35 www.bergrettung-tirol.com P. b.b. 06Z037051M 6410 Telfs März 2015 Mitgliedermagazin der Bergrettung Tirol Jamtal Die Sanierungsmaßnahmen im Ausbildungszentrum wurden fortgesetzt und für die Ausbildung wurde eine neue Infrastruktur aufgebaut. Jahresbilanz Die Landesversammlung der Bergrettung Tirol findet am 18. April in Leutasch statt. Editorial Inhalt Liebe Bergretterinnen und Bergretter! Die diesjährige Landesversammlung der Bergrettung Tirol findet am 18. April statt. Auf dem Programm stehen heuer wieder Neuwahlen, wobei es einen Wechsel an der Spitze geben wird, da Kurt Nairz sich nicht mehr der Wahl stellen wird. Auf diesem Wege möchte er sich von allen Kameradinnen und Kameraden verabschieden: „Nach sechs Jahren als Landesleiter endet am 18. April 2015 meine Arbeit für die Bergrettung Tirol. Es war eine schöne Zeit mit euch, gemeinsam konnte viel erreicht werden und der Einsatz hat sich gelohnt. Es mag sein, dass nicht für jeden alles zur Zufriedenheit gemacht wurde, aber wir haben es versucht. Die Bergrettung war und ist mir eine Herzensangelegenheit. Deshalb hoffe ich, dass in diesem Sinne weitergearbeitet werden kann. Natürlich muss sich die Bergrettung weiterentwickeln und es wird immer wieder Neuerungen geben, dies soll aber mit Bedacht und im kameradschaftlichen Sinn geschehen. Unser Grundsatz muss es immer sein, für Menschen, die unsere Hilfe brauchen, da zu sein. Man kann sich noch so große Ziele setzen und Veränderungen vornehmen, es braucht immer auch die Bereitschaft der Kameradinnen und Kameraden. Führungskraft zu sein, ist wiederum eine verantwortungsvolle Aufgabe. Gleichzeitig braucht es viel Einfühlungsvermögen, um eine Gruppe von verschiedenen Charakteren zusammenzuhalten und zu führen. Als Landesleiter machte ich die leidvolle Erfahrung, dass vieles, was gemacht wurde, von so manchen als negativ gesehen und interpretiert wird. Ich wollte sicher nur das Beste für unsere Bergrettung Tirol. Wenn sich nun neue Gruppen bilden und die Bergrettung Tirol neu erfinden und neue Führungsstrukturen einführen wollen, möchte ich hiermit um Besonnenheit bitten. Bei allen Ortsstellenverantwortlichen, die in den vergangenen Jahren mit uns die Bergrettung Tirol geführt und gestaltet haben, möchte ich mich herzlich bedanken und ihnen für die weitere Arbeit alles Gute wünschen. Am 18. April liegt es auch in eurer Hand, wie unsere Bergrettung Tirol weitergeführt werden kann.“ Kurt Nairz Peter Veider Landesleiter Bergrettung Tirol Geschäftsführer Bergrettung Tirol Offenlegung gem. § 25 MedG Der BERGretter ist das Mitgliedermagazin der Bergrettung Tirol, Kärnten und Steiermark und wird von der jeweiligen Landesleitung herausgegeben. Medieninhaber der Tirol-Ausgabe ist die Landesleitung der Bergrettung Tirol, Florianistraße 2, 6410 Telfs, Tel. 05262/64140, E-Mail: [email protected]. Grundlegende Richtung: Information über Vereinsaktivitäten, -ziele und -arbeit sowie der Kooperationspartner. 2 Tirol 6 Landesleitung Klaus Pietersteiner unterstützt seit Anfang Februar das Team rund um Peter Veider und Kurt Nairz. 8 Landesversammlung Die Landesversammlung der Bergrettung Tirol findet am Samstag, 18. April, in Leutasch statt. 9 Technik Eine Studie zeigt Vor- und Nachteile von dynamischen und statischen Seilen auf. 12 Porträt Martin Gurdet unterstützt seit Jahresbeginn das Präsidium des Österreichischen Bergrettungsdienstes in Wien. 14 Ein Helm für alle Fälle Wer am Berg unterwegs ist, braucht die optimale Ausrüstung. Dabei ist auch Vielseitigkeit gefragt. 17 Seiltechnik Wissenswertes für Alpinisten vom Anfänger bis zum Profi. 18 Probelauf für neue Gebirgstrage Mit dem Frühjahr beginnt die Testphase für die Trage, die mit Jahresende für den regulären Einsatz in der Bergrettung zur Verfügung stehen soll. 19 Jamtal Die Sanierungsmaßnahmen im Ausbildungszentrum wurden fortgesetzt und für die Ausbildung wurde eine neue Infrastruktur aufgebaut. 20 Reise Fans des Heli-Skiing kommen nun auch in Georgien auf ihre Kosten. In Gudauri-Kazbegi wird dabei, was die Sicherheits aspekte betrifft, das Know-how steirischer Bergretter genutzt. Foto Titelseite: Rege genutzt wird der neue, 17 Meter hohe Eiskletterturm im Jamtal. Foto: Peter Veider Impressum BERGretter – Mitgliedermagazin der Bergrettung Tirol, März 2015 Herausgeber und Medieninhaber: Bergrettung Tirol, Florianistraße 2, 6410 Telfs, Tel. 05262/64140, E-Mail: [email protected] Produktion: Mag. Christa Hofer Medienraum e.U. Redaktion: Christa Hofer, Peter Veider; Rene Guhl, Anne Sickor, Andreas Staudacher, Christina Vogt, Anna Maria Walli Foto Titelseite: Peter Veider Fotos Seite 2: Bergrettung Tirol, Christoph Bierbaumer Lektorat: Elke Meisinger-Schier Grafik: Frisch Grafik, Rebecca Anund/Nordlicht Media, 4173 St. Veit im Mühlkreis Druck: Athesia Druck GmbH, Exlgasse 20, 6020 Innsbruck Anschrift für alle: Bergrettung Tirol, Florianistraße 2, 6410 Telfs, Tel. 05262/64140. LANDESLEITUNG Immer am Puls der Zeit Bergretterinnen und Bergretter setzen sich – oft unter gefährlichsten Bedingungen – für Menschen in Bergnot ein. Damit alles läuft, braucht es aber auch Einsatz hinter den Kulissen. Text: Christa Hofer | Fotos: Peter Veider Tirol 3 LANDESLEITUNG Mit dem Ausbildungszentrum im Jamtal steht der Bergrettung Tirol ein einzigartiger Stützpunkt zur Verfügung. Die Bergrettung Tirol ist eine moderne alpine Rettungsgruppe, deren Know-how auch international gefragt ist. Rettungstechniken, die in Tirol entwickelt wurden, werden in zahlreichen anderen Ländern – von Kanada bis Polen – genutzt. Darüber hinaus reisen Vertreter von Bergrettungsorganisationen aus dem Ausland immer wieder nach Tirol, um im Jamtal Trainingseinheiten zu absolvieren. Aber auch im eigenen Land werden die Leistungen der Bergrettung Tirol geschätzt. Dies ist dem Engagement der Bergretterinnen und Bergretter vor Ort zu verdanken, die oft unter widrigsten Bedingungen Menschen in Bergnot helfen. Damit die Bergrettung mit ihren allein in Tirol rund 4400 Mitgliedern funktionieren kann, bedarf es aber auch einiger Hintergrundarbeit, die vom Team in der Geschäftsstelle rund um Landesleiter Kurt Nairz und Geschäftsführer Peter Veider geleistet wird. Das beginnt mit der Arbeit in der Geschäftsstelle bis hin zu Repräsentationsaufgaben, wie sie etwa Kurt Nairz als Landesleiter zu erfüllen hat. „Man muss immer präsent sein. Nicht nur innerhalb der Bergrettung, in den Ortsstellen, sondern auch außerhalb. Termine mit Entscheidungsträgern, die Teilnahme an Versammlungen anderer – darunter alpiner – Verbände gehören zum beinah ,täglichen Brot‘. Ich würde sagen, man ist von den 365 Tagen im Jahr sicher an die 250 unterwegs“, nennt Kurt Nairz eine Zahl. Jahrelanger Einsatz „Dass wir heute so gut aufgestellt sind, ist das Ergebnis langer Arbeit. Die Bergrettung Tirol solide aufzubauen und gut in 4 Tirol der Öffentlichkeit zu positionieren, war und ist das Anliegen“, schildert Peter Veider die Bemühungen. Dabei gilt es, zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen, die die Arbeit der Retterinnen und Retter vor Ort erst möglich machen. „Die Bergrettung Tirol ist die größte Landesorganisation in Österreich. Allein die Mitgliederzahl ist enorm. Auch wenn wir als Verein organisiert sind, heißt das nicht, dass alles von alleine läuft. Im Hintergrund steckt viel Arbeit, die von Außenstehenden oft gar nicht gesehen werden kann. Und die Anforderungen werden auch nicht weniger. Allein die Anspruchshaltung von außen, zum Beispiel von Alpinsportlern, ist stark gewachsen. Vieles, was wir machen, wird inzwischen als Selbstverständlichkeit gesehen. Dass die Bergretterinnen und Bergretter als Freiwillige arbeiten, aus ihrem persönlichen Engagement heraus, spielt für zu Bergende meist keine Rolle“, erläutert Veider. Es braucht Rahmenbedingungen Damit alles funktioniert, braucht es die bestmöglichen Rahmenbedingungen. Das reicht vom Aufnahmeverfahren für die Anwärter über die Aus- und Fortbildung bis zur Ausrüstung. „Nur wenn Letztere etwa passt, können wir gut arbeiten – egal ob während einer Hitzewelle im Sommer oder bei minus 30 Grad Celsius am Berg im Winter“, betont Veider, der als Beispiel die Bekleidungslinie der Bergrettung Tirol nennt. Die gesamte Bekleidung ist nach dem Schichtprinzip zusammengestellt, um bei allen Bedingungen optimal ausgerüstet zu sein. Die Materialien wurden entsprechend ausgewählt und Kooperationspartner in der Wirtschaft gesucht, LANDESLEITUNG Um optimal arbeiten zu können, wird die Kooperation mit anderen Organisationen und Firmen gesucht. Viele Techniken, wie etwa das Zweibein, wurden in Tirol entwickelt. mit denen das Konzept umgesetzt werden kann. Dabei spielen natürlich auch finanzielle Aspekte eine wichtige Rolle. „Wenn ich für knapp 4400 Bergretterinnen und Bergretter Bekleidung anbieten soll, brauch ich nicht nur das beste Material, sondern auch einen guten Preis“, bringt es Veider auf den Punkt. Wichtig sei weiters, dass die Bekleidung passt und gerne getragen wird – und sie ist auch ein Signal nach außen: „Man erkennt uns an unserer rotschwarzen Bekleidung. Damit sind wir auch für Außenstehende sichtbar, was einen enormen Werbeeffekt für uns hat.“ über die Fördereraktion und über die Einsatzverrechnung“, erklärt Peter Veider. Was die weiteren Ziele betrifft, so sei wichtig, nie stehen zu bleiben und nie aufzuhören zusammenzuarbeiten. Einerseits gelte es, am Puls der Zeit zu sein, andererseits aber auch, die Wurzeln und Traditionen des Bergrettungsdienstes nicht zu vergessen. Sicherheit geht vor Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Sicherheit der Bergretterinnen und Bergretter, deren Leben auch im Einsatz im Vordergrund steht. Basis ist die Analyse von Unfällen. „Gemeinsam mit Alpinpolizei, Kuratorium für Alpine Sicherheit, Staatsanwaltschaft und Klinik sowie internationalen Partnerorganisationen werden Unfälle analysiert. Die Ergebnisse sind Grundlage für unsere Richtlinien und für die Hilfsmittel, die wir nutzen. Die Checklisten etwa sind Ergebnisse dieses Prozesses“, erklärt Veider. Wichtig sei dabei weiters, dass das „Handwerkszeug“, das den Bergretterinnen und Bergrettern mitgegeben wird, möglichst einfach und klar konzipiert ist. „Während eines Einsatzes mit all dem Stress und der Hektik muss alles automatisiert ablaufen. Komplizierte Systeme haben am Berg nichts verloren“, weiß Veider. Aus der Pra für die Praxxis is Finanzierung Um die Bergrettungsmitglieder optimal aus- und fortbilden zu können, steht seit einigen Jahren das Ausbildungszentrum im Jamtal zur Verfügung. Hier wird versucht, die Rahmenbedingungen immer wieder zu verbessern. Beinahe jedes Jahr werden neue Bereiche in Angriff genommen und saniert bzw. adaptiert. Wichtiges Thema sind natürlich auch die Finanzen. „Eines unserer Ziele, das wir erreichen konnten, war der Fördervertrag mit dem Land“, ist Kurt Nairz zufrieden und Peter Veider ergänzt: „Ich glaube, unser System, das auf drei Säulen basiert, funktioniert ganz gut. Wir erhalten vonseiten des Landes eine Basisfinanzierung, für die wir sehr dankbar sind. Weitere Mittel lukrieren wir www.rock-snake.com ZUR PERSON Neu im Team Während eines Kurses im Jamtal am Ende der Route „MIKLI“ am Schwabenkopf. Der 30-jährige Klaus Pietersteinerunterstützt seit 2. Februar Peter Veider und Kurt Nairz in der G eschäftsstelle der Bergrettung Tirol. Interview: Christa Hofer | Fotos: Klaus Pietersteiner Du bist seit Anfang Februar bei der Bergrettung Tirol angestellt. Was genau sind deine Aufgaben? Klaus Pietersteiner: In erster Linie unterstütze ich das Führungsteam, insbesondere Peter Veider, bei seinen Aufgaben. Was ich bislang festgestellt habe, ist die Vielfalt, die das Tätigkeitsfeld mit sich bringt. Vom Erstellen von Ausbildungsunterlagen bis hin zum Abwickeln von Materialbestellungen ist alles dabei. Wie läuft es damit? Klaus Pietersteiner: Da ich ja erst seit vier Wochen hier in Telfs bin, würde ich das noch als Eingewöhnungsphase bezeichnen. Ich muss erst alles kennenlernen, einen Überblick bekommen. Was ich aber jetzt schon sagen kann, ist, dass es sehr viel Arbeit gibt, die im Hintergrund läuft, von der man als „Außenstehender“ nicht besonders viel mitbekommt. Obwohl ich ja bereits seit 2003 Bergrettungsmitglied bin. Seit 2003 Bergretter Wie bist du zur Bergrettung gekommen? Klaus Pietersteiner: Da auch mein Vater bei der Bergrettung ist, bin ich quasi hineingewachsen. Schon als Kind hab‘ ich immer 6 Tirol wieder bei Übungen zugeschaut. Es war also fast schon logisch, dass ich auch beitrete. 2003 war es dann so weit. Ich hab‘ das Anwärterjahr in der Ortsstelle Axams absolviert und dann die Grundausbildung gemacht. Dabei war ich bei einem der ersten Jahrgänge dabei, die im Ausbildungszentrum Jamtal geschult worden sind. In der Ortsstelle selbst hab‘ ich schon ziemlich bald zusätzliche Aufgaben übernommen – zum Beispiel die Homepage gestaltet und betreut. Seit dem Vorjahr bin ich außerdem Ausbildungsleiter. Du bist aber auch im Ausbilderteam der Landesleitung aktiv. Klaus Pietersteiner: Ja. Ich hab‘ neben dem Geologiestudium in Innsbruck die BergKlaus Pietersteiner ist seit Anfang Februar neu führerausbildung gemacht und in der Geschäftsstelle der Bergrettung Tirol. ZUR PERSON PROFESSIONALS SPEZIALEXPEDITIONEN Ungeführte, vollständig organisierte Expeditionen für selbständige Alpinisten. Mit deutschsprachiger Leitung und von österreichischem Veranstalter. CHO OYU & SHISHA PANGMA APRIL & SEPTEMBER 2015 € 8.000 EINZEL/€ 11.500 DOPPEL BROAD PEAK & K2 JULI 2015 € 5.000 EINZEL/€ 8.000 DOPPEL Klaus Pietersteiner in der Eiskletterroute „Männer ohne Nerven“ im Pinnistal. AMA DABLAM & NIREKHA APRIL & OKTOBER 2015 € 4.500 SKIEXPEDITION DHAULAGIRI VII APRIL & OKTOBER 2015 € 4.500 bin danach ins Ausbilderteam gekommen. Die Ausbildung liegt mir auch sehr am Herzen. Und wir haben mit dem Ausbildungszentrum im Jamtal auch eine wirklich einzigartige Einrichtung. Was reizt dich noch an deiner neuen Tätigkeit? Klaus Pietersteiner: Ich freue mich besonders darauf, viele neue Leute kennenzulernen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Über die Ausbildung funktioniert das ja auch gut, wenn man gemeinsam im Jamtal ist. Klettern am El Capitan Du bist auch privat in den Bergen unterwegs. Was interessiert dich da am meisten? Klaus Pietersteiner: Eigentlich so ziemlich alle Spielarten des Alpinismus. Allerdings immer in Phasen. Einmal steht mehr das Skitourengehen im Vordergrund, dann wieder das Eisklettern. Die Freude am Klettern kann ich auch gut mit meiner Leidenschaft fürs Reisen verbinden. Insbesondere in die USA, in den YosemiteNationalpark in Kalifornien, zieht es mich immer wieder. Der El Capitan ist unbeschreiblich und für mich auch als Geologen natürlich interessant. BERGRETTER SPEZIALREISEN € 100 Gutschein für Bergrettungsmitglieder bei folgenden Reisen: €T1S0CH0EIN GU UNGS GRETT ER R E B R FÜ IED M I TG L KILIMANJARO JÄNNER/AUGUST/OKTOBER 2015 € 2.990 MOUNTAINBIKE TRIP MOAB UND DURANGO USA MAI & SEPTEMBER 2015 € 2.990 MOUNTAINBIKEREISE ANNAPURNA/NEPAL APRIL/MAI & SEPTEMBER/OKTOBER 2015 € 2.290 (Bei Buchung Code „Bergretter 2015“ angeben) EMAIL [email protected] TELEFON +43 (0) 512 204 134 Furtenbach Adventures GmbH Höhenstraße 5 / 6020 Innsbruck / Austria Tirol 7 - TERMIN Einladung zur Landesversammlung Foto: Thommy Thaler WWW.POMOCA.COM Athlet: Patrick Jost, Photo: Hansi Heckmair Die Landesversammlung der Bergrettung Tirol findet heuer am Samstag, 18. April, statt. Wie im Vorjahr ist der Veranstaltungsort die Festhalle Wetterstein in Leutasch (Weidach 275b, 6105 Leutasch – beim Alpenbad Leutasch). Die Landesversammlung beginnt um 10 Uhr. Auf dem Programm stehen nicht nur die Berichte des Landesleiters, des Geschäftsführers und der einzelnen Referenten, sondern auch die Wahl des Landesleiters. Zur Landesversammlung sind alle Bergretterinnen und Bergretter herzlich eingeladen. 8 Tirol Wie im Vorjahr findet auch heuer die Landesversammlung der Bergrettung Tirol in Leutasch statt. AUSRÜSTUNG Seil ist nicht gleich Seil Nur wer das richtige Seil richtig anwendet, kann dessen Eigenschaften optimal nutzen und ist gleichzeitig auf der sicheren Seite. Interview: Christa Hofer | Fotos: Petzl, Peter Veider Bei den hyperstatischen Seilen geht der Trend zu Dyneema. Klaus-Peter Popall, Vizepräsident von Petzl, erläutert Vor- und Nachteile u.a. anhand einer Studie über das Anseilen beim gleichzeitigen Gehen am Gletscher. Dyneema wird immer wieder als „Wunderfaser“ bezeichnet. Warum? Was zeichnet sie aus? Klaus-Peter Popall: Vor allem das niedrige Gewicht und das geringe Volumen. Alpinisten versuchen ja ständig, Gewicht und Volumen ihrer Ausrüstung zu minimieren. Aus diesem Grund werden am Gletscher meist möglichst dünne dynamische Seile verwendet. Vereinzelt kommen auch sogenannte hyperstatische Seile zum Einsatz, zum Beispiel aus Dyneema. Diese leichten Seile passen hier natürlich ins Konzept. Wobei ich den Begriff „Wunderfaser“ relativieren möchte: Nur wenn Dyneemaseile richtig verwendet werden, kommen die positiven Eigenschaften zur Geltung. Werden sie falsch eingesetzt, dann wird Dyneema schnell zur „Verhängnisfaser“. Wie unterscheiden sich diese Seile konkret in ihrem Gewicht? Klaus-Peter Popall: Im Vergleich zu einem 7,7-mm-Dynamikseil habe ich bei einem 5,5-mm-Dyneemaseil eine Gewichtsreduktion von 50 Prozent. Das Volumen reduziert sich gleichzeitig um 30 Prozent. Verschiedene Seile Können Sie den Unterschied von dynamischen und hyperstatischen Seilen kurz erläutern? Klaus-Peter Popall: Grundsätzlich unterscheidet man zwischen statischen, halbstatischen und dynamischen Seilen. Der Unter- Nur wenn Seilsysteme richtig eingesetzt werden, sind sie sicher. 9 AUSRÜSTUNG Die Bergrettung Tirol verwendet Dyneemaseile bereits seit einigen Jahren. Etwa in Zusammenhang mit dem Zweibein. schied: Halbstatische und dynamische Seile können mehr oder weniger Energie aufnehmen, hyperstatische Seile nehmen hingegen gar keine Energie auf. Je dynamischer das Seil ist, desto besser ist die Energieaufnahme. In erster Linie werden im Alpin- und Bergsport dynamische Seile genutzt, da sie universaler eingesetzt werden können. Allerdings kann ein hochdynamisches Seil natürlich auch Nachteile haben. Im Gegensatz dazu ist die Hauptanforderung im alpinen Rettungswesen, ein statisches Seil zu haben. Wurden früher vorwiegend Stahlseile verwendet, geht inzwischen der Trend zu hyperstatischen Seilen, etwa aus Dyneema. Dieses Material weist zusätzlich zu seinem geringen Gewicht und Volumen eine hohe Abreibungsfestigkeit auf und die Seile sind sehr glatt. Aufgrund all dieser Eigenschäften können sie zum Beispiel lange Strecken über Fels laufen. Wichtig ist dabei, dass hyperstatische Seile, wie eben aus Dyneema, nur statisch genutzt werden, da sie keine Dehnung haben. Studie am Gletscher Bei Ihrem Vortrag zuletzt auf der Alpinmesse in Innsbruck haben Sie eine Studie von Petzl über das Anseilen beim gleichzeitigen Gehen am Gletscher vorgestellt. Welche Fragestellung hat Sie dabei genau interessiert? Klaus-Peter Popall: Wir haben eine Vergleichsstudie mit reellen Spaltenstürzen durchgeführt. Untersucht wurden dabei dynamische und hyperstatische Seile. Wir wollten wissen, was genau passiert. Welche Kräfte zum Beispiel auf die Person wirken, die den Sturz halten muss. Gleichzeitig wollten wir mehr über die Seile wissen, sie genauer verstehen, um weiter an Produkten und Lösungen arbeiten zu können. Wie genau haben die Tests ausgesehen? Klaus-Peter Popall: Verwendet haben wir zwei Seiltypen: ein dynamisches Halbseil mit 7,7 mm sowie ein hyperstatisches 5,5 mm-Seil. Letzteres bestand aus Dyneema. Beobachtet haben wir bei den Tests zwei Bereiche: einerseits die Seilspannung und andererseits das Halten des Sturzes. Welche Unterschiede haben Sie festgestellt? Klaus-Peter Popall: Beim Seilspannungsaufbau gab es beim dy- 10 namischen Seil am Anfang eine verzögerte Spannung. Aufgefallen sind auch eine unregelmäßige Spannung – also ein „Jo-Jo-Effekt“ – und schwieriges Bremsen. Beim hyperstatischen Seil ist es zur abrupten Spannung gekommen. Die Spannung selbst war konstant, das Bremsen erleichtert. Beim Bremsen gab es zwei Verhaltensweisen. Die Erste ist: Der „Sichernde“ kann die Bewegung stoppen, allerdings ist das nur möglich, wenn die Person schwerer ist, sich in einer guten Position befindet und gute Reflexe hat. Die Zweite, die wahrscheinlichere: Der „Sichernde“ wird über eine gewisse Distanz mitgezogen. Beim Vergleich der beiden Seilarten hat sich Folgendes herausgestellt. Wird der „Sichernde“ mit dynamischem Seil nicht in Bewegung gesetzt, ist das Halten einfach. Wird er hingegen mitgezogen, ist der Sturz aufgrund des „Jo-Jo-Effekts“ schwierig zu halten. Beim hyperstatischen Seil kommt es, wenn der „Sichernde“ nicht in Bewegung gesetzt wird, zu einem harten Stopp. Wird der „Sichernde“ mitgezogen, ist das Halten wegen der konstanten Seilspannung einfacher. Was ist mit dem „harten Stopp“ beim hyperstatischen Seil? Klaus-Peter Popall: Der lag bei unseren Messungen weit unter dem, was gefährlich werden kann. Das heißt konkret? Klaus-Peter Popall: Wir haben gesehen, dass ein hyperstatisches Seil bei einem Spaltensturz (wenn die Personen gleichzeitig gehen) keinen Nachteil im Vergleich zu einem dynamischen Seil aufweist. Beim gleichzeitigen Gehen am Gletscher weist ein hyperstatisches Seil mit geringerem Durchmesser also zumindest dieselbe Sicherheit wie ein dynamisches Seil mit geringem Durchmesser auf. Bei unserer Testreihe wurden mit einem dynamischen Seil 60 Prozent der Stürze gehalten, mit einem hyperstatischen Seil 80 Prozent. Richtige Verwendung Was empfehlen Sie nun? Klaus-Peter Popall: Es kann keine grundsätzliche Empfehlung für das eine oder andere Seilsystem geben. Es kommt immer darauf an, was ich am Berg mache und wofür ich das Seil benötige. Ver- AUSRÜSTUNG wende ich dabei das falsche Seil, kann es immer gefährlich werden – egal ob ich ein dynamisches oder ein hyperstatisches Seil nutze. Wichtig ist auch, dass ich die Seile richtig verwende. Was unsere Dyneemaseile betrifft, haben wir Sets entwickelt, in denen die Produkte alle aufeinander abgestimmt sind. Nur so können wir Sicherheit garantieren. Außerdem sind unsere Seile entsprechend für den Einsatz am Berg produziert, sie haben einen stabileren Mantel. Das heißt, im Handel ist Dyneemaseil nicht unbedingt gleich Dyneemaseil. Auch das muss berücksichtigt werden. Wie hoch ist der Anteil von dynamischen und hyperstatischen Seilen bei Privaten und Bergrettungsorganisationen? Klaus-Peter Popall: Privatpersonen verwenden kaum hyperstatische Seile. Was wir aber feststellen, ist, dass das Bergführer auf speziellen Touren immer häufiger Dyneemaseile einsetzen. Hier spielen die erwähnten Faktoren Gewicht und Volumen sicher eine Rolle. Bei Bergrettungsorganisationen sieht es anders aus: Hier werden vorwiegend hyperstatische Seile genutzt und der Anteil an Dyneema wächst dabei. In diesem Bereich wird auch am meisten geforscht und hier wird es sicher noch zahlreiche Weiterentwicklungen geben. Zur Person: Klaus-Peter Popall ist langjähriger Berg- und Skiführer, Physiker und Vizepräsident von Petzl. VORBEREITET SEIN FOTO Hansi Heckmair AUSBILDUNG UND PRODUKTE FÜR HÖCHSTMÖGLICHEN SCHUTZ Wir zeigen dir, wie du sicher unterwegs bist: im SAFETY ACADEMY LAB auf ortovox.com Der Physiker, Berg- und Skiführer Klaus-Peter Popall ist seit 1985 für Petzl tätig. ZUR PERSON Neue Führungsposition im Bergrettungsdienst Der Niederösterreicher Martin Gurdet ist seit Februar als Bundesgeschäftsführer im ÖBRD tätig. Text: Anna Maria Walli, Christa Hofer | Fotos: ÖBRD NÖ/W 65 Jahre nach Gründung des Bundesverbandes des ÖBRD hat sich das Präsidium erstmals dazu entschlossen, einen Geschäftsführer für die Umsetzung der Statuten und zur weiteren Unterstützung des Präsidiums, der Landesleiter und somit aller Bergretterinnen und Bergretter anzustellen. Seit Mitte Februar hat der Niederösterreicher Martin Gurdet dieses Amt inne. Langjährige Erfahrung Martin Gurdet, der seit 1998 Bergretter in der Ortsstelle Grünbach am Schneeberg ist, bringt einiges an Erfahrung mit. Er war bereits als Einsatzleiter sowie als Ausbildungsleiter tätig und steht neben seinem neuen Beruf weiter für Niederösterreich/Wien als Landeseinsatzleiter zur Verfügung. „Ich stelle mich meiner neuen Aufgabe mit größtem Respekt vor der Leistung jedes einzelnen Bergretters, jeder einzelnen Bergretterin, die seit der Gründung der ersten Ortsstellen des Bergrettungsdienstes vor mehr als 100 Jahren erbracht worden ist und im Bewusstsein der damit verbundenen Verantwortung. Dass mir das Vertrauen entgegengebracht wird, diese Stelle auszufüllen, freut mich außerordentlich“, sagt der 39-Jährige. Gurdet streicht besonders die Vielzahl der Bergretter im Ehrenamt und die privaten Förderer und Unterstützer aus Politik und Wirtschaft heraus, ohne die die Umsetzung der Bergrettungsziele in der aktuellen hohen Qualität nicht möglich wäre. Externes Auswahlverfahren Der Bundesverband der Bergrettung hatte aufgrund der steigenden Ansprüche an die ehrenamtlichen Mitarbeiter beschlossen, einen Bundesgeschäftsführer anzustellen. Dieser soll Bundesund Landesverbände entlasten, deren Leiter ihre Funktionen freiwillig und unentgeltlich ausüben. „Martin Gurdet ist aktiver Bergretter, Landeseinsatzleiter und auch aufgrund seines beruflichen Werdeganges als Leiter und Mitarbeiter großer und internationaler Projekte für diese Aufgabe bestens vorbereitet. Ich möchte Martin im Team des Bundesverbandes des ÖBRD herzlich willkommen heißen. Wir freuen uns auf den nun folgenden gemeinsamen Weg“, sagt ÖBRD-Präsident Franz Lindenberg. Der Anstellung von Martin Gurdet war ein umfassendes Auswahlverfahren vorausgegangen, das von einer externen Firma übernommen worden ist. „Das Ergebnis war ein Dreier-Vorschlag, der dann im ÖBRD-Präsidium entschieden worden ist. Da in diesem Vorschlag auch zwei Niederösterreicher waren, habe ich mich aus diesem letzten Entscheidungsprozess ausgenommen“, erläutert Franz Lindenberg weiter. Für offene Kommunikation Auch abseits des Bergrettungsdienstes ist Martin Gurdet in den Bergen unterwegs. 12 Gurdet beginnt seine Arbeit mit der Grundsatzhaltung, „das Gemeinsame vor das Trennende“ zu stellen. Ihm ist das sich ständig verändernde Umfeld bewusst und genau darin sieht er eine spannende Aufgabe: „Erwartungshaltungen und Einstellungen wandeln sich, die Intervalle von Technologiesprüngen werden zunehmend kürzer. Alleine ein Vergleich des Ausrüstungs- und Ausbildungsstandes der Bergrettung bei meinem Eintritt mit den heutigen Standards lässt deutlich erkennen, wie rasch sich Dinge ändern. Mit dem Wissen, dass dieser Veränderungsprozess auch im Jahr 2015 nicht stoppt, steht uns eine äußerst spannende Zukunft bevor.“ In den nächsten Wochen will Martin Gurdet das Gespräch mit den Landesleitern, Geschäftsführern und Referenten suchen. „Mir ist es wichtig, dass intern eine offene Martin Gurdet ist seit Mitte Februar Geschäftsführer des ÖBRD. und transparente Kommunikation zwischen allen Beteiligten besteht“, schildert der Bundesgeschäftsführer seine ersten Anliegen. Weitere Themen, die in den nächsten Monaten auf der Tagesordnung stehen, sind neben zahlreichen administrativen und organisatorischen Tätigkeiten auch die aktive Mitarbeit und Unterstützung der BV-Referenten bei den länderübergreifenden Kooperationen, die Entwicklung eines Sponsoringkonzepts sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Auch gilt es, ein umfangreiches Netzwerk bei Behörden, nationalen und internationalen Organisationen zu betreuen. TIKKA RXP ® Konzentrierte Kraft und vielseitige Einsatzmöglichkeiten. 100% pure Reactive Lighting. Als Gründe, warum er sich für diese Stelle beworben hat, nennt Martin Gurdet einerseits das soziale Engagement, das jeden Bergretter und jede Bergretterin verbindet, andererseits liege ihm das Einsatzgebiet „Organisationsstrukturierung“. „Beides nun vereinen zu können, macht diese Aufgabe äußerst spannend“, unterstreicht Martin Gurdet. Den Bezug zur bergretterischen Praxis will er trotz seiner neuen Tätigkeit nicht verlieren. „Ich werde mich weiterhin in meiner Ortsstelle engagieren und bei Einsätzen dabei sein. Das muss auch mit meiner neuen Arbeit vereinbar sein“, betont der Niederösterreicher. Zum Glück habe er eine wunderbare Frau, die ihn, wie auch seine beiden Kinder, in seinem Engagement unterstützen. In seiner Freizeit ist Martin Gurdet kletternd, mountainbikend oder Ski fahrend in den Bergen anzutreffen. Abseits vom Bergsport hält er sich mit Laufen und Tennis fit. Vor seinem Job bei der Bergrettung war er im größten österreichischen Baukonzern mit internationalen Projekten in der ganzen Welt betraut. Photo © www.kalice.fr Soziales Engagement www.petzl.com 13 SICHERHEIT Ein Helm für alle Fälle 14 Wer am Berg unterwegs ist, braucht die optimale Ausrüstung. Dabei ist auch Vielseitig keit gefragt. Bevor aber ein Ausrüstungsgegen stand wie der Multifunktionshelm eingesetzt werden kann, muss ein umfangreiches Test verfahren durchlaufen werden. Text: Christa Hofer, Anne Sickor | Fotos: Casco, fotolia.com/ARochau SICHERHEIT Besonders Skitourengeher verzichten noch häufig auf das Tragen eines Helms. Das Thema Sicherheit und damit auch das Tragen eines Helms ist bereits seit einigen Jahren Thema der Präventionskampagnen der Bergrettung Tirol. Dies spiegelt sich einerseits in der Zusammenstellung der Fördererpakete der Bergrettung Tirol wider, über die auch Nicht-Bergretter vom Know-how der Bergprofis profitieren, andererseits in der Entwicklung eines speziellen Multifunktionshelms für die Bergretterinnen und Bergretter. Dabei setzt die Bergrettung Tirol auch auf Kooperationspartner. Aktuell wird mit der Firma CASCO zusammengearbeitet. Gemeinsam wurde ein Helm entwickelt, der auf die speziellen Bedürfnisse in den Bergen zugeschnitten ist. Wichtig war für die Bergrettung, einen Helm zu finden, der vielseitig einsetzbar ist. Ziel der Entwicklung war also ein so genannter Multifunktionshelm. Entstanden ist ein Helm, der nicht nur die Bergsportnorm erfüllt, sondern auch als Abfahrtsski-, Wassersport- und Fahrradhelm zugelassen ist. Komplexe Entwicklung Die Entwicklung eines solchen Helms ist technisch sehr anspruchsvoll, bringt aber in der Praxis entscheidende Vorteile mit sich. Peter Veider erklärt die Mehrfach-Normierung anschaulich: „In der Praxis kommt man oft in die Situation, dass man eigentlich zwei Helme mitnehmen müsste. Wenn ich zum 15 SICHERHEIT Links: Helme durchlaufen ein aufwändiges Testverfahren. Multifunktionshelme müssen für alle Teilbereiche die entsprechenden Normen erfüllen. Rechts: Eine Testanordnung, mit der der Aufprall auf einer Fläche simuliert wird. empfehlenswerten Schutz gegen Steinschlag darstellt. Hingegen würde ein Kletterhelm bei den europaweiten Anforderungen für einen Alpinskihelm seinen Dienst quittieren. Hier wird der Helm mit einem etwa acht Kilo schweren Prüfkopf aus einer Fallhöhe von 375 mm auf einen harten Untergrund fallen gelassen und muss zuverlässig schützen. Für einen herkömmlichen Kletterhelm wäre dieser Test nicht zu bestehen, allein weil er am seitlichen Kopf und im Schläfenbereich überhaupt keinen Schutz bietet. Der Sturz eines Kletterhelm tragenden Skifahrers könnte somit tödlich enden. Wiederum ist ein Skihelm nicht darauf ausgelegt, einen seitlichen Aufprall auf eine Bordsteinkante wirkungsvoll abzufangen, so wie es die Norm für Fahrradhelme fordert. Es lässt sich also festhalten, dass sich Helme äußerlich zwar durchaus ähnlich sehen können, in ihrem Aufbau jedoch für komplett unterschiedliche Gefahrenszenarien ausgelegt sind. Der von der Bergrettung genutzte Multifunktionshelm ist mit seiner Vierfach-Norm ein speziell leistungsfähiger Helm, der vor sehr multiplen Gefahren wirkungsvoll schützt. Rechtliche Aspekte Beispiel einen Berg hochgehe, oben einen Grat mit potenziellem Steinschlag überwinde und dann abfahre, bin ich mit einem herkömmlichen Helm schlecht ausgestattet, denn ein Alpinskihelm schützt beispielsweise nicht hinreichend gegen Steinschlag und ein Kletterhelm bietet seitlich kaum Schutz, sodass ein Sturz mit den Ski fatale Folgen haben kann. Mit dem von uns mitentwickelten Multifunktionshelm bin ich aber für viele Gefahrenszenarien gerüstet und habe gleichzeitig ein kleines Packmaß.“ Verschiedene Normen Tatsächlich ist es eine große Herausforderung, einen Helm zu entwickeln, der verschiedene Normen gleichzeitig erfüllt. So muss er zum Beispiel eine Prüfung bestehen, die Steinschlag simuliert. Dabei darf der Prüfkopf nur einer gewissen Kraft ausgesetzt sein, wenn die etwa 15 cm dicke Eisenstange mit scharfer Spitze auf den Helm kracht. Hier würde ein normaler Alpinskihelm versagen, womöglich sogar bersten und den Prüfkopf stark beschädigen. Das macht klar, warum ein Alpinskihelm keinen SKITOURENGEHER UND SICHERHEIT Während auf den Pisten immer mehr Skifahrer mit Helm unterwegs sind, ist er abseits des gesicherten Skiraums nur selten zu sehen. Dabei lauern im freien Gelände sehr wohl Gefahren, die das Tragen des entsprechenden Helms ratsam erscheinen lassen. Wer sich außerhalb des gesicherten Skiraums bewegt, sollte also entsprechend vorbereitet sein. Das beginnt mit der richtigen Tourvorbereitung und dem Beherrschen der 16 Die Frage, ob beim Freizeitsport ein entsprechender Helm getragen wurde, wird künftig aus rechtlichen und versicherungstechnischen Gründen vermutlich noch häufiger in den Mittelpunkt rücken. Bereits jetzt gibt es richterliche Entscheidungen, die Einfluss auf die Schadenersatzleis tung von Versicherungen haben. Die Bergrettung setzt auf den gemeinsam mit CASCO entwiSo entschied etwa im Vorjahr das ckelten Multifunktionshelm. Oberlandesgericht in München, dass das Opfer eines nicht selbst verschuldeten Unfalls einen Teil des Schadens tragen muss, da es keinen Skihelm getragen hat. Nicht zuletzt deshalb sind auch die Bergretterinnen und Bergretter angehalten, den richtigen Helm zu tragen, wenn sie unterwegs sind. Ein Aspekt, der bereits in der Ausbildung der künftigen Bergrettungsmitglieder berücksichtigt wird. entsprechenden Technik. Das Einholen wichtiger Sicherheitsinformationen – etwa zur Lawinensituation – und die richtige Ausrüstung zählen ebenfalls dazu. Doch wie schaut dies in der Praxis aus? Das Kuratorium für Alpine Sicherheit führt diesen Winter unter Skitourengehern eine Befragung im Großraum Innsbruck durch. Schwerpunkte sind die Themen Lawinenrisiko, Lawinenlagebericht und Ausrüstung. So soll etwa festgestellt werden, ob die Tourengeher den aktuellen Lawinenlagebericht gelesen haben und das bestehende Lawinenrisiko kennen. Dazu kommen noch Fragen zur Tour, zur Ausbildung bzw. zu den SkitourenGrundkenntnissen und zur Ausrüstung. Gefragt wird dabei auch nach dem Helm. Wird einer getragen, wenn ja, welcher (Skihelm, Multifunktionshelm, Bergsteigerhelm) und wenn nein, warum nicht? technik Perfekt Sichern und Retten Foto: Peter Veider Tipps, Knoten und Rettungstechniken für Alpinisten vom Anfänger bis zum Profi sind die Schwerpunkte der zweiten Auflage von „Perfekt – Seiltechnik für Bergsteiger, Alpinisten und Sportkletterer“. Das handliche Buch ist dabei klar aufgebaut: Zu den Tipps für jede Tour – von der Planung bis zum Verhalten im Notfall – kommen Informationen zum notwendigen Material. Vorgestellt werden aber auch Grundtechniken für die Bewegung im alpinen Gelände. Anschließend erhalten alle die entsprechenden Grundinformationen für das Klettern in der Halle und am Klettersteig (Basic), gefolgt vom Verhalten auf Mehrseillängen-Routen (Advanced). Unter Expert gibt es Tipps für alpine Touren ohne und mit Gletscher bzw. das Eisklettern. Wer noch höher hinaus will, findet unter Professional hilfreiche Techniken für alpine Expeditionen. Das letzte Kapitel ist der planmäßigen Bergrettung gewidmet. www.TYROMONT.COM FINAL_TYROMONT_Bergretter2014_184x135.indd 1 Perfekt – mit Wissenswertem zum Sichern und Retten. Das Konzept für das Sicherungstechnik-Fachbuch stammt von Peter Veider, Franz Kröll und Klaus Pietersteiner. Illustriert hat „Perfekt“ Meinhard Kröll. Das Buch, das die Bergrettung Tirol herausgibt, kann über die Landesleitung in Telfs oder über Amazon bezogen werden. SEIT ÜBER 60 JAHREN VERLÄSSLICHER PARTNER www.tyromont.com DER BERGRETTUNG TIROL 31.01.2014 10:09 Tirol 17 AUSRÜSTUNG Leicht, kompakt und teilbar – das sind die Anforderungen, die die neue Gebirgstrage erfüllen muss. Probelauf für neue Gebirgstrage Mit dem Frühjahr beginnt die Testphase für die Trage, die mit Jahresende für den regulären Einsatz in der Bergrettung zur Verfügung stehen soll. Text: Christa Hofer | Foto: Peter Veider Schon seit längerer Zeit besteht in der Bergrettung Tirol der Bedarf für eine neue Gebirgstrage. Nach bislang erfolgloser Suche nach einem praktikablen System wird nun gemeinsam mit der Südtiroler Bergrettung mit dem Produkt einer nordamerikanischen Firma gearbeitet. „Ausgangsbasis ist eine Korbtrage aus Titan, die teilbar ist und nur sechs Kilo auf die Waage bringt“, schildert Peter Veider. In den vergangenen Monaten wurde nun in jenen Bereichen getüftelt, die für den Einsatz der Trage im Hochgebirge wichtig sind. „Die Trage muss ja nicht nur kompakt und leicht sein, sondern auch tragbar und funktionell“, bringt es Veider auf den 18 Tirol Punkt. Gebaut wurde und wird daher an einem speziellen Griffund auch Radsystem. Hier müssen noch Anpassungen für den Bergrettungsdienst erfolgen. Inzwischen gibt es einen Prototyp, der in den kommenden Monaten auf Herz und Nieren geprüft werden soll. Dafür sind zahlreiche Testläufe vorgesehen, schließlich muss die Trage in jedem Gelände und bei verschiedensten Wetterbedingungen funktionieren. Läuft alles nach Plan, dann könnte die neue Gebirgstrage mit Ende des Jahres für den regulären Einsatz im Bergrettungsdienst zur Verfügung stehen. Ab diesem Zeitpunkt sollte sie von den Ortsstellen bestellt werden können. AUSBILDUNGSZENTRUM JAMTAL Neue Technik, neuer Eisturm, neue Küche Die Sanierungsmaßnahmen im Ausbildungszentrum wurden fortgesetzt und für die Ausbildung wurde eine neue Infrastruktur aufgebaut. Text: Christa Hofer | Foto: Peter Veider Im Umfeld des Ausbildungszentrums im Jamtal steht der Bergrettung ein spezielles „Avalanche Training Center“ zur Verfügung. Einige Neuerungen gibt es im Ausbildungszentrum der Tiroler Bergrettung im Jamtal. Auffallendstes Zeichen ist der neue Eiskletterturm, der mit seinen 17 Metern Höhe das Ausbildungszentrum weit überragt. Er wird auch intensiv im Kursgeschehen genutzt. Neu ist außerdem eine stationäre LVS-Station. „Mit diesem Lawinentrainingssystem stehen uns zehn Sender zur Verfügung, die für das Training variantenreich geschaltet werden können“, berichtet Peter Veider. Da die Sender einzeln oder in Gruppen aktivierbar sind, können nicht nur Einzel-, sondern auch Mehr- fachverschüttungen simuliert werden. Damit kann zielgerichtet und intensiv das Handling mit den LVS-Geräten geschult werden. Auch können die Sender sondiert werden, was einen weiteren Trainingseffekt bringt. Jeder erfolgreich sondierte Sender bildet nämlich zusätzlich den Abschluss einer Übungseinheit. Gedacht ist die Anlage vorwiegend für die Aus- und Fortbildung der Bergrettungsmitglieder. Sie könnte aber auch von Externen genutzt werden, wie Peter Veider erläutert. Im Ausbildungszentrum selbst wurden die Sanierungsmaßnahmen fortgesetzt. Zuletzt wurde die Küche auf den neuesten Stand gebracht. BILDUNG. FREUDE INKLUSIVE. Ausbildung zum Pistenretter Kurse im Herbst 2015: Basisausbildung zum Pistenretter Teil 1: Vertiefte Erste Hilfe Teil 2: Rechtliche Grundlagen Teil 3: Praxisteil Piste Erweiterungsmodul Bergrettung mit Praxisteil Technik Notfall auf der Piste In Kooperation mit der Bergrettung Tirol BFI Tirol, Ing.-Etzel-Straße 7, 6010 Innsbruck, Tel. 0512/59 6 60-218, [email protected], www.bfi -tirol.atTirol 19 reise Heli-Skiing im Kaukasus So exotisch Heli-Skiing in den Ohren mancher klingen mag: Dieses außer gewöhnliche Skierlebnis ist längst nicht mehr nur in Kanada oder Alaska möglich. Angeboten wird es auch in Georgien. In Gudauri-Kazbegi wird dabei, was die Sicherheitsaspekte betrifft, das Know-how steirischer Bergretter genutzt. Text und Fotos: Rene Guhl, Andreas Staudacher 20 Tirol Dort, wo Europa auf Asien trifft, in Gudauri-Kazbegi, befindet sich seit der Saison 2012/13 eine neue Heli-Skiing-Destination, die von einem österreichischen Flugunternehmen angeboten wird. Für das Sicherheits- und Rettungskonzept zeichnen steirische Bergretter verantwortlich, die zum Teil auch direkt vor Ort im Einsatz sind. Seit einem knappen Jahr haben sie am Konzept gearbeitet, in der heurigen Saison, die im Jänner startete, konnte gleich selbst getestet werden, wie es sich in die Praxis umsetzen lässt. Die Weiten der einsamen Bergwelt des Kaukasus offenbarten dabei ein unvergessliches Erlebnis und bescherten außergewöhnliche Eindrücke. Naturerlebnisse, Nervenkitzel, sportliche Anstrengungen und Glücksmomente sind nur einige der Begriffe, die den Ski enthusiasten in den Sinn kommen. Oder, wie es ein Teilnehmer ohne meine seele Benedikt „Benni“ Purner wäre es nur metall treffend zum Ausdruck brachte: „Wir tauchen durch ein Meer aus Schneekristallen. Wir schaffen es kaum, nach einer Abfahrt Luft zu holen, schon ist der Heli wieder da. Er setzt uns oberhalb einer gigantischen Rinne ab, die mit einem halben Meter flaumigsten Pulverschnee gefüllt ist. Die Oberschenkel glühen – kein Wunder, reihen wir doch schon seit Stunden eine göttliche Abfahrt an die andere. Mehrere Tausend Höhenmeter an einem Tag!“ Absolute Einsamkeit www.austrialpin.at Fitness ist jedenfalls großgeschrieben. Bis zu einem Dutzend Abfahrten sind am Tag möglich. In vier Gruppen ging es mit zwei Hubschraubern ins Gelände. Das Beeindruckendste für uns Österreicher: neben der Schönheit der Berge, die absolute Einsamkeit. Tirol 21 reise Blick in die Weite: Die Einsamkeit in der Region ist beinahe greifbar. Zwar gibt es in Gudauri einige Skilifte, aber das war es bereits. Auf uns Skifahrer wartete nur noch völlig unberührte Natur und der Blick von den Gipfeln bis zum Horizont. Die absolute Ruhe und Einsamkeit hat aber auch eine Kehrseite. Tiflis ist rund 200 Kilometer entfernt und damit auch die medizinische Versorgung. Entsprechend muss das Sicherheits- und Rettungskonzept angepasst und ausgearbeitet sein. Die Informationen zur Wetterlage kommen von verschiedenen INFORMATION DAS GEBIRGE Der Kaukasus zieht sich vom Schwarzen Meer bis zum Kaspischen Meer. Das Gebirge – der „Große Kaukasus“ – ist über 1100 Kilometer lang, mit Bergen bis zu einer Höhe von 5642 Metern. Im Vergleich zu den Alpen liegt der Kaukasus südlicher, jedoch die Höhe und die klimatischen Einflüsse sorgen für reichlich Schnee und kältere Temperaturen im Hochwinter. 22 Experten übers Internet. Die Überprüfung der Schneesituation vor Ort ist das Um und Auf und tägliche Pflicht. Nur wenn alles passt, wird gestartet. In kleinen Gruppen geht es dann mit dem Helikopter in die Berge. Nachdem der Pilot die Skisportler im unberührten Gelände abgesetzt hat, geht es in Begleitung eines erfahrenen Bergführers (Heli-Guides) ab durch den Tiefschnee, soweit das Auge reicht. Wer sich ausschließlich Pulverschnee erwartet, muss aber umdenken. In den Gipfelbereichen, wo der Tirol Georgien selbst überrascht seine Besucher mit seiner Vielfalt, der Gastfreundschaft und der Magie seiner Landschaft. Und es ist bequem mit D irektflügen aus verschiedensten Städten Europas (ca. vier Stunden) zu erreichen. Die Heli-Base selbst liegt auf 1900 Meter Seehöhe, in ihrem Umfeld findet sich eine Vielzahl an Tiefschneeabfahr ten. Egal ob Pulverschnee oder Firn – in einem Gebiet, das rund 1200 Quadratkilometer Fläche umfasst, findet jeder seine Lieblings abfahr t. HELI-SKIING Die Idee dazu hatten die Ö sterreicher Hans Gmoser und Fred Wiegele. In Kanada entwickelten sie bereits in den 1960er-Jahren diese Art des Skifahrens. Dort gibt es auch heute noch die meisten Anbieter. reise Wind zum Teil heftig bläst, kann Harsch die Abfahrten dominieren und in den Südhängen gibt es auch schon im Jänner mitunter Firn. Sicherheit ist oberstes Gebot In puncto Flugsicherheit und Fluggerät gilt in Gudauri-Kazbegi europäische Qualität als Standard. Der im Hochgebirge extrem leistungsstarke Helikopter „Ecureuil AS 350 B3“ bietet neben dem Piloten noch weiteren fünf Personen Platz und wird von alpinerfahrenen österreichischen Piloten geflogen. Jeder Teilnehmer bekommt zu Beginn eine fundierte Einschulung in die Grundzüge des Heli-Skiing und in die alpine Sicherheit. Dies beinhaltet das richtige Verhalten im Bereich des Helikopters, die Suche nach Lawinenverschütteten etc. Weiters erhält jeder für die Dauer des Aufenthaltes eine moderne Sicherheitsausrüstung, einschließlich Lawinen-Airbag und Tiefschneeski der neuesten Generation. Nur wenn alles passt und jeder weiß, was zu tun ist, kann es losgehen. Dann steht dem Tiefschneevergnügen nichts mehr im Wege. Zu den Personen: Rene Guhl, der Pilot Wolfgang Jäger, Christoph Krahbichler und Andreas Staudacher waren im Jänner im Kaukasus und testeten die Region und das von ihnen miterstellte Sicherheitskonzept. Rene, Wolfgang, Christoph und Andreas. Berg, bergen, Starkenberger! Natürlich nur aus edlen, reinen Rohstoffen. Natürlich aus frischem Bergquellwasser. Natürlich mit über zweihundertjähriger Brautradition. Natürlich sortenreich. Natürlich auch für Bergretter. Natürlich zum Erfrischen und Genießen und natürlich auch als Alkoholfreies. Starkenberger Bier. Natürlich aus Tirol. Holzgauer Wetterspitze, 2895 m ü. M. Starkenberger Bier · Griesegg 1 · 6464 Tarrenz · Tel + 43 / 54 12 / 66 201 · brauerei @ starkenberger.at · www.starkenberger.at Tirol 23 What’s on Roger Schäli’s mind right now? Nothing, because now isn’t the time to think, it’s the time to do! salewa.com Athletes: Roger Schäli, David Hefti; Location: El Capitan / Golden Gate / Golden Desert, 5.11a; Photographer: Frank Kretschmann
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