IHR NETZWERK FÜR KOMPETENZ Alltagserleichterung durch Softskills Mediation als Führungsinstrumentarium Nachdem die »Mediation« seit Jahren an Bedeutung zunimmt und seit Sommer 2012 durch das Mediationsgesetz auch gesetzlich geregelt ist, stellt sich die Frage, welcher Bedeutung die Mediation im unternehmerischen Alltag zukommt. Dieser Frage wollen wir in dem nachfolgend wiedergegebenen Gespräch nachgehen. schen Anwendung als Führungsinstrument offen sind. Mediation ist eine Form der außergerichtlichen Streitbeilegung. Unter Vermittlung eines Mediators als neutralem Gesprächspartner wird durch eine eigenverantwortliche und selbstbestimmte Lösungsfindung der Konflikt geklärt. Ziel ist eine einvernehmliche und interessengerechte Lösung unter Einbeziehung auch nicht juristischer Belange – wie wirtschaftliche, emotionale und psychische Aspekte. Die Mediation weist gegenüber gerichtlichen Verfahren sowie Schiedsverfahren entscheidende Vorteile auf: 1. selbstbestimmte Verfahrensdurchführung, 2. schnelle und kostengünstige Lösungsfindung, 3. kein Nachaußendringen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, 4. individuelle Lösung unter Berücksichtigung von außerjuristischen Belangen, 5. kein »Unterliegen« einer Partei, da die Lösung den Interessen beider Parteien gerecht wird, und 6. Ermöglichung einer guten Zusammenarbeit der Parteien nach Streitbeilegung, da keine Seite ihr »Gesicht verliert«. In der anschließenden Diskussion soll herausgearbeitet werden, inwieweit die Mediation im Betriebsalltag angewandt wird und wo noch Fragen zur prakti- Dr. Paul Albert Deimel Hauptgeschäftsführer Bundesverband Druck und Medien e.V. (bvdm) und Ulrich Heinemann 1. Bundesvorsitzender des Fachverbandes Führungskräfte der Druckindustrie und Informationsverarbeitung e.V. (FDI). Unternehmensführung | Mediation Zur Diskussion begrüßen wir Dr.Anke Reich LL.M. Rechtsanwältin, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz, Mediatorin Herr Heinemann an Frau Dr. Reich Herzlich willkommen. Meine erste Frage: Welche Erfahrungen haben Sie mit der Mediation gemacht und wie stehen Sie persönlich zur Mediation? Frau Dr. Reich: Mediation ist eine gute Möglichkeit, bei Streitigkeiten oder sonstigen Konflikten eine interessengerechte Lösung zu finden. Da der Begriff der »Mediation« in den letzten Jahren auch zunehmend in den Medien präsent war und die Ausbildung in vielen Studienrichtungen einen Überblick über die Mediation gibt, ist die Mediation vielen Führungspersonen und Mitarbeitern von Unternehmen nicht fremd. Sie haben zwar oft noch nicht selbst diese Form der Lösungs- findung praktiziert, aber kennen jemanden, der gute Erfahrung damit gemacht hat. In meiner juristischen Beratung und der Vertretung bei Rechtsstreitigkeiten hat es sich deshalb schon oft als positiv erwiesen, auf die Mediation oder jedenfalls mediative Methoden zurückzugreifen. Ich stehe dieser Form der außergerichtlichen Streitbeilegung deshalb offen und positiv gegenüber. Sie bietet sich nicht nur vor dem Gang zum Gericht an, sondern kann sich auch bei einem laufenden gerichtlichen Verfahren als schnelles und zielführendes Mittel der Lösungsfindung erweisen. Es hat sich schon oft als positiv erwiesen, auf die Mediation oder jedenfalls mediative Methoden zurückzugreifen. Herr Heinemann: Ich persönlich – und ich behaupte mal alle Führungskräfte – bevorzugen Konfliktlösungen wie durch Mediation, die auf beiderseitiger Einsicht beruhen. Herr Dr. Deimel: Konflikte gibt es in allen Unternehmen, ebenso mit Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern. Insbesondere Streitigkeiten zwischen Unternehmen, die in Gerichtsverfahren münden, verursachen oft hohe Kosten und können Geschäftsbeziehungen nachhaltig beschädigen. Eine Mediation kann hier ein Mittel sein, das eine Fortsetzung der Zusammenarbeit ermöglicht. Dennoch sind nicht alle Konflikte für eine Mediation geeignet. Es gibt Konstellationen, in denen nur eine richterliche Entscheidung Rechtssicherheit schaffen kann. Ferner kann es sein, dass die Fronten so verhärtet sind, dass eine einvernehmliche Lösung nicht mehr möglich ist. F I Journal [1-2015] 7 IHR NETZWERK FÜR KOMPETENZ Frau Dr. Reich an Herrn Heinemann Wie steht der FDI als Verband der Führungskräfte der Druckindustrie und Informationsverarbeitung zum Thema Mediation? Herr Heinemann: Der FDI hat schon vor etlichen Jahren beschlossen, bei internen Streitigkeiten zwischen Bezirken und Einzelpersonen zunächst eine Lösung durch Mediation zu suchen, bevor sich das FDI-interne Aufsichts- gremien als formales Organ damit befassen kann. Das Verständnis für das Problem ist also vorhanden, doch inwieweit Führungskräfte es in den Betrieben tatsächlich anwenden, lässt sich nicht quantifizieren. Herr Heinemann an Herrn Dr. Deimel Welche Erfahrungen haben Sie als Verband mit der Mediation gemacht? Herr Dr. Deimel: Das Interesse an Verfahren der gütlichen Streitbeilegung ist in den letzten Jahren gewachsen. Positive Erfahrungen wurden in einigen Betrieben beispielsweise schon durch die Einbeziehung eines Landesschlich- 8 F I Journal [1-2015] ters gemacht. In anderen Betrieben wird die Mediation noch mit etwas Skepsis und Zurückhaltung betrachtet. Die Modelle der gerichtsinternen Mediation bei den Arbeitsgerichten stecken noch in den Kinderschuhen. Hier wird es noch Zeit brauchen, um beurteilen zu können, ob sich dieses Verfahren als echte Alternative zum Gerichtsprozess etabliert. Das Interesse an Verfahren der gütlichen Streitbeilegung ist in den letzten Jahren gewachsen. Herr Heinemann an Frau Dr. Reich Mich würde interessieren, welche Gebiete im betrieblichen Zusammenleben sich methodisch nicht durch Mediation lösen lassen. Ich denke dabei an eine Mediation zwischen Kollegen unterschiedlicher Hierarchieebenen. Frau Dr. Reich: Mediation kann grundsätzlich bei jedem Konflikt angewandt werden. Sicherlich gibt es Streitigkeiten oder Unstimmigkeiten, die sich besser und andere, die sich schlechter dafür eignen. In dem von Ihnen gewählten Beispiel eines Konflikts zwischen Personen unterschiedlicher Hierarchien kann sich die Mediation aber gerade dann anbieten, wenn in erster Linie persönliche Aspekte im Vordergrund stehen. Denn oftmals wird die hierarchisch niedriger stehende Person erst durch die Hinzufügung und Leitung durch einen Dritten bereit sein, sich zu öffnen und die eigentlichen Beweg- gründe für ihr Handeln offen zu legen. Allein damit ist oft schon viel erreicht. Allgemein kommt es aus meiner Sicht ganz entscheidend auf die sich gegenüberstehenden Personen an. Von der Bereitschaft, sich unter der Führung des Mediators bzw. der Mediatorin »leiten« zu lassen und die für beide Seiten besten Lösung erarbeiten zu wollen, wird letztlich der Erfolg oder Nichterfolg abhängen. Herr Heinemann: Wie bei allen guten Verfahren darf man nicht davon ausgehen, dass Mediation ein Allheilmittel sei. Wenn nicht auf beiden Seiten der gute Wille da ist, sich auf Mediation einzulassen, dann funktioniert das nicht. Wenn ich in der Mediation einen eigenen Fehler erkenne, dann habe ich die schwere Aufgabe, dies zuzugeben – und mein Gegner darf nicht triumphieren. Das ist auch der Grund, warum die Schlichter so beliebt sind: Man gibt nicht nach, sondern eine dritte, »kluge und neutrale« Person schlägt die Lösung vor. Hier sehe ich wieder die Qualität des Mediators bzw. der Mediatorin, der verhindern muss, dass der Erkenntnisprozess mit Frust endet. Herr Dr. Deimel: Eine Mediation zwischen Kollegen gleicher Hierarchieebenen ist sicherlich oftmals einfacher umzusetzen. Vorgesetztenfunktionen können unter Umständen einer ehrlichen Auseinandersetzung im Wege stehen. Wenn aber eine der Parteien nicht in der Lage ist, offen bestehende Probleme anzusprechen, wird die Mediation nicht erfolgreich sein. Gleichzeitig ist auch stets zu bedenken, dass die Parteien auch nach einer gegebenenfalls Unternehmensführung | Mediation IHR NETZWERK FÜR KOMPETENZ nicht erfolgreichen Mediation noch weiter zusammenarbeiten müssen. In diesem Fall kann die für eine Mediation erforderliche Ehrlichkeit natürlich auch riskant sein. Letztlich sind die Erfolgsaussichten realistisch einzuschätzen: Auch eine Mediation kann nicht verhindern, dass einige Konflikte letztlich nur durch eine Trennung der Konfliktparteien zu lösen sind. Herr Heinemann an Frau Dr. Reich Ich versetze mich in die Lage eines Inhabers einer mittelständischen Druckerei, von denen unsere Branche geprägt ist. Da habe ich (die anderen Beteiligten auch) also zugestimmt, das meine zwei streitigen Abteilungsleiter mittels einer Mediation ihre Problem lösen wollen. Meine erste Frage wäre: Wie lange dauert das? Treffen die sich jetzt jede Woche zum Kaffee und »mediatieren« für 2 Stunden? Dabei stehen für mich nicht so sehr die Kosten der Mediation im Vordergrund, sondern die Abwesenheit der Abteilungsleiter vom Arbeitsplatz. Ein Mediationsverfahren kann ganz unterschiedlich lange dauern. Dies hängt insbesondere davon ab, wie viele Personen involviert sind und wie weit der Konflikt schon eskaliert ist. Gestört werden dürfen sie auch während der Mediation nicht, aber das funktioniert in einer Druckerei nie, da ist immer etwas los. Also die Frage, wo führt man zweckmäßigerweise die Mediation durch und wann? Gibt es da Erfahrungswerte? Frau Dr. Reich: Lieber Herr Heinemann, das sind gleich eine ganze Fülle von Unternehmensführung | Mediation Fragen. Und ja, Sie haben vollkommen Recht, die Mediation muss sich in den Unternehmensalltag einpassen. Es gibt die Möglichkeit einer sog. KurzZeit-Mediation, bei der der Konflikt in nur einer einzigen Sitzung gelöst werden soll. Diese Sitzung kann von wenigen Stunden bis zu einem ganzen Tag dauern. Meistens sind aber mehrere Sitzungen erforderlich. Sicherlich ist es in dem von Ihnen angesprochenen Konflikt zwischen Abteilungsleitern ratsam, sich außerhalb des Büros zu treffen. Denn ein »neutraler« Raum dient schon mit seiner für beide Seiten neuen Atmosphäre der Bereitschaft, alte Positionen aufzubrechen. Ein guter Kaffee kann dabei sicher helfen. Auf diese Weise entfällt nicht nur der Druck von den anderen Arbeitskollegen, sondern auch Störungen aus dem Arbeitsalltag können vermieden werden. Am besten sollte die Mediation so früh wie möglich durchgeführt werden. Dies verhindert, dass sich erst feste oder gar verhärtete Positionen bilden. Da Sie die Kosten eines Mediationsverfahrens ansprechen, möchte ich das gerne auch kurz aufgreifen. Üblicherweise wird das Honorar für den Mediator nach Zeitaufwand abgerechnet. Der Stundensatz sollte vorher vereinbart werden. Gegebenenfalls kann man auch schon vorab ein gewisses Zeitfenster abstimmen. Herr Heinemann: Unsere Kollegen als Führungskräfte stehen natürlich im- Versöhnliche Einigung mer vor der Frage: Wie kann ich in meinem Betrieb die Mediation einführen? Wer hilft mir beim Erläutern, wer erklärt den Sinn der Mediation? Wo finde ich einen guten Mediator? Frau Dr. Reich: Die Mediation kann dadurch in den Unternehmensalltag integriert werden, dass in Unternehmensrichtlinien die Durchführung einer Mediation in bestimmten Fällen festgeschrieben wird. Auch ohne verbindliche Festlegung kann dies als tägliche Unternehmenspraxis gelebt werden – am besten mit Vorbildfunktion durch die Führungsebene. Was die Mediation darstellt, wie sie funktioniert und welche Vorteile sie hat, kann jeder Mediator, aber oft auch Rechtsanwälte oder Richter erklären. Gerade letztere werden sogar durch Vorschriften dazu angehalten. Besser ist natürlich, dass es gar nicht erst zu einem Gerichtsverfahren kommt, in dem der Richter einen Mediationsversuch anregt. Es gibt verschiedene Mediationsverbände, an die man sich wenden kann. Teils wird auch im Internet eine Suchmöglichkeit eröffnet – beispielsweise unter http://www.bmev.de/index.php?id= mediatorin_suchen oder auch http://www.mediator-finden.de/. F I Journal [1-2015] 9
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