forum 4 B2B MÄRZ 2015 forum Herausforderungen im Depotbankgeschäft Wo drückt der Schuh? Zum einen hat im Nachgang der Krise ab 2009 der regulatorische Druck massiv zugenommen. Zum andern ist auch das Geschäft selbst anspruchsvoller geworden: Die Konkurrenz wächst und die an sich schon geringen Margen erodieren weiter. Die Verwahrtätigkeit wird mit nicht-standardisierten und alternativen Anlageklassen sowie hochentwickelten Anlagestrategien und -techniken zunehmend komplexer und aufwändiger. Was die Kunden anbelangt, werden an Leistungsqualität, Transparenz und Abwicklungsgeschwindigkeit stets höhere Anforderungen gestellt. Offenbar drückt der Schuh an allen Ecken und Enden. Veränderungen finden statt. Es ist vor diesem Hintergrund anzunehmen, dass das Depotbankgeschäft der Zukunft nur noch wenige Ähnlichkeiten mit der heutigen Ausgangslage aufweisen dürfte. Was heisst das konkret? Reichen das Aufstocken mit juristischer Fachkompetenz und das Verbreitern des ursprünglichen Geschäftsfeldes (Stichwort: Asset Servicing) aus, um die Zukunft zu bestehen? Wie positionieren sich die Depotbanken im Markt der Zukunft? Wie sehen das Geschäftsmodell sowie die Anbieterstruktur und das Leistungsangebot von Morgen aus? Ausgewählte Fachexperten – Depotbankvertreter, ServiceAnbieter, Rechtsspezialisten – nehmen Stellung und beantworten Fragen zur Zukunft des Depotbankgeschäfts rund um Kollektivanlagen. Es sind dies: Dominik Oberholzer [Kellerhals Anwälte], Alfred H. Rüedi [FinOps], Paolo S ismondi [State Street Bank], Pascal Thorens [RBC] und Markus Wirth [Zürcher Kantonalbank]. B2B MÄRZ 2015 5 forum Stellen Sie sich vor: Sie sind 25, haben gerade Ihr Studium abgeschlossen und sind nun auf der Suche nach einem grossen Unternehmen, das Ihnen eine Stelle anbietet. Warum sollten Sie sich ausgerechnet um einen Job in einer Depotbank bewerben? Wirth: Die Depotbanktätigkeit ist an spruchsvoll. Der Kostendruck nimmt zu, die regulatorischen und operationellen Anforderungen steigen. Gerade wegen dieser Herausforderungen ist die Tätig keit für eine Depotbank besonders span nend und reizvoll. Die erfolgreiche Füh rung einer Depotbank verlangt verschie denste Kompetenzen: Es gilt, die IT wei terzuentwickeln und Prozesse zu steuern. Accounting-Spezialisten zeichnen sich für die Fondsbuchhaltung verantwortlich oder erstellen die Kostenrechnung. Ju risten vertiefen sich in den spezifischen Fragen zu Legal, Tax und Compliance. Risk Manager definieren Modelle und messen die Risiken. Dies alles geschieht in einem internationalen Kontext. Das sind gute Ar gumente, in das Fondsgeschäft einzustei gen, sich als Spezialist in einem Teilgebiet zu vertiefen und sukzessive die Anforde rungen in einem sehr breiten und sich lau fend verändernden Fachgebiet kennenzu lernen und weiterzuentwickeln. Thorens: Die Tätigkeit einer Depotbank wird manchmal unterschätzt. Wurde sie in der Vergangenheit häufig nur als Verwah rerin und Verwalterin von Vermögen gese hen, umfassen ihre Aufgaben heute sehr viel mehr. Die Branche musste stets mit Entwicklungen wie Globalisierung, neuen Technologien, regulatorischen Verände rungen und einem immer komplexeren Hintergrundwissen der Anleger Schritt halten, um die von den Kunden gefor derten Produkte und Dienstleistungen erbringen zu können. Ein Anbieter von Asset Servicing-Diensten ist heute eigent lich ein Technologie- und Transaktions unternehmen. Das eröffnet Neueinstei gern eine Fülle von Möglichkeiten. Es gibt innerhalb der Finanzindustrie nicht vie le Sektoren, die mit einer solchen Band breite an Kundensegmentierung, Kapital märkten, lokaler Marktinfrastruktur und 6 B2B MÄRZ 2015 forum regulatorischen Anforderungen konfron tiert sind. Oberholzer: Vorstellbar ist, dass das De potbankgeschäft gerade für Berufsein steiger a priori nicht gerade zuoberst auf der Hitliste steht, da es wenig mediale Aufmerksamkeit erlangt. Zumindest rate ich aber allen, welche vor einem Berufs einstieg stehen, dieses Geschäft zumin dest einmal näher zu prüfen: A la longue ist ja gerade in den Anfangsjahren der Kar riere nicht die mediale Aufmerksamkeit relevant, die ohnehin nicht den Berufs einsteigern, sondern dem Institut oder dem Vorgesetzten zuteil wird, sondern der Lerneffekt. Und dieser ist im Depot bankgeschäft gross. Die Verwahrung von Wertpapieren und Finanzinstrumenten ist einer der Pfeiler des Bankgeschäfts – zumindest mit Ausnahme des Beratungs geschäfts der Investment Banken. Das gilt auch für das Private Banking und das Re tail Banking. Eine Bank, die die Verwah rung und die damit zusammenhängenden Abwicklungen nicht im Griff hat, kann den Schirm zutun. Dabei wird die Verwahrung aufgrund der Internationalisierung immer anspruchsvoller und ruft nach immer qua lifizierteren und international versierten Spezialisten. Hatten die letzte grosse Krise 2008 und auch die beiden mittlerweile berühmt gewordenen damaligen Ereignisse Lehman Brothers und Madoff wirklich etwas mit den Depotbanken zu tun gehabt? Was war damals tatsächlich schief gelaufen? Rüedi: Klar nein: Weder die Krise noch die erwähnten Ereignisse – und das muss hier klar gesagt werden – hatten etwas mit den Depotbanken zu tun. Auch die n euen Regulierungen wie etwa AIFMD, UCITS V und KAG hätten diese Vorfälle nicht ver hindern können. Der Untersuchungsbe richt der FINMA vom 2. März 2010 sieht die Hauptprobleme in der ungenügen den Kundeninformation. Deshalb hat sie statt einer KAG-Revision das Projekt «Ver triebsregeln» angekündigt. Wird es künftig Aufgabe der Depotbank, Betrugsfälle wie Madoff zu verhindern, so wäre die abso B2B MÄRZ 2015 «Eine Bank, die die Ver wahrung und die damit zusammenhängenden Abwicklungen nicht im Griff hat, kann den Schirm zutun.» Dominik Oberholzer lute Unabhängigkeit, gepaart mit dem zwingenden Durchgriff bis zur Überprü fung der einzelnen Direktanlagen über die gesamte Verwahrkette notwendig; da stellt sich rasch einmal auch die Kos ten-Nutzen-Frage. Oberholzer: Der Lehman-Konkurs und der Madoff-Betrugsfall werden heute als Sinnbilder für die Finanzkrise von 2008 verwendet, waren aber nicht deren Ursa che. Der Konkurs von Lehman Brothers gründete auf einer erforderlichen Neu bewertung deren Aktiven. Der MadoffBetrugsfall liegt sicher näher beim Ver wahrgeschäft, war aber vor allem ein Un fall der Aufsichtsbehörde. Diese bemerk te trotz mehrerer Vor-Ort-Prüfungen und Hinweisen nicht, dass die Bernard L. Ma doff Securities Services LLC mehr Funk tionen ausübte, als sie durfte und vorgab auszuüben. Das erlaubte es ihr, in den Hol ding Statements Wertpapiere auszuwei sen, die sie tatsächlich nicht besass. Aber alle vertrauten darauf, so wie wir unse ren Bankauszügen Glauben schenken. So mit ist auch der Madoff-Betrugsfall nicht grundsätzlich ein Depotbankfehler, son dern wie erwähnt ein Unfall der Aufsichts behörden, was nach grösserer Gewalten trennung im Finanzgeschäft schreit. In den letzten Jahren äusserte sich die FINMA im Rahmen ihrer Mitteilun gen Nr. 21 und 40 zum Thema «Depotbankgeschäft in der Schweiz»: Was gab Anlass dazu? Was wurde allenfalls gerügt? Oberholzer: In den Ohren mancher Marktteilnehmer mag es durchaus als harsche Kritik erklungen haben. Vielmehr spezifizierte die FINMA damals die An forderungen an eine Depotbank, welche halt bislang in den Gesetzen und Verord nungen fehlten und eigentlich nach wie vor rudimentär ausfallen. Ich erachte die se FINMA-Mitteilungen vielmehr als Kor rektiv zur schweizerischen Eigenheit, dass eine Depotbank gleichzeitig Vermögens verwalter von kollektiven Kapitalanlagen sein kann. Dies ist in allen mir bekannten ausländischen Rechtsordnungen ein NoGo, so auch in der AIFMD. Diese Kombi nation des Verwahr- und des Verwaltungs geschäfts, auch wenn sie von unterschied lichen Personen wahrgenommen werden, macht die Bank für Verletzungen der Un abhängigkeit anfällig. Und mit den genann ten Mitteilungen versuchte die FINMA da gegen zu wirken. Inzwischen wurde das KAG 2013 substanziell revidiert. Inwiefern ist davon auch die Tätigkeit einer Depotbank betroffen? 7 forum Oberholzer: Die Regelung der Depotbank und deren Tätigkeit sind heute detaillier ter, insbesondere wenn man die KKV an schaut. Dadurch sind auch die Anforde rungen an die Depotbank gestiegen. Al lerdings sind die Aufgaben grundsätzlich gleich geblieben, werden aber in der Ver ordnung nun detaillierter geregelt. Aller dings glaube ich, dass die FINMA-Mittei lungen 21 und 40 grössere Auswirkungen auf die Organisation der Depotbank ha ben als die neuen Bestimmungen im KAG und in der KKV. Inwieweit hat sich das Depotbankgeschäft – nicht nur aufgrund dieser regulatorischen Veränderungen – in den vergangenen Jahren, vor allem seit der letzten Krise, gewandelt? Hat sich die Depotbank in der Wertschöpfungskette neu positioniert? Thorens: Die Rollen und Verantwortlich keiten von Depotbanken haben sich un ter anderem aufgrund der aufsichtsrecht lichen Bestimmungen geändert. In der Schweiz wie in der gesamten EU über nehmen Depotbanken immer mehr Ver antwortung für ihre Kundenvermögen, da runter auch zusätzliche Aufsichtspflichten. Depotbanken führen zusätzliche Berichts dienste ein, damit ihre Kunden ihren Ver pflichtungen leichter nachkommen und hö here Renditen erzielen können. Depotban ken sind entlang der Wertschöpfungskette ihrer Kunden weiter nach oben gewandert. 8 Ausgelagerte Aufgaben im M iddle und Back Office sind heute wesentlicher Be standteil des Service-Angebots einer De potbank und tragen zur Verringerung der operationellen Risiken wie auch zu einer besseren Steuerung der Effizienzziele bei. Ein Thema, über das wir immer häufiger mit Kunden sprechen und bei dem wir unsere breite Markterfahrung und globalen Kennt nisse einbringen können, sind beispielswei se auch Vertriebsstrategien. Rüedi: Die Depotbanken sind in den letz ten Jahren deutlich aus ihrem Schatten dasein herausgetreten. Durch die gestei gerte Haftung in den neuen Regulierun gen wurde die Funktion der Depotbank bedeutungsvoller. Sie kann und muss heu te ihre Kontrollen und Forderungen ge genüber dem Asset Manager noch effek tiver durchsetzen und ihm auf Augenhö he begegnen. Gleichzeitig darf sie aber nicht zum reinen «Polizisten» mutieren, «Die Depotbankfunktion kann nicht mehr neben bei betrieben werden, sie ist ein eigenständiges Geschäft geworden.» Alfred H. Rüedi sondern muss dem Asset Manager ein Business Partner sein, der Zusatzleistun gen wie konsolidiertes Investment Re porting für klassische Anlageinstrumen te wie auch neue «non-bankable» Assets anbietet. Eine Frage bleibt heute jedoch unbeantwortet: Wie sieht eine gerechte Verteilung der Gesamteinnahmen auf die einzelnen Dienstleister der Wertschöp fungskette aus? Oberholzer: Eine gute Frage, dies auch vor dem Hintergrund, dass immer mehr auch Dritte zum Einsatz kommen werden, was das Geschäft letztlich nicht verbil ligt. Der Grund: Ich glaube, dass höhe re Anforderungen an die Unabhängig keit gestellt werden. Während vor der Krise gerade grosse Finanzinstitute für ihre Produkte die verschiedenen Dienst leister ihrer Gruppe verwendeten, ziehen sie heute für bestimmte Funktionen wie etwa die Verwahrung oder die Administration Drittparteien bei. Dadurch wird die Corporate Governance dieser Pro dukte gesteigert. Man sieht dies typi scherweise bei Exchange Traded Funds, welche in vielen Ländern vertrieben wer den und somit den juristischen aber auch kulturellen Anforderungen vieler Länder genügen müssen. Schliesslich hat dies zur Folge, dass diese Dienstleister anders wahrgenommen werden. Welche zentralen Funktionen zählen heute zum Depotbankgeschäft? Sismondi: Die Aufbewahrung des Fonds vermögens gemäss KAG ist weit zu verste hen und umfasst neben der Verwahrung im engen Sinn auch die Eigentumsprüfung für sonstige Vermögenswerte; dies erfolgt analog den Bestimmungen in der AIFMD. Zudem stellt die KKV fest, dass die De potbank für die Konto- und Depotführung verantwortlich ist; sie muss sie aber nicht selbst führen. Beispiele für derartige Ver mögenswerte, die nicht von der Depot bank verwahrt werden können, sind un ter anderem Immobilien, Finanzkontrakte, Festgelder, Beteiligungen an Privatunter nehmen, Anteile an Personengesellschaf ten, Kunstgegenstände und Rohstoffe. Für diese Vermögenswerte werden Depot B2B MÄRZ 2015 banken eine fortlaufende Überwachung entwickeln müssen. Wirth: Die Hauptaufgaben – Verwahrung des Fondsvermögens, die Ausgabe- und Rücknahme von Anteilen und die Sicher stellung, dass der Fondsvertrag eingehal ten wird – haben sich während der letz ten Jahre nicht geändert. Im Rahmen der Revisionen von Gesetzen und Verordnun gen wurden die einzelnen Aufgaben hin gegen anspruchsvoller. Das Haftungsrisi ko stieg deutlich: Bei der Verwahrung des Fondsvermögens haftet die Depotbank für eine sorgfältige Überwachung der Un terverwahrstelle. Sie hat nachzuweisen, dass sie diesen Sorgfaltspflichten nachge kommen ist. Prozesse sind zu überprüfen. Mit der Einschränkung von Investoren gruppen bezüglich einzelner Fonds resp. Anteilsklassen braucht es zudem eine ef fiziente Anlegerkreiskontrolle. Thorens: Neben den bereits erwähnten zentralen Service-Angeboten erbringen Depotbanken auch Dienstleistungen im Bereich der Devisengeschäfte und der Fondsverwaltung, einschliesslich der Be wertung derivativer Finanzinstrumente, Wertpapierleihen oder der Absicherung von Anteilsklassen. Rüedi: Anzumerken bleibt, dass sich die Aufgaben der Depotbank mit der KAGRevision geringfügig verändert haben. Die Verwahrungs- und Kontrollaufgaben sind im Wesentlichen unverändert. Gesetzlich ist nur die Anforderung an die Auswahl und Überwachung der Drittparteien für die Aufbewahrung der Vermögen gestie gen. Die spürbaren Veränderungen im Ta gesgeschäft ergeben sich aus den detail lierteren Bestimmungen betreffend Auf gabenerfüllung, der gesteigerten Kom plexität der Märkte und Produkte, den erhöhten Transparenz- und Reporting-An forderungen sowie Absicherungen infol ge grösserer Haftung. Oberholzer: Sicher ist man sich heute einig, dass Depotbanken mit den vielen vorangehend genannten und auch kom plexen Aufgaben per se zentrale Funk tionen wahrnehmen. Dies gilt nicht nur für das Fondsgeschäft, sondern auch für das Banking allgemein. Im Fondsgeschäft B2B MÄRZ 2015 9 forum gilt dies aber gesteigert, da der Depot bank auch Kontrollfunktionen zukommen. Hinzu kommen noch diverse so genann te Asset Servicing-Dienstleistungen, wel che mit der Verwahrung zusammenhän gen und einen einwandfreien Service der Depotbank unverzichtbar machen. Davon aber später. Welcher Art ist denn die rechtliche Beziehung zwischen Fondsleitung und Depotbank im Rahmen des Kollektivanlagevertrages? Wirth: Die geforderte Unabhängigkeit von Fondsleitung und Depotbank und die ge genseitigen Kontrollpflichten sind einerseits eine der offensichtlichen Stärken eines An lagefonds. Anderseits gibt es für eine Bank gute Argumente, das Asset Management innerhalb der Bank zu führen oder andere Funktionen in kosteneffizienten bankinter nen Kompetenzzentren auszuüben. Es gibt Modelle, bei denen die Fondsleitung Teile der Administration und des Accountings an die depotführende Bank oder einen Dritten überträgt. Die Möglichkeiten der Delega tion haben im gesetzlichen Rahmen zu er folgen; eine organisatorisch ausreichende Trennung von Fondsleitungs- und Depot bankaufgaben ist sicherzustellen. Dies ist bei einer Bank zum Beispiel beim Insourcing des Asset Managements kein Problem, zu mal bereits für die bestehenden Asset Ma nagement-Tätigkeiten unabhängige Kontroll prozesse etabliert sind. Eine durchdachte Organisation sichert eine einwandfreie Auf gabenerledigung. Oberholzer: Juristisch betrachtet ist der Depotbankvertrag zwischen der Fondslei tung und der Depotbank einerseits und der Kollektivanlagevertrag oder Fonds vertrag zwischen Fondsleitung, Depot bank und Anleger anderseits zu unter scheiden. Während der Fondsvertrag ein standardisiertes Dokument ist und vor al lem die Pflichten der Fondsleitung und der Depotbank gegenüber den Anlegern beinhaltet, regelt der Depotbankvertrag die technische Zusammenarbeit zwischen Fondsleitung und Depotbank. Juristisch gesehen ist der Depotbankvertrag sicher anspruchsvoller und spannender. 10 B2B MÄRZ 2015 forum Immer wieder wird sie angesprochen, die so genannte Depotbank-Kontrollfunktion in Zusammenhang mit Kollektivanlageverträgen. Was muss man sich darunter vorstellen? Handelt es sich hierbei um eine Erweiterung des Monitoring-Instruments des Regulators oder externen Wirtschaftsprüfers? Wirth: Der Fondsvertrag regelt den Anla gefonds umfassend, wird von der Fonds leitung und der Depotbank unterzeich net und von der Aufsicht bewilligt. Bei der täglichen Arbeit nehmen die Fonds leitung und die Depotbank klar formulier te Aufgaben war. Beiden Parteien fallen Kontrollaufgaben zu. Gemäss KAG hat die Depotbank die Aufgabe, die Fondsleitung zu überwachen: «Die Depotbank sorgt da für, dass die Fondsleitung […] das Gesetz und das Fondsreglement beachten. …». Diese Kontrolle hat permanent zu erfol gen, anders als eine periodische Prüfung, wie sie durch eine Prüfgesellschaft vorge nommen wird. Thorens: Nach Schweizer Recht ist die De potbank für eine Einhaltung der gesetz lichen Anforderungen verantwortlich. So überprüft sie die korrekte Berechnung des Nettoinventarwerts, die Einhaltung der Anlagerestriktionen und die korrek ten Ausschüttungen von Dividenden an die Investoren. Wir sehen uns dabei aber nicht als verlängerter Arm der Revision oder Aufsicht, sondern als Partner der Fonds leitungen. Wir helfen den Fondsleitungen, schnell zu korrigieren oder vor allem Feh ler zu vermeiden. Dies spart Kosten, stärkt den Handlungsspielraum und folglich die Reputation der Fondsleitung. Rüedi: Wir sehen «Depotbankkontrolle» durchaus als verlängerter Arm von Auf sicht und Revision. Die Prüfung des NAV, die Erfolgsverwendung sowie die Einhal tung der gesetzlich regulatorischen Vor gaben und der Auflagen im Fondspros pekt sind an die Depotbank delegiert. Die Aufsicht respektive der Wirtschaftsprü fer kontrolliert heute, ob die Depotbank ihre Prüfaufgabe vollständig und inhaltlich korrekt wahrgenommen hat. Der Vorteil dieser Verteilung besteht darin, dass die Überwachung laufend und nicht erst nach B2B MÄRZ 2015 «Als global agierende Bank sehen wir die neuen Regulierungen nicht nur als Aufwand, sondern auch als Chance zur Erhöhung der Wertschöpfung unserer Dienstleistungen an Institutionelle.» Paolo Sismondi Abschluss einer Periode erfolgt. Dies bie tet eine grössere Chance zur allfälligen Schadensminderung. Depotbanken sind zusätzlich zur Verwahrung von Vermögenswerten auch für andere Bereiche verantwortlich und bieten weitere Dienste an. Worin besteht dieses Angebot und wo liegen Anforderungen und wesentliche Risiken? Thorens: Das Depotbankgeschäft ist ein Be ziehungsgeschäft. Kunden suchen prakti sche Antworten auf ihre aktuellen und zu künftigen Herausforderungen. Dabei pfle gen wir einen pragmatischen Ansatz. Das heisst, wir helfen unseren Kunden die ad ministrative Belastung in ihren Middle und Back Offices zu verringern und ihre Portfo lios durch zusätzliche wertschöpfende Leis tungen wie Devisengeschäfte und Wertpa pierleihe zu optimieren. Kunden, die ihre Fonds auch in anderen Ländern vertrei ben wollen, können wir bei der Organisa tion eines ausländischen Domizils und bei der Ausarbeitung ihrer Vertriebsstrategien behilflich sein. Was die Risiken angeht, so stellt die Cyber-Sicherheit heute einen der wichtigsten Schwerpunkte in der ge samten Finanzindustrie dar. Gerade Depot banken verfügen über viele sensible Daten, der Schutz der personenbezogenen und ge schäftlichen Daten unserer Kunden gehört zu unseren höchsten Prioritäten. RBC setzt eine Reihe unterschiedlichster Technolo gien ein und hat verschiedene Massnahmen ergriffen, um die Sicherheit, Vertraulichkeit und Integrität der Daten seiner Kunden zu gewährleisten. Rüedi: Neben der Verwahrtätigkeit be sorgt die Depotbank die Ausgabe- und Rücknahme der Anteile, führt das Anteils register, ist für den Zahlungsverkehr zu ständig, wählt und überwacht eingesetz te Dritt- und Sammelverwahrer. Überdies prüft sie die Einhaltung des Gesetzes und des Fondsreglements, also NAV und Aus gabe- bzw. Rücknahmepreise sowie die Konformität der Anlageentscheide mit dem Gesetz und dem Fondsreglement. Die entscheidenden Risiken liegen meist in der Depotbankkontrolle: Beschaffung der benötigten Daten, Bewertung der komplexen Vermögen, Aufsetzen und Pflegen der Prüfregeln und der Durch setzung von Korrekturmassnahmen bei Verstössen. Aufgrund dieser Komplexität ist der Einsatz von ausgewiesenen Fach spezialisten unumgänglich. 11 forum Depotbanken müssen auch Schritt halten können mit den Veränderungen und Innovationen auf den Gebieten der im Fondsmanagement eingesetzten Anlageklassen und -strategien. Die Produkte werden komplexer, die Verwahrung aufwändiger. Dritt- und Sammelverwahrer dürften eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Welche Anforderungen werden an sie gestellt? Oberholzer: Die Anforderungen an Drittund Sammelverwahrer steigen mit der gestiegenen Haftung und mit der gestie genen Beanspruchung solcher. Wird in südostasiatische Wertpapiere investiert, muss man die beigezogenen Dritt- und Sammelverwahrer kennen. Ich glaube, dass dies die Ausgangslage des Verwahr netzes ist: Man muss primär die Verwahr stellen kennen. Gestützt darauf kann man erste Due Diligence-Prüfungen machen, indem man deren Reputation abklärt, de ren Bewilligungsstatus etc. und dann un ter Umständen auch eine Vor-Ort-Prüfung durchführt, in deren Rahmen man mit den für die Verwahrung zuständigen Personen spricht. Auf jeden Fall wird das Verhält nis zwischen Verwahrstelle und Unterver wahrstelle sicher immer enger. Welche Fragen im Risk Management stellen sich insbesondere bei der Verwahrung und Lagerung von physischen Anlagen wie Kupfer oder Alu, um nur wenige Beispiele zu nennen? Das ist doch wohl 12 «Nur Depotbanken, die aus Sicht der Kunden einen Mehrwert ge nerieren, werden erfolg reich sein und Markt anteile gewinnen.» Pascal Thorens kaum vergleichbar mit der Aufbewahrung von traditionellen Wertpapieren. Sismondi: In den letzten Jahren beobach ten wir einen Trend zu innovativen Produk ten wie zum Beispiel Asset Pooling-Lösun gen, ETFs, Rohstofffonds etc. All diese Pro dukte stellen eine zusätzliche Komplexität bei der Fondsbuchhaltung, beim Reporting und bei den Investment Compliance-Auf gaben dar. Hinzu kommt auch die Schwie rigkeit bei der Lagerung und Verwahrung von Sachwerten. Hier kann State Street Zü rich auf die Expertise und das Netzwerk der globalen State Street-Organisation im Bereich Netzwerk-Management zurückgrei fen. State Street hat in den letzten Jahren Exzellenz-Zentren gegründet, welche sich auf diese neuen Produkte auch in den Be reichen Bewertung, Risikomanagement und Überwachung spezialisiert haben. Oberholzer: Es sind einerseits die Anla gestrategien und -techniken, welche das Verwahrgeschäft verkomplizieren, an derseits aber auch die immer komple xeren Finanzinstrumente. Wenn vor 30 Jahren vornehmlich in Schweizer Aktien und Eidgenossen investiert wurde, so wer den heute Anlagen in gehebelte struktu rierte Produkte ausländischer Emitten ten auf ausländische Basiswerte getätigt und gleichzeitig mittels Effektenleihe aus geliehen oder mittels Pensionsgeschäft verkauft. Dass dies anspruchsvoller ist, liegt auf der Hand und entsprechend stei gen die Anforderungen an die technische Unterstützung und die damit zusammen hängenden Risiken. Grundsätzlich heisst dies aber, dass im Verwahrgeschäft sehr qualifiziertes Personal erforderlich ist. Im Rahmen der zusätzlichen Dienste begegnet man oft dem Begriff des Asset Servicing. Was muss man sich darunter konkret vorstellen? Thorens: Von Asset Servicing sprechen wir, wenn institutionelle Anleger bei der Veranlagung, Konzentration und Verwal tung ihrer Portfolios unterstützt werden. Dabei stellen sich komplexe Fragen rund um die Verwaltung eines Fonds und da nach, wie man ihn bei der Optimierung seines potenziellen Werts unterstützen kann. So benötigen etwa Vermögensver walter aufgrund neuer Regulierungsbe stimmungen und des wachsenden Kennt nisstands der Endanleger zunehmend mehr Management-Ressourcen für eine strengere Compliance-Berichterstattung und Accountability. Gefragt sind spezia lisierte Anbieter von Asset Servicing, die bei der Erfüllung dieser Pflichten behilf lich sind und die Kunden entlasten. Zu dem geht das Aufgabenspektrum weit über die Aufgaben einer traditionellen Transferstelle hinaus und reicht in den Bereich des Fondsvertriebs hinein. Sismondi: Unsere hierzulande ausschliess lich institutionelle Kundschaft verlangt heutzutage mehr als nur Custody-Dienste. Um den Kundenwünschen zu entsprechen, müssen auch Fondsadministration und Be B2B MÄRZ 2015 forum richterstattung, Depotbankfunktionen, Ri sikoanalysen und Performance-Messun gen angeboten werden, dies besonders bei Wertschriften, die komplexerer Natur sind. Bei State Street bekommt man die se Dienstleistungen aus einer Hand; als An sprechpartner für Kunden dient die loka le Organisation in der Schweiz, welche un terstützt wird durch Kompetenzzentren an anderen Standorten. Wirth: Die Aufgaben eines Custodians – unabhängig davon, ob es sich beim Inves tor um einen Anlagefonds, einen institu tionellen oder privaten Investor handelt – sind heute sehr umfassend. Ein erfolg reicher Custodian differenziert sich gegen über seinen Mitbewerbern über ein inno vatives Asset Servicing-Angebot und lie fert seinerseits konkrete Performance-Bei träge: So unterstützt er den Investor bei der globalen Rückforderung von Quellen steuern, bei der Führung kosteneffizien ter Prozesse über zur Verfügung gestellte IT-Schnittstellen oder über massgeschnei derte Reportings. Oder er ermöglicht der Fondsleitung webbasiert die Stimmrechte weltweit wahrzunehmen. Inwieweit hat sich der Markt für die Anbieter von Asset Servicing in den letzten Jahren verändert? Thorens: Das betriebliche Umfeld für den Finanzdienstleistungssektor dürfte anspruchsvoll bleiben. Im Depotbankge schäft werden jene die Nase vorn haben, die investitionsfreudig sind, klare und re alistische Strategien verfolgen und vor al lem global aufgestellt sind. Die Anbieter von Asset Servicing benötigen Technolo gie und Infrastruktur, um eine wachsen de Zahl an Märkten zu bedienen, in de nen Kunden ihre Fonds vertreiben wollen. Möglicherweise werden wir in den kom menden Jahren eine weitere Marktkonso lidierung erleben, weil die Branche stän dige Konzentration und laufendes Enga gement in der Bereitstellung von immer wieder neuen Lösungen erfordert. Wie verhält es sich beim Depotbankgeschäft in Bezug auf Haftungsfragen in der Schweiz? Wo liegen die Unter- B2B MÄRZ 2015 13 schiede zwischen KAG-Bestimmungen und den beiden EU-Direktiven AIFMD sowie der kurz vor der Umsetzung stehenden UCITS V? Sismondi: Bei UCITS V haftet die Depot bank für jeglichen Verlust von in Verwah rung gehaltenen Vermögenswerten. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn sie nach weisen kann, dass der Verlust auf äusse re Ereignisse zurückzuführen ist, die nach vernünftigem Ermessen nicht kontrolliert werden resp. entsprechend hätten ver mieden werden können. Zum Begriff der so genannten umgekehrten Beweislast: Heute muss die Depotbank nachweisen, dass der Verlust als Folge des vorhin ge nannten Ereignisses entstanden ist. Die Depotbank muss ohne übermässige Ver zögerung ein Finanzinstrument gleicher Art oder einen entsprechenden Betrag erstatten. Damit haftet sie für sämtliche Verluste des Fonds oder der Investoren, die diese infolge einer von der Depotbank fahrlässig oder vorsätzlich verursachten Nichterfüllung ihrer Pflichten erleiden. Ein vertraglicher Haftungsausschluss ist nicht möglich. Die erhöhte Haftung der Depotbank für die Unterverwahrung hat zur Konsequenz, dass die Risikokosten steigen, womit sich auch der Markt mit seiner Anbieterstruktur wesentlich ver ändern dürfte. Oberholzer: Die Haftung im KAG geht weniger weit als in UCITS V und AIFMD; letztere sehen ja faktisch eine Kausalhaf tung vor. Das ist vor allem bei Emerging Markets-Anlagen heikel; im Vergleich zu den entwickelten Ländern ist die Ver wahrung mit grösseren Risiken verbun den. Fraglich bleibt, inwieweit diese ge steigerte Haftung die Custody-Kosten in die Höhe treibt und inwieweit Schweizer Banken noch als Custodian von NichtSchweizer-Fonds agieren können bzw. wie sie dieses neue Haftungsumfeld in ihren Depotbankverträgen abbilden. Wie bekommen die Depotbanken künftig ihre Haftungsrisiken in den Griff? Ist anzunehmen, dass mit steigenden Anforderungen an das Geschäft und entsprechend höheren Haftungsrisiken 14 B2B MÄRZ 2015 forum auch die Geschäftsmodelle gewisse Anpassungen erfahren werden? Rüedi: Durch die höheren Haftungsrisiken sind unter anderem die Anforderungen an die Prozesse, deren Einhaltung sowie an die Qualifikation der eingesetzten Mitar beiter gestiegen. Nur mit professionellen und revisionssicheren Prozessen lassen sich die Risiken ausreichend kontrollie ren. Eine jederzeit aktuelle Prozessdoku mentation, das lückenlose und revisions fähige Tätigkeitslog sowie die revisions sichere Dokumentation der Arbeitsresul tate sind heute eine Grundvoraussetzung. Dies alles kann nur mit einer adäquaten IT-Unterstützung gewährleistet werden, was die Kosten entsprechend noch ein mal weiter in die Höhe treibt. Demzufol ge kann ein Outsourcing an spezialisier te Anbieter, welche für verschiedenste Teilaufgaben auch über entsprechend dedizierte IT-Lösungen verfügen, durch Nutzung von Skaleneffekten eine kosten günstigere und damit interessante Option sein. Wirth: Dass ein Fehler viel teurer sein kann als das, was sich mit einer einzigen Transaktion – auch im besten Fall – er wirtschaften lässt, gilt im Wertschriften geschäft ganz besonders. Die Herausfor derung besteht darin, die Entwicklung der Märkte und der regulatorischen Vorga ben laufend und konsequent zu beobach ten. Die Risikosituation ist regelmässig zu überprüfen und das Risiko selbst über ge eignete vertragliche Regelungen zu kont rollieren. Deshalb ist der Entscheid einer Bank, wie umfangreich sie ihr Service-An gebot gestaltet, aber auch welche Aufga ben sie selbst wahrnimmt und welche sie von einem Dritten erstellen lässt, zentral. Es kann auch angemessen sein, als Custo dian aus Risikoüberlegungen ganz auf An gebote zu verzichten. Wie bereits ausge führt, ist das Custody-Geschäft zudem stark von einer leistungsfähigen IT abhän gig. Wachsende Volumen zahlen diese In vestitionen wieder zurück. Oberholzer: Betreffend Schlagworte wie Konsolidierung und Gebührenanpassun gen folgendes: Meines Erachtens hat man da noch keine grossen Bewegungen gese B2B MÄRZ 2015 «Als Vertreter eines Custodians resp. einer Depotbank haben wir den ständigen Auftrag zu belegen, dass die Depotbanktätigkeit nicht ein notwendiges Übel ist, sondern einen wich tigen Beitrag zur Wert schöpfung liefert.» Markus Wirth hen. Diese dürften vielleicht erst mit dem ersten Haftungsfall kommen. Aber das ist ja die Krux der ganzen Sache. Die Anfor derungen an das Depotbankgeschäft wur den nach oben geschraubt, ohne dass es wirkliche Depotbankskandale gegeben hat. Eine Begründung für die gesteiger ten Anforderungen sind uns das Parla ment und die Aufsichtsbehörden schul dig geblieben. Welche Veränderungen zeichnen sich insbesondere im Risikomanagement ab? Sismondi: Eine wesentliche Veränderung im Risikomanagement betrifft die Trennung zwischen den Aufgaben der so genann ten ersten und zweiten Verteidigungslinie. Die Funktion der ersten Verteidigungslinie haben die operativen Geschäftseinheiten wahrzunehmen. Die Kontrollen der zwei ten Verteidigungslinie sind durch das Risk Management und die Compliance sicher zustellen. Die dritte L inie bleibt weiter hin die interne Revision und die vierte Li nie wird von der externen Revision und vom Regulator wahrgenommen. Bei State Street Zürich hat per Januar 2015 die De potbank alle Aufgaben der ersten Vertei digungslinie wie KYC, AML, Leitung Deal Team, Suspicious Transaction Monitoring und das Management von Interessenkon flikten von der Compliance übernommen. Der grosse Vorteil ist, dass damit die Kon trollen sehr nahe am operativen Geschäft stattfinden und dadurch die Risiken bes ser überwacht und am Ort der Entstehung reduziert werden können. Rüedi: In der Vergangenheit waren die einzelnen Aufgaben der Depotbank weit gehend in den entsprechenden Back-Of fice-Einheiten der Gesamtbank integriert. Somit waren sie automatisch in das inter ne Kontrollsystem – kurz: IKS – der Ge samtbank eingebunden. Ein IKS respek tive Risikomanagement auf Stufe Depot bank existierte nicht. Aufgrund der er höhten Haftung haben die Depotbanken mit dem Aufbau dedizierter Einheiten mit entsprechendem Fachwissen reagiert. Diese Fachspezialisten führen einerseits die Depotbankkontrolle durch und über wachen anderseits die Arbeitsresultate diverser Fachabteilungen. Entsprechend wurden auch dedizierte IKS für die De potbankfunktion aufgebaut. Auf den einzelnen Fonds bezogen, welcher die Risiken in Zusammen- 15 forum hang mit seiner Depotbank effektiv zu tragen hat: Wie können Fonds die in Zusammenhang mit der Depotbank bestehenden Gegenparteirisiken vermeiden? Wirth: Wie bei allen Depots sind die Wertschriften eindeutig dem Depotinha ber, also dem Anlagefonds, zugeteilt und fallen nicht in die Konkursmasse der Bank. Das von der Depotbank gewählte Unter verwahrnetz sollte durch den Fonds, so lange die Auswahl und Überwachung durch die Depotbank entlang der gefor derten Kriterien entspricht, möglichst nicht in Frage gestellt werden. Anders verhält es sich bei den bankbilanzwirksa men Cash-Konti oder auch bei Festgeld anlagen bei der Depotbank. Diese werden bei einem zu hohen Exposure bei der De potbank von einer Drittbank geführt. Die Frage nach der Platzierung von Geldern bei einer Drittbank kann sich aktuell bei der Anwendung von Negativzinsen eben falls stellen. Dabei können Risikoüberle gungen der Fondsleitung auch die Inkauf nahme von Negativzinsen bedeuten. Wettbewerb, Skalenökonomie und Haftungsrisiken: Wird die Konsolidierung im Markt weiter voranschreiten? Haben Nischenanbieter überhaupt noch Chancen? Rüedi: Wir sehen eine weitergehende Konsolidierung bei den Depotbanken; län 16 gerfristig werden nur die grossen, inter nationalen Player überleben, obwohl da neben auch die ganz spezialisierten Ni schenanbieter eine grosse Chance haben dürften. Letztere müssen ihr Geschäfts modell klar definieren und sich dabei auf ihre Kernkompetenzen fokussieren. Kon sequenterweise ist die gezielte Delega tion von Aufgaben ausserhalb der Kern kompetenz eine Notwendigkeit. Beispiels weise kann eine Depotbank einerseits die Aufbewahrung von Wertpapieren an eine Grossbank übertragen, die Kontrollaufga ben anderseits einem spezialisierten An bieter wie etwa der FinOps AG delegie ren. So kann sich der lokale Nischenanbie ter beispielsweise auf die Überwachung der Aufbewahrung von Rohstoffen in ei nem bestimmten Land und direkten Im mobilienanlagen konzentrieren. Oberholzer: Die Anforderungen werden aufgrund der Internationalisierung sicher steigen. Dies ruft nach Verwahrstellennet zen, so dass Alleinanbieter und Kleininsti tute einen schwierigen Stand haben wer den. Nischenanbieter dürften eine Chan ce haben, wenn sie wirklich eine zukunfts tragende Nische gefunden haben, die kein internationales Verwahrnetz benötigt. Der art viele solcher Nischen dürfte es aber meines Erachtens nicht geben. Wie können Depotbanken erfolgreich bleiben und wachsen? Wirth: Die Investoren sind heute sehr gut informiert oder lassen sich von unabhän giger Seite beraten. Der Regulator hat den Gestaltungsspielraum reduziert, die Risi ken stärker auf die Provider überwälzt und auch dafür gesorgt, dass Abhängigkeiten verringert werden. Wachstum und Profita bilität erreicht man in diesem Umfeld nur über Anlageprodukte, die für den Anle ger in allen Aspekten – also bezüglich An lagestrategie, Performance und Kosten – Erfolg versprechen. Dazu gehören attrak tive und transparente Service- und Preis modelle. Kosteneffizienz erreicht man über einfache, weitgehend systemunterstützte Prozesse und allenfalls über ein Outsour cing ausgewählter Aufgaben. Hohe Volu men und die Führung eines gestrafften An gebotes senken die Stückkosten ebenfalls. Da die Banken immer noch um Marktan teile im Depotgeschäft buhlen, bleibt die Durchsetzung einer höheren Entschädi gung eine Herausforderung. Als Vertreter eines Custodians resp. einer Depotbank haben wir den ständigen Auftrag, zu bele gen, dass die Depotbanktätigkeit nicht ein notwendiges Übel ist, sondern einen wich tigen Beitrag zur Wertschöpfung liefert. Rüedi: Marktanteile lassen sich unseres Erachtens mit einem professionellen und umfassenden Dienstleistungsangebot ge winnen. Dieses muss neben den zwingen den Aufgaben auch wertschöpfende Tä tigkeiten beinhalten. Um mit diesem Ge schäft einen Gewinn zu erzielen, muss das Betriebsmodell weiter industriali siert werden. Hier kommt der Aufgaben delegation an spezialisierte Geschäfts partner eine entscheidende Bedeutung zu. Sourcing-Fragen dürften in den Vor dergrund rücken. Thorens: Eine Depotbank ist heute ein Transaktions- und Technologieunterneh men, was bedeutet, dass wir laufend inves tieren und uns an regulatorische, markt-und kundenspezifische Anforderungen anpas sen müssen. Wir möchten die Wahrneh mung regulatorischer Vorschriften bei un seren Kunden dahingehend ändern, dass sie sich zu fragen beginnen, ob ihnen diese Ver änderungen nicht auch Chancen bringen. Aufgrund der zunehmenden Berichts- und B2B MÄRZ 2015 forum Aufsichtspflichten verarbeiten Depotban ken heute etwa viel grössere Datenmengen für ihre Kunden – ein Umstand, der ihnen bei der Konzeption ihrer Strategien vielleicht zugute kommt. Tatsächlich ist ein spürba rer Wandel in den Kundenerwartungen ge genüber Diensten eingetreten, die über das Kerngeschäft der Depotbank hinausgehen. Wachstum hat auch mit unternehmerischem Wagemut und vielfach dem Eingehen von deutlich höheren Risiken zu tun: Damit halten auch GovernanceThemen vermehrt Einzug ins Depotbankgeschäft: Welche Fragen dürften in absehbarer Zeit in Bezug auf Unabhängigkeiten und mögliche Interessenkonflikte insbesondere auch auf Schweizer Anbieter zukommen? Sismondi: Eine häufig übersehene Quel le möglicher Konflikte ist das Verhältnis zwischen Fondsleitung und Depotbank. Das Kollektivanlagengesetz KAG sieht hier die gegenseitige Unabhängigkeit der beiden beteiligten Fondsdienstleister vor. Seit dem 1. Januar 2015 ist die überarbei tete Verordnung der F INMA über die kollektiven Kapitalanlagen – kurz: KKV- FINMA – in Kraft, in der diese Anforderun gen weiter ausgeführt werden. Insbeson dere grosse Vorsorgeeinrichtungen set zen bereits heute auf Modelle, bei de nen die Fondsleitung nicht nur formal, sondern effektiv unabhängig von der De potbank ist. Bei solchen Lösungen kon trollieren sich Fondsleitung und Depot bank wie vom Gesetz vorgesehen im In teresse der Anleger gegenseitig. Bei State Street Zürich hat man sich deshalb zu ei ner Abtrennung von der konzerninter nen Fondsleitung entschieden, um sich ganz auf die Depotbankaufgaben mit ver schiedenen Drittfondsleitungen zu fokussieren. Welche Themen und Trends in Bezug auf das Custody-Geschäft werden in absehbarer Zukunft aus EU-Brüssel kommen? Thorens: Die EU wird sich weiterhin an ihre G20-Zusagen halten, was die Verbes serung der Funktionsweise von Finanz märkten betrifft. Dazu sind Massnahmen für einen stärkeren Anlegerschutz, ver mehrte Transparenz und Vorkehrungen gegen zukünftige systemische Risiken zu treffen. Seit diesem Beschluss aus dem Jahr 2009 hat sich die Art und Weise, wie die Industrie agiert, grundlegend ge ändert. Wahrscheinlich ist auch weiterhin mit Massnahmen im Bereich des Risiko managements zu rechnen. Sismondi: Die EU hat mit den beiden Richt linien AIFMD und UCITS V die Pflichten forum facts FinOps FinOps ist ein unabhängiger und dy namischer Dienstleistungsanbieter für die Finanzdienstleistungs-Industrie und übernimmt umfassende Admi nistrations- und Buchhaltungsaufga ben, Depotbankkontrollen, Invest ment Compliance und konsolidierte Reportings. Professionelle Dienstleis tungen im Bereich Depotbankkont rolle umfassen das Aufsetzen der Prüfregeln bis hin zur Plausibilisie rung des Nettoinventarwertes. Ba sierend auf den Daten der Depot bank wird ein synthetischer Netto inventarwert berechnet und mit demjenigen der Fondsleitung abgeglichen. Kellerhals Anwälte Mit seinem Team betreut Dominik Oberholzer, Partner der Kanzlei Kel lerhals Anwälte – einer Schweizer Wirtschaftskanzlei mit Niederlassun gen in Zürich, Bern und Basel – den Bereich Banking & Finance, und zwar mit einem Schwerpunkt auf kollek tiven Kapitalanlagen und allen ver wandten Gebieten einschliesslich der Prozessführung im Bereich Ban king & Finance. Dominik Oberholzer wird von allen grossen internationa len Rankings für den Bereich Invest ment Funds empfohlen, so denn auch von Chambers and Partners. Er publi ziert und referiert regelmässig in die sen Fachbereichen. State Street State Street ist einer der weltweit füh renden Spezialisten bei Dienstleistun gen für institutionelle Investoren (In vestment-Dienstleistungen, Invest ment Management, Investment Re search sowie Dienstleistungen für den Wertpapier- und Devisenhandel). Mit 28 Bio. CHF unter Verwahrung und Administration und 2.4 Bio CHF unter Verwaltung per Ende Dezember 2014 ist State Street in mehr als 100 Märk ten weltweit tätig, unter anderem in den USA, Kanada, Europa, im Nahen Osten und in Asien. In der Schweiz ist das Unternehmen seit 1998 vertreten, dies mit zurzeit rund 100 Mitarbeitenden. Zürcher Kantonalbank Custody- und Depotbankservices sind Kerngeschäft der Zürcher Kantonal bank. Das Unternehmen investiert laufend in Verbesserungen und neue Marktanforderungen. Dank einem um fassenden Angebot der Zürcher Kanto nalbank in Handel, Asset Management, Custody und bei Fondsdienstleistungen können Services selektiv und aufeinan der abgestimmt bezogen werden. Bei der Zürcher Kantonalbank – einer der sichersten Banken weltweit – erhalten Kunden eine Betreuung aus einer Hand. Experten kümmern sich um die sichere Verwahrung und kompetente Adminis tration von liquiden Mitteln, Wertpapie ren und anderen Finanzinstrumenten. 18 Spezialisten für das Depotbankgeschäft RBC RBC Investor & Treasury Services (RBC) ist ein weltweit führender Spe zialanbieter von Asset Servicing-, De potbank-, Zahlungsverkehr- und Trea sury-Dienstleistungen für die Finanz dienstleistungsindustrie. RBC betreut Kunden an 18 Standorten in Nordame rika, Europa, Asien und Australien. Die Geschäftsausrichtung und das ange botene Dienstleistungspaket kon zentrieren sich darauf, auf globaler Ebene die Vermögenswerte seitens der Kundschaft zu schützen, stets Li quidität sicherzustellen sowie mög liche Risiken in verschiedenen Län dern und Jurisdiktionen zu kontrollieren. B2B MÄRZ 2015 forum Dr. Dominik Oberholzer LL.M., Partner Kellerhals Anwälte, Zürich. Alfred H. Rüedi Partner, Sales & Consulting, FinOps AG, Zürich. Paolo Sismondi Leiter Depot bank, State Street Bank GmbH, Mün chen, Zweig niederlassung Zürich. B2B MÄRZ 2015 für die Depotbanken bereits erheblich ver schärft. Insbesondere die Umsetzung der UCITS V-Richtlinie wird die Depotbanken in den kommenden Jahren wesentlich be schäftigen. Zusätzlich zu den regulatori schen Vorschriften hat auch die Internatio nal Organization of Securities Commission IOSCO im Oktober 2014 ihr Konsultations papier im Zusammenhang mit den Prinzi pien bezüglich Verwahrung von kollektiven Kapitalanlagen zur Vernehmlassung publi ziert. Auch wird die MiFID II-Richtlinie mit ihren Zusatzverordnungen indirekt Einfluss auf die Depotbankenfunktion ausüben. Ne ben den organisatorischen Vorgaben so wie erhöhten Transparenzvorschriften bie ten Regulierungen mitunter auch Möglich keiten für neue Marktfelder; zu denken ist etwa an Reporting- und Besicherungs dienstleistungen. Und was in der EU ange dacht resp. durchgesetzt wird, dürfte rasch auch in der Schweiz Fuss fassen. Als Zweig niederlassung profitiert State Street in Zü rich vom Mutterhaus insofern, als dieses in die Vernehmlassungsprozesse neuer regu latorischer Initiativen in der EU eingebun den ist. Statt nur nahe dran, sind wir mitten drin: So können wir regulatorische Bestim mungen und gestiegene Anforderungen, welche voraussichtlich auch in der Schweiz Anwendung finden werden, schneller auf nehmen sowie kompetenter und zeitnaher umsetzen. Viel und heftig wurde in den letzten Jahren im Nachgang zur Krise reguliert: Konnten die eigentlichen Schwachstellen in unserem Fund und Asset Management-Geschäft damit tatsächlich auch konsequent angegangen werden, sodass im Sinne des Anlegerschutzes Besserung zu erwarten ist? Rüedi: Die regulatorischen Initiativen der EU erfolgen in der Regel unter dem Deck mantel des Anlegerschutzes. Die Schweiz vollzieht gewöhnlich nach, was vom Aus land her an sie herangetragen wird; dies im Bestreben, sich Marktzugang zu si chern. Dabei setzt sie nicht selten noch einen drauf – sie nennt das Swiss Finish. Zur gestellten Frage folgendes: Möchte ein vermögender Privatkunde sein Vermö gen in 30 unterschiedliche Wertschriften positionen diversifiziert anlegen, so erhält er 30 detaillierte Produktprospekte samt KIIDs und dergleichen. Zur Dokumenta tionsflut, mit welcher er konfrontiert wird, muss er sich auch noch auf Herz und Nie ren prüfen lassen. Ist es das, was wir heu te unter Anlegerschutz verstehen? Pascal Thorens CEO RBC, Zürich. Markus Wirth Leiter Custody, Zürcher Kantonalbank, Zürich. 19
© Copyright 2024 ExpyDoc