Arbeitsbedingungen und Stress

Ihre Gesprächspartner/-innen:
Rudolf Hundstorfer
Bundesminister für Arbeit, Soziales und
Konsumentenschutz
in
Dr. Christa Sedlatschek
Direktorin der Europäischen Agentur für
Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
in
Dr. Anna Ritzberger-Moser
Leiterin der Sektion Arbeitsrecht
und Zentral-Arbeitsinspektorat
Dr. Johann Kalliauer
Präsident der AK Oberösterreich
Arbeitsbedingungen
und Stress
Pressegespräch
Freitag, 20. März 2015, 9.30 Uhr
Gartenhotel Altmannsdorf
1
Statement von BM Rudolf Hundstorfer
Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Wenn wir heute über psychische Belastungen am Arbeitsplatz sprechen, kann ich
mit Stolz sagen, dass wir in Österreich in den letzten Jahren viel bewegt haben.
Mit der Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes 2013, mit der klar gestellt
wurde, dass auch die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer/innen zu schützen
ist, haben wir einen wichtigen Prozess in Gang gesetzt und damit einen Stein ins
Rollen gebracht. Seither hat sich in Sachen Bewusstseinsbildung und praktische
Lösungsansätze viel getan.
Österreich hat als eines der ersten Länder in der EU rechtzeitig den richtigen gesetzlichen Rahmen geschaffen, um den Herausforderungen einer modernen Arbeitswelt Rechnung zu tragen. Die Vernetzung mit den Sozialpartnerorganisationen und der AUVA im Rahmen der ArbeitnehmerInnenschutzstrategie 2013 2020 spielt eine bedeutende Rolle bei der Schaffung gesunder und menschengerechter Arbeitsplätze. Ich freue mich, dass wir heute gemeinsam mit der AK OÖ
ein Zeichen setzen, dass wir alle an einem Strang ziehen.
Seitens des Sozialministeriums unterstützen die rund 310 Mitarbeiter/innen der
Arbeitsinspektionen Unternehmen bei der praktischen Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben durch Kontrolle und Beratung vor Ort sowie schriftliche Hilfsmittel wie einen Leitfaden, Merkblätter und Antworten auf häufig gestellte Fragen.
Seit der Novelle des ASchG wurde eine Beratungs- und Kontrolloffensive gestartet:
Waren es im Jahr 2012 noch 3.040 Betriebe und Arbeitsstätten, die vonseiten des
Arbeitsinspektorates im Hinblick auf die Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen geprüft wurden, waren es 2014 bereits 4.973, was einer Steigerung von
über 60 Prozent entspricht.
Psychosoziale Risiken in der Arbeitswelt müssen im Interesse der Menschen und
der Wirtschaft verhindert werden! Wir sind auf unserem Weg in den vergangenen
Jahren ein großes Stück vorwärts gekommen, aber gerade jetzt dürfen wir auf keinen Fall locker lassen. Es liegen bereits viele Erkenntnisse und Informationen zum
Thema vor: Diese müssen jetzt verstärkt genutzt, geteilt und kommuniziert werden.
2
Mit der heutigen internationalen Expert/innentagung „Arbeitsbedingungen und
Stress“ treiben wir die Diskussion weiter voran und tauschen wertvolle Ergebnisse
und Erfahrungen der letzten Jahre auf europäischer Ebene aus. Die Erkenntnisse
und der Austausch mit Expert/innen aus anderen europäischen Ländern trägt wesentlich dazu bei, unsere eigene Position besser einzuschätzen, unsere Maßnahmen
weiterzudenken und unseren Weg noch konsequenter voranzuschreiten.
Das Thema „psychische Belastungen am Arbeitsplatz“ ist mittlerweile in den Betrieben angekommen. Die Bewusstseinsbildung hat funktioniert, Vorbehalte gegen die Evaluierung psychischer Belastungen lösen sich immer mehr auf. Ein
wichtiger Beitrag dazu ist Österreichs äußerst erfolgreiche Beteiligung an der gemeinsamen EU-weiten Kampagne „Gesunde Arbeitsplätze – den Stress managen“
2014/2015. Ich freue mich besonders, dass Dr.in Christa Sedlatschek, die Direktorin
der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz,
heute aus Bilbao in ihr Heimatland angereist ist, und unser gemeinsames Ziel,
auch psychische Belastungen in der Arbeitswelt handhabbar zu machen, forciert.
Wir leben Europa – und die gemeinsamen Aktivitäten zu dem wichtigen Thema
Stress stellen auch die Weichen für eine sichere und gesunde Zukunft in der Arbeitswelt.
Auch nach dem Ende der Kampagne 2015 wird die Arbeitsinspektion die Kontrollen in punkto psychische Belastungen weiter in bewährter Weise durchführen. Es
ist mein Anliegen, Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Menschen mit ihnen
auch alt werden können. In diesem Sinne freuen wir uns bereits auf Österreichs
Teilnahme an der kommenden Kampagne 2016/2017 der EU zum Thema „Gesund
und sicher arbeiten in jedem Alter“.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Stress am Arbeitsplatz ist ein ernstes Thema,
das alle Erwerbstätigen betrifft und gefährden kann. Daher werden wir nicht locker lassen, Unternehmen zu motivieren und die Umsetzung der gesetzlichen
Vorgaben einzufordern! Das hilft allen: den Unternehmen, den Arbeitnehmer/innen und letztendlich den Steuerzahler/innen.
3
Menschengerechte Arbeitsbedingungen und stressfreie Arbeitsplätze sind im Interesse aller. Arbeitnehmer/innenschutz ist ein wesentliches und unverzichtbares
Anliegen jeder sozialen Gesellschaft und jeder erfolgreichen Volkswirtschaft.
Rückfragenhinweis:
Mag. Nina Weiß, comm:unications, Tel. 01/315 14 11 -46,
[email protected]
Mag. Norbert Schnurrer, Pressesprecher des Bundesministers, Tel. 01/711 00 – 2246,
[email protected]
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Statement von Dr.in Christa Sedlatschek
Direktorin der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz
am Arbeitsplatz
Ich freue mich, heute im Rahmen der internationalen Expertentagung zum Thema
„Arbeitsbedingungen und Stress“, die einen der zahlreichen Höhepunkte der österreichischen Kampagnenaktivitäten im Rahmen der EU-Kampagne „Gesunde
Arbeitsplätze - den Stress managen“ darstellt, zu Ihnen zu sprechen.
Stress am Arbeitsplatz: ein gesamteuropäisches
gesamteuropäisches Problem
Stress und psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz sind ein gesamteuropäisches
Problem. Dank unserer Studien wissen wir heute, dass Stress am Arbeitsplatz
(nach Muskel-Skelett-Erkrankungen) das zweithäufigste arbeitsbedingte Gesundheitsproblem in Europa ist. Zusammen mit anderen psychosozialen Risiken verursacht er mehr als die Hälfte (50-60%) aller Krankenstandstage. Rund vier von zehn
Arbeitnehmer/innen sind dabei der Ansicht, dass Stress an ihrem Arbeitsplatz
nicht gut gehandhabt wird. 1 Die durch Stress verursachten direkten und indirekten Kosten betragen im EU-Schnitt laut Studien etwa zwei bis fünf Prozent des
BIP, es handelt sich also um Milliardenbeträge. Umso wichtiger sind Veranstaltungen wie die heutige Tagung, die die Erfahrungen innerhalb Europas bündeln,
um gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
Festhalten möchte ich: Im Grunde schneidet sich jedes Unternehmen mit schlechten Arbeitsbedingungen ins eigene Fleisch. Denn wenn ein Mitarbeiter über einen
längeren Zeitraum ausfällt, kostet das viel Geld. Demgegenüber steht die Forderung, länger zu arbeiten. Das wird aber nur dann umsetzbar sein, wenn die Mitarbeiter/innen auch lange arbeitsfähig bleiben. Die Vorteile des Managements von
psychosozialen Risiken und arbeitsbedingtem Stress überwiegen in jedem Unternehmen die damit verbundenen Kosten.
1
Research on work-related stress’, European Agency for Safety and Health at Work, 2000.
http://osha.europa.eu/en/publications/reports/203/view
5
45% der Österreicher/innen dauernd bis regelmäßig Stress ausgesetzt
Bei einer von EU-OSHA 2013 durchgeführten europaweiten Meinungsumfrage2
waren 8% der österreichischen Arbeitnehmer/innen dauerndem Stress ausgesetzt,
37% erklärten, dass sie ebenfalls eher regelmäßig Stress ausgesetzt sind. Im Vergleich zu anderen EU-Staaten sind diese Prozentsätze relativ niedrig, die höchsten
Werte zeigten Länder wie Zypern, Griechenland, Slowenien, Portugal und Malta.
Diese Zahlen spiegeln die wirtschaftliche Krise in Europa wider, da die Hauptursache von Stress von 72% aller Befragten mit Umstrukturierung und Angst vor
Jobverlust angegeben wurde.
Dennoch: Rund 40% aller Invaliditätspensionen in Österreich werden durch Stress
und dessen negative Auswirkungen auf die Gesundheit verursacht.3
In Österreich führen vor allem der Umgang mit schwierigen Kund/innen, Patient/innen oder Schüler/innen und Zeitdruck zu einer erhöhten Stressbelastung.
Daher sind in erster Linie serviceorientierte Branchen wie der Gesundheitssektor,
Pflegeeinrichtungen, öffentlicher Verkehr, Gastgewerbe und Schulen betroffen.
2
3
https://osha.europa.eu/en/safety-health-in-figures, 2013.
Vgl. WIFO Fehlzeitenreport 2011, S. 75
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Österreichische Unternehmen setzen im Kampf gegen Stress auf Einbezug der
Mitarbeiter/innen
Sehr positiv ist, dass österreichische Unternehmen sehr stark auf die Mitwirkung
und Einbeziehung der Mitarbeiter/innen setzen, wenn es darum geht, Maßnahmen im Betrieb umzusetzen. Im europäischen Vergleich liegt Österreich hier an
dritter Stelle hinter Norwegen und Dänemark, gefolgt von Schweden und Finnland. 4 Damit sind Österreichs Unternehmen auf einem guten Weg, denn laut unserer Befragung sind Maßnahmen vor allem dann nachhaltig, wenn die Mitarbeiter/innen bei der Planung und Umsetzung befragt werden und aktiv mitwirken
können.
Die in Österreich am häufigsten gesetzten Maßnahmen zur Stressprävention sind
vertrauliche Beratungsangebote, Neuorganisation der Arbeit, Veränderungen von
langen oder unregelmäßigen Arbeitszeiten und Einführung von Konfliktlösungsverfahren.
4
ESENER2 Befragung der EU-OSHA https://osha.europa.eu/en/esener-enterprise-survey/enterprise-survey-esener
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Umsetzung der Kampagne in Österreich
Als Österreicherin bin ich stolz auf Österreichs aktive Teilnahme an der EUKampagne 2014/2015 „Gesunde Arbeitsplätze – den Stress managen“. Zahlreiche
Veranstaltungen in Wien und den Bundesländern trugen seit dem Start im April
2014 zur Bewusstseinsbildung und Vernetzung von Unternehmen, Arbeitnehmervertreter/innen, Sozialpartner/innen, politischen Akteur/innen und Expert/innen
bei. Auch Filmvorführungen und Fotoausstellungen standen am Programm. 12
österreichische Unternehmen beteiligten sich außerdem am „Europäischen Wettbewerb für gute praktische Lösungen“, dessen Gewinner/innen im April 2015 in
Riga, Lettland, prämiert werden.
Ich danke besonders dem Bundesminister für Soziales, Rudolf Hundstorfer, für die
Unterstützung des Sozialministeriums bei der Umsetzung der Kampagne in Österreich, den österreichischen Sozialpartner/innen, heute in erster Linie der AK OÖ,
sowie der österreichischen Kampagnenmanagerin, Mag.a. Martina Häckel-Bucher.
Gemeinsam ist es uns gelungen, einen starken Scheinwerfer auf die Problematik
zu richten.
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EUEU-Kampagne 2014/2015: „Gesunde Arbeitsplätze – den Stress managen“
Die Kampagne ist die weltweit größte Kampagne im Bereich Arbeitnehmer/innenschutz. Beteiligt sind alle 28 EU Mitgliedsstaaten sowie alle EFTA-, Beitritts- und Kandidatenländer.
Mit ihr wollen wir Unternehmen bei der Bewältigung psychosozialer Risiken unterstützen. Die gemeinsame Themenwahl aller sich an der Kampagne beteiligenden Länder sowie der Sozialpartner/innen unterstreicht die Tragweite des Problems.
Neben dem Ziel, für das Thema zu sensibilisieren, liegt es uns vor allem am Herzen, den Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen praktische Unterstützung
und Hilfestellungen anzubieten, indem wir den Austausch guter praktischer Lösung fördern. Unternehmen und Einzelpersonen finden auf der Kampagnenwebsite www.healthy-workplaces.eu zahlreiche Tipps und praktische Werkzeuge. Auch
in den sozialen Medien sowie mittels eines Wikis rund um Arbeitsschutz informieren wir zum Thema.
Unsere nächste Kampagne startet 2016, und widmet sich erneut einem sehr brisanten Thema: gesunde und sichere Arbeitsplätzen in jedem Alter.
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Statement von Dr.in Anna Ritzberger-Moser
Leiterin der Sektion Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat
Status Quo der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen in Österreich
Wenn ich heute den Status Quo der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen in Österreich betrachte, kann ich sagen: Wir haben das Thema gut auf den
Weg gebracht und auf die nächste Ebene gehoben. Ging es anfangs vor allem darum, Unternehmen für die Thematik zu sensibilisieren und sie dahingehend zu
beraten, geht es jetzt verstärkt um die Kontrolle der betrieblichen Umsetzung.
2013 stellte die Novelle zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz klar, dass neben der
körperlichen auch die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer/innen zu schützen
ist. Seither hat die Arbeitsinspektion, die Bestandteil des Sozialministeriums ist,
ihre Bemühungen verstärkt und eine Beratungs- und Kontrolloffensive gestartet.
BeratungsBeratungs- und Kontrolloffensive der Arbeitsinspektion
Waren es im Jahr 2012 noch 3040 Betriebe und Arbeitsstätten, die vonseiten des
Arbeitsinspektorates im Hinblick auf die Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen geprüft wurden, waren es 2014 bereits 4.973, was einer Steigerung von
über 60 Prozent entspricht. In ca. 36% der Fälle musste eine schriftliche Aufforderung an die Betriebe erfolgen, Mängel zu beheben.
Generell kann man sagen, dass die Frage, ob und wie Unternehmen im Bereich
der psychischen Belastungen aktiv sind, eng mit der Unternehmenskultur zusammen hängt. Große Betriebe sind meist weiter als die Mittleren und Kleinen. Ca. 30
bis 50 Prozent der von uns kontrollierten Betriebe – sowohl kleine, als auch mittlere und große - haben bereits mit der Evaluierung psychischer Belastungen gestartet oder wollen diese verbessern. Unsere Ergebnisse hier decken sich mit den Ergebnissen des Strukturwandelbarometers der AK 2014, wobei in letzterem Unternehmen mit Betriebsrat, also vornehmlich eher größere, berücksichtigt sind (54%
der Betriebsrät/innen geben an, dass die Evaluierung umgesetzt oder dass mit der
Umsetzung begonnen wurde).
Die meisten Beanstandungen der Arbeitsinspektion erfolgten übrigens im Einzelhandel, in der Gastronomie und im Gesundheitswesen.
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Strafen als letzte Konsequenz
Kommen Betriebe trotz unserer Beratungsoffensive und der zahlreichen Hilfestellungen ihren gesetzlichen Bestimmungen nicht nach, werden Strafanträge an die
Verwaltungsstrafbehörden gestellt. Dies ist glücklicherweise selten nötig, da Unternehmen durch unsere Beratung meist den Nutzen gesunder Arbeitsplätze für
ihren wirtschaftlichen Erfolg erkennen. Seit 2013 wurde in 11 Fällen ein Antrag
gestellt. Der Strafrahmen bewegte sich dabei im Durchschnitt um 1.600 Euro.
Klarstellen möchte ich: Wir weigern uns, Beratungsresistenz zu unterstützen, aber
wir betrachten Strafen als letzte Konsequenz und verstehen uns generell als Partnerin der Unternehmen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass es in der überwiegenden
Anzahl der Fälle gerechtfertigt ist, auf Aufklärung und die Selbstverantwortung
der Unternehmen zu setzen. Hinter einer mangelhaften Umsetzung steckt meist
keine böse Absicht, sondern mangelndes Wissen.
Arbeitsinspektorate unterstützen Unternehmen bei der betrieblichen Umsetzung
Deshalb unterstützen unsere rund 310 Mitarbeiter/innen Unternehmen in ganz
Österreich bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben vor Ort. Zusätzlich bieten wir eine Reihe von Hilfestellungen in schriftlicher Form. Auf unserer Website
www.arbeitsinspektion.gv.at finden sich u.a. ein Leitfaden, Merkblätter und Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema.
Ein wichtiger Punkt unserer Arbeit ist die koordinierte und vereinheitlichte Vorgehensweise der regionalen Arbeitsinspektorate. Die standardisierten Kontrollen
zeigen uns die Erfolge und Schwachpunkte bei der betrieblichen Umsetzung der
Evaluierung psychischer Belastungen gut auf. So gewinnen wir ein immer klareres
Bild und wissen, wo und wie wir ansetzen müssen, um gute Ergebnisse in der betrieblichen Umsetzung zu erzielen.
Durch die von uns gewählte Vorgehensweise bei den Kontrollen, die immer auch
mit einer Beratung verbunden sind, helfen wir den Betrieben, sich den Anforderungen einer stetig ändernden Arbeitswelt bestmöglich anzupassen, indem die
Arbeitsbedingungen so gestaltet werden, dass Menschen psychisch gesund und
sicher arbeiten können. Durch die Bemühungen der Arbeitsinspektorate ist das
Thema mittlerweile dort angekommen, wo es hingehört: im Management der
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Betriebe! Dies führt zu einer entsprechend gut Planung und Organisation in den
Betrieben - ein wichtiger Meilenstein für eine erfolgreiche Umsetzung!
Negativ bemerken wir noch die teilweise unzureichende Unterstützung der Betriebe durch Präventivfachkräfte und sonstige Fachleute, besonders, wenn keine
Expertise im eigenen Haus vorhanden ist. Hier empfehlen wir Betrieben unter 50
Mitarbeiter/innen besonders die kostenfreie Beratung durch die AUVAsicher. Ein
gutes Management psychischer Belastungen muss nicht teuer sein! Wir unterstützen Unternehmen gerne auf ihrem Weg.
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AK-Präsident Kalliauer appelliert: „Arbeitgeber müssen
für die Gesundheit der Beschäftigten Sorge tragen!“
Während in den vergangenen Jahren die Zahl der Arbeitsunfälle deutlich gesungesunken ist, stellen psychische Belastungen wie Stress heute die große Herausforderung
für die Arbeitswelt dar. Die
Die Arbeiterkammer Oberösterreich erfasst seit 1997 im
Arbeitsklima Index die persönliche Zufriedenheit der Österreichischen ArbeitArbeitnehmer/nehmer/-innen in ihrem Job. Erschreckendes Ergebnis der aktuellsten AuswerAuswertung: 44 Prozent leiden unter Stress in der Arbeit und im Alltagsleben. Viele MenMenschen werden davon krank. AKAK-Präsident Dr. Johann Kalliauer fordert die ArbeitArbeitgeber/geber/-innen auf, krank machende Arbeitsbedingungen abzustellen.
Die aktuellen Auswertungen des Arbeitsklima Index, bei dem 1000 Arbeitnehmer/-innen in ganz Österreich befragt wurden, sind erschreckend:
•
Fast die Hälfte (47 Prozent) der Arbeitnehmer/-innen leidet in ihrer beruflichen Tätigkeit unter Zeitdruck.
•
Mehr als ein Drittel (37 Prozent) arbeitet unter ständigem Arbeitsdruck
und hat keine Zeit zum Verschnaufen.
•
44 Prozent fühlen sich durch dauernd hohe Konzentration belastet.
•
21 Prozent geben an, dass ihre Freizeit durch berufliche Verpflichtungen
unterbrochen wird.
•
Mehr als zwei Drittel (67 Prozent) klagen über Stress im Alltagsleben, das
sich aus Berufstätigkeit und arbeitsfreien Phasen ergibt.
Von allen Befragten gaben 44 Prozent bei mindestens einer dieser fünf genannten
Faktoren an, sehr stark oder stark betroffen zu sein.
Betreuungspflichten, Überstunden und Sonntagsarbeit verstärken Stress
Arbeitnehmer/-innen mit höherem Ausbildungsniveau sind stärker durch Stress
belastet: Hochschulabsolventen/-innen leiden zu 49 Prozent unter Stress, Personen
mit Pflichtschul- oder Lehrabschluss zu jeweils 41 Prozent. Außerdem gibt es ein
Gefälle zwischen Personen, die mit Kindern in einem Haushalt leben (49 Prozent
geben an, unter Stress zu leiden) und Personen, die in Haushalten ohne Kinder
leben (43 Prozent von ihnen leiden unter Stress).
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Großen Einfluss hat die Arbeitszeit. Während von Teilzeitbeschäftigten, die bis zu
20 Stunden pro Woche arbeiten, „nur“ 30 Prozent unter Stress leiden, sind es bei
Personen, die 40,5 bis 45 Stunden pro Woche arbeiten, fast doppelt so viele (59
Prozent). Überlange Arbeitszeiten und Überstunden wirken sich gravierend aus:
70 Prozent der Arbeitnehmer/-innen, die mehr als 45,5 Stunden pro Woche arbeiten, fühlen sich durch Stress belastet. Beschäftigte, die nie oder fast nie Überstunden machen, leiden zu 33 Prozent unter Stress, bei Beschäftigten, die häufig Überstunden machen, klettert der Wert auf 71 Prozent. Und auch Sonntagsarbeit belastet: 41 Prozent jener, die immer oder fast immer sonntags frei haben, geben an,
durch Stress belastet zu sein. Jene, die häufig am Sonntag arbeiten, sind zu 61 Prozent belastet.
Lehrer/
Lehrer/er/-innen und Pflegekräfte sind am meisten gestresst
Nach Lehrern/-innen (66 Prozent) sind vor allem medizinische Pflegekräfte (65
Prozent) und Berufsfahrer/-innen (64 Prozent) nach eigenen Angaben durch Stress
belastet. Weiters in den Top-10 der belasteten Berufe: Kassierer/-innen auf Rang 6
(57 Prozent), Bauarbeiter/-innen auf Rang 9 und Köche/-innen auf Rang 10 (mit je
52 Prozent).
Stress macht krank – seelisch und körperlich
Mittlerweile sind demnach nicht mehr nur die Beschäftigten in gewinnorientierten Unternehmen von Personalabbau und einem höheren Tempo der Arbeitsabläufe betroffen, sondern auch Beschäftigte im Sozial- und Pflegebereich. Bei vielen
Arbeitnehmern/-innen führt dies zu länger andauernder Arbeitsüberlastung und
Überforderung und in weiterer Folge zu Stress, der im schlimmsten Fall auch
krank machen kann. Mittlerweile sind Erschöpfungszustände und Depressionen
neben Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates die häufigste Ursache für
arbeitsbedingte Erkrankung.
Stress kann nicht nur schlimme Folgen für die psychische Gesundheit haben, sondern verstärkt auch körperliche Beschwerden: So fühlen sich von den Befragten,
die angeben, keinen oder wenig Stress zu haben, 56 Prozent durch Muskelverspannungen und 54 Prozent durch Kreuzschmerzen belastet. Bei Personen mit
Stress erhöhen sich diese Werte auf 66 und 65 Prozent. Bei Belastung durch Erschöpfung und Mattigkeit klettert der Wert bei Stress von 37 auf 56 Prozent, bei
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Schlafstörungen von 30 auf 44 Prozent, bei starkem Herzklopfen und Herzrasen
von 10 auf 20 Prozent.
Durch Stress verursachte Krankheiten verursachen so neben menschlichem Leid
bei der/dem Betroffenen auch betriebs- und volkswirtschaftliche Kosten.
Vorgesetzte und Arbeitgeber/Arbeitgeber/-innen haben Einfluss auf Gesundheit der BeBeschäftigten
schäftigten
In vielen Fällen liegt der Auslöser für Stress auf betrieblicher Ebene – bei den Arbeitgeber/-innen. Diese steuern die Personalbemessung, Arbeitszeitgestaltung,
Organisationsabläufe, und die Führungskultur. Sie sind gesetzlich somit für die
wesentlichen Aspekte der psychischen Arbeitsbedingungen und die Gesundheit
der Beschäftigten verantwortlich. Die Auswertungen des Arbeitsklima Index zeigen, wie wichtig etwa ein guter Führungsstil durch Vorgesetzte ist: Jene Arbeitnehmer/-innen, die unter einer/einem schlechten Vorgesetzten leiden, empfinden
zu 80 Prozent Stress. Bei Beschäftigten, die nicht durch ihre Vorgesetzten belastet
sind, sind es nur halb so viele (40 Prozent).
AK Oberösterreich fordert gesunde Arbeitsbedingungen
Evaluieren und Vermeiden von psychischen Belastungen in den Betrieben
Seit Anfang 2013 sind die Arbeitgeber/-innen durch das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz verpflichtet, alle für Beschäftigte bestehenden Gefahren und gesundheitlichen Belastungen systematisch zu ermitteln, zu beurteilen und zu dokumentieren. Aufgrund der Ergebnisse sind geeignete Maßnahmen zur Gefahrenverhütung festzulegen und umzusetzen. So müssen auch Faktoren wie Stress ermittelt
werden, die zu psychischen Erkrankungen führen können. Ergibt eine Evaluierung im Betrieb etwa, dass die Beschäftigten unter Stress leiden, können Änderungen bei den Arbeitsabläufen, eine Personalaufstockung oder die Klärung von Zuständigkeiten resultierende Verbesserungsmaßnahmen sein. AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer fordert die Betriebe auf, ihrer gesetzlichen Verantwortung nachzukommen: „Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollten auch aus einem Eigeninteresse heraus dafür sorgen, wirksame Maßnahmen in den Betrieben umzusetzen,
durch die die Beschäftigten ihre Arbeit gesund bis zu Pension ausführen können.“
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Arbeitspsychologen/-innen müssen zudem als verpflichtende Präventivfachkräfte
im Gesetz verankert werden.
Mehr Ressourcen für Betriebskontrollen
Das Arbeitsinspektorat soll mit mehr Ressourcen und Kompetenzen ausgestattet
werden, um die Betriebskontrollen und die Beratungsaufgaben im Bereich psychischer Belastungen besser erfüllen zu können.
Kürzere Arbeitszeiten und weniger Überstunden
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer fordert kürzere Arbeitszeiten und weniger
Überstunden. Überstunden sollen für Unternehmen teurer und unattraktiver werden. Kalliauer: „Pro Überstunde sollen die Unternehmen einen Arbeitsmarkt- und
Gesundheitseuro an den Staat abführen. Die Betriebsräte sollen bei der Personalbemessung mitbestimmen und das Arbeitsinspektorat wirksame ArbeitszeitKontrollen durchführen können.“
Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Die AK fordert den flächendeckenden Ausbau von ganztägigen Betreuungseinrichtungen für Kinder und andere Familienangehörige, die gepflegt werden müssen.
So würden die Arbeitnehmer/-innen entlastet und neue Jobs im Pflegebereich
entstehen. Außerdem muss ein leichterer Wechsel zwischen Voll- und Teilzeitarbeit möglich werden.
Betriebliche Gesundheitsförderung
Betriebliche Gesundheitsförderung ist eine freiwillige Maßnahme. Überwiegend
richtet sie sich individuell an die Beschäftigten, um sie zu einem gesünderen Lebensstil zu motivieren. Wichtiger ist es jedoch, nach eingehender Analyse der Verhältnisse im Betrieb (Mitarbeiterbefragung, Gesundheitsprojekte) gezielte Verbesserungen umzusetzen, die den konkreten Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen betreffen. Auch der Einfluss des Führungsverhaltens spielt dabei eine wesentliche Rolle.
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Der Arbeitsklima Index
Der Österreichische Arbeitsklima Index der Arbeiterkammer Oberösterreich wird
seit 1997 zweimal jährlich berechnet, ergänzend gibt es themenspezifische Sonderauswertungen. Er erfasst die subjektive Einschätzung der österreichischen Beschäftigten hinsichtlich Gesellschaft, Betrieb, Arbeit und Erwartungen. Die Berechnung
des Arbeitsklima Index beruht auf vierteljährlichen Umfragen unter österreichischen Arbeitnehmern/-innen mit einer Stichprobe von insgesamt 4000 repräsentativ ausgewählten Befragten. Aktuelle Ergebnisse und Hintergrundinformationen
sowie einen kurzen Selbsttest, der Ihren eigenen Zufriedenheitsindex berechnet,
finden Sie unter ooe.arbeiterkammer.at/arbeitsklima.
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