PDF-Dokument - Landesrat Michael Strugl

INFORMATION
zum Mediengespräch mit
Dr. Michael Strugl
Wirtschafts- und Sport-Landesrat
Prof.em. Dr.phil. Dr.med. Dr. hc Jürgen Weineck
Professor der Sportwissenschaft, Dozent, Buchautor
DDr. Paul Eiselsberg
IMAS International, Institut für Markt- und Sozialanalysen
Günther Weidlinger, B.Sc.
Olympiateilnehmer und Rekordhalter im Langstreckenlauf
am 6. Mai 2015 zum Thema
Sport-Enquete „Bewegungsoffensive OÖ“
mit Präsentation aktueller Umfrageergebnisse zu Bewegung und Sport
in OÖ
Weiterer Gesprächsteilnehmer:
Mag. Gerhard Rumetshofer, Landessportdirektor
www.sportland-ooe.at / www.strugl.at / www.weineck-sport.de
Rückfragen-Kontakt:
Michael Herb MSc, Presse LR Strugl, (+43 732) 77 20-151 03, (+43 664) 600 72-151 03
Mag. Gerhard Rumetshofer, Landessportdirektion, (+43 732) 77 20-761 00, (+43 664) 600 72-761 00
STRUGL / WEINECK / EISELSBERG / WEIDLINGER
Offensive für Sport und Bewegung
im Sportland Oberösterreich
Wie ermöglichen wir unseren Kindern Sport und Bewegung? Wie motivieren wir
sie? Wie gelingt es, den natürlichen Bewegungsdrang der Kinder am Leben zu
erhalten? Wie schaffen wir es, dass die Schülerinnen und Schüler nicht sitzen
bleiben, sondern motiviert werden, sich zu bewegen? Was müssen wir tun, um sie
von Smartphone und Tablet wegzuholen und wieder zu mehr Sport hinzuführen?
Was braucht es für Angebote und Anreize, dass auch die Erwachsenen aktiv
bleiben und so Vorbild für unsere Kinder sind? Und welche Rolle spielen dabei die
Vereine und Verbände? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Verantwortlichen
im Sportland Oberösterreich intensiv. Ganz besonders unter anderem im
laufenden Prozess zur neuen „Sportstrategie Oberösterreich 2025“.
Um für diese Thematik ein breites Bewusstsein zu schaffen, lädt das Sportland
Oberösterreich am Mittwoch, 6. Mai 2015, um 18.00 Uhr zur Sport-Enquete
„Bewegungsoffensive Oberösterreich“ in den Power Tower der Energie AG in Linz
ein. Nach einem Impulsstatement von Wirtschafts- und Sport-Landesrat Dr.
Michael Strugl wird DDr. Paul Eiselsberg vom IMAS-Institut aktuelle
Umfrageergebnisse zu „Sport und Bewegung in Oberösterreich“ präsentieren.
Zwei Fachreferate von Prof.em. Dr.phil. Dr.med. Dr.hc Jürgen Weineck (Professor
der Sportwissenschaft, Dozent und Buchautor) und Mag. Dr. Werner Schwarz
(ehemals Top-Sportler, Sportwissenschafter, Kraft- und Ausdauer-Experte,
Buchautor) zeigen aus sportwissenschaftlicher und praktischer Sicht die enorme
Bedeutung von Sport und Bewegung für die Menschen auf.
Im Anschluss werden am Podium diskutieren: Wirtschaft- und Sport-Landesrat
Dr. Michael Strugl, Günther Weidlinger, B.Sc. (Olympiateilnehmer und
Rekordhalter im Langstreckenlauf), Dr. Sabrina Filzmoser (Judo) und Hannes
Trinkl (Abfahrtsweltmeister).
Pressekonferenz am 6. Mai 2015
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STRUGL / WEINECK / EISELSBERG / WEIDLINGER
Kinder und Jugendliche bewegen sich zu wenig:
Sportland OÖ nimmt Match gegen Computer, Fernseher & Co auf
Immer mehr Zeit wird für den Computer, Fernseher und das Handy aufgewendet,
immer weniger für Bewegung. Laut Bundessportorganisation (BSO) betreiben nur
noch 28 % der Kinder und Jugendlichen in Österreich Sport – und zwar 25 % der
Mädchen und 33 % der Burschen. 28 % der Buben und 25 % der Mädchen
zwischen 6 und 18 Jahren sind übergewichtig oder fettleibig. 40 % der Kinder mit
Symptomen der Fettleibigkeit im Alter von 7 Jahren weisen diese auch als
Erwachsene auf. Mangelnde Bewegung ist die Ursache für viele chronische
Krankheitsbilder. „Diese Zahlen sind alarmierend. Wir werden unsere Bemühungen
intensivieren, um dieser Entwicklung gegenzusteuern. Wir müssen den Menschen
klar machen: Bewegung steigert nicht nur die körperliche, sondern auch die
geistige Fitness und ist ein wesentlicher Baustein für ein gesundes Leben“, sagt
Wirtschafts- und Sport-Landesrat Dr. Michael Strugl.
Auch die aktuellen IMAS-Umfrageergebnisse zeigen ein klares Bild: Die junge
Generation bewegt sich zu wenig, obwohl das Sportangebot in Oberösterreich als
ausreichend empfunden wird. „Bei der Freizeitgestaltung liegen moderne
Technologien ganz klar in Führung und sind somit der größte Konkurrent für den
Sport. Das Sportland OÖ nimmt dieses Match gegen Computer, Fernseher & Co
auf: Wir wollen unsere Kinder und Jugendlichen bewegen und für Sport begeistern.
Ganz wichtig dabei sind die Eltern als Vorbild und viele Bewegungsangebote in den
Kindergärten und Schulen“, unterstreicht LR Strugl.
Nationalrat erklärt Bewegung erstmals als Bildungsziel:
Tägliche Bewegungseinheit in Ganztagesschule kommt
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Ein erster kleiner Schritt wurde heuer bereits gesetzt: Mit Nationalratsbeschluss
vom 25.02.2015 wurde Bewegung erstmals als Bildungsziel erklärt und wird eine
tägliche Bewegungseinheit in Ganztagsschulen Realität. Bereits ab Herbst 2015
sind in allen ganztägigen Schulformen (in Oberösterreich 281 (= 32 %) von 876
Pflichtschulen) fünf Bewegungseinheiten pro Woche vorgesehen und auch
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"gesundheitsbewusst" und "sportlich aktive Lebensweise" werden als Aufgaben in
den österreichischen Schulen verankert.
Die tägliche Turnstunde oder eine tägliche Bewegungseinheit in allen
Kindergärten und Pflichtschulen in Österreich – ein Plan A, der noch (zu) lange auf
sich warten lässt, und wenn überhaupt erst in einigen Jahren Realität wird, wie
Wirtschafts- und Sport-Landesrat Strugl befürchtet: „Kinder wollen sich bewegen,
wir müssen Bewegung daher ermöglichen, forcieren, fördern. Wenn Plan A also
(noch) nicht geht, dann wollen wir Plan B starten und selbst aktiv werden, mit
einer Bewegungsoffensive, die bestehende Projekte besser koordiniert und neue
Maßnahmen und bessere Rahmenbedingungen für mehr Bewegung mit sich
bringt.“ Derzeit wird mit Hochdruck an der Verknüpfung der Maßnahmen und
neuen Projekten gearbeitet. Noch vor dem Sommer soll ein starkes
Bewegungspaket des Landes OÖ präsentiert werden.
Präsentation der Umfrageergebnisse:
So denkt Oberösterreich über Sport und Bewegung
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Im Auftrag des Sportlandes Oberösterreich hat das IMAS-Institut eine aktuelle
Umfrage unter der oö. Bevölkerung durchgeführt. Der Befragungszeitraum war
von 16. bis 21. April 2015.
GESUNDHEIT UND SPORT IM PERSÖNLICHEN UMFELD
Gesundheitsförderung: Eine Kombination aus Sport und gesunder Ernährung
Die Oberösterreicher/innen setzen vor allem auf zwei Dinge, um ihre Gesundheit
zu fördern: Eine gesunde bzw. ausgewogene Ernährung einerseits und Sport und
Bewegung andererseits. Insgesamt nennt die Bevölkerung eine Vielzahl an
sportlichen Maßnahmen, am häufigsten wird Rad gefahren, gejoggt, spazieren
gegangen oder gewandert. Vereinzelt suchen die Befragten auch medizinischen
Rat bzw. therapeutische Hilfe oder versuchen, ihre Gesundheit durch Erholung
und Stressabbau zu erhalten. Sportliche Betätigung wird von der Bevölkerung
jedoch mit Abstand am häufigsten eingesetzt, um die eigene Gesundheit zu
stärken (Seite 2).
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Mitgliedschaft in einem Sportverein als Gemeinsamkeit von Eltern und Kindern
Rund drei von zehn Oberösterreicher/innen (31 %) sind selbst Mitglied in einem
Sportverein, insbesondere Männer und Jüngere. Bei Eltern zeigt sich jedoch:
Vorrangig sind entweder sowohl die Kinder als auch die Eltern selbst in einem
Sportverein oder keiner von beiden, selten stellt sich dies als singuläres Hobby
von einem dieser beiden Teile dar (Seite 3).
SPORT IN DER GESELLSCHAFT
Bewegung und Sport als Mittel zur Kostenreduktion
Sport gilt unter den Oberösterreicher/innen nicht nur als Mittel zur Förderung der
eigenen Gesundheit, es werden diesem auch finanzielle Vorteile zugeschrieben:
Zwei Fünftel der Befragten (42 %) sind voll und ganz der Meinung, dass Sport und
Bewegung zu deutlichen Einsparungen im Gesundheitssystem führen, weitere 41
Prozent der Oberösterreicher/innen unterstützen diese Aussage einigermaßen
(Seite 4).
Gedanklich wird Sport mit Bewegung, Disziplin und Gesundheit assoziiert
Sport wird in erster Linie direkt mit Bewegung in Verbindung gebracht (82 %). Auf
einer weiteren Ebene wird auch ein starker Zusammenhang mit Disziplin (69 %
voll und ganz), Gesundheit (64 %), aber auch Hobby (59 %) vermutet. Weniger
stark assoziieren die Oberösterreicher damit Begrifflichkeiten wie Leistung oder
Integration.
Interessantes Detail: Knapp jeder zweite Befragte (47 %) schlägt eine
gedankliche Brücke zwischen Sport und Jugend. Jedoch sind dies insbesondere
Personen über 60 Jahren, während jüngere Befragte sich selbst vergleichsweise
seltener mit Sport in Verbindung sehen (Seite 5).
Die Oberösterreicher/innen sind sich mehrheitlich einig (55 %): Sport hat in
unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert. Nur ein knappes Drittel der
Bevölkerung (32 %) vertritt eine gegenteilige Ansicht (Seite 6).
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Sport: Mittel zur Gemeinschaftsförderung und zum Stressabbau
Die Befragten stimmen den folgenden drei Aussagen zu Sport und Bewegung
beinahe uneingeschränkt zu: Erstens, dass durch Mannschaftssport Jugendlichen
viel über Gemeinschaft und Disziplin näher gebracht werden kann. Zweitens,
dass Sport als Ausgleich zum beruflichen und alltäglichen Stress dient und
drittens, dass die Bedeutung von Bewegung bereits Kindern näher gebracht
werden sollte. Ebenso wie der allgemeine Stellenwert in der Gesellschaft wird
auch der Stellenwert von Sport in den Kindergärten und Volksschulen kaum
angezweifelt (Seite 7).
SPORT BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN
Zu viel Zeit vor Computer und TV: Junge Generation bewegt sich zu wenig
Die Bedeutung von Bewegung und Sport für Kinder und Jugendliche ist in der OÖ
Bevölkerung unumstritten: Mehr als vier von fünf Oberösterreicher/innen (86 %)
stimmen der Aussage, dass bereits in jungen Jahren Sport betrieben werden
sollte, voll und ganz und weitere 14 Prozent einigermaßen zu.
In den Augen der Oberösterreicher/innen betreibt die junge Generation aber zu
wenig Sport: Nur 15 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sich Kinder
und Jugendliche heutzutage ausreichend bewegen, im Gegensatz dazu haben 79%
der Bevölkerung den Eindruck, dass es den Jungen an körperlicher Betätigung
fehlt.
Als Ursache für diesen Mangel an Sport und Bewegung werden vor allem
Technologien wie Computerspiele oder Fernsehen, aber auch eine schlechte
Vorbildfunktion der Eltern angesehen (Seiten 8 und 9).
Sportangebot für Jugend gilt als ausreichend
Die mangelnde Bewegung der Kinder und Jugendlichen wird hingegen kaum auf
ein zu geringes Angebot an sportlichen Möglichkeiten zurückgeführt: Vier von
fünf Oberösterreicher/innen vertreten den Standpunkt, dass es bereits
ausreichend Angebote für Kinder und Jugendliche gibt, um körperlich fit zu
bleiben (Seite 10).
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Vorbildwirkung der Eltern und schulische Förderung sind Sportmotor
Als Drehschraube, um die sportliche Aktivität von Kindern und Jugendlichen zu
fördern, gilt vor allem das eigene Elternhaus (80 % voll und ganz), welches mit
gutem Beispiel voran gehen sollte. Auf einer weiteren Ebene wird bereits der
schulischen Förderung eine hohe Wirksamkeit zugeschrieben, dies gilt sowohl für
die tägliche Turnstunde (68 %) als auch für mehr Schulsport generell (67 %). Rund
jeder zweite Oberösterreicher erachtet zudem kostenlose Angebote (52 %) sowie
eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung (49 %) als sehr
geeignete Maßnahmen, um Kinder und Jugendliche zu mehr Sport zu bewegen.
Entsprechend dem Eindruck, dass grundsätzlich ein ausreichendes Angebot
besteht, werden mehr Bewegungsplätze und Sportstätten sowie zusätzliche
Vereinsangebote vergleichsweise selten als fördernde Aspekte angesehen.
Personen, die selbst Kinder haben, setzten dabei überdurchschnittlich stark auf
die Vorbildfunktion der Eltern (Seite 11).
Hohe Bedeutung der täglichen Turnstunde
Zwei von drei Oberösterreicher/innen (65 %) erachten die Einführung der
täglichen Turnstunde in den OÖ Schulen als sehr wichtig, ein weiteres Viertel der
Befragten (23 %) misst dieser eine einigermaßen hohe Bedeutung bei. Nur eine
Minderheit von 10 Prozent der Bevölkerung zweifelt die Wichtigkeit der täglichen
Turnstunde an (Seite 12).
Dabei zeigt sich auch bei den spontanen Assoziationen ein überwiegend positiver
Eindruck, die Turnstunde gilt als Erweiterung der bestehenden Möglichkeiten und
sollte laut den Befragten vor allem Abwechslung bringen und sportliche
Aktivitäten wie Ballspiele und Ballsportarten umfassen (Seite 13).
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Die Bedeutung von körperlich-sportlicher Aktivität in der vorschulischen
Kinderbetreuung, Schule und Nachmittagsbetreuung
Kurzfassung Vortrag Prof. Jürgen Weineck
Die heutzutage feststellbare kontinuierliche Abnahme der körperlichen Aktivität von der
frühen Kindheit bis ins Jugend- und Erwachsenenalter und die parallel dazu beständig
ansteigende Zeit der sitzenden Tätigkeiten und des Medienkonsums bleiben nicht ohne
tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit und Fitness unserer Kinder, Jugendlichen und
Erwachsenen. Demnach muss es die Aufgabe aller an der Kinderbetreuung bzw. -erziehung
beteiligten Personen und Institutionen sein, dieser altersbezogenen Abnahme der körperlichen
Aktivität Einhalt zu gebieten.
Bewegungsförderung so früh wie möglich beginnen
Da sich Verhaltensweisen für einen gesunden Lebensstil bereits in einem frühen Alter
ausprägen, sollten Maßnahmen zur Förderung von Bewegung frühzeitig beginnen. Körperlich
aktive Kinder und Jugendliche bleiben auch im Erwachsenenalter überwiegend körperlich
aktiv. Über 75 % der Kinder mit aktivem Lebensstil sind auch im Erwachsenenalter körperlich
aktiv und leben gesünder.
Kinder brauchen vielseitige, altersadäquate Bewegungsangebote, um alle Organsysteme
optimal zu entwickeln. Es besteht ein positiver Zusammenhang von körperlicher Aktivität und
Gesundheitszustand von 3- bis 8-jährigen Kindern. Körperlich aktivere und damit fittere Kinder
sind weniger krank und weisen eine höhere Lebensqualität auf als inaktive Kinder.
Außerdem kann durch eine systematische Bewegungsschulung das Auftreten von Übergewicht
und Adipositas im Kindes- und Jugendalter verhindert werden. In den letzten drei Jahrzehnten
stieg die Anzahl übergewichtiger Kinder um mehr als das Doppelte an. Aufgrund der mit
Übergewicht und Adipositas einhergehenden späteren Folgekrankheiten, ist eine frühzeitige
Prävention unabdingbar. Derzeit sind in Deutschland etwa 15 % der Kinder und Jugendlichen
übergewichtig (etwa 9 %) und adipös (etwa 6 %). Aus diesem Grund sollten bereits im
Elternhaus, in den Kindergärten und den Schulen entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung
von Übergewicht ergriffen werden.
Chronischer Bewegungsmangel erhöht Risiko für chronische Krankheiten
Chronischer Bewegungsmangel (Sitzzwang in der Schule, Fernsehen und Computerspiele)
erhöht bei Kindern und Jugendlichen das Risiko von Übergewicht und Fettleibigkeit
(Adipositas) sowie die Entwicklung chronischer Krankheiten, wie z.B. Herz-Kreislauf- und
Stoffwechselerkrankungen (erhöhte Blutfettwerte, Zuckerkrankheit, Gicht).
In der vorschulischen Kinderbetreuung, in der Schule und bei der Nachmittagsbetreuung sollte
demnach darauf geachtet werden, dass die Kinder genügend ‚aktive Pausen’ zugesprochen
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bekommen, damit sie ihren naturgewollten Bewegungsdrang ausleben können. Es ist genau
dieser angeborene Bewegungsdrang der Kinder, der im Allgemeinen sicherstellt, dass alle
Organsysteme des Kindes optimal entwickelt werden. Dazu bedarf es einer systematischen,
vielseitigen und zielgerichteten Schulung durch die Eltern, KindergartenpädagogInnen, sowie
durch alle Lehrpersonen und Kinderbetreuer/innen.
Die notwendige Vielseitigkeit und Unterschiedlichkeit der Bewegungsreize hat ihren Sinn darin,
dass die verschiedenen Organsysteme für ihre Entwicklung und Verbesserung die jeweils
notwendigen spezifischen Übungs- bzw. Trainingsreize erhalten:
Auf Ausdauer hin ausgerichtete Aktivitäten, z.B. Ballspiele aller Art, entwickeln und
verbessern vor allem das Herz-Kreislauf-, Gefäß- und Stoffwechsel-System.
Kraft-orientierte Aktivitäten kräftigen die Muskulatur, stärken die Knochen, Sehnen
und Bänder.
Mangelnde Bewegung bzw. das Ausbleiben typischer kindlicher Aktivitäten wie
Herumtollen, das Spielen mit unterschiedlichen Bällen, Springen, Rennen, ‚Fangen’
spielen etc. wirken sich nachhaltig negativ auf den Aufbau und die Infrastruktur der
Knochen aus und führen im Einzelfall bereits im Kindesalter zu Osteoporose bedingten
Knochenbrüchen.
Die Schnelligkeit betonende Trainingsreize verbessern die Wahrnehmungs-,
Antizipations-, Entscheidungs- und Reaktionsschnelligkeit und steigern dadurch die
Verkehrssicherheit und sind für die Unfall- und Verletzungsprophylaxe von Bedeutung.
Beweglichkeitsübungen erhöhen die allgemeine Gewandtheit und schützen den
Bewegungsapparat vor Verletzungen.
Koordinationsübungen optimieren die allgemeine Gewandtheit und Geschicklichkeit,
ermöglichen das Erlernen von freizeit- und gesundheitsrelevanten Sportarten und
sorgen auf diese Weise für eine Erweiterung des Spektrums möglicher Sportarten.
Außerdem verbessern koordinativ geschulte Kinder nicht nur ihre Möglichkeiten der
Freizeitgestaltung, sondern steigern auch ihre intellektuelle Fähigkeit.
Die
systematische
Steigerung
der
körperlichen
Aktivität
durch
Eltern,
KindergartenpädagogInnen und das Lehrpersonal ist vor allem deshalb wichtig, da z.B. in
Deutschland nur insgesamt 15,3 % der Kinder und Jugendlichen das von der WHO geforderte
60-Minuten-Mindestmaß täglicher körperlich-sportlicher Aktivität im Alter von 4 bis 17 Jahren
erreichen, was bedeutet, dass fast 85 % unter der geforderten Mindestzeit zurückbleiben.
Die aktuellen Bewegungsrichtlinien der European Youth Heart Study weisen darauf hin, dass
die von der WHO geforderten Bewegungszeiten für das Kindesalter zu gering sind, um einen
optimalen Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erzielen.
Kinder brauchen 90 bis 120 Minuten Bewegung täglich
Nötig wären demnach täglich etwa 90 Minuten moderate bis intensive körperlich-sportliche
Aktivitäten; bei 9-jährigen Kindern zeigte sich der beste Schutz sogar erst bei fast 2 Stunden
täglich. Gleichzeitig sollten Inaktivitätszeiten bzw. Fernseh- und Computerzeiten auf weniger
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als zwei Stunden pro Tag begrenzt werden. Je größer der Medienkonsum, desto schlechter die
Gesundheit. Körperlich aktivere Kinder weisen einen verringerten Medienkonsum auf.
Kinder, die keine frühzeitige Bewegungsschulung bzw. keine ausreichende sportmotorische
Entwicklung erfahren und sich auf einem unzureichenden Fertigkeitsniveau befinden, haben
später vermehrt Schwierigkeiten beim Erlernen von neuen Bewegungen und Alltagsaktivitäten.
Die Wahrscheinlichkeit, im späteren Leben sportlich bzw. körperlich aktiv zu sein und damit
eine gesundheitsförderliche Fitness zu erreichen, ist bei ihnen gering. Nachdem sie im
Vergleich zu anderen, geschickteren Kindern ihrer Altersstufe ihre sichtbare Inkompetenz
erleben, meiden sie körperliche/sportliche Aktivitäten, um sich nicht bloßzustellen oder wegen
ihrer Ungeschicklichkeit gehänselt zu werden.
Körperliche Fitness stellt für Kinder nicht nur einen wichtigen gesundheitlichen Faktor dar,
sondern wirkt sich auch positiv auf psychosoziale Faktoren wie z.B. Selbstvertrauen und
Selbsteinschätzung, sowie auf kognitive Faktoren, wie beispielsweise verbesserte schulische
Leistungen aus.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass nur eine optimale Kooperation aller an der
Erziehung und Schulung der Kinder beteiligten Personen und Institutionen es ermöglicht,
durch frühzeitig initiierte, gezielte, altersadäquate und freudvolle Bewegungsprogramme
einen effektiven Beitrag zur optimalen psychophysischen, psychosozialen, kognitiven und
gesundheitlichen Entwicklung der Kinder zu leisten.
Prof.em. Dr.phil. Dr.med. Dr. hc Jürgen Weineck
Sportlehrer, Sportwissenschaftler, Mediziner, Autor und Dozent an europaweiten Hochschulen
Forschung im Bereich: Gesundheitsprävention, Ausdauer, Koordination, Kraft und Schnelligkeit im
Kindesalter, Osteoporose-Prävention, Leistungsdiagnostik von Spitzensportlern
Publikationen u.a.:
• neuestes Buch: „Die Fitness meines Kindes“ (noch in Arbeit)
• Optimales Training
• Sportbiologie
• Sportanatomie
• Aktiv leben - Bewegung ist die beste Medizin
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