Stadthagen setzt ein Zeichen für die Erinnerung

Stolpersteine –
eine Aktion von Gunter Demnig
„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name ver­gessen ist“,
sagt Gunter Demnig. Um das zu verhindern, verlegt der Kölner
Künstler Stolpersteine – Pflastersteine mit einer Messingoberfläche – zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozia­lismus. An
über 600 Orten in Deutschland und in mehreren europä­ischen
Ländern sind sie bereits verlegt, immer vor dem letzten selbst
gewählten Wohnort der Opfer.
Förderverein ehemalige
Synagoge Stadthagen
Der Verein wurde im Jahr 2008 gegründet. Vorausgegangen war eine intensive öffentliche
Diskussion über die Notwendigkeit der Erinnerung an die Schaumburger Opfer des Nationalsozialismus. Ein Ergebnis ist, dass die ehemalige
Synagoge zu einem Ort des Gedenkens und des
Lernens ausgebaut wird.
Der Förderverein hat eine Konzeption entwickelt, Bau- und Finanzierungspläne beschlossen, erste Schritte der Sicherung des Baus eingeleitet und eine Reihe von Veranstaltungen organisiert. Inzwischen
konnte mit dem Umbau der alten Synagoge begonnen werden.
Vorsitzender des Vereins ist Bernd Hellmann. Der Verein besteht
inzwischen aus über 130 Mitgliedern. Wer Interesse an einer
Mitgliedschaft hat, wendet sich bitte an den Förderverein ehemalige Synagoge c/o Bernd Hellmann, Im Bruch 4 31655 Stadthagen
Telefon 05721 – 76365.
Weitere Informationen finden Sie unter
www.stadthagen-synagoge.de
Stolpersteine in Stadthagen
Nach Bückeburg, Bad Nenndorf und Beckedorf wurden im Oktober 2011 erstmals Stolpersteine in Stadt­hagen verlegt. Weitere
Aktionen fanden inzwischen in Rodenberg, Lauenau, Hülsede
und Rinteln statt. Oberkirchen folgt in diesem Jahr.
Die Kosten für die Stolpersteine werden ausschließlich durch
Spenden finanziert. Ein Stein kostet 120,- Euro. Der Förderverein
freut sich über Ihre Spende.
Bankverbindung:
Förderverein ehemalige Synagoge Stadthagen:
Sparkasse Schaumburg Kto. 470 054 222, BLZ 255 514 80 oder
Volksbank Stadthagen Kto. 872 773 200, BLZ 254 621 80.
Verwendungszweck „Stolpersteine“.
Arbeitskreis
„Geschichte der Juden in Stadthagen“
Der Arbeitskreis „Zur Geschichte der Juden in Stadthagen“ hat die
Aktion Stolpersteine in Stadthagen vorbereitet. Ihm gehören an:
Wilfried Brinkmann, Florian Grumblies, Gerhard Klugmann, Frieder
Korff, Jürgen Lingner, Christian Meyer, Kurt Maurer, Karin Plöger
und Susanne Schlader. Sie haben die Biografien der Opfer erarbeitet. Nach der diesjährigen Stolpersteinverlegung werden in Stadthagen 55 Steine für die jüdischen Opfer verlegt sein. Die Arbeit zur
Geschichte der Juden in Stadthagen und in ganz Schaumburg und
zu den anderen Opfern des Nationalsozialismus in Schaumburg ist
damit aber nicht beendet.
Wer Interesse hat, daran mitzuarbeiten, erhält weitere Informationen von Jürgen Lingner (Tel: 05721 76541 oder Mail: juergen.
[email protected])
Stadthagen setzt ein Zeichen
für die Erinnerung
Stolpersteine
für die jüdischen Opfer
des Nationalsozialismus
aus Stadthagen
am 30. Juni 2015 ab 12:00 Uhr
in der Bahnhofstr. 43
anschließend:
Nordstr. 3. // Bahnhofstr. 15 // Gartenstr. 20 //
Westernstr. 12 // Wallstr. 3 // Obernstr. 17 //
Probsthägerstr. 1 // Krebshägerstr. 38
Förderverein ehemalige
Synagoge Stadthagen e. V.
Kurzbiographien zu den Stolpersteinen 2015
Bahnhofstr. 43
Emma Philipp *1894
heiratete 1917 Salo Lachmann, der 1928 durch Suizid starb. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich
als Wirtschafterin in verschiedenen Städten. 1939
wanderte sie nach England aus. Wegen zunehmender Schwierigkeiten, eine Anstellung zu finden, zog
sie 1950 nach Australien, wo sie 1965 verstarb.
Hans Max Lachmann *1918
blieb in Stadthagen bei einer "Kinderfrau", als seine
Mutter Emma wegen der schlechten
Arbeitsmarktlage
gezwungen
war,
Hans Lachmann bei der Familie
als Hausangestellte Jack Langham, 2014.
Stahlhut
außerhalb zu arbeiten. 1939 floh er nach England. 1941 heiratete er, änderte seinen
Namen in Jack Langham und zog 1951 mit seiner Familie nach
Australien, wo er 2014 verstarb.
Nordstr. 3
Herbert Pommer*1907 und Louise Pommer *1906
arbeiteten beide im Kaufhaus Lion, als Herbert sich in die Christin
Louise Nord verliebte. Der „Stürmer“ hetzte im April 1934 gegen
das Liebspaar wegen „rassenschänderischen Umgangs“. Sie mussten einige Tage im Gefängnis in Stadthagen
verbringen. Kurz darauf
heirateten sie und zogen 1936 nach Rostock.
Herbert Pommer wurde
im November 1938 verhaftet. Ihm wurde vorHerbert und Louise Pommer
geworfen, eine sexuelle
Beziehung mit einer „arischen“ Frau in Hamburg gehabt zu haben.
Am 19. Juni 1939 wurde er wegen „Rassenschande“ zu sechs Jahren Zuchthaus und sechs Jahren „Ehrverlust“ verurteilt. Aus dem
Zuchthaus in Bremen wurde er im März 1943 nach Auschwitz deportiert, wo er im Januar 1944 umkam. Louise Pommer ließ sich
nicht von ihrem Mann scheiden. 1947 heiratete sie erneut und
kehrte 1992 nach Stadthagen zurück.
Bahnhofstr. 15
Alfred Katz *1905 und Sophie Katz *1906
heirateten 1932. Alfred war als Jude Reisender für fotografische
Vergrößerungen; die der christlichen Kirche angehörende Sophie,
geb. Rinke, arbeitete als Damenschneiderin. 1937 wurde Alfred Katz
die Reiselegitimationskarte entzogen. Nach der einmonatigen Haft
im KZ Buchenwald nach der Reichspogromnacht im November 1938
flüchtete das Ehepaar im Dezember 1939 in die USA. 1948 wurde
Alfred Teilhaber einer kleinen Metzgerei in New York. 1963 zog das
Ehepaar Katz zurück nach Stadthagen.
Ernst Rosenfeld *1904
war Erichs Zwillingsbruder. Von 1927 bis
1935 arbeitete er als Angestellter bei seinem
Bruder Wilhelm im Viehhandelsgeschäft in
Stadthagen. 1935 musste er die Anstellung
aufgeben. Er wanderte daraufhin im April
1935 nach Palästina aus. 1941 heiratete
er, wurde Vater einer Tochter und arbeitete
als Fuhrhalter auf seinem Landbesitz. 1982
starb Ernst Rosenfeld wenige Monate vor seinem Bruder Erich.
Gartenstr. 20
Hugo Hirsch *1908
zog 1932 als Verkäufer im Kaufhaus Lion nach Stadthagen. 1939
wanderte er nach Palästina aus, wo er 1970 starb.
Obernstr. 17
Hermann Philippsohn *1862
aus Obernkirchen heiratete 1893 Flora Gift.
Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor:
Bernhard und Julius, die beide Ärzte wurden. Hermann arbeitete als Pferdehändler.
Hoch betagt musste das Ehepaar 1939 in
die Obernstraße 26 umzuziehen, einem der
beiden „Judenhäuser“ der Stadt. Hier lebte
das Ehepaar bis zum Tod Hermann Philippsohns im August 1941.
Westernstr. 12
Gertrud Julia Wolf *1899 mit ihren
Kindern Lotte *1922 und Kurt *1929
heiratete 1921 den Textilunternehmer Paul
Hugo Rosenfeld. Nach dessen Tod 1930 zog
Gertrud mit ihren Kindern Lotte und Kurt
zurück nach Stadthagen in die Westernstraße. Lotte besuchte die Bürgertöchterschule, Kurt die Bürgerknabenschule. 1938
zog Gertrud mit ihren Kindern nach Berlin.
Lotte Rosenfeld gelang im Juni 1939 die
Flucht nach England. Im August 1939 erreichte Kurt Rosenfeld mit
einem der letzten Kindertransporte nach England. Gertrud Rosenfeld
wurde im März 1942 in das Lager Trawniki und in das Ghetto Piaski
in Polen deportiert und ermordet. Lotte Rosenfeld begann noch in
England eine Ausbildung zur Krankenschwester, zog 1947 in die USA
und heiratete dort Louis Schindel. Kurt Rosenfeld lebte zunächst in
einer Gastfamilie in Guildford. 1948 änderte er seinen Namen zu
Kenneth Rapley und zog 1956 in die USA.
Wallstr. 3
Erich Rosenfeld, *1904
musste seinen Beruf als Reisender 1934 wegen
seiner jüdischen Abstammung aufgeben und wanderte 1936 nach Palästina aus. Dort verrichtete er
für seinen Lebensunterhalt schwere Arbeiten in der
Landwirtschaft und im Straßenbau. 1946 heiratete
er, und im gleichen Jahr wurde sein Sohn geboren.
Krebshägerstr. 38
Johanne Eßmann *1883
wurde als Johanne Meyer in Hildesheim als Kind jüdischer Eltern geboren. Sie arbeitete
als Schneiderin und Verkäuferin. Am 31. März 1942 wurde sie in das Warschauer
Ghetto deportiert.
Probsthägerstr. 1
Johanne Schmitz *1864
wurde als Johanne Lilienfeld in Sülbeck geboren und heiratete
den Viehhändler Philipp Schmitz aus Stadthagen. 1940 verstarb
sie in Hannover.
Karl Schmitz *1906, Ehefrau Else geb. Meyer *1907 und
Werner Schmitz *1931
wanderten 1937 nach Argentinien aus, da ab 1933 die Weiterführung der von Karls Vater nach dessen Tod übernommene
Viehhandlung unmöglich wurde. Zunächst fanden sie ein Auskommen in der Landwirtschaft; später betrieben sie ein kleines
Geschäft in Buenos Aires.
Rudolf Stern *1915
wurde in Hohenlimburg (heute: Hagen in Westfalen) geboren.
Er arbeitete Anfang der 30-er Jahre in der Firma Lion in Stadthagen.