generelle Eignung des Trägers und somit der Fortbestand der
Betriebserlaubnis geprüft werden müsste.
8.
Ein Handwerker, der eine pädagogische Fortbildung gemacht hat, reicht
dies als Qualifikation aus, um als Fachkraft zu gelten, um im Ausland
intensivpädagogische Maßnahmen zu erbringen?
Reicht eine Fortbildung im Ausland aus, um nach SGB als Fachkraft für
Auslandsmaßnahmen zu gelten?
Müssen die Betreuer im Ausland Deutsch sprechen?
Die betriebserlaubniserteilende Stelle beim Landesjugendamt ist für Plätze
außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches (Ausland) nicht zuständig. Somit
sind die Regelungen der § 45 ff. SGB VIII hier nicht anwendbar. Jugendämter
-8dürfen nach § 78b Abs. 2 SGB VIII „Vereinbarungen über die Erbringung von
Hilfe zur Erziehung im Ausland nur mit solchen Trägern abschließen, die
1.
Anerkannte Träger der Jugendhilfe oder Träger einer erlaubnispflichtigen
Einrichtung im Inland sind, in der Hilfe zur Erziehung erbracht wird,
2.
Mit der Erbringung solcher Hilfen nur Fachkräfte im Sinne des § 72 Abs.
1 SGB VIII betrauen und
3.
Die Gewähr dafür bieten, dass sie die Rechtsvorschriften des
Aufenthaltslandes einhalten und mit den Behörden des Aufenthaltslandes sowie
den deutschen Vertretungen im Ausland zusammenarbeiten.“
Zusätzlich ist bei grenzüberschreitender Unterbringung die Brüssel IIa
Verordnung zu beachten (insbes. Konsultationsverfahren der dafür bestimmten
Stellen).
Wegen der hohen Anforderungen an die fachliche Kompetenz kann nach Auffassung
des Landesjugendamtes auf eine fachliche Ausbildung und spezifische
Kompetenzen für die Hilfeerbringung im Ausland als Basis nicht verzichtet
werden (so auch Wiesner, Kommentar zum SGB VIII, § 78b Rdn. 30). Auch
erworbene Abschlüsse im Ausland sind hierbei zu berücksichtigen. Zu den
spezifischen Kenntnissen der Fachkraft im Ausland zählen neben
interkulturellen Kompetenzen natürlich auch die erforderlichen
Sprachkenntnisse für die Kommunikation mit dem Minderjährigen.
Stellungnahme Stadt Dorsten:
Stellungnahme der Stadt Dorsten zum Bericht des ARD-Magazins Monitor über
einen Jugendhilfefall
Der Bericht des ARD-Magazins „Monitor“ am gestrigen Donnerstag befasst sich mit
Auslandsmaßnahmen der Jugendhilfe. In der Sendung ging es unter anderem auch um einen
Fall aus Dorsten.
Es handelt sich um eine äußerst sensible Thematik, bei der von allen Beteiligten Datenschutz
und das Wohl des Kindes zu beachten sind. Insofern können dezidierte Aussagen und
Erläuterungen, die Rückschlüsse auf den konkreten Einzelfall zulassen, nicht gemacht
werden. In dem Bericht wurde Jugendamtsleiter Dietmar Gayk nur mit zwei kurzen Sätzen
zitiert. Das Interview zu vielen allgemeinen Fragen dieser Thematik hat tatsächlich rund 90
Minuten gedauert.
Einige Aspekte zum Thema aus unserer Sicht:
Wann schicken wir ein Kind zu einer Betreuung ins Ausland?
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Auslandsaufenthalte sind in der Regel intensivpädagogische Maßnahmen, oft
1:1-Betreuungen. Sie sind das letzte Mittel, wenn andere stationäre
Hilfsangebote nicht mehr den erwünschten Erfolg bringen.
Nach Anregungen der behandelnden Ärzte und / oder Kinder- und
Jugendpsychiater fragen wir bei den Trägern, mit denen wir langjährige
Erfahrungen haben, nach geeigneten Angeboten. Es ist ohnehin nicht leicht,
„maßgeschneiderte“ Angebote zu finden. Manchmal liegen solche Therapieund Betreuungsplätze im Ausland. Das ist aber nicht das entscheidende
Kriterium für die Auswahl.
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-9Wenn wir die Wahl haben, bevorzugen wir ein gleiches Angebot im Inland.
Der in „Monitor“ genannte Fall ist derzeit und seit vielen Jahren der einzige,
bei dem die Stadt eine Auslandsmaßnahme veranlasst und zugleich ein
städtischer Mitarbeiter die Vormundschaft innehat.
In diesem Fall hat das Jugendamt der Stadt Dorsten vier Monate lang nach
einer geeigneten Betreuung gesucht und dabei sieben Absagen für die
Unterbringung im Inland erhalten.
Zur Einordnung: Das Jugendamt betreut ständig rund 180 bis 200 Kinder und
Jugendliche, die stationär untergebracht sind (Pflegefamilie, Wohngruppe,
Intensivbetreuung etc.).
Die Kosten von Auslandsmaßnahmen sind in der Regel weder wesentlich
höher noch geringer als bei vergleichbaren Inlandsmaßnahmen (200 bis 300 €
pro Tag). Die derzeit teuerste Maßnahme des Jugendamtes Dorsten wird mit
einem Tagessatz von 350 Euro abgerechnet und liegt im Inland.
Die Kontrollmechanismen
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Mit dem in diesem Fall genannten Träger arbeitet die Stadt Dorsten seit vielen
Jahren auch bei Inlandsmaßnahmen zusammen – bisher ohne Anzeichen
dafür, dass es seitens des Trägers beachtenswerte Mängel gibt.
Zum 20-jährigen Bestehen des Trägers gratulierte das Landesjugendamt
Münster dem Träger wie folgt: „Wenn zu Anlässen wie diesem die
„Aufsichtsbehörde“ eingeladen wird, dann verstehe ich das als ein Zeichen der
langjährigen guten Zusammenarbeit zwischen der Einrichtung und dem LWLLandesjugendamt in der gemeinsamen Verantwortung für den Schutz und die
pädagogische Begleitung für Kinder, Jugendliche und ihre Familien. Da ich im
LWL-Landesjugendamt bereits länger als 20 Jahre tätig bin - anfangs als
Fachberater für die Beratung und Aufsicht mit der Zuständigkeit für die Stadt
Bochum und einige andere Regionen - kann ich mit Fug und Recht
behaupten: Ja das stimmt! 20 Jahre heißt auch 20 Jahre gute und vor allem
vertrauensvolle Zusammenarbeit. Peter Dittrich (Landesjugendamt Münster).“
Die Kontrollpflichten sind im Gesetz und in Fachkommentierungen zum SGB
VIII nicht eindeutig geregelt. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Kinder- und
Jugendhilfe (AGJ) hat daher bereits 2007 angeregt, „bundesweite
Qualitätsstandards vor allem zur Sicherung von Struktur- und Prozessqualität
auszubauen“. Die Überprüfung soll durch die Bundes- und Landesebene
erfolgen. Solche Instrumente stehen derzeit nicht zur Verfügung.
Der Fall „Paul“ in Ungarn
•
•
Die hier gewählte Maßnahme entspricht nach Leistungsbeschreibung und
Angebot des Trägers den Anforderungen und Empfehlungen der damals
behandelnden LVR-Landesklinik.
Der in „Monitor“ vermittelte Augenschein trügt. Die Aufnahmen zeigen vor
allem den Hinterhof und Stallgebäude. Die Unterbringung orientiert sich an
den Empfehlungen und Vorschlägen der damals behandelnden Klinik. Im
Haus steht für „Paul“ natürlich ein eigenes Zimmer mit Dusche und WC zur
Verfügung.
•
- 10 Der vor Ort eingesetzte Betreuer weist nach Angabe des Trägers alle
erforderlichen Qualifikationen auf, die geforderte Betreuung zu gewährleisten.
•
Die jetzt zuständige deutsche Fachklinik hat „Paul“ mehrfach in Ungarn
besucht und begutachtet.
•
Ein Besuch des Vormunds ergab, dass „Paul“ sich in Ungarn wohl fühlt und
dass die Betreuung Erfolge zeigt.
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Nach dem „Monitor“-Bericht wird öffentlich die emotionale Forderung erhoben,
die laufende Maßnahme sofort zu beenden. Nach allen uns vorliegenden
Informationen, Einschätzungen und Gutachten halten wir dies derzeit für
falsch, werden diese Frage aber objektiv und unter Berücksichtigung der
medizinischen und jugendpflegerischen Beurteilung sowie des Kindeswohles
prüfen.
Nach derzeitiger Einschätzung der Betreuer und der behandelnden deutschen
Ärzte soll die Maßnahme in Ungarn noch mindestens ein halbes Jahr
fortgesetzt werden, da sie deutliche positive Entwicklungen zeigt.
In der ersten Maiwoche ist ein weiterer Besuch eines erfahrenen Mitarbeiters
des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) der Stadt Dorsten geplant. Wir
haben hierfür einen Mitarbeiter ausgewählt, der mit dem Fall „Paul“ bisher
nicht betraut war.
Bürgermeister Tobias Stockhoff, Jugenddezernent Lars Ehm und
Jugendamtsleiter Dietmar Gayk haben die Akten zu dem geschilderten Fall
zwischenzeitlich dem zuständigen Landesjugendamt in Münster zur
Verfügung gestellt.
Die Erfüllung der Schulpflicht
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Dass „Paul“ in Ungarn nicht gemäß der Schulpflicht unterrichtet wurde, wertet
das Monitor-Team als Beleg dafür, dass Auslandsmaßnahmen unzureichend
überprüft werden und schlecht ausgestattet sind.
Diese Einschätzung blendet aus, dass die Beschulung nur einer von vielen
Aspekten ist – aber nicht der wichtigste aus Sicht der Mediziner und der
Jugendhilfe. Bei Individualpädagogischen Maßnahmen steht beispielsweise
die Stabilisierung und Entwicklung der Persönlichkeit eines Kindes im
Vordergrund – als Voraussetzung dafür, dass Beschulung später überhaupt
wieder erfolgen kann. Der Gesetzgeber lässt ausdrücklich ein Aussetzen der
Schulpflicht zu.
- 11 Stellungnahme des Heimträgers St. Augustinus GmbH:
Richtigstellung zum Bericht der ARD in der Sendung „Monitor“ am 30.4.2015, 21:45
Uhr
Die Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung St. Josef hat keine Befugnis darüber zu
entscheiden, ob die ihr anvertrauten Jugendlichen an und erst recht nicht an welchen
Auslandsaufenthalten oder ähnlichen Maßnahmen teilnehmen.
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht liegt entweder bei den Eltern oder bei den zuständigen
Jugendämtern, Absprachen oder gar Verträge mit Firmen, die solche Maßnahmen
durchführen, gibt es nicht und hat es auch nicht gegeben. Zwei Jugendliche pro Jahr sind von
umliegenden Jugendämtern in solchen Maßnahmen in Ungarn während des Zeitraums 2005 –
2008 untergebracht worden. Hierunter waren keine Jugendliche, die vom Jugendamt
Gelsenkirchen betreut wurden.
Ein Zusammenhang zwischen solchen Auslandsaufenthalten und der Belegung in der Kinderund Jugendhilfeeinrichtung St. Josef existiert nicht und hat nicht existiert, ebenso wie eine
Vereinbarung mit dem Jugendamt Gelsenkirchen oder auch dessen Vertretern, die in eine
solche Richtung abzielt, nicht existiert und nicht existiert hat. Die Belegungszahlen sind dem
Jugendamt Gelsenkirchen wie auch dem Landesjugendamt bekannt, darüber hinaus werden
die Belegungszahlen im jährlichen Geschäftsbericht veröffentlicht. Steigenden
Belegungszahlen, die stets und ausschließlich durch anders nicht zu lösende
Unterbringungsbedürfnisse der jeweiligen Jugendämter zu Stande kamen, ist immer durch
Beantragung zusätzlicher Plätze seitens des Trägers der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung
St. Josef Rechnung getragen worden.
Stellungnahme von Herrn Alfons Wissmann:
Presseerklärung zur Monitor Berichterstattung vom30.04.2015
„ Mit Kindern Kasse machen“
Am 30.04.2015 strahlte das Magazin „ Monitor“ einen Beitrag zum Thema „Mit Kindern Kasse
machen“ aus.
Der in diesem Zusammenhang gegen mich gerichtete Vorwurf des „ Kassemachen“ trifft mich tief
und entspricht nicht der Realität. Auch die von Informanten des Magazins Monitor unterstellte
Unrechtsabrede auf die Belegung des Kinderheimes „ St. Josef“ ist unwahr. Eine solche
Verabredung hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben.
Zum Hintergrund:
Im Jahr 2004 entwickelten Herr Frings und ich die Idee ein intensivpädagogisches Konzept zu
entwickeln mit hoher pädagogischer Dichte. Dieses sollte im Ausland sein, um jungen Menschen in
einem neuen Setting einen Neustart zu ermöglichen. Hierzu erwarben wir eine Immobilie mit zwei
Häusern, richteten sie ein, beschafften einen PKW und schafften die datentechnische Ausstattung(
Laptop, Handy und Computer)an. Es wurde ein deutschsprechender Geschäftsführer eingestellt,
der die weitere Entwicklung übernahm.
Die von uns vermietete Immobilie war und ist keine „ Schrottimmobilie“ wie sie am Anfang des
Beitrages gezeigt wurde, sondern liegt in einer gepflegten Wohngegend von Pecs
Bei Neustart arbeitete nur fachlich qualifiziertes Personal mit Hochschulabschluss. Die Pädagogen
waren alle deutschsprachig. Dieses gilt auch für den ehemaligen Mitarbeiter, der interviewt wurde
(nach meinen Informationen Dipl. Sozialpädagoge und Dipl. Päd der Geschichte).
- 12 Es waren bei einer Belegung von durchschnittlich zwei jungen Menschen immer vier Fachkräfte
beschäftigt sowie ein Handwerker.
Dieses zu vergleichen mit „ Nebenbeipädagogik“ halte ich nicht für seriös.
Eine Abrede oder Vereinbarung, dass ich für eine gute Auslastung des Kinderheimes sorge und das
Kinderheim im Gegenzug Kinder nach Ungarn schickt hat es nicht gegeben. Die Behauptung ist
unwahr und verkennt die tatsächliche Verwaltungspraxis.
Kindern und Jugendlichen soll möglichst das Elternhaus erhalten bleiben. Deshalb gibt es in nahezu
allen Jugendämtern das Gebot der heimatnahen Unterbringung. Dieses gilt auch für Gelsenkirchen.
Da, wo möglich bleiben die jungen Menschen in Gelsenkirchen. Die Auswahl
Der jeweiligen Einrichtung wird nicht von mir vorgenommen sondern von den einzelnen
Sozialarbeitern. Das Kinderheim St. Josef hat einen guten Ruf bei den Mitarbeitern des hiesigen
Jugendamtes. Es ist breit aufgestellt und hat ein hohes fachliches Niveau. Die Mitarbeiter klären
bereits vor der Verwaltungsentscheidung, wo ein Kind oder Jugendlicher aufgenommen werden
kann. Dieses operative Geschäft zählt nicht zu meinen Aufgaben.
Darüber hinaus belegen viele Jugendämter das Kinderheim St. Josef. Welche Belegungsanteile das
Jugendamt Gelsenkirchen in den Jahren 2005 bis 2008 hatte ist mir nicht bekannt. Die Kontrolle
der örtlichen Kinderheime zählt nicht zu den Aufgaben der örtlichen Jugendämtern.
Die Entscheidung, ob eine Auslandsmaßnahme erfolgt, trifft das jeweilige Jugendamt nach
fachlichen Notwendigkeiten.
Ich habe nie Einfluss auf solche Entscheidungen genommen und es war nie ein Jugendlicher aus
Gelsenkirchen oder für den das Jugendamt Gelsenkirchen eine irgendwie geartete Verantwortung
trägt in der Einrichtung von Neustart.
Ich habe am 24.11.2004 einen Antrag auf Genehmigung der Nebentätigkeit als Geschäftsführer der
Neustart gestellt und am 15.12.2004 auch genehmigt bekommen. Nach einem Gespräch mit
meinem Vorgesetzten, habe ich die Nebentätigkeitsgenehmigung am 7.3.2005 zurückgegeben aber
auch mitgeteilt, dass Herr Frings und ich weiterhin Vermieter bleiben.
Ich war also weiterhin Vermieter.
Meinen Gesellschafteranteil habe ich auf meine Frau übertragen, die auch deutsche
Geschäftsführerin war. Die Aufgabe erstreckte sich jedoch auf die Kontrolle der ungarischen
Geschäftsführung und Jahresbudgetplan.
Die Neustart Kft war über die Zeit ihrer Bestehens letztlich nicht kostendeckend. Im Jahr 2008,
dieses habe ich jetzt ermittelt, war bis zum August des Jahres nur noch ein Jugendlicher dort.
Insgesamt waren acht Jugendliche dort mit unterschiedlicher Dauer. Die durchschnittliche
Belegungsdauer lag bei ca. 7 bis 8 Monaten.
In Folge des drohenden Konkurses wurden ab Mai 2008 die Mietzahlungen komplett gestoppt. Im
März 2009 wurde die Neustart für einen symbolischen Preis von 10 Forint( weniger als 0,40 €)
verkauft. Die Immobilie wird seit 2009 erfolglos trotz eines Preises deutlich unter dem
Einstandspreis zum Kauf angeboten.
Meine auf die Dauer der Belegung umgerechneten monatsdurchschnittlichen Mieteinnahmen nach
Abzug der ungarischen Steuer lagen bei 814€ im Monat für zwei möblierte Häuser, die Gestellung
eines PKWs sowie der datentechnischen Ausstattung. Die Mieten wurden von mir in meiner
Steuererklärung angegeben.
Es sind nie Gewinne, Aufwandsentschädigungen oder Ähnliches an mich oder meine Frau geflossen.
Meine Frau erhielt kein Geschäftsführergehalt.
Es ging uns bei Neustart darum, eine hochqualifiziertes, hauptamtliche geführte
Intensivpädagogische Maßnahme anzubieten. Dass das nun als Kassemachen interpretiert wird
schockt mich. Ich habe damit kein Geld gemacht, sondern werde eher in die Verlustzone rutschen,
weil die Immobilie nur zu einem deutlich reduziertem Kaufpreis veräußert werden kann bzw.
scheint sie fast unverkäuflich zu sein.